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Tot im Nebel

Ein Telefon läutete in der Dunkelheit.
Nachdem es dreimal geläutet hatte, knarrten Bettfedern, Finger tasteten auf Holz umher, etwas Kleines, Hartes schlug dumpf auf einen Teppichboden, Bettfedern knarrten erneut und die Stimme eines Mannes ertönte: „Hallo … Ja, am Apparat … tot? … 15 Minuten."

Ein dichter Nebel, in dem man kaum noch hundert Meter weit sehen konnte hatte sich um das Geschehen gelegt, in Form kleiner Wassertröpfchen klebte der Nebel an den Fenstern der umliegenden Häuser. Blaue Lichter drehten sich grotesk um einen dunklen Fokus und erhellten die Umgebung Intervallweise.
Menschen redeten aufgeregt durcheinander, so dass man keines der entstandenen Gespräche herausfiltern oder verstehen konnte.
Plötzlich übertönte das Geräusch quietschender Reifen das Gerede der Meute. Ein schwarzer Opel Omega hielt in nächster Nähe der Menschenmenge und das Geräusch einer zufallenden Autotür ließ die Anwesenden zusammenzucken. Ein gut 1,85 Meter großer Mann in einem dunklen Mantel war aus dem Auto gestiegen und lief in Richtung des Streifenwagens.
„Detective Moodey“, hallte die Stimme eines übergewichtigen Polizeibeamten dem Mann entgegen. „Hallo warum haben Sie mich rufen lassen?“ fragte Moodey gähnend und zwinkerte kurz. „Ein Mord, das müssen Sie sich ansehen“ drängte der Polizeibeamte und ging in Richtung der Menschenmenge. In der Mitte der Menge bildete sich wie das Auge eines Hurrikans eine freie, runde Fläche, die mit zahlreichen, kleinen Schildern verziert war. In der Mitte der Fläche lag eine grausam hingerichtete Frauenleiche. „Großer Gott“ löste sich das Erstaunen des Detectives von seinen Lippen. Moodey wunderte sich über die Brutalität, mit der der Killer sein Opfer getötet haben musste. Die Frau war von oben bis unten regelrecht aufgeschlitzt worden, die Eingeweide quollen aus der offenen Wunde und das Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit regelrecht zerhackt worden.
„Ich hätte nicht gedacht, dass Menschen so brutal sein können“. Brachte Moodey verwundert heraus. „Wisst ihr bereits wer sie war?“ fragte Moodey müde nach. „Ja eine gewisse Caroline Winston“ sagte der Polizeibeamte und nahm die Mütze ab. „Wie konnten Sie, sie identifizieren?“ hakte Moodey nach. „Durch einen Fingerabdruck, mehr hatten wir für eine Analyse nicht zur Verfügung.“ Antwortete der Beamte zittrig. Moodey atmete tief. „Irgendeine Spur vom Täter oder der Tatwaffe?“ hakte er interessiert nach. „Keine direkte Theorie, aber so wie das aussieht war es ein großes Messer. Vom Täter gibt es bisher keine Spur, Caroline hatte keine Feinde, jedenfalls sagen das ihre Verwandten.“ Beantwortete der Beamte abgehetzt. „Gut ich werde mich mal in ihrer Wohnung umsehen.“ Gähnte Moodey und ging in Richtung seines Autos. Er drehte den Schlüssel und stieg ins Gas. Das Auto erwachte zum Leben und er fuhr zu seiner Wohnung. Er stieg aus seinem Wagen, öffnete die Tür zu seiner Wohnung und trat ein. Er stöhnte und fischte den Zettel mit der Adresse des Opfers aus seiner Tasche und ging in sein eingerichtetes Büro, dort zog er einen schwarzen Koffer unter seinen Schreibtisch hervor, öffnete ihn und nahm seine Dienstwaffe heraus. Eine „Dessert Eagle“ mit sieben Kugeln pro Magazin.
Er schob ein Magazin in die Waffe, zog den Schlitten zurück und lud sie durch, dann steckte er die Waffe in seinen Mantel und zog drei Ersatzmagazine aus dem Koffer, die er ebenfalls einsteckte. Müde stieg er in sein Auto und lies den Wagen an, dann fuhr er zur Wohnung des Opfers.

