David Jackson
Und blutig stirbt die Hoffnung
Nathan Codys Zweiter Fall
Ins Deutsche übertragen von Michael Krug
Über dieses Buch
Der zweite Band der aufregenden Thriller-Serie um den Liverpooler Ermittler DS Nathan Cody: Auf dem Gelände der anglikanischen Kathedrale wird ein brutaler Mord verübt. Das Opfer ist die unschuldigste Person, die man sich vorstellen kann. DS Nathan Cody wird klar, dem Killer reicht es nicht, einfach nur ein Leben zu nehmen, er muss seiner unbändigen Wut freien Lauf lassen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn schon bald will der Killer den nächsten Unschuldigen auswählen…
„Erinnert an Harlan Coben, obwohl meiner Meinung nach Jackson der bessere Autor ist.“ — The Guardian
Über den Autor
David Jackson kam erst spät zum Schreiben von Krimis und Thrillern, nachdem er einen Großteil seines Lebens damit verbracht hatte, akademische Arbeiten und Berichte zu verfassen. Nach einigen begrenzten Erfolgen bei Kurzgeschichtenwettbewerben reichte er die ersten Kapitel eines Romans bei der Crime Writers Association für die Debut Dagger Awards ein. Zu Jacksons großer Überraschung kam das Buch nicht nur in die engere Auswahl, sondern erhielt die Auszeichnung Highly Commended, was schließlich mehrere Verlage auf ihn aufmerksam machte und zur Veröffentlichung des Thrillers „PARIAH“ führte.
Seitdem hat der Brite zahlreiche weitere Krimis und Thriller geschrieben, darunter zwei Serien sowie den Bestseller „Cry Baby“. Jackson arbeitet in Liverpool an der Universität und lebt mit seiner Frau, zwei Töchtern und einer Kurzhaar-Katze namens Mr. Tumnus auf der Halbinsel Wirral.
http://davidjacksonbooks.com/
ATG books
Band 047
Für die englische Originalausgabe: Copyright © 2017 by David Jackson
Titel der Originalausgabe: „Hope to Die“
Für die deutschsprachige Ausgabe: Copyright © 2021 by ATG Books, ein Imprint von Audio-To-Go Publishing Ltd., Headford, Irland
Übersetzung: Michael Krug
Lektorat: Ulrike Gerster
Umschlaggestaltung: Audio-To-Go unter Verwendung eines Motivs von Tama66 / pixabay
ISBN 978-3-96519-047-4
Sie finden uns im Internet unter www.audio-to-go.de
Für Lisa, Bethany und Eden
1
Die Schönheit und Erhabenheit des Orts verstärken seine Angst nur zusätzlich.
Trotz der schlechten Sicht ist das Gebäude vor ihm unverkennbar. Es wirkt, wie aus dem schwarzen Himmel gemeißelt und anschließend mit einem eigenen Licht durchwirkt. Ein Gebäude, das seine Aufmerksamkeit fesselt. Schon oft hat er bezeugt, wie selbst die Gottlosen ehrfürchtig werden, wenn sie sich dem Bau nähern, und sei es nur, weil man sich daneben so unbedeutend fühlt.
Er weiß, dass es sich um einen Ort der Superlative handelt. Es ist die größte anglikanische Kathedrale Europas und die fünftgrößte der Welt. Mit dem lautesten und höchsten Glockengeläut der Welt. Und der größten Orgel des Landes. Sogar eine eigene Wachmannschaft gibt es an diesem Ort.
Aber das sind alles belanglose Nebensächlichkeiten. Was er so überwältigend findet, ist die schiere Spiritualität. Wenn Gott irgendwo weilt, dann hier.
Das Wetter verstärkt dieses Gefühl, in ein mystisches Land versetzt worden zu sein. Es ist später Nachmittag am ersten Samstag im Dezember, doch für manche hat Weihnachten verfrüht Einzug gehalten. Schnee erfüllt die Luft. Riesige, dicke Flocken wirbeln herab, bevor sie den zunehmend dichteren weißen Teppich auf dem Boden ergänzen. Der Schneefall hat eine gespenstische Stille erschaffen und bewirkt eine beunruhigende Veränderung des Lichts der Umgebung.
Das ist ein Zeichen, sagt er sich. Eine Warnung. Ich sollte umkehren, sollte sofort von hier verschwinden, solange ich noch kann.
Aber er geht weiter und beschleunigt die Schritte, um nicht zu weit hinter das plaudernde Paar vor ihm zurückzufallen. Die Nähe der beiden spendet einen gewissen Trost, ein Gefühl von Gruppensicherheit. Doch er weiß, dass es von kurzer Dauer sein wird.
Der Schnee knirscht und schmatzt unter seinen Stiefeln. Er hat die Kapuze seiner Jacke aufgesetzt und die Hände tief in den Taschen vergraben. Trotzdem zittert er. Dennoch weiß er, dass er Schweißperlen auf der Stirn hat. Seine Handflächen fühlen sich klamm an. Seine Atmung geht flach und schnell. Sie scheint nicht genug Sauerstoff in seinen Körper zu befördern. Es fühlt sich an, als könnte er jeden Moment in Ohnmacht fallen oder zumindest auf die Knie sinken und sich auf das makellose Weiß übergeben.
Vor den schwarzen Eisentoren bleibt er stehen. Das geschwätzige Pärchen setzt den Weg zum westlichen Vorbau fort, ohne ihn zu bemerken. Seine Angst steigert sich mit jedem Meter, den sich die beiden von ihm entfernen.
Er blickt hinter sich, späht durch den dichten Schneefall zur Straße.
Er wird verfolgt.
Unwillkürlich wünschte er, es wäre anders. Er wünschte, der dramatische Wetterumschwung hätte genügt, um eine Planänderung zu bewirken. Aber nein. Die Gestalten sind da und steuern auf ihn zu.
Ihm bleibt nicht viel Zeit.
Als er wieder nach vorn schaut, überlegt er, was er tun soll. Sein Blick fällt auf die riesige Statue des auferstandenen Christus, die über dem Eingang der Kathedrale hängt. Gern würde er sich vorstellen, dass sie mit einem beruhigenden, tröstlichen Gesichtsausdruck auf ihn herabblickt. Allerdings wirkt Jesus aus dieser Perspektive eher streng und missbilligend. Als wollte er ihn davor warnen, diese heilige Stätte mit seinen Problemen zu besudeln.
Ihm kommt der Gedanke, dass es schon immer so gewesen ist. Hier wird kein Geleit geboten. Es gibt keine Zeichen von höherer Stelle, die einem den Weg weisen. Er wird ihn selbst finden müssen.
Und er entscheidet sich für den Weg nach links. Der führt ihn durch ein weiteres Tor aus Eisen und nach unten, als würde er geradewegs in die Eingeweide der Stadt verlaufen.
Der Pfad könnte kaum sinnbildlicher für den Tod und das sein, was dahinter liegt. Zu beiden Seiten säumen ihn ausgebleichte, verwitterte Grabsteine. Unzählige reihen sich entlang der hohen Steinmauern aneinander. Ihre Inschriften sprechen liebevoll von den verstorbenen Seelen vergangener Jahrhunderte. Und falls es weiterer Hinweise auf die frühere Nutzung dieses Geländes bedurfte, befindet sich linker Hand das Oratorium – mittlerweile verlassen und verfallen, aber einst eine prachtvolle Totenkapelle.
Wieder hält er inne. Holt tief Luft. Die eisige Luft brennt in seiner Nase und jagt ihm einen Schauer durch den Körper.
Er geht weiter. Bis er eine Stelle erreicht, die ihn immer frösteln lässt, selbst an hellen, sonnigen Tagen. Es handelt sich um ein winziges, dreieckiges Fleckchen, umschlossen von hohen Grabsteinen. Ein Stein fehlt und ermöglicht den Zugang. Ihn beschleicht die Sorge, dass sich darin eine bösartige, dunkle Kreatur verstecken könnte, die nur darauf wartet, herauszuspringen und ihn anzugreifen.
Er sagt sich selbst, dass er sich nicht fürchten soll, allerdings klingt die innere Stimme hohl. Er hat allen Grund, sich davor zu fürchten, was bevorsteht.
Dann erreicht er den Tunnel. Sein Eingang bildet einen schwarzen Schlund im soliden Stein. Er weiß, dass der Durchgang kurz ist und er sich bald auf der anderen Seite befinden wird. Dennoch erfüllt ihn der Anblick mit Furcht. Die Grabsteine setzen sich in den Tunnel hinein fort. Stramm stehen sie da, als warteten sie darauf, ein Urteil über jeden zu fällen, der es wagt, den schmalen Raum zwischen ihnen zu passieren.
Er weiß, dass er weitergehen muss. Ihm bleibt keine andere Wahl.
Er beschleunigt die Schritte, hört ihren Widerhall, als seine Füße den frischen Schnee verlassen und den beengten, gruftartigen Raum aus unnachgiebigem Stein betreten.
Dann hat er den Durchgang passiert und kann wieder atmen, kann die Frische der Schneeflocken spüren, die sich unter seine Kapuze verirren und auf seiner Haut schmelzen.
An der Stelle bleibt er stehen, folgt nicht der gekrümmten Linie der Grabsteine nach rechts durch die St. James’ Gardens. Es ist ein kleiner, aber angenehmer Park mit einer eigenen Mineralwasserquelle. In der Mitte steht ein Denkmal für William Huskisson, ehemaliger Abgeordneter für Liverpool. Seine Errungenschaften in dieser Position stehen im Schatten seines zweifelhaften Ruhms als weltweit erstes Todesopfer eines Eisenbahnunglücks. Er wurde von Stephensons Rocket erfasst.
