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Die wilden Vier und die Rasselbande




In Memoriam


Nicki
Archi
Cleo
Cimba


Ich glaub zwar nicht an Engel-
aber wenn ich mich an euch erinnere,
frage ich mich,
ob das richtig ist!

It´s time to say goodby -
though time did fly -
there is no need to cry.
For sure we´ll meet again,
and have more fun somewhere -
somewhen!
Now meanwhile we remain
sincerely yours, dear friends,
take care then,
this is our final song,-
thanks for the memory-
so long!
( Hazy Osterwald)


Bert von Ahaloh


Die wilden Vier
und die Rasselbande

Sieben Hunde, ein Pony, ein Affe und ein total verrückter Mensch


1. Kapitel
Unverhofft kommt oft!

Der musikalische Bauchredner:
Es war mal wieder soweit; meine Frau und ich suchten die große Entspannung im Mittelmeer bei ei­ner Seereise.
Für die Reise hatten wir uns die MSC Opera ausgesucht.
Von Genua, dieser alten, charmanten Hafenstadt geht´s los.
Um 16:30 heißt es: „Leinen los“. Wir sind bereits eingecheckt und genießen die laue Seeluft am Sonnendeck.
Um uns herum nur froh gelaunte Menschen, die sich in vielen Sprachen viel zu er­zählen haben.
Es werden Getränke und kleine Tapas gereicht.
Wir fühlen uns bereits sauwohl, so kann´s weiter gehen.
Bald schon ertönt eine Lautsprecherdurchsage, alle Passagiere werden aufgefor­dert an der obligato­rischen Seenot-Rettungsübung teilzunehmen.
Unser Treffpunkt ist die La Cabala Piano Bar auf dem Otello Deck.
Wir holen uns unsere Schwimmwesten aus der Kabine und gehen zum Treffpunkt.
Die Sitzplätze sind von den Übereifrigen bereits besetzt, aber es gibt ja noch ausge­zeichnete Steh­plätze.
Wir stehen, in der Nähe des Ausgangs, neben einem älteren Ehepaar.
Die Beiden haben größte Probleme mit dem Anlegen der Schwimmwesten.
Unsere Hilfe wird dank­bar angenommen; wir kommen gleich mit ihnen ins Ge­spräch.
Sie kommen aus Fürstenfeldbruck, einem kleinen Städtchen im Dunstkreis von Mün­chen.
Bald meldet sich ein Schiffsoffizier und erklärt die Prozedur im Falle einer Havarie.
Alles geht „ruck zuck“ und bald werden wir auf unsere Kabinen entlassen.
Ob das für den Ernstfall ausreichend war?
Nach etwas Styling wird schon zum Welcome-Dinner geladen.
Den Kapitänsempfang schenken wir uns.
Trotzdem, aufgeputzt bis zur Unkenntlichkeit, so wollen es die Bordgesetze, schrei­ten wir zum La Caravella Re­staurant.
Um die Kontaktaufnahme mit anderen Mitreisenden zu erleichtern, haben wir einen runden Tisch für 8 Personen vor­bestellt.
Unsere „Mitesser“ sitzen bereits, so ist es leicht uns vorzustellen und uns mit den An­deren bekannt zu machen.
Zu unserer Überraschung ist auch das Ehepaar unter ihnen, das wir bereits bei der „Schwimmwes­ten-Anprobe“ kennengelernt hatten.
Außer ihnen sitzt noch ein weiteres Ehepaar und eine ältere Dame mit ihrer Tochter an unserem Tisch.
Es entsteht sofort eine humorvolle und nette Unterhaltung.
Offensichtlich haben wir mit unseren Tischnachbarn ´mal wieder einen riesen Dusel gehabt – oder.... wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es zurück (altes germa­nisches Sprichwort).
Die Zeit vergeht wie im Flug, bald müssen wir unsere Plätze für die nächste „Schicht“ räumen.
Mariele, meine Frau, hat leichte Migräne.
Die Reisestrapazen?
Sie hat nur noch einen Wunsch: eine abgedunkelte Kabine und ein Bett.
Ich lasse mir noch einmal den Wind um die Nase wehen und genieße den lauen Abend.
Die Seeluft ist zwar sehr gesund, macht aber auch sehr, sehr durstig.
Was tut man(n) in einer solchen Situation?
Er überwindet alle guten Diät-Vorsätze und geht gemessenen Schrittes zur Piano Bar denn die Deckbars haben leider schon geschlossen.
Mit wichtigem, aber durstigem Gesicht entere ich einen Barhocker und bestelle mir ein Weißbier.
Wer sitzt neben mir?
Mein Tischnachbar und bereits bestens Vertrauter aus Fürsty!
