Auf einmal wache ich auf. Es war ein schlimmer Traum gewesen. Ein Wesen verfolgte mich, ich habe es nicht geschafft, zu entkommen. Es hat mich geschnappt, und ich sah für nur einen Augenblick seine blutroten Augen, voller Hass, voller Mordlust. Nach einem kurzen Augenblick der des Schreckens wache ich auf, und musste sofort über diesen Traum nachdenken. Ich habe ihn oft in letzter Zeit, und frage mich warum, komme jedoch nicht zu einer logischen Erklärung. Wahrscheinlich habe ich nur zu viel Stress in der Schule, mit der Familie, oder Freunden. Selten treffe ich mich mit Freunden, rede mit meinen Eltern, oder lerne für die Schule, weswegen auch meine Noten nicht die besten sind. Nein, ich zeichne meine Träume. Ich zeichne, was ich träume Gelegentlich schreibe ich dazu meine Gefühle auf, und wie ich mich gefühlt habe, nachdem ich, wie immer, aufgewacht war. Ob ich schwitzte, ob ich meine Decke vor Panik vom Bett getreten habe, oder ob ich sogar geschafft hatte zu schreien, was ich meistens von meiner Schwester erfuhr, die einen Hass auf mich entwickelte, weil ich sie jedes Wochenende pünktlich wecke.
„Jared“, beginnt meine Mutter. „Komm zum Frühstück!“ Ich reiße mir kurz und schmerzlos die Decke vom Körper, und springe schnell aus dem Bett, um nicht das Gefühl zu bekommen, noch etwas weiter schlafen zu wollen. Zu oft hatte ich mich davon überlisten lassen, und war unten, als alle anderen schon fertig waren.
Ich ziehe mich schnell an, eine schwarze Jeans und ein quietschgelbes T-Shirt. Die Socken lasse ich aus, schlüpfe schnell in meine Hausschuhe und begebe mich nach unten. Lediglich meine Mutter und mein Bruder sitzen am Tisch, meine Schwester fehlt jedoch. „Morgen“, sagt mein Bruder freundlich. Er ist 2 Jahre älter als ich, siebzehn, nicht sehr muskulös, hat blaue Augen und mittellange, braune Haare, genau wie ich. „Jared, holst du bitte deine Schwester ? Sie hat gerade mit ihr morgendliches Wochenends-Telefonat begonnen, und schafft es nicht, sich von diesem Bildschirm zu lösen“, erklärt meine Mutter mir genervt, mit einem gereizten Gesichtsausdruck. Ich widerspreche ihr lieber nicht, und gehe nach oben. Direkt neben meiner Zimmertür, befindet sich die meiner Schwester. Vorsichtig klopfe ich an. „Herein!“, ertönt eine helle Stimme freundlich aus dem Zimmer. Ich öffne die Tür, und ihr Blick verfinstert sich, als sie mich sieht. „Wartet kurz“, spricht sie leicht genervt sie in das Mikrofon ihres Headsets, und stellt es, so vermute ich, aus, damit ihre Freundinnen unsere kleine Diskussion nicht mit anhören müssen. Meine Schwester ist 16, nur wenige Monate älter als ich. Sie ist schlank, und ihre hellbraunen Haare fallen ihr bis zur Schulter. Sie ist immer modebewusst gekleidet, hat bestimmt 4 verschiedene Paare Chucks, und 2 Schränke voll Kleidung. Sie hat, als einzige in unserer Familie, braune Augen, und einen kleinen, freundlich aussehenden Mund. Die meiste Zeit verbringt sie vor ihrem Laptop, lesen tut sie kaum. Bei ihr ist üblich, jeden Samstagmorgen das Wochenende mit einem Telefonat mit manchen ihrer unzähligen Freundinnen zu beginnen.
