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Fernsehen ohne Ende

 

 

 

 

 

Fernsehen ohne Ende

 

Im März dieses Jahres lag ich einige Tage im Krankenhaus und neben dem Bett gab es einen Miniatur-Fernseher, der nur mit Brille anzusehen war, ohne Gefahr zu laufen, am nächsten Tag mit Kopfschmerzen aufzuwachen. Die Akustik dieses Gerätes war super, ich hörte immer, was der Nachbar sich ansah, während ich mein Programm kaum verstehen konnte. Zeit ist im Krankenhaus der einzig positive Aspekt, weil sie zu Genüge vorhanden ist. Und weil ich so viel Zeit hatte, begann ich nachzudenken. Ich stellte mir die Frage: warum muss ich mir dieses oder jenes Programm oder diese Sendung ansehen, wo doch jeder weiß, dass nach zwanzig Minuten Film wieder Werbung kommt, die sieben Minuten dauert. Oder warum schauen wir überhaupt, wenn bei einigen Sendern dem Zuschauer nur eine heile Welt vorgegaukelt wird. Ich glaube, manche Leute brauchen das, um sich abzulenken, anstatt nachzudenken. Ich hasse Fernsehen am Morgen und am Nachmittag, es durchschneidet den Tag oder den Tagesablauf, raubt dem Zuschauer Zeit, die er vielleicht anders nutzen könnte. Oder haben sie vergessen, dass es auch noch Radio gibt. Vor einigen Jahren ist Lottospielen und ähnliches als süchtig machend eingestuft worden. Vor kurzem wurde auch der Besuch von Solarien für Teenager als Suchtfaktor eingestuft und ihnen verboten. Vom Fernsehen liegt noch kein Risikofaktor vor, der es als Sucht bildend einstufen würde. Seit es Privatfernsehen gibt, seit ungefähr zwanzig Jahren, werden wir mit unzähligen, zum Teil gesundheitsschädlichen Reizen überschüttet. Das private Fernsehen hat seine eigenen Regeln. Da sie für ihre Sendungen keine Gebühren bekommen, überfüttern sie den Konsumenten mit Werbung und das in einer gesundheitsgefährdenden Lautstärke. Mit fatalen Folgen. In den letzten zwanzig Jahren ist die Zahl der Übergewichtigen drastisch angestiegen, von den Ehescheidungen ganz zu schweigen.

Als das Privatfernsehen eingeführt wurde, erhielten die Zuschauer Einblick in den amerikanischen Alltag, weil in den bedeutenden Sendern nur amerikanische Serien liefen, die alle im gleichen Schema aufgebaut waren. Eine Minute Dialog, Schnitt, andere Personen mit Dialog, Schnitt und so weiter. Später produzierten diese Sender Talkshows, auf jedem Sender drei oder vier nacheinander, mit wechselnden Themen und Talkmastern. Mittlerweile gibt es nur noch eine am frühen Nachmittag. In der Hauptsache geht es darin um Beziehungsprobleme, welche mit einem Lügendetektor geklärt werden. Manchmal auch um Dicke oder Dünne, Arbeitsunwillige und Streber. Ein Großteil dieser Talkshow geht es um das Problem, per Vaterschaftstest den richtigen Vater für das Kind zu finden, da scheinbar manche Frauen nicht mehr wissen, mit wem sie zur fraglichen Zeit geschlafen haben. Der Sender wirbt damit, den Frauen den Vaterschaftstest zu bezahlen und ich glaube, die Leute im Publikum bekommen auch Geld dafür, dass sie zuschauen. Seitdem schreibt der Sender rote Zahlen, weil scheinbar die Hälfte der Gesamtdeutschen Frauen nicht weiß, wer ihre Kinder gezeugt hat. Einige Zeit waren unrealistische Realityshows der große Renner im Nachmittagsprogramm der Sender, jeder der großen Privatsender brachte in der Regel zwei oder drei dieser Realityshows aus Gerichtssälen, natürlich mit anderen Rechtsanwälten und Richtern. Inzwischen haben zwei der Sender dieses Konzept aufgegeben und bringen stattdessen Realityshows, bei denen jeder Normalsterbliche den Kasten ausmacht, weil er das Gefühl bekommt, es gäbe in Deutschland nur Irre und solche, die es werden wollen. Nur besagter Sender mit der Talkshow bringt im Anschluss daran noch zwei Gerichtsshows mit Laiendarstellern und Dialogen, die man eigentlich nur als völlig verblödet bezeichnen kann. Manche Leute glauben sogar, dass es bei Gericht so dummdreist abläuft. Es soll auch Leute geben, die ihren ohnehin sinnentleerten Alltag so planen, dass sie keine Sendung verpassen.

