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Kapitel I



Rosie Groult

Wenn ich es heute überdenke, was selten vorkommt, bin ich von mir als Kind enttäuscht. Ich trug nicht einmal meinen wirklichen Namen. Meine Eltern, die zweifellos auf einen Benoît hofften, hatten mich beim Standesamt Benoîte genannt. Aber da, wie ich vermute, dieser Vorname nicht zu einem dicken sanftmütigen Baby passen wollte, entschieden sie sich für meinen zweiten Vornamen: Rosie. Keiner meiner Eltern nannte mich je Benoîte.
Ich war ein konventionelles, furchtsames, gehorsames Kind und eine gute Schülerin, einer Camille und Madeleine de Fleurville, zwei vorbildlichen und langweiligen kleinen Mädchen, näher als der aufsässigen Sophie, Tochter der Comtesse de Ségur. Meine Eltern, Vater wie Mutter, waren viel interessanter als das Kind, das ich war. Vorzügliche Eltern, die nur einen Fehler hatten, sie selbst zu bleiben mit ihrer starken Persönlichkeit, die sie nie geopfert haben, unter dem Vorwand, so die besseren Erzieher für meine
Schwester und mich zu werden. Sie führten ihr Leben, und dann waren wir da, und sie liebten uns, das war alles. Keine Therapeuten damals, die sich über das reichlich späte Pipi im Bett oder die Legasthenie beugten, die man als fehlen- den Fleiß zu bezeichnen pflegte, oder die mangelhafte Mitarbeit in der Schule, die man ganz einfach der Faulheit zuschrieb. Angst, den Schuldigen für immer zu trauma- tisieren, bestand nicht. Keine Theoretiker für mangelnden Fleiß, kein Vertuschen schulischer Angelegenheiten durch unwahrhaftige Ausführungen, die Schüler und Eltern im Glauben ließen, dass man mit wenig Arbeit Kenntnisse erwerben kann. Keinerlei Aktivitäten zur Intelligenz- förderung mit dem Hinweis, dass die anderen Aktivitäten einschläfernd seien.

Auch keine Schulpsychologen, um jegliche Bestrafung, jede zu schlechte Schulnote zu untersagen, die den Versager traumatisieren könnte, oder um die Unver- schämtheit gegenüber dem Lehrer, ja Gewalttätigkeit zu erklären oder zu rechtfertigen. Oder den Griff zur Zigarette mit der Komplizenschaft eines Elternteils zu rechtfertigen. Verhaltensweisen, die nicht mehr einfach nur Arroganz und die Verweigerung jeglicher Disziplin darstellen, sondern die Ängste der jungen Leute, es war ein Hilferuf, gegen den man nicht vorgehen, sondern den man behandeln sollte, indem man die Lehrer, den Unterricht und die ganze Gesellschaft in Frage stellt. Wir Vorkriegskinder waren »infans«, etymo- logisch jene, die nicht sprechen, die nicht ihre Meinung abgeben, und unsere Eltern waren für uns »die Eltern«, eine Gattung, die weder beurteilt noch in Frage gestellt wurde.
Die meisten Schriftsteller heute, Männer wie Frauen, kommen ständig auf ihre Kindheit zurück, als wäre diese eine Höhle des Ali Baba, die sich je nach den Umständen als voll von Schätzen oder Entsetzlichem, Rührendem oder nicht zu besänftigendem Groll erweist. Jedenfalls geben sie vor, dort die Gründe ihrer Erfolge und vor allem ihrer Misserfolge zu finden, während sie ununterbrochen die Sätze von Papa oder Mama analysieren, endlos ihren Erzeugern den Prozess machen und ihnen ihre Laschheit oder ihren Autoritätsanspruch vorwerfen und sich selbst über die Art ihres Liebesakts an dem Tag, als sie gezeugt wurden, Gedanken machen.
Mit derselben Bitternis denunzieren sie das elterliche Desinteresse an ihrer vielversprechenden Existenz, oder die unerträgliche Forderung nach Ergebnissen, die sie an ihr Kind stellen.
Außer bei einem überragend talentierten Schreiber langweilen mich Kindheitsbeschreibungen. Und die Anschuldigungen gegen die Eltern, ganz gleich ob biologischen oder Adoptiveltern, ob sie nun anwesend oder verschwunden, liebevoll oder gleichgültig waren, sind mir langsam zuwider. Mir wurde bewusst: Das Beruhigende bei den alten Griechen und Römern wie bei den Klassikern oder Romantikern ist, dass sie uns ihre Kindheit erspart haben.
War Corneille ein geschlagenes Kind? Hat Platon mit zehn masturbiert? Hat Musset viel geweint, weil seine Mutter ihm abends im Bett keinen Gutenachtkuss gegeben hat?
Es zu wissen wäre zweifellos nicht uninteressant, und für Psychoanalytiker ist es sogar unerlässlich bei Patienten, die unter ihrer Kindheit leiden wie unter einer Wunde, die sich nicht schließen will. Früher hat man sich einfach seiner Kindheit entledigt. Sie nahm nicht den entscheidenden Platz ein in einer Existenz. Sie wird auch nicht einen entscheidenden Platz in diesem Buch einnehmen. Denn ich habe niemandem einen Prozess zu machen, keinem Groll nachzuhängen, keine Entschuldigung vorzubringen, um zu erklären, dass ich nicht überbegabt war oder einer dieser großartigen Schulversager, die so viele Schriftsteller sich rühmen, gewesen zu sein. Die Erziehung, die man mir gab, oder hingegen die Personen, die sie mir ersparten, lassen deutlich darauf schließen, wie ich ein verängstigtes junges Mädchen geworden bin, das unfähig war, seine Gaben zu nutzen, wo doch so viele Feen sich über meine Wiege gebeugt haben.
Ich war ein nettes kleines Mädchen mit sehr großen blauen, ein wenig starren Augen, einer Ponyfrisur aus kastanienbraunen glatten Haaren und einem offen stehenden Mund, der mich etwas dumm aussehen ließ und meine Mutter zur Verzweiflung brachte.
Da sie nicht die Frau war, die verzweifelte, sondern handelte, wollte sie mich dazu bringen, diesen Mund wie ein Herz zusammenzuziehen, wie es das in den dreißiger Jahren bei den Mädchen Mode war. Deshalb sagte sie mir in der Öffentlichkeit flüsternd vor, was mir wie ein Donnern vorkam: »Pomme, Prune, Pouce, Rosie!«
Ich habe nie darauf geantwortet: Du kannst mich mal, Maman! Irgendwie muss ich etwas blöd gewesen sein … Gehorsam presste ich meine beiden Lippen zusammen, damit sie denen meiner Schwester glichen, die vollkommen waren. Wie überhaupt alles Übrige an ihr in den Augen meiner Mutter. Ah!, sagt der Seelendoktor, das bekannte Eifersuchtsgebaren.

Nun, nicht einmal das. Ich liebte meine kleine Schwester, die vier Jahre jünger war als ich, jedenfalls habe ich sie nie gehasst. Ich habe sie kaum malträtiert, nur plumpe unschuldige Striezereien. Schließlich habe ich nie wie sie vorgegeben, meine Mutter anzubeten. Es ist also normal, dass Maman Floras Art der Schönheit und ihre leiden- schaftliche Zuneigung vorzog, die diese ihr übrigens ihr ganzes Leben lang entgegengebracht hat.
