Weihnachten
"Weihnachten. Die Zeit der Liebe und des Friedens. Die Menschen kommen zusammen, um gemeinsam zu feiern, Lieder zu singen, sich zu beschenken. Doch im Vordergrund steht das harmonische Beisammen sein von Familie und Freunden. Es ist, wie es in vielen Liedern und Geschichten heißt, die stillste Zeit im Jahr.
Naja es sollte wohl so sein ...
Die Wirklichkeit sieht anders aus.
In den Straßen drängen sich Autos und Menschen, keiner nimmt Rücksicht auf den anderen. Läden sind restlos überfüllt, und Geschenke haben für viele längst nur mehr den Wert von Statussymbolen.
Und während alle Geld für Geschenke, die eh keiner braucht, verschleudern, vergessen die Menschen, dass es andere gibt, die das Geld viel nötiger brauchen würden. Es gibt leider immer mehr Menschen, die kaum genug zum Leben besitzen. Gerade zu Weihnachten sollte doch Nächstenliebe im Vordergrund stehen, doch immer mehr Menschen vergessen das. Sie können, oder wollen einfach nicht sehen, dass es anderen schlechter geht als ihnen selbst."
"Was machst du denn da, Mika?", rief die Mutter ihr ungeduldig zu,"Hilf mir bitte mit den Keksen!"
"Ich komme schon"
Mika ist 18 Jahre alt. Sie lebt in Österreich. Ihre Mutter ist Österreicherin, ihr Vater stammt aus Japan, hat aber die einheimische Kultur ihrer Mutter zu liebe übernommen. Mika ist das älteste von 4 Kindern. Ihre Schwester Maria ist 11, ihr Bruder Teru ist 16 und ...
"Hiro! Lass das, das ist nicht zum Essen! Mika bitte!"
"Ja Mama"
Hiroshi, der Jüngste, ist 4, und hält grundsätzlich alles für essbar, bis man ihn vom Gegenteil überzeugt. Jedenfalls wenn es seiner Meinung nach gut riecht und gut aussieht. Meist erwischt er dann auch essbare Sachen...
Mika lief in die Küche, ihre schwarzen glatten Haare hingen locker über ihre Schultern und sie bekam gerade noch ihren kleinen Bruder zu fassen, der sich mit der Schüssel, in der sich der Keksteig befand, aus dem Staub machen wollte.
"Hab dich", sagte sie und grinste ihn an, der Kleine begann zu lachen,"Na komm, gib mir bitte die Schüssel, ja?"
Nach einigem Zögern tat er worum sie ihn gebeten hatte, dann verschwand er lachend is Wohnzimmer...
"Viele Menschen vergessen, dass es andere gibt, denen es schlecht geht. Sie sehen nur sich selbst, ihren eigenen Stress, der in der ruhigen Zeit am schlimmsten ist. Sie denken einfach nicht daran. Nicht, weil sie schlechte Menschen sind, die von Habgier, oder gar Herzlosigkeit getrieben werden. Vielmehr ist es Kopflosigkeit. Sie sind mit den Gedanken ganz wo anders. Es ist aus ihrem Blickfeld gerutscht, und sie sind nicht in der Lage, etwas anderes als ihre eigene momentane Lage zu sehen.
Leider ist es oft aber tatsächlich so, dass Menschen, die mehr als genug haben, zu geizig sind, um mit anderen zu teilen, während andere, die selbst gerade leben können, das Bedürfnis haben, zu helfen..."
"Mika ... kannst du mir mit dem Baum helfen? Teru sitzt schon wieder in seinem Zimmer und kommt nicht raus", sagte Maria und sah ihre Schwester mit ihren großen blauen Augen an.
Wie schöne Augen sie hat, dachte Maria immer wieder. Ihre eigenen waren grau.
"Komm", sagte sie und zog Mika hinter sich her. Maria trug wie so oft um diese Jahreszeit ein rotes Kleidchen mit weißen Rüschen, ihre dunkelbraunen Haare hatte sie zu zwei Zöpfen geflochten, die bei jedem Schritt von einer Seite auf die andere schwangen. Vor der schönen, aber nicht sehr großen Tanne blieben die Schwestern stehen.
Mika hatte gar nicht gemerkt, wann sie aufgestellt worden war ...
"Papa hat ihn gestern aufgestellt, als du schon geschlafen hast", erklärte die Kleine lächelnd und drückte Mika den Stern in die Hand,"Kannst du ihn an die Spitze stecken? Ich komme nicht ran ..."
