Lassen sich mit Sparen die Probleme der Geldwirtschaft, des Kapitalismus lösen?
Sparen hilft in der Krise nicht. Die Wirtschaft kann nur überleben, wenn immer neue Schulden gemacht werden. Krise allerorten. Die Investmentstrategen der großen Banken sprechen von der Dollar-Krise – denn Amerika ist unhaltbar stark im Ausland verschuldet. Die deutsche Bundesregierung kürzt zum ersten Mal seit dem Krieg die Altersbezüge – und versucht so die Renten-Krise zu beenden. Die Lebensversicherer stecken in der Sinn-Krise, was, so sagen sie, an der Aktien-Krise liege. Deshalb erhalten sie jetzt Steuergeschenke von der Regierung. Die wiederum in der Schulden-Krise steckt. Denn der Finanzminister hat seinen Haushalt nicht im Griff. Wegen der Wirtschafts-Krise, sagt er.
Krisen, Krisen, Krisen. Nur die Diagnose ist immer dieselbe und das Rezept auch. Wir leben über unsere Verhältnisse, sagen Ökonomen wie Politiker. Deshalb müssen wir sparen, sparen, sparen und den Gürtel enger schnallen. Doch lassen sich mit Sparen die Probleme der Geldwirtschaft, des Kapitalismus lösen? Ich sage NEIN!
Was ist überhaupt Geld? Die Wissenschaft drückt sich seit jeher um eine endgültige Beantwortung dieser Frage. Seit es den Kapitalismus gibt, kommt es immer wieder zu Krisen. Sie gehören zum System wie das Geld. Nur: Wer sich um das Wesen des Geldes keine Gedanken macht, wird auch die Krisen nicht beenden können. Die tonangebenden Ökonomen jedoch schweigen dazu oder murmeln etwas von Strukturreformen. Weil sie die Geldwirtschaft nicht verstehen? Die wenigsten Ökonomen verstehen den kompletten Zusammenhang von Wirtschaft und unser Geldsystem. Viele hören auf die Finanzmärkte, auf Experten der Wirtschaft, können aber den Zusammenhang nicht erkennen.
Geld kommt aus dem Bankautomaten, zumindest solange der Dispo reicht. So weit, so klar. Aber wie kommt das Geld in die Maschine?
Ganz einfach: Die Geschäftsbanken besorgen es sich von der Zentralbank, genauer, sie leihen es sich. Dafür müssen sie den Notenbankzins berappen. Und, ganz wichtig: Sie müssen Sicherheiten hinterlegen, Staatsanleihen zum Beispiel. Geht nämlich die Bank Pleite, hat die Notenbank die Wertpapiere und kann sich schadlos halten. Gleiches passiert Unternehmern, die investieren wollen, oder Häuslebauern. Statt mit der Zentralbank treten sie mit den Geschäftsbanken in Kontakt, aber auch sie verschulden sich, belasten ihr Eigentum und zahlen Zinsen.
Solche Ketten von Gläubiger-Schuldner-Beziehungen machen den Kapitalismus aus. Jeder Geldschein, der den Besitzer wechselt, jede Buchung ist irgendwo durch eine solche Beziehung geerdet, dient dann aber als anonymes Zahlungsmittel. Deshalb sind die populären Vorstellungen, Geld liege in Speichern herum wie bei Dagobert Duck oder falle vom Himmel wie in der Metapher des Ökonomie-Nobelpreisträgers Milton Friedman, falsch.
Die Konsequenz des Schuldenkapitalismus ist, dass er gefräßig ist. Das liegt am Zins. In jeder neuen Periode müssen die Schulden, aus denen das Geld entstanden ist, zumindest mit Zinsen bedient werden. Sie müssen erwirtschaftet werden. Aber bevor sie erwirtschaftet werden, müssen sie erst in Form von Geld in den Kreislauf gelangen. Wie kommt zusätzliches Geld in den Kreislauf? Richtig, nur durch neue Schulden. Das ist der Kern des Kapitalismus, das macht seine Dynamik aus. Es ist ein System, das auf Optimismus fußt, das zum Wachstum verdammt ist. Unternehmen verschulden sich, um zu investieren, sie schaffen Mehrwert, erzielen Gewinn – aber nur, wenn sich neue Schuldner finden, die ihrerseits wieder das Risiko des Scheiterns auf sich nehmen.
