„Muss das denn wirklich sein?“, frage ich gewohnt trotzig, doch meine beste Freundin auf der ganzen Welt schüttelt nur genervt den Kopf.
„Weißt du Nevi, langsam gehst du mir auf meinen nicht vorhandenen Sack. Ich nehme dich bestimmt nicht mit, wenn du wie eine Nonne gekleidet bist.“, antwortet sie augenverdrehend und hält eines ihrer sehr tief ausgeschnittenen Shirts an meinen Körper.
Ich verziehe mein Gesicht zu einer Grimasse und murmele: „Ich wollte sowieso nicht mitkommen.“
Lexy überhört mein Kommentar gekonnt und klatscht in die Hände.
„Jetzt weiß ich, was du anziehen kannst.“, sie rennt zu ihrem Kleiderschrank und wühlt aufgeregt darin herum. Mit einem erfolgreichen Ausruf dreht sie sich wieder zu mir und hält ein schwarzes mit Nieten besetztes Minikleid hoch.
Mir klappt die Kinnlade runter. „Unmöglich. Das werde ich nicht mal in meinen Träumen anziehen.“
Lexy grinst mich herausfordernd an. „Du wirst es tragen, Schätzchen, ob du willst oder nicht. Und dazu diese Schuhe.“ Sie hält ein paar High Heels hoch, mit einem Absatz von geschätzten zwanzig Metern.
„Darin kann ich im ganzen Leben nicht laufen.“, sage ich stirnrunzelnd.
„Das schaffst du schon. Du wirst endlich mal richtig heiß aussehen.“
„Ich will aber nicht heiß aussehen.“, erwidere ich stinkig.
Zwei Stunden und eine dicke Schicht Make-up später, betrachte ich mich im Spiegel und verziehe mal wieder mein Gesicht. Ich sehe aus wie eines dieser typischen notgeilen Schlampen, was ich wirklich nicht mal annährend bin. Normalerweise bin ich mehr der bequeme Typ. Eine weite Jeans, einen kuscheligen Rolli und Turnschuhe. Dazu trage ich meine Haare meistens in einem Pferdeschwanz und eine Brille auf der Nase. Schminke ist für mich grundsätzlich tabu. Jetzt hat Lexy meine grasgrünen Augen mit einem Kajal schwarz umrandet, mir unendlich viel Make-up und Puder ins Gesicht geschmiert und meine langen kastanienbraunen Haare mit mindestens einer Tonne Haarspray toupiert und gestylt, sodass sie nun in langen Wellen, über meinen Rücken fließen.
„Ich bin soooo verdammt gut.“, lobt Lexy sich selbst und klopft sich auf die Schulter. „Endlich siehst du mal vorzeigbar aus und nicht wie dieses typische Mauerblümchen von Studentin.“
„Ich bin kein Mauerblümchen.“, sage ich grummelig und ziehe eine Schnute.
Lexy lässt sich in ihren Sessel fallen und lacht sich einen ab. „Scheiße Nevi, du bringst mich vor Lachen zum Heulen. Hör auf damit, sonst muss ich mich nochmal schminken.“
Skeptisch sehe ich Lexy ins Gesicht. Tatsächlich hat sie Tränen in den Augen. Wie immer kann sie es einfach nicht lassen mich wegen meiner verschlossenen Art und meinem legeren Kleidungsstil aufzuziehen.
Aus schlitzartigen Augen funkele ich sie böse an. „Ja ja, mach nur weiter so Lexy. Außerdem habe ich dir schon tausendmal gesagt, dass du mich nicht Nevi nennen sollst. Ich heiße Nevia. Schreib es dir endlich hinter die Ohren.“ Zickig drehe ich mich wieder zum Spiegel.
„Man Jungfrau Maria, sei doch nicht gleich eingeschnappt.“, erwidert Lexy sarkastisch. Ich ignoriere diesen Kommentar geflissentlich. Dann bin ich halt noch eine Jungfrau, na und? Ich hatte bisher einfach keine Zeit für Männer, ich bin viel zu sehr mit dem Studium beschäftigt. Natürlich hätte ich hin und wieder mal ein Techtelmechtel mit diversen Männern haben können, aber ich will mich einfach für den richtigen Mann aufheben. Und der hat leider noch nicht an meine Tür geklopft. Beklemmend versuche ich mir den Saum, des viel zu kurzen Kleides, weiter runterzuziehen. Leider vergebens. Dieses Kleid ist nicht dafür gemacht worden um irgendetwas zu verstecken. Seufzend sehe ich wieder zu Lexy. „Was ist können wir endlich los?“
Kurz darauf sitzen wir auch schon in ihrem Auto und fahren Richtung Stadt. Lexy hat die Musik aufgedreht und plärrt lautstark die Songtexte ihrer Lieblingsband mit. Genervt drehe ich die Musik leiser und frage: „Man Lexy, reicht es nicht das du sie gleich live bewundern kannst? Muss es wirklich sein, dass du meine Trommelfelder jetzt schon zum Platzen bringst?“
„Schatzilein, ich muss mich doch seelisch schon mal darauf vorbereiten, dass ich gleich meinen über alles geliebten Brant Wyler live sehen werde.“, die letzten Worte schreit sie geradezu und hüpft dabei hibbelig auf dem Sitz auf und ab.
„Zappele nicht so rum und konzentrier dich aufs fahren.“, ermahne ich sie. „Ich will dort lebend ankommen.“
Nach dem sechsten Versuch, hat Lexy es endlich geschafft, das Auto halbwegs gerade in die Parklücke zu lenken. Sie sieht ein letztes Mal in den Außenspiegel und richtet sich die Haare. Dann sieht sie mich an und fragt mich grinsend: „Wie sehe ich aus?“
Kritisch lasse ich meinen Blick über ihr Outfit schweifen. Sie trägt eine Hotpants aus Jeansstoff, dazu ein schwarzes Tanktop, welches angeblich nagelneu ist, jedoch aussieht als hätte es seine besten Tage schon lange hinter sich, mit den ganzen Rissen und Flicken. Aber Lexy sagt das ist total angesagt und der letzte Schrei in Hollywood. Dazu trägt sie Lackstiefel mit einem mörderisch hohen Absatz. Und ich dachte schon meine Absätze sind hoch.
Naja ich würde es nicht tragen, aber ich muss zugeben, dass es Lexy ausgezeichnet steht. Ihre blonden Haare fallen ihr seidig, wie flüssiges Gold über die Schultern und ihre blauen Augen glänzen vor Vorfreude.
„Du siehst toll aus Lexy. Können wir bitte reingehen, ich kann auf diesen Schuhen nicht ewig stehen.“
Im ganzen Leben hätte ich nicht gedacht das ich jemals auf ein Rockkonzert gehen würde. Aber genau das tue ich jetzt, dank meiner sehr überschwänglichen Freundin Lexy. Sie hat die Karten besorgt und zwar nicht nur irgendwelche Karten, sondern erste Klasse Karten, mit VIP- Bereich und so. Für sie ist es nicht sonderlich schwer an so etwas zu kommen, da ihr Vater ein sehr begabter und erfolgreicher Musikproduzent ist. Er brauch nur ein bisschen seine Beziehungen spielen lassen und schon haben wir, zumindest laut Lexy, den Jackpot. Ich würde es nicht unbedingt so bezeichnen.