Lächelnd nahm sie ihr den Stern ab und steckte ihn auf den Baum. Für sie war es gar kein Problem. Maria lächelte zufrieden, dann begannen sie den Baum zu schmücken.
"Aber was macht Weihnachten denn nun wirklich aus? Die Geschenke? Der Baum? ... Nein ... Die Kirche? Auf keinen Fall ... naja irgendwie ... Weihnachten ist das Fest der Liebe. Das Fest, an dem alle Menschen Brüder und Schwestern sind, und keiner alleine sein sollte ... Natürlich gründet das alles auf dem Mythos der Geburt von Jesus Christus, doch wenn man sich diese Geschichte genau ansieht, geht es nicht darum, das zu feiern. Es geht viel mehr darum, die Botschaft, die dahinter steht zu feiern. Die Botschaft, dass die Menschen einander lieben und achten sollen, und das es keinen Menschen gibt, der wertlos ist, egal woher er kommt, oder was er macht. Jeder Mensch ist wertvoll und sollte geliebt werden..."
"Mann Mika, was machst du da?"
Oh Weihnachtswunder, Teru hatte sein Zimmer verlassen und sah seiner Schwester über die Schulter. Sie fragte sie immer wieder, wie er überhaupt etwas sehen konnte, denn seine schwarzen Haare, in die er grüne Strähnen gefärbt hatte hingen ihm immer mitten ins Gesicht und verdeckten seine Augen. Sie waren grau, wie Mikas. Er trug nur schwarze Sachen, die seine schlanke Figur betonten, manchmal mit grünem oder rotem Muster oder einem Bild darauf.
"Ich schreibe. Was dagegen?", fragte sie und grinste ihn an, den Kopf zu ihm drehend.
"Nö ... frag mich nur, was du da immer schreibst", meinte er, ehe er sich umdrehte und den Baum begutachtete. Er schaute eine Weile, dann legte er den Kopf schief.
"Der is viel zu bunt", murrte er, wofür er von Maria einen vernichtenden Blick kassierte,"Was denn, stimmt doch ... all die Farben ... is doch nur Weihnachten. Warum feiern wir das eigentlich? Wir sind doch nicht mal katholisch!"
"Wir feiern es, weil es das Fest der Liebe ist. Und der Familie. Weil wir da alle zusammen sind und leckere Sachen essen und es Geschenke gibt", sagte Maria und hängte noch eine glitzernde Girlande um den Baum,"Und weil Mama und Papa das Fest so gern mögen"
Teru schnaubte nur, dann verzog er sich wieder wer weiß wohin.
"Mika ... warum ist unseren Eltern Weihnachten so wichtig?", fragte Maria und sah ihre Schwester wieder mit großen Augen an.
Mika musste kurz überlegen.
"Naja weißt du ... das weiß ich nicht genau ... frag doch Papa wenn er nach Hause kommt. Mama ist zu beschäftigt um jetzt zu reden glaube ich ..."
Aus der Küche hörte man klirren, gefolgt von leisem Fluchen. Maria kicherte und begann Süßigkeiten an den Baum zu hängen.
"Das Fest der Liebe wird in allen Ländern anders gefeiert, aber viele Länder haben mittlerweile die Amerikanischen Traditionen übernommen. Die Dekoration, die Lichter, die glitzernden Dinge, von denen einem ganz schwindelig wird.
In manchen Ländern wird Weihnachten gefeiert, obwohl es nicht einmal ein Feiertag ist, und die Menschen arbeiten müssen. Es ist hauptsächlich ein Fest für die Kinder, die Geschenke bekommen. Leider ist es aber Tatsache, dass es immer mehr zu einem Wirtschaftlichen Feiertag wird, denn wann sonst wird derartig viel eingekauft? Hauptsächlich ist es Schrott, den man nur kauft, um jemanden, den man vielleicht kaum kenn, oder kaum leiden kann, etwas zu schenken. Warum? Weil es einfach zum guten Ton gehört, vor allem in Ländern wie den USA ..."
"Mika bist du gerade beschäftigt?"
Mika seufze leise.
"Nein Mama", sagte sie und ging in die Küche,"Kann ich dir helfen?"
"Ja bitte ... da hinten liegt ein Rezept, kannst du den Teig vorbereiten? Ich muss die Kekse glasieren ..."