Das Wirtschaftssystem, in dem wir leben, ähnelt deshalb einem Kettenbrief. Wenn der Schuldenberg sich nicht erhöht, wenn nicht irgendjemand neue Schulden macht, bricht es zusammen. Dann reißen die Kreditketten und lösen eine Spirale nach unten aus. Schon Stagnation ist fatal, das erlebten die Deutschen. Vor einigen Jahren wuchs die Wirtschaft in Deutschland nicht mehr, aber sie schrumpfte auch nicht. Dennoch ist nichts auf dem Niveau des Jahres 2000 stehen geblieben. Im Gegenteil, Unternehmen sind Pleite gegangen, die Banken leiden unter faulen Krediten, und die Arbeitslosigkeit erreicht traurige Rekorde. Warum? Es fehlt das Geld, um die Zinsen zu zahlen. Deshalb hat Unrecht, wer glaubt, wir brauchten kein Wachstum.
Weil der Kapitalismus ähnlich einem Kettenbrief funktioniert, führen alle Sparappelle ins Verderben. Wenn der eine Teil der Unternehmen und Privatleute zu viel spart, kann der andere Teil seine Schulden nicht begleichen und geht Bankrott. Helfen kann dann nur noch der Staat. Er muss zusätzliche Schulden aufnehmen, damit das für die Zinszahlungen der Unternehmen und Privatleute benötigte Geld in den Wirtschaftskreislauf gelangt. Weil der Kapitalismus so funktioniert, ist auch das hohe Wirtschaftswachstum in Amerika nicht die Folge flexibler Arbeitsmärkte, sondern schlicht Resultat eines überbordenden Optimismus der Menschen. Denn nur, wer seine Zukunft rosig sieht, verschuldet sich und treibt damit das Wachstum an. Was wir deshalb brauchen? Eine Politik der guten Laune, Lust auf Schulden und einen Hang zum Luxus, zum Verprassen. The show must go on. Und genau das wird uns suggeriert. Also, verprasst euer Geld, denn bald ist es eh nichts mehr Wert.
Und was passiert jetzt mit Griechenland, Portugal, Italien sowie in anderen tief verschuldeten Ländern? Sparen, sparen sparen. So wird man die Probleme aber nicht lösen können. Denn der Staat ist in diesem Sinne auch ein Einzelner, muß sich also am wirtschaftlichen Erfolg messen lassen. Der "überbordende Optimismus" muß sein Widerlager im Optimismus der anderen finden.
Massenerwerbslosigkeit wird im Kapitalismus durch restriktive Geld- und Finanzpolitik absichtlich erzeugt, um die lohnabhängigen Arbeiter zu unterdrücken und die Löhne, die Rechte der Arbeiter und den Sozialstaat abzubauen. Somit erzeugt man willige "Sklaven" die für ein Paar Cent die Stunde arbeiten. Wichtig, ganz wichtig ist die Arbeit dabei, wobei geflissentlich die Frage übergangen wird, kann man von dem Lohn welche die Arbeit einbringt auch leben? Hauptsache sie haben eine Arbeit, das wird suggeriert, denn die Wirtschaft braucht billige Arbeitskräfte, ob sie davon leben können interessiert niemand. Heute haben viele Leute einen zweiten Job, einige sogar drei, und das nur damit sie über die Runden kommen. Sparen, Geld zurücklegen, Urlaub ist nicht drin. Nur Hackeln bis man umfällt. Schaut so unsere neue Arbeitsperspektive aus?
Tag der Veröffentlichung: 27.08.2011
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