Für mich ist das alles nichts. Ich wäre jetzt viel lieber in meiner kleinen zwei Zimmer Wohnung. Dort würde ich jetzt auf meiner schon ziemlich schäbig aussehenden, aber trotzdem bequemen Couch liegen in ein Buch vertieft. „Vom Winde verweht“ zum Beispiel oder „Wie ein einziger Tag“.
Hach, ich liebe solche tragischen Liebesgeschichten einfach. Aber das Beste daran wäre, ich hätte jetzt meinen super bequemen Lieblingspyjama an, den mit den süßen Katzen drauf.
Ich liebe Katzen, sie sind meine absoluten Lieblingstiere. Leider kann ich mir das mit meinem mickrigen Kellnerinnen Gehalt nicht leisten. Unwillkürlich seufze ich auf. Das Leben einer Studentin ist wirklich schwer. Zum Glück bin ich schon im Abschlusssemster. Noch vier Monate bis zum Hammerexamen, welches ich natürlich mit der Bestnote bestehen werde. Dann bin ich endlich staatlich geprüfte Ärztin.
Lexy sagt immer ich wäre eine Oberstreberin, aber das sehe ich nicht so. Ich bin einfach nur sehr ehrgeizig.
Naja, durch meine Vorgeschichte bin ich abgehärtet. Ursprünglich komme ich aus Griechenland. Meine Eltern, meine kleine Schwester und meine beiden kleinen Brüder leben noch dort. Sie betreiben dort einen kleinen Bauernhof, der schon seit Generation meiner Familie gehört. Bis zum Mittag war Schule angesagt und danach wurde bis zum frühen Abend gearbeitet. Dort musste jeder mit anpacken. Von Kühen melken bis Ställe ausmisten oder Feldarbeiten, wie pflügen und ernten…ich habe alles schon gemacht. Und nebenbei noch für die Schule gelernt, ab und zu sogar bis spät in die Nacht. Das Wort Freizeit, gibt es in diesem Haushalt nicht. Wir haben nie viel Geld besessen. Größtenteils leben wir von unseren selbst angebauten Lebensmitteln und die Tiere werden selbst geschlachtet. Ein Grund weshalb ich schon seit meinem sechsten Lebensjahr Vegetarierin bin. Es hat mich für mein ganzes Leben traumatisiert, zu sehen wie ein armes hilfloses Tier einfach getötet wird und ich nichts dagegen tun konnte. Jedes Lebewesen hat ein Recht zu leben und ich konnte es nie mit meinem Gewissen vereinbaren, ein unschuldiges Leben zu nehmen.
Ich rette lieber Leben, deswegen war es immer mein Traum Ärztin zu werden.
An meinem zwanzigsten Geburtstag, habe ich gespürt, dass es an der Zeit ist meinen Traum zu leben. Ich wollte ein erstklassiges Medizinstudium absolvieren, deshalb kam ich nach Deutschland. Es war sehr, sehr schwer meine Familie zurück zulassen. Das erste Jahr war unglaublich hart für mich. Ganz alleine in einem fremden Land, mit kaum Sprachkenntnissen. Ich war mehrmals kurz davor alles zu schmeißen und nach Hause zurück zu kehren. Bis ich Lexy kennengelernt habe. Dreist wie sie ist, hat sie mich einfach angesprochen, als ich in einem Café saß und für eine Prüfung gebüffelt habe. Ehrlich gesagt wüsste ich nicht was ich tun würde, wenn ich sie nicht hätte.
Sie kommt aus einer reichen Familie und vor fünf Jahren, als wir uns kennenlernten, hat sie ihr eigenes Modelabel gegründet und ist damit sehr erfolgreich. Ihr Leben besteht aus Modenschauen und Aftershowpartys und sie verkehrt nur in den höchsten Kreisen. Sie ist das typische It-Girl und dank ihrem Humor und Charme ist sie sehr beliebt. Sie ist der verrückteste Mensch den ich je kennengelernt habe, manchmal zweifele ich wirklich an ihrer geistigen Zurechnungsfähigkeit. Selbstbewusstsein ist ihr zweiter Vorname, kommt ihr irgendjemand dumm, kontert sie immer mit sehr schlagkräftigen Sprüchen zurück. Und dafür bewundere ich sie.
Jedenfalls ist Lexy in allen Hinsichten das genaue Gegenteil von mir. Wie heißt es so schön Gegensätze ziehen sich an. Wir kommen aus verschieden Gesellschaftsschichten und doch sind wir die besten Freundinnen.
Und genau deswegen bin ich an meinem einzigen freien Abend in der Woche, auf diesem Konzert, anstatt faul auf der Couch zu liegen.
Nochmal seufze ich auf, als wir die Halle durch den VIP- Eingang betreten.
„Was seufzt du denn die ganze Zeit rum?“, fragt Lexy, die sich in Hochstimmung befindet.
Ich blicke an mir hinab und zuppele mir wahrscheinlich schon zum hundertsten Mal am Saum des Kleides. Dann sehe ich sie wieder an und sage: „Weißt du eigentlich wie sehr ich dich liebe?“
Lexy verzieht gerührt eine Schnute und umarmt mich fest. „Du bist hinreißend Nevimäuschen. Wenn ich nicht hetero wäre, wärst du garantiert meine erste Wahl.“, sagt sie dann grinsend.
Ich verdrehe die Augen. „Du weißt genau wie ich das meinte.“
Lexy fängt schallend an zu lachen und gibt mir einen Kuss auf die Wange. „Ja, ich weiß und ich liebe dich auch. Lass uns jetzt endlich zur Bühne gehen, die Vorband ist schon fertig.“
„Du willst mir jetzt nicht im ernst sagen, dass ich mich da rein stellen soll.“, sage ich mit großen Augen und deute auf die riesige Menschenmenge, die sich vor der Bühne angesammelt hat.
Lexy zwinkert mir zu. „Schon vergessen?“ Sie hält ihr VIP-Bändchen hoch. „Wir stehen vor der Absperrung, direkt an der Bühne.“, ruft sie schon fast hysterisch, greift mich an den Händen und hüpft aufgeregt auf und ab. „Stehen?“, kann ich gerade noch fragen, bevor sie mich an der Seite vorbei nach vorne zu einem Security zieht, dem sie ihr VIP-Bändchen direkt vor die Nase hält. Der Mann weicht etwas zurück und kneift die Augen zusammen, bevor er uns genervt durchwinkt. Wie soll ich, dass in diesen Schuhen bloß überleben? Mir tun die Füße ja jetzt schon weh.
„Es geht gleich loooooooos.“, johlt Lexy die es vor Aufregung nicht schafft still zu stehen.
Kurz darauf verdunkelt sich die Halle und man kann undeutlich fünf Schemen ausmachen, welche die Bühne betreten.
„From over the world, to our stage. Ladies and Gentleman they are right here now. Give them a big round of applause. BLACK ABYSS!“
Die Masse beginnt zu grölen, zu pfeifen und zu klatschen. Instinktiv halte ich mir die Ohren zu, woraufhin Lexy mich unsanft in die Seite stößt.