"Sicher", antwortete sie und machte sich an die Arbeit. Backen konnte Mika gut. Kochen ... eher nicht, aber backen machte ihr großen Spaß. Als sie eine Schüssel suchte, entdeckte sie Maria, die auf einem Sessel beim Küchentisch saß und beinahe andächtig in einer Schüssel einen Teig knetete. Mika grinste, doch bereits einige Minuten später saß sie neben ihrer Schwester und knetete ebenfalls.
"Was ist das denn für ein Irrenhaus?", fragte Teru, der sich eigentlich nur etwas zu trinken hatte holen wollen.
"Ah Teru, gut dass du da bist", sagte die Mutter und ehe er wusste wie ihm geschah hatte sie ihm eine Schürze umgebunden und ihn zu den Mädchen an den Tisch gesetzt. Bald darauf fand er sich beim Kekse ausstechen wieder. Erst protestierte er, doch dann machte er es sehr sorgfältig, und keiner außer ihm durfte den Teig mehr anfassen ...
"Warum eigentlich Geschenke zu Weihnachten? Zu Weihnachten feiern die Christen den Geburtstag von Jesus Christus. In der Geschichte von dieser Nacht, der so genannten heiligen Nacht, kamen 3 Könige aus fernen Ländern und brachten dem kleinen Jesus Geschenke : Gold, Weihrauch und Myrrhe. Das ist ein möglicher Grund, der andere ist die Ansicht, das das Kind ein Geschenk Gottes an die Menschen ist, weil er sie liebt. Die meisten denken nicht mehr über das Warum nach, sie nehmen es einfach hin. An Weihnachten beschenkt man Menschen die man liebt.
Für die kleinen Kinder kommt das Christkind, in amerikanisierten Familien der Santa Clause, hier Weihnachtsmann genannt. Weitere Mythen , die sich um Weihnachten ranken. Das Christkind ist hierbei nichts anderes als Jesus Christus, verstörend ist aber, dass das Christkind meist in einem Kleidchen und mit blonden Locken, also eher als Mädchen dargestellt wird. Der Santa Clause, was nichts anderes heißt als heiliger Nikolaus, ist eigentlich der, der zum Beispiel in Österreich am 6. Dezember gefeiert wird. Ein Bischof, der vor sehr langer Zeit Geschenke an Arme, vor allem aber an Kinder verteilte. Er repräsentiert die Großzügigkeit und Güte.
Zu Weihnachten gibt es viele Organisationen, die Spenden für arme, kranke, behinderte oder obdachlose Menschen, und auch für Tiere sammeln. Es gibt Menschen, die dafür auf der Straße Flugblätter verteilen, man bekommt Informationen und Spendenaufrufe per Post oder E-mail zugeschickt, wird auch durchaus auf der Straße angesprochen. Es gibt Anzeigen in Zeitungen, Werbungen und ganze Sendungen im Fernsehen, zum Beispiel für "Licht ins Dunkel", eine vom ORF unterstützte Aktion. Man kann auch in der Weihnachtszeit verstärkt Produkte erwerben, von deren Preis ein Teil an caritative Organisationen gespendet wird, zum Beispiel Kerzen, sogar Weihnachtsbäume. Und wer hatte noch nie "Licht ins Dunkel"-Streichhölzer zu hause, oder hat sie an der Kasse im Supermarkt betrachtet?
Es ist gut, dass es das gibt, denn durch diese Produkte helfen auch Menschen, die sonst nie spenden würden, weil es ihnen einfach zu kompliziert ist, oder sie glauben, wenn sie einmal spenden, müssten sie es immer wieder tun ..."
Es wurde langsam dunkel, obwohl es erst vier Uhr nachmittags war. Draußen hatte es zu schneien begonnen. Dicke Flocken die wie Wattebällchen aussahen fielen auf den ohnehin schon schneebedeckten Boden. Verträumt sah Mika zum Fenster hinaus und beobachtete sie durch das leicht vereiste Fenster. In der Küche wurde die Mutter unruhig. Die Kekse waren fertig, aber nun war das essen dran, und Teru hatte sich wieder verzogen. Aus seinem Zimmer drang laute Musik. Mika störte das nicht, die Musik war schön. Sie hatten einen sehr ähnlichen Geschmack: beide zogen sie japanische Songs den englischen, oder gar deutschen Songs vor. Es gefiel ihnen einfach besser. Vor allem wenn ein Sänger so eine schöne Stimme hatte wie der, der gerade sang ... unbewusst begann sie leise mitzusummen.
