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Vorgeschichte

 

Diese Geschichte ist frei erfunden. Man kann sie lesen, deshalb muss sie aber noch lange nicht wahr sein oder wenn sie wahr ist, dann nur in vielleicht wenig bedeutenden Details. Der Leser mag sich selbst seinen Reim daraus machen, weiterlesen oder die gesamte Geschichte einfach vergessen.

 

Der Autor der Geschichte wohnt in einem Dorf nahe der Donau, schon fast auf dem Balkan, aber noch in Ungarn. Dort gibt es viele Störche. Ein grosses Storchennest befindet sich direkt vor seinem Haus, das nächste einige Meter weiter auf Masten mit Kabeln zur Stromversorgung sowie für Datendienste. Der Autor hat bereits mehrere Jahre das Leben der Störche vor seinem Haus beobachtet.

 

Morgens wird man durch freudiges Klappern geweckt. Es wird sich im Frühjahr gefreut, wenn im März die Störche aus ihrem Winterquartier kommen. Es wird beobachtet, wie die jungen Störche heranwachsen, das Nest ausgebessert oder ein neues zunächst wackeliges Nest gebaut wird. Am spannendsten wird es stets Ende Juli bis spätestens Ende August. Das ist die Zeit, in der die jungen Störche fliegen lernen, auf Erkundigung fliegen und nahezu zeitgleich mit den Altstörchen das Dorf verlassen, um dann im nächsten oder einem späterem Frühjahr wieder einzufliegen.

 

Die Geschichte wird aus der Sicht eines dieser Störche erzählt, der gerade fliegen gelernt hat. Da sich Vögel und Menschen schwer ineinander hinein denken können und die Verständigung untereinander weitere Schwierigkeiten bereitet, müssen wohl die meisten Dinge unwahr bleiben. Der Leser möge das entschuldigen, aber dennoch seinen Spass beim Lesen haben!


 

 

 

1. Feder

Der Schiss

 

Mein Name ist Adebar - ich bin ein Storch. Obwohl noch jung, habe ich schon viel erlebt, vor allem mit dieser besonderen Spezies Mensch. Diese Spezies habe ich einerseits lieb gewonnen, andererseits aber auch fürchten gelernt. Zum Wohle aller Störche und vielleicht auch Menschen habe ich dafür sorgen können, dass man sich künftig weniger vor den Menschen fürchten muss.

 

Es war ein warmer Tag am Ende des Monats Juli. Da hat es angefangen, dass ich mich für die Menschen in meiner Umgebung und allgemein für das Leben der Menschen zu interessieren begann.

 

In der Nacht zuvor hatte es kräftig geregnet. Es war ein warmer Sommerregen, kurz und intensiv. Mein ganzes Gefieder war nass und auch das Nest sah ziemlich mitgenommen vom Regen aus. Papa und Mama waren auf das Dach des Nachbarhauses geflogen, um dort ihre Flügel zu putzen. Später wollten sie Frösche und so mitbringen und danach Grasbüschel zur Ausbesserung des Nestes besorgen. Ich und mein Bruder waren allein im Nest und hatten Langeweile. Mein Bruder versuchte sich im Flügelschlagen und war gerade erschrocken ein wenig in die Höhe geraten.

 

Ich verspürte wie jeden Morgen nach dem Frühstück einen kräftigen Drang im Gedärm. Also bewegte ich mein Hinterteil geschickt über den Nestrand und liess im grossen Bogen meine Storchenkacke hinab. Darin war ich besser als mein Bruder, der gelegentlich noch den Nestrand befleckte.

 

Papa und Mama haben meinen Bruder Leo genannt. Das ist die Kurzform von Leonardo da Vinci, der viel wusste und erfunden hat. Die Eltern hatten sehr früh gemerkt, dass auch Leo sehr viel wusste.

 

Kaum war ich fertig mit der natürlichsten Sache der Welt, hörte ich von unten einen Menschen laut klappern. Man konnte sehen, dass er etwas von der weissen Suppe abbekommen hatte, denn er wischte sich seinen Kopf mit einem Papiertuch ab.

 

Ich verstand die Situation und hatte plötzlich so etwas wie Mitleid mit diesem Mann da unten – ein Gefühl das mir in meinem noch kurzen Storchenleben nicht vorgekommen ist. Am meisten bekümmerte mich die Tatsache, dass von dieser ätzenden Flüssigkeit auch einiges im Gesicht des Mannes gelandet ist. Ich richtete mich am Nestrand auf, legte den Hals weit zurück und klapperte zaghaft ein tiefes Bedauern heraus.

 

Geschehen ist geschehen, dachte ich dann und habe seitdem eine andere Methode zur Darmentleerung gewählt. Diese bestand darin, auf der anderen Seite des Nestes auf die dort zuweilen geparkten Blechkisten mit vier rollenden Beinen zu zielen, was mir mit etwas Übung auch immer besser gelang. Es parkten da unten sehr viele Blechkisten, meist nur sehr kurze Zeit. Im Nebenhaus war nämlich ein Einkaufsladen für Menschen. Toll, was die da alles heraus schleppten! Ich freute mich über jeden neuen Erfolg und versuchte die Darmentleerungen auch mit Mustern, erst mit einfachen Streifen, dann auch gesprenkelt. Am besten sah das alles bei dunkelfarbigen Blechkisten aus.

 

Papa und Mama bemerkten von meinen kreativ künstlerischen Bemühungen nichts, die waren tagsüber ständig weg für Frösche, Zweige und Gras. Manchmal brachten sie lange Schlangen und anderes Gewürm mit. Doch am besten schmeckten die Frösche, vor allem deren Schenkel.

 

So also begann meine Bekanntschaft mit den federlosen Tieren, die man Menschen nennt und die wie wir auf zwei Beinen laufen, aber selbst nicht fliegen können.

 

Faszinierend was die Menschen so alles hatten und konnten! Man konnte das gut beobachten. Unser Nest ragte auf einem hölzernen Baum ohne Äste, Zweige und Blätter in die Höhe, den die Menschen in den Boden gerammt hatten. Von diesen unbelaubten Bäumen gab es sehr viele, alle in einer langen Reihe die Strasse entlang. Auf einem solchen Nachbarbaum wohnten auch Störche, doch die kannte ich noch nicht so richtig, wie auch nicht die anderen Störche hinter den Häusern drumherum um meine noch kleine Welt.

 

Ich fragte Leo nach der Bedeutung der Drähte und Kabel unter unserem Nest. Er sagte mir, das seien Stromkabel für elektrisch Licht und Datenkabel fürs Klappern mit Bildern. Telefon, Fernsehen und Internet soll das heissen. Woher wusste er das bloss? Nie bin ich hinter dieses aussergewöhnliche Wissen meines Bruders Leo gekommen. Er hatte einfach andere Fähigkeiten und auch andere Interessen wie ich! Immerhin haben wir gemeinsam diese uns zunächst fremden Dinge nutzen können, um dieses hier alles im Geklapper der Menschen aufzuschreiben und mit einem Schnabelpick in die Welt zu schicken, auch dorthin wo gar keine Störche leben.

 

Dafür allerdings musste ich mich erst mit jenem Menschen versöhnen, dem ich auf den Kopf geschissen hatte. Er wohnte mit seiner Frau und zwei Hunden im Haus direkt an unserem Nest. Man konnte von oben in ihre Zimmer hineinsehen, sah aber nicht besonders viel, nur Blumentöpfe auf der Fensterbank.

 

Eigentlich waren alle ganz nett da unten. Nur die beiden blöden Hunde nervten manchmal mit ihren Tönen, die überhaupt kein schön klingendes Klappern waren!


Eine Katze hatten die auch, die fing mit grosser Leidenschaft Mäuse und legte diese vor die Küchentür oder frass sie einfach auf. Eines Tages war die Katze weg, über Nacht im Pool ertrunken. Sie wurde im Garten eingebuddelt und bekam obendrauf

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Bernd Haendel
Bildmaterialien: Brunhilde Schuckmann, pixabay.com
Lektorat: ----
Tag der Veröffentlichung: 22.08.2014
ISBN: 978-3-7368-3336-4

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