Bevor ich mich beschweren konnte, ertönen laut, also wirklich extrem laut, die Klänge des Keyboards, gleich darauf begleitet von einer schrillenden Gitarre. Ach du Schande meine armen Ohren. Worauf habe ich mich hier nur eingelassen? Unbehaglich trete ich von einen Fuß auf den Anderen, als plötzlich eine Stimme regelrecht kreischt:
„ARE YOU READY?“
Die Menge grölt noch lauter, kommt aber nicht an den heftigen Gitarrensound ran der jetzt einsetzt.
Oh mein Gott, wie soll ich das nur aushalten? Ganz ruhig Nevia, atme tief ein und aus und versuch dich zu beruhigen. Äußerlich bleibe ich ruhig, doch innerlich wühlt mich das ganz schön auf. Ich bin das alles nicht gewohnt. Das ist nicht meine Welt. Ich fühle mich unpassend.
Man Nevia du bist sechsundzwanzig Jahre alt, also benimm dich jetzt auch deines Alters entsprechend, verdammt nochmal.
Oh mein Gott, jetzt fange ich auch noch an zu fluchen.
Ein weiteres Mal kreischt die Stimme:
Der Gitarrist beginnt eine schnelle Melodie auf seiner E-Gitarre zu spielen und die Lichter gehen an.
Geblendet von dem grellen Licht halte ich mir die Hand vor die Augen, als Lexy völlig hysterisch kreischend und hüpfend an mir zerrt. Dabei schreit sie mir ins Ohr: „AHHHHHHHHH, das ist er Nevi, da ist er. AHHHHHHHHHHHH!“ Sie zeigt auf den Mann der am Bühnenrand steht, die Arme hoch erhoben, in der rechten Hand den Mikrofonständer. Mit einem smarten Lächeln auf den Lippen, sieht er aus seinen meeresblauen Augen in die Menge. Mit seiner blonden, langen Löwenmähne sieht er aus wie ein sexy Racheengel in schwarzer Lederkluft.
Ein gutaussehender Mann, aber absolut nichts für mich. Viel zu blond und viel zu süß.
Der sexy Racheengel oder auch Brant genannt, nimmt den Mikrofonständer in beide Hände, beißt sich verführerisch auf die Unterlippe und benutzt ihn als Luftgitarrenersatz. Dabei fällt sein Blick auf Lexy, welcher er unverzüglich zuzwinkert. Lexy krallt sich in meinen Unterarm und kriegt sich gar nicht mehr ein vor Freude.
„AUA, du tust mir weh!“, rufe ich ihr zu und versuche krampfhaft ihre Hand zu entfernen. Dieses Problem löst sich von selbst, da sie die Arme hochreißt und lautstark mit dem Sänger einsetzt:
„The sky is red, I don't understand,
Past midnight I still see the land
People are sayin' the woman is damned,
She makes you burn with a wave of her hand.
The city's a blaze, the town's on fire.
The woman's flames are reaching higher.
We were fools, we called her liar.
All I hear is:
BUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUURN!”
Lexy fängt an wild umher zu tanzen. Sie bewegt ihre Hüften sinnlich zum Takt der Musik und schwängt ihr goldenes Haar umher. Wow, bewundernswert wie sie es hinkriegt, zu solcher Musik so gut zu tanzen. Ich würde dabei wahrscheinlich aussehen wie ein Stockfisch.
„I didn't believe she was devil's sperm.
She said, "Curse you all, you'll never learn!
When I leave there's no return."
The people laughed till she said, "Burn!"
Warning came, no one cared.
Earth was shakin', we stood and stared.
When it came no one was spared.
Still I hear:
BUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUURN!”
Neugierig geworden beäuge ich die anderen Bandmitglieder. Der Bassist erinnert mich sofort an einen heißblütigen Piraten. Er trägt über dem linken Auge eine Augenklappe und dieses typische Captain Jack Sparrow Kopftuch, wo drunter braune, schulterlange Haare sitzen. Er trägt schwarze Jeans und ein schwarzes Hemd.
Der Keyboarder sieht aus wie ein draufgängerischer Cowboy. Er trägt einen Cowboyhut und Cowboystiefel, dazu eine schwarze Jeans und ein Muskelshirt. Natürlich ist auch er komplett in schwarz gekleidet.
Als nächstes inspiziere ich den Drummer. Auch er hat schwarze Jeans an, dazu schwarze Chucks. Obenrum trägt er gar nichts, außer einer langen, dunkelbraunen Lockenmähne und ein Stirnband. Auf der Nase hat er so eine typische Hippie Sonnenbrille.
„You know we had no time,
We could not even try.
You know we had no time.”
Brant wackelt in einer sehr männlichen Geste mit seiner schmalen Hüfte und kreischt ins Mikro:
„You know we had no time,
We could not even try.
You know we had no time.
AH! AH! AH! AH! AH! AH! AUUU!”
Nach dem letzten harten Stoß, seiner Hüfte, dreht Brant sich gekonnt um die eigene Achse und verschwindet im Hintergrund.
Und an seine Stelle tritt der fünfte im Bunde. Der Gitarrist.
Meine Augen weiten sich, ich öffne unbewusst meinen Mund und lasse meinen Blick über seinen Körper schweifen, während er beginnt sein Solo zu spielen.
Er hat ein wunderschönes Gesicht, mit markanten Gesichtszügen, welches von Hüftlangen pechschwarzen Haaren umrahmt wird. Einige widerspenstige Strähnen verirren sich in seine Stirn und lenken die Aufmerksamkeit, auf den eleganten Bogen seiner Augenbrauen. Die Augen hat er geschlossen, blind zupft er die Seiten der Gitarre. Eine gerade Nase zieht sich runter zu seinen sinnlich geschwungenen Lippen, die leicht geöffnet sind. Sein Oberkörper ist von einer schwarzen mit Nieten besetzten Weste, nur sehr schlecht bedeckt und gibt Einblick auf eine stark ausgeprägte Brust und einen stahlharten Sixpack. Ich lecke mir unwillkürlich über die Lippen und lasse meinen Blick zu seinen muskulösen, sehnigen Armen wandern. Auf seinem rechten Unterarm, hat er eine Gitarre tätowiert umschlossen von einem Notenschlüssel. Sein linker Arm ist fast komplett tätowiert. An seinem Handgelenk, prangt ein monströser Drachenkopf, dessen Körper sich um seinen ganzen Arm schlingt und schließlich über seiner Schulter, unter der Weste verschwindet.
Ein sehnsüchtiges Seufzen kommt mir über die Lippen. Wie gerne würde ich von solch starken Armen umschlossen und gehalten werden.
Seine Finger bewegen sich flink und zielsicher über die Seiten der Gitarre und entlocken dem Instrument eine klangvolle Reihe an Tönen, die wunderbar miteinander harmonieren. Ja, dieser Mann weiß genau, wie er die Gitarre berühren muss. Mal haut er regelrecht auf die Seiten, mal streichelt er sie zärtlich wie eine Liebhaberin.
Wie gerne würde ich von solch geschickten Fingern gestreichelt und verwöhnt werden.