"Mika sagst du Teru bitte er soll das leiser machen? Maria und ich würden gerne Weihnachsmusik aufdrehen"
Die Mutter kam aus der Küche und stellte eine Schüssel mit Keksen die herrlich dufteten auf den Tisch. Sie lächelte Mika lieb an.
"Alles okay mit dir? Du schaust so traurig", meinte sie lieb.
"Alles okay. Ich hab nur nachgedacht"
Mika stand auf, umarmte ihre Mutter und ging dann die Treppen nach oben und klopfte an die Tür ihres Bruders.
"Nicht stören!", rief er nur,"Ich versuche die Akkorde raus zu hören!"
"Mama möchte, dass du etwas leiser drehst bitte", rief sie gegen die schöne Stimme des Sängers.
Sofort wurde die Musik etwas leiser.
"Danke Teru"
"Whatever ..."
Mika ging wieder nach unten, wo ihr schon "Last Christmas" entgegen kam. Sie grinste.
"Sich über Weihnachten Gedanken machen ist eine Sache, sich die Gedanken hinterher auch zu Herzen zu nehmen eine andere. Ich für meinen Teil habe meinen Vorrat an Teelichtern um Zehn Packungen aufgestockt, das heißt 5 Euro für "Licht ins Dunkel", mehr kann ich mir zur Zeit nicht leisten. Aber es ist wichtig, wenigstens ein wenig zu helfen. Oft reicht es auch schon eine Packung zu kaufen. Es hilft den Menschen schon, wenn man ihnen zeigt, dass sie nicht alleine sind. Das es jemanden gibt, der nicht zu geizig ist, ihnen zu helfen. Meist sind es kleine Gesten, die von Herzen kommen, die die größte Freude machen, vor allem dann, wenn ein Mensch sich in der Überzeugung, nicht geliebt zu werden, verrannt hat, und nicht mehr allein heraus kommt. Jeder sollte so gut helfen wie er kann, denn man will doch auch dass einem andere helfen, wenn man selbst einmal in eine Notlage geraten sollte, oder? Wer, wenn er Angst hat, sich allein und hilflos fühlt, wünscht sich nicht eine Hand, einen Menschen der ihm beisteht? Was ist das für eine Welt, in der einer dem anderen nicht hilft? Keine Schöne, keine, in der man gerne leben will ..."
Mika blickt auf, als die Tür aufgeht. Jemand kam herein, in beiden Händen schwer aussehende Taschen, aus dem völlig eingeschneiten Gesicht glänzten zwei blaue Augen.
"Das Christkind!", rief Hiro, als er die fast völlig weiße Gestalt mit den schweren Taschen sah.
"Papa?!", fragte Teru, der gerade die Treppen herunter kam.
Mika lachte nur, nahm die Taschen und stellte sie zur Seite, während Maria begann ihn von dem Schnee zu befreien.
Ja ... das war eindeutig ihr Vater. Der, der immer zu Fuß einkaufen ging, weil es ja nicht so weit war, und für die Umwelt besser. Mit Schnee hatte er nicht gerechnet, darum hatte er so lang gebraucht.
Kaum war der Großteil des Schnees weg, war er schon bei den Einkäufen. Er hatte eine Figur wie Teru, und Mika fragte sich immer wieder, wie jemand, der so dünn war, so stark sein konnte. Sie selbst war etwas molliger, wie ihre Mutter. "Baby-Speck" nannten sie es.
Ein begeistertes Lächeln lag auf dem jungen Gesicht ihres Vaters, als er verschiedenste Dinge aus den Taschen holte. Marias Augen leuchteten genau wie seine. Blau, klar und unschuldig.
Nach einer Weile hatte er alles was er gesucht hatte.
"Helft ihr mir mit der Torte?", fragte er lieb. Auch er hatte eine angenehme Stimme, wie Mika fand. Leider sang er nicht oft ... nur zu Weihnachten, obwohl er sich vor allem bei den österreichischen Liedern schwer tat. Er sprach exakt nach der Schrift, wofür er manchmal belächelt wurde, doch es machte ihm nichts. Er fühlte sich wohl wo er war und wie er war. Mika beneidete ihren Vater um seine Selbstsicherheit.
