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(Spielt nach dem 3. Teil, nur das Peeta diesmal nicht zurück kommt und sie keine Kinder bekommt)


Prolog

Die Tiere durften eine Jägerin nicht hören. Sie musste leise sein. Und obwohl ich heute nicht auf die Jagd ging, würde heute jemand sterben. Ich wollte zu meinem Vater und Prim. Heute war es mein größter Wunsch. Zu gehen.
Es würde niemand merken. Alle hatten mich vergessen. Sie ließen mich allein. Für sie war ich nichts anderes als eine Verräterin.
Ich bewegte mich, mit einem Gewehr, durch die kleinen Bäume. ich würde am See sterben.
Dafür hatte ich mich entschieden. Ich müsste nur noch das Massengrab überqueren und dann...
Ein herzzereißende Schluchzen ließ mich inne halten. Ein kleines Mädchen hockte an einem Baum, den Kopf zwischen den Knien und ein Messer in der Hand.
ich erkannte was sie vorhatte und wollte zu ihr rennen, als sie den Kopf hob und mich mit traurigen Augen ansah.
Der Schock lähmte mich für kurze Zeit.
Auge in Auge mit ihr.
"Rue!," schrie ich dann aus leibeskräften.
Doch das kleine Mädchen schüttelte bloss den Kopf und stich zu.


Narben

Mit einem Schrei richtete ich mich kerzengerade auf und sah mich um. Alles wie immer. Mein großer Schrank, die hübsche Kommode, das große, weiche Bett auf dem ich gerade saß und der Spiegel gegenüber von mir. Prüfend musterte ich mich. Das tat ich immer. Nach meinen Albträumen hatte ich immer das Gefühl, dass mein Gesicht von blutigen Narben durchzogen war. Aber nein. Es war gerade zu lächerlich wie schön und makellos es schien.
Das war meine neue Haut, die ich vor ungefähr vor einem Jahr bekommen hatte, als ich in Flammen stand. Meine alte Haut verschwand und somit auch all meine Narben, die mich als Kriegerin kennzeichneten.
Susenna sagte so sei es besser. Narben erinnerten mich nur. Erinnerten mich an all den schmerz und die Trauer.
Für ihre 13 jahre war Susenna schon sehr weise. Der Krieg hatte ihr die Mutter genommen und nun sah sie mich als solche.
Ich musste lächeln.
Immerhin kümmerte sie sich um mich und nicht andersherum. Sie brachte mir Essen, schminkte mich, flocht mir die haare und erzählte mir geschichten.
Durch sie fing ich wieder an zu leben.
Dafür war ich ihr dankbar und schwor mir sie zu beschützen, egal was komme.

Unten an der Tür klingelte es und ich stand vom Bett auf und ging runter.
Damals hatten sie mich in ein anderes haus, abgelegen von den andren, verfrachtet. Es war ganz hübsch. Aber nichts zum Vergleich gegen mein siegerhaus. Aber das gehörte nun einem weit aus mächtigerem menschen.

Während ich so darüber nachdachte, wäre ich fast gestolpert und die Treppe runtergeflogen. “Woaaa!” Mit einem komischem Schrei kam ich neben der Tür zum stehen und nachdem ich mich kurz gesammelt hatte, machte ich sie so lässig wies ging auf.
Draußen stand ein Mädchen, mit dunklen Augen und dunklen Haaren.
Susenna. Rues kleinere Schwester.
“Hi, Kleine. Wie gehts?” Susenna drängte sich an mir vorbei, ließ sich auf das Sofa nieder und seufzte.
“Super, wie immer! Threat nervt mich zwar mal wieder mit seinen blöden Kriegsgeschichten, aber hey…ich hab ein Dach über dem Kopf.”
Threat hatte Susenna bei sich aufgenommen, als ihre Mutter und ihre Schwestern starben. Er war so was wie ein Ersatzvater. Ganz nett, aber nerven konnte er schon hammermäßig.
Ich schmunzelte und fragte: “Willst du was essen oder so?”
"Hmmm....draußen ist es soo heiß. Wie wärs mit Eis?"
Sie blickte mich unschuldig an. Es war schon das sechste mal in Folge, dass sie Eis essen wollte. “Klar, aber … wenn du nicht so enden willst wie Roseey, musst du dir das mal
abgewöhnen!”
Roseey war eine nicht gerade… dünne Frau. Und da jetzt alle genug zu Essen hatten, betrachtet man sie als nicht schön genug. Viele Kinder lachten sie aus das machte sie echt fertig.
Susenna dachte kurz nach und fragte dann: “Hast du auch Bananen?”
Sie schaute mich so komisch an, dass ich lachen musste.
“Komm gleich wieder!,” sagte ich und ging in die Küche. Kurze Zeit später kam ich mit einem ganzen Früchtekorb zurück und gab ihn ihr.
Ihr Mund verzog sich leicht nach unten und sie murmelte: “Dann wohln wir mal.”
Ich nahm mir auch einen Apfel und biss hinein.
Doch als der Fernseher ein Signal von sich gab und aufleuchtete, blieb es mir im halse stecken und ich musste husten. Das Kapitol hatte den Fernseher schon lange nicht mehr angehn lassen.
Was konnte schon so wichtig sein, dass ganz Panem es wissen muss?
Ich hatte ein ungutes Gefühl dabei.
Ein bekanntes Gesicht erschien, doch das lächeln war aufgesetzt und seine Augen ausdruckslos. Gale. Ich hatte in öfters mal im Fernsehn gesehen, aber noch nie wirkte er so … leblos. Mit komischer Stimme fing er an zu erzählen:
“Seit mehr als einem Monat gingen beschwerden ein. Die Menschen wollen Unterhaltung. Dem Kapitol ist es schwer gefallen, doch nun ist die Entscheidung getroffen. Die 76. Hungerspiele stehen an. Die Regeln sind einfach:
Ein Mädchen, ein Junge aus demselben Distrikt.
Alle zwischen 12 und 18.
Jeder darf sich freiwillig melden.
Keiner darf dem anderen das Leben retten.
Und die wichtigste: ÜBERLEBE!”
Gales Stimme wurde bei jedem Wort tonloser. Jedem würde sofort auffallen, dass die Spiele ihm deutlich gegen den strich gingen. Jedem der ihn kennt.
Die Kamaras schwenkten rüber und Plutarch kam ins Bild.
“Als Änderung der Spiele, dürfen Zwei aus einem Distrikt überleben. Zusammen.”
Er lächelte. Und dieses Lächeln war nicht aufgesetzt. Ich wusste, ihm würde es Spaß machen zuzusehen, wie die Kinder starben. Im letzte Jahr habe ich schon angefangen zu verstehen, dass er grausam war. Aber das gab den Ausschlag.
“Leider werden dieses Jahr nicht viele Sieger als Mentoren dienen können. Johanna, Beeta, Enorbia, Peeta und Haymitch sind die einzigen. Für die anderen werden starke Krieger bereitstehen. Hmm… vielleicht aber könnte ein Distrikt auch noch einen Sieger als Mentor haben.

Katniss Everdeen, es würde uns freuen dich wiederzusehen mit deinen Flammen!”
Der Bildschirm wurde schwarz , doch seine Stimme klang weiterhin in meinen Ohren.


Versprechen

Ungläubig schaute ich auf den bildschirm und versuchte zu begreifen was da gerade passiert war. Mein Name wurde genannt. Everdeen. Über Monate habe ich ihn nicht mehr gehört. Denn es war der Name einer Verräterin. Ihn zu hören, darauf hätte ich gern verzichten können. Besonders aus dem Mund von Plutarch. ich hasse ihn. Seiner dummen Idee war es zu verdanken, dass Prim starb.
Zorn stieg in mir auf. Prim starb im Krieg.
Im Krieg für eine Zukunft ohne Leiden und ohne Hungerspiele.
Und nun soll das ganze von vorn anfangen?
All die Schmerzen?
Wessen Scheiß Idee war das?
So viele Menschen waren glücklich das letzte jahr.
Und nur weil ein paar grausame Leute beschlossen hatten, so sei ihr Leben zu langweilig, sollte das alles sich ändern?
Sie brauchten mehr Leidende Kinder.
Grausame Morde.
Ich hasste diese Menschen aus vollem Herzen.

Ich hatte nicht bemerkt,dass Tränen über meine Wange liefen, bis eine kleine Hand diese wegwischte. Susenna sah mich mit traurigen Augen an.
"Katniss, es tut mir so leid." Ich nahm sie in die Arme und drückte sie fest an mich.
"Dieser Mistkerl kann vergessen, dass ich als Mentor diene. Ich werde nicht zu schauen wie meine Schützlinge sterben," sagte ich nach langer Zeit.
Susenna befreite sich aus meinen Armen und schaute mich lange an.
"Katniss, ich habe... Angst. ich weiß, ich habe nur ein Los. Aber... das war schon die letzten male so und... dennoch... ." Diesmal war es sie, der Tränen über die Wange rollten.
"Ssshhh, keine Angst, ich lass niemals zu, dass du in die Arena gehst. Versprochen."
Das letzte Wort war nur geflüstert, trotzdem klang es in der plötzlichen stille, als ob ich laut redete.
Susenna schaute mich mit großen Augen an.
"Du...," sie holte tief Luft und fing nochmal an: " Wenn mein Name gezogen werden würde, .... würdest du für mich gehen? Ein drittes mal in die Arena?"
ich dachte darüber nach und der Gedanke ließ mich erschauern.
Ich konnte, nein, ich wollte nicht daran denken.
Aber dennoch, würde ich es tun?
ich schaute Susenna an.
Ihre traurigen Augen, der entschlossene Zug um ihren Mund, das stolz nach oben gerichtete Kinn.
Sie sah aus wie eine Kämpferin.
Aber ich wusste es besser.
hinter der starken Maske versteckte sich ein kleines, verletzliches Mädchen.
Wie Rue.
Aber so gar nicht wie Prim.
Trotzdem... ja, für sie würde ich nochmal gehen.
Mich dem Tod und meinen vergangene Leiden stellen.
"Für dich, Kleines, würde ich sterben!"
In der Stille klangen meine Worte trurig und doch entschlossen.
Susennas Augen weiteten sich und kurz lächelte sie.
"So weit wird es nicht kommen." Sie legte ihren Kopf auf meine Schulter und seufzte.
"Ich hab dich lieb, Katniss. ich streichelte ihre Haare und hielt kurz inne. Das hatte schon lange niemand zu mir gesagt.
"Ich dich doch auch." Und nach ein paar Minuten war sie in meinen Armen eingeschlafen.


Wiederholung

Ich saß auf dem Sofa und schaute mir die Wiederholungen der diesjährigen Ernten an. Seit den letzten Wochen wurden schon in 9 Distrikten, die Namen gezogen. Bald würden sie hier sein.
In Distrikt 1 bestiegen ein hübsches, starkes Mädchen und ein ziemlich großer Junge die Bühne. Er erinnerte mich sehr an Tresh. Die 2 hatten sich nicht freiwillig gemeldet, dennoch erinnerten sie stark an Karrieros.
In Distrikt 2 wurde der Name Mayra Pekovski gezogen. Er gehörte zu einem großem, schwerem Mädchen, dass mit grausamen Lächeln die Bühne erklomm. Nach ihr wurde ein verdammt starker Junge aufgerufen.
Er hatte genauso ein fieses Lächeln im Gesicht.
Mir lief es kalt den Rücken runter. Clove und Cato. So sahen die beiden aus. In Distrikt 2 sahen alle so aus. Wie Kämpfer und das waren sie auch.
In Distrikt 3 gingen ein kleiner Junge und ein schlankes Mädchen hoch.
In Distrikt 4 waren es ein wunderschönes Mädchen und ein hübscher Junge die gewählt wurden. In Distrikt 5 ein starker Junge und ein schwach aussehendes Mädchen. In Distrikt 6 ein kleines Mädchen, vielleicht 12 Jahre alt und ein dicker Junge. In 7 zwei 15-Jährige. Beide sahen kräftig aus, aber nichts im Vergleich zu Distrikt 2. In 8 und 9 sahen die Kinder weder stark noch schwach aus. Mittelmäßig. Keiner von ihnen hatte sich freiwillig gemeldet. Auch nicht in Distrikt 2.
Wieso auch? Niemand hätte gedacht, dass jemals wieder Hungerspiele stattfinden. Niemand hätte sich darauf vorbereiten können.

