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NATURAM EXPELLAS FURCA, TAMEN USQUE RECURRET

 

(Treibst du die Natur mit dem Knüppel aus, sie kehrt doch stets zurück)

 

HORAZ (65 – 8 vor Chr.)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

© Bertold Heinze

Selbstverlag 2016

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

Vorwort

Einführung

Bartisch, Georg (1535 – 1607)

Bilz, Friedrich Eduard (1842 – 1922)

Boerhaave, Herman (1668 – 1738)

Eisenbarth, Johann Andreas (1663 – 1727)

Fabry, Wilhelm (1560 – 1634)

Galenus, Claudius (129 – 199)

Hoffmann , Friedrich (1660 – 1742)

Just, Adolf (1859 – 1936)

Kortum, Carl Arnold (1745 – 1824)

Leeuwenhoek, Antonie (1632 – 1723)

Ling, Per Henrik (1776 – 1839)

Lutze, Arthur (1813 – 1870)

Martin, Maria Clementine (1775 – 1843)

Schöffer, Peter (1425 – 1503)

Weyer, Johann (1515/16 – 1588)

 

Von Liebig über Moleschott zu Schüssler

 

Vorwort

Vorwort

 

Entstanden ist dieses E-Book durch einen Zufall. Bei einer historischen Eisenbahnfahrt besuchten wir die Stadt Hann. Münden. Dort wurden wir neben dem Bürgermeister von Dr. Eisenbarth in voller Montur und mit seinen übergroßen medizinischen Instrumenten empfangen.

 

Mir fiel sofort das Spottlied ein, welches wir in unserer Jugend mit Begeisterung gesungen haben. Nun, so habe ich während der Vorführung gedacht, was muss ein Mann, der so verspottet wird, in seinem Leben geleistet haben? Nur der Neid der Menschen kann zu solchen Verleumdungen im Stande sein. So suchte ich mit meinem Freund die letzte Wirkungsstätte und sein Grab in dieser Stadt auf.

Dr. Eisenbarth kennt heute, zumindest in vielen Regionen unseres Landes, kaum noch einer. Selbst das Spottlied ist nur noch bei der älteren Bevölkerung bekannt.

 

Aus diesem Grunde habe ich mich einmal genauer mit dem Menschen Eisenbarth und seinen Leistungen beschäftigt. Daraus entstand ein Artikel. Da ich in meinem Leben viele Fachartikel für einige Fachzeitschriften geschrieben habe, fragte ich einmal bei einer an, ob sie Interesse an diesem Artikel habe. Eine Zeitschrift sagte spontan zu und hat ihn gedruckt.

Diese Art der Medizingeschichte kam bei den Lesern gut an. Man wollte jetzt mehr über weniger bekannte Heiler wissen. So entstanden weitere Artikel. Wichtig für mich sind nur „Heiler“, die für die Menschen einiges geleistet haben, aber kaum noch bekannt sind. Es kam auf diese Weise zu dem Büchlein, dass Sie heruntergeladen haben.

 

Für die meisten Fotos danke ich meinem Freund Thomas Schweres.

 

 

Düsseldorf im Oktober 2016

 

Bertold Heinze

Einführung

Einführung

 

Um ein wenig die Medizin genauer zu verstehen, sei mir gestattet über ihre Geschichte unter dem Titel Die Medizin in unseren Breiten vom Anfang bis in die Neuzeit“ zu schreiben.

 

Solange wir Menschen auf dieser Erde sind, gibt es mit Sicherheit Krankheiten und vor allen Dingen aber Verletzungen, wie zum Beispiel bei der Jagd. Es wird, so vermute ich, auch immer Menschen da gewesen sein, die geholfen haben. Sie arbeiteten vermutlich mit Kräutern aus der Umgebung oder mit Tierprodukten und vielen anderen Dingen. Im Vordergrund allerdings standen wohl magische oder eine Art religiöser Handlungen. Im Papyrus Ebers, der um 1500 vor Christus entstanden ist, steht ein Satz, der wohl gut in diese Zeit passen könnte: „Magie wirkt zusammen mit Medizin, Medizin wirkt zusammen mit Magie.“

 

Um 10.000 vor unserer Zeitrechnung gibt es die ersten Hinweise auf Schamanen, Zauberer oder Hexer, die bereits mit Heilkräutern umzugehen wussten. Auch kleine chirurgische Eingriffe, die von diesen Menschen vorgenommen wurden, konnten an Hand von Knochenfunden festgestellt werden.