Im Augenblick jedoch brüllt ihm das Gelände seine düstere Vergangenheit als letzte Ruhestätte entgegen. Im Verlauf der Jahrhunderte für rund sechzigtausend Menschen. Er vermeint, ihre Gegenwart zu spüren, als wäre ein Rest ihrer Seelen für immer hier verankert.
Ein Schauer läuft ihm über den Rücken. Und nicht nur wegen der Geister.
Der Moment der Entscheidung ist gekommen. Kampf oder Flucht. Er spürt, wie sich sein Magen verkrampft. Seine Eingeweide ziehen sich krampfartig zusammen. Am liebsten würde er sich gleichzeitig übergeben und die Hosen vollmachen. Sein Mund fühlt sich staubtrocken an, sein Herz hämmert wild gegen den Brustkorb.
Ich könnte flüchten, denkt er. Ich könnte durch den Park und zur anderen Seite der Kathedrale rennen. Ich könnte weg sein, bevor sie hier sind. Sie würden es nie erfahren.
Aber er steht zu lange zögernd da. Sie sind eingetroffen. Er kann sie hören. Also wird er sich seinen Ängsten stellen müssen.
Als er sich umdreht und in den Tunnel zurückkehrt, scheint sein Körper nicht mehr seiner bewussten Kontrolle zu unterstehen. Es kommt sich vor wie ein Passagier in einem Fahrzeug, der sich fragt, wohin es ihn bringen wird.
Dann entdeckt er sie. Ihre Umrisse zeichnen sich vor dem Weiß am anderen Ende des Tunnels ab. Wieder breitet sich Panik in ihm aus. Er senkt den Kopf mit der Kapuze, um sein Gesicht zu verbergen.
Ich könnte mich vorbeimogeln, denkt er. In dieser Finsternis kann ich nicht erkannt werden. Ich könnte einfach vorbeimarschieren und weitergehen, und niemand würde es merken.
Und dann scheint ihn das Wissen zu stärken, dass er ein gewisses Maß an Kontrolle über die Situation hat. Als er auf dieselbe Höhe wie die anderen in dem beengten Gang gelangt, ertappt er sich dabei, stehen zu bleiben. Er ertappt sich dabei, ein Wort auszusprechen, das er schon lange nicht mehr von sich gegeben hat.
Es erzielt die gewünschte Wirkung. Er registriert die Verwirrung, die es auslöst. Seine Verfolger werden zu weniger als den von ihm so gefürchteten Dämonen. Zu weniger als dem Ungetüm mit dem Höllenhund. Sie werden zu dem, was sie in Wirklichkeit sind.
Zu einer Frau mittleren Alters mit ihrem kleinen Haushund. Und so schlägt er zu.
Alles geht so schnell, läuft verschwommen ab. Er zieht die Hand aus der Tasche. Seine Finger krümmen sich fest um den schweren Fäustel, als er ihn gegen den Kopf der Frau schwingt. Aber auch sie erweist sich als – unerwartet – schnell. Irgendwie gelingt es ihr, den Unterarm hochzureißen, wodurch sie es ihm vermasselt. Er zertrümmert den Arm, statt ihr den verdammten Schädel einzuschlagen. Und dann schreit sie, vor Schmerzen und um Hilfe. Der Hund läuft bellend davon. Alles scheint den Bach runterzugehen und zwingt ihn, es schnell zu Ende zu bringen, um die Lage noch zu retten. Also holt er zu einem weiteren Schlag gegen die Quelle des Geschreis aus. Diesmal spürt er, wie der Hammer ihren Kiefer trifft. Das Kreischen verstummt abrupt. Allerdings wird es trotzdem nur noch schrecklicher, denn trotz der Dunkelheit kann er sehen, was aus ihr geworden ist. Er kann sehen, dass sie einer zombieähnlichen Kreatur mit schlaff herabhängendem Unterkiefer gleicht. Sie stößt sich von den Grabsteinen hinter ihr ab, als wäre sie gerade aus einem Sarg unter der Erde hervorgekrochen. Der nutzlose Unterkiefer baumelt nur noch, zeigt ihm zerbrochene Zähne, blutiges Zahnfleisch und Speichelfäden, während sie seltsame klägliche Laute von sich gibt. Und plötzlich herrscht nackte Angst. Für ihn geht es um Leben oder Tod, um töten oder getötet werden. Also überlässt er es seinem Körper, ihn vor dieser Erscheinung zu retten, indem er abermals zuschlägt. Er hört das Knirschen ihres aufbrechenden Schädels, bevor sie fällt. Sie lebt noch, murmelt sabbernd und geifernd vor sich hin. Er muss wieder und wieder zuschlagen, die Knochen zermalmen und den Kopf unter seinen gerechten Hieben zu Brei zerstampfen.
Als er fertig ist, sein Arm vor Anstrengung schmerzt und seine Lunge um Sauerstoff ringt, lehnt er sich an die Wand und blickt auf sein Werk hinab. Er betrachtet den reglosen Lumpenhaufen, der einst ein lebendes, atmendes Wesen umhüllt hat.
Eine Bewegung fällt ihm ins Auge und erschreckt ihn. Aber sie geht nicht vom Leichnam der Frau aus. Am Eingang des Tunnels hockt eine kleine, dunkle Gestalt und starrt ihn an. In den Augen sammelt sich das spärliche Licht, und sie feuern es in Form von zwei konzentrierten Strahlen auf ihn ab. Gern würde er sich das Geschöpf als winzigen bösartigen Dämon vorstellen, der gerade seinen ahnungslosen, erschlagenen Wirt verlassen hatte. Aber er weiß, dass es nur der Hund ist. Er kauert inmitten der wirbelnden Flocken, wartet geduldig auf sein Frauchen und scheint nicht mitzubekommen, dass ihr Blut den Schnee ringsum dunkel färbt.
Leise lacht er über das Ausmaß seiner Angst. All der vergeudete emotionale Aufruhr. Er hat sich gesagt, er könnte es nicht durchziehen. Hat sich eingeredet, es würde katastrophal schiefgehen. Verzweifelt hat er sich gewünscht, eine höhere Macht würde eingreifen und es verhindern.
Tja, jetzt ist es passiert.
Und ausnahmsweise scheint Gott auf seiner Seite gewesen zu sein.
2
Detective Sergeant Nathan Cody zieht den Kragen hoch, als er mit knirschenden Schritten durch den Schnee stapft und das halbe Dutzend Stufen der Kathedrale erklimmt.
Kirchen mag er. Religion weniger. Er ist schon Atheist, so lange er denken kann. Aber manchmal fragt er sich, wie er wohl als Gläubiger reagiert hätte, als ihm und seinem Partner von einem sadistischen Irren Körperteile abgeschnitten wurden. Wäre es ihm gelungen, nach einer solchen Tortur weiter an seinem Glauben festzuhalten? Er bezweifelt es.
Am Kopf der Treppe wiegt DC Neil »Anakonda« Ferguson den Hund des Opfers in den Armen. Irgendein Terrier, vermutet Cody, der kein Experte für die Vierbeiner ist. Er verzieht das Gesicht zu einer Grimasse, als er beobachtet, wie der Hund über Fergusons untere Gesichtshälfte leckt.
»Du solltest das Vieh eintüten und beschriften«, sagt er.
Ferguson reißt sich von dem Hund los. Die Bohnenstange von einem Mann blickt aus beträchtlicher Höhe auf seinen Sergeant herab, obwohl Cody mittlerweile oben an der Treppe angekommen ist.
»Hm?«
»Könnte ein Beweis sein«, meint Cody. »Womöglich kontaminierst du ihn. Er jedenfalls kontaminiert dich ziemlich heftig.«
Ferguson wendet sich wieder dem Hund zu. »Hör nicht auf ihn. Er ist bloß ein fieser, mürrischer Mann. Du bist eine ganz Liebe, nicht wahr? Ja, das bist du.«
Zur Antwort setzt der Hund – offenbar ein Weibchen – die Zungenwaschung von Fergusons Gesicht fort.
Cody fragt: »Musst du ihn das echt machen lassen? Scheint mir nicht sehr hygienisch zu sein.«
»Um ehrlich zu sein«, erwidert Ferguson, »so nah bin ich Knutschen seit Wochen nicht mehr gekommen. Ich muss nehmen, was ich kriegen kann.«
Wieder verzieht Cody angewidert das Gesicht. »Du bist verkommen.«
Ferguson stellt die Hündin auf den Boden, hält sie aber an der Leine fest. Das Tier hockt sich hin und schaut mit großen braunen Augen zu ihm auf.
»Du musst zugeben, dass sie süß ist, oder?«
»Ich bin eher ein Katzenmensch«, sagt Cody.
»Wirklich? Hätte ich nie vermutet.«
Cody wittert darin eine versteckte Beleidigung, lässt es aber auf sich beruhen. Er stellt sich neben Ferguson. Zusammen betrachten sie von hier oben aus den Westeingang.