Die Wiederholungen waren vorbei. Jetzt wurde die heutige Ernte eingeblendet. Effie stand an den zwei Schüsseln mit den Namen.
Die Kameras schwenkten zu Plutarch und er begann wieder zu erzählen.
Über den Wiederstand. Über mich. Dann erklang unsere Hymne.
Als diese zu Ende war kam Gale ins Bild.
“Heute haben wir ein paar besondere Gäste hier. Die letzten Sieger.
Sie werden auch die anderen Ernten ab jetzt besuchen.”
Die Kamera schwenkte und sie kamen alle ins Bild.
Johanna, die damals so stark und brutal wirkte, könnte man heute mit ihrer lila Perücke und den roten Lippen, kaum von Effie unterscheiden.
Beeta, der kluge Kopf von uns, hatte keine einzige Narbe mehr, schwarze Haare und blaue Kontaktlinsen.
Enorbia, die feindliche Kämpferin, ihr hatte man die langen haare nach hinten zu einem Zopf gebunden und sie trug ein langes festliches Kleid.
Doch was am meisten auffiel war ihr weicher Gesichtsausdruck.
Haymitch, keine einzige Narbe zierte sein Gesicht, Es war ausgeglichen und schön. Wie meins heute. Aber er hatte doch keine neue haut, oder? Er sah aus wie der Junge, der er vor den Hungerspielen war, nur ein bisschen älter.
Peeta sah wunderschön aus, mit seinen blonden Locken und in dem schwarzen Anzug. Doch in seinen sonst so strahlenden und vor Liebe und Wärme funkelnden Augen, stand eine Härte, die ich bei ihm nie für möglich gehalten hätte und seine vollen Lippen, die meist zu einem warmen Lächeln verzogen waren, bildeten nun eine strenge Linie.
Er sah nicht mehr so aus wie der Junge den ich kannte und liebte.
Überhaupt niemand von ihnen sah so aus.
Klar, schön warn sie alle, aber…
Die Kälte in ihren Augen war unübersehbar.
Man konnte förmlich spüren wie der Zorn in ihnen brannte.
Sie hassten die Spiele. Genau wie ich.

“Nun denn,” sagte Effie. “Fangen wir an.”
Sie ging zu der Schüssel mit den Namen der Mädchen und las vor.
“Madison Herpisch”
Ein kleines Mädchen mit blonden Haaren und braunen Augen, ging mit Tränen in den Augen nach vorn.
Ich konnte nicht glauben das sie alt genug war um an den Spielen teilzunehmen. Sie sah kaum älter aus als 9.
Es herrschte Totenstille. Niemand konnte das glauben. Eine Frau schrie und ich hörte einzelnes Schluchzen. Doch die Menge blieb still und niemand bewegte sich.
Nach Minuten des Schweigens, räusperte Effie sich und ging zu der Schüssel mit den Jungennamen.
“Tron Every.”
Ein schlanker Junge ging nach vorn und versuchte so gut es ging die Tränen zurück zu halten. Beide reichten sich die Hand.
Die Hymne erklang.
Doch kurz bevor die Kamera aus ging erhaschte ich noch einen kurzen blick auf Peeta. Er schaute ungläubig auf das kleine Mädchen. Er konnte es nicht fassen. Und dann verwandelte sich die Ungläubigkeit in vollkommenen Hass.
Und da kam mir der Gedanke, ob er es einfach so zulassen wird, das die Spiele wieder stattfinden….


Die Ernte

Das warme Wasser fühlte sich unglaublich schön an, an meiner nackten Haut. Ich stand unter der Dusche und dachte darüber nach, wie die Ernte in Distrikt 11 verlaufen war. Es war …grausam.
Ein Mädchen. Nicht besonders stark, aber das war man gewöhnt.
Der Junge aber, ohne Arme. Die Menschen buhten.
Nicht gegen ihn, sonder gegen das Kapitol. Denn das war nicht fair.
Ein Mann versuchte ihn zurückzuhalten und schrie:
“Ich hasse das Kapitol. Und wenn ihr ihn haben wollt müsstet ihr mich erst umbringen.” Und dem war auch so.
Ein Friedenswächter, glaub ich schoss dem Mann in den Kopf und dieser war sofort tot. Er starb in den Armen des schluchzenden Jungen.
Haymitch, der betrunken war, schlug dem Friedenswächter ins Gesicht, wurde aber von Männern weggebracht. Danach herrschte totenstille.
Der Junge wurde auf die Bühne gezerrt und die Leiche weggebracht.
Und der Bildschirm schwarz.

Bei der Erinnerung lief es mir eiskalt den Rücken runter.
Ich stieg aus der Dusche und wickelte ein Handtuch um meinen Körper.
Dann ging ich in mein Schlafzimmer und schaute mir mein rotes Kleid an, das ich heute bei der Ernte tragen würde. Oben war es enganliegend.
Unten war es etwas breiter. Wunderschön. Susenna sagte es würde an meine früheren Kleider erinnern. Da wo ich in Flammen stand.
Sie würde gleich kommen und mich schminken. Obwohl sie klein war konnte sie das verdammt gut.
Ich zog mich also an und ließ die Haare aber offen. Sie waren definitiv länger als früher und gingen bis zur Mitte meines Rückens. Dank Susenna wurden sie mit der Zeit glänzender und seidiger. Dann nahm ich die schöne Kette, mit dem Medaillon, die Peeta mir Geschenkt hatte und legte sie mir um den Hals.

Als es unten klopfte, ging ich zur Tür und öffnete diese. Susenna sah einfach bezaubernd aus. Das dunkelgrüne Kleid betonte ihre Dunkelbraunen Haare und Augen.
“Schau nicht so. Du bist die Wunderschöne von uns, nicht?”
“Na klar,” schmunzelte ich und ließ sie rein.
“Beeilen wir uns, Katniss.” Sie zeigte mit dem Finger auf einen Stuhl neben dem Spiegel und ich setzte mich. Sofort fing sie an mich zu schminken. Roten Lippenstift und verdammt viel Kajal.
Susenna sagte er würde meine grünen Augen betonen. Naja,… ich vertraute ihr und ja es sah schon ziemlich gut aus. Damals als ich den Spottölpel spielte und geschminkt wurde, war meine wilde Schönheit vorgetäuscht. Jetzt war sie echt. Ich war echt.

Susenna schaute mich mit großen Augen an.
“Du… siehst aus wie eine … Göttin. “
Bei ihrer Wortwahl musste ich lächeln.
“Ich mein, die Trauer in deinen Augen und die Entschlossenheit. Deine Unnahbarkeit.”
Ich dachte kurz nach und sagte dann: “Danke, Kleines. Und du…”
Ich betrachtete sie noch mal. “….Du siehst aus wie eine kleine Elfe.”
Susenna musste auch lächeln, aber es erreichte ihre Augen nicht.
Darin stand eindeutig Angst. Ich nahm sie in die Arme und flüsterte: “Ich hab dich lieb.” “Danke, Katniss.”
“Komm, gehen wir. Sonst verpassen wir das große Fest noch.”
Wir lachten, doch darin lag eine gewisse Anspannung.


Als wir ankamen waren schon so ziemlich alle da. Wir gesellten uns zu Threat und ein paar Jugendlichen, die an der Mauer ganz hinten lehnten. Versteckt. Niemand musste sich mehr auf einen bestimmten platz stellen. Es war vollkommen egal, du konntest sowieso nicht fliehen.
Ungefähr 10 Minuten später setzte die Hymne ein und Gale bestieg die Bühne. Für einen Augenblick setzte mein herz aus. Klar, ich hatte ihn schon öfters im Fernsehen gesehen, aber ich war ihm schon lange nicht mehr so nah. Er stellte sich etwas abseits hin und da kam schon Plutarch auf die Bühne, hinter das Redepult. Dann Effie und die Sieger.
Diese setzten sich auf hübsche Stühle, etwas im Hintergrund. Wieder waren sie extrem aufgestylt und sahen schön aus. Doch ich spürte die Anspannung die zwischen ihnen herrschte.

Plutarch fing an zu erzählen. Immer wieder die gleiche Geschichte.
Der Widerstand.
Danach ging Effie zu den Schüsseln und zog einen Zettel. Ich holte tief Luft und….



Susenna

Ihr Schmerzensschrei klang noch lange in meinen Ohren. Ich rannte so schnell ich konnte zu ihr. Ich wollte ihr helfen. Doch da war schon so viel Blut. Wie um Himmels Willen sollte ich sie retten?
Ich war ja noch nie eine besonders gute Ärztin.
Das kleine Mädchen atmete schon ganz flach, als ich mich neben sie kniete. Gott sei dank hatte sie ihr Herz verfehlt. Doch ich wusste dass sie nicht mehr lange zu leben hatte. So sanft wie ich konnte nahm ich sie auf meinen Arm und rannte los. Zu der besten Ärztin in Distrikt 12. Ich glaube so schnell bin ich noch nie in meinem Leben gerannt. Ich war ganz außer Puste als ich ankam und das Mädchen kurz vor dem Tod.
Aber ich würde nicht aufgeben. Ich würde sie nicht sterben lassen. Niemals.
Als die Ärztin mich sah weiteten sich ihre Augen und sie machte den Mund auf um etwas zu sagen, doch ich unterbrach sie.
“Bitte, retten sie das Mädchen. Bitte.” So verzweifelt wie ich klang stellte sie keine Fragen, sondern ließ mich schnell rein.
Tagelang saß ich neben dem Krankenbett des Mädchen. Sie konnte gerettet werden, aber sie war immer noch bewusstlos. Und als ich nach einer Woche aufgeben wollte und fast gegangen wäre hörte ich eine brüchige und sehr schwache Stimme.
“Bitte, sing das Lied das du für meine Schwester gesungen hast.”
Rue.
Und ich sang. So gut ich konnte. Das Mädchen schlief wieder ein.
Das ganze ging so weiter, wochenlang, bis das Mädchen entlassen worden konnte.
“Wo wohnst du?”, fragte ich. “Bei Threat. Komm, ich führe dich dort hin.” Und so ging ich mit ihr. Threat war sehr dankbar, das ich das Mädchen gerettet hatte. Er wollte mir dafür etwas geben. Aber was?
Ich hatte schon alles was ich brauchte. Dem Mädchen kam eine Idee.
Threat kam aus Distrikt 2. Er war ein guter Kämpfer, konnte mit Schwert, Messer, Speer und allem anderen umgehen. Er wollte mir Unterricht geben. Im Überleben. Aber wofür?
Er sagte vielleicht als Zeitvertreib und lächelte warm. Oder vielleicht bräuchte ich das mal?
Und nach kurzem Zögern nahm ich an. Wir wollten uns jeden Tag im Wald treffen und üben.
Als ich ging lud ich das Mädchen ein mich zu besuchen. Und fragte: “Wie heißt du eigentlich, Kleine?”
“Susenna. Ich bin… Rues Schwester.” Ich nickte und ging.
Von diesem Tag an sah ich sie und Threat fast jeden Tag. Susenna wurde meine beste Freundin. Und ich wurde Meisterin im Überleben mit Waffen. Ich ´fragte Susenna nie warum sie sich umbringen wollte.
Aber als sie mir erzählte, dass ihre ganze Familie tot sei, konnte ich es mir denken.