Es war ein kleines Haus in einer entlegenen Gegend, die nur wenige Bewohner hatte. Er öffnete die Tür und trat ein. Die Wohnung sah aus als sei lange niemand mehr hier gewesen.
Er betrat den von Schmutz und Staub versetzten Teppich und schon stieg ihm ein süßlicher, fauliger und überaus unangenehmer Geruch in die Nase. Moodey musste spontan einen Brechreiz unterdrücken als er das Wohnzimmer betrat. Überall lagen verfaulte Essensreste auf dem Teppichboden, Kakerlaken und Mistkäfer krabbelten an den Wänden und die Luft war durch Fliegen verseucht. Alles sah danach aus, als hätte die Frau gute drei Wochen vor ihrer Ermordung ihre Sachen gepackt und die Wohnung fluchtartig verlassen, aber warum? Moodey hoffte die Antwort auf diese Frage in einem anderen Zimmer zu finden, er schloss die Tür zum Wohnzimmer und betrat den nächsten Raum. Es schien ihr Arbeitszimmer zu sein, denn es stapelten sich die Akten vom Boden aus in Kniehöhe und das Zimmer schien von Papier nahezu gepflastert zu sein. Möglicherweise gab es hier einen Grund für ihren erbrupten Umzug zu finden. Moodey durchwühlte die Akten, öffnete eine Schublade nach der anderen und fand in der untersten Schublade einen Brief. Auf dem Umschlag standen mit großen, roten Buchstaben die Worte „Letzte Warnung“. Er wurde Neugierig und nahm vorsichtig das Briefpapier aus dem Couvert und las Zeile für Zeile aufmerksam durch.
Moodey stutzte als er die Zeile las, in denen immer wieder die Sätze „Zahle mir deine Schulden zurück!“, „Ich werde dich töten!“ und „Du wirst es noch bereuen“ vorkamen. Unter dem letzen Satz prangte der Name des Absenders ein gewisser Joe Cooper.

(Eine halbe Stunde später in der Wohnung von Detective Moodey)