»Allmählich beschleicht mich Weihnachtsstimmung«, verrät Ferguson. »Der Schnee, die Kathedrale, die alten Straßenlaternen da drüben, die georgianischen Gebäude ...«
Cody fügt hinzu: »Die Polizeiautos, die Blaulichter, die uniformierten Beamten, die Spezialisten von der Spurensicherung in ihren weißen Anzügen ... Ach ja, und die Frau mit dem eingeschlagenen Schädel.«
»Stimmungskiller«, wirft Ferguson ihm vor. »Du würdest einen tollen Grinch abgeben.« Kurz verstummt er, bevor er fragt: »Hast du sie schon angeguckt?«
»Ja. Kein schöner Anblick. Da wollte jemand ganz sichergehen, dass es mit ein paar Paracetamol nicht getan ist. Echt heftig.«
Ferguson deutet mit dem Kinn auf das rege Treiben unten. »Haben sie schon irgendwas Interessantes entdeckt?«
»Nee. Bin mir auch nicht sicher, ob sie damit noch Glück haben werden. Zu viel Kommen und Gehen. Das Opfer wurde von einem anderen Hundespaziergänger gefunden. Dann sind ein paar Leute aus der Kirche hinübergetrabt, um zu gaffen. Die Kirchenwächter waren dort, dazu ein paar Sanitäter ... Und zum Tatort führt nur ein einziger, schmaler Weg. Wäre schon ein Wunder, wenn sie dort irgendwas an brauchbarem Beweismaterial finden.«
»Tja, wenn du Wunder willst, ist das der richtige Ort dafür. Apropos kleine Wunder: Was hältst du davon, dass Wibbly zurückkommt?«
Cody wirft Ferguson einen Blick zu. »Webley? Wann?«
»Morgen, hab ich gehört. Gerade rechtzeitig, um bei dem Fall mitzumischen. Soll das heißen, du hast es nicht gewusst?«
Cody schüttelt den Kopf. Er lässt den Blick wieder über die Stadt wandern, kann aber jetzt nur noch an DC Megan Webley denken.
Ferguson meldet sich noch mal zu Wort. »Ich dachte, du wüsstest mehr darüber als ich. Seid ihr nicht mehr in Verbindung?«
»In letzter Zeit nicht«, antwortet Cody. Was nicht ganz aufrichtig ist, denkt er. In Wirklichkeit hat er sie überhaupt kaum gesehen, seit sie ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Jetzt kommt sie zurück, und er wird sich damit auseinandersetzen müssen.
Ferguson räuspert sich vor seinen nächsten Worten.
»Du, äh, hast mir nie die ganze Geschichte davon erzählt, was auf dem Dach passiert ist.«
Für Cody scheint es mittlerweile eine Ewigkeit zurückzuliegen. Es kommt ihm unwirklich vor. Um ein Haar hätte er sein Leben geopfert, um ihres zu retten. Sie wiederum hätte fast ihr Leben aufgegeben, um seines zu retten. Und all das, nachdem Cody ihr Dinge von sich preisgegeben hat, die er davor noch nie jemandem erzählt hatte. Es hätte einer dieser Bilderbuchmomente werden sollen, ein Happy End, bei dem sie mit dieser starken Bindung zwischen ihnen in den Sonnenuntergang segeln, um den Rest ihrer Tage zusammen zu verbringen. Aber so ist das Leben nun mal nicht. Es ist komplex, düster und von äußeren Kräften beeinflusst, die sich einen Dreck um märchenhafte Enden scheren.
»Da gibt’s nichts zu erzählen«, sagt Cody, obwohl er weiß, dass er Ferguson damit nicht überzeugt.
Zwei Männer kommen auf sie zu. Einer ist ein uniformierter Polizist. Der andere ist ein übergewichtiger Mann mit beginnender Glatze in einer Warnweste.
Der Polizist sagt: »Das ist der Domwächter, der als Erster zum Tatort gerufen wurde.«
Ferguson reagiert am schnellsten. Er winkt den Mann die Stufen herauf wie ein König, der einem Untertan erlaubt, sich dem Thron zu nähern.
Als der Mann oben ankommt, wirft er einen Blick auf den Hund, dann streckt er Ferguson die Hand entgegen.
»Sie müssen Sergeant Cody sein. Ich bin Al Glover.«
Ferguson nimmt den Händedruck zwar an, deutet mit dem Kopf aber wenig subtil in Codys Richtung.
»Tut mir leid«, entschuldigt sich Glover und schwenkt den Blick auf Cody. »Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin.«
Cody weiß es. Zum Teil hat es mit der Größe zu tun. Aus irgendeinem seltsamen Grund scheinen die Leute immer die Größe mit dem Rang gleichzusetzen. Aber der Hauptgrund ist Codys so jungenhaftes Gesicht. Er sieht aus, als könnte er Universitätsstudent sein – nicht wie ein erfahrener Detective Sergeant im Major Incident Team.
»Kein Problem«, sagt Cody. Er ergreift die Hand des Mannes. Trotz der eisigen Kälte fühlt sie sich klamm an. Im Atem des Domwächters liegt ein Hauch von Alkohol. Cody vermutet, dass er sich einen Schluck Rum oder Scotch genehmigt hat, um die Nerven nach der Aufregung der Nacht zu beruhigen.
»Ich nehme an, ihr habt ständig mit so was zu tun«, sagt Glover.
»Recht oft«, bestätigt Cody.
»Klar. Gehört zum Job, richtig? Den meisten Leuten ist gar nicht klar, was wir leisten und aushalten müssen.«
»Stimmt.« Innerlich lächelt Cody darüber, wie Glover unverhofft von »ihr« zu »wir« wechselt.
»Genau. Und es treiben sich schon auch richtige Spinner hier herum.«
»Spinner? Hatten Sie hier kürzlich welche?«
»Oh, wir kriegen sie alle ab. Säufer, Junkies, Obdachlose – na ja, Sie wissen, wovon ich rede, nicht wahr? Unsere Jobs sind ja in vielerlei Hinsicht ähnlich.«
»Aber irgendeine bestimmte Person? Jemand, der mit dem Mord von heute Nacht etwas zu tun haben könnte?«
»Na ja ... speziell? Nein, niemand Bestimmtes. Aber wir haben sie hier wirklich alle. Jede Sorte.«
»Ich sage Ihnen was«, erwidert Cody. »Warum stellen Sie nicht eine Liste für uns zusammen? Junkies aus der Gegend, regelmäßige Störenfriede – so was in der Art. Könnte ja sein, dass einer davon heute Nacht hier war.«
»Gern«, sagt Glover. »In die Richtung hab ich auch schon überlegt. Ich kümmere mich sofort darum.«
Er kramt in der Tasche und holt ein Päckchen Zigaretten heraus.
»Möchte jemand eine?«
Ferguson schüttelt den Kopf. »Nein, danke«, lehnt auch Cody ab. Er beobachtet, wie sich Glover die Zigarette mit zitternden Fingern an den Mund hebt und sie anzündet.
»Schildern Sie mir, was heute Nacht hier passiert ist«, fordert Cody ihn auf.
»Ja. Okay. Angefangen hat es für mich damit, dass ein Kerl an die Tür der Hütte geklopft hat.« Er zeigt nach links zu einem kleinen Gebäude, in dem früher die alte Domwache untergebracht war.
»Er hat gesagt, man hätte unten auf dem Pfad eine Frau gefunden. Und sie wäre wohl schwer verletzt. Vielleicht sogar tot.«
»Wissen Sie, wer der Mann war?«
»Nein, aber er hat schon mit einem Ihrer Leute gesprochen. Kam mir nicht wie ein Verdächtiger vor. Nach einer Weile in dem Beruf entwickelt man einen Riecher dafür, nicht wahr?«
»Hat er die Leiche entdeckt?«
»Nein. Das war ein viel älterer Typ. Er wird auch gerade befragt. Ich hab dafür gesorgt, dass er in der Nähe bleibt. Das war eigentlich eher gesunder Menschenverstand. Einige der jüngeren Burschen würden von selbst nicht ...«
»Okay, man hat Ihnen also mitgeteilt, dass eine Frau verletzt ist. Was haben Sie als Nächstes gemacht?«
»Na ja, ich bin hingegangen, versteht sich. Hab mir meine Taschenlampe geschnappt und nachgeschaut. Wir sind für den Umgang mit Situationen jeder Art geschult. Auch wenn der Dom ein Ort der Andacht ist, Sie wären überrascht, was hier manchmal vor sich geht.«
»Glaub ich gern. Sie gehen also zu der Frau und ...«
»Und da liegt sie. Überall Blut. Ihr Kopf ... Haben Sie ihn gesehen? Übel zugerichtet. Offensichtlich tot.«
»Offensichtlich?«
»Ja. Ich meine, ich hab die Vitalfunktionen überprüft. Natürlich hab ich das. So wollen es die Vorschriften, nicht wahr? Aber sie war schon tot. Hat man gemerkt, in dem man sie nur angesehen hat. Niemand könnte das überleben.«
»Haben Sie die Frau erkannt?«
»Zuerst nicht. So, wie sie aussieht, bin ich mir nicht mal sicher, ob ihre eigene Mutter sie erkennen würde. Aber ich hab geistesgegenwärtig erkannt, wer sie ist.«
»Wie sind Sie darauf gekommen?«
Glover deutet auf die Hündin. »Durch sie. Hat ein paar Meter entfernt gesessen und gewartet. Und ihr war kalt, sie hat gezittert.«
»Sie haben diese Frau schon mit dem Hund Gassi gehen gesehen?«
»Jeden Morgen und jeden Abend, ausnahmslos. Bei Sonne, Regen oder Schnee. Wissen Sie, ich halte die Augen offen. In unserer Branche zahlt sich Wachsamkeit aus, richtig?«
»Haben Sie je mit ihr gesprochen?«
»Ein paar Mal. Aber nur gegrüßt, vielleicht ein paar Worte über das Wetter verloren und so. Wie sie heißt, weiß ich nicht.«
»Und wo sie gewohnt hat?«
»Bin mir nicht sicher. Ich habe sie immer die Duke Street entlangkommen gesehen, aber das war’s auch schon.«
»Haben Sie je irgendjemand anderen mit ihr reden gesehen?«
»Nicht, dass ich mich erinnern könnte. Ich hatte den Eindruck, sie war eher eine Eigenbrötlerin. Hat sogar immer allein den Gottesdienst besucht.«
»Den Gottesdienst? In der Kathedrale?«
»Ja. Ich glaube, sie war oft da drin. Also, nicht, dass ich nach ihr gesucht hätte oder so, aber ich habe sie oft beim Reingehen oder Rausgehen beobachtet.«
Cody sieht Ferguson an, dann wendet er sich wieder Glover zu. »Danke, Mr. Glover. Bitte stellen Sie diese Liste für mich zusammen, ja? Und noch etwas – Sie haben hier doch Videoüberwachung, richtig?«
Glover nickt. »Innen und außen.«
»Gut. Kramen Sie mir bitte alles an Aufzeichnungen heraus, was Sie haben, ja? Ich schicke jemanden vorbei, der sie abholt.«
»Bin Ihnen einen Schritt voraus. Steht schon auf meiner Erledigungsliste. Wenig überraschend, würde ich sagen. Wenn man bedenkt, wie ähnlich unsere Jobs sind, meine ich.«
»Genau das dachte ich mir auch, Mr. Glover. Gute Arbeit.«
Lächelnd nickt Glover. Dann steigt er mit unsicheren Schritten die Treppe hinunter und kehrt zu seiner Hütte zurück.