Er heißt Heinz; es kommt gleich eine gute Stimmung auf und bald sind wir „Per Du“.
Seiner Frau geht es ähnlich wie Mariele.
Wir müssen unser Mitleid er­tränken.
Eh klar, oder?
Nach ein paar Bierchen, wir sind inzwischen beim Rotwein gelandet, erzählt er mir,
dass er früher als Bauchredner und Saxofonist seinen erweiterten Freundeskreis und, auf kleineren Veranstaltungen, das Publikum mit großem Erfolg unterhalten hat.
Just for fun, versteht sich.
Er gibt mir gleich eine Probe seines Könnens als Bauchredner.
Ich bin fasziniert und hin und hergerissen!
„Du, Heinz, dass musst du mir lernen! Keine Widerrede! Ich muss das lernen!“
„Stell dir das nicht so einfach vor, ich beherrsche nur die Lippenlaute, die sind schwieriger als die Kieferlaute,“ erwidert Heinz.
„Bitte, bitte versuch es wenigstens mit mir,“ bettele ich.
Nach langem Zögern, ein paar Viertele später und nach etlichen Einwenden willigt er dann ein.
Wir wollen zumindest einen Versuch machen.
Weils´so schön ist, beginnen wir gleich mit der ersten Lektion.
Alle meine Versuche scheitern bereits im Anfangsstadium.
Es ist zum Verzweifeln – so schwer hatte ich mir das nicht vorgestellt.
Ich übe in den nächsten Tagen mit ihm; ich übe allein vor dem Spiegel; ich übe je­derzeit und überall; mühsam, mühsam!
Nach drei Tagen war es dann endlich so weit, die ersten Laute kamen endlich so, dass man, mit viel Phantasie, etwas verstehen konnte.
Beim Abendessen war es dann soweit die Premiere vor versammeltem Publikum!
Heinz fragt mich, natürlich perfekt „bauchrednerisch“, ob mir das Essen schmecke; ich antworte ihm etwas undeutlich, aber verständlich mit: „danke,gut.“
Unsere „Mitesser“ sind perplex, sie sind unsicher und wissen nicht wer da redet.
Nach einigen Sekunden begreifen sie was da gespielt wird.
Wir werden mit Lob überschüttet; die Lacher sind auf unserer Seite.
Es ging weiter und weiter, mein Repertoire wurde größer und größer.
Wir übten während der ganzen Kreuzfahrt in jeder freien Minute.
Die Woche verging wie im Flug; bald war der Tag des Abschieds gekommen.
Auf der gemeinsamen Heimreise, im Bus nach München, verabredeten wir uns für den übernächsten Tag bei ihm zu Hause.
Heinz hatte sich im Keller seines Hauses einen Hobbyraum ausgebaut. Dort waren wir ungestört und störten unsere Damen nicht bei ihren wichtigen Gesprächen.
Natürlich spielte Heinz mir auch ein paar Melodien auf seinem Saxofon vor.
Ich war begeistert.
Die alten Melodien weckten Erinnerungen an alte, längst vergangene, zum Teil sehr schräge, Zeiten.
Ich hatte mir im Laufe meines Lebens schon öfter einmal vorgenommen ein Musikinstru­ment zu erler­nen.
Leider wurde nie etwas daraus.
Das „Gewinnstreben“ nahm meine ganze Zeit in Anspruch.
Leider, leider!
Aber jetzt, da das Konto so leidlich gefüllt ist, die Kinder aus dem Haus sind, der Sport immer mehr wegen zunehmender Wehwehchen nur noch eingeschränkt stattfin­den kann, ist die Situation eine andere.
Plötzlich ist Zeit und auch Lust in Hülle und Fülle vorhanden.
Verschämt beichte ich Heinz meine Versäumnisse und Wünsche.
Heinz strahlt mich an und sagt. „Was hältst du davon wenn ich dir ein wenig auf die Sprünge helfe? Wir könnten uns zweimal die Woche für zwei Stunden bei mir treffen; eine Stunde lang werden wir uns mit dem Bauchreden beschäftigen und eine Stunde bringe ich dir das Saxofon näher.“
„Das würdest du machen? Das wäre ja großartig, wir können ja gleich wieder da­mit auf­hören wenn du merkst, dass ich ein Antitalent bin.“
„Also abgemacht, am Freitag beginnen wir. Ich bin froh, wenn ich meine Zeit nicht nur unnütz vertrödele und ich bin überzeugt davon, dass wir das schaffen. Du wirst sehen in ein – bis zwei Jahren bist du ein Profi.“
Gesagt getan, in den nächsten Monaten kannte unser Fleiß keine Grenzen, wir übten und übten.
