Draussen ist Dunkelheit
und es wird noch gelacht.
Schlaf ist Dir Mangel,
ich flüstere Gute Nacht,
Du liegst bestimmt auf den Sofa.
Ich freue mich auf Morgen:
wir werden uns wieder sehen,
etwas essen, etwas trinken,
und reden über Chakra
wie ein verfluchter Langfinger
dein Duft habe ich mitgenommen
habe ihn an meinem Herz gedrückt
um ihn nicht mehr los zu lassen.
wie ein schmachvoller Dieb
bin ich gegangen, mit Deine Lieb’
um sie in meinem Herz zu verstecken
zumindest bis zum frühen Morgen.
Die Sonne scheint durch das dreckige Fenster und lässt einen mageren Lichtfleck auf den überfüllten
Schreibtisch fallen.
Der Mann, ein mittelgroßer dunkelhaariger mit Brille, schaut auf seine Hand ohne sie wirklich zu sehen.
Gedankenverloren ins Nichts.
Die Asche seiner Zigarette wird immer länger, immer unsicherer, sieht aus wie jemand der auf einem Seil
das erste Mal laufen würde und droht bald herunterzufallen.
Irgendwo auf diesem Stockwerk, in einem anderen Zimmer, lässt ein Telefon seine elende Stimme erklingen.
Gedämpft wie durch einen dicken Nebel.
Der Mann hört nichts. Der Mann sieht nichts. Verloren, Milliarden Lichtjahre entfernt.
Da ohne hier zu sein, einsam, irreal…
Draussen ertönt ein Geräusch.
Crescendo!
Es scheint von überall gleichzeitig zu kommen.
Leise zuerst aber trotzdem furchtbar im Ton. Ein Rollen, das schnell lauter wird als tausend Donner.
Immens wie eine unsichtbare Kreatur.
Die Lautstärke schwillt an, immer unerträglicher, mehr und mehr füllend, da, überall, ungeheuerlich.
Aura von Angst und Albtraum. Ausserirdische.
Bald ist auch die Sonne weg, wie vom Himmel ausradiert. Die Zeit selbst scheint sich auszudehnen wie ein
riesiger Gummiring.
Die Farben ändern sich: von Pastelltönen in heftige und knallige Töne, wie wild aus der Palette eines
verrückten Malers. Van Gogh hoch zwanzigtausend, lebendige Malerei, schrecklich und trotzdem
faszinierendes Kaleidoskop…
Ruhige Bäche werden zu furiosen Flüssen, die höchsten Berge, glorreiche der Welt, fangen an
zu schrumpfen und gleichen in ihrem Äusseren Rollsplitt.
Die grössten Eisberge fangen an zu schmelzen. Eiskügelchen in der immensen Weite des Wassers.
Zauberkessel des böse gewordenen.
Es dauerte Tage, Wochen, Monate, bevor die Schöpfung wieder ruhig und stabil wurde. Die frechen
Großstädte der Welt waren nun unscharfe Erinnerung von ehemaliger Macht. Ab und zu stand noch ein Haus.
Oder sogar noch ein ganzes Stadtviertel mit seinem Hochhäusern. Andenken des Schicksals. Und manchmal,
wenn das Wetter milder wurde und die Sonne schien, war dort fast sowas wie Leben.
Heute zum Beispiel.
Die Sonne scheint durch das dreckige Fenster und eine leichte Brise lässt die Staubpartikelchen in den mageren
Lichtflecken spielen.
Millionen bunte Flächen in der Kälte eines Frühmorgens.
Der Mann, ein mittelgrosser dunkelhaariger mit Brille, sitzt vor einem überfüllten Schreibtisch und hält eine
Zigarette zwischen seinen langen gelblichen Fingern.
Irgendwo, weit entfernt in einem anderen Zimmer, lässt ein Telefon seine elende Stimme erklingen.
Aber der Mann hört nicht.
Der Mann sieht auch nicht.
Der Mann interessiert sich schon seit Jahren nicht mehr für das, was auf dieser plötzlich komisch gewordenen
Welt passiert. Ausser vielleicht für seine Zigarette.
Auch dieses Mal wird der Mann nicht am Telefon antworten.
Er wird nie wieder an irgendeinem Telefon antworten.
Er ist schon lange tot.
Meine Dusche fängt mit einem Morgen an,
Kaffeeduft verfolgt den Tisch,
die Gedanken auf dem Stuhl.
Halbe Stunde verbraucht,
unter der Hülle des Geistes
vereinigtdie Reisen der Seele, der Körper.
Das Licht des Tages
entflieht der Nacht der Traum,
wischt dem Mond die Spuren aus.
Die Stunden vergehen den Tag,
Emotionen pflücken die Muse
Unendlichkeit der Gedanken.
Nichts ist besser, um sich von der Nacht zu verabschieden, als mit einem schönen ruhigen Kaffee.
Nicht die Bohne! sagte der Tag
Erhebe dich aus Morpheus Lage und erkunde die Welt!
Die Tasse hebt sich an meine Lippen,
obszöner Kuss…
Wenn sie leer ist, bin ich bereit.
Bei Sonnenauf- und -untergang
werden wir die Milchstrasse
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Patrick Antoine
Bildmaterialien: Patrick Antoine
Cover: Patrick Antoine
Tag der Veröffentlichung: 20.12.2021
ISBN: 978-3-7554-0344-9
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