Ein weiterer vor Sehnsucht triefender Seufzer verlässt meine inzwischen bebenden Lippen, während ich meinen Blick weiter nach unten wandern lasse. Seine Beine stecken in einer Lederhose, welche seine steinharten Muskeln, bei jeder Bewegung sanft umspielt. An den Füßen trägt er schwere Kampfstiefel. Langsam lasse ich meine Augen wieder an diesem Prachtkörper nach oben wandern und präge mir jedes Detail einzeln ein. Breitbeinig, die Knie leicht gebeugt, den Oberkörper leicht nach hinten gelehnt steht er da wie Adonis höchstpersönlich, mit einem Körper, der nur dazu gedacht ist Frauen um den Verstand zu bringen und ihnen feuchte Träume zu bescheren. Frauen wie mir.
Ich hebe meinen Blick wieder zu seinem Gesicht, nur um festzustellen, dass seine Augen geöffnet und geradewegs auf mich gerichtet sind. Die Iris ist schwarz und die Pupille ist umrandet mit goldenen Sprenkeln, welche sie wie Feuer lodern lässt.
Ein Feuer welches sich direkt in meinen Körper brennt und mir das Blut heiß durch die Adern pumpen lässt. Ertappt halte ich die Luft an, kann meinen Blick jedoch nicht von seinem lösen, komplett in seinem Bann.
Gemächlich wandern seine Augen über meinen Körper, hinterlassen heiße Schauer, auf meiner Haut, wie sanfte Berührungen. Er inspiziert jeden Zentimeter, freie Haut meines Körpers und ich fühle mich plötzlich, noch nackter, als ich es ohnehin schon bin. Ungeplant erröte ich unter seinem scannenden Blick. Ein leicht angedeutetes wissendes Schmunzeln umspielt seine Lippen und es verschlägt mir die Sprache. Noch nie durfte ich einen so schönen Mann bewundern.
Die Gitarrenklänge werden immer härter, als sich sein Solo dem Ende nähert, bis sie schließlich wieder fließend in die Hauptmelodie des Liedes übergeht und der Gitarrist überlässt seinen Platz wieder Brant, aber nicht ohne mir noch einen feurigen Blick zu zuwerfen.
„You know we had no time,
We could not even try.
You know we had no time.
AH! AH! AH! AH! AH! AH! AUUU!”
Den Mikrofonständer in den Händen haltend, rennt Brant von einer Seite der Bühne, auf die andere und heizt die Menge an, mit temperamentvollen Bewegungen seiner Hüfte oder erhobenen Händen Richtung Publikum.
„HEEEEEEEEEEEEYEEEEEEEY!“
Der Gitarrist stellt sich, von mir aus rechts gesehen, vorne an den Bühnenrand und geht ohne zu stocken, in eine komplett andere Melodie über. Dabei steht er wieder breitbeinig da, lässt seine schmale Hüfte immer wieder erotisch nach vorne schnellen und schüttelt seine Haare wild umher. Oh mein Gott, dieser Mann ist so unglaublich sexy.
“Coming out of nowhere
Driving like rain
Stormbringer dance
On the thunder again
Dark cloud gathering
Breaking the day
No point running
Because it's coming your way“
Als der Chorus dieses neu angespielten Liedes beginnt, animiert Brant die Menge dazu lautstark mit zu grölen.
„Ride the rainbow
Crack the sky
Stormbringer coming
Time to DIIIIIEEEE!
You gotta keep running
Stormbringer coming“
Er kehrt in seinem Gitarrenspiel wieder zum Hauptlied zurück. Ich kann meine Augen nicht von diesem Mann nehmen und beobachte jede kleine Bewegung die er macht. Jede einzelne davon wirkt auf mich leidenschaftlich, animalisch und sexuell erregend. Ich spüre wie sich zwischen meinen Beinen eine feuchte Hitze ansammelt, als er mich wieder wollüstig ansieht. Sofort steigt mir wieder die Röte in die Wangen und mein Herz beginnt einen ticken schneller zu schlagen. Durch meine Reaktion angestachelt leckt er sich mit seiner betörenden Zunge über die Unterlippe. Dann setzt Brant wieder ein.
“The sky is red, I don't understand,
Past midnight I still see the land.
People are sayin' the woman is damned,
She makes you burn with a wave of her hand.
Warning came, no one cared.
Earth was shakin, we stood and stared.
When it came no one was spared.
Still I hear:
BUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUURN!“
Mein Adonis lässt das Lied allmählich ausklinken, natürlich mit viel Getöse. Die Menge grölt und feiert.
„GOOD EVENING!“, brüllt Brant und das Publikum dreht die Lautstärke um noch ein paar Dezibel hoch.
Hibbelig wie sie ist, springt Lexy mir um den Hals. „Oh mein Gott, er ist so verdammt geil. Ich glaube ich komme schon allein durch seinen Anblick.“
Oh Lexy, ich verstehe genau was du meinst. Wieder suche ich den Blick von ihm, aber er steht gerade mit dem Rücken zu uns, also seufze ich jetzt schon das dritte Mal sehnsüchtig auf.
Sofort lässt Lexy von mir ab und sieht mich skeptisch an. „Öh, stehst du jetzt etwa auch auf Brant?“, fragt sie mich mit zusammengekniffenen Augen.
Ich schüttele heftig den Kopf, woraufhin sie mich nur noch skeptische beäugt und die Stirn runzelt. Dann folgt sie meinem Blick, der noch immer an dem entzückendsten Rücken dieses Landes hing.
Erschrocken und gleichzeitig überrascht, zieht sie die Augenbrauen kraus.
„Ja Ritchie ist ein Sahneschnittchen, nicht wahr. Aber glaub mir Nevischnucki, der ist nichts für dich.“, sagt sie dann schelmisch grinsend
Empört rümpfe ich die Nase. „Woher willst du das bitteschön wissen? Und außerdem, wer hat gesagt, dass ich ihn toll finde?“
„Also zu Frage eins, kann ich nur sagen, dass Ritchie ein Mann der besonderen Art ist. Mit anderen Worten, steht er auf sehr ausgefallene Sexpraktiken, die für DICH, meine liebe Jungfrau Maria, ganz sicher sehr abschreckend sind.“, stellt sie klar.
„Um zu Frage Nummer zwei zu kommen. Ich kenne deine Mimik in- und auswendig Nevi. Dein Blick sagt mehr als tausend Worte. Du blickfickst ihn ja regelrecht von hinten.“
Warnend setze ich ihr meinen Zeigefinger auf die Brust. „So etwas mache ich ganz bestimmt nicht. Ich würde ja noch nicht mal dieses Wort in…“
„GERMANY! THANK YOU FOR COMING OUT TONIGHT!“
Das Publikum, dreht völlig am Zeiger. Die Frauen kreischen, glücklich endlich ihre Idole sehen zu können und die Männer johlen die ganze Halle zusammen.
„On our rerun from Europe, we are spreading the message, that it is not dead.
Ritchie beginnt zu spielen und Brant singt sich die Seele aus dem Leib. Wenn ich ehrlich sein soll, dann habe ich mir dieses Konzert sehr viel schlimmer vorgestellt. Da ich mich mit Rock nun überhaupt nicht auskenne, habe ich mit irgendwelchen durcheinander gewürfelten Klängen gerechnet, die vorne und hinten nicht zusammen passen. Aber ich muss sagen, dass die Melodien die Ritchie spielt, ins Ohr gehen und zum mitsummen animieren. Man könnte wirklich sagen, dass ich Spaß daran habe ihm beim Spielen zu zuhören. Ja, irgendwie gefällt es mir sogar. Und wenn Brant gerade nicht einen auf, ich kreische bis mir die Stimme versagt macht, dann hat er wirklich eine superschöne, samtweiche Stimme, die einem wirklich unter die Haut geht.