Noch zwanzig Jahre nach dem Tod meiner Mutter sagte mir Flora manchmal: »Ich habe Maman heute Nacht im Traum gesehen. Es ging ihr gut.«
Ich träume selten von ihr. Zweifellos, weil ich ihr allmählich immer mehr ähnle.
»Pomme-Prune-Pouce« habe ich zu verdanken, dass ich keinen hängenden Mund habe. Trotz meines Alters und meines Berufs habe ich keinen allzu runden Rücken, dank einem Folterstuhl, den sie mir in einem Geschäft mit Utensilien für Behinderte bestellt hatte: einem massiven Holzstuhl, schwer und unnachgiebig wie die Justiz, der mit einem hohen Holzbrett in der Länge meines Rückens ausgerüstet war, das mich zwang, mich kerzengerade hinzusetzen, fast an die Sitzkante, mit zwei Gurtbändern, durch die ich meine Arme stecken musste. Das verlieh mir die Haltung von Erich von Stroheim. Meine Ellbogen waren so fest nach hinten gezerrt, dass ich gerade noch meine Gabel zum Mund führen konnte.
»Kau, Rosie, kau! Schau, André, sie tut so, als schluckte sie, aber sie sammelt alles in ihren Backen, wie ein Hamster.«
Rosie ist nie auf den Gedanken gekommen, alles wieder auszuspucken … irgendwie muss sie dumm gewesen sein.
Da ich widerwillig herumkaute – zum Glück nannte man diese kindlichen Äußerungen von Opposition noch nicht Anorexie –, bekam ich Bemax, konfettigroße, staub- trockene Weizenkeimtabletten und angeblich geruchlosen Lebertran (die Dorsche, die sich auf der Verpackung tummelten, genügten schon, um den Kindern den Magen umzudrehen), dazu noch Phytin gegen Rachitis und Apfelsirup für die Bronchien.
Ich hatte wirklich eine wunderbare Mutter.
Entweder habe ich es nicht verstanden, meinerseits eine gute Mutter zu sein, oder die Vorlage für vorbildliche kleine Mädchen war verloren gegangen: Ich habe bei keiner meiner drei Töchter eine solche larvenähnliche Unterwerfung erreicht, worunter, leider Gottes, keinerlei Revolte brütete – bis zu einem fortgeschrittenen Alter.
Unverdrossen arbeitete meine Mutter für mein Wohl. Wieso sich ihm verweigern? Sie konnte nur Recht haben. Sie war schön mit großen blauen, ein wenig starren Augen wie die meinen.
»Die Kuhaugen von den Poirets!«, sagte mein Vater, der winzige Knopfaugen hatte. Sie war tadellos, jedoch zu sehr geschminkt wie viele der »hübschen Frauen« jener Zeit, vor allem wenn sie in der Modebranche arbeiteten; niemals krank, verließ sie jeden Morgen das Haus, um die Welt zu erobern, mit roten Nägeln, großen Ringen an den Fingern, einer welligen Kurzfrisur, die jeden Tag mit der
Brennschere zurechtgemacht wurde. Ich hörte das Klicken, wenn sie sie im Bad von dem Gestell nahm, in dem eine Spiritustablette der Marke Meta brannte.
Sie liebte nur die Stadt, vorausgesetzt, es war die Haupt- stadt; verabscheute die Bretagne, Landhäuser und Sportschuhe; konnte nicht schwimmen und nicht Auto fahren; war nur glücklich, wenn sie Modelle für ihr Modehaus entwarf oder von Künstlern und Schriftstellern umgeben war, die ins Haus kamen, um Nicoles Unver- schämtheit und Andrés Lammkeule im Brotteig zu genießen. Nachts ertappte ich sie häufig dabei, wie sie ihren zahlreichen Verehrern schrieb, mit ihrer schönen, girlandenförmigen, erstaunlich kraftvollen und regel- mäßigen Schrift – sie, die das Schreiben bei den Nonnen gelernt hatte, dieser schrägen Schrift mit den gewundenen großen Buchstaben, die man allen jungen Mädchen jener Zeit aufzwang. Die 1887 geborene Marie Poiret beschloss bei ihrer Eheschließung 1907, Nicole Groult zu werden. Als sie ihren Personenstand änderte, wollte sie zugleich Schrift, Stil und Ambitionen ändern.
Ich wusste noch nicht, dass ich mit zwanzig dasselbe machen würde. Bis auf die Schrift (ich habe noch immer dieselbe wie meine Mutter …) und die Ambitionen (die ihren verstellten mir den Horizont). Blieb der Vorname, ich nahm wieder Benoîte an, es war ein Anfang. Vorerst musste ich ihr ähnlich sein oder gar nicht sein. Also war ich nicht …
Wem sonst hätte ich ähnlich werden wollen? In dem Salon von Nicole erblickte ich Frauen von Künstlern und Schriftstellern. Sie erschienen mir schrecklich. Sie hatten alle etwas von Hexen wie Elise Jouhandeau (Frau des Romanciers Marcel Jouhandeau). Sie trugen weite grellbunte Kleider, kurzes Haar und Pony, redeten laut und folgten ihren Männern auf Schritt und Tritt. Auch meine Patin Marie Laurencin, die mich jedes Mal wegen ihrer Kurzsichtigkeit mit ihrer Lorgnette beäugte, als hätte sie mich noch nie gesehen und entdeckte ein unbekanntes und leicht abstoßendes Insekt.
Und in der Außenwelt gab es dann die normalen Damen, die Mütter meiner Klassenkameradinnen. Sie trugen einen Knoten, Schnürschuhe mit Blockabsätzen, strickten mit fünf Nadeln Socken für ihre zahlreiche Brut und holten in dunkelfarbenen Kostümen, oder im Winter mit Persianer- mänteln behängt, ihre Töchter von der Schule ab. Maman verabscheute Persianer. Zu meiner großen Scham trug sie lange Zeit einen scheußlichen Mantel aus Affenfell mit langen schwarzen, zerzausten Haaren.
Die Vorstellung, sie könnte am Tor der Privatschule Sainte-Clotilde, rue de Villersexel, Paris 7ième, auftauchen, mit ihren indezent auf dem Trottoir klappernden Stöckel- schuhen, ihren extravaganten Hüten und der Haltung einer Königin, kam einem Albtraum gleich.
Sie kam zum Glück nie, und die Schule konnte für mich eine Zuflucht vor ihrem exzentrischen Wesen bleiben und der Platz, um eine rechte Freude am Lernen zu entwickeln, gefördert von dem Temperament eines braven, fleißigen Schafs. Später an der Sorbonne machte ich unzählige Scheine: Griechisch, Sprachwissenschaft, Englisch, Biologie, alles, um möglichst lange Studentin zu bleiben und den Eintritt in die Arena hinauszuzögern, wo ich »die Trauben hochhalten« musste (noch so ein Ausdruck meiner Mutter) gegenüber den Jungen, die in meinen Augen eine zweifelhafte Sippschaft mit merkwürdigen Sitten bildeten und den Mädchen grundsätzlich feindlich gesinnt waren. Dennoch würde ich mir in absehbarer Zeit unter ihnen einen Ehemann »ergattern« (immer das Leistungs- vokabular) müssen, was mir angesichts des Zustands meiner Munition als ein Ziel außerhalb der Reichweite erschien. Völlig unpassend sagte mir mein Vater immer wieder, Barrès zitierend: »Mir gefallen die jungen Leute, die mit einem Schimpfwort auf der Zunge ins Leben treten.« Und das mir, die ich nie »Du kannst mich mal« hatte sagen können!