Opfer

Als ihr Name genannt wurde, kam unweigerlich die Erinnerung an damals wieder hoch. Es war so real. Und dann sah ich Prim. Wie sie nach vorn gerufen wurde. Ihr Entenschwanz, der mich aus der Trance zurückholte. Und wie ich rannte und schrie. Wie ich mich freiwillig meldete. So viele Erinnerungen. Ich versank wieder.

“Susenna Shaseen, komm bitte nach oben.”
Effies Stimme drang zu mir vor. Susenna war schon fast an der Bühne. Auf dem großen Bildschirm konnte ich ihr Gesicht deutlich erkennen. Verzweiflung, Angst und… Bedauern.
Sie dachte sich schon ich würde gleich angerannt kommen. Aber… konnte ich das wirklich? Vor nichts anderem hatte ich mehr Angst als vor der Arena. Wieder schaute ich Susenna an. Schreie drangen an mein Ohr. Und Schluchzen. Genau wie Prim mochten alle Susenna und wollten, dass sie lebt. Viele hier wusste das sie meine beste Freundin war. Aber keiner hätte je gedacht das ich mich wieder freiwillig meldete, oder?
Ich sah, wie manche sich umschauten. Suchten sie mich?
Ich sah wieder zum Bildschirm, denn ich konnte mich fast gar nicht mehr bewegen. So schockiert war ich. Als ob das Leben mich hassen würde.
Susenna weinte nun regelrecht und…. Blieb stehen. Drehte sich um.
In meine Richtung ungefähr und Schrie: “Bitte. Tu es nicht. Bitte. Ich wills nicht. Lieber… sterbe ich!” Sie drehte sich wieder um und ging schnellen Schrittes weiter.
Ihre Worte holten mich zurück in die Realität. Ich konnte wieder klar denken und mich bewegen. Zorn und Hass stiegen in mir auf. Nein. Ich würde mein Versprechen nicht brechen. Das habe ich noch nie getan!
Mein Gesicht erstarrte. Kälte zeichnete sich darauf ab. Das konnte ich spüren. Die Finger, die ich in die Mauer hinter mir gekrallt hatte, ballten sich zu Fäusten. Ich stieß mich von der Mauer ab.
“Katniss?”, fragte Threat neben mir. Tränen liefen ihm das Gesicht runter. “Du siehst aus wie eine Rachegöttin. Wunderschön. Zeigs ihnen und… überlebe.” Er wusste genau was ich tun werde. Und er dachte auch ich würde gewinnen. Eine Siegerin, die nun alle Waffen perfekt beherrschte. Stark und schnell war.
Wer konnte sie schon aufhalten?
Ich nickte und schaute zu Susenna, die gerade auf die Bühne klettern wollte. Und so schnell ich konnte bahnte ich mir einen Weg durch die schweigende Menge hindurch, schubste so manchen weg und war bald in der ersten reihe angekommen. Kurz bevor ich was sagen konnte, fragte Peeta:” Hey, ich kenn dich doch. Du siehst aus wie….” Schockiert hielt er inne. Susenna nickte ihm zu und in diesem Moment erklang eine eiskalte Stimme durch die Menge. Meine. In der Stille war sie deutlich zu hören, obwohl ich nicht schrie.
“Komm da runter, Kleines. Du weißt genau das ich nie ein Versprechen breche.” Susenna sah mich mit ihren traurigen Augen an und sagte: “Ich habs mir gedacht. Viel Glück.” Sie sprang wieder von der Bühne rannte zu mir und umarmte mich ganz fest. Nun schluchzte sie laut.
“Versprich mir, du wirst wieder kommen!”
“Ich schwöre bei… meiner Schwester.”
Überall um mich herum herrschte totenstille. Ich wusste das nur wenige Menschen mich gerade erkannten. Ich sah anders aus. Nicht wie ein Mädchen das versucht das Kapitol zu stürzen. Nein, jetzt sah ich aus wie eine …. Rachegöttin. Ich lächelte. Doch mit der Kälte wurde das Lächeln grausam. Das sah ich, als mein Blick auf den Bildschirm fiel. Wunderschön und grausam. Ob das passte?
Ich löste mich von Susenna und ging mit selbstsicheren Schritten zur Bühne. Ich wollte nicht das die Leute mich für schwach hielten, das sie dachten es würde mir was ausmachen in die Arena zu gehen. Obwohl letzteres war ja richtig. Es machte mir verdammt viel aus. Mein größter Albtraum wurde war!

Alle Sieger schauten mich ungläubig an, als ich auf der Bühne stand. Ob sie mich erkannten? Ob sie wussten das Katniss Everdeen vor ihnen stand?
Plutarch schien nicht zu merken wer ich war. Er sagte nämlich:
“Ich nehme an Sie wollen sich freiwillig melden?”
“Richtig angenommen.”
“Sie haben Mut, Miss. Das muss man ihnen lassen. Ich hoffe sie wissen genau worauf sie sich einlassen?” Er lächelte.
Anfangs musterte ich ihn verwirrt bis ich begriff. Dann lächelte ich.
“Besser als jeder andere.” Meine Stimme so eiskalt wie nie zuvor.
Dieser Mistkerl musste doch mal merken wer vor ihm stand!
“Nun gut, wie heißen sie denn junge Frau und wie alt sind sie eigentlich?”
Verächtlich schüttelte ich den Kopf. “Das Alter muss deinem Gedächtnis wohl großen Schaden zugefügt haben, Plutarch. Ich bin Achtzehn und mein Name ist bekannt genug. Kat…”
“Hey,” erklang es da von der Menge. Susenna stand ganz vorn und hielt was in der Hand. Ihre Stimme war schwach.
“Brich auch das Versprechen nicht! Und… es ist DEIN Symbol, Spottölpel!” Sie warf mir das goldene Ding zu und ich erkannte es war meine Brosche, mein Symbol. Damals hatte sie es gefunden und gesagt sie kenne die Brosche. Ich erzählte ihr wieso ich sie damals trug und schenkte sie ihr. Seitdem trug sie die Brosche immer bei sich.
Und jeder der immer noch nicht wusste wer ich bin, war entweder blind oder taub. Fies lächelte ich Plutarch an, der mich ungläubig und peinlich berührt musterte. “Katniss Everdeen,” sagte ich während ich die Brosche ansteckte. Dann schaute ich auf und begegnete Gales Blick. Sein Mund war ein Stück geöffnet und seine Augen ungläubig geweitet. Sie drückten Fassungslosigkeit, Schuld, Schmerz und Bewunderung aus. Als ich mich kurz nach den Siegern umsah, waren die gleichen Gefühle darin zu erkennen. Und bei Peeta waren sogar Tränen in den Augen zu sehen. Ich glaube, wenn ich nicht so abweisend aussehe und er nicht versuchen würde zu begreifen das ich wieder in die Arena muss, würde er sich gleich auf mich stürzen und mich umarmen. Oder… hmmm… mich erwürgen, dachte ich als ich mich an das Gift in ihm erinnerte.
Plutarch räusperte sich und wandte sich wieder der totenstillen Menge zu. “Also, das ist… ähhh… eine wirklich unerwartete Überraschung.”
Ich legte den Kopf schief und lächelte. Ach echt?
Obwohl ich wusste was mich erwartete machte es mir doch Freude zu sehen wie hilflos er grad war.
“Nun denn, willkommen Fräulein Everdeen in unseren Spielen. Ich hoffe es wird sie freuen, da die diesjährigen Spiele, den Spielen ähneln, bei denen sie das erste mal Sieger wurden.” Er lachte.
Ich hob die Augenbrauen. Er sprach die Wahrheit. Das witzige daran war nur das er sich verplappert hatte. Das durfte er mir doch nicht verraten, oder?
Wahrscheinlich sah er das genauso, denn er hielt in seinem Lachen inne.
Verändern konnte er das Spiel jetzt aber nicht mehr. Das würde man als unfair bezeichnen. Ich drehte mich zu der Menge um und schaute sie an. Sie schauten mich an. Viele weinten. Fassungslos starrten sie mich an. Manche auch dankbar. Dann hoben sie alle langsam die Hand an die Lippen und dann zu mir. Wie damals. Freude machte sich in mir breit. Sie respektierten mich. Ich lächelte. Diesmal ein warmes Lächeln. Doch die Rachegöttin verschwand nicht. Merken tat ich das als ich zum Bildschirm schaute. Wie die anderen Tribute jetzt wohl reagierten?
Machten sie sich vor Angst in die Hose oder freuten sie sich mich zu erledigen? Ich seufzte. Das würde ich noch früh genug raus finden.
“Und jetzt zum Jungennamen.” Effies weinerliche Stimme mischte sich in meine Gedanken. Sie zog ein los und verkündete:
“James Dalton.”
Ein kräftiger, hübscher Junge kam auf die Bühne zu. Dunkle Haare, Grüne Augen, blass. Er sah nur ein bis zwei Jahre jünger aus als ich.
So gleichgültig wie möglich bestieg er die Bühne. So standen wir zwei da. Die Menschen betrachteten uns. Ich wusste das es kein Witz war, dass wir beide Überleben dürfen. Nein, diesmal war es ernst. Ich musterte den Jungen, dessen Leben ich vielleicht retten müsste oder der mir das Leben retten würde. Vielleicht. Ich ja. Aber ob er das tun würde…
Er sah nicht aus wie ein Feigling, aber das könnte nur Fassade sein.
Das einzige was ich gerade wusste war, das wir zusammen kämpfen würde.
Eine einzelne Träne rollte. Meine.
Jetzt kam der Abschied.