„TEARIN`OUT MY HEEEEEAAAART!“,
kündigt Brant das nächste Lied an.
Brant singt die Strophen mit einem Gefühl, dass sich alle meine Härchen am Körper aufstellen und ich unwillkürlich die Augen schließe um das Lied besser auf mich wirken zu lassen. Dabei achte ich genauestens auf die wunderschönen Klänge die Ritchie aus der Gitarre zaubert, mal ganz weiche und sanfte Töne, bis er dann mit Power in den Refrain übergeht.
Brant und Ritchie stehen am vorderen Bühnenrand und lassen dieses wunderschöne Lied, auf wundersame Weise erstrahlen.
Als Ritchie zu seinem Solo übergeht, besteht jeder Zentimeter meiner Haut, aus Gänsehaut.
„You tearin…, you tearin…, you tearin…
You tearin out my heart
Tearin out… Woahwooaaah!”
Komplett Konzentriert auf seine Gitarre, hat Ritchie die Augen geschlossen und streicht zärtlich und doch grob und vor allem echt schnell über die Seiten, verwöhnt sie mit diesen talentierten, breiten und männlichen Fingern.
Dabei bewegt er sich geschmeidig im Takt der Musik mit.
Er spielt ein so perfekt getimtes Solo und bewegt seinen attraktiven Körper rhythmisch zur Musik, das es mir die Sprache verschlägt und ich nicht anders kann, als ihn anzuhimmeln.
“Tearin…, Tearin…, Tearin out my heart…
Ohhhwooohh!
Ohhhohhh”!
WAAAAHNANANA!
OHHHH Baby-babe
Why do you do this?
And you tearin out my heart!”
Die Menge bejubelt die Band kreischend. Und ich kann meine Augen einfach nicht dazu bringen von Ritchie zu weichen. Es ist zum verrückt werden. Dieser Mann hat mich innerhalb eines Blickes komplett in seinen Bann gezogen, aus dem ich nicht mehr ausbrechen kann. Und das schlimme daran ist, er ist sich dessen nur allzu bewusst. Er weiß genau um seine Wirkung auf die Frauenwelt und versucht nicht einmal seinen Sexappeal zu verstecken.
Wahrscheinlich zum hundertsten Mal seufze ich verträumt und sehnsüchtig auf.
Ich habe ihren durchdringenden Blick sofort auf meinem Körper gespürt und konnte nicht anders, als herauszufinden woher er stammt.
Und dann steht sie dort, in einem sexy schwarzen Kleid, welches ihre Kurven und langen Beine super zur Geltung brachte.
Wow, was für eine Frau. Am liebsten, wäre ich zu ihr runtergesprungen, hätte sie mir über die Schulter geworfen und sie, nach Hause, in mein Spielzimmer gebracht. Dort hätte ich ihre schmalen Handgelenke mit einem Seil umbunden und dieses dann an dem Wiederhaken an der Decke befestigt. Ihre Augen hätte ich mit einem seidenen Tuch verbunden.
Erst dann würde ich beginnen sie zu entkleiden. Ich würde dieses bisschen schwarzen Stoff, welcher ihre schönsten und intimsten Stellen verhüllt, langsam über Ihre wohlgeformte Hüfte gleiten lassen.
Wenn sie dann endlich nur noch in einem knappen Slip vor mir steht, würde ich sie bewundern, jede kleinste Stelle ihres schönen Körpers anbeten und ihren weiblichen Duft einatmen. Meine Hände würden ihren Körper erkunden. Ja, ich würde sie streicheln, sanft und zärtlich über ihre Haut fahren, bis sie bebt vor Erregung. Und dann würde ich ihre wunderschönen Beine auseinander drücken mich vor sie knien und sie köstlich mit meiner Zunge verwöhnen, bis sie aufschreit und mich anfleht sie zu erlösen.
Ein erregtes Knurren entweicht meinen Lippen und mein Schwanz in meiner Hose wird hart.
Scheiße. Es ist ewig her, dass ich von einer Frau fantasiert habe. Ich bin ein Mann, der sich mit Gedanken nicht zufrieden gibt. Wenn ich geil bin, wird gefickt. Und jetzt bin ich geil, sogar sehr. Normalerweise wäre es für mich kein Problem die Frau auf die Bühne zu holen, mich hinter das Schlagzeug zu stellen und mir dort genüsslich einen blasen zu lassen, während ich natürlich weiterspielen würde. Aber als mein Blick wieder auf ihr hübsches Gesicht fällt, fällt es mir schwer überhaupt an solch Perversität zu denken. Mit ihren großen Augen, den roten Wangen und ihren leicht bebenden Lippen, wirkt sie so unschuldig.
Sogar in diesem Fetzen, der ihre Hüllen kaum verdeckt, wirkt sie unschuldig.
Ja, jede Faser ihres Körpers schreit geradezu, „Ich bin die Unschuld in Person“.
Und genau das macht mich stutzig. Gerade ich, kann mit unschuldigen Frauen überhaupt nichts anfangen. Ich stehe nicht auf Kuschelsex, wenn ich ficke dann hart und ohne Rücksicht auf Verluste.
Frauen haben sich mir beim Sex zu unterwerfen. Ich bin der dominante Part und den lebe ich auch aus. Bei absolut jeder Frau die ich bisher gefickt habe und das sind nicht gerade wenig, als Rocker kommt man viel rum, war das kein Problem. Die Frauen haben sich mir freiwillig unterworfen. Und sie haben es genossen, genauso wie ich.
Aber wenn ich jetzt in diese verträumten kristallenen grünen Augen, dieser Frau schaue, weiß ich, dass man sie nicht fickt. Nein, eine Frau wie sie, muss man lieben. Mit Haut und Haaren.
Ein seltsames Gefühl breitet sich in mir aus. Ich kann es nicht deuten, noch nie habe ich so in Bezug auf eine Frau gefühlt. Aber wenn sie mich so schüchtern anlächelt oder verlegen den Blick abwendet, habe ich das starke Bedürfnis, sie in meine Arme zu nehmen und ihr die Welt zu Füßen zu legen.
Oh man Ritchieboy, jetzt werde mal nicht sentimental, das passt so gar nicht zu dir, schalte ich mich selbst.
Schlag dir dieses Mäuschen aus dem Kopf und suche dir lieber eine ebenbürtige Spielgefährtin für deine Bedürfnisse. Eine waschechte Sub, die alles tut was ich von ihr verlange. Genauso eine Frau werde ich mir für diese Nacht später suchen.
Zwei Stunden und dreizehn Lieder später, kündigt Brant unseren letzten Song dieses Abends an.
„GERMANY!
Now it`s the last song for tonight and we want to take one of you young ladies to us of the stage.”
Alle Frauen in der Halle fangen an zu wild zu kreischen. Bis auf sie. Sie sieht nur unsicher über die Schulter, beißt sich auf die Unterlippe und macht sich ganz klein. Brant deutet der Blondine neben ihr, dass sie auf die Bühne kommen soll. Sie strahlt bis über beide Ohren, wendet sich zu ihr, greift sie am Arm und schleift sie einfach mit auf die Bühne. Erschrocken reißt sie ihre Augen auf, protestiert heftig gegen ihre Freundin und stemmt sich mit ihrem ganzen Gewicht nach hinten, doch Blondchen lässt nicht locker. Zielsicher zieht sie sie einfach mit auf die Bühne bevor das Licht ausgeht.