„Was ist?“, fragt sie erwartungsvoll, ihren Mund schon ein wenig geöffnet, sofort widersprechen zu können, wenn ich ihr die Nachricht überbringe, herunterzukommen. „Du sollst essen kommen“, antworte ich, gehe schnell aus ihrem Zimmer und schließe die Tür hinter mir, ohne dass sie mir noch einen Widerspruch hinterherwerfen könnte. Als ich wieder unten im Esszimmer angekommen bin, fragt meine Mutter: „Und ? Ist sie heute mal so sozial, und unterbricht ihr Telefonat?“ Würde ich ihr versprechen, dass meine Schwester mit Sicherheit gleich hinunterkommt, was sie wahrscheinlich sowieso nicht tun wird, würde sich mich, eine Augenbraue erwartungsvoll nach oben gezogen, fragen, ob ich sie veralbern will. „Keine Ahnung“, sage ich stattdessen also ratlos, und fange an, mein Müsli zu essen. „Hast du heute wieder diesen Traum gehabt?“, fragt mich meine Mutter etwas besorgt. Ich will nicht, dass sie sich Sorgen um mich macht, also verneine ich ihre Frage, und sage, ich hätte von einem Mädchen aus meiner Klasse geträumt. „Oha, hat sich mein kleiner Bruder etwa verliebt?“, fragt mein Bruder grinsend, und gibt mir einen kleinen Schubs. „Schnapp sie dir“, fügt er noch hinzu, und wir lachen beide ein wenig. Natürlich habe ich das Mädchen nur erfunden. Ich sehe beinahe aus wie mein Bruder, nur bin ich etwas kleiner, und habe vielleicht sogar mehr Muskeln. Meinem Bruder rennen die Mädchen nur so hinterher, bei mir ist es jedoch anders. Nicht, dass jeder mich hasst, nein, nur fahren die Mädchen auf meiner Schule nicht so auf mich ab, was mich freut, da ich sowieso nicht beziehungstauglich bin, so wie meine Schwester immer sagt.
Geschätzte 10 Minuten, nachdem ich ihr Bescheid gesagt habe, kommt meine Schwester die Treppe heruntergerannt. „Guten Morgen“, sagt sie kaum merklich, macht sich ein Müsli, und schlingt es, so schnell wie es nur geht, herunter. „Hast du’s eilig?“, frage ich grinsend. „Ich treffe mich gleich mit Jenny und Audrey in der Stadt. Wir treffen uns da mit ein paar Freunden“, antwortet sie, jetzt etwas gelassener. Meine Mutter nickt, kaum merklich, und fragt, den Blick auf mich und meinen Bruder gerichtet: „Und was habt ihr beide heute vor?“ Mein Bruder zuckt mit den Schultern, und isst weiter. „Mal sehen, vielleicht kommt Lisa heute vorbei“, sagt er schließlich, nachdem meine Mutter ihn mit erhobenen Augenbrauen angestarrt hat. Lisa ist Jakes Freundin. Sie ist beinahe 17, schlank und hat lange blonde Haare. Sie kleidet sich ebenso wie meine Schwester ziemlich modebewusst, weswegen sich die beiden auch gut verstehen, allerdings ist sie nicht so arrogant wie meine Schwester, die meistens nur an sich, ihre Freundinnen und irgendwelche Typen aus ihrer Klasse denkt.
Gerade haben wir unsere Schüsseln weggeräumt, klingelt es an der Tür. Schnell läuft meine Schwester hin, und macht auf. Jenny steht an der Tür, und lächelt. Sie ist 15, hat schulterlange, dunkelblonde Haare, trägt eine enge, schwarze Jeans, dazu ein Paar grüne Chucks, und ein weißes Shirt. Meine Schwester und sie kennen sich schon seit dem Kindergarten. „Hey Sarah“, beginnt sie freundlich, die beiden umarmen sich kurz und Jenny wirft mir kurz einen netten Blick zu, wendet sich schließlich jedoch wieder meiner Schwester zu und beendet ihren Satz. „Bereit loszuziehen?“, fragt sie und grinst. „Worauf du dich verlassen kannst“, antwortet meine Schwester, und tritt an die Türschwelle. „Ich muss hier sofort raus“, flüstert sie Jenny zu, jedoch laut genug, dass ich es hören kann. Ich lache leise, und gehe ebenfalls zur Tür. Jenny und meine Schwester sind schon bei der Gartenpforte, als ich rufe: „Bring mir was Schönes mit!“ Jenny lacht, und winkt mir zum Abschied zu, meine Schwester schenkt mir jedoch nur einen verächtlichen Blick, schließt die Gartenpforte, und geht.
Als es Abend ist, und ich kurz unten bin, um mir etwas zu essen zu machen, da meine Mutter heute wieder ein Date mit irgendeinem Typen hat, höre ich das Geräusch eines Schlüssels, der sich im dazugehörigen Schloss dreht. Schließlich öffnet sich die Tür, und meine Schwester kommt mit Jenny herein. Sarah wirkt etwas angetrunken, Jenny dagegen kommt völlig nüchtern rüber. Obwohl sie erst 15 ist, trinkt sie ab und zu, heute jedoch scheint sie den Alkohol komplett gemieden zu haben. „Hey Jared“, begrüßt mich Jenny freundlich, und geht schließlich mit Sarah nach oben. So läuft das oft, denn meine Schwester trinkt meistens viel zu viel. Sie überschätzt ihr Alter, und denkt, sie kommt cool an, wenn sie viel trinkt. Leider teilen viele diese Meinung, auch die meisten Jungs aus ihrer Klasse, was meiner Mutter oft ziemliche Sorgen bereitet. Sarah hat zwar im Moment keinen Freund, aber schon einige Beziehungen hinter sich, die nicht gerade so gelaufen waren, wie sie es sich vorgestellt hat.