Peetas Sicht

Ich verabscheute diesen Mann. Den, der für Freiheit gekämpft hatte. Für das Ende der Leiden. SEINER Leiden. Was erzählte er denn da für Mist? Welche Beschwerden bitteschön? Er wollte die Hungerspiele doch nur veranstalten, damit jeder seine neue Macht sah.
Was hatte sich geändert? Dass die Menschen, die damals so dermaßen gelitten hatten jetzt die Menschen waren, die andere leiden lassen, oder was? Es wurden nur die Positionen gewechselt.
Und ich war so dumm, ihm zu glauben! Zu glauben das es eine bessere Welt werden könnte, ohne die Spiele.
In mir stieg Wut hoch und auch die Schuldgefühle. Die Schuld gegenüber Katniss. Nur weil sie die erste war, die kapiert hat was hier los ist musste sie leiden. Keine Ahnung was man ihr angetan hat. Ob man sie die ganzen Wochen leiden ließ oder ob es ihr gut ging, durfte ich nie erfahren. Dann wurde sie verbannt und uns allen war es nicht erlaubt sie zu besuchen. Sie war ja verrückt. Würde uns alle umbringen wie sie Coin abgeschossen hat! Das ich nicht lache. Wenn die blöde Präsidentin ihre Schwester auch nicht bombardiert hätte, wäre das ganze auch nicht passiert!
Ich kannte Katniss gut genug um zu wissen, das sie sich wahrscheinlich umbringen will. Falls sie es nicht schon längst getan hat. Seit 1 Jahr hatte ich sie nicht mehr gesehen oder was von ihr gehört. Aber ich wollte so gerne zu ihr. Aber nein… man sperrte mich ins Kapitol ein. Machte mich hübsch und nun sollte ich Mentor spielen. Zusehen wie die Kinder sterben. Toll! Das einzig gute daran war, dass ich endlich wieder nach Distrikt 12 kann. Wenn auch nur für einen kurzen Moment.
Vielleicht sehe ich sie…

Distrikt 12:
Der Schock lähmte mich für kurze Zeit. Das kleine Mädchen, Susenna sah genauso aus wie…
Nein! Das war unmöglich. Rue war tot. Aber wie… wer war sie?
“Hey, ich kenn dich doch. Du siehst aus wie…,” rutschte es mir heraus, bevor ich es verhindern konnte. Susenna nickte mir zu, so das ich wusste, das sie verstanden hatte wen ich meinte. Sie kannte Rue also. Woher?
…. Vielleicht… Oh man, wie blöd ich doch bin. Rues Schwester. Genau… Plötzlich erklang eine Stimme. Sie war kälter als Eis.
Susenna drehte sich um und sagte: “Ich habs mir gedacht. Viel Glück.”
Und sie sprang von der Bühne und rannte auf ein wunderschönes Mädchen zu. Auch sie kam mir bekannt vor. Das rote Kleid wehte im Wind, so das es ein bisschen wie Flammen aussah. Ihr Gesicht war eiskalt. Und in ihren Augen stand Zorn und Hass. Aber auch eine tiefe Trauer. Ihr Kinn war nach oben gerichtet. Sie sah entschlossen aus. Zu allem bereit. Wie eine wahre Kriegerin.
War das Möglich? Konnte wirklich sie das sein? Meine große Liebe, die ich verraten hatte?
Das Mädchen hatte Susenna umarmt und ihr was zugeflüstert. Nun löste sie sich von ihr und kam mit zielsicheren Schritte auf die Bühne und blickte hasserfüllt zu Plutarch, der allerdings nur froh war, etwas zu darzubieten, was nicht so grausam war wie in Distrikt 11.
Ich schauderte und schaute weiterhin das Mädchen an.
Verächtlich schaute dieses Plutarch an, der versuchte nett zu sein und lächelte. Nur das, das ziemlich fies aussah. Plutarch fragte sie nach ihrem Namen und Alter. Gespannt wartete ich auf ihre Antwort.
“Das Alter muss deinem Gedächtnis wohl großen Schaden zugefügt haben, Plutarch. Ich bin Achtzehn und mein Name ist bekannt genug. Kat…”
“Hey,” erklang es da von der Menge. Susenna stand ganz vorn und hielt was in der Hand. Ihre Stimme war schwach.
“Brich auch das Versprechen nicht! Und… es ist DEIN Symbol, Spottölpel!” Sie warf das goldene Ding dem Mädchen zu, und diese fing es auf. Ich dachte mein Herz würde aussetzten. Spottölpel! Damit konnte nur eine gemeint sein. Und ich sollte Recht behalten.
Während das Mädchen sich die Brosche ansteckte, sagte sie: ”Katniss Everdeen.”
Plutarch sah ziemlich hilflos aus. Er war überrumpelt.
Und ich spürte wie Tränen sich in meinen Augen ansammelten. Endlich! Katniss. Ich habe sie wieder. Und als sie mich kurz anblickte, sah ich so etwas wie Wärme in ihrem Blick. Doch kurz bevor ich aufsprang um sie zu umarmen, begriff ich was sie da gerade tat.
Sie ging in die Arena!


Abschied

Sie führten mich in einen hübschen Raum, wo ich mich auf ein schwarzes Ledersofa setzte und auf meinen Besuch wartete. Es verstrichen Minuten bis die Tür aufging und ein Friedenswächter rein kam. Hinter ihm kamen Susenna und Threat rein. Beide weinten. Klar, bei Susenna konnte ich mir das vorstellen, aber Threat? Ich hatte ihn noch nie weinen sehen und das es mir galt, verstand ich nicht. Natürlich war er mein Lehrer gewesen, aber das ich ihm auch ans Herz gewachsen sein könnte, kam mir noch nie in den Sinn. Doch es freute mich. Das Gefühl geliebt zu werden, brachte mich zum Lächeln.
Susenna fiel mir sofort in die Arme und schluchzte laut los.
“Katniss, es tut mir so furchtbar Leid!”
“Was meinst du denn?”
“E ist meine Schuld das du wieder in die Arena gehst! Wieso hast du das getan?!”
“Hey, Kleines, schau mich an.” Langsam hob Susenna den Kopf und blinzelte mich an.
“Es ist nicht deine Schuld. Es war ganz allein meine Wahl. Und ich hab mich so entschieden. Aus Liebe. Susenna, wenn du nicht wärst, dann würde ich schon längst nicht mehr hier sein. Unter den Lebenden. Du bist das, was mich am leben hält. Würdest du sterben, dann auch ich!” Und obwohl ich es nicht wollte liefen auch mir einige Tränen die Wange runter. Ganz Toll! Eine Rachegöttin die heult. Wie passend!
Nach einigen Minuten des Schweigens, befreit Susenna sich aus meinen Armen und schaut mich aufmerksam an.
“Du hast immer dein Versprechen gehalten. Bitte brich es jetzt nicht!”
“Natürlich nicht.”
Threat, der das ganze schweigend beobachtet hat, trat nun zu mir und umarmte mich kurz.
“Und niemals den Mut verlieren. Vergiss das nicht! Du kennst jetzt alle Waffen gut genug, um zu überleben. Du musst dir wenigstens eine besorgen. Und du darfst nicht zögern am Anfang. Gleich ganz schnell zum Füllhorn, alles klar? Die anderen werden Angst vor dir haben, egal was für Muskelprotze sie sind!” Dankbar sah ich ihn an und sagte auch: “Danke!”
Er lächelt mich an und sagt: “Überlebe Spotttölpel. Damit kennst du dich ja gut genug aus.” Er und Susenna umarmten mich noch einmal und wurden dann von Friedenswächtern nach draußen begleitet. Aber ich durfte noch nicht gehen. Wer wollte mich denn noch besuchen?!
Die aufkeimende Freude erlosch sofort, als er denn Raum betrat. Plutarch. In einiger Entfernung bliebt er stehen und musterte mich.
“Hallo, Katniss. Es ist schön dich wiederzusehen.” Ich schwieg.
“Eigentlich hätte ich es mehr erwartet dich als Mentor zu sehen, nicht als Tribut!”
“Als Mentor, ja? Das ich nicht lache!”
“Warum so wütend? Gefallen dir unsere Spiele etwa nicht mehr?”
“Was soll das werden, Plutarch?”
“Nichts, ich wollte nur höflich sein und dich besuchen.”
“Das hast du jetzt ja auch getan. Also, was willst du noch hier? Ich habe eh schon genug andere Sorgen. Da muss ich mir nicht auch noch irgendeinen Scheiß von nem Verräter anhören!”
“Verräter?” Er klang eher belustigt als beleidigt.
“Ja genau. Du hast mich und ganz Panem verraten!”
Unbeindruckt schaut er mich an. “Inwiefern?”
“Inwiefern, ja?! Wo ist der Mann der für Freiheit gekämpft hatte? Für das Ende der Leiden und eine neue Welt und für keine Spiele mehr? Anstelle dieses Mannes seh ich nun einen Menschen, der das Leben verraten hat! Der so viele Leben geopfert hatte, nur damit er es selbst ist, der andere leiden lässt. Ich sehe ein Monster!”
Am Ende klang meine Stimme hasserfüllt, aber auch unendlich traurig. Plutarch blickte mich nur ausdruckslos an und ging ohne ein Wort aus der Tür. Zehn Friedenswächter kamen in den raum und brangen mich zum Bahnhof.


Tränen

Ich wurde durch die Menge von Menschen und Kameras geschoben und in den Zug gebracht. Kurz darauf wurde die Zugtür wieder aufgemacht und James kam herein. Er schien nicht geweint zu haben. Ein bisschen hilflos schaute er sich um, bis er mich bemerkte. Er öffnete schon den Mund um etwas zu sagen, als Effie erschien.
“Ach, da seit ihr ja!” Sie kam auf mich zu und umarmte mich mitleidig. Dann ließ sie mich wieder los und sagte: “Ich bring euch aufs Zimmer. Zieht euch um und duscht. In zwei Stunden hol ich dich ab, James. Katniss… du kennst ja schon alles.” Wir folgten ihr und bald stand ich vor einer Tür. “Das ist dein Raum Katniss. Bis dann!” Effie ging weiter. James warf mir noch schnell einen Blick zu und folgte ihr dann.
Ich öffnete die Tür und betrachtete den Raum. Ein Bett, ein Schrank und ein kleiner Tisch. Seufzend ließ ich mich auf das weiche Bett sinken und schaute aus dem kleinen Fenster, ohne an was zu denken.
Nach einer langen halben Stunde stand ich dann auf und öffnete die Tür zu einem anderen, kleinen Raum. Das Bad. Ich nahm mir ein Handtuch und zog mein Kleid aus. Dann stieg ich in die Dusche und stellte das Wasser an. Es war warm und Tröstend und fühlte sich unendlich gut an. Ich war mir sicher, dass mich gerade niemand mit einer Kamera beobachtet und tat das, was ich schon so lange wollte. Ich weinte. Erst liefen mir die Tränen lautlos über mein Gesicht. Doch dann schluchzte ich laut und kniete mich hin, schlang die Arme um meine Beine und ließ all meinen Schmerz raus.
Irgendwann stand ich, mit einem Handtuch um den Körper geschlungen, vor dem Schrank und schaute mir die hübsche Kleidung an. Sie war schlicht und einfach, dennoch schön. Ich entschied mich für ein einfaches schwarzes T-shirt und eine enge Jeans. Das Medaillon ließ ich am Hals hängen, zog es aber unter das T-shirt, so das man es fast nicht sehen konnte. Dann schaute ich auf eine kleine Uhr, auf dem Tisch und stellte fest, dass die zwei Stunden gerade vorbei waren. Schnell ging ich auf den gang und zum Raum, wo sie auf mich warteten