Etwa 6.500 Jahre vor Christus führte man bereits die ersten Hirnoperationen durch. Es wurden rund 120 Schädel gefunden, die mehr oder weniger große, exakt runde Löcher in der Schädeldecke aufwiesen. Sei es, weil die Patienten Kopfschmerzen hatten, an Fallsucht litten, oder ob man nur die „bösen Geister“ aus dem Kopf jagen wollte. Wir wissen bis heute den exakten Grund für diese Maßnahme nicht.

Seit 4.000 vor Christus gibt es schon medizinische Texte, die sumerische Ärzte auf Tontäfelchen geschrieben haben. Sie beschreiben bereits sehr ausgiebig eine Urindiagnostik.

 

Chirurgische Nadeln wurden aus Knochen gefertigt, die Fäden waren aus Seide oder Tierdärmen, wobei Därme der Schafe bevorzugt wurden. Die Wunden sind für damalige Verhältnisse sehr gut vernäht worden. An Hand der entsprechenden Funde konnte man auf eine Zeit um 3.000 vor unserer Zeitrechnung schließen.

Zur gleichen Zeit hat man bereits Augen ersetzt, die aus Tierfetten und Teer bestanden. Damit sie gut aussahen wurden sie mit Blattgold überzogen. An einem weiblichen Skelett aus jener Zeit, welches im Iran gefunden wurde, hat man ein linkes künstliches Auge entdeckt.

Im selben Jahrtausend sind bereits die ersten Beschneidungen vorgenommen worden. Der Grund hierfür ist bis heute nicht bekannt, denn die Religionen, oder die medizinischen Erkenntnisse waren damals noch völlig unbekannt, beziehungsweise beide hatten in dieser Zeit noch keinen Einfluss auf die Menschen.

 

Um 1500 vor Christus gibt es schon wichtige Hinweise auf medizinisch Tätige und Kräuterheilkundige. Sie sind beschrieben im Papyrus Ebers und Smith. Der Aderlass, welcher im Mittelalter zu Hochblüte kam, und das blutige Schröpfen begannen bereits in dieser Zeit.

 

An ägyptischen Mumien, die etwa um 1.000 bis 600 vor Christi stammen, fand man bereits künstliche Zehen. Sie waren aus Leinen, Leim und einer Pappe ähnlichen Verbindung.

Augenoperationen waren in diesem Zeitraum bereits Gang und Gäbe. Im Vordergrund stand die trübe Linse, die einfach mittels feiner Nadeln nach unten gedrückt wurde. Der Patient konnte danach, zwar nicht mehr gut, aber wieder etwas sehen. Vorher sah er, außer Nebelwände so gut wie nichts mehr.

 

Um 600 vor Christus begann man, natürlich im alten Rom, mit der Hygiene. Es wurde festgestellt, dass durch Kot und Urin verunreinigtes Wasser, üble Erkrankungen auslösen können. Durchfälle standen hier wohl im Vordergrund. So baute man die ersten Abwasserkanäle, um diesem Phänomen vorzubeugen.

 

Von Mesopotamien aus, wo sich die ersten Medizinschulen gebildet haben, ging die Medizinlehre zunächst nach Ägypten und Griechenland. Hier in Griechenland bildeten sich auch die ersten europäischen Medizin-Schulen. Der bekannteste Lehrmeister war in jener Zeit Hippokrates von Kos (460 – 377 v. Chr.). Ihn kann man als Vater der westlichen Medizin bezeichnen. Die Basis seiner Lehre war, dass Krankheit ein Ungleichgewicht von vier Körpersäften sei. Er nannte sie Blut, Schleim, schwarze und gelbe Galle. Diese Theorie hielt sich bis zum Beginn der Neuzeit in den medizinischen Köpfen. Zur Diagnose wurde das Beschauen des Harns genutzt. So sieht man auf Bildern immer wieder Ärzte, die in das berühmte Harnglas schauen und weniger auf den Kranken.