Ich lege mir schnell etwas Belag auf meine Toasts, tu sie auf einen Teller, und gehe nach oben. Ich öffne kurz die Tür, die zum Zimmer meiner Schwester führt und schaue ob Jenny auch klar kommt. „Schaffst du das alleine?“, frage ich und beiße von meinem Toast ab. „Ich pack das schon“, lacht Jenny, und lächelt mir zu. „Okay“, sage ich schnell, und schließe die Tür, als ich merke, dass ich rot wurde. Jenny und ich waren vor einem Jahr fast zusammen gekommen, jedoch hat es nicht so ganz geklappt. Seitdem verhalten wir uns gegenüber immer etwas zurückhaltend.
Ich gehe in mein Zimmer, lege mich auf mein Bett und esse in aller Ruhe meine Toasts auf, während ich etwas Fernsehe. Eine Reportage über das Mittelalter, und ich schaue sie komplett an, obwohl ich das Thema nicht sehr gerne mag, seitdem wir einen unausstehlichen Lehrer in Geschichte bekommen haben. Er vermiest uns die Laune mit vielen Hausaufgaben, schlechten Witzen und manchmal stinkt er, weswegen manche Mädchen aus meiner Klasse manchmal fast anfangen hysterisch zu werden.
Als die Reportage zu Ende ist, ziehe ich mich bis auf meine Boxershorts und mein Shirt aus, und lege mich ins Bett. Ob ich heute wieder diesen Traum haben werde ?
Ich liege in meinem Bett. Alles ist dunkel. Als ich auf die Uhr schaue, sehe ich, dass es mitten in der Nacht ist. Auf einmal fühle ich mich beobachtet. Ich schaue aus dem Fenster, sehe jedoch nichts als Dunkelheit, und das leichte Licht des Mondes, das in den Wolken gebrochen wird. Langsam richte ich mich auf. Ein Knarren ertönt, und ich blicke ruckartig zur Tür, die sich ein wenig bewegt. Ich finde schnell die Ursache – mein Fenster ist einen Spalt breit offen, und ein Luftzug muss die Tür bewegt haben. Als ich das Fenster öffne, spüre ich jedoch keine Anzeichen von Wind. Ich bekomme Angst, und gehe vorsichtig zur Tür, öffne sie, und trete in den Flur. Vollkommene Dunkelheit. Ich suche den Lichtschalter, finde ihn, und drücke auf ihn drauf, jedoch passiert nichts. Ein Stromausfall ? Ich gehe schnell ins Zimmer meiner Schwester, um zu gucken, ob sie noch wach ist, jedoch finde ich nur einen leeren Raum, das Fenster sperrangelweit offen. Ich bekomme Panik. Ich renne nach unten, und da sehe ich es. Irgendein Etwas durchwühlt unseren Kühlschrank. Meine Schwester, mein Bruder und meine Mutter sitzen am Tisch. Sie haben keine Augen, alles was ich sehe sind zwei schwarze Löcher in ihrem Kopf. Ihre Haut ist bleich. Ich denke, dass sie ermordet wurden, jedoch sehe ich keine Anzeichen von Blut, oder sonst etwas, was auf einen Mord hindeuten könnte. Langsam dreht sich das Geschöpf um, und starrt mich an. Es ist muskulös, und hat eine bläuliche, blutverschmierte Haut. Sein Oberkörper ist komplett nackt, er hat nur eine Hose an. Es erinnert mich an einen Werwolf, denn der Kopf sieht aus wie eine Schnauze, und zwei lange Reißzähne lucken hervor. Mit einem finsterem Blick starrt es mich an. Auch das Geschöpf, hat als Augen nur zwei schwarze Löcher im Kopf. Meine Panik nimmt Überhand, ich renne zur Tür und stürze mich in die Dunkelheit. Immer wieder blicke ich mich um, sehe jedoch nichts. Ich bleibe stehen, meinen Blick immer noch nach hinten gewandt. Als ich mich umdrehe, steht das Geschöpf vor mir, und starrt mich mit seinen zwei Löchern an. Es ist bestimmt 2 bis 3 Köpfe größer als ich, und erst jetzt bemerke ich, dass es riesige Fangklauen besitzt, die das Geschöpf jetzt langsam hebt. Es lächelt. Das Geschöpf lächelt mich finster an. Ich bin wie festgefroren. Ich kann mich nicht bewegen, auch wenn ich es will. Ich will rennen, ich will weinen, ich will zu meiner Mutter, zu meiner richtigen Mutter, nicht zu der, die aussieht wie ein Mutant. Doch ich kann nicht. Weder weine ich, noch bewege ich mich. Ich bleibe einfach stehen, und erwidere den Blick des Geschöpfes, welches mich jetzt mit einer Klaue am Hals packt, und mich hochhebt. Abrupt wird meine Luftzufuhr gestoppt, und ich kann nicht mehr atmen. Ich ringe nach Luft, jedoch vergebens. Schließlich höre ich auf. Ich sehe alles nur noch verschwommen, trotzdem blenden mich die, jetzt roten, Augenhöhlen an. Voller Mordlust, voller Hass. Das Geschöpf öffnet seinen Mund, und ich rieche den Geschmack von Blut. Langsam kommt es näher, und hüllt sein Maul um meinen Kopf, bis ich nur noch in seinen blutverklebten Rachen starre. Plötzlich beißt es zu.