Erstaunlicher Weise machte ich bald größere Fortschritte als ich sie mir selbst zugetraut hatte.
Nach einem Jahr haben wir unseren ersten großen „Auftritt“ vor Publikum.
Ein Freund feiert seinen „50sten“!
Zu fortgeschrittener Stunde wagen wir es; zunächst kommt unser Auftritt als Bauch­redner-Duo.
Wir haben uns zwei witzige Puppen gebastelt mit deren Hilfe wir die 50 Jah­re des Jubilars Revue passieren lassen.
Nach ein paar Minuten liegen die Leute buchstäblich „unterm Tisch“.
Dem Jubilar stehen die Tränen in den Augen; hatte er schon vergessen was für ein toller Hecht er einmal war?
Unsere Vorstellung ist ein voller Erfolg!
Als wir anschließend unsere Instrumente auspacken; Heinz spielt Mundharmonika und gleichzeitig Gitarre.
Ich versuche mich auf dem Saxofon und, siehe da, unsere Musik kommt an.
Schon bald ist alles außer Rand und Band.
Es wird getanzt, geschunkelt und gesungen.
Das Fest geht bis in den frühen Morgen.
Der Erfolg spricht sich schnell ´rum, wir werden immer häufiger als „Unterhalter“ ein­geladen; zunächst nur von Bekannten, später auch von Vereinen usw.
Mit unserer „Gage“ finanzieren wir ein Schul- und Brunnenprojekt in Afrika.
Das ist auch für uns ein zusätzlicher „Kick“, lernen wir doch so diesen riesigen und reizvol­len Kontinent mit seinen, ausgesprochen netten und freundlichen Menschen und seiner unvergleichlichen Natur, noch besser kennen.
Wir verleben zusammen drei wundervolle, ereignisreiche Jahre; bis uns plötzlich und völlig unerwartet ein Anruf von Elke, der Frau von Heinz, erreicht.
„Du musst sofort kommen,“ schrie sie förmlich ins Telefon, „Heinz liegt bewegungs­los in seinem Keller!“
„Bleib ganz ruhig, ruf sofort den Notarzt an, wir kommen sofort!“ rate ich ihr.
Mit einem „Affenzahn“ rasen wir nach Fürsty.
Als wir ankommen wird Heinz gerade in den Sanka geladen; von Elke erfahre ich, dass er wahrscheinlich einen Herzinfarkt erlitten hat.
Wir sind schockiert!
Ich versuche Elke zu beruhigen; es gelingt mir nur mit mäßigem Erfolg.
Wir packen schnell ein paar Sachen für Heinz zusammen und folgen dem Kranken­wagen in die Klinik.
Heinz ist bereits im OP; es sieht nicht gut aus für ihn, der Infarkt war ein echter Ham­mer und hat weite Bereiche des Herzens geschädigt.
So gut es geht beruhigen wir Elke; wir haben Angst, dass auch sie kollabiert.
Ich spreche einen Arzt an und mache ihn auf Elkes Zustand aufmerksam.
Nach einer kurzen Untersuchung verabreicht er ihr ein Beruhigungsmittel.
Elke wird langsam etwas ruhiger.
Wir warten zwei Stunden lang vor dem OP; dann kommt die schreckliche Gewiss­heit, Heinz hat nicht überlebt.
Wir sind alle „am Boden zerstört“; nur langsam begreifen wir, was da gerade pas­siert ist.
Mariele tröstet Elke.
Das Krankenhaus stellt ihnen einen separaten Raum zur Verfü­gung.
Ich erledige die Formalitäten im Krankenhaus; verschiedene Formulare muss Elke selbst unterschreiben.
Anschließend fahren wir nach Fürsty.
Wir bleiben bei Elke und leiten alles Nötige in die Wege, rufen ihre Kinder, die Ver­wandten und Freunde an; bereiten die Beerdigung vor.
Später gehe ich wie in Trance in den Keller; ich möchte in Gedanken noch einmal mit Heinz zusammen sein, nehme das Saxofon in die Hand und bemerke einen an­gehefteten Brief.
Der Brief ist an mich gerichtet!
Heinz muss etwas von seinem Schicksal geahnt haben; er bittet mich, dass ich mich um Elke kümmern soll.
„Natürlich, du Unikum, dafür hätte es keiner extra Aufforderung gebraucht!“ denke ich mir.
Ich lese weiter; mir stehen die Tränen bereits in den Augen.
Dann kommt noch eine Bitte: ich soll mich am Grab noch einmal auf „unsere Art“ mit ihm unterhalten und zum Abschied noch eine Melodie spielen.
Er wünscht sich: „as time goes by“ von Herrman Hupfeld.
Der Refrain hatte es uns angetan.