»Genießen Sie beide die Aussicht?«
Die dröhnende Stimme von hinten lässt beide Ermittler zusammenzucken. Als sie sich umdrehen, haben sie die große, imposante Gestalt von Detective Chief Inspector Blunt vor sich. Cody vermutet eher, dass sie durch eine der Türen der Kathedrale herausgekommen ist, statt aus dem Nichts aufgetaucht zu sein. Obwohl er ihr grundsätzlich alles zutraut.
»Wir haben gerade die Befragung eines Domwächters beendet, Ma’am«, sagt er.
»Ich verstehe. Und hat er Ihnen etwas Nützliches erzählt?«
Cody gibt ihr eine Zusammenfassung und beobachtet, wie Blunt die Informationen verdaut. Er mag seine Vorgesetzte trotz ihrer einschüchternden Aspekte. Und er weiß, dass sie ihn auch mag. Nicht auf eine schräge sexuelle Weise – Cody empfindet ihre Haltung eher als die einer Glucke, obwohl er keine Ahnung hat, wodurch er diese besondere Aufmerksamkeit verdient.
»Interessant«, befindet Blunt. »Vielleicht ist die Frau in etwas hineingeplatzt, das sie nicht sehen sollte. Zum Beispiel bei einem Drogendeal. Andererseits: Wenn sie jeden Abend zur gleichen Zeit den gleichen Weg genommen hat, dann hätte jeder, der sie gekannt hat, ihr einfach auflauern können.«
»Was bedeuten würde, dass es geplant war«, sagt Cody.
»Wäre möglich. Falls es so gewesen ist, muss sie jemand richtig gehasst haben. Sie haben die Leiche gesehen. In dem Angriff hat eine Menge aufgestauter Aggression gesteckt. Mehr darüber zu erfahren, wie diese Frau war, könnte uns Hinweise darauf liefern, wer eine solche Abneigung gegen sie gehabt haben könnte. Und lassen Sie sich nicht davon beirren, dass sie eine brave Kirchgängerin war. Das sind manchmal die Schlimmsten.«
Blunt scheint den Terrier zum ersten Mal zu bemerken. Sie bückt sich und starrt das Tier an. Die Hündin legt den Kopf schief und starrt verwirrt zurück. Ferguson sieht Cody an, der mit den Schultern zuckt.
»Hm«, brummt Blunt und richtet sich wieder auf. Zu ihren Ermittlern sagt sie: »Worauf warten Sie noch? Finden Sie den Namen und die Adresse des Opfers heraus, gehen Sie dorthin und bringen Sie in Erfahrung, wie die Frau getickt hat.«
Ferguson meldet sich zu Wort: »Äh, ich bin mir nicht sicher, wie wir das im Moment anstellen sollen, Ma’am. Die Spurensicherung hat an der Leiche noch nichts gefunden, womit man sie identifizieren könnte.«
»Na schön, dann fragen Sie die Hündin.«
Ferguson wirft erneut einen Blick zu Cody, bevor er antwortet. »Ma’am?«
»Die Hündin, Neil. Sie ist eine Kronzeugin. Sie hat alles gesehen, was heute Nacht mit ihrem noch lebenden Frauchen passiert ist, um Himmels willen. Glauben Sie nicht, dass sie uns helfen will, den grausamen Täter zu finden?«
Ferguson öffnet den Mund, aber ihm fehlen die Worte. Sogar Cody geht durch den Kopf, dass die Kälte wohl ihre Gehirnzellen eingefroren hat.
»Verdammt, Neil«, fährt sie fort. »Und Sie schimpfen sich Ermittler? Seit wir hier sind, sehe ich Sie ständig mit dem Tier im Schlepptau. Sehen Sie es sich noch mal an. Diesmal richtig. Dann werden Sie feststellen, dass der Hund ein Halsband trägt. An dem Halsband ist ein Anhänger. Auf dem Anhänger stehen der Name ›Trudy‹ und eine Telefonnummer, vermutlich die der Besitzerin. Können Sie mir jetzt folgen?«
»Ah«, macht Ferguson, als er kapiert. »Verstehe. Geben mir eine Minute.«
Verlegen zieht er sich in die Schatten zurück. Dort kramt er sein Funkgerät, ein Notizbuch und einen Stift heraus. Cody schaut ihm nach und überlegt bereits, wie er den Kollegen später damit verarschen wird.
»Was grinsen Sie so?«, fragt Blunt.
Cody setzt eine angemessen ernste Miene auf. »Nichts, Ma’am.«
»Hm. Ich vermute, Sie haben die Neuigkeit schon gehört, richtig?«
»Neuigkeit?«
»DC Webley kommt morgen zu uns zurück. Gesund und munter.«
Cody wünschte, die Leute würden nicht den Drang verspüren, ihm diese spezielle Information mitzuteilen. Es ist, als wolle man ihn auf die Probe stellen. Als würde man ihn mit einer Nadel piksen, um zu sehen, wie er reagiert.
»Spitze«, sagt er. »Wird schön, sie wieder im Team zu haben.«
»Versauen Sie es nicht, Cody.«
Der Rat überrascht ihn.
»Ma’am?«
»Sie ist eine vielversprechende junge Ermittlerin mit einem Herz aus Gold. Sie will nur weiter ihrer Arbeit nachgehen. Sie hingegen neigen dazu, alles komplizierter zu machen, als es sein muss.«
»Ich habe keine Ahnung, was ...«
»Gut. Belassen Sie es dabei.«
Cody weiß nicht recht, was er dazu noch beisteuern könnte. Er ist froh, als Ferguson zurückkommt und triumphierend mit einem Zettel wedelt.
»Hab’s«, meldet Ferguson. »Die Nummer ist auf eine gewisse Mary Cowper registriert. Sie wohnt in der Duke Street.«
»Schon erstaunlich, was wir von primitiveren Lebensformen alles erfahren können.« Blunt betont es so, dass sich Cody nicht sicher ist, ob sie den Hund oder seinen Kollegen meint. »Lassen Sie sich von mir nicht aufhalten.«
Cody und Ferguson steigen die Treppe hinunter zurück in den Schnee. Cody spürt kalte Flocken im Genick. Er zieht den Kragen wieder hoch. Als sie sich den Toren nähern, wendet er sich an Ferguson.
»Äh, weißt du, wir sind keine Hundestaffel. Du musst dich von dem Vieh trennen.«
Ferguson wirft ihm einen empörten Blick zu. »Sie ist kein Vieh. Sie ist Trudy. Und sie hat uns gerade unsere erste Spur verschafft.«
»So oder so, du musst sie hierlassen. Mit dem Köter geh ich nicht die Duke Street runter. Sonst hält man uns für ein waschechtes Paar.«
Ferguson runzelt die Stirn und seufzt. Aber er fügt sich, geht zu einem uniformierten Beamten und drückt dem verwirrten Mann die Leine in die Hand.
»Hier. Und nur, damit das klar ist: Sie ist kein Weihnachtsgeschenk.«
3
Der Fußmarsch zu Mary Cowpers Wohnung dauert keine fünf Minuten. Unterwegs kreuzen sie das Ende der Rodney Street, in der Codys eigene Wohnung liegt. Ihm kommt der Gedanke, dass Mary ihm ohne Weiteres über den Weg gelaufen sein könnte. Er geht in dieser Gegend oft joggen, manchmal auch im St. James’ Park. Vielleicht hat er sogar mal mit einem »Hallo« oder »Guten Morgen« gegrüßt, ohne zu ahnen, dass sie mal als Opfer einer Fallakte auf seinem Schreibtisch landen könnte.
Es schneit immer noch heftig. Der riesige Prunkbogen am Eingang zum ältesten chinesischen Viertel Europas zeichnet sich nur als dunkle, unscheinbare Kontur durch den beweglichen weißen Schleier ab. Cody ist froh, als sie das umgebaute georgianische Gebäude erreichen, in dem die Frau bis vor wenigen Stunden gewohnt hat. Er läutet die Klingel für Wohnung 1. Niemand antwortet. Cody drückt die Taste erneut.