"Aber was ist es wert, wenn man nur etwas spendet, um sich gut zu fühlen? Was ist das wert, wenn man trotzdem im Alltag an den Menschen vorbeigeht, denen es schlecht geht, und in deren unmittelbarer Nähe man sich befindet? Was ist es wert, wenn man gutes tut, nur um zu zeigen, was man nicht für ein guter Mensch ist, und damit angibt, wie viel man gespendet hat? Nichts, oder wenigstens nicht viel, wenn die Geste nicht von Herzen, sondern von der Selbstdarstellung kommt. Aber ... wenn es diese Menschen nicht gäbe, würde wohl viel weniger gespendet ... und es ginge den ärmeren vielleicht noch schlechter.
Es gibt viele Gründe, um anderen zu helfen, und viele Arten. Nicht alle sind gut. Wenn man nur hilft, weil man sich davon einen persönlichen Vorteil erhofft ist das ..."
"Mika aufwachen! Hör auf herumzukritzeln! Wir brauchen dich in der Küche", sagte Teru und nahm ihr den Stift weg.
"Hey lass das!"
"Wir brauchen deine Hilfe. Biiiiiiiiiitte Mika", sagte er und grinste.
Mika sah auf und konnte ihr Lachen gerade noch unterdrücken. Teru sah einfach zu niedlich aus! Er trug wieder eine Schürze, sie war rot und es war ein Rentier darauf abgebildet, und Schneeflocken. Die Haare die ihm sonst ins Gesicht hingen waren mit kleinen Spangen an seinem Kopf befestigt und er hatte Zucker auf der Nase.
Sie ging mit ihrem Bruder in die Küche. Es roch nach Essen. Sehr gut nach Essen ... Ihr lief das Wasser im Mund zusammen, als sie sich ansah was schon alles fertig war.
Bald waren alle Vorbereitungen getroffen. Mika und Maria deckten den Tisch. Bald schon klingelte es an der Tür.
"Ich mache auf", rief der Vater aus der Küche und war bald darauf bei der Tür. Er trug eine Schürze mit einem dicken lachenden Weihnachtsmann darauf.
Er öffnete die Tür.
Es war die Nachbarin mit ihren drei Kindern, Alex, Tom und Peter. Alex war in Mikas Alter, Tom war fünf und Peter war ein Jahr alt, fast. Ihr Mann war vor einem halben Jahr bei einem Unfall gestorben, und sie war seitdem nicht fähig zu arbeiten, ihre Beine machten nicht mehr wirklich mit, seit dem Unfall. Sie lebten irgendwie von der kläglichen Versicherung ihres Mannes, der Kinderbeihilfe für die Kleinen und ihrem Arbeitslosen Geld. Warum sie kein Schmerzensgeld bekam? Ihr Mann hatte den Unfall verursacht. Alkohol am Steuer ...
"Es freut mich sehr das ihr gekommen seid", sagte der Vater und machte eine Verbeugung, die übliche Begrüßung in Japan. Alex erwiderte die Geste, da seine Mutter nicht konnte. Er lächelte Mikas Vater freundlich an.
Sie kamen herein. Tom lief sofort zu Hiro, den er aus dem Kindergarten kannte, während Alex seine Mutter, die an diesem Tag im Rollstuhl sitzen musste, hinein schob. Sie hielt den Kleinen lieb in den Armen und sah dankbar zu Mikas Vater.
Er hatte sie eingeladen. Er wusste genau, dass sie sich weder einen Baum, noch Geschenke leisten konnte. Darum hatte er das für sie übernommen.
Nachdem er seine Mutter zum Tisch geschoben hatte, von wo aus sie den glänzenden Baum glücklich betrachtete, ging Alex zu Mika, die ihm lächelnd den Text zeigte, den sie geschrieben hatte.
"Er ist fast fertig", sagte sie.
"Wie wärs mit: 'Mein eigener Vater ist das beste Beispiel für einen großzügigen Menschen. Er lädt sogar unsere Nachbarin ein, die im Rollstuhl sitzt, obwohl er genau weiß, dass ihr ältester Sohn etwas von mir will. Ende' ", schlug er grinsend vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
"Wenn man nur hilft, weil man sich davon einen persönlichen Vorteil erhofft ist das im Grunde nicht viel besser als gar nichts zu tun. Es ist wichtig, auch Menschen die man kennt, und deren Leid man fast täglich sieht, zu helfen. Wieder reichen schon kleine Gesten. Eine Einladung zum Essen, ein kleines Geschenk. Der wahre Geist von Weihnachten kommt erst im Umgang mit den Menschen zum Ausdruck ..."
