Cover

Es schreibt das Jahr 2020 , ich blicke auf das Bild meiner Tochter ,wohl das einzig tröstliche in dieser kalten Zelle . Ich kann wieder einmal nicht schlafen und wieder einmal grübele ich darüber nach , wie es so weit kommen konnte . Wieso konnten sie nicht verstehen, verstehen wie ich mich fühle. Meine Wut nachvollziehen. Sie hatten mir doch soviel verprochen von Lebem .Habe doch soviel Talent , so viele hatten auf mich gesetzt . Nur hiervor hat mich niemand gewarnt .Ich suche nach diesem einen Moment wo sich alles gewendet hat , wo der Glanz verblich , wo alles in sich zusammenbrach. Doch es ist als haben sich all meine Gedanken zu einem Knoten verworren. Ich komme nicht vor und zurück. Fühle mich eingeengt in dieser Zelle. Wie ein in die Ecke getriebenes Tier. Sie können mich hier nicht festhalten! Ich muss die Welt wecken ! Die Wut wächst in meinem Bauch , steigt in meine Lungen und ich denke ich muss mich übergeben . Ich balle meine Hände zu Fäusten und schlage kräftig gegen die Wand. Und wieder , und wieder . Ich muss hier raus !
Die Wärter kommen und setzen die Spritze an , ich wehre mich , sie wissen nicht wie es ist , sie wissen nichts . Schließlich kann ich nichts mehr tun , meine Augenlider schließen sich und ich gleite in die Schwärze.

Meine Mutter Adina war wunderbar . Ich kann mich an so gut wie alles aus meiner Kindheit erinnern , aber besonders stechen die frohen Stunden mit meiner Mutter in der Stube herraus. Wie in einem Film sehe ich die Szene vor mir : Lachend wirbelt sie mich im Kreis. Ihre blonden Locken hüpfen umher und ich muss schallend lachen als sie ihr Gesicht zu einer verrückten Grimasse verzieht . Das weiche Licht des Kaminfeuers fällt auf das hüpsche Gesicht meiner Mutter. Sie hatte das Talent alles und jeden mit ihrer frohen Art anzustecken. Wenn sie in der Nähe war könnte man meinen , dass sogar die Steine lachten - oder wenigstens lächelten. Die Leute im Dorf damals witzelten oft : ,, Man könnte meinen Adina wäre Audrey Hepburns Zwillingschwester. '' Doch ich wusste dass das nicht stimmte. Sie war viel schöner . Audrey hatte nicht dieses magische Lächeln , die leuchtenden rehbraunen Augen und erst recht nicht die Wärme die meine Mutter stehts ausstrahlte. Niemand hatte das. Es gab keine Frau die je an meine Mam rankam.

So manche Abende habe ich die Sonne von meinem Lieblingsplatz aus beim Untergehen beobachtet , von hier aus konnte ich sehen wie sie ihre Reise über die schneebedeckten Berge betrat und später im See unterging. Damals war ich überzeugt , dass man von meinem Fenster in den Himmel greifen könnte. Denn meistens hingen die Wolken so tief , dass man dachte man könne sie berühren.
Und wenn das warme Licht der Abendstunden mit dem weiß der Wolken verschmolz so glaubte ich die Zeit stand still , dann dachte ich nach. Mal über mein noch recht junges Leben , mal über die anderen , und mal über die Regierung , und manchal sogar über Mädchen. Aber jedes mal endete es doch bei der Frage '' Wo bleibt der Sinn des ganzen ?'' Wenn wir doch eh sterben . Ich glaube jeder kenn dieses drückende Gefühl in der Magenhöhle wenn man über den Tod sachlich nachdenkt. Logisch , man kann sich auch das Paradies nach dem Leben vor stellen , aber bleiben wir mal realistisch und sehen die Dinge wie sie sind . Man wird ausgelöscht , ist nicht mehr da ,wie vor der Geburt .Wie eine Kerzenflamme , welche ausgepustet wird . Sie verschwindet und es bleibt nur Dunkelheit . Und was dann ? Alles schwarz ? Oder alles einfach nichts ? Wie soll man sich das vorstellen ? Fragen auf die wohl nie jemand eine Antwort finden wird. Wenn ich darüber nachdenke , dass ich für immer , nie endent nur schwärze sehen werde , dann versetzt mich das in Panik. Denn egal , wie viele Kinder ich bekomme , was für ein hohes Tier ich im Beruf werde oder wie viele Frauen ich beglücke , es ist doch unaufhaltsam , dass ich eines Tages in dieses misslichen Umstand gerate. Genau wie jeder andere Mensch auf dieser Welt . Also zu welchem Sinn und Zweck das ganze ? Damit die Erde im Gleichgewicht bleibt ? Aber wozu , wenn doch eh alle ihre Bewohner sterben , was hat es für einen Sinn , dass es die Erde gibt ? Vielleicht ihre Rolle im Sonnensystem , doch nun stellt sich auch hier wieder die Frage auf : Wie groß ist das ganze ? Unendlich ? Und wenn nicht , wo endet es , und was kommt danach , und nach dem was danach kommt .
So kann man Stunden , Jahre und ein ganzes Leben an Gedanken vergeuden.