»Versuch’s woanders«, schlägt Ferguson vor.
Cody sieht ihn an. »Darauf wär ich nie gekommen. Ich wollte einfach wieder gehen.«
Kräftig drückt er auf den Klingelknopf für Wohnung 2. Ich muss da rein, geht ihm durch den Kopf. Irgendwohin, wo’s warm und trocken ist.
Fast sofort meldet sich jemand über die Gegensprechanlage: »Hallo?«
»Wir sind Polizeibeamte! Würden Sie uns bitte reinlassen?«
»Polizei? Warum Polizei?«
Da wird Cody klar, dass die Stimme zu einem Ausländer gehört. Vermutlich irgendwo aus Osteuropa.
»Kein Grund zur Beunruhigung, Sir. Wir würden gern mit Ihnen über eine Ihrer Nachbarinnen sprechen. Wohnung 1? Mary Cowper?«
»Mary? Okay. Kommen Sie bitte.«
Ein Summen und ein lautes Klicken ertönen, als die Tür entriegelt wird. Cody schiebt sie auf. Er verspürt Erleichterung, als er den Wind und den Schnee hinter sich lässt. Um die angesammelten Flocken loszuwerden, schüttelt er sich. Auf dem Türvorleger streift er die Schuhe ab.
Vor ihnen befindet sich das Treppenhaus, rechts davon eine Holztür mit einer glänzenden »1« daran.
»Ist ’nen Versuch wert«, meint Cody. »Vielleicht funktioniert die Türklingel nicht.« Ferguson tritt an die Tür und klopft laut an. Keine Antwort, auch keine Geräusche von drinnen.
»Ist sie nicht da?«
Die Stimme kommt vom Kopf der ersten Treppenflucht. Ein Mann schaut zu ihnen herab.
»Nein«, antwortet Cody. »Ist sie nicht. Lebt sie allein?« Vorerst bleibt er bei der Gegenwartsform. Kein Grund, den Mann schon zu verstören.
»Ja, allein. Ja. Sie sagen, Sie sind von Polizei?«
Auf dem Weg zur Treppe zückt Cody seinen Ausweis. Er streckt ihn vor, obwohl er weiß, dass der Mann ihn von dort oben aus nicht richtig sehen kann.
»Ich bin Detective Sergeant Cody. Das ist Detective Constable Ferguson. Dürfen wir zu Ihnen raufkommen und mit Ihnen reden?«
Der Mann winkt sie näher. »Ja, bitte. Kommen Sie. Wir können in meiner Wohnung reden.«
Die Ermittler stapfen die Stufen hinauf, dann folgen sie dem Mann, der sie in seine Wohnung winkt.
»Bitte«, sagt der Mann. »Ziehen Sie Jacken aus. Nehmen Sie Platz.«
Cody lächelt und nickt. »Danke, Mr. ...«
»Demidow. Juri Demidow. Wie der Raumfahrer.«
»Raumfahrer?«
»Juri. Juri Gagarin. Kennen Sie ihn?«
»Ah, ja«, sagt Cody. Im warmen Licht des Wohnzimmers kann er einen genaueren Blick auf ihren Gastgeber werfen. Es handelt sich um einen dünnen Mann mit einem großen Kopf. Genauer gesagt wirkt der Kopf durch eine wilde Pracht dunkler Locken so groß, dass es ihm insgesamt das Erscheinungsbild eines Mikrofons verleiht. Cody schätzt ihn auf Mitte vierzig. Er grinst fast unaufhörlich. Seine drallen Wangen sind gerötet, als würde er ständig Gesichtssport betreiben.
Die Wohnung ist ein heilloses Chaos. Nicht verdreckt, aber unordentlich. Zettel, Bücher und Ordner liegen scheinbar wahllos im Zimmer verstreut. Texte über komplexe mathematische Themen übersäen den Kaffeetisch. Auf dem Kaminsims lehnen ein paar billig produzierte Urkunden, Auszeichnungen für wissenschaftliche Abhandlungen.
»Möchten Sie Tee?«, erkundigt sich Demidow. »Ich habe echten russischen Samowar. Kennen Sie Samowar?«
Cody bemerkt Fergusons verwirrten Gesichtsausdruck, beschließt aber, es nicht auf eine Erklärung ankommen zu lassen.
»Keinen Tee, danke. Worüber wir mit Ihnen reden möchten, ist ...«
»Und Kuchen. Ich habe besonderen Kuchen vom Asda. Kennen Sie den Asda?«
Unwillkürlich lächelt Cody darüber, dass Demidow die Liverpooler Eigenart übernommen hat, den bestimmten Artikel vor den Namen der Supermarktkette zu setzen.
»Mr. Demidow. Macht es Ihnen etwas aus, wenn wir jetzt über Mary Cowper sprechen?«
»Mary. Ja. Bitte. Sie ist wunderbare Frau.«
»Sie kennen sie gut?«
»Nicht gut. Ich lebe hier erst wenige Monate. Bin ich Gastprofessor an mathematischer Fakultät von Universität. Ist mein erster Aufenthalt in Großbritannien. Aber Mary, sie ist sehr nett zu mir.«
»Inwiefern nett?«
»Sie bringt mir Kuchen.«
»Kuchen?«
»Genau. Apfelkuchen. Backt sie selbst. Sie ist sehr gute Köchin. Und sie nimmt an Pakete für mich, wenn ich kriege Lieferungen. Sie ist ...«
Abrupt verstummt er. Sein Grinsen verpufft, als hätte ihn gerade eine Erkenntnis ereilt.
Mit ernster Stimme sagt er: »Sie haben schlechte Neuigkeiten, ja? In Russland Polizisten an Tür sind immer schlechte Neuigkeiten, aber ich dachte, hier ist vielleicht anders.«
Cody will ihm nicht bestätigen, dass es auch hierzulande in der Regel nichts Gutes verheißt, wenn die Polizei bei jemandem auf der Matte steht.
»Wir haben die Leiche einer Frau gefunden und glauben, es könnte Mary Cowper sein.«
Demidow lehnt sich auf dem Stuhl zurück und schaut zur Decke.
»Oh mein Gott. Oh mein Gott. Das ist schrecklich. So wunderbare Frau. Anständige Frau.« Er sieht wieder die Ermittler an. »Sind Sie sicher?«
»Ziemlich sicher.«
»Oh mein Gott. Ist so schrecklich das. Wie sie ist gestorben?«
»Wir glauben, sie wurde ermordet. Ihre Leiche wurde auf dem Gelände der Kathedrale gefunden.«
»Oh mein ... Wer würde tun so was? Sie würde niemand verletzen. Niemals. Ich verstehe das nicht.«
»Wir auch nicht. Deshalb haben wir gehofft, Sie könnten uns mehr über sie erzählen.«
»Na schön. Ja. Will ich versuchen.«
»Sie haben gesagt, dass sie allein gelebt hat. Kein Ehemann? Keine Kinder?«
»Nein. Nichts. Halt, Moment! Sie hat Hund. Trudy. Haben Sie Trudy gefunden?«
Mit leichter Panik schaut er zwischen den beiden Ermittlern hin und her.
»Keine Sorge, Mr. Demidow. Wir haben die Hündin gefunden. Sie ist in Sicherheit.«
Demidow entspannt sich ein wenig. »Mary, sie liebt Tiere. Hat ihnen Geld gegeben.«
»Ich bin nicht sicher, was Sie damit ... Sie hat ihnen Geld gegeben?«
»Ja. Spenden für Tiere, Sie verstehen? Pro Wildlife oder so.«
»Ich verstehe. Aber außer dem Hund lebt sonst niemand in Wohnung 1?«
»Nein. Niemand. Sie ist gern allein. Liebt ihren Hund. Das reicht ihr. Aber trotzdem sie ist nett zu mir.«
»Wann haben Sie Mary zuletzt gesehen?«
»Heute! Ich sehe sie, wenn ich komme zurück von Einkaufen. Sie geht gerade mit Trudy weg. Ist normal für sie, verstehen Sie? Ich habe nicht gedacht, ist letzte Mal, dass ich sie sehen werde. Oh mein Gott.«
»Bitte«, sagt Cody. »Versuchen Sie, ruhig zu bleiben. Nur noch ein paar Fragen, in Ordnung?«
»Ja.«
»Gut. Was hatte Mary an, als Sie mit dem Hund losgegangen ist?«
Demidow legt die Finger an die Schläfen und konzentriert sich.
»Ich glaube, vielleicht lange braune Jacke. Und – wie sagt man ...« Er macht eine Wickelbewegung um den Hals.
»Ein Schal?«
»Richtig. Schal. Viele Farben. Das ist alles, dass ich mich erinnere.«
»Das ist sehr hilfreich«, sagt Cody. »Danke.«
Die Beschreibung passt zur Kleidung des Opfers. Lange braune Jacke und Schal mit Schottenmuster. Hat sich gelohnt, nachzufragen. Cody will auf keinen Fall später erfahren müssen, dass sie es mit der Leiche einer völlig anderen Frau zu tun haben, obwohl der Hund daneben gesessen hat. Die Möglichkeit ist zwar unwahrscheinlich, aber er kennt aus der Vergangenheit schlimmere Patzer.