Ich wache auf. Es war der Traum, den ich seit einigen Monaten fast jede Nacht habe, nur er ändert sich fast immer. Manchmal fand ich meine Geschwister aufgeschlitzt, mit Blut verklebt in ihrem Bett auf. Manchmal hingen sie in einer Reihe in der Küche an einem Seil, und manchmal waren sie die Monster, die mich auseinanderreißen wollten. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt, jedoch habe ich immer wieder Angst vorm Einschlafen. Ich will von etwas anderem träumen. Von Jenny. Von meinem ersten Kuss, von einer eins in Mathe. Von etwas Gutem, nicht von etwas so Hasserfülltem, Schrecklichem. Doch egal wie viel ich bete, oder es mir wünsche, ich träume immer von der gleichen Nacht. Manchmal frage ich mich, ob sie irgendwann eintreffen wird. Ob es diese Nacht wirklich geben wird. Ich habe mit meiner Mutter darüber geredet, jedoch meint sie, es gibt keine Monster und ich solle mir nicht mehr so viele Gedanken darüber machen. Ich habe es versucht. Vergebens. Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht an diesen Traum denke. Meine Freunde denken, ich sei verrückt. Nur eine versteht mich. Nur eine respektiert meine Angst vor dem Einschlafen. Nur eine. Jenny.
Manchmal rede ich mit ihr darüber, wenn meine Angst mich besiegt. Ich hasse es, wenn sie mich weinen sieht, nur manchmal lässt es sich nicht verbergen. Manchmal kommen sie und meine Schwester in mein Zimmer, weil sie hören, dass ich mich fürchte vor der bevorstehenden Nacht. Meine Schwester weiß nicht von meinen Zeichnungen Bescheid. Sie alle liegen in einer Truhe, die ich verschlossen habe. Seit ein paar Monaten zeichne ich schon meine Träume, und sie werden immer realer, die Bilder die ich zeichne. Ich wollte schon damit aufhören, jedoch nimmt es mir irgendwie die Last von den Schultern, es befreit mich. Immer wenn ich mir meine eigenen Zeichnungen anschaue, läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Meine Familie, aufgehängt, alles blutverschmiert. Mutanten, Infizierte, die gegen meine Fenster klopfen, mit einem so unheimlich emotionslosen Blick, und doch ist er voller Hass und Mordlust.
Ich werde aus meinen Gedanken gerissen. Jemand klopft an mein Fenster. Ich bekomme ich Angst, es ist mitten in der Nacht, wahrscheinlich hat mich meine Schwester aus Versehen mit ihrer Musik geweckt, denke ich, doch es ist alles ruhig. Ich habe zu viel Angst in ihrem Zimmer nachzuschauen, ob sie da ist. Stattdessen stehe ich vorsichtig auf. Genau wie im Traum. Plötzlich beschleunige ich mein Tempo, und gehe schnell zum Lichtschalter. Nichts. Kein Licht. Langsam drehe ich mich in Richtung Fenster. Ich sehe nichts. Mein Tempo wieder etwas langsamer nähere ich mich dem Fenster. Erst als ich direkt davor stehe, bemerke ich das Blut an der Scheibe. Voller Panik kneife ich mich einmal. Zweimal, dreimal, in Hoffnung, aufzuwachen, doch es passiert nichts. Das ist kein Traum.