Im Alter von 4 Jahren erkundete ich die Welt noch auf den hohen Schultern meines Vater. Manchmal waren wir den ganzen Tag unterwegs. Er trug mich über kleine Bäche, durch lichte Wälder und über große Wiesen. Nebenbei sponn er sein Seemansgarn.Er redete von alten Märchen und Sagen , von wilden Erlebnissen sein Jugend , von Seeungeheuern und von meiner Mutter. Heute wette ich nicht ein drittel der Geschichten meines Vater enthielten auch nur ein kleines Fünkchen Warheit.Aber damals, ja damals waren sie für mich durchaus plausibel und auch echt realistisch. Besonders die mit den Seeungeheuern gegen die mein Vater mit seiner Piratenchrew desöfteren kämpfte – und doch immer unversehrt um Punkt sieben zum Abendessen zurück war. Schon in so jungen Jahren suchte ich nach Sinn zwar in anderen Dimensionen als heute und doch weiß ich , ich suchte schon damals nach der Alles erklärenden Antwort.
Ich kann mich zwar nur an Bilder und kurze Sequenzen dieser Zeit erinnern , trozt meines extrem gut ausgeprägten Erinnerungsvermögen , ich erinnere mich aber an meinen Vater , an jede seiner Unarten und an jede der kleinen Lachfalten die seine Augen umspielten. Wenn er lachte , so tat er es mit seinem ganzen Körper , die schweren Schutern hoben und senkten sich und der kleine Bauch bebte. Er war kein Mann von Welt und doch intelligent . Er hatte nicht viel von der Welt gesehen und doch wusste er alles über sie. Er war noch nie in einem fremden Land und kannte doch die schönsten Plätze.
Seine Stimme war ebenso rau vom rauchen , wie seine Hände vom arbeiten. Er roch immer nach Schmieröl und süßem Pfeifentabak . Er kam einem Bären nahe. Bei ihm fühlte ich mich vollkommen beschützt . Ich war mir sicher : Daddy konnte es mit dem grausiksten Tieren aufnehmen. Wenn wir so dahin schritten war es als wenn er die Zeit für eine Weile in der Hosentasche seiner ausgeblichenen Jeans verstaute und sie erst wieder zurückgab , wenn wir die Schwelle der Haustür übertraten. Ich dachte das Leben würde immer so bleiben .

