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My Old Kentucky Home

Lina, Nele, die Zwillinge und ihre Freunde saßen in der Mittagspause in der Schulkantine der Kennedy Academy und aßen. „Habt ihr diese Plakate gesehen, die seit gestern die ganze Schule pflastern?“, fragte Jason. „Ja, klar, sind ja nicht zu übersehen.“, grinste Mark, „Weiß jemand, was da genau draufsteht?“ – „Was? Keiner von euch hat mal einen Blick darauf geworfen, oder sich die Zeit genommen, eines davon zu lesen?“, hakte Lina nach. Die Anderen sahen etwas beschämt aus und sie erklärte: „Die Plakate sind vom Medical Center Lexington und sie bitten um Blutspenden.  Morgen nach der Schule.“ – „Oh, nein!“, seufzte Jason, „Morgen ist Freitag. Der einzige Tag in der Woche, an dem wir nur vormittags Schule haben. Das können die nicht machen.“ – „Stell dich nicht so an!“, forderte sein Bruder, „Ich gehe auf jeden Fall hin.“ – „Ja, ich auch.“, sagte Lina und Nele, Mark und Alex nickten zustimmend. Für diesen guten Zweck wollten sie einen Teil ihres freien Nachmittags hergeben. Und so wie sie dachten viele Schüler der hoch angesehenen Privatschule.

Also strömten sie nicht wie sonst am Freitag gleich nach der vierten Stunde aus dem Schulgebäude, sondern steuerten die Aula an. „Hallo! Ihr wollt auch Blut spenden?“, sprach ein Junge sie an. Es war Ian, der auch in ihrem Basketballteam spielte. „Natürlich. Was denn sonst!?“, gab Jason zurück, „Du etwa auch?“ Ian nickte und so gingen sie zusammen weiter. In der Aula stellten sie fest, dass die Spendenaktion auch für die Bewohner Lexingtons gedacht war. Und es waren viele Menschen gekommen, die diese Schule wohl noch nie von innen gesehen hatten. Es war unerwartet voll, doch sie mussten trotzdem nicht lange warten. „So, wer von euch will denn zuerst?“, fragte eine freundliche junge Krankenschwester. Die Zwillinge, Lina und Ian wollten den Anfang machen, so dass Mark, Alex und Nele noch warteten. Es ging relativ schnell, so dass Jason die Sorgen um seinen freien Nachmittag bald vergaß. „Bleibt noch kurz liegen, sonst kippt ihr nämlich gleich wieder um.“, riet die junge Frau ihnen und sie hörten auf sie. Die Krankenschwester stellte die Fläschchen mit dem abgenommenen Blut weg und wenig später wurden Nele, Mark und Alex angezapft, während ihre Freunde auf sie warteten. „Wir wussten gar nicht, dass auch die Leute aus der Stadt aufgefordert wurden, hier Blut zu spenden.“, sagte Lina zu der jungen Krankenschwester. „Oh, doch. Wir hatten nämlich ganz und gar nicht damit gerechnet, dass so viele Schüler kommen würden. Das ist echt toll!“, antwortete diese. „Hey, Hallo!“, rief plötzlich eine ihnen bekannte Stimme. Wenig später standen Lilli und Vivian vor ihnen. „Ihr auch hier!?“, wunderte Mark sich. „Ja, natürlich. An unserer Schule haben sie extra Sonderbusse bereitgestellt, damit so viele wie möglich spenden.“, erklärte Lilli. „Sollen wir noch auf euch warten? Dann kann Dave euch nach Hause fahren.“, bot Juan an. „Das wäre super!“, sagte Vivian begeistert. So beschlossen auch Alex, Ian und Mark noch etwas zu bleiben. Als Lilli und Vivian fertig waren, verabschiedeten sie sich von der Krankenschwester und wollten gehen. Doch kaum hatten sie sich ein paar Meter entfernt, da gingen in der ganzen Aula die Lampen aus. Da es ein regnerischer, grauer Frühjahrstag war, wurde es sehr dunkel in der Halle.