Mit meinen Komplexen war ich für die Herde der weib- lichen Lämmer Gottes wie maßgeschneidert. Wäre es nicht tatsächlich einfacher, ins Kloster zu gehen, wo mich ein erhabener Gatte erwartete?
Schluss mit der Verpflichtung, das strebsame Mädchen
zu spielen, Schluss mit dem Ringen um Erfolg. Schluss mit den hohen Absätzen, dem Rouge »Guitare«, der missra- tenen Dauerwelle und den scheußlichen Lockenwicklern. Jedenfalls ging ich als Verliererin davon, die Kerle liebten nur die duftigen Blonden und die oberflächlichen Koketten. Ich habe mit diesem religiösen Plan fast ein Jahr lang ohne wirkliche Überzeugung gespielt, aber gewiss, um meinen Eltern zu trotzen.
Etliche von meinen Klassenkameradinnen (man sagte noch nicht Freundinnen, nur die Jungen hatten Kumpel) bereiteten sich darauf vor, einem Orden beizutreten. Schon als kleine Mädchen waren sie bei den »Marienkindern«, was dazu führte, dass sie frühzeitig jene etwas traurige, leicht vorwurfsvolle würdige Haltung einnahmen, die man bei den Frauen feststellen konnte, die von der Kommunion- bank zurückkamen. Einige unter ihnen, die den Tod eines Verwandten beklagten, waren traditionell dem »Blau und Weiß« geweiht. Mir hätte das gut gefallen … Schließlich hatte auch ich eine kleine Schwester verloren, die zwei Jahre jünger war als ich. Aber meine Mutter mochte die leuchtenden Farben viel zu sehr und die Jungfrau Maria viel zu wenig, um diesen Kleiderzwang zu akzeptieren. Sie liebte zu sehr das Leben und mein Leben, um meiner Entsagung zuzustimmen. Allein das Wort erfüllte sie mit Entsetzen.
Ich hatte solche Angst, das freie und unbestimmte Königreich der Kindheit zu verlassen, dass ich mich lange an das undankbare Alter klammerte, ein Syndrom, das heute verschwunden ist. Das Jungmädchenalter kam mir in der Tat wie ein Noviziat vor, das unausweichlich zur Ehe, das heißt zum Frauendasein, führte. Bei dieser Perspektive bekam ich Pickel. Und da ich trotz Ozonbehandlung, Hautritzung und Schwefeltinktur keinerlei Ausweg sah, gelang es mir, zwei Jahre lang meine Akne zu bewahren, die dann von Herpes abgelöst wurde, der jedes Mal, wenn ich zum Ball oder zu einer Abendgesellschaft eingeladen wurde, auf meinen Lippen erblühte.
Eines Tages musste ich aber dann doch trotz aller Ver- zögerungsmanöver mein Frauenschicksal und die damit verbundenen Regeln des Marktes hinnehmen. Die erste lautete, ein »hübsches Gesichtchen« zu haben. Ich hatte eine Visage. Ein Minuspunkt.
Des Weiteren war es zweckmäßig, nicht allzu lange zu studieren. Das mache die Mädchen hässlich (nur die Mädchen), und wir wurden als Blaustrümpfe abgestempelt. Und schließlich sollte man keine verstörenden Gedanken haben. Am besten, man hatte gar keine, vor allem keine politischen. Denn die Männer ließen die Nervtöterinnen fallen, und man wurde schnell zur alten Jungfer, einem armen Ding also, das nichts als Mitleid und Hohn hervor- rief.
Eine Alternative gab es nicht. Da konnte ich mich plagen und abstrampeln, am Ende besaßen die Kerle, sie allein, den Schlüssel zu meiner Zukunft. Allmählich erschien mir jeder Junge als Schicksal.
Nicht dass ich mich für eine Niete gehalten hätte. Ich empfand sogar Achtung vor meiner Person. Aber ich sah nicht, wie man einen Mann von meinem Wert überzeugen konnte. Wenn sie es nicht schafften, mich in der Herde der heiratsfähigen Mädchen ausfindig zu machen, mich zu unterscheiden, waren sie Idioten.
Mein Vater, der für jede Lebenslage ein lateinisches Zitat parat hatte, war völlig meiner Meinung. »Margaritas ante porcos, Perlen vor die Säue«, verkündete er, um mich zu trösten. Da war ich weit gekommen.
Meine Mittelmäßigkeit wurde endgültig besiegelt, als ich dem französischen Filmemacher Marc Allegret auffiel, den ich bei gemeinsamen Freunden auf dem Land kennen- lernte. Er suchte junge Mädchen für einen Film und schlug Maman vor, Probeaufnahmen mit mir zu machen. Sie war begeistert, ich verging vor Schreck.
Am Vorabend des Studiotermins erklärte ich ihr, dass ich mich unfähig fühlte, mich einer Kamera zu stellen.
»Lieber geh ich putzen«, sagte ich mit finsterer Miene. Wieder hielt man mich für zu nichts nutze. Meine Erziehung war eindeutig ein Misserfolg.
Dreißig Jahre später, nach dem Tod meiner Mutter, ging das große, in rotes Leder gebundene Heft an mich über, in das sie ihre Gedanken und Gedichte notierte und ihre schönsten Briefe an Marie Laurencin, Jean Cocteau, Pierre Benoit, an ihren Bruder Paul Poiret und an so viele andere abschrieb. Irgendwo auf den vielen Seiten entdeckte ich ein paar wenige Zeilen, in denen sie ihre ganze Ent- täuschung über ihre älteste Tochter, die damals erst sechzehn war, zum Ausdruck brachte: »Rosie nimmt eher auf, als dass sie von kreativem Naturell wäre. Ich weiß nun, dass sie keine besonderen Gaben hat. Sie zweifelt an sich selbst und glaubt zu sehr an Bücher. Sie hält sich für energisch, ist aber nur starrköpfig. Ich habe allmählich wenig Hoffnung für ihre Zukunft.«

Arme Maman, ich habe dich lange enttäuscht und Jahre gebraucht, bis ich aus meiner Lethargie erwachte. Erst viel später habe ich begriffen, was mich gelähmt hatte; die Unmöglichkeit, meiner Mutter zu ähneln und kein anderes Vorbild zu haben. Nicole Groult war eine der wenigen Frauen in meinem Umkreis, die durch ihre Arbeit Erfolg hatte ohne jegliche Hilfe eines Mannes. Sie verdiente gut ihren Lebensunterhalt, das heißt für uns alle. Sie wurde ihr Leben lang von ihrem Mann geliebt, und es fehlte ihr weder an Verehrern noch an Liebhaberinnen. Bis ins fortgeschrittene Alter war sie schlank und schön ge- blieben. Sie hatte ein achtzehn Monate altes kleines Mädchen verloren, ihr zweites Kind, aber anstatt in Depressionen zu versinken, hat sie zwölf Monate später ein weiteres Kind in die Welt gesetzt. Damals – und heute übrigens auch – kam es selten vor, dass eine Frau auf allen Ebenen einen solchen Erfolg hatte. Das verzieh man ihr in unseren bürgerlichen Kreisen nicht. Gern hätte man sie bestraft gesehen – irgendwie. »Sie ist eine exzentrische Person!«, sagten meine Tanten mit missbilligender Miene.