Angst ergreift mich, und nimmt sofort Überhand, ich schwitze, und renne aus meinem Zimmer, bleibe jedoch abrupt vor der Treppe, die in die Küche führt, stehen. Werde ich meine Eltern so wie in meinen Träumen auffinden. Werden sie dasitzen, ohne Augen, ohne Gefühle ? Voller Vorsicht setze ich meinen Fuß auf die erste Treppenstufe, und ein leichtes Knarren ertönt. Ich höre ein Geräusch. Es kommt von einer Person, ich weiß aber nicht welcher. Es klingt genau, wie die Infizierten, in einem meiner Träume. Es ist eine Art, grässliches Stöhnen. Es klingt rau, und nicht besonders laut. Ich blicke schnell hinter mich. Nichts, als der dunkle Flur. Ich arbeite mich Treppenstufe für Treppenstufe die Treppe hinunter, bis ich in der Küche angelangt bin. Sie ist leer, und alles ist dunkel. Ich gebe ein erleichtertes Seufzen von mir, jedoch höre ich abrupt auf, als ich das Klopfen höre. Es komm von allen Seiten. Ich schaue zur Tür. Als ich durch sie hindurchsehe, erblicke ich die Form eines Menschen. Oder ist es doch kein Mensch ? Langsam nähere ich mich der Tür, und erschrecke, als ich sehe, was sich hinter meiner Haustür aufhält. Ein Infizierter. Mit einem neugierigem Blick starrt er mich durch das Glas der Tür an. Meine Panik versteinert mich. Alles aus meinem Traum ist eingetroffen. Nur wo ist meine Familie ? Nach kurzer Zeit schaffe ich es, mich vom Fleck zu rühren. Der Infizierte steht da, wo er eben auch noch stand, mit dem gleichen Blick aufgesetzt. Langsam drehe ich mich um, und renne zum Tisch. Ich schnappe mir einen Stuhl, und trage ihn zur Haustür. Von Nahem sehe ich das viele Blut, mit dem der Infizierte befleckt ist. Er hat viele Wunden, eigentlich ist er eine Art wandelnde Leiche. Ein Zombie. Schnell stelle ich den Stuhl mit der Lehne unter die Türklinke. Auf einmal entfernt sich der Infizierte, so weit, bis er nach kurzer Zeit in der Dunkelheit verschwunden ist. Unsicher trete ich noch näher an die Tür, und schaue hinaus. Ich erschrecke mich, und weiche ein paar Meter zurück, als plötzlich der Infizierte förmlich an der Tür klebt, sein Maul blutrünstig aufgerissen, erst jetzt bemerke ich, dass er scharfe Reißzähne hat, auch sie sind mit Blut verschmiert. Ich gehe zum Messerblock, der neben dem Kühlschrank steht, und nehme mir ein Küchenmesser, falls mir eines dieser Biester zu nahe kommt.
Nach kurzem Überlegen fasse ich den Schluss, nach meiner Familie zu sehen, auch wenn mich wahrscheinlich Schlimmes erwartet. Zuerst gehe ich in das Zimmer meiner Schwester. Auch hier ist es dunkel, jedoch lässt sich der Lichtschalter betätigen. Ich bin erleichtert, auch wenn es nur ein beleuchtetes Zimmer ist – eigentlich etwas Stinknormales. Voller Angst sehe ich in ihrem Bett nach, und meine Schwester schläft tief und fest. Ein zufriedenes Gefühl überkommt mich, und ich seufze erleichtert. Ich rüttele sie, doch es tut sich nichts. Auf einmal nimmt die Angst wieder Überhand. Ich lege meinen Kopf an ihre Brust – sie atmet, doch das ist das einzige Lebenszeichen, was mir jedoch völlig genügt. Schnell renne ich in das Zimmer meines Bruders. Auch ihn finde ich schlafend vor, er atmet genau wie Sarah, lässt sich jedoch auch nicht wecken. Zu allerletzt gehe ich noch in das Zimmer meiner Mutter, doch auch hier stelle ich nichts Außergewöhnliches fest. Ich drehe mich wieder um, zum Türrahmen des Schlafzimmers, und da sehe ich ihn. Ein Mann. Er ist durchschnittlich groß, und hat schulterlange, graue Haare. Auch seine Augen sind grau. Er trägt ein abgenutztes, bräunliches Gewand, er erinnert mich als erstes an einen Obdachlosen. Ich halte mein Messer schützend vor mich. „W-wer sind sie?“, rufe ich. Der Mann starrt mich weiterhin nur uninteressiert an. „Wer sind sie?