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Über den Autor Harald Malcus


Mit 16 Jahren kam er nach Hamburg und heuerte sofort bei der Seefahrt an. Als Steward hörte er mit 20 Jahren auf und kam nach St.Pauli. Er begann als Tresenkraft in Discotheken. Als er merkte, wie nah er am Milieu war, krempelte er sein Leben um.
Er machte eine Ausbildung zum Kaufmann bei einem großen deutschen Stahlkonzern, gründete u.A. eine Blocker-Firma und sorgte dafür, dass Filmcrews ungestört drehen konnten.
Heute lebt er als Witwer auf einem kleinen Dorf in der Nähe von Hamburg und wird im Dorf der "Einsiedler" genannt.
Was zu beweisen wäre !

Einige Erinnerungen hat er in diesem und anderen Büchern verarbeitet (Annes Tod, , Niemand ist sicher, ........nachts um halb Eins,





Ein Gruß im Namen von Annelie, bis bald





Hamburg , 03.06.2009

Liebe Roswitha,

ich war gestern auf der Beerdigung meiner Ex- Schwiegermutter im Havelland. Vielleicht habe ich meine Ex deshalb zweimal geheiratet, weil ich ihre Mutter geliebt habe, denn sie war eine großartige Frau. Es ist jedesmal ein Erlebnis, durch die "Ehemalige" zu fahren, die Blitzer stehen immer noch wie in " Alten Zeiten" vor den dicksten Bäumen, damit du sie im Gegenlicht nicht sehen kannst, aber mit mir haben sie das damals schon nicht machen können. Ich muß dir ganz kurz die Ereignisse schildern. Das Navi ist wohl von irgendeiner Spritfirma für solche Fahrten gesponsert worden, es zeigte mir sofort 263 km an, waren das nicht so 190 früher ? Naja, wir sind doch auch größer geworden, wo war ich gerade, muß öfter mal nachlesen, ich schweife in der letzten Zeit so oft ab. Das Navi wollte an der Ausfahrt Ludwigslust vorbei und zeigte Suckow an. Aber ohne mich beirren zu lassen, bin ich abgefahren. Supergau, nach ca 40 km kam eine Umleitung, ich nehm mal an, es waren mindestens 30 km. Trotzdem war ich natürlich viel zu früh da. Tolle Erinnerung an damals, die Blitzer sind viel weniger geworden, das war zu meiner Zeit viel mehr, gerade hier auf dieser Strecke, hier hatten wir Westbürger damals schon die Hälfte des Honi-Haushaltes eingezahlt. Das Korn ist so kurz, ( wie kommt das?)------ mein Rasen ist so lang, hoffentlich kommt Malte heute, versprochen hatte er es,----- entschuldige bitte, Roswitha, ich schweife in der letzten Zeit immer wieder ab, worüber wollte ich dir unbedingt schreiben ? Und warum? Ich hätte dich doch auch anrufen können, ich habe doch eine Flatrate, aber nein, ich kann das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden und gleich ein paar Seiten mehr schreiben, das Buch sofort veröffentlichen, dann kannst du diesen Brief heute noch lesen. Also, ich bin natürlich trotzdem viel zu früh, wie bei allen wichtigen Verabredungen. Der Dorfkrug hat ganz offiziell Dienstag geschlossen, früher hing dann ein Schild an der Tür "Warenanlieferung ". Neue Zeiten in einem vergrößerten Deutschland. Ich mußte mir erst was zu Essen besorgen, aber alles hatte geschlossen------- Also bin ich frech in die Beerdigungsvorbereitung meiner Ex und ihres neuen Lebenspartners reingeplatzt. Meine Ex ist mit nichts und von niemanden mehr zu überraschen , setz dich hin , hast du Hunger? Ich mach dir ein Würstchen heiß, ganz lecker, hier vom Schlachter, willste ne Tasse Kaffee ? Wir müssen nur noch schnell duschen, das sah ich, denn ihr Lebensgefährte stand schon unter der, im Freien im Garten angebrachten, Gardena-Dusche. Frische zwei Tassen Kaffee und eine wirklich gut schmeckende Brühwurst vor mir, was will ich mehr? Verwandte kamen, guten Tag, ich bin der Ex, ---aber wir kennen uns doch, kennst du mich nicht mehr?