"Mika?"
"Ja Papa?", sie drehte sich zu ihm um und lächelte in sein fröhliches Gesicht.
"Hilfst du mir mit den Geschenken, bitte? ... Oder habe ich dich gestört? Tut mir leid ..."
"Ist schon gut, ich helfe dir gerne", sagte sie, stand auf und nahm ihn bei der Hand. Er war groß, seine Finger waren lang und schlank, aber er war stark, kein Spaghetti. Sie konnte verstehen, warum sich ihre Mutter in ihn verliebt hatte ... Gut, er war nicht das, was man gemeinhin als Mann bezeichnen würde, aber er war so lieb ...
Bald waren alle Geschenke schön unter dem Baum plaziert. Erst als sie beide zufrieden waren ließen sie die Geschenke liegen und Mika setzte sich zum Tisch, während der Vater in die Küche ging, um beim Servieren des Essens zu helfen.
Alex, der neben Mika saß lächelte sie immer wieder an, was seiner Mutter etwas peinlich fand.
"Alex es ist Weihnachten, kannst du Mika bitte in Ruhe lassen? ... Mika du siehst so hübsch aus in dem Kleid", sagte sie lieb und lächelte.
War klar ... Mika war jetzt im Partner-Look mit ihrer Schwester unterwegs. Selbes Kleid, selbe Frisur. Hiro trug eine rote Samthose und ein weißes Hemdchen. Nur Teru war, wie immer, ganz in schwarz, schwarzes Hemd, schwarze Hose ... nur die Krawatte war rot, doch die Trug er nur, weil der Vater sie ihm umgebunden hatte, und er fast alles tun würde, worum sein Vater ihn bat.
"Danke", sagte sie und lächelte freundlich.
Das Essen schmeckte richtig gut. Alle waren bald satt und zufrieden, aus dem Radio kam leise Weihnachtsmusik.
Es wurde einstimmig beschlossen, den Kuchen nach dem Auspacken der Geschenke zu essen.
Die Kleinen stürzten sich bald auf die Geschenke. Naja Maria, Teru und Tom jedenfalls. Hiro war noch mit dem Essen beschäftigt. Auch Mika und Alex öffneten ihre Geschenke, während ihr Vater den beiden Frauen, die sich angeregt unterhielten ihre Geschenke brachte. Nach einer halben Ewigkeit waren alle Geschenke geöffnet, niemand war leer ausgegangen und alle waren glücklich. Die Nachbarin weinte vor Glück, als Mikas Vater ihr Geld schenkte, und einen mysteriösen Umschlag, deren Inhalt Mika nicht kannte. Doch sie beruhigte sich erst, nachdem sie Mikas Vater sicher 10 Minuten umarmt und sich immer wieder bedankt hatte. Mikas Mutter lächelte nur ohne etwas zu sagen.
"Geht doch spazieren", schlug Mikas Vater Mika und Alex vor, nachdem sie die Torte gegessen, und Hiro alle verbleibenden Erdbeeren genascht hatte.
Er lächelte. Alex lächelte. Mika verdrehte die Augen. Ihr Vater konnte Alex gut leiden, und sie wusste, was eine Verabredung an Heilig Abend in Japan bedeutete. Man verabredete sich mit jemanden, mit dem man, wenn auch nur für kurz, eine Beziehung wollte. Man ging essen, dann spazieren und dann ...
"Das ist eine schöne Idee. Magst du mit mir spazieren gehen, Mika?", fragte Alex und lächelte.
"Wenn man Menschen an Weihnachten hilft, werden sie das nie vergessen. Ich denke jedenfalls, dass sie das nie vergessen werden. Es liegt ein ganz besonderer Geist in der Luft, der alles besonders macht. Den Schnee, der auf den Bäumen glitzert, die Sterne am Himmel, die lieben Worte und Gesten die ausgetauscht werden. Freundschaften und Beziehungen fürs ganze Leben können an einem Weihnachtsabend entstehen, wenn Zauber in der Luft liegt. Wenn man bereit ist, das was man hat mit anderen zu teilen, denen es nicht so gut geht, wir man sehen, dass es einen glücklich macht, auch wenn es einem auf den ersten Blick nichts bringt. Die Freude der anderen, die man beschenkt, ist meist schon Dank und Belohnung genug."
Tag der Veröffentlichung: 18.12.2009
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