 

Im Laufe der Jahrhunderte tauchen in der Medizin berühmte Namen auf. Um nur die wichtigsten zu nennen, sei im ersten Jahrhundert nach Christus der Militärarzt Dioskurides. Er fasst das medizinische Wissen seiner Zeit zusammen. Dieses Wissen wird fast 1500 Jahre in Europa gelehrt. Das zweite Jahrhundert wurde vom griechisch-römischen Arzt Galenos von Pergamon (129 – 199) geprägt.

In den nächsten 500 – 600 Jahren tauchten immer mal wieder Ärzte aus griechischen oder arabischen Schulen in unseren Breiten auf. Sie behandelten aber in der Regel nur den Adel, den gehobenen Klerus, Fürsten, Könige und die reichen Bürger. Meistens waren es Ärzte jüdischen Glaubens. Sie übten alle medizinischen Tätigkeiten aus, mit Ausnahme der chirurgischen.

 

Um 900 gründete man die berühmte Ärzteschule in Salerno. Der Stauferkaiser Friedrich II (1212 – 1250) war es, der erstmals eine Verordnung zur Regulierung des Heilwesens erließ und die ärztliche Approbation einführte. Gleichzeitig gründete er 1225 sehr zum Leidwesen der Schule von Salerno die medizinische Universität in Neapel. Auch an anderen Orten waren schon gleiche Universitäten gegründet worden. Paris 1110, Bologna 1113, Oxford 1167 und Montpellier 1181. Ein Jahrhundert später folgten Messina und Padua. Wiederum rund 100 Jahre später, also im 14. Jahrhundert, die Universitäten Prag, Wien, Heidelberg, Köln und Erfurt.

 

Die damaligen Ärzte stellten Medikamente meist selber her und verkauften sie auch. Das sollte sich im Jahre 1240 ändern. Der oben genannte Stauferkaiser Friedrich II. hat in dem Edikt „Novae constitutiones“ verfügt, dass kein Arzt mehr Medikamente herstellen und abgeben durfte. Er gründete so den Stand des Apothekers, neben dem der Mediziner. Allerdings wurde dieses Gesetz im Anfang nur in der Provinz Sizilien befolgt. Im übrigen Gebiet des Reiches hat man sich nicht darum gekümmert. So wurde bis ins 15. Jahrhundert weiter vom Arzt produziert und verkauft. Apotheker war ein normaler Lehrberuf und wenn er eine Apotheke eröffnen wollte, mussten die Ärzte am Ort zustimmen. Er wurde selbstverständlich von ihnen überwacht. Ab dem Jahre 1725 gab es in Preußen neben den gelernten Apothekern, auch akademisch ausgebildete. Jeder nicht akademische Apotheker, der sieben Jahre seinen Beruf ausgeführt hatte, konnte an Vorlesungen teilnehmen und im Anschluss eine Prüfung zum wissenschaftlichen Apotheker ablegen. Ab dem Jahre 1825 wurde in Preußen verfügt, das Pharmazeuten zwei Jahre an der Universität studieren mussten. Erst seit 1904 ist zum Studium der Pharmazie ein Abitur nötig.

 

Studierte Ärzte und Apotheker gab es praktisch nur in den Städten, wo die reichen Bürger wohnten. Auf dem Lande werden in dieser Zeit die Kranken von Nonnen und Mönchen versorgt. Sie hatten bereits Krankenstationen in ihren Klöstern. Das wohl bekannteste Kloster war St. Gallen, wo man schon im achten Jahrhundert eine Leprastation hatte. Auch Bingen wurde mit der Äbtissin Hildegard im zwölften Jahrhundert weit über die Grenzen unseres Landes bekannt.

In kleineren Orten, also in Dörfern weit ab vom Weltgeschehen, waren es in der Regel Kräuterfrauen, welche die Kranken versorgten und Geburtshilfe leisteten.

 

Viele Nonnen und vor allen Dingen Mönche waren gute Chirurgen. Die Mönche von St. Gallen operierten selbst Kaiser und Könige. Dies hatte ein Ende mit dem Konzil von Tours im Jahre 1163. Hier wurden den Priestern die chirurgischen Tätigkeiten verboten. Erneuert ist das Verbot 1215 während des Lateran-Konzils. Auf der Würzburger Synode, im Jahre 1298 wurde sogar die Anwesenheit der Geistlichen bei einer Operation unter Strafe gestellt. Hintergrund war ein Edikt der römisch-katholischen Kirche, in dem verboten wurde, menschliche Körper zu öffnen und Leichen zu sezieren.