Er fährt fort. »Erzählen Sie mir mehr über Mary. Hatte sie irgendwelche engen Freunde? Einen festen Freund? Angehörige?«
Demidow schüttelt den Kopf. »Das weiß ich nicht. Da ist ein Mann. Kommt manchmal hierher. Aber ich glaube nicht, dass er fester Freund ist.«
»Wissen Sie, wer er ist?«
»Nein. Ich ihn habe nicht gesehen. Habe ich nur Männerstimme in ihrer Wohnung gehört.«
»Wie oft kommt dieser Mann hierher?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht nicht viele Male.«
»Okay. Was ist mit Marys Job? Wissen Sie, wo sie gearbeitet hat?«
»Ja. Mary ist Lehrerin.«
»Wissen Sie, an welcher Schule?«
»Ich habe Namen vergessen. Wall-Ton, glaube ich. Nur Mädchen dort sind erlaubt.«
»Walton? Oakdale Mädchenschule?«
Demidow zeigt mit einem Finger auf ihn. »Ja. Oakdale. Das ist richtig. Sie unterrichtet Religion. Sie ist sehr religiöse Frau.« Er runzelt die Stirn, bevor er sich korrigiert: »War. Sie war religiöse Frau.«
An der Stelle mischt sich Ferguson ein. Und tritt mit beiden Füßen ins Fettnäpfchen. »Aber niemand ist perfekt, richtig? Ich meine, sie muss doch auch Laster gehabt haben.«
»Laster?«, hakt Demidow nach. »Bitte erklären Sie.«
»Na ja, manche Menschen trinken zu viel, andere nehmen Drogen. Wieder andere geben sich Glücksspiel hin oder feiern wilde Orgien oder ...«
Demidow sieht aus, als könnte er jeden Moment in Schockstarre verfallen. Er strafft den Rücken und bohrt die Finger in die Armlehnen des Stuhls. »Nein! Mary würde nichts davon tun. Sie ist immer gute Frau. Kirchenfrau.«
Cody greift ein, um die Lage zu entschärfen. »Ich glaube, DC Ferguson will darauf hinaus, ob Mary vielleicht unabsichtlich jemanden verärgert haben könnte. Selbst die nettesten Menschen der Welt können für manche Leute irritierend sein.«
Demidow löst den Blick von Ferguson und richtet ihn stattdessen auf Cody. Seine Haltung wird milder, seine Augen glitzern feucht. »Sie hat Apfelkuchen gemacht für mich«, sagt er, als wäre das alles, was in ihre Grabrede müsste.
Cody besorgt sich von Demidow die Telefonnummer der Vermieterin und ruft sie an. Da sie gerade einen männlichen Gast bewirtet, äußert sie Widerwillen, den Schlüssel vorbeizubringen. Allerdings ändert sie schnell die Meinung, als Cody meint, das wäre schon in Ordnung, er würde einfach seinen eigenen Schlüssel benutzen. Der wie eine massive rote Ramme aussieht und die Tür aus den Angeln heben wird.
Als Nächstes verständigt er die Spurensicherung. Die meisten der Tatortspezialisten kommen direkt von der Kathedrale herüber. Hier ist zwar kein Tatort – zumindest nicht, soweit bisher bekannt. Aber wenn der Angriff auf Mary geplant war, besteht die Möglichkeit, dass der Mörder irgendwann in der Wohnung gewesen ist. Cody will sicherstellen, dass sie alle etwaigen forensischen Spuren einsammeln, die zur Identifizierung dienen könnten.
Während die Forensiker ihren Aufgaben nachgehen, schnüffeln Cody und Ferguson ein wenig auf eigene Faust herum. Im Gegensatz zu Demidows Wohnung herrscht in der von Mary Cowper eine Ordnung und Sauberkeit, dass es an Besessenheit grenzt. In der Küche ist weit und breit kein einziger Fettfleck zu finden, nicht mal am Backofen. Da sind keine schmutzigen Teller oder Tassen im Spülbecken oder zum Trocknen auf dem Gestell. Die Lebensmittel in den Schränken sind penibel nach Kategorien geordnet, nicht wahllos hineingeworfen. Es ist nicht so extrem, dass es unter eine Zwangsneurose fällt – die Dosen weisen nicht alle mit den Etiketten nach außen und sind alphabetisch sortiert. Aber Mary Cowper hatte es unbestreitbar gern ordentlich. Sogar das Hundebett sieht aus, als wäre es erst kürzlich mit dem Staubsauger bearbeitet worden.
Ähnlich verhält es sich im Wohnzimmer. Keine Hundehaare, Ringe von Kaffeebechern oder Staubschichten. Alles picobello.
Sofort wird Cody von dem Bücherregal in einer der Nischen angezogen. Er ist bibliophil und überzeugt davon, aus dem Inhalt von Bücherregalen viel über die Menschen herauslesen zu können.
Mary Cowper war eine Frau nach seinem Geschmack. Sie mochte die Klassiker – Dickens, Hardy, Brontë. Aber während Cody durchaus zugibt, gelegentlich auch einen Schund-Thriller zu lesen, fehlen hier dafür jegliche Anzeichen. Und erst recht gibt es nichts Anzügliches zu finden, nichts, was »Shades of Grey« auch nur nahekäme.
In den unteren Fächern befinden sich Marys Nachschlagewerke. Einige befassen sich mit den verschiedenen Weltreligionen, klar in der Überzahl sind jedoch die über das Christentum. Außerdem stehen dort Wälzer über Geschichte und Kunst. Daneben liegt ein Stapel Schulhefte, die vermutlich darauf warten, korrigiert oder ihren Schülern zurückgegeben zu werden. Cody nimmt sich das oberste und blättert es durch. Wie er feststellt, handelt der jüngste Aufsatz über die Bedeutung von religiösen Führern.
Cody geht zum Fernsehtisch, der in der anderen Nische aufgestellt ist. Er kauert sich hin, um die Reihe der DVDs zu betrachten. Er findet Mary Poppins, The Sound of Music, Les Misérables, Anatevka und mehrere Aufzeichnungen von Ballettaufführungen und anderen Musicals. Nichts aus dem Saw-Franchise, auch nichts von Tarantino.
Auf dem Couchtisch liegt nur ein Buch. Die Kanten sind bündig mit denen der Holzplatte darunter ausgerichtet. Wenig überraschend: eine Ausgabe der Bibel. Cody ergreift das Buch mit latexbehandschuhten Fingern und bemerkt, dass es ein Lesezeichen enthält. Er schlägt es an der Stelle auf.
Römer 1. Rasch überfliegen Codys Augen die Seite. Sie heften sich auf Vers 18: »Denn Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alles gottlose Leben und alle Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten.«
Ist das hier passiert?, fragt er sich. Ein Akt der Rache als Vergeltung für eine wahrgenommene »Ungerechtigkeit«, die Mary verübt hat?
Cody legt die Bibel an ihren Platz zurück und setzt die Sichtung der Wohnung fort. Auf dem Nachttisch in Marys Schlafzimmer findet er eine weitere Bibel, diesmal ohne Lesezeichen. Über ihrem Bett hängt ein geschnitztes Kruzifix. Auf der Kommode stehen zwei gerahmte Fotos. Das erste zeigt eine Frau – vermutlich Mary – mit einer kleinen Gruppe von Schülern der Oakdale School. In den Händen hält sie einen – sowohl physisch als auch nominell – großen Scheck, ausgestellt auf die Initiative »Children in Need«. Ein weiterer Beweis für ihre Anständigkeit, denkt Cody.
Eine Weile starrt er das Bild an. Zum ersten Mal erhält er einen Eindruck, wie Mary ausgesehen hat, als sie noch am Leben war – bevor ihr Schädel über eine Fläche von mehreren Quadratmetern verteilt wurde. Er vermutet, dass es sich um eine recht aktuelle Aufnahme handelt: Laut der Geburtsurkunde in ihrer Schreibtischschublade war sie zweiundvierzig, was auf dem Bild ungefähr hinkommt. Sie war blond, hatte strahlende blaue Augen und ein attraktives Lächeln. Cody versucht, sich zu erinnern, ob er dieses Gesicht schon einmal in der Gegend gesehen hat, aber ihm fallen keine solchen Gelegenheiten ein.
Er wendet sich dem zweiten Foto auf der Kommode zu. Zuerst denkt er, dass es eine lächelnde Mary neben einer ihr ähnelnden jüngeren Frau zeigt – ähnlich genug für eine Tochter. Dann jedoch sieht er genauer hin und stellt fest, dass Mary die Tochter auf dem Bild ist. Zum Zeitpunkt der Aufnahme muss sie Anfang zwanzig gewesen sein. Die Mutter sieht bei näherer Betrachtung viel älter aus – mindestens wie sechzig.
Cody fragt sich, warum Mary kein aktuelleres Foto von ihnen beiden aufgestellt hat. Ist ihre Mutter verstorben? Wenn nicht, muss sie mittlerweile wohl über achtzig sein. Die Nachricht über den tragischen Tod ihrer Tochter könnte der Frau das Herz brechen.
Er geht einen Schritt zurück und betrachtet noch einmal das erste Foto. Dabei geht ihm durch den Kopf: Wer bist du, Mary Cowper?
Du bist zutiefst religiös. Du liebst Tiere. Du spendest Geld für wohltätige Zwecke. Du bäckst Kuchen für deinen Nachbarn. Du hältst dein Zuhause tadellos in Schuss. Du besuchst regelmäßig den Gottesdienst. Du liebst deine Mutter. Du bist gebildet. Du siehst dir Schund weder an noch liest du ihn. Du übst den hehren Beruf einer Lehrerin aus.