You must remember this:
A kiss is still a kiss,
A sigh is just a sigh.
The fundamental things apply
As time goes by...

Das, in Bayern verbreitete, „Fell versaufen“, so legt er sich fest, darf auf keinem Fall traurig und ruhig ablau­fen. Wir sollen alle noch einmal kräftig auf ihn trinken und fröhlich sein.
Na ja, versuchen können wir es ja mal, denke ich mir.
Zum Schluss bittet er mich noch sein Saxofon zu übernehmen, es in Ehren zu halten und ab und zu beim Spielen an ihn zu denken.
Die Sache in Afrika soll ich, soweit es geht, in unserem Sinne fortführen.
Ich nehme das Saxofon und spiele unsere Lieblingsmelodie; Elke und Mariele kom­men herunter und hören mir zu.
Uns stehen die Tränen in den Augen, keiner sagt ein Wort; wir weinen.
Ich lasse die Zeit mit Heinz und Elke Revue passieren; es waren zwar nur wenige Jahre, aber die waren um so schöner und ereignisreicher als viele Jahre vorher.
Für mich steht fest: ich werde Heinz nie vergessen können.
Als Elke den Brief von Heinz ließt, bricht es aus ihr heraus.
Sie nimmt uns beide in den Arm und bettelt förmlich: „Bitte, bitte, lasst mich nicht allein.“
Wir versprechen ihr aus vollem Herzen, dass wir immer und zu jeder Zeit für sie da sein und sie in all unsere Aktivitäten mit einbeziehen werden.
Elke beruhigt sich langsam wieder.
Ein befreundetes Ehepaar kommt und kondoliert.
Wir überlassen Elke in ihre Obhut; ich muss endlich mit meinen Gedanken allein sein.
Mariele übernimmt das Auto, ich bin nicht in der Lage mich auf das Fahren zu kon­zentrieren.
Während der Fahrt erlebe ich noch einmal all die schönen Dinge, die wir zusam­men erlebt haben.
Es sind ja überwiegend schöne Erlebnisse die da vor meinen Augen auftauchen. Das Bauchreden, das Saxofonspielen, die vielen Feste und vor allem die tollen Er­lebnisse in Afrika.
Langsam gelingt es mir ,meine Gefühle in die richtigen Bahnen zu lenken.
Ich beruhige mich.
Die Zeit bis zur Beerdigung vergeht wie in Trance.
Wir sind täglich bei Elke.
Ihre Kinder sind mittlerweile angekommen und übernehmen die Betreuung.
Die Tochter kann es ermöglichen für die nächsten Monate bei Elke zu bleiben; sie lässt ein Semester an der Uni sausen.
Die Beerdigung verläuft ganz im Sinne von Heinz: es wird geweint und gelacht, alle erleben Heinz noch einmal so wie er gelebt hat: fröhlich, ausgeglichen und herz­lich.
Wir werden ihn alle in guter Erinnerung behalten.