 

Jetzt kam die Hochblüte der Bader. Die ersten schlossen sich in Frankreich bereits im Jahre 1096 zu einer ständischen Körperschaft zusammen. Neben dem Frisieren war ihre Hauptaufgabe das Schröpfen und Zähne ziehen. Aus den reihen der Bader entwickelten sich die Wundärzte, die bereits Operationen ausführten. Eine spezielle Untergruppe waren später die Feldscherer, heute würden wird sagen die Militärchirurgen. In Paris ordnete man im Jahre 1210 an, dass Bader kurze Berufskleidung und Wundärzte lange zu tragen hatten, damit man sie unterscheiden konnte.

Die Bader und Wundärzte mussten bei einem Meister, je nach Region zwei bis vier Jahre lernen. Danach waren sie Gesellen. Wollten sie sich niederlassen, so legten sie eine Art Meisterprüfung ab. Dieses geschah später vor einem ärztlichen Gremium in der entsprechenden Stadt oder Hauptstadt des Fürstentums.

 

Die Chirurgie galt unter den damaligen Medizinern als eine mindere Tätigkeit und wurde daher von ihnen nicht ausgeführt.

In Italien allerdings war die Chirurgie als spezielles eigenes Fach an den medizinischen Universitäten anerkannt. Wollte ein fertiger Mediziner auch auf dem Gebiet der Wundbehandlung und Operation tätig werden, so musste er ein zweites Studium bis zum Doktorgrad ablegen.

Der bekannteste Arzt in dieser Zeit hat in Ferrara studiert. Sein Namen ist Paracelsus (1493 - 1541). Er war Doktor der Medizin und Wundmedizin. Selbst nannte er sich Doktor der beiden Arzneien.

Wundärzte und Feldscherer gab es bis weit ins 19. Jahrhundert. Viele zogen durch die Lande, operierten und verkauften Wundermittel. Es bestand praktisch Kurierfreiheit. Dass sich hierunter auch „schwarze Schafe“ befanden, versteht sich von selbst.

Auch Henker, im Volke zwar nicht gut angesehen, waren recht gute Chirurgen und oft anerkannte Kräuterheiler. Sie hatten zwar keine rechte Ausbildung, kannten aber den menschlichen Körper von Berufs wegen recht gut.

Ende des 18. Jahrhunderts begann man langsam an den hiesigen Universitäten auch die Chirurgie zu lehren. Sie steigt ab jetzt immer mehr in ihrem Ansehen und so entstand der Facharzt für Chirurgie.

 

Bei den Badern sah es ein wenig anders aus. Sie haben sich nach Lehrzeit und Wanderjahren in Städten niedergelassen und zu Zünften zusammengeschlossen. Ihr Hauptgebiet war der Aderlass, das Versorgen großer und kleiner Wunden, das Behandeln mittels Einläufen, sowie das Zähne ziehen. Der Haupterwerb allerdings bestand im Betreiben von Badestuben. Anfangs dienten sie der Reinigung und Hygiene. Ganzkörpermassage kam kurze Zeit später hinzu. Inzwischen wurden die Badestuben zum geselligen Treffpunkt. So badeten im Zuber Frauen und Männer gemeinsam, nicht mehr wie zu Anfang getrennt. Speisen und Getränke servierte man während des Badens auf quer gelegten Brettern. So bleib es nicht aus, dass sich manche Badestube zum beliebten Bordell entwickelte.

Nun brach die Zeit der großen Infektionswellen über Europa herein. Es ist also nicht verwunderlich, dass man dem ausschweifenden Leben in den Badestuben eine Mitschuld gab. So kam es, dass dieses Wirken schlagartig im Jahre 1648, mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges von Amts wegen verboten wurde. Die Bader beschäftigen sich wieder mit dem Aderlass, jetzt aber intensiver, dem Behandeln kleiner Wunden und besonders dem Ziehen der Zähne. Letzteres bis in die fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Nur wurden sie nicht mehr als Bader bezeichnet, sondern man nannte sie jetzt Dentisten.