--- ( War ja auch nur 40 Jahre her) doch,doch,doch, du bist doch---ja, ich bins. Meine Ex hatte noch einen Bruder, den kenne ich gut, mein Sohn hielt laufend Kontakt mit ihm, sie gingen zusammen öfter nachts auf die Jagd, das ist ein Onkel!!! Da kann ich nicht mithalten, ganz ehrlich. Und eine jüngere Schwester,auch eine ganz liebe, die mir sicher meine Frozzeleien von damals verziehen hatte und die sich das Elternhaus umgebaut hatte und dort zur Freizeit wohnt, und dort auf uns alle wartete. Die Dorfkirche hat eine tolle Orgel, die aber leider schon seit geraumer Zeit kaputt ist----- so, was soll die Reparatur kosten--- 35.000 Euro---- , da bekommt man doch eine neue für. Nein, nein, die sind viel teurer und so eine alte Orgel muß man doch wieder instandsetzen. Ja, aber wer soll das bezahlen. Meine Ex hatte wie immer eine Idee, sie hatte kurzerhand ihre Heim- Orgel in die Kirche bringen lassen, eine Spielerin kannte sie aus ihrem Kirchenchor, und als wir saßen, gings los. Die himmlische Ruhe ---- ich konnte ganz entspannt ( die Bank war nichts für meinen Stressless-verwöhnten Hintern ) dieser Andacht zuhören.----- In den letzten Jahren war ich nur zum Anzünden einer Kerze, die elektischen Kerzen in Spanien, wohin ich nach Annes Tod geflüchtet war, muß man nicht mal mehr anzünden,--- hasse ma` `n Euro ----hat leider nichts genützt, er kann eben nicht für Einzelschicksale da sein, Hauptsache er kümmert sich ums Große und Ganze, um das Wohl und Wehe der Menschheit, und das es keine Kriege mehr gibt, auch in Afika und Nah- oder Fernost? Halt, soweit wollte ich wirklich nicht abschweifen, entschuldige bitte.--- Ave Maria --- aha, das Standardstück ---- wie sich das wohl als Rap anhören würde, diese Rapper machten doch alles, ich habe mir Eminan als Interpret gut vorstellen können, ich malte mir die Choreografie aus--- da fing der Pfarrer an: wir sind hier heute------ Ja, natürlich, warum sollte man sich dich auch sonst antun ? ---die Verstorbene wurde vor 91 Jahren in Ostpreußen auf einen Bauernhof geboren, sie hatte eine glückliche Kindheit--- häh,? 1918 geboren, Kriegsende, Kinderarbeit, Stoppelfeld, Weltwirtschaftskrise--- alles an Ostpreußen vorbeigegangen ? Aber ihren Dialekt, ich mochte ihn, hat sie nie verloren. Als sie mich das erstemal begrüßt hatte, habe ich unwillkürlich an : -Marjellchen- gedacht. Einige waren bis ins Ruhrgebiet geflüchtet, wir kannten die Sprache, weil wir sie als Kinder oft veräppelt hatten, aber ich war in die Stimme meiner Ex- Schwiegermutter verliebt. -----Während des 2. Weltkrieges bekam sie 2 Kinder, mit denen sie , ihr Mann hatte sie verlassen, vertrieben wurde und hier im Havelland seßhaft wurde--------- mein Gott, wie lange ist das her ? Während meine Ex - Schwiegermutter in Ostpreußen zwei Kinder zur Welt brachte, und die Vertreibung überlebt hatte, hatte meine Mutter ( wie lange war Mutti eigentlich schon tot , morgen muß ich meine Schwester fragen, wann ist sie gestorben, in den 80ern, oder 90ern ?) das sind zwei Generationen her, eine ganze Ewigkeit, da hatte meine Mutter ebenfalls meine Schwester und mich zur Welt gebracht, und ich bin nun schon, wie du weißt, 66 Jahre und wir sind im Jahr 2009. Jetzt war der Pfarrer bei den Nachkriegstagen angekommen, das war die Hälfte ihres Lebens.- ---Lernte sie hier ihren zweiten Mann kennen und mit ihm hatte sie noch eine Tochter---- mein Gott, die Kleine von damals, nun auch schon ganz grau, sieht aus wie die Mutter damals, wie lange ist das eigentlich her?
Was,--lieb?-- den kannte ich doch nur betrunken, Gott hab ihn selig, aber er hatte die Männerkrankheit und mußte öfter zum ----Nasenbleichen-----du weißt nicht was das ist ? Da kommen Männer in weißen Kitteln und haben für dich eine Jacke mit langen Ärmeln dabei und man läßt dich erst wieder nach Hause, wenn die rote Farbe deiner Nase wieder eine normale Hautfarbe hat----- Aber er hatte gut für sie und ihre Kinder gesorgt. ------Sie liebte ihren Garten-----hoffentlich war Malte ( ein netter Nachbarsjunge,der immer meinen Garten mäht ) gekommen, das war schon ziemlich hoch, hab ich vorne schon geschrieben, oder ? Puh, ich kann bald nicht mehr sitzen, Gott sei dank ist sie nicht 105, wie der