Verändert

Ich stand in der Tür und schaute die anderen an. Effie, Haymitch, Peeta und James. Bis jetzt hatte mich noch niemand bemerkt. Sie unterhielten sich angestrengt. Und je länger ich in der Tür angelehnt stand, desto mehr begriff ich worum es ging. Um die Arena. Wie man am besten zum Füllhorn gelangt oder lieber doch gleich in den Wald rennt. Damals hatten wir nicht darüber geredet. Am ersten Tag, hier im Zug, aßen wir mit Effie und trafen den bekifften Haymitch. Heute hatte er wenig getrunken, denn er wirkte nüchtern, wie er James, die Fragen beantwortete. Er und Peeta sollten zusammen unsere Mentoren sein.
In diesem Moment sagte James: “Also, sollte ich mir ne Waffe besorgen? Egal wie?”
“Nun ja, möglichst nicht auf gefährliche Art. Wie zum Beispiel den Karrieros eine rein hauen!,” antwortete Peeta ihm.
“DAS ist mir klar. Ich renne also so schnell ich kann zum Füllhorn und schnappe mir die erste Waffe, die ich finden kann und schütze mich damit. Und dann nehm ich mir nen Rucksack und renne so schnell ich kann zum See. Richtig?”
“Genau.”
“Und was ist mit Katniss?”
“Mit ihr müssen wir noch reden. Ihr werdet ein Team sein, das ist schon mal klar. Aber wir müssten sie noch überreden gleich zum See zu rennen. Ja, wir wissen das sie nicht geistlich verwirrt ist. Jedenfalls war sie das nicht. Nun, kann ich nicht sagen ob sie sterben will oder überleben. Aber so oder so, sie würde sich ins Gemetzel werfen. Und ich glaube nicht das sie diesmal viele Chancen hätte da zu überleben. Egal wie gut sie mit Pfeil und Bogen ist oder wie schnell sie rennen kann, die Karrieros werden es auf sie abgesehen haben. Sie würden alles versuchen sie gleich zu töten. Deshalb ist es verdammt gefährlich für sie.”
Ein betretenes Schweigen trat ein und es schien als versinke jeder in seinen Gedanken. Und da fing ich an zu sprechen. Ich stand immer noch im Türrahmen angelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt.
“Ich halte immer meine Versprechen, Peeta. Und diesmal war es wieder eines, das ich überlebe. Und daran halte ich mich auch. James wird sofort zum See rennen. Ich werde Waffen besorgen. Das würd kein Problem darstellen, denn manche Dinge haben sich geändert. Zum Beispiel meine Stärke und mein Können. Die Karrieros werden mich vielleicht töteten wollen, dennoch haben sie auch Angst vor mir. Und meinem Verstand geht es prima, danke der Nachfrage.” Ausdruckslos schaute ich sie an. Und sie schauten zurück. Jeder mit gemischten Gefühlen. Entsetzen, Überraschung, Verwirrung und auch ein kleiner Funke Bewunderung.
“Katniss, Süße, was meinst du denn mit neuer Stärke?” Ich blickte Haymitch an und lächelte: “Das wirst du noch früh genug erfahren, Süßer.” Überraschung breitete sich auf seinem Gesicht aus. Nicht wegen meiner ungenauen Antwort, sondern wegen “Süßer”. So hatte ich ihn noch nie genannt. Aber diesmal wollte ich ihm zuvorkommen. Grinsend nahm ich mir einen Stuhl und setzte mich an den Tisch. Die anderen starrten mich immer noch an und langsam fühlte ich mich auch ein bisschen unwohl. “Was ist?”
“Du glaubst doch wohl nicht wirklich, dass wir deinem genialem Plan einfach so zustimmen?” Peeta schaute mich nicht mehr an.
Ich nahm mir ein Brötchen und biss hinein. Kauend schaute ich mich um. “Und ihr glaubt doch wohl nicht wirklich, dass ich den Jungen in den Tod rennen lasse?”
“Wieso den gleich in den Tod?”, fragte James mich. Lange schaute ich ihn an und fragte dann zurück: “Denkst du es ist so einfach dort lebend wieder weg zu kommen?”
“Natürlich nicht! Aber ich hab nicht schlechtere Chancen als du! Außerdem wollen sie dich gern tot sehen, wie Peeta gesagt hat.”
Ich schnaubte. “Und dich wollen sie lebend?”
Ich hatte das Brot aufgegessen und trank etwas von dem leckeren Saft. Köstlich.
James antwortete mir nicht und auch die anderen schwiegen. Ich stand auf und wendete mich ab. Über die Schulter sagte ich noch einmal:
“Es liegt an dir. Entweder du stürzt dich ins Gemetzel und wir beide gehen wahrscheinlich drauf… oder du vertraust mir einfach mal, ich schlachte ein paar der anderen ab, besorge Waffen und Essen und du rennst zum See und wartest. Und dabei bleiben wir beide am Leben. Denk einfach mal nach. … Und… Ich bin nicht mehr das Mädchen, dass mit irgendwelchen moralischen Mitteln kämpft. Jetzt…. habe ich Waffen.” Mit diesen Worten verlasse ich den Raum und lasse die anderen in ihrer Verwirrung zurück.


Schmerz

Ich schaute aus dem Fenster und sah die neuen aufgebauten Häuser. Sie waren bunt und erinnerten an früher. Nur noch sehr wenige Dinge erinnerten daran, dass hier vor einem Jahr ein Krieg statt gefunden hatte. Zum Beispiel eine alte kleine Ruine, die hier so gar nicht rein zu passen schien.
Als der Zug anhielt schaute ich aus dem Fenster und sah in die Gesichter der Menschen, die nun im Kapitol lebten. Sie wirkten nicht mehr so freudig und begeistert wie damals, dennoch sah man einen Funkelnden glanz in ihren Augen. War das der Funke des Schmerzes oder doch der Freude? Ich wusste es nicht.
Ich hatte etwas Hunger, da ich heute früh nichts gegessen hatte. Das Frühstück hatte ich vollkommen verschlafen und niemand hielt es für nötig mir etwas zu bringen. Vielleicht dachten sie aber auch ich wollte allein sein. Tja, falsch gedacht. Denn genau jetzt bräuchte ich jemanden zum Reden. Um mit ihm alle meine Sorgen, meine Schmerzen und meine Wut zu teilen. Doch alle, die mir jetzt helfen könnten, waren unerreichbar für mich. Einerseits haben sie Angst vor mir, denke ich. Ich galt als geistlich verwirrt. Ich könnte mich oder sie oder sonst wen einfach erschießen. Ich war eine Mörderin. Ja genau, egal ob ich tötete um andere zu retten oder ob ich aus Wut und Hass töte. Es kommt aufs selbe hinaus. Das ich böse war und andere leiden lasse.
Wenigstens hatte ich mich schon längst mit dieser Sache abgefunden. Natürlich blieb immer noch die Schuld. Die Schuld dafür, dass so viele gestorben sind. Aber ich lebe auch so weiter. Ich hatte schon längst verstanden wie man überlebt. Wandle nur deine Schmerzen in Stärke um! Die Schmerzen, wandle in Wut und Hass um. Darauf, dass das Kapitol mich gezwungen hat, so zu handeln. Ich muss mich nur daran erinnern wieso ich das alles tat. Nicht um andere Leiden zu sehen, nein sondern, weil ich eine Marionette war. Eine dumme noch dazu. Ich vergaß all meine Schmerzen. Und der Zorn machte mich stärker. Stark genug um zu überleben. Egal wie.

Wir wurden in ein Gebäude gebracht, wo wir unsere Stylisten kennenlernen sollten. Heute nämlich würden wir auf den Festwagen hocken und uns anglotzen lassen. Super.
Peeta und Haymitch verschwanden in einem Raum und ich und James sollten nun zusammen auf unsere Stylisten warten. Es verstrichen Minuten, ohne das jemand irgendetwas sagte. Dann fragte James doch:
“Katniss? Du hast gestern gesagt das du nun mit anderen Waffen kämpfst. Wie genau hast du das gemeint?” Aufmerksam schaute ich in seine hübschen Augen.
“Nun, ich meine es so wie ich es gesagt habe. Ich kämpfe mit anderen Waffen.”
“Soll das einfach nur heißen das du jetzt auch mit Schwert kämpfen kannst, oder wie?!”
“Es ist nicht gut wenn du so schnell die Geduld verlierst. Könnte dir mal vielleicht Probleme einbringen!” Ein wütendes Funkeln trat nun in seine Augen. Er kam auf mich zu und packte mich an den Schultern.
“Sag mir einfach was du gemeint hast! Du hast doch selbst gesagt ich solle die Vertrauen. Wie kann ich das tun, wenn ich so gar nichts weiß?” “Du kannst mir vertrauen, indem du mir einfach glaubst. Ansonsten… werde ich dir nicht helfen. Du wirst alleine kämpfen müssen!”
“Natürlich! Gestern meinst du noch du willst nicht das ich in den Tod renne und jetzt drohst du mir. Auch wenn du die Anführerin der Rebellen warst und zweimal lebend aus der Arena gekommen bist, du kannst dir trotzdem nicht alles erlauben! Ich will wissen was du kannst, damit… auch ich dich beschützen kann. Du bist nicht unsterblich. Also benimm dich nicht dauernd so! benimm dich wie ein… Mädchen. Weine, schreie, mach was kaputt, aber benimm dich nicht so gefühllos. Das ist nicht normal und es schadet dir und deinen Mitmenschen. Jeder von un hat eine schwere Zeit durch gemacht, aber das Leben geht weiter, verdammt!”
Ich schaute ihn ausdruckslos an und ich fühlte mich auch so. Was meinte er damit? Ich lebe doch. So gut ich kann. Klar, weiß ich das ich nicht unsterblich bin, aber… soll ich etwa losheulen und allen meine Schwäche zeigen?! Nein, danke.
Ich schaute weiterhin in seine Augen und frage mich wie stark er wirklich ist. Nicht körperlich, sondern seelisch. Noch nie hat mir jemand so etwas gesagt. Und es schien ihm auch keine Angst zu machen.
Er hielt mich weiterhin an den Schultern und versuchte jede Regung in meinem Gesicht zu lesen. Doch ich glaubte nich das es ihm gut gelang, da mein Gesicht wieder einmal ausdruckslos war. Wie schon so viele Male. Ob er Recht hatte? Nein, entschied ich. Das war nicht möglich. Wenn ich nicht so wäre wie ich jetzt bin, dann… was sehe man dann? Ein Häuflein Elend, das nicht mal stehen könnte, so sehr war es von Schmerz und Zorn erfüllt. Man würde das Häuflein auslachen und es mit Essen beschmeißen. Jetzt aber hatte man Angst vor mir. So war es besser, auch wenn es doch schmerzte. Und wieder wandelte ich diesen Funken von Schmerz um in Zorn.
Ich befreite mich von James und sah ihn kalt an.
“Ich soll meine Gefühle offenbaren, ja? Du willst also die elende Verräterin sehen, die sich jeden Tag aufs neue quält, ja? Das kleine Häuflein Elend, das sich in mir verbirgt?… Oh nein, ich stand so viele male schwach da. Jetzt bin ich stark. Ich lebe! Hätte ich mich damals meinen waren Gefühlen geöffnet, wäre ich wahrscheinlich schon längst tot! Was glaubst du wie es ist alles zu verlieren was du liebst. Nichts davon nur einmal zu sehen, zu hören oder zu berühren. Und dann, stell dir vor eine Ewigkeit in Langeweile zu verbringen und nichts was dich ablenken kann, von dem Schmerz? Von der Ungewissheit, wie es deinen Lieben geht? Aber von dem Wissen, das du sie nie wieder siehst?! Von dem Wissen das dich jeder hasst und alle dich verlassen haben?…. Ich habe gelernt wie man überlebt…. In der Arena. Wenn du der Sieger bist, glaubst du, du weißt wie man überlebt. Du denkst du hast es geschafft! Zu überleben. Aber Nein! Vergiss das. Du hast es noch längst nicht geschafft. Was glaubst du James, wieso die anderen Sieger verrückt geworden sind oder sich jeden tag besaufen?! Weil es ihnen Spaß macht? Nein. Es ist ihre Art zu überleben. Vor den Schmerzen zu fliehen. Du musst begreifen, das du noch lang nicht gewonnen hast, auch wenn du der Sieger bist. Denn du wirst nie aufhören können, um dein leben zu kämpfen. Die Schmerzen sind zu groß! Und jeder Sieger hat seine Art damit umzugehen. DAS ist nun mal meine. Dafür habe ich mich entschieden. Nicht für den Tod, nicht für die Klinik und auch nicht fürs Kommasaufen! Ich habe mich dafür entschieden, den Schmerz mich nicht mehr erreichen zu lassen! Ich verwandle ihn in Wut und die gibt mir Stärke. Durch sie Lebe ich. Durch sie und… Susenna. Wenn ich sie nicht hätte, hätte ich mich schon längst umgebracht!”
Ich hatte angefangen wütend zu schreien. James blickte mich nicht mehr an. Er schien weit weg zu sein und über das nachzudenken was ich gerade gesagt hatte. Sein Gesicht war blass geworden.
Ich stehe ganz gerade vor ihm. So jetzt wusste er so ungefähr wie es in mir drin aussieht. Er weiß nun das ich nichts anderes bin als ein Häuflein Elend.
Er drehte den Kopf und schaute überrascht hinter mich. Auch ich drehte mich langsam um. Meine Gesicht hatte seine gewohnte Kälte wieder angenommen. Und irgendwie war ich nicht sonderlich überrascht sie zu sehen. Ich wusste das die Räume hier mit Kameras ausgestattet waren und es kam nicht unerwartet das sie mich beobachtet hatten. Haymitch und Peeta standen in der Tür und schauten beide schmerzerfüllt zu mir. Das regte etwas in mir, aber ich beachtete es nicht. Ich drehte mich um und ging zu einem der Stühle die da standen. Und da passierte etwas völlig unerwartetes. Womit wohl niemand gerechnet hätte.
Ich spürte die zwei starken Arme um mich und wollte sofort in ihnen versinken. Doch ich riss mich zusammen und versteifte mich. Peeta drehte mich zu sich um und ich schaute ihm in die unendlich traurigen, wunderschönen Augen. Tränen glitzerten darin. Und obwohl ich wusste, dass es ein großer fehler war konnte ich in diesem Augenblick nicht anders. Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und legte meine Lippen auf seine. Der Kuss war unendlich schön und keine einzige Spur von Peeta, der mich einst umbringen wollte. Ich spürte nur noch Peeta, den ich so sehr liebte.