 

Im 16. Jahrhundert, die Alchemie stand noch in hoher Blüte, begann langsam ein Umdenken bei den studierten Medizinern. Man kam von der Säfte-Lehre und der Harnschau ab und begann sich mehr und mehr für die speziellen Leiden des Kranken zu interessieren. Es war aus heutiger Sicht gesehen eine große Reform im Gange. Der wichtigste Reformator der Medizin war wohl Paracelsus. Das Erforschen der Leichen wich jetzt dem Disputieren. Auslöser waren sicherlich nicht zuletzt die Infektionskrankheiten, die über die Menschen hereinbrachen.

Eine ganze Weile dauerte es noch bis man an den medizinischen Hochschulen erkannte, dass die Medizin ein eigenes Lehrfach sein musste und hiermit auch das Arbeiten am Krankenbett besonders wichtig ist. So entstanden im 18. Jahrhundert immer mehr Universitäten für das Fach Medizin mit entsprechenden Krankenanstalten. Ausgegangen ist dies praktisch von der niederländischen Stadt Leiden. Leiden war ein damaliges Zentrum der Medizin. So ist es auch nicht verwunderlich, dass zwei Mediziner aus dieser Stadt nach Wien, an den Hof Maria Theresia (1717 – 1780) berufen wurden. Sie gründeten dort die spätere und lange Zeit berühmte „Wiener Schule“.

 

Die Alchemie ging immer mehr über zur heutigen Chemie. Man fand Elemente, entwickelte neue chemische Substanzen und erleichterte so das Leben der damaligen Zeit.

Im medizinischen Bereich benutzen studierte Mediziner und Laien, um therapieren zu können, immer noch Stoffe aus der Natur, also von Pflanzen, Tieren und Gesteinen.

Dieses änderte sich erst mit dem Berliner Pathologen Virchow (1821 – 1902) und seiner Zellenlehre, der so genannten Zellularpathologie im Jahre 1858. Er schrieb damals: „Wenn die Zellen die elementaren Bestandteile des Organismus sind, seine letzten organisierten Einheiten, in denen sich die gesunden Lebenserscheinungen abspielen, so müssen auch die krankhaften Lebensvorgänge, die pathologischen Prozesse, ihren Sitz in eben diesen Zellen haben.“

Inzwischen entwickelte sich die Chemie, die Apotheker entwickelten sich zu Pharmazeuten und nach und nach entstanden rein chemische Medikamente. Nun wurde die Trennung der Medizin praktisch vollzogen. Während die Ärzte immer mehr zu den chemischen Medikamenten griffen, blieben die Naturmittel in der Hand der Laien.

 

Im 19. Jahrhundert machte die „Schulmedizin“ bedeutende Fortschritte. Semmelweis (1818 – 1865) führte die Hygienevorschrift ein. In den Jahren 1842 bis 1847 wurden die ersten Operationen mit Narkose durchgeführt. Zunächst war es der Ätherrausch, dann die Lachgas-, gefolgt von der Äthervoll- bis zur Chloroform-Narkose. Im gleichen Jahrhundert schafft Pasteur (1822 – 1895) die Grundlagen der Mikrobiologie, Lister (1827 – 1912) operierte erstmalig antiseptisch mit Karbollösung. Mit Koch (1843 – 1910) begann die Mikroben-Forschung, Behring (1854 – 1917) entdeckte die Serumtherapie und Röntgen (1845 – 1923) seine „X-Strahlen“. Ehrlich (1854 – 1915) hatte erste Erfolge mit der Chemotherapie.

 

Im 20. Jahrhundert werden antibiotisch wirkende Mittel entdeckt. Zuerst Salvarsan, dann Penicillin. Kortison ist im gleichen Zeitraum entwickelt worden. Es beginnt die Virusforschung und die Chirurgie erzielt große Fortschritte. In den 50er Jahren transplantiert man die erste Niere, in den Sechzigern die ersten Bauchspeicheldrüsen und Lebern, sowie Herzen.

Die Entwicklung auf dem Gebiet der Medizin in diesem Jahrhundert schritt gewaltig voran. Die Röntgendiagnostik wurde deutlich verbessert, Computer, Elektronenrastermikroskop wurden eingeführt und die Magnetresonanz-Diagnostik (NMR) begann ihren Siegeszug.

Alles Neue zu nennen würde den Rahmen des Berichtes sprengen. Daher sind nur die wichtigsten Dinge genannt. Pharmazie und Medizin arbeiteten eng zusammen. Also stand bei den meisten Ärzten die Chemie im Vordergrund und nur wenige widmeten sich noch der Naturheilkunde.