Und doch zeugt die Gewalt, die dein Leben beendet hat, von einem so ausgeprägten Hass, wie er mir noch kaum untergekommen ist.
Bist du zu gut, um wahr zu sein, Mary?
4
Cody geht zu Fuß nach Hause. Sein Auto steht immer noch beim Revier in der Stanley Road, aber er hält es für sinnlos, dorthin zu fahren, nur um damit hierher zurückzukehren. Er wird sich morgen ein Taxi zur Arbeit nehmen.
Der Schnee fällt nicht mehr so üppig, knirscht aber immer noch unter den Füßen. Die Rodney Street liegt gespenstisch still da. Wie erstarrt in einem vergangenen Jahrhundert. Man kann sich die Nacht mühelos als georgianischen Weihnachtsabend oder als etwas direkt aus der Feder von Dickens vorstellen. Mit großen Kränzen an jeder der glänzenden Türen. Und drinnen wohlhabende Eltern, die sich einen Schlummertrunk genehmigen, während sie freudig die Socken ihrer Kinder füllen und sich auf die Festlichkeiten und das hemmungslose Schlemmen am nächsten Tag vorbereiten.
Dann erreicht Cody sein eigenes Gebäude, seine eigene Tür. Er starrt auf den Messingklopfer und sieht, wie er zum zornigen, verzweifelnden Gesicht von Jacob Marleys Geist aus Dickens’ Weihnachtsgeschichte mutiert. In Codys Kopf verklingen die Weihnachtsgesänge, und ein klägliches Stöhnen setzt ein. Mit bleischwerem Herzen holt er seinen Schlüssel heraus und schließt auf.
Drinnen lauscht er dem Flüstern, dem Knarren und den leisen Krabbelgeräuschen des Gebäudes und seiner unsichtbaren Bewohner. Dabei fragt er sich, wie viel davon real ist und wie viel sich sein verkorkstes Gehirn einbildet.
Denn ja, um seinen Verstand ist es nicht so gut bestellt, wie es sein sollte. Er hat Probleme und sich damit abgefunden. Aber jetzt besteht Hoffnung. Ein Licht am Ende des langen, die Vernunft beeinträchtigenden Tunnels.
Er bewegt sich durch den Flur. Vorbei an den Türen zum Empfangsbereich der Zahnarztpraxis und zu den Behandlungsräumen. Im Augenblick sind sie alle geschlossen. Fest verriegelt. Die Türen verbergen die Folterinstrumente, die Erinnerungen an Schmerz und Fäulnis. Aber die Gerüche halten sich in der Luft. Die übelkeitserregenden Gerüche von Desinfektionsmittel, die man immer mit medizinischen Einrichtungen assoziiert.
Am Fuß der Treppe hält er wie so oft inne. Er überlegt, ob er bis zum Ende des Flurs zu der Tür hinter der Treppe gehen soll. Der Tür, die er am meisten fürchtet. Sie führt hinunter in den Keller. Nachts ist sie immer abgeschlossen, und er kann sich nicht erklären, warum sie solche Angst in ihm auslöst. Tut sie aber. Manchmal hält er ein Ohr ans Holz und lauscht darauf, was auf der anderen Seite lauern könnte. Und manchmal ist er überzeugt davon, etwas zu hören. Ein Kratzen und Stöhnen und womöglich sogar Gemurmel. Er redet sich dann ein, dass es Mäuse sind oder der Heizkessel oder der Wind, der durch die Gitter hereinweht. Aber er ist nie ganz davon überzeugt.
An diesem Abend entscheidet er sich gegen diese besondere Form der Selbstgeißelung und steigt direkt die Treppe hinauf. An der ersten Wende blickt er durch das gardinenlose Fenster hinaus. Der Schnee im ummauerten Hinterhof ist makellos, unberührt.
Außer ... Sind das Fußabdrücke? Die zur Hoftür führen? Nein. Unmöglich. Nur eine Tücke des Lichts.
Im ersten Stock geht er an weiteren verschlossenen Türen vorbei, die zu verlassenen Behandlungsräumen führen, dann bleibt er vor seiner eigenen Tür stehen. Auf dem schwach beleuchteten Treppenabsatz kramt er den Schlüssel heraus. Beim Aufschließen klappert die Tür. Das Geräusch erinnert ihn an die Ketten eines der anderen Geister, die Ebenezer Scrooge in der Weihnachtsgeschichte heimsuchen.
»Pah, Humbug«, murmelt er bei sich, dann lächelt er und zieht die Tür auf. Die Angeln quietschen protestierend.
Cody schließt hinter sich ab. Er steigt eine weitere Treppe zu seiner Wohnung im obersten Stockwerk hinauf. Sofort fühlt er sich entspannter. Abgeschottet von der Welt draußen. Er kann er selbst sein, mit allem Guten und Schlechten, was damit einhergeht.
Es ist spät. Er ist erschöpft und braucht Schlaf. Aber er weiß auch, dass sich ihm der Schlaf noch eine Weile entziehen wird. Sein Kopf ist zu voll.
Zum einen hat der aktuelle Fall den analytischen Teil seines Hirns gepackt und weigert sich, ihn loszulassen. Mary Cowper schwebt darin herum wie Mary Poppins, die mit dem Wind treibt, während sie ihren Schirm umklammert. War sie wirklich ein so frommer Ausbund an Gutmütigkeit? Oder hatte die Frau auch eine dunklere Seite, die es noch zu entdecken gilt?
Cody kommt der Gedanke, dass gutgemeinter religiöser Eifer oft nur einen Steinwurf von seiner Kehrseite entfernt ist. Als er sein Wohnzimmer betritt, geht er zu einem von mehreren gut bestückten Bücherregalen. Sein Blick wandert über seine eigene Auswahl von Titeln mit religiösem Bezug. Dabei stellt er fest, wie sehr sie sich von jenen Marys unterscheiden. Während ihre von Licht und Optimismus und Freude über die Entdeckung Gottes geprägt sind, haben die meisten seiner Bücher einen hinterfragenden, verurteilenden, verächtlichen und düsteren Hintergrund.
Er nimmt sein Exemplar von Dantes Göttliche Komödie heraus, blättert durch die Seiten und fragt sich dabei, was Mary wohl davon gehalten hätte. Wie hätte sie auf die Seelen der Ungetauften reagiert, die auf ewig von Wespen gestochen werden, während sich Maden und andere widerliche Insekten am Cocktail aus ihrem Blut und ihren Tränen laben? Oder auf die Vielfraße, dazu verdammt, sich für immer im ekligen, eisigen Schlamm zu winden?
Cody schaut aus dem Fenster und beobachtet den vorbeiwehenden Schnee. Er stellt sich vor, wie er in den dunklen Tunnel schwebt, in dem sich Marys Leiche verbirgt. Stellt sich vor, wie Ströme von Blut aus ihrer Gruft fließen und den weißen Teppich davor zu einem rosa Matsch schmelzen.
Warst du gefräßig, Mary? Hast du vielleicht eine andere Todsünde begangen? Er stellt das Buch zurück an seinen Platz im Regal. Es ist lange her, dass er darin gelesen hat, aber ein Zitat ist hängen geblieben.
Lasst, die Ihr eintretet, alle Hoffnung fahren.
Die anglikanische Kathedrale steht an einem Ende der Hope Street.
Der Straße der Hoffnung.
Keine Hoffnung für dich, Mary. Nicht mehr.
Cody lässt sich aufs Sofa plumpsen und versucht, sich auf andere Dinge zu konzentrieren, um sich zu entspannen.
Megan Webley hält Einzug in seine Gedanken. Was nicht gerade dabei hilft, ihn zu beruhigen.
Seit sie im Team ist, haben sie einen Fall zusammen bearbeitet. Einen. Und doch schienen sich in dem kurzen Zeitraum die Ereignisse eines ganzen Lebens abgespielt zu haben. Es war nicht hilfreich, dass sie eine Vorgeschichte hatten. Vor langer, langer Zeit sind sie ein Paar gewesen. Das lässt sich nicht so ohne Weiteres vergessen, auch wenn beide seither andere Beziehungen gehabt haben.
Und morgen kommt Webley zurück.
Das wird nicht einfach. Tatsächlich wird es verdammt schwierig.
Warum musste es ausgerechnet Webley sein?
Und warum musste er es ihr sagen?
Er hat sie eingeweiht. In seine Probleme. Obwohl sie von selbst bemerkt hat, was mit ihm los war. Als sie beim Major Incident Team aufgetaucht ist, trat er gerade in seine schlimmste Phase aller Zeiten ein. Sie konnte beobachten, wie er sich vor ihren Augen auflöste.
Und dennoch ...
Niemand anderem gegenüber hätte er ein Wort darüber verloren. Nur seine ehemalige Verlobte Devon weiß, wie schlecht es ihm geht. Er hätte sich weigern können, Megan etwas zu erzählen.
Aber er hat sie eingeweiht. Hat ihr alles über die Clowns erzählt, die seinen Körper verstümmelt und seinen Verstand gebrochen haben.
Nicht Clowns im Sinne von tollpatschigen Trotteln. Clowns im Sinne von furchterregenden Verbrechern mit bleichen Gesichtern und einem irren Grinsen. Vier sind es gewesen. Ein Anführer, den Cody auf den Namen Waldo getauft hat, und seine drei Hilfsclowns.