Überraschung

Ich verstand nicht wie ich so dumm sein konnte. So lange hatte ich meine Gefühle nicht zugelassen. So lange hatte ich sie verdrängt. Und nur wegen ihm musste ich das jetzt alles wieder durchmachen. Aber es war ja auch meine Schuld. Ich hatte ihn geküsst. Meinen Gefühlen freien Lauf gelassen. Und er hat sie erwidert. Das konnte ich spüren. Ich spürte auch seinen Schmerz, als ich ihn von mir stieß, mich umdrehte und auf den Stuhl setzte.
Nun sitze ich allein in einem Raum und warte auf meine Stylisten. Mein Vorbereitungsteam ist sozusagen in Rente gegangen. Tzzz.

Ich war gepflegt genug das man mich gleich in ein schickes Kleid stecken konnte.
Ich wartete ungefähr fünf weitere Minuten, als die Tür endlich aufging. Ich drehte mich um und sah IHN. Eine lange Narbe prangte auf der Wange und verunstaltete sein Gesicht. In seinen Augen stand Schmerz und doch Wärme. Sein Lächeln war jedoch das gleiche. Warm und freundlich. Erst dachte ich es wäre eine Illusion, doch als er anfing zu sprechen, rannte ich so schnell ich konnte zu ihm und warf mich in seine ausgebreiteten Arme.
“Hallo, Katniss,” sagte er.
Ungläubig schaute ich ihn an und sagte, was mir als erstes einfiel:
“Aber… wie kann das sein? ich dachte du wärst tot!”
Er lächelte warm. “Das dachten die anderen auch. Aber als sie die Kerker durchforstet haben, fanden sie mich noch lebend vor. Nur einen Tag länger dort und ich wär tot. Ich schulde die meinen Dank, Katniss.” Es gab so viele Dinge die ich ihn fragen wollte, doch das einzige was ich sagte war: “Ich habe dich vermisst, Cinna!”

“Jeder hat diese Jahr einen eigenen Wage. Und die Kleidungsstücke gehen nicht nach eurem Distrikt. Diesmal geht es nach eurer Persönlichkeit. Du wirst so aussehen, wie du bist und dich gibst. Und bei dir ist es dieses Jahr eindeutig genug!”
Ich und Cinna saßen auf einem gemütlichen Sofa und unterhielten uns. Es wunderte mich nicht sonderlich, dass es eine Änderung bei der Kleidung gab. Immerhin musste es ja auch mal langweilig werden dauernd das gleiche zu sehen.
“Ach, und was soll ich darstellen?”
“Du, Katniss, sollst zeigen wie du dich fühlst. Die Wut steht dir deutlich ins Gesicht geschrieben. Du siehst eiskalt aus. Unerreichbar. Aber der Schmerz verschwindet nicht. Auch Er ist deutlich zu sehen. Nun sollst du die anderen daran erinnern was du getan hast und wer du bist. Eine Göttin die vor Wut, Trauer und dem Gefühl verraten worden zu sein, unbezähmbar ist!
Der Wagen wird von Feuer umzingelt sein. Du stehst oben da. Zwei Seile im Boden halten deine Hände fest und du sollst aussehen wie eine entschlossene Gefangene. Und du wirst das… Spotttölpelkleid tragen. Du wirst sie alle daran erinnern wer du bist!”
Als ich hörte das ich Das Kleid tragen würde zuckte ich leicht zusammen. Wegen diesem Kleid wurde Cinna gefoltert. Und da es früher mein Hochzeitskleid war, in dem ich Peeta heiraten sollte.
Aber wenn ich mir vorstellte wie ich auf dem Wagen stand fühlte ich mich entschlossen. Ob sich andere Menschen schuldig fühlen werden, wenn sie mich so sehen?
“Okay, Cinna. Ich tu es! Aber… diesmal würde es nicht gegen irgendwas verstoßen? Ich will nicht das du schon wieder gefoltert wirst!”
Cinna lächelte und sagte: “keine Sorge. Es ist alles erlaubt… Komm jetzt, es beginnt in zwei Stunden.”


Spotttölpel

Ich stand vor dem Spiegel und betrachtete mich. Die schwarzen Federn glänzten und immer noch, sah ich aus wie ein Spotttölpel der fliegt, wenn ich die Arme hob. Draußen werden die langen Ärmel wohl noch mehr an einen Vogel erinnern.
Meine Fingernägel wurden schwarz angemalt und in meine Haare wurden schöne Wellen reingemacht. Dann wurden meine Augen sehr dunkel umrandet, sonst war mein Make-up nur leicht aufgetragen. Ich sah ziemlich deprimiert aus. Mein Blick wurde kälter und sofort sah man den Zorn in mir. Gut. So wie Cinna es wollte. Trauer und Wut sollten sich in meiner Erscheinung spiegeln. Das taten sie nun auch.
Cinna hatte mich für einen Augenblick allein gelassen. Nun kam er wieder und schaute mich zufrieden an.
“Ich war unten und hab mir die anderen angeschaut. Keiner von ihnen wird heute mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen, als du. Glaub mir. Du bist wunderschön! Genauso wie ich es mir vorgestellt hatte!”
“Danke, Cinna! Du machst mir immer wieder neuen Mut.”
“Das mach ich gern…. Wir sollten langsam gehen. Die anderen sind schon alle unten. Und dein Wagen wird grad angezündet.”
Ich warf noch einen letzten Blick in den Spiegel und folgte Cinna in den Gang.
Als ich die Treppe runter ging sah ich schon die anderen Tribute mit ihren Mentoren stehen. Alle sahen zu einem Wagen, dessen Rand brannte. In der Mitte lagen zwei Seile, die aus dem Boden ragten. Eindeutig meiner. Ich hatte ein wenig Angst vor ihrer Reaktion, wenn sie mich jetzt sahen.
Die anderen trugen alle sehr schöne Kleider. Bei manchen aber konnte ich die Persönlichkeit nicht erkennen.
Ich sah Peeta und haymitch, die an der Wand lehnten und sich umschauten. Johanna unterhielt sich mit Enorbia und Beeta. Sie sahen ziemlich mitgenommen aus.
Dann entdeckte ich auch Gale, der dieses Jahr Mentor für Distrikt 1 spielte. Er redete mit einem mir unbekanntem Mann und schaute sich suchend um. Auch er sah schrecklich aus.
Ich ging schnell zu meinem Wagen, blieb stehen und schaute mich um. Wo steckte James? Gerade als ich aufgeben wollte nach ihm zu suchen, sah ich ihn, wie er sich mit einem hübschen Mädchen unterhielt. Sie kicherte und er grinste. Na toll! Das konnte ich gerade noch gebrauchen. Ich stöhnte und bemerkte, dass mich jetzt fast alle ansahen. Das war mir ziemlich unangehnem und ich wand den Blick ab. Da kam Cinna auf mich zu und sagte: “Es fängt jetzt an. Schnell auf den Wagen. Ich helf dir.”
Er hob mich auf den Wagen hoch, so das ich nicht die Flammen berührte. Ich wusste gar nicht das er so stark war.
“Nimm jetzt die Seile und binde sie dir ums Handgelenk. Pass aber auf, dass sie nicht durchhängen. Das sieht dann nicht echt aus, okay?”
Ich tat das was er mir gesagt hatte. Gar nicht mal so einfach. Ich war ja noch nie besonders geschickt mit solchen Sachen. Aber ich schaffte es. Irgendwie.
“Gut so! Das sieht genial aus.”
“Okay, ich glaub dir mal!”
So stand ich dann da und fühlte mich echt… dumm und hilflos.
Nach zehn Minuten waren schon 10 Wagen raus gefahren. Also käme gleich der sechste Distrikt dran. Super! Noch zehn weitere Minuten.

Fassungslos starrte mich die Menschenmenge an.
Ich sah wie eine echte Kämpferin aus. Unbezähmbar. Jetzt fühlte ich mich alles andere als dumm oder hilflos. Ich fühlte mich stak. Die Fesseln hielten mich nicht davon ab wild zu sein. Die Menschen sollten sehen wie sehr sie mich verletzt hatten. Wie wütend ich war.
Nein, ich würde nicht sterben! In diesem Moment spürte ich meine wilde Entschlossenheit, wie noch nie zuvor. Sie durchflutete mich voll und ganz.
Ich schaute auf den Bildschirm und sah mich. Zornig funkelten meine Augen. Die Ärmel des Kleides flatterten wie Flügel im Wind. Das Haar wehte wild um mein Gesicht. Die Flammen umzingelten mich. Unbezähmbar. Aber, die Fesseln und die Flammen ließen mich doch wie eine Gefangene aussehen. Eine Gefangene meines Schmerzes.

Die gesamte menge schwieg, doch die Kameras waren viel zu lange auf mich gerichtet. Als ich beim Trainingscenter ankam, schauderte es mich. Morgen sollte ich mit den anderen Tributen trainieren. Unsere Mentoren durften dabei sein und uns Tipps geben.
Ich stieg, mithilfe von Cinna und Haymitch, vom Wagen und sah mich um. Bald würde auch James ankommen. Er hatte auch ein kriegerisches Outfit an.
“Du warst fantastisch da oben! Die Menge hatte großen Schmerz dich so zu sehen. Das habe ich gemerkt.”
“Ja, gut gemacht, Süße!,” stimmte ihm Haymitch zu.
“Du warst wunderschön, wie immer,” erklang Peetas Stimme. Ich schaute auf und sah in seine Augen. Trauer lag darin. Schnell wand ich den Blick ab und schaute mich um.
Erst jetzt bemerkte ich, dass alle mich anstarrten. Die meisten sahen ängstlich aus oder sie hatten so was wie Bewunderung in ihrem Blick. Nur die Karrieros lächelten mich grausam an. Ich konnte nur kalt zurück starren.
Sie wussten nicht mit wem sie sich anlegten.
Denn ich hatte die Wahrheit gesagt.
Ich habe mich definitiv verändert.