»Ihr solltet lieber nicht so werden wie eure Mutter!«, warnte uns unsere Großmutter in regelmäßigen Abständen; sie wog hundert Kilo und trug Schwarz seit dem Tag, an dem ihr ältester Sohn in Verdun gefallen war.
Ich hatte nicht den Mut, exzentrisch zu sein. Auch nicht die Fähigkeit. Und Hilfe hatte ich von keiner Seite zu erwarten, schon gar nicht von meinen Büchern. Im Gegenteil: Je mehr ich las, desto klarer wurde mir, dass Unabhängigkeit für Mädchen nicht vorgesehen war. Ich ahnte nicht im Entferntesten, dass es eine Virginia Woolf gab. Ein Zimmer für sich allein, geschrieben 1929, wurde erst 1951 von Clara Malraux ins Französische übersetzt. (Die deutsche Übersetzung ließ noch länger auf sich warten: 1978.)
Und natürlich wusste ich nichts von einer Marie Woll- stonecraft, einer Olympe de Gouges oder Louise Weiss. Simone de Beauvoir würde erst fünf oder sechs Jahre später Das andere Geschlecht schreiben, und das Wort »Feminismus« habe ich wohl erst ausgesprochen, als ich fünfundzwanzig oder dreißig Jahre alt war. Und ohne ein Wort, um dieses Phänomen auszusprechen, wie sollte man es da entwickeln! Meiner Mutter waren Wahlrecht und Politik schnurzegal. Mir dafür umso weniger.
Im Grunde lebte ich in einer Art Unschuld, aber so, wie man von einer »Unschuld vom Lande« spricht. Wir Vorkriegskinder, die 1939 über achtzehn Jahre alt waren, stellten fast alle die Unschuld vom Lande dar. Um nicht zu sagen, von einem entfernten Planeten. Und anderswo war es noch schlimmer. Wenigstens war ich nicht eine jener Negerinnen mit Tellerlippen, die bei der großen Kolonial- ausstellung von 1936 wie Affen zur Schau gestellt wurden.
Ich war sechzehn Jahre alt, als ich sie sah, aber der Gedanke hatte mich nicht einmal gestreift, dass auch sie Frauen »mit einer Funktion« waren. Der Funktion, Männern zu gefallen, die die Kriterien nach ihrem Gutdünken festlegten, mochten sie auch noch so grausam sein, und nur heirateten, wenn alles konform war.
Mit zwanzig Jahren hatte ich also noch immer nichts Anormales am Funktionieren unserer Gesellschaft entdeckt. Ich hatte einen Hochschulabschluss in Philologie, ich unterrichtete Latein und Englisch in einem Privatkurs, warum aber durfte ich nicht zur Wahl gehen wie die Taxifahrer oder Straßenkehrer? Warum durfte ich kein Bankkonto eröffnen ohne die Zustimmung eines Ehegatten oder abtreiben, ohne Gefahr zu laufen, verfolgt und von der Gesellschaft verurteilt zu werden oder vielleicht sogar zu sterben? Die Frage wurde nicht gestellt.
Und warum hatten die Männer während der Besetzung allein das Recht auf Tabakmarken, während die Frauen ein weiteres Mal wie Minderjährige behandelt wurden?
Die Frage wurde nicht gestellt. (Dafür wurde die Antwort gefunden. Keine von uns rauchte, wir hatten uns die Tabakmarken meines Vaters genommen, um sie den Bauern von Morbihan zu schicken, die uns als Gegen- leistung Butter und Kaninchen schickten.)

Und warum schließlich habe ich es beim Staatsexamen bewenden lassen, warum habe ich nicht einmal versucht, den Doktor zu machen oder mich für die Eliteschule »École normale supérieure« zu bewerben wie viele junge Männer in meinem Umkreis? Ich habe sie aufsteigen sehen. Ich trat auf der Stelle. Woran lag dieser Defätismus, warum gab ich frühzeitig auf, obwohl ich über Zeit, Geld, eine solide Gesundheit und Lust am Lernen verfügte?
Auch hier wurde die Frage nicht gestellt. Verzicht galt als eine Tugend bei den Mädchen, Verzicht auf Glück eingeschlossen.
Aber auch hierzu habe ich die Antwort gefunden, als ich Jahre später einen Abschnitt aus Das andere Geschlecht von Simone de Beauvoir entdeckte, der für mich ge- schrieben schien: Zunächst befindet sich die Frau während ihrer Lehrzeit in einem benachteiligten Zustand … Stark demoralisierend wirkt auf die Frau, die sich genügen will, die Gegenwart anderer Frauen derselben sozialen Schicht, die beim Start dieselben Möglichkeiten haben und als Parasiten leben … Dies umso mehr, als es ihr, wie gesagt, so vorkommt, als ob sie auf ihre anderen Aussichten immer mehr verzichte, je weiter sie gehe. Wenn sie ein Blaustrumpf, eine geistige Frau wird, missfällt sie ganz allgemein den Männern. Oder sie demütigt ihren Mann, ihren Liebhaber durch einen glänzenden Erfolg … Sie redet sich ein, dass ihre Erfolgsaussichten nur auf ihrer
Geduld, auf ihrem Fleiß beruhen können. Sie beschließt, mit ihren Kräften geizig hauszuhalten: Eine solche Überlegung ist besonders verwerflich … Vom Autoritätsglauben und einem gelehrten Gepäck belastet, mit Scheuklappen vor den Augen, tötet die übertrieben gewissenhafte Studentin in sich den kritischen Sinn, sogar die Intelligenz. Eine schreckliche Analyse, die der meiner Mutter entsprach.
Endlich hatte ich eine Erklärung für den Dämmerzustand meiner Intelligenz. Es war so genau mein Porträt, das Simone de Beauvoir beschrieb, dass ich Lust hatte, das Mädchen, das ich gewesen war, halb totzuschlagen und dann mit heißen Tränen zu umarmen.