“, schreie ich jetzt. Keine Reaktion. Der Mann steht nach wie vor nur da. „Gut, versuchen wir es anders“, beginne ich. „Wie sind sie hier reingekommen?“ Ich zittere. „Um das Haus herum schwirren Infizierte, oder etwa nicht? Wie sind sie an denen vorbeigekommen?“ Langsam dreht sich der Mann um, und geht. „Hey!“, rufe ich ihm hinterher. „Hey! Gehen sie nicht!“ Der Mann geht langsam die Treppe hinunter, und ich folge ihm schnell. Schließlich stehen wir beide in der Küche. Er schnippt einmal, und das Licht geht wie von Geisterhand an. „Ist es nicht unheimlich, so ganz ohne Licht?“, fragt er, seine Stimme ist tief und rau. „Draußen schwirren diese infizierten Zombies herum. Glauben sie mir, das Licht ist nicht mein größtes Problem im Moment“, antworte ich genervt. „Sondern?“, fragt er, und schaut mich fragend an. Er weiß, dass ich mir Sorgen um meine Familie mache. Ich schaue ihn eine Zeit lang an, dann antworte ich. „Meine Familie. Sie regen sich nicht. Außer ihrer Atmung kann ich keine anderen Lebenszeichen ausmachen. Weder bewegen sie sich, noch werden sie wach.“ „Sie befinden sich in einem Zustand, in dem du dich jeden Abend befindest. Eigentlich ist es was ganz Normales“, beginnt er ruhig. „Sie träumen“, vollendet er nach einer kurzen Pause seinen Satz. „Sie wollen mir nicht im Ernst verklickern, dass meine Familie schläft?“, frage ich ihn mit großen Augen. „Sie haben keinen tiefen Schlaf, sie wären schon lange wach. Das ist alles nicht… Normal!“, sage ich entsetzt. „Jared“, beginnt der Mann, doch ich unterbreche ihn. „Woher kennen sie meinen Namen?“ Der Mann antwortet nicht, schaut mich nur kurz an, und vollendet dann seinen Satz. „Du träumst auch, das sollte dir klar sein.“ Ich schaue ihn mit großen Augen an. „So realistisch waren meine Träume noch nie“, antworte ich. „Also findest du Infizierte realistisch?“, fragt er leicht ironisch. „Ich hatte schon oft Träume dieser Art, nur konnte ich nie wirklich handeln. Eigentlich wäre ich schon gestorben, als ich zum ersten Mal hier heruntergekommen bin. Da hätte ein Wesen gestanden, dass mich…“ Ich kann meinen Satz nicht beenden, da er mich sofort unterbricht. „Deswegen bin ich hier. Du träumst, Jared. Du träumst von Dingen, die niemand für real hält. Jedoch sind sie real.“ „Hey, sie glauben auch an Zombies? Dann sind wir ja schon zwei“, sage ich, und lasse mich auf einen der Stühle fallen, die am Tisch stehen. „Nur wenige haben diese Gabe“, fährt der Mann fort. „Zu träumen? Jeder Mensch träumt!“, sage ich, etwas gelangweilt von dem unsinnigen Gerede des Mannes. „Die Fähigkeit, Gefahren vorherzusehen, Jared“, beginnt er ruhig. „Fragst du dich nicht, warum du nie von dir und Jenny geträumt hast?“ „Woher kennen sie Jenny? Geht es ihr gut?“, frage ich etwas aufgebracht. „Ich bin ein Produkt deiner Fantasie, Jared. Jenny liegt in ihrem Bett, und schläft, vermute ich. Immerhin ist es vier Uhr nachts.“ „Wenn sie ein Produkt meiner Fantasie sind, warum kann ich sie dann nicht wegdenken, wo ich schon Kontrolle über meine Träume habe?“, frage ich etwas abwertend. „Du kannst auch nicht den Infizierten wegdenken, der draußen vor der Tür steht, oder?“, fragt er mich. „Er ist kein Produkt meiner Fantasie, er ist die Gefahr, die ich voraussehe, wenn ich das richtig verstanden habe“, antworte ich. „Glückwunsch, du hast es verstanden, Jared“, sagt der Mann, und löst sich langsam auf. „Wir sehen uns morgen Abend“, sagt er, und zwinkert mir zu. „Warten sie“, rufe ich, doch der Mann ist schon verschwunden. Ich gucke auf den Infizierten, als sei er das Normalste auf der Welt, und er schaut mich verständnislos an. Langsam senke ich meinen Kopf auf die Tischplatte, und schließe die Augen.