Moodey hackte auf den Tasten seines Computers herum um etwas über diesen Joe Cooper zu erfahren. Plötzlich hörte er abrupt auf zu tippen. „Bingo.“ Sagte er zufrieden zu sich selbst und las Coopers Polizei Akte aufmerksam durch. Der Typ war mehrfach vorbestraft und galt als überaus gewalttätig, dennoch hatte er sich die letzten zwei Monate nichts zu Schulden kommen lassen und war einer der Hauptaktionäre der Firma „Exinostrends“, die vor einer Woche überraschend so Pleite ging, dass die Aktien noch nicht mal mehr einen halben Pfifferling wert waren. Das könnte erklären warum er auf einmal so aggressiv auf die Schuldenrückzahlung bestand. Aber war er dazu fähig einen Menschen so grausam hinzurichten? Laut seiner Polizeiakte ja, aber das musste nichts heißen, Moodey gab schnell die angegebene Adresse in sein Navigationssystem ein, nahm es vom Schreibtisch, lief zu seinem Auto, drehte den Schlüssel, steckte das Navigationssystem in die Halterung und trat schließlich aufs Gas. Er achtete nicht auf die Verkehrsregeln, da es bereits drei Uhr am Morgen war und kein Mensch auf den Straßen unterwegs war, mit 220 Km/h flog er förmlich über die Straßen der Stadt. „Sie haben ihr Ziel erreicht!“ verkündete eine Frauenstimme und Moodey legte eine Vollbremsung ein, schnallte sich ab und riss die Tür auf sodass er mehr oder weniger aus dem Wagen flog.
Er warf die Tür des Autos zu und schloss sie ab, dann rannte er zu dem mittelgroßen Einfamilienhaus und klingelte an der Tür. Nichts passierte, er wiederholte seine Aktion. Wieder nichts. Er entschied sich kurzerhand dafür, die Wohnung durch das Fenster zu betreten, als er sah, dass eines nicht geschlossen war, da ein mittelgroßer Kieselstein zwischen Fensterrahmen und Fassung klemmte.
Er riss das Fenster auf und hievte sich an der Fensterbank hoch und spähte in die Wohnung, es war dunkel und man konnte kaum die Hand vor den Augen sehen aber seine Augen würden sich schon an die Dunkelheit gewöhnen.
Er sprang in die Wohnung und machte gleich die unfreiwillige Bekanntschaft mit einem Kleiderständer der im Weg stand. Moodey zog die „Dessert Eagle“ und hielt sie im Anschlag
vor sich und schritt durch das Zimmer zu einer kleinen Tür, die in den Flur zu münden schien. Moodey schlich durch die Tür. Im Flur kniete er sich kurz hin und hörte konzentriert auf seine Umgebung.
Da war etwas, es hörte sich an wie ein beängstigtes Wimmern, das aus einem Nebenraum zu dringen schien. Moodey schlich zu der Tür öffnete sie langsam und vorsichtig und spähte. Das Wimmern wurde lauter, mitten im Raum stand ein Stuhl auf dem ein Mann gefesselt und geknebelt saß. Er hatte einige Blessuren im Gesicht und viele Hämatome an den Armen. Der Blick des Mannes verriet, dass derjenige, dem er die Verletzungen zu verdanken hatte, noch in der Nähe war. Gerade wollte Moodey den Mund öffnen um eine Frage zu stellen, doch bevor er das tun konnte gipfelte das Wimmern des Mannes in einen markerschütternden Schrei. Eine Machete hatte sich durch seinen Magen gebohrt und hinter ihm hatte sich eine Gestalt aufgerichtet, die die Machete in der Hand hielt, sie nun um 180 Grad drehte und sie vom Magen bis zum Brustbein hoch riss und den Mann damit aufschlitzte. Dann zog der Killer das Messer aus der Leiche, deren Gedärme sich gerade dampfend auf den Teppichboden verteilten.
Moodey war sprachlos, er hatte nichts gegen den sinnlosen Tot des Mannes unternehmen können.
Die Gestalt drehte sich nun um und rannte mit einem markerschütternden Gelächter weg.
Das Gelächter riss Moodey aus seiner Lethargie und er rief abgehetzt aus voller Lunge: „Stehen bleiben oder ich werde schießen!“, aber die Gestalt machte nicht einmal die Anstalten seinen Lauf zu bremsen. Moodey hetzte hinter ihm her und hielt die Dessert Eagle dabei im Anschlag vor sich, er zielte so gut es ging und betätigte den Abzug, mit einem lauten Krachen entlud sich die Waffe, die Kugel verfehlte ihr Ziel nur um Haaresbreite. Moodey fluchte und schoss ein weiteres mal, diesmal bohrte sich das Projektil mit tödlicher Präzision in das rechte Bein des Killers, dieser schrie kurz auf aber es verlangsamte keinesfalls seine Schritte. Nein er wurde sogar noch schneller aber warum? Der Treffer hätte ihn lahmlegen müssen, trotzdem lief der Killer ohne Probleme weiter gerade aus. Er verschwand in einem dunklen Torbogen, der ins nächste Zimmer führte. Der Killer hatte sich Moodeys Sicht entzogen. Moodey raste ebenfalls durch den Torbogen und erstarrte, der Killer war verschwunden, dachte er, doch genau in diesem Augenblick hörte er ein Brüllen hinter sich. Moodey reagierte blitzschnell, drehte sich um und entkam dem Hieb der Machete nur um Haaresbreite. Bevor Moodey reagieren konnte hob der Killer seine Machete ein weiteres Mal und ließ sie auf den Detective hernieder rasen, doch diesmal ergriff Moodey die Initiative und blockte den Hieb mit seiner Waffe ab, dann sprang er einen Schritt zurück und richtete die Mündung der Dessert Eagle auf den Killer, dessen Gesicht von einer Weißen Totenkopf Maske verdeckt wurde und drückte ab.
Moodey jagte Kugel um Kugel aus dem Lauf bis nur noch ein leises Klicken zu hören war. Der Killer Sackte tot am Fußboden zusammen. Moodey atmete tief durch und lud seine Waffe nach, dann ließ der sich neben der Leiche des Killers nieder und riss ihm die Maske vom Gesicht. Moodey stutzte.
Ein Foto des Mannes, der sich hinter der Maske verbarg, befand sich in der Polizei Akte von Caroline Winston, er war ihr Ex Freund. Sie hatte Angst vor ihm, deshalb verließ sie ihre Wohnung. Es ging also nicht um den Drohbrief von Cooper sondern um ihn. Er musste den Brief gefunden haben und wollte sich an Cooper für die Drohung an seiner Ex Freundin rächen.

Der Fall konnte zu den Akten gelegt werden, der Mörder von Caroline Winston und Joe Cooper war tot.
In der Blutbahn des Killers fand man eine große Dosis Morphium, das den Killer gegen die Schmerzen, der Kugeln aus Moodeys Waffe resistent gemacht hatte.

Moodey ließ sich nach diesem Fall zwei Wochen Urlaub geben um die Geschehnisse der Nacht von Donnerstag dem 12ten auf Freitag den 13ten Oktober verkraften zu können.

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Tag der Veröffentlichung: 31.03.2011

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