Aber wie hatten es die anderen gemacht, die paar wenigen, die im 20. Jahrhundert ihren Weg gesucht und gefunden und es geschafft hatten, sich einen Namen zu machen? Ich bewunderte sie, verblüfft. Conchita Cintron, die erste Torera im Jahr 1937. Maria Bashkirtseff, die mein Vater bewunderte und die mit vierundzwanzig Jahren 1884 gestorben und schon durch ihr Tagebuch und ihre Malerei berühmt war. Natürlich Marie Laurencin, meine Patin. Und die skandalumwitterte Colette und Elsa Triolet, die
1945 den Prix Goncourt bekam. Es war der erste, der seit vierzig Jahren einer Frau verliehen wurde. Und dann Maryse Bastié und Hélène Boucher, zwei Größen der französischen Luftfahrt, die es aber trotz ihrer internatio- nalen Rekorde und ihres Heldentums nie schafften, als Pilotinnen auf Linienflügen eingesetzt zu werden. Ja doch, ein paar wenigen Frauen gelang es, die Hürden der Vorurteile zu überwinden, das Tabu des Schweigens zu brechen, aber die Gesellschaft brachte sie schleunigst in Verruf oder bemühte sich, sie aus unserer Erinnerung zu löschen. Sie traten nicht wirklich in die Männerwelt ein, eroberten keine Stellung und keine Macht. Mit Ausnahme der Künstlerinnen und Schauspielerinnen, aber deren Status blieb ungewiss, abhängig von der Mode, ihrem Alter und der Gunst des Publikums. Es war immer noch nicht die Welt der Männer. Und selbst in diesem Bereich Erfolg zu haben, erforderte von vornherein ein Talent, das ich nicht hatte.
Allerdings hatte ich die meiste Zeit meines Lebens in katholischen Schulen verbracht, wo man sich tunlichst hütete, den jungen Mädchen Flügel wachsen zu lassen. Allein schon die hierarchische Struktur unserer Religion genügte, uns unsere Bedeutungslosigkeit vor Augen zu führen. Keine Göttin der Fruchtbarkeit und der Ernte wie Demeter bei meinen geliebten Griechen mit den zahl- reichen Göttern. Keine Spur einer Göttin-Mutter wie bei den Ägyptern, nicht einmal einer indischen Kali, der Verkörperung des Todes, aber auch des Lebens. Unsere Götter trugen nur Bärte.
Zu Füßen unserer männlichen Dreifaltigkeit gab es wohl eine demutsgebeugte Gestalt, die Jungfrau Maria. Aber durch die unbefleckte Empfängnis und durch ihre Jung- fräulichkeit stellte sie eine doppelte Herausforderung der Natur dar und war somit ein nicht zu praktizierendes Vorbild für die Frauen. Das traurige Schicksal dieser Mater dolorosa, die vor Gott und ihrem göttlichen Sohn in die Knie geht, war nicht besonders dazu geeignet, uns auf dem Weg der Emanzipation Mut zu machen.
Zwar gab es ein paar Heilige, meist Märtyrerinnen, die gefeiert wurden, weil sie ihre Brüste oder den Kopf verloren hatten, doch diese hatten nicht das kleinste Evangelium, nicht die geringste Epistel, keinen grund- legenden Text geschrieben. Die wenigen Texte von Frauen wurden geheim gehalten.
Wenn ich im Alter von zwanzig Jahren den Glauben verloren habe, hat das sicherlich damit zu tun, dass es in der katholischen Kirche weit und breit keine Frauen gibt: Weder gibt es sie in der Botschaft der Evangelien noch in der Hierarchie, noch in der Liturgie.
Der rituelle Spruch »liebe Brüder«, den ich jeden Sonntag von der Kanzel herab vernahm, schloss mich von vorn- herein aus der Ansprache aus. Ohne es in feministischer Sprache analysieren zu können, fühlte ich mich von dem Ausschluss entehrt. Jeden Morgen kam ein Priester in die Schule und las die Messe für uns, aber er ließ sich von seinen Messdienern begleiten, als ob keines von den zahlreichen kleinen Mädchen, die vor ihm knieten, würdig gewesen wäre, den Altardienst zu versehen. Die Anwesenheit dieser rot gekleideten Bengel, angeblich zu höheren Aufgaben berufen, in deren Augen wir eine blökende Herde von »Pissnelken« waren, hat mich sicherlich wirksamer auf den Feminismus vorbereitet als zahlreiche Abhandlungen. So weit meine katholische Bildung.
Auf Seiten der humanistischen Bildung gab es trotz des fröhlichen Durcheinanders im Olymp auch nicht viel Aufmunterndes für mein Ego. Aristoteles und Platon hatten schon vor zweitausend Jahren eröffnet, dass ich nichts als ein verfehlter, missratener Mann sei, ein Irrtum der Natur. Vor so unwiderlegbaren Autoritäten blieb den »miss- lungenen« Vertretern der Menschheit nichts anderes übrig, als sich zu verneigen und sich den »gelungenen« Exemplaren zuzuwenden: den Männern. Dort fehlte es nicht an Helden. Aber wir bewunderten sie ohne jede Hoffnung. Der listenreiche Odysseus, der leichtfüßige Achilles, der schöne Hektor, alle beflügelten sie unsere Fantasie, allerdings auf eine ähnliche Weise, wie ein Marathonläufer einen Krüppel ohne Beine faszinieren mag.
Für weibliche Helden konnte es offenbar nur ein Mitleid erregendes Schicksal geben, das von Gott, vom Vater oder von einem Orakel verkürzt wurde.
Jede von uns mochte davon geträumt haben, Antigone nachzueifern, die so zahlreiche Schriftsteller inspiriert hat, aber nur einen kurzen Augenblick lang, bis nämlich die Gesetze des Stadtstaates sie wegen Ungehorsams dazu verurteilten, mit zwanzig Jahren lebendig eingemauert zu werden.
Blieb also Helena, deren Schönheit den Trojanischen Krieg auslöste, in dem die Besten unter den Griechen ihr Leben ließen. Und Jokaste, die ungewollt die Gattin ihres Sohnes Ödipus wurde und sich vor Verzweiflung erhängte, als sie es erfuhr. Und Iphigenie, die sechzehnjährig aus lächerlich meteorologischen Gründen geopfert wurde. Oder Ariadne, auf einsamer Insel von Theseus verführt und verlassen. Und die Kindsmörderin Medea, wie ihre Schwester Circe Magierin – was keine von beiden davor bewahrte, ebenfalls verlassen zu werden. Und natürlich auch die tapfere Andromache. Als Leitfiguren lauter Besiegte, lauter Opfer. Übrigens haben Aischylos, Sophokles und die anderen diese Lebensgeschichten in ebenso wunderbaren wie schrecklichen Tragödien festgehalten, deren feierliche Schönheit nur ein weiteres Argument gegen die Frauen lieferte.
So weit meine griechische Bildung. Ob christlich oder heidnisch, die Frau blieb die schlechtere Hälfte auf Erden – und mit weniger Talent und mehr Fanatismus als die Dichter und Denker der Antike bestätigten die Kirchen- väter die traurige Wahrheit: Platon, Aristoteles, der heilige Paulus, Tertullian, Benedikt XVI., der gleiche Kampf.
Blieb die klassische Bildung. Aber ach! Auch da ver- kündete die französische Geschichte unseren Ausschluss. Und nicht nur durch das Salische Gesetz, eine typisch französische Erfindung, die uns um große Herrscherinnen wie Elisabeth von England oder Katharina die Große gebracht hat. Maria di Medici war die letzte unserer gekrönten Königinnen.
Bei Katharina di Medici und allen, die danach kamen,
handelte es sich nur noch um Regentinnen oder verschmähenswerte Gattinnen.