Das ist mein Stichwort, also fange ich an mein Solo, mit dem Titel, „Maybe the next time“, zuspielen, welches als Vorspiel für den eigentlichen Song super passt.
Sanft streichele ich Lady, wie ich meine Gitarre liebevoll nenne, über ihre zarten Seiten und entlocke ihr wohlklingende Klänge und Seufzer. Ja ich weiß halt wie man Frauen glücklich macht. Weibliche Gitarren eingeschlossen. Über meine eigenen Gedanken schmunzelnd versuche ich sie in der Dunkelheit zu erkennen. Sie und Blondchen stehen am Rand der Bühne in eine Diskussion vertieft. Wahrscheinlich fängt sich Barbie grade eine heftige Standpauke ein. Doch als sie von der Bühne gehen wollte, geht das Licht wieder an und sie erstarrt, mitten in der Bewegung.
Scheu wirft sie einen Blick ins Publikum und man kann sehen, dass sie sehr nervös wurde.
Sie ist mit der Situation eindeutig überfordert. Wieder beißt sie sich auf ihre volle Unterlippe und lässt ihren Blick zu mir schweifen, den ich abwartend festhalte.
Doch dann greift Barbie wieder ihr Handgelenk und zerrt sie zu Brant rüber. Widerwillig lässt sie es geschehen.
Brant schnappt sich beide und legt ihnen die Arme um die Schulter. Als er sie berührt zuckt sie zusammen.
Ich wusste es, das Outfit bedeutet nichts, sie ist ein Mäuschen.
Als mein Solo sich dem Ende nähert gehe ich zu ihnen rüber und stelle mich neben sie. Mit etwas Abstand natürlich. Sofort wendet sie sich mir mit großen Augen und leicht geöffneten Mund zu.
Ihr verkrampfter Körper und der ängstliche Gesichtsausdruck, wecken in mir den Wunsch, sie an meine Brust zu ziehen und ihr zu versichern, dass ihr nichts geschehen würde.
Schnell verscheuche ich diesen Gedanken und lasse das Solo ausklingen, indem ich einige erstickte Töne spiele und dann das eigentliche Lied anspiele. Dann eine kurze Pause und ein abwartender Blick in die Menge, bevor ich wieder einsetze und weiterspiele. Brant löst sich von den Frauen. Blondie lässt sich nicht beirren und klebt krampfhaft an Brants Arsch. Doch sie weicht sofort einige Schritte zurück, spielt nervös mit ihren Fingern und lässt den Blick unsicher schweifen.
„You're walking up with your eyes on me
It's looking good but I just don't know
I need a girl who can keep her head
All night long
You didn't came just to see the show
I guess you know what you wanna see
The way you smile lets me know that
I can't go wrong.“
Brant hat sich das Blondchen geschnappt und tänzelt um sie herum, während er singt. Ich verdrehe die Augen. Sie benimmt sich wie ein typisches Groupiemädchen und checkt noch nicht einmal, dass der Songext voll und ganz auf sie zutrifft. Ja, wenn Brant wollte, würde er sie heute Abend vögeln.
„I wanna feel you
I wanna touch of you
I wanna make you mine.
OHHH MINEEE!”
Brant tanzt sie sexy und sehr überschwänglich an und zieht seine Show ab, während mein Blick sich wieder zu ihr verirrt. Noch immer steht sie wie erstarrt da, den Blick auf ihren Händen.
„I wanna love you all night long
I wanna be with you all night long
I wanna love you all night long
I wanna be with you all night long.”
Plötzlich sieht sie auf und unsere Blicke treffen sich. Unentschlossen steht sie da, scheint nachzudenken. Will sie etwa zu mir rüberkommen?
„I saw you walking down by the stage
Your black stockings and you wear a simple dress
Your mouth is open but I don't wanna hear you
Say goodnight
You're sort of young but you're over age
I don't care 'cause I love your style
I don't know about your brain but
You look allright, yeah.“
Ich verstehe nicht warum, aber in mir macht sich ein Gefühl der Freude breit, als sie einen zögerlichen Schritt in meine Richtung macht. Ohne nachzudenken oder innezuhalten gehe ich sofort auf sie zu.
„I wanna touch you
I wanna feel you
I wanna make you mine.
I WANT YOU!”
Ihre Augen werden größer, als sie mich schüchtern dabei beobachtet wie ich sie langsam umkreise, wie der Jäger seine Beute, mein Blick starr auf sie gerichtet.
„I wanna love you all night long
I wanna be with you all night long
I wanna love you all night long
I wanna be with you all night long.”
Als ich zu einem kurzen Solo ansetze, stelle ich mich vor sie, beuge meine Knie und lehne mich mit dem Oberkörper zurück. Dabei schaue ich zu ihr auf. Sie sieht von meinem Gesicht, über meine freigelegte Brust und Bauch, auf die Gitarre, die direkt vor meinem Schwanz hängt. Mit offenen Mund beobachtet sie meine Finger, wie sie gekonnt über die Seiten fliegen. Sexy beginne ich meine Hüfte gegen Lady zu stoßen, mache einen sogenannten Trockenfick, womit sie offensichtlich nicht gerechnet hat, denn sie keucht auf und errötet plötzlich, kann die Augen jedoch nicht wegnehmen. Mit einem wissenden Schmunzeln auf den Lippen, richte ich mich wieder auf.
„Your mind is dirty but your hands are clean
You show no class but your legs are long
Alone I can't stand another night
On my own
Hey baby would you drank some wine
I don`t know if you understand it
That was a sign that I want you to
Take you in my home shorty.”
Langsam umrunde ich sie wieder und bleibe ganz dicht hinter ihr stehen. Sie rührt sich keinen Zentimeter und ihr Körper ist angespannt. Vorsichtig beuge ich mich etwas nach vorne, mein Gesicht direkt neben ihrem und sie erschauert, als sie meinen Atem an ihrem Hals spürt.
Sofort steigt mir ihr unwiderstehlicher Duft in die Nase. Ein Hauch von Jasmin, gemischt mit ihrer ganz eigenen verführerischen Note.
Meine Sicht verschwimmt leicht und ich schließe die Augen. Plötzlich stürmen Bilder auf mich ein. Bilder in denen, sie unter mir liegt, nackt, sich windend, stöhnend. Mein Schwanz ist sofort wieder steinhart.
„I wanna touch you
I just wanna feel you
I wanna make you mine.
OHHHHHHHHHOHH!”
Nun stelle ich mich wieder neben sie, sehe sie an. Sie sieht eingeschüchtert zurück und ich weiß, dass es von dem lodernden Feuer in meinen Augen herrührt, welches nur durch sie hervorgerufen wird.
Unwillkürlich weicht sie einen kleinen Schritt zurück. Doch das war zu viel. Ich höre augenblicklich auf zu spielen und ziehe ihre zarte Gestalt an meinen harten Körper. Sie gibt ein ersticktes Wimmern von sich, als ich ihr linkes Bein in der Kniekehle packe und an meine Seite hebe. Dabei beuge ich mich weit nach vorne, meine rechte Hand auf ihrem Rücken um sie zu stützen, sie unter mir. Mit ihren großen Kulleraugen sieht sie zu mir auf, noch immer eingeschüchtert, aber mit einer Note Wildheit und Leidenschaft.