An meinem ersten Schultag war ich voller naiver Vorfreude . Als ich an jenem Morgen fühlich pfeifend die Treppe runtergepoltert kam stand meine Mutter schon unten und erwartete mich. In der rechten Hand hielt sie meinen mit Autos bedruckten Schulranzen und in der linken ein kleines Päckchen. Nartürlich wollte ich das Packet sofort auspacken. Als ich das Papier hastig abgerissen hatte kam ein schwarzes Kästchen zum Vorschein. Im inneren befand sich ein wunderschöner silbener Füllfederhalter. Ich war total fazinierd von dem Anblick , aber traute mich nicht ihn aus dem Kästchen zunehmen. '' Nun nimm ihn schon , er gehörte deinem Vater, auch wenn er ihn nie benutzt hat , hatte er doch eine besondere bedeutung für ihn , sagt er ...'' , sagte meine Mutter schmunzelnd.
Ich wollte platzen vor Stolz . Mein Vater hatte mir noch nie Eigentum von ihm Geschenkt. Er hatte stehst gesagt '' Diese Welt schenkt dir nichts Sohn , also verschwende auch du nicht an sie.''
Ich hab den Füller bis heute noch , und alle meine Lieder sind ihm entsprungen.

Als ich an jenem Tag die Klasse betrat waren schon alle Plätze besetzt , außer der neben einem dicken , gutmütig dreinschauenden Jungen . Ich setzte mich gezwungener maßen zu ihm und wie ich später erfuhr hieß er Jürgen. Es war laut in der Klasse und alle alberten miteinander rum . Viele der Kinder kannten sich schon vom spielen , da meine Familie aber in einem Haus abseits des Dorfes wohnten waren mir alle fremd. Und ich ihnen. Mir hatten nie andere Kinder zum spielen gefelhlt. Wenn ich nicht grade mit meinem Vater unterwegs war oder mit ihm Autos schraubte , so half ich meiner Mutter im Haus oder hörte ihr beim Klavier spielen zu.
Ich fühlte mich unwohl zwischen all den anderen Kindern , da mich niemand ansprach und ich auch nicht blöd wirken wollte wandte ich mich zu Jürgen , der an meiner rechten saß und sein Pausenbrot mampfte. Jürgen und ich unterhielten uns schleppend und ich wahr erleichtert als die Lehrerin reinkam. Ich freute mich auf den Unterricht , ich hatte Wissen schon immer in mich aufgesogen wie ein Schwamm. Mich faszinierte Politik besonders , ich sponn mir meine eigenen kleinen Theorien zusammen , meine Grundschullehrer belächelten das , auch wenn sie mich manchmal anschauten als sei ich ein Alien . Manchmal hörte ich sie seufzen , ich einfach noch zu jung um das alles zu verstehen . Und ich seufzte dann in mich hinein sie seien einfach zu engstirnig um zu verstehen , dass ich viel mehr verstand als sie.
Die Konflikte mit den Lehrern wurden von Zeit zu Zeit heftiger .Ich konnte den Mist nicht ertragen den sie verzapften. Und mit jedem Kommentar , mit jedem wahren Wort das meinen Mund verließ wurden meine Noten schlechter. Mit meinen Mitschülern hatte ich es noch schwieriger .
Meine Pausen verbrachte an einem schattigen Platz unter den großen Eichen auf dem Schulhof und träumte . Von einer Welt in der alles so lief wie ich es wollte. Ich sponn mir diese Welt oft zusammen , damals war es noch ein schummriger Umriss im Kopf eines Kindes , aber heute ist es klar. Ich sehe das Bild klar vor mir.
Ich hatte nicht viel übrig für die albernen Spiele , die die anderen Kinder auf dem Schulhof spielten . Die ersten Wochen fragten sie mich noch ob ich mitspielen wollte, da ich immer verneinte , ließen sie mich irgentwann links liegen . Mir war das nur sehr Recht . Ich wollte in Ruhe träumen und in Gedanken versinken . Denn wie ein altes Sprichwort sagt : '' Die Phantasie ist das einzige Paradies aus dem wir nicht vertrieben werden können.''