Für uns Mädchen, die wir doch genauso nach schönen Träumen gierten wie unsere Brüder, gab es keine jener archetypischen Helden, von denen so viele Jungen ihre Berufung, ihre Inspiration, und sei es nur ihre Selbst- sicherheit, bezogen: die Gewissheit, dem Geschlecht anzugehören, das so viele glorreiche Exemplare hervor- gebracht hat, und das Gefühl, dass vom Prestige der Helden ein ganz klein wenig auf einen selbst abfärbte. Wo waren denn unsere legendären Figuren wie der kleine Trommler Joseph Bara, Bayard, der Ritter ohne Furcht und Tadel, die Drei Musketiere oder Gavroche, der großartige Strolch? Oder Dumouriez, der bei Valmy das Volk und die Revolution rettete, oder Hoche, der schöne zwanzigjährige General, oder Clémenceau, der »Père de Victoire«, den mein Vater verehrte. Und ich will nicht Napoleon vergessen, dem man als Zwölfjährige nicht widersteht. »Waterloo, morne plaine« (»Waterloo, düstere Ebene«: Ausruf Victor Hugos) trieb mir jedes Mal die Tränen in die Augen. Selbst bei der Niederlage, selbst im Exil war er gewaltig. Ich habe seine Büsten gesammelt: aus Gips, aus Bronze, aus Porzellan und sogar in der Form eines Kerzenhalters, bei dem die Kerze aus seinem Zweispitz ragte. Er thronte lange auf meinem Nachttisch, mein Napoleon. Aber was für ein Vorbild konnte er für mich sein? Ich musste mit meinem großen Mann brechen. Und zugleich mit der »grandeur«.
Für uns Mädchen gab es in den Lehrplänen auch keine Autoren unseres Geschlechts. Selbst in den verschiedenen Stadien meines Literaturstudiums stand keine Frau auf dem Programm.
Erica Jong erzählt, dass man sich am Barnard College, einer Fakultät, die von amerikanischen Feministinnen für junge Mädchen gegründet wurde, nicht mit weiblichen Autoren, weder mit Romanschriftstellerinnen noch mit Dichterinnen, befasste. In der Bibliothek standen weder die Romane von Colette (angeblich vergriffen) noch die Werke von Simone de Beauvoir oder Emily Dickinson. Im Jahr 1960! Im Land des Feminismus! 1941 an der Sorbonne also die Wüste! Unser Pantheon war schlichtweg leer.
Allerdings mit Ausnahme einer Heldin: Jeanne d’Arc, übrigens noch eine Jungfrau, die einzige Nachfahrin der mythischen Amazonen und die Einzige, die den Mut hatte, sich gegen ihr Frauenschicksal und gegen die Traditionen zu erheben. Sie musste es büßen, wie man weiß, und wie Antigone, Jokaste oder Iphigenie ereilte sie ein früh- zeitiger, tragischer Tod.
Ein unbestreitbar abschreckendes Beispiel. Die anderen erschienen höchstens als Statistinnen. Im steten Be- streben, das Vorhandensein von Frauen in der Geschichte auszublenden, reduzierten unsere Historiker ihre Wirkung auf das aufrührerische Treiben einiger winziger Grüppchen, die sie außerdem mit lächerlichen Namen bedachten, um sie besser als Außenseiterinnen abstempeln zu können. Etwa die »Trico - teuses«, die »Strickerinnen« der Französischen Revolution, würdige Erbinnen der Heldinnen der Lysistrata und der Weibervolksversammlung, von denen Aristophanes erzählt, dass sie auch zwischen zwei politischen Reden Wolle krempelten, die »Petroleuses«, »Brandstifterinnen«, deren heldenhafter Einsatz während der Kommune klein und lächerlich gemacht wurde. Ein Spitzname, der auch an Louise Michel haften blieb, dazu der von der »Roten Jungfrau« (noch eine), und der als weitere Folge ihr für immer den politischen Willen nahm und alles, wofür sie gekämpft hatte und verbannt worden war.
Ebenso nannte die Presse im 20. Jahrhundert, um die Forderungen der Wahlrechtlerinnen (»Suffragistes«) besser aus dem Weg schaffen zu können, sie schnell »Suffragetten«, weshalb sie in die Nachwelt als die fröhlichen Funkenmariechen des Stimmrechts eingingen. Zur selben Zeit kämpften sie heldenhaft in England, ketteten sich an die Gitter von Westminster, warfen sich beim Derby von Epsom vor einer erstaunten Menge unter die Hufe der Pferde oder traten in den Hungerstreik und erlangten so zwanzig Jahre früher als die Französinnen das Wahlrecht.
Die gleiche Taktik in der Literatur: Während man sie als lächerliche »Précieuses« (Kreis von Literatinnen im Paris des 17. Jahrhunderts) oder »gelehrte Frauen« behandelte, spottete man bei den Frauen über eine Neigung, die bei den Männern als durchaus ehrbar galt: den Wunsch, sich Bildung anzueignen und eine schöne Sprache zu sprechen. Diese aggressiven Formulierungen, die Molière 1679 lancierte, sorgten für den Hintergrund, der lange Zeit den schöpferischen Ehrgeiz der Frauen in Misskredit bringen würde.
Man kann sich kaum vorstellen, wie wirksam eine solche Formel sein kann, wenn sie historisch zum richtigen Zeitpunkt kommt. Die Verbindung zwischen »weiblich«, »gelehrt« und »lächerlich« war damit geschaffen, und der Ton, in dem darüber gesprochen wurde, festgelegt. Spott war angesagt.
Molières Bêlise, zusammen mit ihrer Schwägerin Philaminte und ihrer Nichte Armande, dienten dazu, sowohl die wegen nicht vorhandener Liebhaber hysterisch werdenden Betschwestern zu disqualifizieren, als auch die hoch- näsigen Frauenzimmer, die sich einbilden, sie müssten schreiben anstatt Wämse bügeln.
Eine umso betrüblichere Zurechtweisung der Frauen, als nicht wenige unter ihnen im Mittelalter und in der Renaissance sich eine beachtliche Bildung aneigneten und sich der Literatur und der Kunst widmen konnten. Christine de Pisan wurde die »gelehrte Dame« genannt – im späten 16. Jahrhundert war das ein Kompliment. Héloïse hatte Latein und Griechisch, Hebräisch und Theologie studiert, und nicht die Wissenschaft, sondern die Liebe war Grund für ihr – und Abélards – Unglück. Louise Labé sprach vier Sprachen und Margarete von Navarras Wirkung über- strahlte das gesamte 16. Jahrhundert.
Auch die einfachen Frauen des Volkes waren nicht an den Herd gekettet. Die germanischen Traditionen hatten sich gegen das grausame römische Recht durchgesetzt: Sie konnten Weberinnen, Teppichwirkerinnen (die berühmte »Dame mit dem Einhorn « vom Musée de Cluny in Paris wurde von Frauen gefertigt), Heilerinnen oder Schieds- richterinnen in den Zünften sein.
