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Über den Autor Harald Malcus

Mit 16 Jahren kam er nach Hamburg und musterte sofort bei der Seefahrt an. Als Steward hörte er mit 20 Jahren auf und kam nach St.Pauli. Er begann als Tresenkraft in Discotheken. Als er merkte, wie nah er am Milieu war, krempelte er sein Leben um.
Er machte eine Ausbildung zum Kaufmann bei einem großen deutschen Stahlkonzern, gründete u.A. eine Blocker-Firma und sorgte dafür, dass Filmcrews ungestört drehen konnten.
Heute lebt er als Witwer auf einem kleinen Dorf in der Nähe von Hamburg und wird im Dorf der "Einsiedler" genannt.
Was zu beweisen wäre !

Einige Erinnerungen hat er in diesem und anderen Büchern verarbeitet (Annes Tod, , Niemand ist sicher, Und noch `n Sterbefall )


Hamburg, den 19.06.2009

Meine liebe Roswitha,

ich habe heute vergebens versucht, dich anzurufen, ich nehme an, du warst mit dem Einkauf eines frischen Kaninchens beschäftigt. Mach dir bitte keine Umstände, wir hätten auch gerne Essen gehen können. Ich muß dir schnell etwas berichten, gestern war ein sehr lustiger Tag. Mein Freund Rudi, du weißt , ich hab schon drüber gesprochen, der Hamburger, der wegen seiner großen Liebe in die Südeifel gezogen ist, rief mich gestern an. Er ist in Hamburg geboren und wieder im Lande zu einem Kurztrip. Die beiden sind öfter hier, weil sie Hamburg lieben ( wie ich auch ) . Um 20 Uhr wollten wir uns bei Cuneo, einem Kultitaliener vom Kiez, treffen. Da diese Treffen nie trocken ausgehen, rief ich kurzerhand meinen Sohn, der bis 18 Uhr arbeiten mußte, an und lud ihn zum Essen ein, mit dem Hintergedanken- ich kann trinken-er muß fahren, aber das macht er gerne. "Essen ? ich komme sofort ". Es war noch Zeit, ich war wie immer zu früh, wir verabredeten uns bei Fred im Kicker, Hein Hoyerstr./ Kellerlokal. Bei Fred ist immer was los, auch diesmal, eine Braut, die außer mir wohl alle kannten, saß am Tresen, Riesenbusen, total verquollene Augen."Was ist denn mit deinen Augen passiert, du siehst ja aus, als wärst du Axel Schulz nach seinem letzten Kampf " Ich hatte gar keine Veranlassung charmant zu sein, ich wollte ja nur Essen gehen. " Ich bin gerade aufgestanden, hab noch ein Schläfchen gemacht". Soso, es war immerhin 18.30 Uhr, aber ich hatte vergessen, jetzt fängt ja auch auf dem Kiez der Tag erst langsam an. Sie kletterte auf einen Barhocker, damit sie sich in einer Ecke eines uralten Jim -Beam-Spiegels das mal näher ansehen konnte. "Hass` recht," sehr einsichtig, das Mädchen, " Ich bin ein armes Schwein, ich habe sieben Wohnungen, alles Eigentum, aber wenn ich Hartz VI beantragen könnte, wäre ich reicher als jetzt, meinst du, irgendjemand zahlt mir überhaupt noch Miete ? Ich hab einen Sozialhilfeempfänger, der ist die Ausnahme, da zahlt das Amt. "Ja, dann verkauf doch alles, wenn das nicht profitabel ist " ich bin da einfach der Realist, " kann man im Moment nicht, ist kein Markt vorhanden, ich erzähl dir mal die Geschichte von Herrn Schröder, der gar nicht Schröder hieß. Ein Jahr lang hat er immer Miete bezahlt, dann ist er plötzlich durchgedreht, er hat die Polizisten als Schwule bezeichnet und die Wache 16 als rosarote Wache. Man hat ihn abgeholt, er wurde nie wieder gesehen, es stellte sich noch heraus, er hieß gar nicht Schröder, jedenfalls mußte mit einem Schlüsseldienst die Wohnung geöffnet werden--- wieder Kosten und kein Geld. Das Mädchen hatte aber auch zuviel Pech, vielleicht aber auch zuviel weißes Pulver. Die Welt ist schlecht, in dem Moment kam mein Sohn Harry zur Tür rein und rettete mich." Mensch , sagte er leise, "die hat aber dicke Augen", er ist eben doch mein Sohn. Im Fernseher, einem Vorkriegsmodell, der aber zum Leidwesen von Fred seinen Dienst nicht quittieren wollte, sah ich in der Ecke auf schwarzweiß das Fußballspiel U21 gegen Finnland. Was wollte ich mit Farbfernsehen, die Deutschen spielten ja traditionell in Schwarz/Weiß. 2:0 , wir konnten fahren, 300 m bis zum Cuneo. Einen Parkplatz fanden wir hinter der ehemaligen Bavaria St. Pauli Brauerei. Dort gibt es jetzt ein Viertel , das aussieht, wie einem Science Fiction Roman entsprungen, 22.Jahrhundert. Glaskästen, Alle Häuser in Würfelform, ohne Leben, kein Baum, nur kleiner Sträucher, naja, wer braucht schon hier noch Bäume, kann man sich doch auf Großbild im Fernsehen antun. Ich habe nur etwas die fliegenden Taxen vermißt. Aber was für eine Location für eine Film aus einer anderen Welt. Sicher von Stararchitekten entworfen, einer
alleine kann gar nicht so schlecht sein, Brainstorming.......