Ich wusste ich hätte in diesem kurzen Moment alles mit ihr tun können, doch ich tue nichts. Langsam beuge ich mich wieder zurück und lasse von ihr ab. Was mir stirnrunzelnde Blicke von meinen Bandkollegen einbringt, als ich wieder beginne zu spielen. Denn das ist völlig untypisch für mich.
„I wanna love you all night long
I wanna be with you all night long
I wanna love you all night long
I wanna be with you all night long.”
Brant schiebt Barbie tanzend zur Mitte der Bühne, während ich noch versuche meine Gedanken um diese Frau zu ordnen.
„Come on, come on, come on
Come on baby, baby
Yeeeah, yea, yea, yea!”
Mit einem Kopfnicken deute ich auf ihre Freundin und schiebe sie langsam vor mich her, auf sie zu, bis sie neben ihr steht. Blondie krallt sich gleich völlig hysterisch in ihren Arm und sie verzieht schmerzerfüllt, ihr hübsches Gesicht, bevor sie sich losreißt und ihr einen bösen Blick zu wirft.
Ich stelle mich neben sie und lasse die Melodie ausklingen, dann blicke ich zu Brant und spiele ihm auffordernd einige Töne vor.
Er singt die Töne nach.
„I wanna looove you.“
Er sieht mich abwartend an und ich gebe ihm weitere Töne vor.
„I wanna love yaaaaa!“
Weitere Töne vorgebend, sehe ich wie mein Mäuschen überrascht zwischen mir und Brant hin und her blickt. Wann habe ich angefangen sie mein Mäuschen zu nennen?
„I wanna looooooove you.“
Es scheint ihr zu gefallen, denn in ihre Augen tritt ein Glanz, den ich als Bewunderung deute, während ich Brant noch mehr Töne vorgebe.
„I wanna love you, ohhh.
AHHHH badabbadab baby.”
Brant stellt sich rechts neben Barbie und wendet sich ihr zu. Er lässt seine Hüfte erotisch gegen sie stoßen, wickelt sie damit komplett um den Finger und singt weiterhin meine Töne nach.
Mein Mäuschen beobachtet neugierig Brants Hüftschwung und ich merke wie sich ein sehr unangenehmes Gefühl in meiner Brust ausbreitet. Also trete ich näher an sie heran und lenke ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich. Ich sehe ihr tief in die Augen, während ich dieselben Töne immer wieder schnell hintereinander spiele.
„I wanna love ya
I wanna love ya
I wanna love ya
I wanna love ya
I wanna love you babe
I wanna love you babe
I wanna love you
ALL NIGHT LOOOOONG!”
Ich lasse die Töne schrill ausklingen, als Brant sich frech grinsend ans Publikum wendet und ruft:
„WE LOVE ALL THESE HOT GIRLS!“
Zart klimpere ich die Melodie eines neuen Liedes an. Brant wendet sich ans Publikum, hebt die Arme über den Kopf und klatscht in die Hände. Sofort beginnt ein rhythmisches zum Takt der Musik.
„Germany, believin’ it all
I’ve been on the floor
Germany, I let you know
That I come back for more
Ohhiooo in my soul
In my heart and mind
I know in Germany
I find my crystal light
Uhhh Yeeeah!”
Ich spiele leise einige Riffs und Brant schnappt sich Barbie. Er sieht ihr tief in die Augen, als er sie an sich zieht, mit noch immer schwingender Hüfte und singt sie an.
„Yeeeeah
I wanna love you baby
Only right now.”
Nun stimme ich wieder die von vorhin angespielte Melodie an und gehe auf mein Mäuschen zu.
Mit bebender Unterlippe, beobachtet sie wie ich vor ihr in die Knie gehe.
Brant tut es mir gleich und geht vor Blondie, ebenfalls in die Knie.
„My woman from Germany
She makes me see
My woman from Germany
She’s so good to me.”
Brant und ich richten uns beide wieder auf und stellen uns an den Bühnenrand.
„My woman from Germany!“
Brant hält das Mikrofon Richtung Menge, ich spiele meine Takte und das Publikum singt begeistert mit. Dann lasse ich dieses Lied ausklingen und wende mich wieder zu meinem Mäuschen. Brant legt Barbie den Arm um die Taille und singt sie wieder hingebungsvoll an. Sie ist regelrecht am dahin schmelzen.
„Yeeeah I wanna love ya
Don’t you know baby
Don’t you know that
I want you right
Yeeeah, yea, yea, yea
Ohhh baby all night
All night long
All night long
I wanna be with you all night long
All night long and I sing your song
I wanna be with you all night long
Deep inside, deep inside
I wanna giving love if
You wanna have
One more time, one more time
I wanna see you screeeeaaam!”
Frech grinst er Barbie an und damit stand es fest, was er wollte. Er würde sie heute Abend zum Schreien bringen. Und ich würde ihre süße Freundin, auch liebend gerne dazu bringen. Doch irgendwas hält mich strikt davon ab. Ich kann sie nicht einfach nehmen. Ich muss mir eine andere suchen, sind ja genug da.
„ALL!“
Ich haue einmal laut in die Seiten.
„NIGHT!“
Ein zweiter harter Schlag in die Seiten.
„LOOOOOOOOOOOOOOOOONG!“
Nun spiele ich mit Elan wieder die Melodie des eigentlichen Liedes und bemerke erfreut, dass mein Mäuschen mich begeistert mustert. Ich gehe wieder auf sie zu und lasse sie das letzte Mal beobachten wie meine Finger schnell über die Seiten springen und Lady verwöhnen. Schwinge lässig meine Hüften dabei.
„I wanna love ya
I need yaaa
Yeaaah”
Mit Barbie im Arm steht Brant am Bühnenrand und verabschiedet sich vom Publikum, währenddessen ich das Lied mit viel Getöse ausklingen lasse.
„We love you Germany. See you next time again.”
Das Licht geht aus und die Menge grölt. Ich lege meinem Mäuschen die Hand auf den Rücken und führe sie durch die Dunkelheit, hinter die Bühne. Dort schwinge ich mir Lady über die Schulter, küsse sie flüchtig auf den Gitarrenhals und lege sie vorsichtig zur Seite.
Dann lehne ich mich mit dem Rücken gegen die Wand und zünde mir eine Kippe an.
Sie steht noch immer dort wo ich sie stehen gelassen habe, fuchtelt nervös mit ihren Händen umher und wirft hin und wieder ihren Blick auf mich. Immer nur kurz, denn sobald sie sieht, dass ich sie unentwegt beobachte, errötet sie.
Sie sieht so süß aus wenn, ihr das Blut in die Wangen steigt. Und irgendwie turnt es mich unglaublich an, wie verlegen sie sich in meiner Gegenwart benimmt.
Doch bevor meine Gedanken abschweifen konnten, zu ihr auf meinen Hüften gegen die Wand gepresst, kommen Brant und Blondie, gefolgt von Tony, Chuck und Dario, hinter die Bühne.