2. Kapitel
Ein neuer Freund!

Cimba!
Es ist ruhig geworden, plötzlich habe ich sehr viel Zeit.
Die Übungsstunden mit Heinz müssen ausgefüllt werden; die Zeit, die ich früher beim Joggen verbracht habe, fülle ich nun mit langen Wanderungen aus.
Zum Laufen, meine Leidenschaft nach dem Fußball, müss­te mir jemand zwei neue Knie spendieren.
Aber ich denke nicht daran mich operieren zu lassen; gebranntes Kind scheut das Feuer!
Mehrere Bekannte haben mit einer knie-OP die allerschlechtesten Erfahrungen gemacht.
Ich leide also still weiter und denke an die schönen Stunden, die der Sport mir geschenkt hat.
Bei weiten, ausgedehnten Wanderungen habe ich nun Zeit und Muße genug um meine Bauchredekünste zu vervollkommnen.
Heinz, da oben auf Wolke sieben, ist sicher stolz auf mich und meine Fortschritte.
Als Partner bei den öffentlichen Auftritten habe ich mir einen lustigen Affen basteln lassen.
Er heißt Gorgie und ähnelt einem Mon Chi Chi mit einem großen, runden, vorgezogenen, beweglichen Mund, den ich von hinten steuern kann.
Mit seiner rie­sen Ballonmütze und der verwegenen Sonnenbrille im Gesicht, sieht er umwerfend aus.
Wir zwei sind mittlerweile ein Riesenerfolg und im weiten Umkreis bekannt und be­gehrt.
Unserem Projekt in Afrika geht es dadurch immer besser.

Was mir fehlt ist eine Unterhaltung auf meinen Wander-Touren; vor allem dann, wenn meine Frau oder Elke mich nicht begleiten können.
Mein Hund Nicki ist vor einiger Zeit gestorben.
Ich vermisse seine Begleitung und vor allem seine vielen Streiche sehr.
Regelmäßig gehe ich ins Tierheim und hole mir dort einen Hund zum Ausführen und zum Kraulen.
Ja, ein wahrer Hundefreund braucht das, denn: man kann ohne Hund leben – aber wie???
Neuerdings begrüßt mich dort immer ein Welpe.
Es ist, als wenn er mich schon er­warten würde.
Er schaut mich so sehn­suchtsvoll an, als wenn er sagen wollte: „warum holst du mich nicht hier heraus? Siehst du nicht wie lieb ich dich habe und wie einsam ich hier bin?“
Eine Zeitlang konnte ich meinen Wünschen widerstehen, doch plötzlich waren alle guten Vorsätze und Versprechungen über den Haufen geworfen und ich habe ihn mit zu mir nach Hause genommen.
Zunächst einmal nur zur Probe – wie ich mir einrede.
Mariele war nicht gerade begeistert, hat sich aber nach kurzer Zeit von meiner Zu­neigung zu dem kleinen Wesen so anstecken lassen, dass sie ihn auch in ihr Herz schloss.
Die Probezeit war zu Ende, von nun an war unsere Familie wieder um ein „Klein­kind“ reicher.
Bei dem Wollknäuel handelte es sich wohl um einen Golden Retriever.
Aber so genau wuss­te das keiner.
Papiere? Fehlanzeige.
Spielte aber auch bei der Entscheidung überhaupt keine Rolle.
Hauptsache war: er ist ge­sund, klug und fidel.
Gott sei Dank hatte er, soweit man das jetzt schon erkennen konnte, von allem zu viel.
Wir haben ihn Cimba getauft.