So freundete ich mich mit niemanden an , außer dem freundlichen Jürgen , welcher auch nicht so recht Anschluss fand . So dümpelten die ersten zwei Schuljahre vor sich hin . Wenn meine Eltern mich fragte ,warum ich denn keine Schulfreunde mit brachte antwortete ich stehts : ,, Ich mag sie nicht .'Sie sind albern.'' Manchmal denke ich darüber nach , ob ich mich nicht doch mit ihnen hätte verstehen können , wäre ich nicht so stur gewesen. Doch ich kam immer auf den Punkt, dass sie mich nicht verstanden hätten.Sie waren schlichtweg dümmer waren als ich . Dieser Meinung bin ich - ob sie nun falsch ist oder nicht. Während mein Vater mich nur traurig anschaute wenn ich wieder meinen Satz sagte so ,verstand meine Mutter mich umso besser . Sie hörte mir zu wenn ich von der Abgestumpftheit der anderen redete , dass sie lachten wenn alle lachten und schimpften wenn alle schimpften . Genau das macht die Gesellschaft so gefährlich : Es braucht nur einen Funken um ein ganzes Feuerwerk zuzünden.

Da meine Familie aus einer schönen ländlichen Gegend nahe '' '' stammt wurde ordentlich getratscht und über andere geschmunzelt. Besonders die alte Helene , die den kleinen ''Tante-Emma-Laden'' um die Ecke führte , wusste immer genaustens über alles Bescheid , und wenn es mal nichts neues gab , dann erfand sie einfach etwas. Niemand wusste wo sie ihre ''quellen'' hatte aber auch niemand zweifelte ihre Aussagen an . Heute denke ich die Leute wollten ihr einfach glauben , denn was gibt es interessanteres als ein kleinen Skandal ? Richtig , einen riesen Skandal.
Als die Gerüchte über meine Mutter in Kraft traten war ich in der 10ten Klasse .

'' Chris ! Hey ! Chris warte ! '' , Medina kam hinter mir hergestolpert . Ich drehte mich erstaunt zu ihr um , eigentlich sprachen die anderen Kinder nicht mir mir.
'' W-w-as i-ist ?'' stotterte ich .
Sie blickte verlegen auf den Boden , scharrte mit dem Fuß ein paar Kieselsteine beiseite und dann setzte sie an : ,, Du .. Ich hab gehört .. Stimmt es , dass deine Mutter eine Affäre mit Herrn Klaasen hatt ? '' ,schoss sie hinaus.
Ich war empört. Wie könnte jemand soetwas fälschliches erzählen.
Herr Klaasen war ein dicker, ungepflegter Rüpel der , so erzählte man sich schon lange , ein Auge auf meine Mutter gerichtet hatte . Wenn nicht sogar zwei ...
Ich wollte irgentwas intelligentes kontern , etwas was bei Medina vielleicht Eindruck schinden konnte, herraus kam aber nur : ''Ne-ei-in , ni-ie-m-als.''
Sie kicherte über mein ungeschicktes stotttern und ging mit einem '' Na dann ... .'' davon.

Ein Phänomen welches mir ständig zum Verhängnis wurde. Normalerweise stottere ich nicht , sondern ich spreche ,wenn ich denn schon sprechen muss klar und laut . Ich versuche so zu klingen als wenn ich eine Rede halten würde. Zwar erntete ich durch diese Redensweise nur schallendes Gelächter , doch das war mir das Recht. Ich musste einfach mit jeder Faser anders sein. Ich grübelte viel darüber nach , ich grüble auch heute noch, doch ich finde nicht den springenden Punkt. Denn wenn ich redete fühlte mich nicht nervös oder gar ängstlich. Ich sah mich nicht als das Opfer , der Unterlegene, der Verstoßene. Vielmehr sah ich in mir einen patriotischen Kämpfer. Einen Wiedersacher dieser Konsumgesellschaft. Ich selbst schottete mich von ihnen ab , ich wollte nicht in die Masse gezogen werden . Kein verschwommener grauer Umriss in einer grauen Menge sein. Und doch , dieses eine Mädchen brachte mich aus meiner inneren Ruhe – oder beruhigte sie meine innere Unruhe ?