 

Anders dagegen bei den Laien. Da in unseren Landen Kurierfreiheit herrschte, wurden immer mehr Menschen zum Naturheiler. Teilweise hatten sie eine Ausbildung in entsprechenden Schulen, bei praktisch tätigen Behandlern, oder aber sie fühlten sich zur Heilung von Menschen einfach berufen. So kam es zu vielen Bezeichnungen auf ihren „Praxisschildern“. Im Volksmund nannte man sie schlicht Homöopathen, wenn sie sich mit der Behandlung des Knochenbaus beschäftigten, Osteopathen.

Dies alles änderte sich am 17. Februar des Jahres 1939. An diesem Tage trat das Heilpraktiker-Gesetz in Kraft und die Kurierfreiheit war praktisch erloschen. Jeder, der sich ohne ein Medizinstudium abgelegt zu haben zum Heilen berufen fühlte, musste nun vor das Gesundheitsamt seiner Heimatgemeinde. Hier fand eine Überprüfung statt, bei der man feststellte, ob der Prüfling keine Gefahr für die Volksgesundheit darstellte. Die Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“ war jetzt amtlich. Nun hat man zwei Berufe, die nebeneinander therapeutisch am Menschen tätig sind.

Wobei die Ärzte überwiegend in ihrer Therapie chemische Substanzen verordnen, verwenden die Heilpraktiker Naturheilmittel. Sie können im Grunde genau so arbeiten wie die Mediziner. Ihnen sind nur Therapien und Diagnosen verboten, die in den entsprechenden Gesetzen aufgeführt werden. Also hat sich die Naturmedizin in diesem Berufsbild etabliert. Allerdings gab und gibt es immer noch Ärzte, die die Naturheilkunde ebenfalls anwenden.

Seit neuester Zeit verwässert sich der Beruf des Heilpraktikers immer mehr. Für meine Begriffe nähern wir uns auf diesem Wege langsam wieder der Kurierfreiheit alter Zeiten.

War seit Virchows Zeiten der größte Teil der „Schulmediziner“ gegen eine naturheilkundliche Behandlung, so ändert sich dies, „Gott sein Dank“ in letzter Zeit. Immer mehr Ärzte arbeiten mit Heilpraktikern zusammen, letztendlich zum Wohle der Kranken.

Bartisch

Georg Bartisch (1535 – 1607)

 

Oculist und Steinschneider aus Sachsen

 

 (c) Wikipedia

 

Wir befinden uns in der Mitte des 16.Jahrhunderts. Luthers Tischreden werden herausgegeben und in Münster (Westfalen) wird das „Gottesreich der Wiedertäufer“ zerschlagen. Ignatius von Loyola gründet den Jesuitenorden. Der Spanier Pizarro erobert von Panama aus den südamerikanischen Kontinent, während die Franzosen in Kanada Fuß fassen. Dänemark und Sachsen führen die Reformation ein. Der Arzt und Philosoph Paracelsus wandert und heilt die Menschen im deutschsprachigen Raum.

 

In dieser, doch recht unruhigen Zeit wird in einem kleinen Örtchen mit Namen Gräfenhain, heute ein Stadtteil von Königsbrück, 1535 Georg Bartisch geboren. Die Stadt liegt in der Nähe von Dresden, genauer gesagt in nordöstlicher Richtung der sächsischen Landeshauptstadt. Die Einwohner von Königsbrück waren immer sehr dem Neuen zugetan. Denn im Geburtsjahr des kleinen Georgs predigte an der Hauptkirche ein Pfarrer mit Namen Donatus Pfeiffer bereits auf evangelische Weise, wie man früher zu sagen pflegte.

Der Vater von Georg war ein bekannter Bader in dieser Stadt. Das Baden in den so genannten Badestuben war zu dieser Zeit sehr beliebt. Sie wurden von Barbieren betrieben, die auch gleichzeitig die Wundarznei und das Steinschneiden ausführten. Nun gab es, wie in allen Berufen, so auch hier, gute und schlechte Bader. Der Vater Bartisch, der auch den Vornamen Georg trug, wurde für seine Verdienste später sogar geadelt. Der Sohn hat den Adelstitel jedoch nicht übernommen.