Es gibt da noch eigene Kanäle für Kinder, bevor sie das nötige Alter für Computerspiele erreicht haben. Die Kinder werden sich selbst überlassen, sitzen brav vor dem Gerät und futtern Chips und anderes Zeugs in sich rein. Abends gibt es dann Pizza oder Spaghetti, weil das alles schnell fertig ist, damit Mutti mehr Zeit hat, ihre eigenen Programme zu gucken. Dafür wurden Geräte mit Fernbedienung erfunden, die es dem Konsumenten erlauben, sich möglichst wenig aus der bequemen Sitzhaltung zu entfernen. Wen wundert es, wenn wir bei der Pisa-Studie nicht so gut abgeschnitten haben und immer mehr übergewichtige Kinder vorweisen können. Und ich dachte immer, Fernsehen hätte einen Bildungsauftrag.

 

Zu Risiken und Nebenwirkungen

Zu Risiken und Nebenwirkungen…

Das Thema Fernsehen zum 2. Mal. Normalerweise sollte man sich, bevor man ein Fernsehgerät kauft, in ein Geschäft, das Fernsehgeräte verkauft, hineinsetzen und den ganzen Tag die Programme ansehen. Wer danach noch ein Fernsehgerät kauft, ist selbst schuld, es sei den, es gefällt ihm, was in den Programmen geboten wird. In den sogenannten Öffentlich-Rechtlichen Programmen Dokus und Reportagen, also gut gepflegte Langeweile, vermischt mit ein bisschen Ideologie zur Heimatliebe und ähnliches. In den meist gesehenen privaten Programmen wird entweder der Alltag irgendwelcher Problemfamilien mit Laiendarstellern nach gespielt oder die Probleme von Paaren werden in einer Talkshow vor Publikum ausgebreitet. Dazu ziehen die Betreiber einen Lügendetektortest zu Rate oder der männliche Teil eines Paares unterzieht sich einem Vaterschaftstest. Ein Lügendetektortest kostet in etwa 750,00 €, ein Vaterschaftstest ist schon für 179,00 € zu haben, wenn aber so etwas in einer Sendung 5-6-mal gemacht wird, kommt schon einiges zusammen. Außerdem bekommen die Gäste einer Talkshow eine Art Belohnung und einen Hotelaufenthalt bezahlt. Vielleicht bekommen die Zuschauer auch eine Art Aufwandsentschädigung, damit sie sich das ansehen und applaudieren oder buhen. Finanziert wird dies aus den Werbeeinnahmen, die in einer Stunde dreimal die Sendung unterbrechen. In der Regel kommen in diese Sendung nur die Kinder jener Eltern, die einmal die sexuelle Freizügigkeit praktizierten und jene, die damit vom Staat eine Wohnung zu bekommen erhofften.

Manche Sender produzieren nur Müllsendungen um möglichst junge Leute vor die Glotze zu locken. Zielgruppe sind bekanntlich die Vierzehn- bis Fünfundvierzigjährigen. Ich denke mal, dass in den Sendungen vollbusige, leicht bekleidete Mädchen mitwirken, ein anderer Sender, der ansonsten mit amerikanischen Serien sein Programm bestreitet, Dauerwiederholungen inklusive, setzt auf die Anziehungskraft und den Marktwert einer mit Silikon und Botox präparierten Dame, deren Dummheit schon im Augenaufschlag zu erkennen ist.

Das Schrecklichste aller Sender aber ist die Wiederholungsstrategie an Ostern und Weihnachten. Da werden alte Sandalenfilme aus den 60er Jahren gezeigt, deren Hauptdarsteller inzwischen verstorben sind. Einige dieser alten

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Johann Schlögl
Bildmaterialien: Autor
Tag der Veröffentlichung: 24.08.2015
ISBN: 978-3-7396-1065-8

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Wir leben in einer Konsum- und Wegwerfgesellschaft und das macht sich überall bemerkbar, vom Fernsehen bis ins Berufsleben

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