Plötzlich bin ich wach. Prüfend schaue ich auf das Fenster, jedoch ist alles normal. Die Vögel zwitschern, und der Baum wird vom Wind wachgerüttelt. Als ich auf die Uhr schaue, sehe ich, dass es früh am Morgen ist. Ich höre Sarahs Stimme aus dem Zimmer neben meinem. Wahrscheinlich telefoniert sie wieder mit ihren Freundinnen, trotzdem freue ich mich, ihre Stimme zu hören. Schnell zieh ich mir ein T-Shirt über, schlüpfe in meine Hausschuhe, und laufe in ihr Zimmer. Ruckartig dreht sie sich um. „Jared, wie wär es mit Anklopfen?“, fragt sie entsetzt, doch ich bin ihr schon um den Hals gefallen. „Was ist mit dir los?“, fragt sie verdutzt. „Ich bin nur froh, dass es dir gut geht“, antworte ich, lasse sie los, und gehe aus ihrem Zimmer. Schnell gucke ich auch bei meinem Bruder und meiner Mutter nach, doch beide schlafen noch. Ich rüttle sie beide einmal kurz, und sie geben ein genervtes Stöhnen von sich, das mir verrät, dass es ihnen gut geht.
Auf einmal klingelt es an der Tür. Ich gehe runter, und frage mich, wer es so früh am Morgen sein könnte. Ich vermute, es ist die Post, aber als ich die Tür aufmache, erblicke ich jemand völlig anderes. „Hey Jared“, begrüßt Jenny mich freundlich, und umarmt mich kurz. Sie muss gute Laune haben, das hat sie lange nicht mehr getan. Mehr als ein kurzes „Hey“, bringe ich nicht heraus, und sie guckt mich nett an. „Ich gehe dann mal nach oben zu Sarah“, sagt sie und deutet auf die Treppe. Sie schenkt mir noch ein nettes Lächeln, dann verschwindet sie im Obergeschoss. Jenny gehört schon fast zur Familie. Früher waren sie und ich sehr gute Freunde, dadurch nahm sie auch mehr Kontakt zu meiner ganzen Familie auf. Auch meinen Vater kennt sie, jedoch wohnt er jetzt bei einer Anderen. Meine Mutter sagt immer, Jenny ist ein tolles Mädchen und sie wäre froh, dass ich eine so gute Freundin habe. Mein Bruder findet sie ganz nett, mehr aber auch nicht.
Nachdem ich kurz ein Toast gegessen habe, gehe ich hoch in Sarahs Zimmer. Meine Schwester und Jenny gucken mich fragend an, als ich das Zimmer betrete. „Ist was?“, fragt meine Schwester gereizt. „Warum bist du eigentlich so früh gekommen?“, frage ich, meinen Blick an Jenny gerichtet und ignoriere meine Schwester. „Sarah und ich planen heute eine Art Pyjama-Party, und bereiten jetzt alles vor“, antwortet sie lächelnd. „Also ist heute Abend full House?“, frage ich, etwas genervt. „Jep“, antwortet sie nur, und dreht sich lächelnd wieder zum Bildschirm ihres Laptops um. „Vorbereiten, heißt, so viele Mädchen wie möglich einladen?“, frage ich entgeistert. Jenny lacht, doch meine Schwester übernimmt das Wort. „Ja, da hast du ja mal wieder viel zu tun, nicht wahr?“, fragt sie, schubst mich aus dem Zimmer, und knallt die Tür vor mir zu. Die meisten von Sarahs Freundinnen finden mich süß, manche stehen sogar auf mich, was ihr ganz schön zu schaffen macht, da sie mich hasst. Sie fragt sich immer, warum ausgerechnet ihre Freundinnen mich toll finden müssen, sonst tut es ja auch fast niemand. Sie fühlt sich immer etwas vernachlässigt, wenn ihre Freundinnen auf Partys immer versuchen mit mir zu flirten. Jedoch auch mir geht das ganz schön auf die Nerven, ich habe Sarah auch schon oft gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen müsse, ich würde sowieso nie etwas mit einer ihrer Freundinnen anfangen. Jedoch habe ich da etwas gelogen, denn Jenny ist nicht wie die anderen.