Beweis

Man, war ich müde. Die ganze Nacht wurde ich wieder mal von blöden Alpträumen geplagt. Schaudernd dachte ich an die abgeschlagene Köpfe zurück und hätte mich am liebsten übergeben. Aber dafür war nun mal keine Zeit, denn ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich mich beeilen sollte. In letzter Zeit war ich eh schon ziemlich unpünktlich, meiner Meinung nach. Aber was solls!
Ich schaute mich im Zimmer um und sah dass eine schwarz Jeans und ein grünes Hemd auf einem Stuhl hingen. Offenbar sollte ich das heute anziehen. Wann wurden die Klamotten eigentlich gebracht? Und wieso zur Hölle hat derjenige der sie gebracht hatte mich nicht aufgeweckt?
Ich mein, ich habe sicher sehr laut geschrien, oder? Oh man. Wie soll ich bloß in der Arena schlafen?! Da finden sie uns garantiert!
Stöhnend griff ich nach den Sachen und zog mich an. Dann kämmte ich die Haare und band sie zu einem lockeren Zopf zusammen.
Ein Blick in den Spiegel zeigte mir, dass ich ziemlich fertig aussah. Blöder Alptraum!
Ich öffnete die Tür und trat in den Gang ein. Es war sehr still, sodass ich wusste, das die anderen schon nach unten gegangen waren. Schnell rannte ich in den Essraum, nahm mir ein kleines Brötchen und schüttete mir eine Tasse Kaffe rein. Sofort wurde ich etwas wacher. Die anderen warteten sicher schon auf mich, deshalb rannte ich ebenso schnell die Treppe runter. Ich hatte recht. James und Peeta standen genervt vor der Tür zum Trainigsraum und schauten sich um. Haymich kam aus einer Tür gestampft und rief: “Verdammt, sie ist nicht in ihrem Zimmer! Wo steckt die bloß?”
“Gehen wir doch einfach rein. Vielleicht kommt sie nach,” sagte Peeta.
Haymitch schnaubte bloß.
Es tat mir leid, dass ich sie warten ließ, trotzdem musste ich die Unnahbare spielen.
“Hier bin ich doch.” Ich schaffte es sogar einen belustigten Ton hinzukriegen. Die drei Köpfe drehten sich sofort zu mir um.
“Wieso zum Teufel hat das so lange gedauert?”
“Wieso hat keiner es für nötig gehalten mich zu wecken?”
“Hatte ich grad vor. Aber um ehrlich zu sein, hatte ich erwartet das du wenigstens pünktlich bist!” Haymitch klang echt sauer.
“Tut mir Leid. Können wir jetzt rein?”
Ich ging an ihnen vorbei und öffnete die Tür. Die anderen waren schon mit ihren Waffen beschäftigt und diskutierten mit ihren Mentoren. Noch so was komisches. Ab jetzt dürfen die Mentoren beim Training dabei sein und uns beraten.
Die Tribute waren zu sehr mit den Schwertern und Speeren beschäftigt als das sie und bemerkten.
“Haymitch, was sollen wir jetzt über deiner Meinung nach?,” fragte James.
“Du hast gesagt du könntest mit der Axt umgehen. Also üb mal ein bisschen mit Schwert oder Bogen. Katniss, du…”
Ich unterbrach ihn mit einer Handbewegung.
“Ich werde mich mal mit den Waffen im Kapitol bekannt machen. Damals waren die Bögen hier auch anders und ich hab die ersten Schüsse versaut.”
Bevor ich auch nur einen Schritt gehen konnte, wurde ich hart am Arm gepackt und herum gedreht. Ich blickte genau in die zornigen Augen von Haymitch.
“Was soll das werden, Süße? Der Alleingang steht dir nicht. Ich bin dein Mentor und du wirst gefälligst das tun, was ich dir sage!”
“Und das wäre?”
“Du gehst jetzt mit James mit und übst mit ihm Schwert, verstanden?”
“Okay, meister. Dann schau ich mir mal das Schwert an.”
Ich löste mich aus seiner Umklammerung und ging zu James rüber, der schon sichtlich genervt auf mich wartete.
“Hier,” sagte er und gab mir ein Schwert. “Danke.”
Ich schaute mich um. Das Mädchen aus Distrikt 1 trug ein rotes T-shirt und ne helle Hose. Ihr blondes Haar, das offen war, wehte herum als sie sich drehte. Sie konnte ganz gut mit dem Schwert umgehen, war aber nichts zum Vergleich mit dem Distrikt 2. Die beiden waren ganz in schwarz gekleidet und sahen ziemlich brutal aus, mit dem Schwert.
Sie schlugen und drehten sich, so als wären sie in einem echten Kampf. Okay, es würde vielleicht schwerer fallen sie “auszulöschen”. Aber ich würde es schon schaffen. Immerhin sah ich auch so aus, wenn ich kämpfte. Als wär ich im Krieg. Brutal und eiskalt. Das sagte jedenfalls Treaht und das sollte schon was heißen. Immerhin war er ja ein ziemlich guter Kämpfer aus Distrikt 2.
Ich drehte mich zum Mädchen aus Distrikt 4. Sie sah sehr hübsch aus und verdammt hilflos, wie sie versuchte den Speer zu werfen. Er kam nicht weit. Kein Wunder.
Dem Jungen aus demselben Distrikt ging es nicht besser.
Eigentlich sahen fast alle sehr hilflos aus. Nur der Junge aus Distrikt 5 schien einigermaßen Ahnung vom Schwertkämpfen zu haben und natürlich der aus Distrikt 1. Er war verdammt stark und echt groß. Der Speer flog sehr weit. Das kleine Mädchen aus 6 versuchte sich mit den Knoten und es gelang ihr auch.
Mit den meisten hier hatte ich echt mitleid. Besonders der Junge aus elf. Ich fand es sehr unfair das er in der Arena kämpfen musste, da er sich ja gar nicht wehren konnte, ohne Arme. Gerade saß er auf dem Boden und schaute sich um.
Ich seufzte und schaute zu James, der versuchte mit Schwert zu kämpfen. Na gut, jetzt wusste ich wenigstens das er echt keine Ahnung vom Schwertkämpfen hatte. Ich schaute ihm noch eine Weile zu, daan ging ich zu ihm rüber und parierte seinen nächsten Schlag. Überraschd schaute er mich an. “Was soll das?”
“Du machst das völlig falsch!”
“Aha, und wie mach ich das dann richtig?!”
Sichtlich genervt schaute er mich an. Ich seufzte und sagt:
“Tus mir einfach nach, okay?”
Dann fing ich an das Schwert zu schwingen und mich zu drehen. Sofort vergaß ich die Welt um mich herum und sah nur das Ziel. Immer wen ich eine Waffe in der Hand hielt und kämpfte kam mir nur der Gedanke das ich das Ziel erreichen musste. Dafür musste ich mich durch einen Haufen Feinde durchschlagen. Es fühlte sich so echt an. Und ich fühlte mich leicht und frei. Unbeschwert. Okay, ich musste zugeben, dass ich es liebte mit Waffen zu kämpfen. Nicht das mir das töten Spaß macht. Aber, wenn ich mich z.B. mit einem Schwert drehte, war es so als würde ich tanzen. Es war so als würde ich mich in einer tanzenden Menschenmenge bewegen. Naja, nur das ich diese Menge halt abschlachten musste…
Ich weiß nicht wie viel Zeit verging, aber irgendwann blieb ich stehen und bemerkte erst jetzt, dass ich angefangen hatte zu lächeln. Es war nicht grausam, es war ein glückliches Lächeln. Und als ich mich umschaute… Oh, verdammt wie peinlich! Alle schauten mich an. Na gut, das sie so fassungslos und beeindruckt schauten, machte das ein bisschen wieder weg. Okay, sie wussten jetzt das ich… naja, besser kämpfen konnte, als früher.
Super! Jetzt würden sie mich wohl noch schneller loswerden wollen und sich alle zusammenschließen, damit sie mich abschlachten können. Wundervoll! Echt schlau, Katniss.
Ich räusperte mich und drehte mich zu James.
“Alsoo, hast du den Unterschied jetzt ein bisschen gemerkt?”
Er nickte.
“Okay, und… ähh… machst du jetzt noch mal mit oder kann ich… was andres probieren?” Gut, ich klang nicht mehr so kalt. Eher unsicher. Seufz.
“Ähhhh… du kannst ruhig zu einer anderen Waffe gehen und sie ausprobieren. Aber… naja, kann ich mit? So um zu sehen was du sonst noch… kannst.” Ich grinste.
“Klar, wie wärs mit Bogen?”
“Okay. Aber kannst du mir morgen oder so, irgendwas ein bisschen näher beibringen, weil naja… ich nicht so gut bin.”
Okay, auch er klang sehr unsicher. Ich hatte ihm wohl ein bisschen Angst eingejagt.
Ich ging zu den Bögen und schaute sie mir in Ruhe an. Eigentlich waren sie alle gleich. Ich nahm mir einen und zielte von weitem auf eine Zielscheibe.
Genau die Mitte.