Meine Güte, was nimmt man nicht alles auf sich, wenn man so einen kleinen Lufti­kuss zu sich nimmt.
Als Hundevater bist du von morgens bis abends eingespannt und beschäftigt.
Zunächst muss er stubenrein werden, das heißt in der Nacht den Wecker stellen, Minimum zweimal aufstehen und Gassi gehen damit er sein kleines Geschäft machen kann.
Dann die Grunderziehung, „Sitz“, „Platz“, „Komm“ und so Sachen.
Mit dem „Leinenzwang“ hatte er zunächst gar nichts im Sinn.
Diese Freiheitsberaubung wollte er partout nicht akzeptieren.
Ich hatte das Gefühl als wenn er mich pausenlos auf die Grundrechte aller Hund aufmerksam machen wollte!
Nach seiner Meinung war das wesentliche Grundrecht die freie Entfaltung der Hundepersönlichkeit und das in absolut jeder Situation.
Er wollte frei sein und ungebunden!
Es begann ein Kampf der Titanen.
Es gab natürlich nur einen Verlierer – und das war... ich.
Gut man(n) muss auch mal verlieren können, denn, wer kämpft kann auch mal verlieren, aber wer erst gar nicht kämpft hat schon verloren (altes germanisches Sprich­wort)!
Er durfte also frei laufen; und, siehe da, es klappte auch – meistens jedenfalls.
Wenn ich ihn rief, kam er – oder nicht.
Immerhin lag die Chance, dass er kam bei weit über 50%!
Gute Freunde schätzen die Erfolgsquote so um die 52-53%. Respektabel!!!
Na also, geht doch – ein riesen Erfolg zeichnete sich ab!
Dennoch, mühsam ernährt sich das Eichhörnchen!
Es dauerte gut vier Wochen bis er die Grundzüge des Benehmens einigermaßen akzeptiert und halbwegs intus hatte.
Nach ein paar Wochen konnte ich ihn auf dem ersten, etwas längeren, Spazier­gängen mit nehmen.
Ein kleines Kind ist die reine Erholung dagegen.
Hier schnüffeln, da schnüffeln, hier nagen, dort nagen, hier pieseln dort pieseln un­ser Aktionsradius war wirklich nicht nennenswert – aber trotz­dem, es ist sehr schön und erlebnisreich.
Apropos pieseln, schon in den ersten Wochen meldeten sich die ersten Machoallü­ren bei ihm: man (Hund) konnte nicht mehr - so wie es sich für Hundebabys gehört – im Sit­zen pieseln, nein es musste ja im Stehen und zwar auf drei Beinen gesche­hen!
Der wütende Blick, wenn es ihn dabei auf die Waffel legte, war unbeschreiblich!
Auch die Baumwurzeln in unserem Wald wurden immer wieder zu Stolperfallen für seine kleinen, unsicheren Beine.
Trotzdem war er nach kürzester Zeit ein absoluter Sonnenschein und Hingucker!
Wenn jemand Kontaktprobleme haben sollte, die einfachste Sache der Welt ist: schaff dir einen Hund an.
Ab sofort wirst du immer und von jedermann angespro­chen.
Leute, die dir früher teilnahmslos begegnet sind, sprechen dich an und müssen al­les wissen – über den Hund natürlich, es liegt dann an dir das weiter auszubauen.