Der Kinderspielplatz besteht aus einer V 4a - Wippe, sicherlich kein V 2a, wenn schon, denn schon. Hochmodern und alles sehr abgehoben. Wo bin ich hier, ist das noch mein St.Pauli? Auf der anderen Seite der Davidstraße das Leben und die Kneipen aus dem 20. Jahrhundert, sehr authentisch mit dem Cuneo, einem 105 jährigen Traditionsitaliener direkt an der Herberstraße, und der Anker, der 105 Jahre nicht gesäubert wurde. Was für ein Gegensatz, ich selbst war, seitdem das hier alles so fertig gebaut ist, noch gar nicht wieder hier.
Gruseliger kann ich mir das nicht im Traum vorstellen, ein echter Albtraum.


Kinderspielplatz Seite 12
Einsames, einziges Spielgerät







CUNEO
Traditionsitaliener
105 Jahre
Ein absolutes Muß





Zum Anker
Traditionskneipe
Nebenan, die Herbertstraße
Sollte man kennen


Es sind noch ein paar Leute dazugestoßen, Rudis
Ex, Rudis Freund Rudi, der Elfmetertöter mit Frau, es wurde ein feuchtfröhlicher Sauf ( in Grenzen ) und Fressabend ( über das Limit für mich Zuckerkranken, naja, etwas Kritik muß sein dürfen die Lammkotletts waren sehr zart, aber so groß wie ein 2 Eurostück, das Gemüse kam, als der Hauptgang schon verputzt war, der trockene Weißwein war mir zu süß, außerdem, Marietta trank das Zeug, aber nur mit Eiswürfel, der war wohl auch noch nicht kalt genug, aber das Publikum riß alles wieder raus, 8 große Tische nur mit Models, war wohl ein Casting in der Nähe ( wo war nur Heidi?). Zahlen und ab nach nebenan in den Anker. Alles um 1900 gebaut, das Cuneo genau wie der Anker, Bier aus der Flasche und interessante Leute, der erste, der mich ansprach, hatte Lust auf Musik, aber die Box gab ohne Geld keinen Ton von sich " Hasse ma `n Euro? ich mach wirklich Musik dafür." Ok , dann lass mal den Hans Albers und Freddy hören." Wir sind aus Memmingen, meine Zwillingschwester und ich, wir kommen jedes Jahr zum Hafengeburtstag"
" Wie kommt ihr denn hierher?" " Mit dem Flieger"
"habt ihr Rückflug ?" wollte ich wissen," Hamburg kann man als Pilot ja noch finden,aber wie findet der Pilot denn zurück? Habt ihr denn in Memmingen eine Landebahn?" "Ich bin die geilste Schlampe hier", rief seine Schwester, ich nahm sie zur Seite :" Dagegen könntest du doch was machen". "Was meinst du denn?" Na das war aussichtslos, sie war Altenpflegerin aus Passion, erzählte sie mir noch, deshalb wohl ihr Interesse an mir. Wenn ich schon mal hier war, wollte ich mir noch was Gutes tun, von diesem Klo hatte ich schon gehört, todesmutig ging ich pinkeln. Oha, 30 Jahre ohne Reinigungsmittel, das war schon heftig. So eine Toilette ist einmalig in der Welt. Weltklasse!!! Wir hatten unseren Spaß, er kam noch ein paarmal, um Musik zu schnorren, dann kam noch einmal Hans Albers mit ...Auf der Reeperbahn nachts um 1/2 Eins, wir mußten nach Hause, die Uhrzeit stimmte.


Liebe Roswitha, morgen sehen wir uns ja endlich,
dann erzähl ich dir alles ausführlich, bis dann

Dein Harald


Impressum

Texte: Fotos H. Malcus
Tag der Veröffentlichung: 19.06.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Claudia und Rudi

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