Er hat Megan erzählt, was sie ihm damals angetan haben, als er noch verdeckter Ermittler war und ein Einsatz in die Hose gegangen ist. Er hat ihr erzählt, wie die Clowns ihn an einen Stuhl gefesselt, ihm die Schuhe und die Socken ausgezogen haben und ...
Ja, sag es, Cody. Denk es. Sie haben eine Gartenschere benutzt, um dir die zwei kleinsten Zehen von jedem Fuß abzuschneiden, nicht wahr? Du spürst die Höllenqualen noch immer, stimmt’s? Du hörst noch immer das Knirschen deiner Knochen und deine Schreie, die durch die Lagerhalle gellen.
Und du erinnerst dich auch daran, was danach passiert ist, oder? Auch das hast du Megan erzählt. Du hast ihr erzählt, was die Clowns mit deinem Partner gemacht haben. Du hast ihr erzählt, wie sie sich als Nächstes ihm zugewandt haben. Hast ihr davon erzählt, wie sie ...
Sag es. SAG ES!
Sein Gesicht! Okay? Sie haben ihm das verdammte Gesicht abgeschnitten!
Cody springt vom Sofa auf. Er wischt sich Schweißperlen von der Stirn.
Manchmal überkommt es ihn auf diese Weise. In der Regel dann, wenn er am wenigsten damit rechnet. Oder nachts, wenn er verzweifelt versucht, Zuflucht im süßen Vergessen des Schlafs zu finden.
Und das ist das wahre Geheimnis, das er Megan verraten hat. Die Fakten über seine Folterung und den Tod seines Partners sind dokumentiert. DCI Blunt weiß alles über die Ereignisse jener Nacht.
Aber die Zusatzinformation, die er Webley verraten hat, ist die, dass er immer noch in jenem Albtraum lebt. Er hört immer noch die Schreie, sieht immer noch die Clownsgesichter, riecht immer noch den Gestank von Blut in der Luft.
Manchmal wird es so schlimm, dass er einfach ausrastet. Dann verliert er die Kontrolle. Schlägt um sich. Webley hat diese Seite von ihm erlebt. Sie weiß, was er durchmacht.
Aber in letzter Zeit ist es besser geworden. Viel besser. Zwar schläft er immer noch nicht gut, aber seit jenem letzten Fall mit Webley hat er bei der Arbeit keinen Zusammenbruch mehr erlitten. Bei manchen Gelegenheiten ist es knapp gewesen – zuletzt beim Anblick von Mary Cowpers zertrümmertem Gesicht. Aber es ist ihm jedes Mal gelungen, sich zusammenzureißen.
Cody glaubt, dass es teilweise dem Eingeständnis seines Leidens gegenüber Webley geschuldet ist. Ehre, wem Ehre gebührt. Sie hat seine Klagemauer verkörpert, seine Amateurpsychotherapeutin. Natürlich würde er nie mit einem echten Psychiater reden. In seiner geistigen Verfassung würde ihm die Polizei nicht gestatten, weiter seiner derzeitigen Arbeit nachzugehen.
Aber es hat sich gut angefühlt, es Webley zu erzählen. Das hast ihm eine große Last von den Schultern genommen. Er ist sich nicht sicher, ob es richtig war – es könnte immer noch schrecklich schiefgehen. Aber vorläufig ist er dankbar dafür, wie sie ihm geholfen hat, sich den Verstand zu bewahren.
Allerdings ist das nur ein Teil.
Es ist noch etwas passiert. Etwas völlig Unerwartetes. Was es bedeutet, weiß er nach wie vor nicht, aber er klammert sich daran wie ein Affenbaby an seine Mutter.
Der Anruf.
Er erhält seit mittlerweile Monaten mysteriöse Anrufe. In der Regel mitten in der Nacht. Ohne Anruferkennung. Sogar ohne Stimme. In der Leitung herrscht nur Schweigen.
Manchmal spricht Cody mit dem unbekannten Anrufer, stellt eine Frage oder scherzt. Manchmal speit er unflätige Beschimpfungen in die Leitung.
Und dann kam der eine Anruf, der anders war als alle anderen. Der Anruf, bei dem eine Stimme zu hören war – Codys eigene. Cody, wie er schreit und fleht und weint, während sein Partner und er an jenem Tag damals gefoltert wurden, dem Tag, der sich unauslöschlich in sein Gedächtnis gebrannt hat.
Was bedeutet, dass jemand die ganze Sache aufgezeichnet hat.
Das wiederum lässt darauf schließen, dass der anonyme Anrufer damals vor Ort war oder die Person kennt, von der die Aufzeichnung stammt.
Der Anrufer weiß etwas. Wahrscheinlich sogar eine ganze Menge. Und das wird Cody nun offenbart.
Warum?
Die Frage stellt er sich seit zwei Monaten. Warum deckt der Anrufer seine Karten auf? Was will er damit beweisen? Und was hatte es mit den ganzen stummen Anrufen davor auf sich?
Manchmal denkt Cody, dass er es sich eingebildet hat. Nicht die stummen Anrufe – davon hat er genug erhalten, um zu wissen, dass sie echt waren. Aber ihm ist bewusst, dass sein Verstand durchaus in der Lage ist, ihm Streiche zu spielen. Die bittere Erfahrung hat er schon gemacht. Was, wenn dieser letzte Anruf nur ein Hirngespinst war?
Cody schüttelt den Kopf, verwirft den Gedanken. Es war echt, sagt er sich. Ich hab es gehört. Das hätte ich mir nicht eingebildet.
Daran muss er festhalten. Bei seinem Seelenstriptease für Webley hat er ihr auch von seiner Überzeugung erzählt, dass nur eins seinen Seelenqualen ein Ende bereiten könnte: die Ergreifung der Bande, die ihn gefoltert hatte. Nur Gerechtigkeit würde ihm einen Abschluss verschaffen.
Daran glaubt er immer noch. Und der Anruf hat ihm Hoffnung geschenkt. Er lässt darauf schließen, dass der Zirkus wieder in der Stadt ist – und damit in Reichweite des langen Arms von Codys Gesetz.
Das Problem ist nur, dass er seither keinen weiteren schrägen Anruf erhalten hat. Nicht mal einen jener stummen. Allmählich beschleicht ihn die Sorge, dass es keine Anrufe mehr geben wird – dass seine Schreie, die er sich anhören musste, ein Abschiedsgruß gewesen sind.
Das kann er nicht akzeptieren. Ihm die Hoffnung zu nehmen, wäre eine unerträgliche Ergänzung des Leids, das er bereits ertragen hat.
Und dann fällt Cody wieder das Zitat ein.
Lasst alle Hoffnung fahren ...
Als es passiert, liegt er im Bett und denkt über Religion und ihren Einfluss auf die Menschen nach. Darüber, dass sich die Menschen vormachen, ihre Gebete würden erhört, obwohl nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein könnte.
Erst später, als er daran zurückdenkt, erfasst ihn die Ironie mit voller Wucht.
Das Telefon klingelt.
Es ist mitten in der Nacht. Eine Zeit, zu der ihn nur eine einzige Person je anruft.
Nun ja, außer bei einem dienstlichen Notruf von einem seiner Vorgesetzten bei der Polizei.
Das wird es sein, sagt er sich. Ein weiterer Mord. Oder ein bedeutender Durchbruch im aktuellen Fall. Etwas viel Banaleres als meine geistige Gesundheit.
Wenn das so ist, warum gehe ich dann nicht ran?
Cody starrt weiter auf das Telefon auf seinem Nachttisch, redet sich weiter ein, dass es ein dienstlicher Anruf ist. Als wolle er sich keine Hoffnungen machen, aus Angst, sie könnten enttäuscht werden.
Schließlich schnappt er sich das Telefon doch. Und stellt fest, dass keine Anruferkennung mitgesendet wird.
Plötzlich hämmert sein Herz wild gegen den Brustkorb. Als wolle es sagen: Jetzt geh schon endlich ans verdammte Telefon!
Cody blickt auf die Rufannahme, hebt sich das Telefon ans Ohr. Stille. Herrliche Stille. Tausend Worte, tausend Lieder liegen in dieser erhabenen Leere.
Er ist es, denkt Cody. Er ist zurück.
Als der Anruf endet und Cody das Telefon auflegt, flüstert er einen Dank in die Dunkelheit, und eine Träne kullert ihm über die Wange.
Dann schläft er endlich ein.
5
Sonntagmorgen, und die Glocken läuten.
Oder so erscheint es zumindest. Es geht zu wie auf einer Party. Alle umarmen und küssen sich, lächeln und lachen. Fehlen nur noch Musik, Konfetti und Sekt.
Megan sieht gut aus. Voller Leben. Kaum zu glauben, dass besagtes Leben beinah ausgelöscht worden ist.
Cody beobachtet die Feierlichkeiten von seinem Schreibtisch aus, bis er sich schuldig fühlt, weil er auf Abstand bleibt. Er erhebt er sich von seinem Stuhl. Geht hinüber und stellt sich ruhig an den Rand der kleinen Menschenmenge. Wartet darauf, dass sich ihr Blick auf ihn richtet.
Als sie ihn sieht, fällt ihm auf, dass ihr Lächeln ein wenig verwelkt.
Er
Verlag: ATG books
Texte: David Jackson
Bildmaterialien: Audio-To-Go unter Verwendung eines Motivs von Tama66 / pixabay
Cover: Audio-To-Go
Lektorat: Ulrike Gerster
Übersetzung: Michael Krug
Satz: Audio-To-Go
Tag der Veröffentlichung: 19.11.2021
ISBN: 978-3-96519-047-4
Alle Rechte vorbehalten