Das patriarchalische 17. Jahrhundert ging daran, wieder Ordnung in die Familien zu bringen. Und trotz der kurzen Windstille im Zeitalter der Aufklärung, trotz des wohl- wollenden Kopfnickens der Theoretiker der Revolution, berauscht von den großen, angeblich »universalen« Menschenrechtsprinzipien, die sie jedoch keineswegs auf die Frauen anwenden wollten, fand man kaum mehr intellektuelle Frauen, die nicht ausgegrenzt und jeglicher Möglichkeit beraubt waren, ihren Einfluss auf den Zeitgeist auszuüben.
Aber man brauchte Gesetze, um die Mädchen und Ehefrauen zu ihren heiligen Pflichten zurückzuführen. Zu Recht war der Jakobiner Sylvain Maréchal davon überzeugt, dass die Bildung der erste Schritt hin zur Emanzipation sei, und so brachte er dann 1801 seinen berühmten Gesetzes- vorschlag ein, der den Frauen verbot, das Lesen zu erlernen. Der Code Napoléon ging noch viel weiter, um den fortwährenden Verzicht zu etablieren und sie zu lebens- langen Mündeln zu machen.
Als die »gelehrte Frau« ihre Zeit hinter sich hatte, brauchte man ein neues Wort: Das war der »Blaustrumpf«, ein Ausdruck, der im 19. Jahrhundert aus England kam. Ein Blaustrumpf, erklärt uns das Lexikon, ist der »Spottname für eine gelehrte oder sich gelehrt dünkende Frau, die ihr Wissen so zur Schau stellt, dass als typisch weiblich geltende Eigenschaften verdeckt werden«. Wenn eine Frau schreibt, muss man begreifen, ist das Anmaßung, keine Literatur.
»Ich dulde keinen Blaustrumpf in unserem Haus«, erklärte Madame Dudevant ihrer Schwiegertochter Aurore Dupin, der späteren George Sand.
»Ich werde es nicht dulden, dass meine Tochter ein Blaustrumpf wird«, erklärte die Mutter einer der berühmten Damen mit grünem Hut (ein französischer Bestseller der zwanziger Jahre).
»Keine Röcke in unserem Kreis!«, beteuerten die Mitglieder der Académie Goncourt im Jahr 1906 und weigerten sich, Marie Claire, den sehr schönen Roman von Marguerite Audoux, mit dem Preis zu krönen. Begründung: Autor trägt Rock.
Ebenso wie früher »gelehrte Frau« machte der Begriff »Blaustrumpf « Furore und beeinträchtigte den Ruf jener Fahnenflüchtigen erheblich, die das Heim verließen, um Karriere zu machen.
Manchmal können Worte töten, auf jeden Fall können sie Schlimmeres anrichten als eine lange Schmähschrift: Barbey d’Aurévilly, neben J. K. Huysmans ein Autor, den mein Vater in den Himmel hob, nannte einen seiner gehässigsten Romane Die Blaustrümpfe, und zehn Jahre später tat Albert Cim das Gleiche. Seltsamerweise wurde der Begriff nie auf Männer angewendet, mochten sie noch so hochtrabend sein.
Nicht dass es nicht auch Philosophen, Wissenschaftler, Dichter oder Politiker gegeben hätte, die beiden Geschlechtern die gleiche Würde zugeschrieben hätten. Aber es waren nur Einzelne (während der Französischen Revolution war Condorcet neben Guyomar der einzige Verteidiger der Frauen), und sie wurden als sanfte Spinner oder gefährliche Utopisten angesehen (der geniale Fourier verbrachte sein ganzes Leben im Elend). In unseren Schulbüchern wurden sie nie wegen ihrer Verteidigung der Frauenrechte zitiert. Der Feminismus war eine Marotte, eine Nebensächlichkeit, ein Ungedanke.
Wie allen Zeitgenossinnen wurde mir also jeglicher Anhaltspunkt versagt, jegliche Analyse meiner Lage, damit jeglicher Ausweg aus dem Patriarchat.
»Wenn ich mit der Tradition hätte brechen müssen, hätte ich heldenhaften Mut gebraucht, aber ich bin keine Heldin!«, schrieb Virginia Woolf.
Auch ich war es nicht. Also weidete ich mich weiterhin an Büchern, die mich ruinierten. Da es noch kein Fernsehen gab, war es in der Tat die Literatur aus vergangener und aus gegenwärtiger Zeit, die den jungen Leuten die Leitbilder und die Fantasien lieferte, welche sich in der Gesellschaft durchsetzten. Neben Malraux und Martin du Gard wurden während des Krieges Gide und Montherlant meine Lehrmeister. Vor lauter Begeisterung für Uns nährt die Erde merkte ich kaum, dass Gides Romanheldinnen alle unter Lust- und Mutterschaftsverbot standen und wie ihre antiken Schwestern einem finsteren Tod geweiht waren. Marceline aus Der Immoralist, Alissa aus Die enge Pforte, Gertrude, die schöne Blinde aus der Pastoralsymphonie, die sich das Leben nimmt, als sie wieder sehen kann, Eveline aus der Schule der Frauen, Ariane, alle sind sie Besiegte, die dem männlichen Egoismus geopfert werden.
Aber da war Nathanael, der mir sagte, ohne zu merken, dass ich ein Mädchen war: »Genieße … sieh dich um … erobere die Welt!«
Aber wie soll man genießen, wenn man sich in der rührenden Andrée Hacquebaut von Montherlant wieder- erkennt? Die Andrée aus den berühmten Jungen Mädchen, die sich auf die Fußmatte des geliebten Costals legt und vor ihm kriecht, als er geruht, ihr zu öffnen … um sie zu beleidigen und nicht mit ihr zu schlafen. Denn sie hat den »Fehler«, intelligent zu sein. Das macht sie hässlich, und kein Begehren wird in Costals geweckt, nie geweckt werden. Er spart es sich mit aller angebrachten Ver- achtung für Solange Dandillot auf, entzückend in ihrer Dümmlichkeit und Frivolität. Mit diesen Gaben bringt sie ihn auf Trab.

Die jungen Männer, denen ich begegnete, zitierten mit Vorliebe Montherlant: Sie hofften, an der Größe dieses Autors teilzuhaben, indem sie seinen Männlichkeitswahn übernahmen. Die meisten von ihnen pflegten jene sehr französische »Salonfrauenfeindlichkeit«, wenn sie die plattesten Witze über die Weiber vom Stapel ließen. Nicht mit ihnen darüber zu lachen wäre als mangelnder Humor aufgefasst worden: Typisch weiblich. Also lachte ich mit – schließlich ist man nicht ungestraft eine blöde Kuh. Und es dauert seine Zeit, bis man versteht, dass man einen Beitrag zur Frauenfeindlichkeit leistet, wenn man sie hinnimmt.
Das häusliche Nest, wo ein fröhliches Matriarchat herrschte, sowie die vorbehaltlose Achtung meines Vaters für seine Frau, seine Töchter und die weibliche Welt im Allgemeinen hatten mich schlecht vorbereitet auf die unbekümmert praktizierte Frauenfeindlichkeit, die ich in der Welt draußen entdeckte. Sie war mehr als eine solide untermauerte Überzeugung, sie war eine Lebensart,
so etwas wie eine mondäne Pflicht oder ein Nationalsport.
