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Titel

 

 

 

Abba, Vater

 

 

 

 

„Ihr sollt auch nicht jemand auf der Erde euren Vater nennen; denn einer ist euer Vater, der in den Himmeln ist.“ Mt 23,9

 

 

 

Vorwort

Das einzige mal, als Jesus Gott nicht als seinen Vater angeredet hat (anreden konnte), war, als er am Kreuz hing und Gott ihn verlassen hatte (Mt 27,46).

Vielleicht war dieser Moment der bitterste Moment überhaupt für Jesus.

In einem gewissen Sinne ist dies aber unsere Situation. Nein, Gott hat uns noch nicht endgültig verlassen und diese Welt noch nicht endgültig aufgegeben, aber Tatsache ist, daß niemand von uns Gott je gesehen hat.

Damit ist ein Reden von Gott immer auf die Hypothese angewiesen, daß es Gott gibt.

 

Dieses Buch ist der Versuch, ein wenig von dem zu fassen, was es bedeutet, wenn Gott unser Vater ist und wir seine verlorenen Kinder sind.

Es ist der Versuch, die Einladung zu verstehen, die Jesus im Vater Unser ausgesprochen hat, daß wir zu Gott reden können und Abba, Vati zu ihm sagen können.

Es ist der Versuch, die Beziehung zu Gott als eine Vater-Kind-Beziehung zu verstehen.

Dies wirklich zu verstehen, dies wirklich zu glauben, daß Gott als ein Vater vor uns steht und uns wie den verlorenen Sohn umarmen möchte, wenn wir uns auf den Weg machen zurück zu ihm, ist menschlich gesehen unmöglich.

Denn keiner von uns hat die Umarmung Gottes verdient.

 

Aus diesem Gefühl heraus, daß wir es nicht verdient haben, Gottes Kind zu sein, versuchen wir zwangsläufig uns als Tagelöhner und Knechte Gottes zu verstehen. In dem Sinne, daß wir meinen, wir müßten etwas tun, damit Gott gnädig auf uns herabsieht.

Dieses Tun ist fast immer die Gesetzesbefolgung. Eine Gesetzesbefolgung, der es nicht um den Inhalt geht, sondern nur darum, daß ich als Mensch etwas tue um Gott zu gefallen, um mir ein Stück seiner Gnade zu verdienen.

Aus diesem Grund ist das Gesetz der Widerpart in diesem Buch. Denn die Gesetzesbefolgung mit dem Bild Gottes als Richter, welches dahinter steckt, beißt sich mit der Aussage, daß Gott Vater ist.

„Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wiederum zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in welchem wir rufen: Abba, Vater!“ (Röm 8,15)

Die Verheißung die Gott in Jesus ausspricht, ist wirklich das Evangelium, die gute Nachricht: Gott nimmt mich an, er umarmt mich, ich kann zurückkommen, so wie ich bin, ich kann wieder nach Hause kommen.

Damit ist das Gesetz vorbei, wenngleich der Inhalt bestehen bleibt. Nicht als eine zwingende religiöse Tat, die ich als Mensch erfüllen muß, damit Gott mir gnädig ist, bzw. bleibt, sondern als eine Verheißung, daß Jesus mein Leben als die Quelle des lebendigen Wassers zum Guten wenden kann.

 

Die Erfüllung des Gesetzes hat Jesus vollbracht.

 

Damit ist der Weg frei, so wie ich bin, zurückzukehren zu meinem Vater, mich in seine Umarmung fallen zu lassen und anzufangen zu lieben.

Einen Vater, der gut ist und es gut mit mir meint, einen Vater, der mich umarmt, brauche ich nicht mehr zu fürchten. Ich kann ihn lieben.

Denn er hat mich zuerst geliebt.

Daher ist dieses Buch der Versuch, die Beziehung zu Gott als eine Beziehung aus Liebe zu verstehen. Die Liebe des Vaters steht am Anfang, die Liebe des Kindes ist eine Reaktion auf diese Liebe.