Heesters geworden, das wird eine Laudatio werden-----Hoffentlich macht er noch ein paar Jahre, zu dessen Beerdigung gehe ich ja nicht---- Lasset uns beten------endlich, erlösende Worte-----Vater unser---- Ein Lied ---- So nimm denn meine Hände,-- -- oder so---- das Lied wär doch was für Sascha, da könnte man die Choreografie gleich mittsingen----Die Urne war schnell zu Grabe getragen, ---- ein bischen verwundert war ich schon über eine Urne, ich hatte einen schönen Sarg erwartet, aber sie war ja eigeäschert worden, ich bin aber auch schon ein klein wenig blöde. Einen schönen Sarg hatte hatte sie bestimmt ----- ihr Sohn hatte schließlich einen ganzen Wald geerbt-----Ich möchte euch alle zu Kaffee und Kuchen einladen, nebenan ist gedeckt ----- meine Ex hatte alles im Griff, so ist sie halt immer gewesen.------ der Wirt ist gerade vom Nasenbleichen zurück,------ sagt irgendjemand zu mir---wer war das bloß, aha, ein Nachbar----aber das macht er regelmäßig, wie andere Menschen Urlaub --- soso, immer noch das gleiche. Oben in der Gaststube waren Tische in U-Form zusammengestellt, ich hatte mir einen Platz an einem Schenkelende, links und rechts zwischen Dorfbewohnern----das wird bestimmt spannend----50 Leute,---- der Mann links von mir hatte durchgezählt---ganz schön. Hallo, ich bin der Ex von der Tochter---ja, ich weiß, kennst du mich nicht mehr? Ich : hilf mir mal. Er: ich bin der Leiter der ehemaligen LPG. Aha. Und was machst du so? Ich bin in einer Firma angestellt, die aus der LPG in eine GmbH gemacht hat, wir bauen---- mrschkr- --- (komischer Name , was ist das ?) auf den Feldern hier an. Kannst du mir mal erklären, warum die Kornfelder hier nicht wachsen und ihr doch schon mäht ? Ja, das ist eine Kreuzung zwischen Roggen, Weizen und Hafer, die Ähren sind doppelt so lang und das Stroh ist in der Menge reduziert um die Hälfte. AHA.. und wie halte ich mein Brot beim Bäcker auseinander ? Mitleidige Blicke rundum---- das ist doch nur Viehfutter. Roswitha, du glaubst nicht, was man auf dem Dorf lernen kann, der Mann rechts von mir war der Leiter der Ex-LPG, Abteilung Milchkühe, er wurde jetzt mal nicht von mir, sondern von seinem Gegenüber gefragt, wie das denn im Winter mit den neuen offenen Ställen gehen soll, friert da nicht alles ein ? Ja, das werden wir schon sehen---aber was wird aus der vielen Milch? Das wollte ich schon noch wissen, ja, das ist im Moment noch unser Problem, er sei sich sicher, der Schutzschirm würde auch für die Milchbauern gespannt werden, soso. Nun hatte ich die rettende Idee, Man mußte auf dem Markt den Absatz verdoppeln, das ginge in der "Ehemaligen " ganz ohne Risiko, wenn man Milch mit Alkohol mischen würde, und das , so ähnlich wie Alkopops als "Weiße Brause" verkaufen würde.


Da würde doch noch ein " Weißer " passen
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Der Umsatz der Milch würde sich um 100% erhöhen und sie wären alle Sorgen los. Jaja, Hmm-- das ist überlegenswert................ Also, dann macht es mal alle gut, die Abschiedsveranstaltung dauerte eine halbe Stunde, Navi auf "zuhause" eingestellt und ab nach Hause, war `ne schöne Beerdigung. Autobahn ab Kreuz Schwerin --- 45 Min bis Billstedt, dann merkte ich, ich war wieder zuhause, ich wurde ganz ruhig, denn ich steckte in einem 12 km-Stau, das war mein Hamburg, hier fühl ich mich wohl----------

Liebe Roswitha,
ich hoffe, ich hab dich nicht zu sehr gelangweilt, aber ich weiß, du liest meine Bücher nicht ungerne. Ich hoffe, wir sehen uns bald, ich war ja schon fast in Berlin ( mit Umleitungen), aber der Berliner Ring war durch zwei LKW - Unfälle komplett gesperrt.
Ausserdem sitz ich viel lieber in Hamburg im Stau als in Berlin, Entschuldigung.
In Liebe Harald

Impressum

Texte: Fotos H.Malcus
Tag der Veröffentlichung: 03.06.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Anstatt Blumen

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