Ein junger Mann musste wirklich intelligent sein oder leicht schwachsinnig, oder aber überaus originell, wenn er normal über die Frauen sprach. Und mit den Frauen.
Ich war umso weniger abgehärtet, als ich nie, nicht einmal in dem wichtigen Fach Philosophie am Lycée Victor-Duruy gemischte Klassen erlebt, nie die instinktive Bosheit und Brutalität der kleinen Jungen erfahren hatte. Ich trat ganz frisch, ohne Waffen und ohne Rüstung an, in einem Alter, da die Verletzungen wehtun. Zum Glück heilten bei mir die Wunden leicht, und ich entwickelte solide Schwielen an den üblichen Reibungspunkten. Um irgendwann genügend Mut zu haben, meinerseits zu verletzen.
Es ist nicht verboten zu träumen: Die aufkommende Psychoanalyse hätte auf neuen Kriterien fußen und uns davor retten können, unser subalternes Schicksal resigniert zu akzeptieren. Sie zog uns noch tiefer hinein. Freud und seine Jünger besiegelten unser Schicksal endgültig, indem sie von der Frau eine Definition lieferten, die erschreckend denen von Platon, Aristoteles und
Tertullian ähnelte. Der gleiche Fluch traf uns, nur dass er in neuer Verkleidung daherkam und eine beeindruckende Gesamttheorie einschloss. Wieder wurden wir zu »miss- lungenen«, kastrierten Männern, zu an Körper und Seele behinderten Wesen. Der ideale Mensch blieb männlich. Das sollte sich noch ein weiteres Jahrhundert fortsetzen.
Freud war der Vater der Psychoanalyse, aber man vergisst immer, dass sie keine Mutter hatte. Nach dem Vorbild der Christenheit, die von einer langen Reihe von Päpsten geführt und gemaßregelt worden war, wurde diese neue Wissenschaft von einer langen Reihe von weltlichen Päpsten definiert, unter denen ein paar wenige Frauen die Rolle der ehrerbietigen Töchter – um nicht zu sagen, der unterwürfigen Mädchen – spielten: Anna Freud, die die Antigone ihres Vaters wurde, Helene Deutsch, Marie Bonaparte, die sich die Klitoris operieren ließ, um nach dem Diktat Freuds zum Höhepunkt zu gelangen.
Es ist hart, keine Gründermütter zu haben, vor allem dann, wenn es von Gründervätern nur so wimmelt: angefangen beim ewigen Vater, dann dem pater familias der Römer, schließlich unserem Heiligen Vater, dem Papst, mitsamt seinen Kirchenvätern, nicht zu vergessen die ehrwürdigen Patres unserer höheren Schulen, die Beichtväter, denen wir die Tiefe unserer kindlichen Seele öffneten, ehe wir uns vor Gottvater auf die Knie warfen und beim Abendmahl Gottsohn in uns aufnahmen, den nur der Pater unserer Schule an unsere Lippen führen durfte. Sogar auf den Polizeiwachen ist heute der Dienst auch durch Frauen gewährleistet. Die Kirche ist dem Beispiel nicht gefolgt: Keine Nonne, nicht einmal die Mutter Oberin, hat das Recht, die Beichte eines kleinen Mädchens entgegen- zunehmen.
So tauchen immer wieder genau im passenden Augenblick wie durch eine wunderbare Fügung Männer auf, um die männliche Übermacht zu legitimieren. Im 19. Jahrhundert hatten, zumindest in unseren fortschrittlichen Gesell- schaften, gerade ein paar Frauen begonnen, nachzu- denken, sich zu emanzipieren. Freud zerbrach sich den Kopf, wie er sie geschickt auf den alten Weg zurück- bringen könne. Jeglicher Versuch, aus den traditionellen Rollenmustern auszubrechen, wurde von vornherein verdammt.
Die Lust, erfolgreich zu sein, sei bei einer Frau eine Neurose, das Ergebnis eines Kastrationskomplexes, von dem sie nur geheilt werden könne, wenn sie ihr passives Schicksal voll und ganz akzeptiere. So fand der »fort- währende Verzicht«, von Napoleon per Gesetz gefordert, mit Freud seinen Platz im gesellschaftlichen und psychischen Leben.
Ich hatte zum Glück Freud damals nicht gelesen. Sonst hätte ich den Feminismus möglicherweise für eine Neurose gehalten, oder ich wäre selbst neurotisch geworden. Aber ohne eine Neurotikerin zu sein (mein Wesen eignete sich nicht dazu), war ich von dieser Lehre dennoch angesteckt. Denn die Ungleichheit lernt man von Kindesbeinen an. Ich hatte sie, ohne mich zu wehren, in homöopathischen Dosen zwanzig Jahre lang täglich eingenommen und voll und ganz verarbeitet. Ich redete nie über das Problem, das keinen Namen hat, was Betty Friedan später im Weiblich- keitswahn beschrieb. Ich nahm die Spielregeln hin und zeigte mich sogar als gute Verliererin. Ich hatte nur einen leichten Geschmack von Demütigung im Mund, ohne zu wissen, warum.
Zwanzig Jahre und drei Ehen sollte ich noch brauchen, um mir klar zu werden, dass ich mit gefälschten Würfeln spielte und die Jungen mit besseren Karten ins Leben traten. Dass ich in eine Falle geraten war, dass ich in einem unerbitt- lichen Netz von Gesetzen, Verboten, religiösen Traditionen und moralischen Einimpfungen gefangen war. Mich davon zu befreien würde schwierig, schmerzhaft, ja vielleicht sogar gefährlich sein.
Und dass ich hundertmal von vorn würde anfangen müssen und dass jede Frau sich selbst »zur Welt bringen« muss, ohne auf die besänftigenden, demotivierenden Reden, auf die verlogen beschönigende Sprache der Männer und auch vieler Frauen zu hören, die zu ihren Hilfstruppen werden und nach jedem Zucken, nach jedem Flohsprung auf dem Weg zur Freiheit verkünden, dass der Feminismus keine Daseinsberechtigung mehr habe, da die Gleichheit ja endlich anerkannt sei.
Der einzige Vorteil des mangelnden Bewusstseins und der Fügsamkeit liegt darin, dass man irgendwie leben kann, ohne allzu großen Schaden zu nehmen. Gewisse Ereignisse meines Lebens als junge Frau, die mir rückblickend verheerend oder unerträglich erscheinen, erlebte ich oft widerstrebend, aber ohne größeres Drama, ohne auf- zubegehren und ohne wirklich zu leiden.
So seltsam das auch in der damaligen, scheinbar modernen Umgebung erscheinen mag, ich war wie so viele andere ein junges Mädchen des 19. Jahrhunderts geblieben. In vielen Bereichen hat das 20. Jahrhundert erst nach dem Krieg begonnen.
Ganz allmählich bin ich mit Hilfe verlorener Runden, fröhlich akzeptierter Irrtümer, mehr oder weniger ertragener Entsagungen aus dem Engpass der Konven- tionen aufgetaucht, um eine Person zu werden, die ich mir keinesfalls vorgestellt hatte. Die mich aber niemals mehr verlassen würde.


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Texte: Berlin Verlag ISBN: 978-3827008718
Tag der Veröffentlichung: 03.11.2009

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