Auf dem weiteren Heimweg grübelte ich darüber nach , wer diese völlig aus der Luft gegriffenen Gerüchte über meine Mum verbreiten würde.Immerhin war ich der Meinung alle im Dorf würden meine Mutter mögen, wie konnte man auch nicht. Die bösen Zungen, so dachte ich , würde um sie einen Bogen machen. Mir fiel nur Mrs. Helene ein, aber was hätte sie für einen Grund gehabt?
Meine Gedanken verpufften schnell , als ich den kleinen Kieselstein gegen den Kopf bekam. Ich wollte mich grade empört umdrehen um zu schauen wer das war , da folgte auch schon der zweite. Hinter mir hörte ich ein mir allzu bekanntes höhnisches Gelächter. Schnell beschleunigte ich meinen Schritt. Ich war noch ganz aufgewühlt von dem ebigen Gespräch über meine Mutter , da konnte ich auf die Gegenwart von Barry , auch genannt ''Der Knacker'' gerne verzichten.Ich hatte schon so manche Auseinandersetzung mit diesem unangenehmen Zeitgenossen gehabt, zwar war ich ihm geistig weit überlegen , doch meine gekonnten Anspielungen und Sticheleien nützen nichts , da er sie nicht einmal verstand. Barry handelte wie er sagte ''nur aus dem Bauch herraus'' , ich bewerte das eher als ein '' aus der Faust herraus'' handeln. Bei jeder Gelegenheit nutze er seine 110 Kilo Kampfgewicht um körperlich Unterlegene aufzufordern.Ich erkannte , dass nicht viel dazugehört , aber die anderen Kinder feierten ihn aufs äußerste.

Nach dem dritten Stein, drehte ich mich um und schnautze Barry an.Der war , wie immer , eher ungerührt und ich wurde immer genervter. Als er anfing meinen Vater als dreckiges Schwein zu beschimpfen blieb ich noch ruhig, denn zum einen wusste ich, dass das nicht zutraf und zweitens musste ich mich über Barrys Redenart amüsieren. Er hatte anscheinend in einem Kampf den einen Zahn verloren und nun lispelte er ganz fürchterlich.Als er meine Mundwinkel zucken sah, lief er rot an.
''Ich habe den Zschahn verloren alz ish die Treppe runtergefallen bin!Zau nischt so blöde!''
Ich konnte mich nicht mehr halten und prustete los:
''Schaut eher so aus , als wenn du endlich jemanden gefunden hast der genauso viel wiegt wie du.''
Er schien zu platzen vor Wut. Als er so nah an mich rantrat , dass ich seinen schlechten Atem spüren konnte, stellte sich dieses flaue warme Gefühl in meinem Magen ein. Ich war nicht schächtig , dadaurch ,dass ich seit ich 8 bin das Holz für den Kamin hacke , aber mit Barry würde ich es doch nicht wagen aufzunehmen. Ich hatte ersteinmal versucht mich mit meinem Körper gegen ihn zuwehren , das ging in die Hose. Ich endete mit einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus.Meiner Mutter erzählte ich damals ich sei vom Baum gefallen,da ich mich für meine Schwäche schämte.Sie hatte nur traurig mein blaues Auge und die aufgeplazte Lippe betrachtet, aber gesagt hat sie nichts.