„Was ist das?“, rief Lilli panisch. „Vermutlich ein Stromausfall.“, sagte Alex beruhigend. Dann ertönte ein schriller Schrei. „Was das nicht die Krankenschwester?“, fragte Ian leise. Gerade wollte Lina ihm zustimmen, da rannte jemand auffällig schnell an ihnen vorbei. „Kann vielleicht mal jemand was machen? Ich kriege hier langsam Angst.“, hauchte Lilli, „Warum ist es denn so unglaublich dunkel?“ – „Gehen wir raus!?“, murmelte Mark. „Geht nur! Ich will sehen, was die Krankenschwester hatte. Wieso hat sie nur so geschrieen?“, sagte Lina. „Findet ihr den Weg hier raus?“, fragte Lilli ängstlich. „Klar! Das ist nicht schwer.“, antwortete Mark, „Lina, willst du echt...“ – „Ja, wer kommt mit?“ – „Ich! Entschied Nele. „Gut, treffen wir uns in der Eingangshalle!“, meinte Alex und sie trennten sich. Lina und Nele zog es zurück. Es dauerte nicht lange, bis sie die Krankenschwester gefunden hatten. „Haben sie geschrieen?“, fragte Lina. „Ja, gut, dass ihr kommt. Ich wurde überrumpelt und dann wurden Blutspenden gestohlen.“ – „Was? Von wem?“ – „Das war ein maskierter und schwarz gekleideter Mann.“, antwortete die Frau. „Vielleicht war es der, der so fluchtartig an uns vorbeigerannt ist?“, überlegte Nele. „Wenn doch endlich das Licht wieder anginge!“, seufzte die junge Frau, „Ich kriege hier gleich zu viel.“ Doch sie saßen noch eine Weile im Dunkeln, bevor die Beleuchtung anfing zu flackern und schließlich wieder ganz funktionierte. „Endlich!“, sagte die Krankenschwester erleichtert. Nun sah sie nach, welche Blutspenden fehlten. „Oh, nein! Die von euren Freunden und die von dir.“, sagte sie zu Lina. „Was? Von welchen Jungs genau? Alle?“, hakte das Mädchen nach. „Nein. Die Zwillinge und... Ian hieß er, oder?“ – „Ja, Ian. Fehlen nur die vier?“ – „Genau! Was will man denn damit?“, wunderte die Frau sich. Das konnten die Mädchen ihr auch nicht sagen. „Rufen Sie die Polizei! Wir holen die Anderen.“, entschied Nele. Sie ging mit ihrer Freundin in die Eingangshalle. „Da seid ihr ja endlich!“, sagte Mark, „Können wir los?“ – „Nein, noch nicht.“ – „Warum denn nicht?“ – „Es wurden Blutspenden gestohlen. Deine, Ian, eure, Jason und Juan, und meine!“, erklärte Lina und berichtete, was sie wussten. „Und was jetzt?“, wollte Ian wissen. „Jetzt warten wir auf die Polizei.“ – „Na toll!“, seufzte Juan genervt. Zusammen mit der Krankenschwester warteten sie also. Die Polizei kam und ein weiteres Mal wurde das Passierte erzählt. „Gut, stellen sich erst mal einige Fragen. Wer könnte es gewesen sein? Wer hätte ein Motiv und welches?“ Lina hörte der Polizei nicht mehr zu, denn ihr stellte sich eine ganz andere Frage: War es Zufall, dass es gerade diese Blutspenden gewesen waren, oder war es dem Dieb egal gewesen? Ähnliches ging auch Nele und den Zwillingen durch den Kopf.

