Das Leben ist nicht gerecht, und manchmal spielt es einem obendrein auch noch böse Streiche, wie etwa dem ehemaligen Astronauten Khaled Surman aus dem westlichen Unglaubistan. Wurde der arme Kerl einst von sämtlichen Friseusen angehimmelt, so lebt er jetzt verarmt in einer weitentlegenen Oase als Geschichtenerzähler. Dieser Beruf an sich hat im Orient traditionell ein ordentliches Ansehen, in Khaleds Fall allerdings ist es nur eine bedauernswerte Notlösung. Von seiner Frau verlassen und den ehemaligen Kollegen gemieden, lebt der arme Mann enttäuscht und zurückgezogen weit ab jeglicher Zivilisation. Von Seiten der Regierung wird sogar seine Existenz geleugnet. Wie es zu diesem harschen Bruch seiner einst so vielversprechenden Biographie kam, darüber gibt es mehrere unterschiedliche Versionen. Eine davon, nämlich Khaleds eigene, soll hier erzählt werden.
Unter strengster Geheimhaltung arbeitete die Regierung Unglaubistans seit Jahren daran, Astronauten auf den Mond zu schicken um dort eine Forschungsstation zu errichten. In einem wahren Husarenstück war es der Regierung gelungen, von Russen und Amerikanern völlig unbemerkt, in monatelanger Arbeit auf dem Mond eine feste Station mit sechs Zimmern und gekacheltem Gäste-WC zu errichten. Die Raketen starteten nämlich ganz geschickt nur nachts zum Mond, und landeten obendrein immer nur auf dessen Rückseite, die ja in völliger Dunkelheit liegt. Und genau dort bauten sie klammheimlich Stein für Stein die Station auf.
Eines Nachts fiel ihnen dabei auf, dass von der Erde aus gesehen, direkt hinter dem Mond, ein riesiges dunkles Loch im Weltraum klaffte. Der Mond selber war anscheinend mit Absicht genau so davor geschoben, dass es von der Erde aus nicht zu sehen war, sozusagen als ein Schutzschild. Von der Rückseite des Mondes war das Loch zwar gut zu sehen, allerdings immer noch soweit entfernt, dass auch von dort aus keine Details zu erkennen waren.
Eines Abends nahm sich Khaled daher die Rakete und sagte den anderen, er wolle noch mal eine Runde drehen. Im Dunkeln war das noch viel dunklere Loch zwar kaum zu erkennen, trotzdem gelang es ihm hineinzufliegen. Es handelte sich um eine riesige Röhre in der er bequem landen und parken konnte, weil es jede Menge freien Platz gab. Ein Speziallicht beleuchtete die Röhre ähnlich einem Agentenspiegel, der von einer Seite verspiegelt, von der andren durchsichtig war. So gelangte das Licht auch nur aus der Röhre in den Weltraum hinaus. Befand man sich in der Röhre, konnte man das gut beleuchtete Weltall beobachten, war selber aber von außen für niemand zu sehen.
Kaum war Khaled aus der Rakete gestiegen, kam ihm auch schon Allah in einem cremefarbenen XL-Lang-Shirt mit Samtkragen entgegen und begrüßte ihn herzlich. Er nahm ihn mit in seine Gemächer und bewirtete Khaled fürstlich. Man unterhielt sich angeregt und alle Fragen die er hatte, wurden vom ziemlich netten Allah zuvorkommend beantwortet. Weil Khaled aber nicht wusste, dass schon seit Jahrhunderten eine Allah-Stunde etwa zweiundneunzig Menschen-Stunden waren, hatte er auch überhaupt nicht mitbekommen, wie viel Zeit nämlich mittlerweile vergangen war. Als sie dann alles beredet hatten und auch die Teekanne restlos geleert war, verabschiedeten sie sich voneinander. Allah winkte Khaled und seiner Rakete noch hinterher als die beiden sich wieder auf den Rückweg machten.
Doch oh Schreck, was war denn inzwischen da passiert? Der Mond selber war nur noch eine schmale Sichel und die Station war verschwunden. Inzwischen herrschte nämlich abnehmender Mond und genau dort wo die Station gestanden hatte, hatte er auch abgenommen. Und weil Khaled mit der Rakete unterwegs war, gab es für seine Kollegen keine Rettung, sie waren mit samt der
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: reiner nawrot
Bildmaterialien: reiner nawrot
Tag der Veröffentlichung: 30.03.2015
ISBN: 978-3-7368-8647-6
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