Als er so dicht an mich herran getreten war ,dass er mit seiner Zunge meine Nasenspitze hätte berühren können, raunte er bedrohlich:
''Schag das noschmal! ''
Zum ersten mal spürte ich das verlangen danach ihm eine rein zuhauen , jetzt wo er schnaufend vor Wut so dicht bei mir stand und mir sein eckelhafter Schweißgeruch in die Nase biss kam er mir vor wie ein wildesTier. Ich hatte genug von der unterdrückung durch ihn. Was ist flasch gelaufen auf der Erde ,dass man solche Menschen zu fürchten hat. Ich wiegte meine Chanchen auf einen Sieg gegen dieses Ungetüm ab. Sie standen nicht gut, aber auch nicht unmöglich.
Als mein Vater damals mein blaues Auge und die kaputte Lippe gesehen hatte hat er mich nur schweigend zum Schuppen geführt. Dort hingen alte abgewetzte Boxhandschuhe.Er erzählte mir von seinem Traum , ein großer Boxer zuwerden und davon wie dieser gescheitert ist. Er zeigte mir Tricks um einen Gegner zu Fall zu bringen und ihn K.O. Zu schlagen .Damals hatte ich gedacht er wolle mir nur noch einmal klar machen , dass ich ein Schwächling war und meinen Vater enttäuschte.In diesem Moment war ich ihm dankbar. Ich atmete tief ein, ging die Schritte noch einmal durch, dann grinste ich ihn herrausfordernd an.
''Schaut eher so aus ...''
Er unterbrach mich und ich glaubte im würde gleich der Kopf explodieren.Laut brüllte er :
''Wie kannscht du esch wagen!Du dreckigesch Hurenkind!Ja du hörscht rescht, deine Mutter ist eine verdammte Hure!Schließlich schläft schie mit dieschem fetten Herr Klaasen!''
Ich knallte ihm mit voller Wucht das Knie in die Eier. Er war völlig überrumpelt und krümmte sich vor Schmerzen. Ich trat ihm mit heftig in den Bauch und dann sprang ich mit dem Ellenbogen vorraus auf seinen Kopf. Ein Kampfstil wie aus dem Bilderbuch.

Eine Sekunde war es totenstill auf dem Weg.Danach setzt mein heftiger Atem und Barrys schmerzerfülltes stöhnen ein. Ich spürte wie die Wut mir den Magen verbrannte,ich spürte wie meine Gliederschmerzten aber vor allem spürte ich das unendliche Wohlgefühl des Triumphes.Ich rappelte mich auf und blickte ihn von oben herrab an. Dann schweifte mein Blick durch die Umgebung .Die Sonne blendete mich, ein leichter wind wehte und ich hörte Barry auf dem Boden wälzen. Barry ''Der Knacker'' wurde geknackt.

Dieser Tag hat mein Leben verändert. Ich habe gelernt , man kann sich nicht in einem Schneckenhaus verkriechen.Sie finden immer einen Weg hinein,All die Ratgeber und Elternzeitschriften raten einem ruhig zu bleiben oder die Angreifer zu ignorieren. Nur im echten Leben klappt das nicht , wenn du jemanden ignorierst symbolisierst du ihm ,dass du einen Kampf nicht gewachsen bist. So kann er sich hundert prozentig sicher sein ,dass er gewinnt. Und so holt er sich an dir das Gefühl von Macht das er bei Gleichstarken nicht bekommt.
Es gibt also nur zwei Möglichkeiten , zum einen währe da : Akzeptanz , einfach die Prügel hinnehmen und auf bessere Zeiten warten.Sich in seiner Rolle einfügen.Seinen angewiesenen Platz einnehmen. Oder aber : Rangkampf. Hier gillt es sich gut vorzubereiten , körperlich aber vor allem seelisch. Einen einzelenen fertig zumachen ist leicht , man hat die Masse hinter sich und nichts zubefürchten. Ein wichtiger Schritt ist es also ihm die Menge zuentziehen sodass es one on one steht.Leichter gesagt also getan . Der erste Schritt ist damit getan ,dass es für ihn immer Konsequenzen haben muss wenn er sich wieder über dich stellen will. Man muss etwas gegen den Feind in der Hand haben,etwas dessen Verlust schmerzlich ist.

So begann ich meinen eigenen Kleinkrieg gegen Barry. Wie zuerwarten fing er mich schon am Schultor ab um mir mein Schulbrot weg zunehmen.Soweit so gut. Innerlich wollte ich wegrennen wie ein feiger Hund , äußerlich schien ich mich über die Begegung erfreuen.Ich setzte ein spöttisches Grinsen auf und schlenderte auf ihn zu.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 09.12.2010

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /