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BERNDJOBSTEBERHARD

ERZÄHL´ DOCH KEIN MÄRCHEN ODER VERTEIDIGT JEMAND HANS IM GLÜCK


Hans Lück fehlte ein Zeichen zum Glück...symbolisch aber auch real. Als Müllerbursche hatte er sieben Jahre treu seinem Herrn gedient. Jetzt musste er aber entlassen werden. Das Müllergewerbe war nicht mehr wie es früher war ( Es war einmal...), nein, die Krise hatte auch die Müller erreicht. So musste der Herr der Mühle seinen treuen Gesellen abfinden. „ Für all deine Mühen“ – sagte der Chefmüller – bekommst du einen Goldklumpen.“ Er dachte richtig: In Festwerten. Der Müllerbursche war frohgemut, er packte sich sofort den Goldklumpen in den Rucksack, verabschiedete sich brav und begab sich – wie es immer noch Sitte war – auf die Wanderschaft. Das Leben war wirklich schön und verlockend. Nachdem er so vor sich hinwanderte, Stunde um Stunde, spürte er immer mehr die erdrückende Last in seinem Rücken. Dazu kam, es war Sommer. Die Sonne brannte unerbittlich. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Aus anfänglicher Lust war Last geworden. Es dauerte eine Weile bis er sich im Klaren war, dies liegt nur am Goldklumpen. Der ist einfach auf Dauer zu schwer. In diesem Moment sah er aus der Ferne einen Porsche heranpreschen. Ein 911 Carrera S mit PDK aus der Werbung: „ Jung, sportlich – und sofort zu haben.“ 283 kW (385 PS) ,arktissilbermetallic, Leder schwarz, PCM incl. Navigationsmodul, Tempostat, Sitz- und Lenkradheizung, Park Assistent, Fußmatten. In diesem Moment schaute sie, eine Müllerin – Azubi, namens Katy, von der Konkurrenzfirma Mühlen AG und KOKG, aus dem Fenster. Vollbremsung. „Hallo, Hansi,“ säuselte sie süß. Sie hatte ihren Kollegen sofort erkannt. „ Bist du auch entlassen worden?“, fragte sie fast unbekümmert. Woraufhin er nur seufzend nickte. Sehr bald erfuhr sie, dass er reichlich mit Gold abgefunden worden war. So bot sie ihm einen Tausch an: Porsche (neuwertig) gegen Gold. Da er sich seines wahren Reichtums nicht sicher war, tauschte er ungeprüft und wahrscheinlich voreilig. Kaum war er drei Kilometer gefahren, bemerkte er , dass die Benzinreserveleuchte rot anzeigte. Eine Gratis – Telefon – Karte (wobei das „G“ von Gratis goldig betont war) besaß er nicht, aber er konnte sie sich lebhaft vorstellen. Das „G“ trat magisch in sein Bewusstsein...er konnte keinen Notruf absetzen...hatte aber sein fehlendes Zeichen zum Glück gefunden. Aus Hans Lück war Hans Glück geworden. Nun war sein Selbstwertgefühl wieder gefestigt. Sein Name war komplett. Zwar erkannte er jetzt auf dem Standstreifen, dass er voreilig seinen Goldklumpen unter Wert eingetauscht hatte, aber auf der anderen Seite fühlte er sich sichtlich entlastet. Auch die plötzliche Eingebung mit „ G“ tat ihm gut. So überdachte er seine neue Situation gründlich und fasste sich in Geduld. Da hielt plötzlich ein Laster neben ihn. „ Haste Last mit deinem Gefährt?“, fragte dann ein rotwangiger“ Just in time Outsource - Auftragsfahrer“ der Firma Kippe und Korn im leicht westfälischen Tonfall. Der hatte den Hänger voll mit roten Rüben geladen, die eigentlich,“ just in time“, in die Zuckerverwertung geliefert werden sollten. Der Fahrer erkannte sofort die Notsituation, hatte Mitleid mit

Hans und bot sofort seine Hilfe an. Hans dachte sich derweil : Wo Schatten ist, ist auch Licht. Der Porsche wurde kurzerhand angekoppelt, anschließend abgeschleppt, und zum Glück für unseren Müllerburschen auf dem Betriebshof der Rübenverwertung abgestellt. Hier dauerte es gar nicht lange und der Betriebsleiter – seines Zeichens Direktor – warf begehrliche Blicke auf das rasante Sportmobil. Als er so den unscheinbaren Müllerburschen betrachtete, machte er ihm spontan ein Angebot: Auto gegen Festanstellung – mit Gehaltsvorschuss. Während der Müllerbursche noch mit einer roten Rübe jonglierte – sie hatte etwa die Größe des Goldklumpens -, war aber leichter, gesünder und auch nahrhafter, willigte er intuitiv sofort ein. Ab jetzt fuhr der Chef seinen Porsche, er hetzte von Termin zu Termin, und viele erkannten eine merkwürdige Veränderung: Die Kopffarbe vom Chef wurde zusehends rot und röter, röter als die Rüben seiner Verwertung – Gerüchte behaupteten schließlich, es läge an der ausgefallenen Klimaanlage vom Porsche – aber es war schlimmer: Es war der Stress. Dagegen hatte unser Müllerbursche rote Wangen. Er war gesund. Täglich durfte er in der Betriebskantine rote Beete zum Null-Tarif als Saft trinken. Hierdurch erhielt er alle Vitalstoffe, Mineralien, Vitamine, damit Antioxidantien und zusätzliche Spurenelemente. Bald hörte auch die Familie von der Veränderung von Hans. Vater und Mutter waren darüber hinaus auch sehr zufrieden, als sie beiläufig von ihrem ehemaligen Müllerburschen erfuhren, dass er offensichtlich bald Betriebsführer – also Chef – der Nordrheinwestfälischen Rübenverwertung KOKG würde. Hans Glück hatte eine erstaunliche Veränderung in seinem Wesen wahrgenommen, und die Gründe hierfür lagen in seiner veränderten Lebenssituation.
Er hatte etwas sehr Wichtiges erfahren. Auch wenn es Außenstehende vielleicht nicht verstehen können – wie kann man nur einen Goldklumpen für Minderwertiges eintauschen – nun, der Tausch ist von je her die Seele des Geschäfts. Handel und Wandel sind Tauschgeschäfte. Ware für Geld – Geld für Ware. Weiter Sachwert für Beschäftigung, dies war wirklich neu und für Hans überraschend. Gold steht für Geld. Nicht nur begrifflich ist die Nähe erkennbar – Gold ist auch das Gegengewicht zum Geld, hält sich so die Waage, stabilisiert seinen Wert. Beide haben aber eigentlich nur Symbolwert. Geld wie Gold nützen wenig, wenn hierfür nichts eingetauscht wird. Auch ein Müller muss leben. Er braucht Lebensmittel, Kleidung, eine Wohnunterkunft...Zwar war Hans Glück fürstlich belohnt worden, aber er musste auch an seine weitere Zukunft denken. Eine Abfindung, die in jeder Hinsicht seine kühnsten Erwartungen übertroffen hatten, sollte auch praktischen Nutzen haben. So hing er seinen Gedanken nach. „Wer erhält schon heute eine Ablöse in Gold? So was scheint nur im Märchen möglich. Ein Traum. Ja, Gold glänzt zwar, blendet, verführt, aber mit Gold allein lässt es sich nicht leben. Hans musste früher oder später eintauschen. Nun war er vielleicht etwas naiv gewesen, weil er den Wert des Goldklumpen nicht richtig eingeschätzt hatte. Zunächst aber spürte er schon Stolz, fühlte sich auch anerkannt, geradezu bestätigt in seinem bisherigen Wirken. Jetzt bedachte er immer wieder wie schwer er an seinem Gewinn getragen hatte. Er sah sich auf einem beschwerlichen Weg. Dieser Zweifel nagte. Vielleicht hätte er doch den Goldklumpen bei einer Bank oder bei einem Geldwechsler eintauschen können? Aber wie wäre er dort behandelt worden? Hätte er ein faires Angebot bekommen, oder hätte man ihm eine nicht erfolgversprechende Geldanlage vermittelt? So ein Wertpapier, Aktie, Fond.... einhunderttausend und mehr mögliche Anlageformen – für ihn undurchschaubar.
So hatte er richtig gehandelt, zunächst, intuitiv, einfach mal die nächstbeste Gelegenheit nutzen. Auf seinem Weg ins neue Leben, den Augenblick richtig erfassend, jetzt bot sich eine neue Chance: Eintausch Goldklumpen gegen ein Luxusmobil. Ein Kindheitstraum wurde wahr. Jeder Junge – auch große – träumen davon. Dieses Gefühl von Freiheit, beweglich sein, rasant und weiter Aufmerksamkeit auslösen können. Begehrliche Blicke auf sich ziehen – der hat es geschafft. Der kommt weiter.
Wechsel bedeutet aber auch wachsen – sich verändern im positiven Sinn. Bald bemerkte Hans, er musste weiter denken und handeln. Spätestens beim Unterhalt seines Gefährts wurde klar, der verursacht Folgekosten und zwar erhebliche. Die Kette des Eintauschens ergab sich zwangsläufig. Am Ende erfüllte sich nun doch seine eigentliche Bestimmung. Er hatte wieder eine Beschäftigung, qualifizierte sich für höhere Aufgaben, erkannte im Wechsel sein wahres Ziel.


Neuer Job verpflichtet. Er besuchte jetzt regelmäßig Seminare, um sich fort- und weiterzubilden. Unter anderem auch ein Seminar mit dem Titel: „ Glück und Erfolg ...und wie man es erreicht.“ Das Seminar war auf mehrere Monate verteilt und verlangte von allen Teilnehmern eine aktive Beteiligung. So wurde zunächst allgemein über das Glück und Erfolg referiert. Hans erfuhr etwas über die griechische Göttin Tyche, die in der Mythologie der römischen Göttin Fortuna entsprach. Sie war auch für das Schicksal verantwortlich. Schicksal bedeutete ursprünglich das geschickte Heil.(„Schick –sal“, „sal“ gleich Kürzel von „salus“,lat. das Heil). Die Schicksalsgöttin konnte unverhofft, unbeeinflussbar vom Menschen, ja unvorhersehbar den begünstigten Erfolg/ das Glück bewirken, den glücklichen Zufall oder das zufällige Glück, das den Menschen im Alltag widerfährt. Die Ohnmacht des Menschen wurde hier klar und sollte als Sinndeutung erkannt werden. Ein weiterer griechischer Gott Kairos war dagegen für die günstige Gelegenheit und die rechten Augenblicke verantwortlich. Hier konnte der Mensch Einfluss nehmen durch unmittelbares Bemühen. Da sich nun all diese Ereignisse in der Zeitenfolge ereigneten, kam ein dritter Gott ins Spiel: Kronos. Er war zuständig für die Zeit im allgemeinen Rahmen: Die Ganzheit der Wechselfälle des Lebens unterlag seiner Hoheit.
Kann man auch heute das Glück, gleichsam das Schicksal persönlich beeinflussen? Das Seminar versuchte hier Aufklärung zu schaffen. Die Teilnehmer des Seminars wurden nun aufgefordert, ihre persönliche Sicht zunächst zum Begriff „Erfolg“ zu formulieren. Was versteht der Einzelne unter Erfolg? So zerbrachen sich alle den Kopf, auch Hans Glück.. Am Ende wurden alle Handzettel eingesammelt und als Ergebnis vorgetragen. Eine Fülle von Erfolgsdeutungen kam heraus. Jeder hatte seine eigene Vorstellung von Erfolg. So konnte der Seminarleiter nur feststellen: Erfolg wie Glück ist offensichtlich sehr vieldeutig. Beide Begriffe hängen irgendwie zusammen, bedingen sich auf ihre Weise. Oder ergeben sich vielleicht ganz neue Einsichten? Nachdem so eine zeitlang heftig diskutiert wurde, schaltete der Seminarleiter seinen Beamer ein und auf der Projektionsfläche erschien ein Hinweis:
ERFOLG ist,
wenn Du bekommst, was Du wünschst.
Klingt so einfach. Aber es ist die kurze Form, die Erfolg allgemeingültig zum Ausdruck bringt. Bei Erfolgreich denkt man zunächst immer an materiellen Erfolg. Dieser muss aber auch unter dem Aspekt ideeller Erfolg gesehen werden. Bei näherer Betrachtungsweise des Begriffs Erfolg, wurde weiter deutlich, hier verbirgt sich ja der Hinweis: „ Er folgt..“ Also einer Regel, einem System, einer Theorie...um nur einige Methoden zu erwähnen. So ging die Diskussion mit allen Beteiligten hin und her, bis der Seminarleiter eine neue Aufgabe stellte.“ Schreibt bitte einmal eure Gedanken auf, die euch spontan zum Glück einfallen auf eine Seite Papier.“ Alle schauten erstaunt in die Runde. Jetzt auch noch schreiben und sich damit festlegen, dachte sich Hans. Der Seminarleiter lächelte vielsagend. Nach einer kurzen Bedenkzeit, legten alle Teilnehmer los. Hier die Ausführung von Hans:
Das Glück – es liegt so nah
Das Glück – es liegt so nah. Vor einiger Zeit stieß ich in einem Band über Österreichische Geschichte auf die Darstellung eines Gemäldes: Ein geharnischter Fürst – hoch zu Ross – hielt Feldgericht. Zwei Bauern am Boden mussten um ihr Leben würfeln. Es ging wirklich um Leben und Tod. Der Grund für eine derartige drastische Strafe war nicht klar. Wahrscheinlich ging es um nicht korrekte Abgaben an den Fürsten, oder irgendwelche Verfehlungen worin sie verwickelt waren. Der Galgen drohte...Wie glücklich können wir uns da heute schätzen. Frei und ohne Drangsal! Schätzen wir dieses Glück eigentlich ausreichend? Heute wie einst erleben wir natürlich auch s c h e i n b a r e s Glück. Glückslotto, Glücksspirale, das große Glückslos – Glück als Zufall. Glück wird jetzt zur Bedingung, zum Spiel zum

Anreiz: Mach doch bitte mit! Wir müssen uns nicht mehr ums Glück bemühen, wird es nach wie vor getragen als Symbol mit Garantie: Kleeblatt, Hufeisen, Würfel, Herz...Im Märchen zog einer aus, das Glück zu finden: Hans im Glück. „ You are my lucky star „ was für ein song. Und verstohlen schauen wir auf die Glückssterne. Horoskope lügen nicht? Man kann dem sich nicht ganz entziehen. „ Lucky lips are always kissing – lucky lips are always true“ sang mein Lieblingssänger, und ich gebe zu, ich fühlte mich danach gleich besser. Neben dieser eher passiven Glücksvermittlung gibt es auch vitalere. Denken wir an den „Glücksschmied“ im Schweiße seines Angesichts, funkenstiebend, schafft er fürs Glück. Schwein gehabt, heißt es salopp. Da haben wir es wieder ein Bild, herzhaft, ein runder Glücksbringer. „ Glückslose“ aber auch „ Glücklose“ – der Unterschied in der Wortwahl ist manchmal nur minimal aber erheblich in der Wirkung seiner Bedeutung. Wie schafft man aber Glück bewusst – ich meine durch Stärkung der Wahrnehmung. Durch mentale Übungen können wir uns innerlich auf Glück einstellen, besser einstimmen. Neudeutsch: Einprogrammieren. Die magische Zauberformel sagt: Negative Vor- und Einstellungen durch positive ersetzen. Hüpfen, springen, kichern, albern sein. Locker machen. „Du lebst ja schon .“ Hier hat die Werbung – ausnahmsweise –recht. Kinder haben das drauf. Die sind unverstellt. Wir haben es –leider – verlernt. Erinnern wir uns. Bei meiner Wanderschaft, beim Laufen, sage ich mir jetzt immer: „ Ich lebe froh und heiter, immer weiter...1,2,3,..“ Auch wenn es unsinnig wirkt – es zeigt doch irgendwie Wirkung in der Grundstimmung. Loslassen, um Lösungen zu finden. Lauf dabei dem Glück nicht hinterher – lauf ihm entgegen. Wenn Sokrates schon wusste:“ Willst Du die Welt ändern, so ändere Dich zunächst selbst.“ So kann man darüber schon einmal nachdenken; denn eins ist klar. Wir sind, was wir denken. Und Glück ist das Ergebnis, der Lohn unseres Denkens – die Folge oder besser Erfolg.
Nach einer Weile wurden so alle Berichte der Teilnehmer eingesammelt und auf ihre Inhalte hin lebhaft diskutiert. Eine Seminaristin fiel hierbei Hans besonders auf. Ihre Ausführungen beschränkten sich auf wenige Zeilen, die aber - zur Überraschung aller Beteiligten -, noch großes Aufsehen erregen sollten. Während sie mit gespielt gelangweiltem Augenaufschlag zur Decke schaute – ziemlich ungerührt -, referierte sie ihre Idee wie folgt: „Das Glück sind die kleinen Gesten des Alltags...ein gedeckter Frühstückstisch...frische Blumen... die gereinigte Kaffeemaschine...u.a. Hans vermutete nun berechtigt oder nicht: Arges. Typisch Frau, dacht er, sie setzen Glück „ mit kleinen Gesten“ in Verbindung, wobei er an der Körpersprache, am Ausdruck vermeintlich, sehr wohl bemerkte, dies war ein „zarter aber bestimmter Hinweis „ für die Männer, die doch bitte mehr Aufmerksamkeit für das andere Geschlecht aufzubringen hätten. Hans ließ Unmut erkennen, wenn nicht Ärger, weil er bald eine stille Solidarität unter den weiblichen Teilnehmern verspürte. Er empfand: Unterschwellige Kritik und auch eine klare Gegenposition zu den männlichen Vorschlägen. „ Vorschläge kommt von Schlagen“, bemerkte trocken der Seminarleiter. Lächelte dabei vielsagend, aber ganz Profi verhielt er sich neutral. Auch betonte er bedächtig, den Beitrag von Hans etwas auf Abstand haltend, „ so kann man schon einmal darüber nachdenken .“ „Ja, „darüber“, hört man als Seminarleiter immer wieder,“ wobei er mit einer Handgeste das „über“ noch betonte. „Wir reden gern darüber...wir denken darüber nach..., und es ist wie in der Unterhaltung: Kann es sein, dass wir „unten“ gehalten werden sollen?“ Hans hatte die Spitzen der Wortklärungen begriffen. Nach diesem Zwischenspiel wurde eine neue Runde eingeläutet. Alle Texte sollten in ein vorbereitetes Forum öffentlich vernetzt werden, um dort für ein Votum (Pro/Contra) freigeschaltet zu werden. Mit dieser Abstimmung könnte eine Art Ranking zum Thema „ Glück“ erreicht werden. Auf die Nachfrage, woher die Zustimmungen denn herkommen sollten, kam die lakonische Antwort:“ Einwerben...bei Freunden, Bekannten, Außenstehenden...“ Hans fürchtete eine aufkommende Ohnmacht. Er spürte gegenüber der nun folgenden Aktivität solidarisch-gestimmter Frauen-Power hätte er nicht die geringste Chance. So kam es. Sie konnten Zustimmung mit allen Mitteln einwerben. Er nicht. Die Runde ging klar gegen ihn aus, so musste er sich auf eine neue Taktik einstellen.
Die nächsten Tage zeigten, dass seine Befürchtungen voll zutrafen. Während Hans ein paar Zustimmungen erhalten hatte, war die Konkurrentin schon mit fünfzig Voten locker an die Spitze der Bewertungsskala geschossen. Hans sah sich als Schlusslicht. Wie konnte er nun eine günstige Wende für seine „ Glücks-Philosophie“ finden? Wie konnte er wieder Schritt fassen? Plötzlich kam ihm der einleuchtende Gedanke. Sein Seminarleiter hatte schon daraufhin gewiesen, dass es von seiner Seite bereits Veröffentlichungen gäbe – praktisch Tipps zum Thema: „ Vom Glück reden...Philosophie - Blogs zum

Thema Glück....Hier hatte er anzusetzen. Quellenstudium zum Thema „Glück“. So besser vorbereitet, konnte er vielleicht wieder punkten, sich besser in Szene setzen als bisher. Hans erkannte immer mehr: Er war einer besonderen Wettbewerbssituation ausgeliefert; er sollte demonstrieren, ob er geeignete Argumente, für eine seine „Glücks-Charta“ , finden könnte. Sein Ehrgeiz war geweckt. Er hatte plötzlich so eine Vision vom „ Glücks-Ritter“. Schließlich war er Hans Glück und somit seinem Namen zu höheren Leistungen verpflichtet.
Der Seminarleiter stellte bald weiter fest, dass mehr und mehr eine – wie er empfand – positive Spannung in die Gruppe gekommen war, um mehr Erkenntnisse und Einsichten über das Glück zu vermitteln und dies gegenseitig auszutauschen. Der Sinn des Seminars lag ja im Ausloten von Regeln, die bewusst – durch eigenes Zutun – das Glück im Sinn von Erfolg real werden lassen sollten. So wurde wieder der Beamer geschaltet. Zur Orientierung erschien die Überschrift:
ERFOLG reich sein.
Die Magie der persönlichen Zielbildung.
Es ging darum, zu demonstrieren, ob es eine Methode gäbe, die eine glückliche Erfolgsplanung oder eine erfolgreiche Glücksplanung ermöglichen könnte. So eine Art goldene Regel. Gab es also Vorkenntnisse, die Wege und Mittel aufzeigten, relativ schnell und sicher ans Ziel zu kommen? Erfolgstechniken für die individuelle Orientierung. An dieser Stelle griff der Seminarleiter wieder ein. Aus seiner Sicht waren die Amerikaner sehr früh mit der positiven Lenkung von Gedanken beschäftigt. Norman Peale, Dale Carnegie, Dr. Joseph Murphy, Raymond Hull, Napoleon Hill…, um die wichtigsten Vorreiter zu erwähnen. Sie alle waren fest davon überzeugt: Glück ist machbar. Durch bestärkende Zielformulierungen – Affirmationen – können Gedanken und somit Gefühle beeinflusst werden. Mit Hilfe der Wiederholung tritt eine Verstärkung ein. Zunächst müsse man aber alte Verhaltensmuster löschen, um sie durch neue effizientere zu ersetzen. Dabei kommt die gezielte Denk-Technik zum Einsatz:
Vor -
Mit - denken
Nach –
Erschien jetzt auf der Projektionsfläche wie eine stille Mahnung.
Auch hier sollte die Seminargruppe für einen Moment ihr besonderes Augenmerk verweilen lassen. Wahrnehmung und Bewusstsein für Gedankenlenkung. Wie denken wir über Glück? Wie denken wir über Erfolg? Gibt es hier eine ursächliche Verbindung? Besteht eine Abhängigkeit? An dieser Stelle kam wieder ein Hinweis auf den bereits erwähnten Herrn Carnegie, der zahlreiche Bücher verfasst und zusätzlich Lehrveranstaltungen in den Vereinigten Staaten von Amerika durchgeführt hatte. Bei allen Projekten des Lebens geht es darum, sich zunächst klare Gedanken hierüber zu machen. „To make something clear“. Dies war sein vorrangiges Credo und der erste und wichtigste Schritt bei der Lösung von Aufgaben und Problemen. Heute spricht man von der Situationsanalyse: Die richtige Einschätzung der persönlichen Situation, der Anlass, das Umfeld, der Personenkreis... ausreichende Information, Kommunikation und geeignete Partizipation sind dabei zu berücksichtigen. So trainierte er zunächst das Auftreten und Sprechen in der Öffentlichkeit: „Public Speaking“ bis hin zur positive Beeinflussung von Menschen „How To Influence People“. Beeindrucken und Überzeugen „ to impress“; „ to convince“ waren weitere Empfehlungen. Schließlich „ get action“,“ to entertain“ zu agieren und zu unterhalten, um die Dinge erst einmal in Fluss zu bringen. Dabei erkannte er zahlreiche Hemmnisse. Oft fehlten die einfachsten Voraussetzungen, aber er konnte Menschen anspornen zu üben und die Hemmungen zu überwinden.

Nach der Situationsanalyse empfahl der Seminarleiter die Maßnahmeplanung, die Modellbildung, die Durchführung oder Handlung und ganz wichtig die Erfolgskontrolle. Dabei erwähnte er Hilfsmittel, die bei der Durchführung sich bewährt haben, wie analoge und digitaler Zeit-Projekt-Planer, die sich ganzheitlich als „Geschäftstagebuch“ multifunktional anwenden lassen. Ziele, besonders geschäftliche, sind oft komplexe Vorgänge, die nur systematisch und mit ausgefeilten Methoden optimal erreicht werden können. So folgten einige visualisierte Beispiele, wie Planung heute im Arbeitsprozess angewendet werden.
An dieser Stelle schaltete sich Hans wieder in die Diskussion ein. „ Wenn schon in der kleinen Gruppe so viele unterschiedlichen Meinungen zum Glück – hier auch im Arbeitsleben – bestünden, wie kann man da überhaupt klar kommen? Es gäbe so viele widerstrebende Interessen und Meinungen in der Gesellschaft, da wäre kaum noch Platz für Glück.. Alles wird immer unübersichtlicher und damit verwirrend. Aber er hätte nun auch die letzten Tage genutzt, um die empfohlenen Quellen, wie Bücher und Internetbeiträge, zu studieren. Letztlich auch die vom Seminarleiter, die so einen aufschlussreichen Querschnitt von der Meinung der Philosophen bis hin zur allgemeinen Weltdeutung schlechthin vermittelt hätten. Mit anderen Worten: Geballtes Wissen, wobei das Glück/Erfolg immer wieder erwähnt worden ist.
„Hätte er Beispiele?“, bemerkte der Seminarleiter trocken. Hans schluckt und nickt beifällig: „Also er wäre auf ein imaginäres Interview gestoßen mit Theodor Fontane.“ Ein Gespräch, welches bei gegenwärtiger Betrachtung nichts an Aktualität verloren hat. „Das Beobachten und Schlüsse ziehen, sei seine Wonne.“ Gelehrtenglück in reinster Form. Ein Beispiel wie individuell doch Glück empfunden werden kann. Auch die folgende Einschätzung ist erhellend: Zitat „ Es gibt vielerlei Glück, und wo dem Einen Disteln blühen, blühen dem Anderen Rosen. Das Glück besteht darin, dass man da steht, wo man seiner Natur nach hingehört.“ So haben die Altvorderen schon immer zu ihrer Zeit eben über das Glück auch nachgedacht. Glück als Erfahrung: “der Ferne“;“ das Unbestimmte“,“ glücklichen Tagen neuen Dank entgegenbringen“, „ das Kleine wie das Große als Glück und Gnade empfinden.“ Theo Fontane hatte etwas von seinem Glück verarbeitet. In diesem Moment hatte der Seminarleiter schon wieder einen neuen Gliederungssatz auf die Projektionsfläche geschaltet:
Führen Sie ein persönliches Zieltagebuch?
Stand da in großen Lettern.
Zunächst breitete sich verhaltenes Schweigen aus. Über das Schreiben zur persönlichen Zielplanung. Wer schreibt, hält fest und bleibt im schöpferischen Gedankenfluss. Daraus folgert: Akzeptieren und Verarbeiten von Meinungen, Situationen und damit Bedenken aufgreifen können und sie weiter entwickeln...vergleichen mit der eigenen Erfahrung, Ergänzen, Erweitern, Verzweigen, Gegenüberstellen und Vernetzen. Hans wie alle Beteiligten merkten, hier sollte eine Anregung aufgegriffen werden: Hilfe zur Selbsthilfe. Gleichzeitig wurden drei neue Begriffe zur Diskussion gestellt:
WISSEN
KÖNNEN
KOMPETENZ

Über die Aneignung von Wissen wird die Grundlage für Können geschaffen. Gekonntes Wissen führt zur rechten, somit richtigen Handlung und Anwendung: gleich Kompetenz. Das erwähnte Quellenstudium – gewusst wo und wie – war der erste Schritt. Jetzt sollte durch geeignete Auswahl ein schriftliches Konzept entwickelt werden. Hier wurde ein amerikanischer Autor namens Elmer Wheeler

erwähnt, der mit seinen“ Wheeler Points „ eine Fülle von praktischen Vorschlägen für Verkäufer gesammelt hatte.
Der Titel: „ HOW TO SELL YOURSELF TO OTHERS”
Dabei ging es schlicht darum, wie ein kompetenter Verkäufer sich zunächst Selbst verkaufen muss, um Andere zu überzeugen. Verkaufen muss sich direkt oder indirekt eigentlich Jeder. Die Anderen sind hier die Kunden, bemerkte der Seminarleiter und ließ dabei den Blick eindringlich in der Runde schweifen: „ Sie sind meine Kunden !“
Wer Erfolg haben will, muss seine eigene persönliche Marke („brand“) bilden, um wahrgenommen zu werden, um weiter im immer härteren Wettbewerb bestehen zu können. Hierfür gibt es mentale Techniken, die beide Gehirnhälften fordern – wir müssen buchstäblich von links nach rechts umschalten können.(„brain-splitting“). So referierte er noch eine Weile über die beiden Gehirnhemispheren, über Neuronale Netze, praktisch Landkarten des Gehirns, die für das Denken und für Emotionen zuständig seien. Die internationale Forschung sei auf diesem Gebiet gewaltig vorangeschritten und so konnte man in Experimenten sehr genau lokalisieren, wo objektives, rationales Wissen aufbereitet wird, bzw. subjektives, intuitives . Natürlich konnte man keine exakte Region des Glücks ausmachen, aber freudige Gefühle aktivierten offensichtlich bestimmte Hirnsegmente, um das „ Glücks-Gefühl“ sichtlich zu markieren.
Auch konnte man Stoffe, die Glück fördern, sogenannte „Glückshormone“, im Gehirnstoffwechsel nachweisen. Die Bildung von Serotonin und Endorphinen sind hierbei beteiligt. Gehirnstrommessungen, Computertomografie helfen den Wissenschaftlern, hier neue Erkenntnisse zu erhalten. Aber diese anatomisch-physiologischen Aspekte sollten nur am Rand behandelt werden.
Neben Elmer Wheeler haben auch heute unzählige Autoren angeregt, über das Selbstmanagement, die eigenen Fähigkeiten auszubauen und selbst aktiv zu werden.“ Self - Coaching „ ist die wohl effektivste Methode, um im Bewusstsein „ Erfolg wie Glück“ zu programmieren. Glücks-Strategien lassen sich also durchaus systematisch entwickeln. Schreiben hilft bei der Orientierung – bei der Manifestierung. Die Kenntnis von der Wirkung der Bewusstseinsebenen, hilft die Zielbildung zu festigen, bzw. sie immer wieder neu auszutarieren. Dabei sollen wir möglichst die höhere Denkebene anstreben. Also die kreative, positive, schöpferische Denkebene.
URSACHE UND WIRKUNG
Wer Glück und Erfolg erfahren hat, bewusst oder unbewusst, kennt diesen machtvollen, geheimnisvollen, ja magischen Zustand. Positives Denken ist hierbei der Schlüssel, um entspannt, leicht und locker die „Ursache“ zu formulieren, um somit eine „günstige Wirkung“ auszulösen. Dabei spielt auch das Unterbewusstsein eine entscheidende Rolle. Über das Langzeitgedächtnis formt und fördert sie die gedankliche Reaktion die Wahrnehmung .Schließlich wird das kollektive Bewusstsein beeinflusst. Wie Du in die Gesellschaft einwirkst, so reagiert sie reflexiv wieder auf Dich zurück.. Damit war das Seminar beendet. Der Seminarleiter schaltete noch als Nachklang drei Begriffe „ für den Heimweg zum Bedenken“:
IMPORTANS
APPRECIATION
FRIENDSHIP
Drei „ POINTS“ worüber man nachdenken sollte. Hans vermerkte sie in seinem neuen „Geschäftstagebuch“, neben der umfangreichen Bücherliste und dem Kursplaner für zukünftige Projekte.


„ Mir geht es darum, dass Sie in Zukunft vor allen Dingen Ihre Beziehungsebene verbessern“, bemerkte der Seminarleiter. „ Zu sich selbst, zur Ihren Partnern, Freunden und Kollegen zu Ihrem Chef und somit positive Impulse in die Gesellschaft geben.“ „ Social Competence“ . „Good luck“. Damit entließ er seine Schützlinge.
Hans war ziemlich erschöpft nach all diesen anstrengenden Seminartagen. Als er so versonnen für eine Weile in der Cafeteria saß, sah er plötzlich Katy, die das Parallelseminar besucht hatte. Er fasste sich ein Herz, setzte sich zu ihr und diskutierte mit ihr über die Erfahrungen, die sie zum Thema „ Glück“ gemacht hatte. Auch sie schien ziemlich beeindruckt. So tranken sie gemeinsam ihren Kaffee und wurden sich dabei immer sympathischer. Drei Monat später kam es zum „Happy End“ – sie feierten Verlobung. Ein Jahr später war Hochzeit. Ein Märchen wurde wahr...sie leben...immer noch glücklich und im Dorf wird gemunkelt: Hin und wieder sieht man Katy mit einem Porsche durch die Gegend flitzen, der soll zu allem Überfluß goldmetallic glänzen.


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 08.12.2010

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