 

 


Herzlichen Dank an Frau U. Steckel

vom Stadtarchiv Königsbrück

für die Überlassung des Fotos

 

Vater Bartisch jedoch betrieb sein Handwerk in einer relativ kleinen Stadt. So kann man sich vorstellen, dass der Geldsegen der Familie nicht groß war, wie bei einem Bader in einer Großstadt.

 

Der kleine Georg war ein aufgeweckter Junge, der sehr gerne Medizin studiert hätte. Leider fehlte den Eltern das nötige Kleingeld. Schon als Zwölfjähriger half er daher seinem Vater in der Badestube. Bei ihm begann er jetzt auch die Lehre zum Bader und Wundarzt.

Als junger Mann ging er dann, auf Empfehlung seines Vaters, zu Matthäus Fuchs nach Wittenberg. Fuchs war zu jener Zeit ein weit über die Grenzen bekannter Steinschneider und Starstecher. Bei ihm blieb Georg Bartisch Junior zwei Jahre. Er war lernbegeistert und geschickt, so dass ihm Fuchs empfahl zur Weiterbildung nach Brünn zu gehen.

Dies tat er nicht, sondern ging vorerst nach Dresden und wurde hier mit 23 Jahren erster „Churfürstlicher Hofoculist“. Vom Kurfürsten August (1526 – 1586) von Sachsen bekam er ein Jahresgehalt von 114 Gulden, was einer heutigen Kaufkraft von circa zweitausend Euro entsprechen würde.

 

 

Starstich im Mittelalter (Wikipedia)

 

Im Jahre 1563 folgte er dem Rat von Fuchs und ging jetzt nach Brünn. Hier arbeitete Abraham Mayscheider, ein bekannter Chirurgius, Steinschneider und Starstecher. Georg Bartisch arbeitete, wie immer auch hier fleißig. Die Mayscheider‘sche Praxis war in Schönwald bei Brünn. So vervollständigte Bartisch sein handwerkliches Wissen und schloss es mit einer Prüfung vor der Brünner Kommission ab. Jetzt war er Oculist, Wundarzt, Chirurgius, Bruch- und Stein-Schneider, und das neben seinem Beruf als Bader.

 

Ein Jahr später wählte er dann zu seinem ständigen Wohnsitz das Örtchen Döbeln in Sachsen. Dies sollte bis zum Jahre 1572 auch so bleiben. Wie es unter Handwerkern der damaligen Zeit üblich war, ging auch Bartisch auf Wanderschaft. Da ja sein Beruf damals zum Handwerk gehörte, musste er Wanderjahre vorweisen. Blieb auf seiner Wanderschaft aber überwiegend in Sachsen. Ging auch mal kurz nach Magdeburg und Erfurt. Im angrenzenden Gebiet von Sachsen, also in Schlesien und Böhmen war er ebenfalls unterwegs. Zur Ostsee soll er auch gewandert sein. Was aber nie belegt wurde. Wohl war er in Wien. Hier, in der habsburgischen Metropole, hat er um eine Prüfung vor der dortigen Kommission gebeten. Es war für ihn wichtig, damit er seine Kuren, wie man damals sagte, hier ausführen konnte. Dies hat man ihm verweigert. Es gab also keine Zulassung zur Prüfung. Enttäuscht ging er nach Sachsen zurück und zog 1572 nach Dresden, in die heutige Neustadt am Elbufer. Hier wurde er ansässig und begann über seine Berufserfahrungen zu schreiben.

 

Neben dem Steinschneiden und Starstechen hatte er große Erfolge als Wundarzt und Chirurg. Hierüber gibt es viele Urkunden. Auf seine Arbeit und deren präzise Ausführung, legte er großen Wert. Bartisch war eben ein guter Praktiker mit langjähriger Erfahrung. Hierüber hat er erstmalig 1575 in seinem Buch ausführlich geschrieben. Es trägt den Titel: „Kunstbuch, darinnen ist der ganze gründliche vollkommene rechte gewisse Bericht, Underweisung und Lehr des harten reissenden schmerzhaftigen peinlichen Blasensteines“.

In der Hoffnung der Kurfürst August von Sachsen würde das Buch drucken lassen, schenkte er ihm

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 09.10.2016
ISBN: 978-3-7396-7782-8

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