Als sie schließlich in der Limousine saßen und Lilli und Vivian nach Hause gebracht worden waren, seufzte Jason und sagte: „Wozu habe ich mir jetzt eigentlich Blut abzapfen lassen?“ – „Lina! Du guckst schon wieder so... was denkst du?“, fragte Juan etwas misstrauisch. „Ich finde es nur seltsam, dass von euch beiden die Blutspenden fehlen.“, gab sie zu. „Du witterst doch nicht schon wieder eine Spur, oder?“, fragte Nele nun. „Kann doch sein.“ – „Kann aber auch Zufall sein.“ Nun mischte Dave sich ein: „Der Stromausfall war jedenfalls kein Zufall, sondern Sabotage. So viel konnte ich aus den Polizisten herausquetschen.“ – „Oh, nein! Womit habe ich das nur verdient?“, jammerte Jason. „Das heißt jetzt was?“, fragte Juan. „Dass wir herausfinden müssen, was mit unseren Blutspenden passieren soll.“, erklärte Lina. „Das tut die Polizei doch schon.“, erinnerte Juan sie. „Als ob die etwas auf die Reihe kriegen würden!?“, meinte Nele, „Die waren außerdem gar nicht dabei.“ – „Und ihr meint, wir kriegen das hin?“ – „Auf jeden Fall versuchen wir es.“, sagte Lina zuversichtlich wie immer. „Ich weiß zwar nicht, wie du das anstellen willst, aber bitte... dann eben auf ein Neues!“, murmelte Juan.Auf der Alder Farm angekommen, brachten sie ihre Schulsachen weg, zogen ihre Stallklamotten an und trafen sich wieder am Stall. „Habt ihr eurem Dad gesagt, was passiert ist?“, fragte Lina die Zwillinge. „Bist du verrückt? Der erholt sich noch vom letzten Sommer. Hast du es deinen Eltern gesagt?“, wollte Jason wissen. „Nein. Auch nicht. Die wären ebenfalls ausgeflippt. Sie verbieten uns schließlich seit Jahren, solchen Sachen nachzuforschen. Vor allem, seit wir die Gangster in den Knast gebracht und letzten Sommer Lorna als eure Halbschwester gefunden haben.“ - „Also sind wir uns einig, dass wir unsere Nachforschungen heimlich machen?“, erkundigte Nele sich. „Uns bleibt gar nichts anderes übrig.“, sagte Jason, „Sonst würden unsere Eltern uns wohl gar nicht mehr aus dem Haus lassen.“ – „Okay, aber jetzt müssen wir langsam mal die Pferde reinholen, sonst wird das heute nichts mehr mit dem Reiten.“, entschied Lina und sie zogen los in Richtung Wiese.

„Wenigstens sind die Pferde nicht nass geworden.“, stellte Juan zufrieden fest, „Da können wir gleich reiten.“ – „Mein ihr, wir können auf den Platz gehen?“, fragte Lina. „Klar! Der Boden auf dem Reitplatz ist okay. Spezialboden für dieses regnerische Frühjahr.“, prahlte Jason stolz. Sie banden ihre Pferde an und begannen zu putzen. Plötzlich kam Mister Moure zu ihnen gelaufen. „Ihr glaubt nicht, was passiert ist.“, rief er aufgedreht. „Und was, Dad?“, fragte Juan. „Night Storm geht in Dubai an den Start!“, verkündete der Gestütsbesitzer stolz. „Was? In Dubai?“ – „Ja! Im Dubai World Cup! Das ist...“ – „... das teuerste und höchstdotierte Pferderennen der Welt.“, ergänzte Nele ehrfürchtig, „Wahnsinn!“ – „Welches Pferd ist noch mal Night Storm?“, fragte Lina sehr nüchtern und erntete verständnislose Blicke. Night Storm war seit Wochen der ungeschlagene Star der Alder Farm. Wie konnte Lina nur eine solche Frage stellen? „Wir zeigen ihn dir.“, sagte Jason und sie ließen Mister Moure stehen. Auf dem Weg zu den Hengstställen wollte Nele von ihrer Freundin wissen: „Willst du mir erzählen, dass du von dem Wirbel um dieses Superpferd rein gar nichts mitbekommen hast?!“ – „Na ja, den Namen habe ich schon gehört, aber sonst...“, gestand das Mädchen. Sie war eben kein solcher Vollblutfanatiker, wie Nele und die Zwillinge. Trotzdem war es denen ein Rätsel, wie Lina es geschafft hatte, so gar nichts mitbekommen zu haben. So gut wie jeder auf dem Gestüt kannte die Geschichte. Mister Moure hatte sich auf einer Vollblutauktion dieses Tier ausgesucht und wenn der sich ein Pferd in den Kopf gesetzt hatte, dann kämpfte er so lange, bis er es im Stall hatte. Das hatte er auch bei Night Storm gewollt. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, dass sich ausgerechnet zwei Sheikhs für den Hengst interessierten. Mister Moure hatte sich eine atemberaubende Schlacht um das Pferd geleistet und am Ende den Zuschlag zu einem unglaublichen Preis bekommen. Jeder hatte danach eine andere Meinung gehabt zu der Frage, ob Night Storm das Geld wert sei. Doch der Hengst hatte innerhalb weniger aber hochdotierter Rennen das Geld eingelaufen, die Mister Moure für ihn hingeblättert hatte, und es scheinbar mühelos übertroffen. So war er zum Pferd Nummer Eins auf der Alder Farm geworden. „Das ist er.“, sagte Jason nun voller Stolz und deutete auf das Tier in einem der Hengstställe. „Hübsch.“, fand Lina. Night Storm war ein eleganter Rappe mit einem auffälligen Stern auf der Stirn. Aus seinen intelligenten Augen sah er sie neugierig an. „Hübsch!?“, hakte Nele nach, „Also ich finde ihn umwerfend.“ Das sahen die Zwillinge auch so. „Ich gratuliere, Night Storm. Du fährst nach Dubai.“, sagte Juan. „Wäre fliegen nicht einfacher?“, zog Lina ihn auf und er meinte: „Okay, fliegen. Also, Night Storm, du fliegst nach Dubai.“ – „Das ist echt cool.“, betonte Jason noch einmal, bevor sie den Hengst ich Ruhe ließen und sich wieder auf den Weg zu ihren Pferden machten. Night Storm und Dubai waren das Gesprächsthema auf der Alder Farm. Wo sie auch vorbeikamen, niemand sprach von etwas Anderem.