Damit liegt alles beim Vater, bzw. bei dem Weg, den er gewählt hat, uns nach Hause zu führen: Jesus.

Und damit ist er das Ziel dieses Buches. Es geht hier nicht um ein theologisches System, um neue religiöse Gedanken oder christliche Impulse.

Ein Reden von Gott hat nur dann Sinn, wen es auf den weist, auf den es ankommt: Auf Gott selber und auf Jesus Christus.

Dieses Buch ist der Versuch, von der Einladung Gottes zu reden, daß ich als Mensch in Jesus zu Gott Abba, Vati sagen kann.

 

 

Ein Vater ist ...

Jemand, der mich liebt

Die Liebe ist der Kontext, der alles überspannt. Ohne sie wäre jedes Reden von einem Vater sinnlos.

Daher wird sie innerhalb dieses Buches immer wieder auftauchen, in zentralen Sätzen.

Was Liebe ist, hat Paulus versucht in 1. Kor. 13 auszudrücken.

Doch die Liebe ist viel mehr.

Liebe kennzeichnet eine Beziehung, die Beziehung eines Vaters zu seinem Kind, worum es in diesem Buch gehen soll.

In diesem Sinne ist die Liebe dynamisch, sie ist und macht lebendig.

Wo die Liebe das Bindeglied einer Beziehung ist, zeigt sie sich im praktischen und aktiven Bereich.

Liebe nur mit Worten darzustellen, würde bedeuten, sie zu fixieren, sie zu bändigen, sie zu töten.

Liebe ist Dynamik, sie ist Power, sie ist lebendig, sie macht lebendig.

Doch zuerst kommt der Vater, die Liebe kommt als zweites, sie kommt vom Vater.

Daher ist die Liebe das Bindeglied in der Beziehung, doch erfahrbar wird sie erst durch und in der Beziehung.

In der Art und Weise, wie der Vater auf sein Kind zukommt, zeigt sich seine Liebe.

In der Art und Weise, wie der Vater sich seinem Kind nähert, drückt sich seine Liebe aus.

Damit geht es nicht um die Liebe an sich, sondern es geht um die Beziehung zum Vater.

Damit geht es nicht um die Liebe als eigenständige Größe, sondern sie ist eingebettet im Vater.

Ohne Liebe stirbt jede Beziehung, stirbt das Leben.

Gott stellt den Anspruch, daß er die Liebe ist (vgl. 1.Joh 4,7ff).

In diesem Sinne zeigt sich das Ziel: Das Ziel ist der Vater selbst, das Ziel ist nicht die Liebe.

Liebe verlangt nach einem Objekt, sie ist zielgerichtet. Liebe als Ziel zu setzen, würde bedeuten, sie zu verlieren.

Würde bedeuten, sie zu töten.

Das Ziel ist der Vater, die Liebe kennzeichnet das Verhältnis, die Beziehung des Vaters zu seinem Kind.

 

Grundsätzlich gibt es einen Unterschied zwischen einem Bild und der Wirklichkeit. Auf der einen Seite haben wir ein Vaterbild. Sei es, als ein Bild, wie ein Vater sein müßte, der das Prädikat ´Vater` verdient, oder aber das Bild, das unser menschlicher Vater darstellt und unbewußt immer mitschwingt, wenn vom Vater die Rede ist.

Zudem haben zu viele menschliche Väter den Vaterbegriff pervertiert und sich bei weitem nicht so verhalten, daß sie es wert sind, ´Vater` genannt zu werden.

 

„Ihr sollt auch nicht jemand auf der Erde euren Vater nennen; denn einer ist euer Vater, der in den Himmeln ist.“ Mt 23,9

Gott ist Vater, sagt dieser Satz aus. Und er, Gott, ist anders. Er stellt den Anspruch, daß er auf mich zukommt als jemand, der es verdient, Vater genannt zu werden.

Er ist Vater, niemand anders sonst. Dies ist die harte Konsequenz dieses Verses.

Damit werden irdische Väter nicht in den Boden gestampft, sondern zu dem gemacht, was sie sind: Menschen.

Sie sind weder perfekt noch Heilige. Sie sind auf Vergebung angewiesen, wie alle anderen auch.

Damit verlieren sie nicht ihre Bedeutung, allein schon dadurch, daß den Eltern ein eigenes Gebot gewidmet ist (Ex 20, 12). Aber sie verlieren ihre übergeordnete Position. Ihr Kind ist nicht ihr Kind, es ist Gottes Kind.

Dies herauszustellen wird dort wichtig, wo Väter, bzw. Eltern allgemein ihre Kinder als Besitz und bloße Objekte betrachten und sie in diesem Sinne zwangsläufig mißbrauchen, körperlich, seelisch, geistig, oder gar in allen Bereichen.

Gott ist anders.

Er ist Vater, niemand anders sonst.

Gott kann den Anspruch, mein Vater zu sein, nur erheben, wenn er anders ist, auf jeden Fall da, wo meine Erfahrungen mit einem Vater überwiegend negativ sind.

Dies ist Voraussetzung von Gott als Vater zu reden:

ER ist Vater, niemand anders sonst.

 

Mit diesem Anspruch Gottes, daß er der Vater ist, ergibt sich der Anspruch, daß Gott lebendig ist und eine Beziehung zu ihm möglich ist.

Wie aber ist die Ausgangssituation?

Beschreiben möchte ich diese Ausgangssituation mit der Geschichte vom verlorenen Sohn in Lukas 15, 11-32 und mit der Sündenfallerzählung in Gen 3.

 

Auch ohne die Geschichte vom verlorenen Sohn ergibt sich die Situation der Trennung.

Die ursprüngliche Ausgangslage beschreibt die Bibel mit der Darstellung des Paradieses (1.Mos 1-3):

Gott und Mensch lebten miteinander, unmittelbar und direkt.

Gott war ein sichtbarer Gott, ein sichtbarer Schöpfer und ein sichtbarer Vater. Es war möglich, direkt mit ihm zu reden, direkt mit ihm zu kommunizieren.

Es war ein unmittelbares Verhältnis. Kein Mittler war nötig zwischen Gott und Mensch.

Bei der Geschichte vom verlorenen Sohn war es die Zeit, wo der Sohn zu Hause war.

Die Geborgenheit war unmittelbar, denn Gott selbst und der Mensch waren zusammen, lebten zusammen, wohnten zusammen.

Diese unmittelbare Beziehung zerbrach. Der Mensch mußte die unmittelbare Nähe Gottes verlassen.

Die Trennung zeigt sich plastisch in der Unsichtbarkeit Gottes.

Verursacht wurde diese Trennung durch den Wunsch des Menschen, so zu sein wie Gott.

Alles andere kam danach, Mord, Lüge und vor allem die Angst.

Wer weiß, was gut und böse ist, kann selber bestimmen. Im Kern geht es nicht um das Wissen um gut und böse an sich, sondern um den Wunsch, unabhängig von Gott leben zu können, unabhängig von Gott entscheiden zu wollen, was gut und böse ist. Das Wissen um gut und böse an sich ist wichtig, das Problem hier ist es, ohne Gott darum wissen und darüber beurteilen zu wollen. Es geht um den Wunsch zu sein wie Gott ohne Gott.

Bestehen bleibt allerdings auch, daß Gott erst die Möglichkeit dazu geschaffen hat, daß es soweit kam.

Sei es, daß er den Baum der Erkenntnis geschaffen hat, sei es, daß er dem verlorenen Sohn sein Erbe ausbezahlt hat.

Ohne sein Erbe hätte der Sohn Gott niemals verlassen können. Und ohne den Baum würden Adam und Eva heute immer noch im

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Stefan Geschwie
Tag der Veröffentlichung: 14.08.2013
ISBN: 978-3-7309-4371-7

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