Du machst auch eine Veränderung mit; du bist gerne bereit ausführlich über alles und jedes zu reden.
Natürlich spielt der „Vaterstolz“ dabei eine herausragende Rolle.
Es macht mich stolz wenn alle Kinder der Siedlung uns nach laufen und mit dem Kleinen spielen wollen.
Wenn ich dann noch meine Bauchrednerkünste auspacke , grenzt das Ganze schon an eine Zirkusvorstellung.
Ich ´brauch wohl nicht zu erwähnen, dass ich auch sofort den entsprechenden Kontakt mit den, zum Teil sehr hübschen und netten, Müttern aufbauen konnte.
Ich habe mich nachträglich oft (im Geiste) in den Hintern getreten, dass ich nicht schon als Jungge­selle darauf gekommen bin; hier hätten sich ungeahnte Möglich­keiten auf­getan...!
Erst im Alter habe ich erkannt: was ein fideler Junggeselle gebraucht ist ein Hund und möglichst ein Pferd dazu!
Leider, es ist zu spät; vertan, vertan!
Allerdings, es war ja auch so ganz ok, langweilig war es nie – mein Leben.
Jedenfalls, heute bin ich stolz wie Oskar auf meine kleine Wunderwaffe.
So geht es jetzt jeden Morgen, vor dem Frühstück, zum ersten Morgenspaziergang!
Unrasiert und nach einer sehr oberflächlichen Morgentoilette gehen wir los um das dringendste „Geschäft“ zu erledigen.
Gott sei Dank liegt unsere Wohnung nahe eines ausgedehnten Waldgebietes, das sich hervorra­gend zum Spaziergang eignet.
Auf den 50 m bis zum Wald kann Cimba schon alles unterdrücken; sollte doch ein­mal etwas „Schlimmes“ passieren, ich habe im­mer eine kleine Plastiktüte dabei, die Umwelt muss ja sauber bleiben und hygienischer ist es auch!
Gebraucht habe ich sie aber nur sehr selten.
Trotzdem, ab sofort gehöre ich zu den (netten) Menschen, die den Hunden ihre Schei... nachtragen! - Wenn´s dann ´mal sein muss.
Ist dann die Hauptsache, zur Befriedigung aller Teilnehmer, abgeschlossen, geht’s dem aufgelassenen Bahndamm entlang zum Bolzplatz.
Hier treffen sich jeden Morgen bei Wind und Wetter alle Hundebesitzer und vor al­lem -rinnen zum Stelldichein.
Die Menschen ratschen und die Hunde toben bis zum Umfallen.
Mein kleiner Racker hält schon ganz gut mit. Er ist auch bei seinen Artgenossen der „Hahn“ im Korb – denn alle Hunde, die über ein bisschen Charakter verfügen und das sind fast alle, nehmen Rücksicht auf ihn, den Kleinsten.
Und - Er ist doch so süß!!!
Nach der Spielstunde ist er total k.o.
Er schlabbert noch schnell seine Welpenmahlzeit in sich hinein und versinkt dann bis gegen ½ 12 in Orpheusarme.
Offensichtlich erlebt er im Traum seine Abenteuer noch einmal; anders kann ich mir seine Zuckungen und die Fieporgien nicht erklären.
Wacht er dann auf, gibt es kein Pardon.
Ein ausgedehntes Gähnen, ein kurze Schütteln und los geht’s.
Sein Tatendrang kennt keine Grenzen, ich bekomme ge­rade noch Zeit genug um mich anzuziehen, dann geht’s schon wie­der los.
Auf unserem Weg zum Wald, müssen wir an einem Kinderspielplatz vorbei.
Ich bin froh wenn einmal keine Kinder dort spielen, denn nur dann kommen wir auf direk­tem Weg in unser Erholungs- und Erziehungsgebiet.
Ansonsten geht’s gleich los:
„Cimba“, „Cimba“! Schreien die Kinder im Chor.
Dann, immer wieder:
„Wie heißt der Hund“?
„Wie alt ist er.“
„Kann er auch Kunststücke?“ „Zeigt er die auch?“
Ich antworte immer geduldig auf jede Frage, frage aber sofort zurück. So muss je­des Kind etwas von sich erzählen und Cimba steht nicht so im Vordergrund und auch die etwas ruherigen Kinder werden etwas mehr eingebunden.
Doch dann geht’s los:
„Zeig uns doch ´mal was Cimba alles kann! Kann er auch Sitz machen?“
Alternativlos – wie Frau Merkel sagen würde – beginnt dann die Vorstellung, das heißt nur dann, wenn ich es fertigbringe Cimba abzulenken und auf mich zu kon­zentrieren:
„Cimba! Sitz!“ Ich hebe meine rechte Hand hoch und Cimba setzt sich auf seinen kleinen Popo – meistens wenigstens.
„Cimba, sag ´mal

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Bert von Ahaloh
Bildmaterialien: Bert von Ahaloh
Tag der Veröffentlichung: 03.10.2012
ISBN: 978-3-95500-173-5

Alle Rechte vorbehalten

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