Als sie am nächsten Montag in der großen Mittagspause zusammen mit Alex und Mark in der Schulkantine saßen, verkündete Jason die Neuigkeit natürlich sofort: „Wir schicken ein Pferd zum Dubai World Cup.“ – „Lass mich raten; Night Storm!?“, sagte Alex gespielt gelangweilt. „Wow, woher wusstest du denn das?“ – „Ich lese On Turf! Gestern kam die neueste Ausgabe.“ – „Steht das da etwa schon drin?“ – „Nein, aber da sind die Rennergebnisse des letzten Monats drin. Night Storm hat ordentlich abgeräumt.“ Jason grinste überheblich, doch das änderte sich schlagartig, als Mark sagte: „Na und? Wir haben auch ein Pferd, das in Dubai an den Start geht.“ – „Was?“ – „Ja, es heißt Baby Bear.“ Erstaunt sahen sie den Jungen an. „Gratuliere.“, sagte Lina ehrlich. „Auch nichts Neues.“, fand Alex, der das schon wusste, weil sein Pferd auf der Stirrup Farm stand, „Habt ihr denn keine wirklich coolen Neuigkeiten?“ Fragend sahen die Anderen ihn an. „Hast du etwa wirklich coole Neuigkeiten?“, fragte Juan. „Und ob! Aber eigentlich darf ich euch davon noch gar nichts sagen!“ – „Komm schon! Jetzt hast du uns neugierig gemacht. Raus mit der Sprache!“, forderte Mark. „Es ist aber noch ein Geheimnis.“, zögerte Alex die Antwort heraus. „Sag es!“, rief Jason neugierig. „Ist ja gut.“, grinste sein Kumpel, „Also, Aaron und Lorna heiraten.“ – „Waaas?“, entfuhr es den Anderen gleichzeitig. „Ja, wirklich.“, bekräftigte Alex. „Das ist doch cool!“, fand Nele. „Ja, irgendwie schon.“, gab Jason zu, von dem es alle am wenigsten erwartet hätten. „Hey, das heißt ja, dein Bruder heiratet meine Halbschwester!?“, stellte Mark nun fest. Die Anderen mussten lachen. „Aber du hast Recht, Mark.“, sagte Juan, „Und Alex´ Bruder heiratet Jasons und meine Halbschwester.“ – „Also ehrlich, viel komplizierter dürfen die Familienverhältnisse aber nicht mehr werden, sonst steige ich da nicht mehr durch.“, murmelte Jason. In dem Moment gingen Colin und Ian an ihrem Tisch vorbei. Colin war ebenfalls im Basketballteam der Schule und er sagte nun zu Ian: „Was? Deine Blutspende wurde geklaut? Was will man denn damit?“ – „Vielleicht einen Vaterschaftstest machen, damit der Bastard endlich seinen Dad kennen lernt!?“, rief David- ebenfalls einer der Basketballer- und lachte, als habe er einen besonders guten Witz gemacht. „So ein Blödsinn!“, murmelte Ian, „Den habe ich schon machen lassen. Ich kenne meinen Dad.“ Damit verschwanden er und Colin aus der Schulkantine.

„David wird auch immer dämlicher, was?“, stellte Juan fest. „Ja, er hängt eindeutig zu oft mit Brenda rum.“, sagte Jason und sie schenkten den Schulkameraden keine Aufmerksamkeit mehr. „Wann genau heiraten Lorna und Aaron denn?“, fragte Lina. „Das weiß ich auch nicht, aber ihr werdet dann ja eine Einladung bekommen.“, sagte Alex. „Okay. Hauptsache, wir haben dann noch genug Zeit, das Geschenk zu planen.“, meinte Juan. „Oh, das kann ja was werden.“, seufzte Nele, „Uns ist ja nicht einmal etwas für Lornas Geburtstag eingefallen.“ – „Ja. Und diesmal muss es auch etwas einfallsreicher sein, als ein Gutschein von The Horseman.“, fand Mark, obwohl dieser Vorschlag damals von ihm gekommen war. „Hat denn die Polizei schon etwas herausgefunden, wegen der Blutspenden?“, fragte Alex nun, doch davon wusste niemand etwas. „Hätten sie etwas herausgefunden, dann hätten sie das schon längst an die große Glocke gehangen, damit die ganze Nation Bescheid wüsste.“, sagte Nele dazu nur und die Anderen gaben ihr Recht. „Es ist aber auch schwierig, eine Spur zu finden.“, gab Mark zu, „Wo soll man denn anfangen? Die Männer waren maskiert.“ – „Die Männer?“, hakte Juan nach. „Ja, man geht davon aus, dass es mindestens zwei waren. Einer ließ die Sicherungen rausfliegen und einer ließ die Blutspenden mitlaufen.“ – „Wer sagt, dass es zwei Männer waren? Könnte ja auch eine Frau dabei gewesen sein können, oder?“, meinte Lina. „Keine Ahnung. Sehe ich aus, wie der Pressesprecher der Polizei?“, gab Mark zurück. „Wir müssen nur cleverer sein, als die Polizei.“, stellte Alex fest und Jason sagte sarkastisch: „Ach so, wenn es weiter nichts ist.“ Nun seufzte Juan: „Oh, man! Wenn Dad wüsste, was wir schon wieder ausbrüten, dann würde er sich nicht so sehr über Night Storms Start in Dubai freuen.“ – „Was er wohl zu Lornas Hochzeit sagen wird?“, fragte sein Bruder sich und fügte grinsend hinzu: „Irgendwann wird ihn das alles gewaltig umhauen!“ Das glaubten seine Freunde auch. Es klingelte und sie zogen los, um nicht zu spät in ihre Kurse zu kommen.

Als Dave die vier nach der Schule abholte, hatte er eine Neuigkeit für sie: „Mister Moure hat euch und eure Eltern zum Essen eingeladen.“ Die Mädchen sahen sich verwundert an. „Warum denn das?“, fragte Nele, doch auch die Zwillinge konnten ihr diese Frage nicht beantworten, weil sie davon selbst nichts gewusst hatten. „Was will Dad denn? Ich meine, bisher hatte er bei einem solchen Abendessen meistens etwas Wichtiges zu verkünden, oder zumindest eine Überraschung parat.“, erinnerte sich Juan, „Dave, weißt du etwas Genaueres?“ – „Nein, tut mir Leid. Ich habe auch keine Ahnung.“ – „Okay, dann überhol aber wenigstens die Limousine vor uns. Da sitzt nämlich Mark drin.“, forderte Jason, doch Lina fragte: „Was soll das denn bringen? Die biegt sowieso gleich ab.“ – „Es geht ums Prinzip.“, erklärte Jason und Dave überholte. Lina seufzte genervt und machte ein verständnisloses Gesicht. „Wir sehen uns dann heute Abend!“, rief Juan, als sie auf der Alder Farm aus der Limousine stiegen. „Ja, bis dann!“, antworteten die Mädchen und machten sich auf den Weg nach Hause. Auf dem Weg dorthin trafen sie ihre Mütter. „Mister Moure hat uns heute Abend zum Essen eingeladen!“, verkündete Linas Mom. „Wissen wir schon.“, sagten die beiden Mädchen wie aus einem Munde. „Ich frage mich, warum. Vielleicht, weil Night Storm in Dubai an den Start geht!?“, mutmaßte Neles Mom. „Auch das wäre nichts Neues.“, sagte ihre Tochter, „Ich weiß zwar nicht, wie Mister Moure es geschafft hat, diese Neuigkeit so schnell zu verbreiten, aber das wussten schon am Wochenende alle.“ – „Also, euch kann man auch nichts Neues erzählen, was?“, beklagte sich Linas Mom. Doch die Mädchen zuckten nur die Schultern und gingen weiter. Kopfschüttelnd folgten ihre Mütter ihnen.

Als sie am Abend mit ihren Eltern und den Zwillingen in der Villa der Moures am Tisch saßen und nur noch auf Mister Moure warteten, fragte Nele die Jungs: „Wisst ihr inzwischen, was euer Dad im Hinterkopf hat?“ – „Nein, wir haben ehrlich keine Ahnung. Wissen eure Eltern denn nichts Genaues?“ – „Nein, Fehlanzeige.“, gestand das Mädchen leise. Nun tauchte der Gastgeber auf. Sie begrüßten Mister Moure und er sagte: „Schön, dass alle gekommen sind. Ich schlage vor, wir essen erst einmal und dann sage ich euch, was der Grund unseres heutigen Treffens ist.“ Damit spannte er seine Gäste natürlich noch mehr auf die Folter und die Mädchen glaubten, dass ihm das durchaus bewusst war. Also aßen sie zuerst und als der Tisch abgeräumt war, sahen alle Mister Moure an. „Also gut, dann komme ich mal zum Thema.“, begann der Gestütsbesitzer, „Wie ihr wisst, geht unser Hengst Night Storm in Dubai beim teuersten Pferderennen der Welt an den Start. Nun ist meine Frage: Wer von euch hat Lust, sich das anzusehen?“ – „Das ist wirklich ein verlockendes Angebot, aber im Moment ist einfach zu viel zu tun, um ein ganzes Wochenende lang weg zu sein.“, sagte Neles Vater und ihre Mutter nickte. Linas Eltern sahen das genauso. „Das ist wirklich schade.“, fand der Mann, „Und wie sieht es mit euch aus, Kinder?“ – „Wir kommen natürlich mit.“, entschied Jason, auch wenn niemand so genau wusste, wen er mit „wir“ meinte. Mister Moure jedenfalls war sich nicht ganz sicher und fragte lieber noch einmal nach, um Missverständnisse auszuschließen: „Lina und Nele, ihr nehmt die Einladung an?“ – „Ja, danke. Das ist echt cool!“, freute Nele sich und ihre Freundin war ebenfalls total begeistert. „Sehr schön. Dann werden wir das ganze Rennwochenende in Europa verbringen.“ Lina und Nele sahen sich an und fragten dann gleichzeitig: „Wo?“ – „Na, in Dubai, in Europa.“ Die Mädchen und ihre Eltern verkniffen sich höflichkeitshalber das Lachen. Doch auf dem Weg nach Hause konnten die Mädchen sich nicht mehr beherrschen. „Okay, fliegen wir nach Dubai in Europa.“, äffte Lina Mister Moure nach. „Wen er da wohl gefragt hat? Wahrscheinlich Bruce, der hat genauso viel Ahnung.“, kicherte Nele. „Ja, genau.“, lachte Lina, „Wollen wir den Beiden mal Nachhilfe in Erdkunde geben?“ – „Oder wir schenken ihnen einen Globus.“, schlug Nele vor, „Was hältst du davon?“ – „Ein Globus für Mister Moure!? Gute Idee! Ich habe zwei. Einen davon kann er haben.“ Immer noch lachend kamen sie bei ihren Häusern an und wünschten sich eine gute Nacht, bevor sie reingingen.

„Also, Leute, ich habe ein paar geheime Wünsche aus Lorna herausquetschen können.“, verkündete Alex am nächsten Tag, als sie wie immer gemeinsam in der Schulkantine saßen und Mittag aßen. „Und die wären?“, hakte Lina nach. „Eine weiße Kutsche und ein Picknick im Sonnenuntergang.“ – „Nicht schlecht.“, fand Jason anerkennend, „Auf jeden Fall schön romantisch.“ – „Hast du gerade „schön romantisch“ gesagt?“, wunderte Nele sich und er nickte. „Also, wenn Jason heiratet, bitte dasselbe. Welche Farbe soll dein Hochzeitskleid denn haben, Brüderchen?“, zog Juan ihn auf. „Ach, halt die Klappe! Ich finde, Lorna hat einen guten Geschmack.“, verteidigte der Junge sich und Mark gab ihm Recht. „Also, die weiße Kutsche hat mein Dad schon besorgt. Damit fährt sie nämlich auch zur Kirche.“, erklärte Alex, „Jetzt kommt mein Plan.“ – „Okay, lass hören!“ – „Gegen Abend, sagen wir eher später Nachmittag, fahren wir mit der Kutsche bei Lornas und Aarons Wohnung vor. Mit dabei ein Fotograf.“ – „Halt mal, wo sollen wir denn alle hin?“, fragte Mark nach. „Dazu komme ich jetzt! Wir reiten vorne weg und hinter der Kutsche her. Lilli und Vivian müssen am Besten auch mitmachen, dann sind wir acht Reiter. Plus die Kutsche.“ – „Ganz schön großer Umzug, was?“, meinte Juan, „Klingt aber sehr gut.“ – „Und es geht noch weiter.“, sagte Alex, „Wir reiten- und sie fahren- eine tolle Strecke durch den Wald zum Lexington River. Da schicken wir Lorna und Aaron zu einem Spaziergang in den Wald. Der Fotograf geht am Besten mit. In der Zeit bauen wir das Picknick auf und verdünnisieren uns.“ – „Wow! Du hast dir ja echt schon Gedanken gemacht.“, sagte Nele anerkennend. „Na ja, es ist schließlich die Hochzeit meines Bruders.“ – „Und die Hochzeit unserer Halbschwester.“, riefen Mark, Jason und Juan gleichzeitig. „Heißt das, ihr macht mit?“, wollte Alex wissen. „Natürlich!“ – „Was denkst du denn?“ – „Wir sind dabei!“, tönten seine Freunde ihm entgegen.

Als sie sich nach der letzten Stunde alle am Haupteingang der Schule trafen, trug Lina ein quadratisches Paket in beiden Händen. „Was ist denn das?“, fragte Mark neugierig. „Ein Geschenk für Mister Moure.“ – „Und was ist da drin?“ – „Das ist ein Geheimnis. Aber Jason und Juan werden es dir morgen bestimmt sagen können.“, erklärte Nele. „Hat Mister Moure Geburtstag oder Namenstag oder so was?“, wollte Alex wissen. „Weder noch.“, antwortete Jason und fragte die Mädchen: „Was habt ihr da wieder ausgeheckt?“ – „Wie schon gesagt; Es ist ein Geheimnis. Aber wenn dein Dad zu Hause ist und es auspackt, wirst du es schon sehen.“, meinte Lina. „Ist das eine Bombe oder so was?“, erkundigte sich Juan vorsichtig. „Nein, keine Angst. Es ist total ungefährlich.“, beruhigten die Mädchen ihn. „Na, dann ist es ja gut.“, seufzte der Junge und sie machten sich auf den Weg zu ihren Limousinen, die schon auf dem Parkplatz bereitstanden. „Dürfen wir dabei sein, wenn ihr Dad das Geschenk gebt?“, wollte Jason unterwegs wissen. „Klar, warum nicht!?“ – „Wie kommt Dad eigentlich zu der Ehre, dass ihr ihm etwas schenkt? Hat es etwas mit dem Flug nach Dubai zu tun?“ – „Nicht so direkt, aber irgendwie schon.“, stammelte Nele unentschlossen. „Das heißt?“ – „Lasst euch überraschen!“, forderte Lina. „Das tun wir ja, aber kannst du uns nicht einen kleinen Tipp geben?“ – „Nein, keine Chance! Vergiss es!“ Bis sie auf den Hof vor der Villa der Moures fuhren, gab Jason keine Ruhe und Lina nicht nach. Sie stiegen aus und steuerten die Villa an. Mary öffnete ihnen die Tür und sie traten ein. „Ist Dad zu Hause?“, fragte Jason und sie antwortete: „Ja, er ist in seinem Büro.“ – „Also dann!“, sagte Lina angriffslustig. Sie gingen zusammen die Treppe rauf und den Flur entlang zu Mister Moures Büro. Lina klopfte an die Tür. „Ja, bitte!“, rief Mister Moure. So betraten sie das Büro des Gestütsbesitzers. Die Zwillinge folgten den Mädchen in den Raum. Ihr Dad saß hinter seinem pompösen Schreibtisch in seinem teuer eingerichteten Büro.

„Na, was kann ich für euch tun?“, fragte er gut gelaunt. „Gar nichts.“, lächelte Lina, „Wir haben etwas für Sie.“ – „Für mich?! Warum denn das?“, wunderte der Mann sich. Nele stellte nun das Paket auf den Schreibtisch und sagte: „Ach, nur so. Es ist auch nichts Besonderes.“ – „Vielen Dank! Darf ich es schon auspacken?“ – „Natürlich.“ – „Wie schön!“, sagte er erfreut und packte das Geschenk aus, wie ein kleines Kind, indem er das Papier zerriss und endlos lange an dem Klebeband zog, bis er endlich einsah, dass eine Schere ihm weiterhelfen konnte. Schließlich aber hatte er es geschafft und er hielt den Inhalt des Paketes in den Händen. „Ein Globus!?“, sagten die Zwillinge und ihr Dad gleichzeitig. „Ja.“, antworteten die Mädchen ebenfalls im Chor. Fragend sahen die Jungs und der Mann sie an. Doch natürlich hatten die Beiden es nicht einfach bei dem Globus belassen, sondern auch noch etwas vorbereitet. Lina und Nele stellten sich demonstrativ zu dem Globus, den Mister Moure wieder auf dem Tisch abgestellt hatte. „Also.“, begann Lina mit dem Ton einer Werbesendung, „Hier sind wir.“ Sie deutete auf dem Globus auf den Nordamerikanischen Kontinent, die südöstliche Seite, genau auf den Punkt, der Lexington darstellte. „Das wissen wir.“, meinte Mister Moure. „Das glaube ich Ihnen. Aber jetzt kommt etwas Neues.“, verkündete das Mädchen und deutete auf einen anderen Teil der Weltkugel. „Das hier ist Europa.“ Nun zog sie einen Finger auf der Grenze entlang und sagte: „Hier ist Europa zu Ende und Asien fängt an.“ Nele übernahm das Wort: „Das hier unten ist die Arabische Halbinsel und das hier sind die Vereinigten Arabischen Emirate. Eine Vereinigung arabischer Staaten, vom System her in etwa zu vergleichen mit den USA.“ Die Jungs sahen die Mädchen verwundert an, Mister Moure jedoch blickte sie neugierig an. Also sprach Nele weiter: „Hier, im Nordosten der Vereinigten Arabischen Emirate, direkt an dieser Meereseinbuchtung des Persischen Golfes, namens Dubai Creek, liegt die arabische Stadt Dubai.“ Nele sah ihre Freundin auffordern an. „Ja, die Araber nennen die Stadt auch „das Venedig der Golfregion“. Die Stadt wurde durch Ölförderung reich und ist heute ein bedeutendes Handelszentrum.“, schloss Lina den Vortrag ab. Unvermittelt begann Mister Moure zu klatschen. „Sehr schön!“, rief er begeistert. Die Mädchen sahen sich an. Hatte der Mann ihre Botschaft verstanden? Sie waren sich nicht ganz sicher. „Warum habt ihr das gemacht?“, wollte Jason nun wissen. „Dubai liegt gar nicht in Europa!“, sagte sein Dad feststellend. Nun lächelten die Mädchen. „Genau das!“, bestätigte Nele grinsend. „Richtig!“, lachte Lina. „Na und?“, fragte Jason verständnislos. „Ich dachte immer, das gehört zu Europa.“, seufzte der Gestütsbesitzer, „Ich hatte keine Ahnung und kein Bild von den Kontinenten im Kopf- abgesehen von Nordamerika.“ Fasziniert sah er den Globus genauer an. „Ist das nicht egal!?“, fand Jason. „Nein, eigentlich nicht. Das solltest du wissen.“, tadelte sein Dad. „Eine tolle Idee! Danke!“, sagte er wesentlich freundlicher zu den Mädchen, „Wie es aussieht können meine Jungs so was auch ganz gut gebrauchen.“ Jason verzog das Gesicht, während sein Bruder weiterhin unbeteiligt guckte. „Echt toll. Man könnte fast sagen: cool!“, fand der Gestütsbesitzer. „Dann wollen wir Sie auch gar nicht weiter stören!“, meinte Nele nun. „Oh, das tut ihr doch gar nicht. Also, danke noch

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Betty J. Viktoria
Bildmaterialien: Betty J. Viktoria
Tag der Veröffentlichung: 27.12.2012
ISBN: 978-3-7309-1819-7

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Adele und Cita

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