„Also kommen heute Abend wieder jede Menge Mädchen zu euch?“, fragt Chris, mein bester Freund per Chat. „Nicht zu mir, sondern meiner Schwester“, schreibe ich, und setze auch gleich einen genervten Smiley dahinter. „Ich könnte hier echt etwas Unterstützung gebrauchen.“ „Klar, wann soll ich vorbeikommen?“ Die Antwort kommt so schnell, man könnte fast denken, Chris hätte den Satz schon vorgeschrieben, was ich ihm durchaus zutrauen würde. Er liebt es, wenn er bei mir ist, und meine Schwester eine Party mit vielen Mädchen schmeißt. Seit seine Freundin mit ihm Schluss gemacht hat, versucht er sie mit jeder die er finden kann, eifersüchtig zu machen. „Ach ja, Amy wird auch kommen“, schreibe ich, und er schreibt, was er immer schreibt, wenn er und seine Freundin sich wiedertreffen. „Bloß nicht!“
Als es abends ist, höre ich laute Musik aus dem Zimmer meiner Schwester. Ich habe meine Tür abgeschlossen und warte auf Chris, der eigentlich jeden Moment da sein müsste. Plötzlich klopft es an meiner Tür. „Jared?“, ertönen ein paar Stimmen fast gleichzeitig, und ich höre mindestens 3 Mädchen kichern. „Bist du da?“, fragt eine von ihnen. Genervt blättere ich weiter in meinem Comic, um Ablenkung zu finden. Plötzlich klingelt es an der Tür. Oh Mann, denke ich, das muss Chris sein. Ich habe keine andere Wahl, und gehe zur Tür. Als das Geräusch des Schlüssels, der sich dreht, ertönt, fassen gleich ein paar Hände nach der Klinke. Vorsichtig mache ich auf, und ein paar, ich muss zugeben, ziemlich gut aussehende Mädchen stehen vor mir, und grinsen mich an. „Jared!“, ertönt es aus allen Mündern. Wieder klingelt es. „Das ist für mich“, sage ich entschuldigend, quetsche mich schnell zwischen den Mädchen durch, und begebe mich zur Tür. Als ich öffne, sehe ich Chris. „Hey“, sage ich. „N’Abend“, antwortet er nett. Chris ist zwei Monate älter als ich, und hat eine Schwäche für gut aussehende Mädchen. Von der Figur her, ist er kaum von mir zu unterscheiden, jedoch hat er hellblonde Haare, und blaue Augen. Er ist etwas größer als ich, und vielleicht auch etwas stämmiger.
Zögernd kommt er rein. „Ist sie schon da?“, fragt er. „Nein, noch nicht“, sage ich beruhigend. „Komm, wir gehen nach oben“, sage ich schließlich, und er folgt mir. Mitten auf der Treppe drehe ich mich um. „Aber sei gewarnt, die Mädchen da oben, sind nicht von schlechten Eltern!“ Wir lachen. „Ich werde mich zusammenreißen“, sagt er grinsend, und fügt noch ein kaum hörbares „Hoffe ich“, hinzu, und ich muss lachen. Als wir in mein Zimmer kommen, sitzt Jenny im Schlafanzug auf meinem Bett, und lächelt, als sie mich sieht. „Jared“, fängt sie an. „Da drüben wird nur über dich geredet, das ist nichts für mich“, sagt sie, und zwinkert mir zu. „Ha ha“, gebe ich gespielt verletzt zurück, und Chris stellt seine Tasche neben meinen Tisch. „Übernachtet er hier?“, fragt Jenny, und deutet mit dem Blick auf Chris. „Jap“, gebe ich zurück, und setze mich neben sie. „Wie geht’s Sarah? Sie kann ja schlecht an dem Gespräch teilnehmen, oder?“, frage ich und wir lachen. „Wollt ihr allein sein?“, fängt Chris an. „Ich gehe auch gern rüber“, sagt er und schaut sehnsüchtig in Richtung Tür. Ich lache. „Geh, aber reiß dich gefälligst zusammen“, sage ich, tue ernst, muss jedoch sofort grinsen. Er erwidert das Grinsen, und macht sich in Richtung Pyjama-Party. „Und was habt ihr heut Abend noch vor?“, frage ich. „Du kannst ja schließlich nicht die ganze Nacht hier bleiben.“ „Wieso nicht?“, fragt sie lächelnd, und ich werde rot. „N-naja, die werden dich doch alle vermissen. „Ich weiß sowieso mehr als die alle zusammen“, sagt sie etwas schüchtern, und ich weiß was sie meint. „Macht ihr nicht noch was anderes, als über Jungs reden? Vielleicht Flaschendrehen, oder so’n Quatsch?“, frage ich. „Vielleicht. Aber ohne Jungs macht das doch keinen Spaß.“, sagt sie und lächelt mir zu. „Chris ist doch da“, entgegne ich grinsend.
Nach kurzer Zeit, fragt Jenny: „Komm doch rüber. Bringt sicher mehr Spaß mit zwei Jungs, anstatt nur mit Mädchen“, sagt sie und lächelt. „Die werden ausflippen, wenn sie merken, dass ich mitspiele, oder?“, frage ich, und sie lächelt etwas bemitleidend. „Muss das denn sein?“, frage ich sie, und schaue gespielt gequält drein. „Ja, es muss“, sagt sie, nimmt meine Hand, und steht auf. Ich merke, dass meine Wangen knallrot sind, aber ich fühle mich nicht so alleine, denn ihre sind es auch. „Komm, gehen wir“, sagt sie, und geht in Richtung Flur.
Tag der Veröffentlichung: 06.11.2010
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