Gale

Erschöpft schloss ich die Augen und schmiss mich aufs Bett.
Endlich! Das Interview war vorbei.
Auch Haymitch und Peeta schienen sich darüber zu freuen.
Naja, man kann es ihnen nicht verübeln.
Ich war grottenschlecht.
Okay, vielleicht war ich angsteinflößend, aber so bin ich nun halt.
Was soll ich denn tun?
Lügen, tja, das krieg ich immer noch nicht hin.
Hmmm. Sponsoren krieg ich diesmal wohl nicht.
Ich schloss meine Augen und dachte weiter nach.
Morgen würde ich in die Arena gehen… und diesmal müsste ich gezielt töteten.
Niemand wird für mich die anderen erledigen.
Nein, wahrscheinlich schließen sie sich alle zusammen und versuchen mich umzubringen.
Natürlich halten sie mich für gefährlich.
Besonders nach dem Training.
Da hatte ich ja schlauerweise bewiesen wie ich mit dem Schwert umgehen kann.
Also echt! Was besseres konnte mir ja nicht einfallen.
Wenigstens wissen sie nicht das ich dazu noch mit Speer, Messer, Axt und Peitsche umgehen kann.
Das wäre nicht vorteilhaft, wenn sie alle meine Stärken kennen würden.
Tja, da wäre noch James.
Was bitte sollte ich mit diesem nervigen Jungen machen?
Er ist echt alles andere als hilfreich.
Gut, er konnte mit der Axt kämpfen.
Aber sonst?
Ich frage mich ob Distrikt 12 mich noch mehr hassen könnte.
Naja, wenn ich ihn einfach seinem Schicksal überlasse…
Wahrscheinlich schon.
Also werde ich ihm wohl helfen müssen…
Ein Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken.
“Ja?”
Wer wollte den bitteschön mit mir reden?
Die Tür wurde aufgestoßen und Gale kam herein.
“Was willst du hier?,” fragte ich nunmehr genervt.
Blöder Verräter. Mehr fiel mir in diesem Moment nicht ein.
Betrübt schaute Gale mich an und setzte sich langsam auf einen Stuhl.
Wieso geht der nicht einfach!
“Also?,” fragte ich nach langem Schweigen.
“ich wollte… verdammt, katniss, du weißt genau was ich will.”
“Nein.” Und das war nicht mal gelogen.
Ungläubig schaute er mich an und sagte dann:
“Es tut mir leid.”
“Für was?”
“Für alles.”
“Wie definierst du alles?… Das du mich allein gelassen hast? Das du ohne Erklärung abgehauen bist? Das du mir nicht geholfen hast oder das du mich leiden hast lassen?”
Meine ganze Wut machte sich in mir breit.
Was bildet der sich ein?
Kommt her und verlangt das ich ihm verzeihe!
Wie sollte das gehen?
Er hat mich verlassen ohne ein Wort.
Und das obwohl er gesagt hatte er liebt mich.
Diese scheiße konnte er sich sonst wohin stecken!
Doch zwischen den Zorn mischte sich die Trauer.
Verdammt noch mal! Ich sollte nicht traurig sein.
“Katniss… ja. Für all dieses.”
“Wieso sollte ich, Gale?,” fragte ich mit zittriger Stimme.
“Ich… wir wollten dich nicht allein lassen. Wir wollten alle zu dir. Doch Plutarch hat uns nicht gelassen. Er sagte uns du seist durchgedreht und würdest uns alle töten.”
“Und das hast du geglaubt?!”
Mittlerweile liefen mir die dummen Tränen über das Gesicht.
“Verdammt, nein! Aber als wir… sie haben gedroht dir wehzutun. Sie sagten sie würden dich foltern. Deshalb…”
“Deshalb hast du mich allein gelassen? Gale, ich dachte du kennst mich. Prim, Finnick und so viele andere sind durch mich gestorben. Weißt du wie viele Schuldgefühle ich hatte? Dann… dann war ich allein. Der Schmerz den ich zu ertragen hatte war grauenhaft. Ich musste allein gegen ihn kämpfen. Ich habe versucht mich umzubringen. Bis Susanne kam. Sie gab mir wieder Kraft. Und falls es dich interessiert… Plutarch hat mich foltern lassen…”
“Was ist?,” brüllte er aufgebracht.
“Ja. Noch nicht gemerkt das er Coin geliebt hatte?”
Entsetzt schaute mich Gale an und ehe ich mich versah lag ich in seinen Armen.
Beruhigend drückte er mich an sich.
Eigentlich sollte ich das nicht tun.
Aber das war alles einfach zu viel für mich.
Ich konnte nicht mehr, die Starke spielen.
Nicht heute. Ab morgen aber müsste ich wieder.
Ab da an, würde ich die Tötungsmaschine sein.
Heute bin ich nur ich selbst.
Ein gebrochenes Mädchen.
Schluchzend lieg ich in Gales Armen.
Stille Tränen laufen über sein Gesicht.
In diesem Augenblick fühlte ich mich wieder glücklich.
Ich hatte meinen besten freund wieder.
Fort waren die Gedanken an Tod, Kampf und Schmerz.
Stattdessen fand ein anderer Gedanke in meinem Kopf platz.
Wenn es Gale untersagt war mich zu besuchen, weil er dacht sie würden mich foltern… war es dann nicht auch Peeta untersagt?
Hat er mich nur allein gelassen, weil er mich beschützen wollte?
Vielleicht könnte ich ihm dann verzeihen…
Mit diesem gedanken schlief ich in Gales Armen ein.
Schon lange hatte ich keine ruhige Nacht.
Die Alpträume quälten mich immer noch.
Doch heute war es anders.
Heute träumte ich etwas noch viel grauenhafteres als sonst.
Ich sah es als ob es gerade geschah.
Als ob ich ein zweites mal gefoltert werde.
Von meinem Peiniger Plutarch.


Folter

*FLASHBACK*
Das erste was ich spürte als ich aufwachte war die grausige Kälte. Hartes Beton drückte gegen meinen Rücken und etwas zerquetsche meine Hände und Füße. Ganz langsam schlug ich die Augen auf und versuchte mich zu bewegen. Doch als mich der Schmerz durchfuhr ließ ich es stöhnend bleiben. Die bloße Dunkelheit umgab mich und Angst durchflutete mich bis in die Fingerspitzen. Wo verdammt war ich?!
Stark blinzelnd versuchte ich durch die Finsternis zu erkennen was mich an Händen und Füßen festhielt. Kalt und fest drückten Fesseln in meine Glieder und machten mich bewegungsunfähig. Ein ekliger Geruch schlug mir in die Nase und ich hatte das Gefühl mich übergeben zu müssen. Oh Gott! Was war das? Irgendwas Verwesenes auf jeden Fall….
Hier herrscht der Tod.
Und um meine Feststellung zu bekräftigen erklang in diesem Augenblick ein furchtbar schrecklicher Schrei, gefolgt von grausamen Lachen.
Oh scheiße das ist nicht gut!…
Wieder betrübte der Geruch meine Sinne und bevor ich nochmals die Ohnmacht verlor, begriff ich wo ich mich befand.
Im Kapitol.


“Aufwachen, Flammenmädchen.”
Eine kratzige Stimme erklang neben mir und riss mich somit aus meiner Ohnmacht. Sie klang merkwürdig vertraut, doch etwas böses, verachtendes hallte in ihr wieder. Ich fürchtete mich davor was ich sehen würde, wenn ich meine Augen öffnete. Deshalb hielt ich sie fest zusammengekniffen und versuchte die aufkeimende Panik zu ignorieren.
“Du musst keine Angst haben, Katniss. Öffne die Augen und sieh deinen alten Freund an.”
Freund? Nein, er war sicher kein Freund.
“Wer… wer bist du?,” flüsterte ich ängstlich. Erst jetzt fiel mir auf das ich am ganzen Leib zitterte.
Zeige deine Angst nicht, Katniss!, ermahnte ich mich selbst. Darauf hat er es doch nur abgesehen.
Dennoch zuckte ich zusammen, so das es wieder weh tat, als ich spürte wie ein eiskalter Finger meine Wange berührte.
“Aber, aber, Katniss! Das beleidigt mich. Du erkennst mich nicht? Hmm. Dabei haben wir doch so viel Zeit zusammen verbracht!”
Ich schluckte und riss meine Augen dann weit auf. Der Raum war nicht mehr in Dunkelheit gehüllt, da ein paar Fackeln angezündet wurden. Zögernd blickte ich mich um, aber darauf bedacht nicht in das Gesicht meines “alten Freundes” zu schauen. Davor hatte ich einfach zu viel Angst. Doch was ich sonst noch so sah machte es mir unmöglich keine Panik zu haben. Peitschen, Schwerter, Scheren, Messer in jeder Form und sogar ein elektrischer Stuhl war vorhanden. Mein herz fing an schneller zu schlagen und mein Atem kam keuchend. Was werden sie wohl als erstes benutzen?
“Sieh mich an, Flammenmädchen,” erklang wieder seine Stimme neben mir. Und bevor mich der letzte Funken Mut verlies wandte ich ihm mein Gesicht zu und schnappte nach Luft. Kalt lächelnd stand Plutarch in einem wundervollem Gewand vor mir. All seine Narben, die er je hatte waren von samtweicher Haut verdeckt. Meine jedoch zierten immer noch mein Gesicht und zeichneten mich als Kriegerin heraus. Ja, wenn ich untergehe dann als Kriegerin. So hatte ich es mir einmal geschworen. Ich reckte mein Kinn hervor und funkelte Plutarch verächtlich an. Nachdem ich Coin erschossen hatte, wurde er zum Präsidenten von Panem erklärt.
Das war nun schon fast einen Monat her.
Aber er hasste mich, weil ich sie getötet hatte. Denn er liebte Coin abgöttisch….
“Was willst du von mir?,” zischte ich so böse wie ich nur konnte.
“Wieso so unfreundlich?,” fragte er lachend. Ich erwiderte nichts darauf.
Stumm schaute ich zu wie er ein Messer in die Hand nahm und es hin und her wiegte. Gänsehaut breitete sich in mir aus. Wie sehr wird es wohl weh tun?
“Ich wollte noch ein bisschen mit dir reden. Letztes Mal bist du so schnell verschwunden.”
Ich schaute ihn weiterhin ausdruckslos an und schwieg. Gefährlich blitzte es in seinen Augen auf. Hoffentlich bringt er es schnell hinter sich. Bitte.
“Aber anscheinend hast du ja keine Lust dich mit mir zu unterhalten, was?”
Ich konnte mir ein Seufzen nicht unterdrücken und wandte meinen Kopf von ihm ab. Langsam fing ich an meinen Kopf zu schütteln. Aber mehr aus Verzweiflung als Verachtung. Dennoch verstand Plutarch es falsch.
Ein scharfer Schmerz durchzuckte meinen Arm und ich sah wie Blut aus der kleinen Wunde tropfte.
“Pech gehabt, Feuermädchen!”
Mit diesen Worten wandte sich Plutarch ab und verschwand durch eine Tür. Doch natürlich war mir klar, das es nicht das Ende hieß.
Schon nach einigen Sekunden spürte ich den ersten Peitschenhieb. Sofort folgte der zweite, der dritte und vierte. Unerträglicher Schmerz machte sich in mir breit und ich brüllte mir die Seele aus dem leib. Ungefähr nach dem dreißigstem Hieb konnte ich nicht länger. Ich senkte meinen Kopf und bekam den nächsten Schock. So viel Blut hatte ich noch nie an mir gesehn. Es war schrecklich. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen und mein Körper fühlte sich taub an. Der Schmerz verflog. Ich spürte nichts mehr und irgendwann wurde alles um mich herum Schwarz.
Ich starb.


“Wieso tust du das?,” fragte ich Plutarch stockend.
Ich hatte immer noch Schmerzen und konnte mich nur mit Mühe bewegen. Eiskalt schaute mich der Präsident an und antwortete zu meiner Überraschung.
“Ich habe den einzigen menschen verloren der mir noch etwas auf dieser Welt bedeutet hat. Und du hast sie getötet. Nun muss ich jeden tag damit leben. Ohne sie. Und du sollst ohne deine Lieben leben.”
“Sie werden zu mir kommen, Plutarch!”
“Glaubst du das wirklich, Katniss? Sie hassen dich. Für sie bist du nicht mehr als eine Verrückte.”
“Nein, das stimmt nicht!”
Verzweifelt klammerte ich mich an den Gedanken meine Freunde würden zu mir zurück kommen. Es wäre alles wieder wie früher und sie würden mir verzeihen. Ich mein, sie konnten mich doch nicht einfach so verlassen. Nicht nach all dem!
Plutarch lachte nur auf und sagte:
“Ja, katniss, klammer dich nur an den gedanken, das sie kommen. So stürzt du dich nur unaufhaltsam in dein eigenes Verderben.”
“Aber… wieso hast du mich dann noch foltern lassen?”
“Ein paar schmerzen mehr oder weniger. Was solls? Außerdem siehs doch positiv.”
“Positiv!?”
“Du hast die hässlichen Narben aus deinem Gesicht bekommen.”
Ja, super. Dafür hatte ich aber immer noch welche auf meinem Rücken. Wenigstens hatten sie die blöden narben von meinem Bauch und den Armen wegbekommen. Außerdem, wie bitte ist das Positiv? Plutarch hat mich fast eine ganze Woche festgehalten und mich gefoltert. Schlau mich dann immer wieder zu heilen und später wieder zu peitschen.
“Plutarch, du… du…”
“Geh, Katniss und sterbe in deinem schmerz!”
Damit verschwan der schon wieder und ließ mich allein. Nun ja, wenn man mal von den zwanzig mit Schwertern bewaffneten Friedenswächtern absah. Unsanft packte mich einer von ihnen und zerrte mich mit sich.
Jede Stelle meines Körpers tat mir weh und ich stolperte einige Male.
Doch als ich ins warme Sonnenlicht trat und mich eine kleine Woge der freude erfasste wurde mir klar was darin überhaupt passiert war. Und das gefiel mir ganz und gar nicht.
Wütend murmelte ich ein paar Worte vor mich hin.
“ich werde Rache nehmen, Plutarch! … Das ist nicht das letzte Mal das du mich siehst. Doch nächstes mal wirst du vor mir knien. Bis auf ein Freudloses Wiedersehn, alter Freund….”

*FLASHBACK ENDE*

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 07.06.2011

Alle Rechte vorbehalten

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