Zu meinem Glück. Wie sie wohl reagiert hätte, wenn sie die Umrisse meines harten Schwanzes, durch meine Hose gesehen hätte?
„Jo Ritchie, ist das deine Püppy oder ist die noch frei?“, fragt Chuck mich, der sich neben mich an die Wand gelehnt hat, schelmisch grinsend.
Am liebsten hätte ich ihn angeknurrt und sofort mein Revier markiert, aber ich lasse mir meine innerliche Unruhe nicht anmerken.
„Theoretisch ist sie frei, aber praktisch solltest du die Finger von ihr lassen.“, erwidere ich lässig.
Chuck sieht mich aus seinem unverdeckten Auge stutzig an. Da er auf einem Auge blind ist, trägt er immer diese lächerlich Augenklappe. Ich habe ihm gesagt er soll einen Fick auf das Scheißteil geben, aber er findet es geil.
„Wieso? Ist sie die Tochter der Bundeskanzlerin oder was?“, fragt er prompt.
Ich schüttele leicht den Kopf. „Nein.“
„Na dann.“ Er stößt sich von der Wand ab und will gerade lässig zu ihr rüber schlendern, als ich ihn grob am Kragen packe und zurück ziehe.
„Ich labere keinen Scheiß, alter. Behalte deine Wichsgriffel bei dir.“
Chuck sieht mich an, als hätte er gerade Jesus Christus höchstpersönlich gesehen, winkt dann jedoch ab. „Ist ja gut. Mach dir mal nicht ins Hemd.“
Brant setzt sich schwungvoll in einen der Sessel und zieht Barbie auf seinen Schoß. Dann deutet er meinem Mäuschen sich ebenfalls zu setzen. Sie setzt sich direkt in die Mitte der Couch ihm gegenüber und er schenkt ihr ein warmes Lächeln, welches sie schüchtern erwidert.
„Hey Tony, reich mal ein paar Bier rüber.“, ruft Brant Tony zu, der gerade dabei ist sich eine Tüte zu drehen. Er greift in den kleinen Kühlschrank und holt drei Flaschen heraus, läuft dann zu Brant rüber und reicht ihm und Blondie jeweils ein Bier.
Dann dreht er sich zu Mäuschen und hält ihr die dritte Flasche hin. Erschrocken über diese Geste, weitet sie die Augen und schüttelt den Kopf.
„Ähm, danke, aber ich trinke keinen Alkohol.“, sagt sie leise.
Diese Stimme. Mit diesem leichten Akzent, dessen Herkunft ich nicht identifizieren kann, klingt ihre Stimme so lieblich, wie Engelgesang, in meinen Ohren und ich spüre den Drang ihr tausende Fragen zu stellen, nur um ihrer wunderschönen Stimme zu lauschen.
Meine Fresse, Ritchie, jetzt komm mal wieder runter. Du brauchst echt mal wieder eine heiße, feuchte Möse, um diese verfickt, schwulen Gedanken aus deinem Kopf zu bekommen.
Tony zuckt mit den Schultern. „Wer nicht will der hat schon.“, und lässt sich mit Schmackes neben ihr auf die Couch fallen, zündet das Horn an und inhaliert den beruhigenden Rauch.
Sie rümpft die Nase und ich kann ein verächtliches Schnauben noch geradeso unterdrücken.
Dario trottet ebenfalls zu der Couch rüber und setzt sich geschmeidig auf die andere Seite neben ihr.
Unwohl rutscht sie etwas hin und her und zuppelt an ihrem Kleid. Dann sieht sie hilfesuchend zu Barbie, welche ihr nur keck zu grinst.
„Ey Schnecke, wie heißt du?“, wendet sich Dario an sie.
Verunsichert stammelt sie: „Äh, ich…ich heiße Nevia.“
Nevia, heilige Scheiße, was für ein schöner Name.
„Hallo Nevia.“, grüßt er sie. „Wie wär’s mit uns beiden?“
Diesmal kann ich mir ein knurren nicht verkneifen und alle Blicke richten sich auf mich, einschließlich ihrer.
Oh man du bist so ein abgefuckter Vollidiot, Ritchie Ashbourne. In Gedanken haue ich meinen verdammten Schädel, gegen die verfluchte Wand.
Dario kann sich ein Grinsen nicht verkneifen und am liebsten hätte ich es ihm aus seiner scheiß Fresse geschlagen.
„Hmm…scheinbar bist du schon vergeben.“ Seufzend erhebt er sich wieder. „Na dann wünsch ich euch noch viel Spaß Leute, ich mach mir jetzt `ne geile Fotze klar. Reingehauen.“ , sagt er, schnappt sich seinen Cowboyhut und zieht ab.
Chuck ruft ihm hinterher, dass er mitkommt und verpisst sich ebenfalls. Meine Fresse, normalerweise, würde ich mich auch anschließen, aber irgendwas hindert mich daran. Sie hindert mich daran.
Überhaupt nicht zufrieden mit Darios Wortwahl, verzeiht sie ihr Gesicht.
„Ähm Lexy, ich glaube wir sollten uns langsam auf den Weg machen.“, sagt sie kleinlaut und rutscht ein Stück von Tony weg.
„Ähm Nevi, es ist noch nicht mal Mitternacht, ich gehe jetzt bestimmt noch nicht nach Hause.“, erwidert Barbie.
„Süße, die Nacht ist noch jung und es gibt noch viel zu erleben.“, wendet Brant ein.
Nachdenklich kaut sie auf ihrer vollen Unterlippe. Dann scheint sie einen Entschluss gefasst zu haben und erhebt sich.
„Tut mir leid, aber ich habe morgen einen anstrengenden Tag vor mir. Ich mach mich besser auf den Weg.“, sagt sie und sieht in die Runde.
„Man Nevi, morgen ist Sonntag, gönn dir doch mal ein bisschen Auszeit.“, sagt Blondie und verzieht eine Schnute.
Mein Mäuschen schüttelt den Kopf und erwidert: „Ich hatte doch heute meine Auszeit.“
„Ohhh, vier Stunden, das ist aber lange.“, antwortet Barbie genervt.
„Für mich ist das mehr als genug.“
Besorgt sieht Blondie zu ihr hoch. „Und wie willst du bitte nach Hause kommen? Trampen oder was?“
Ich halte den Atem an. Trampen?
„Nein.“
Beruhigt stoße ich die Luft wieder aus. Sie ist ein kluges Mädchen, sie wird sicher ein Taxi nehmen.
„Ich werde den Bus nehmen.“, sagt sie dann.
Den Bus? Um diese Uhrzeit? Ganz alleine? Fucking Drecksshit, das kann ich nicht zulassen.
Gerade als Barbie heftig protestieren will, stoße ich mich von der Wand ab und sage:
„Ich werde dich fahren.“
Zum zweiten Mal an diesem Abend sind alle Augen auf mich gerichtet. Was soll das, habe ich etwa ein Schild auf der Stirn zu kleben, auf dem in fetten Buchstaben geschrieben steht, „Ich bin ein Homo“?
Ist es wirklich so ungewöhnlich, dass man einer schönen Frau einen Gefallen tun will?
Die Blicke die auf mich gerichtet sind, scheinen mir die Antwort stumm mitzuteilen.
Ja, du Vollpfosten, für dich schon.
„Ähm, danke, aber das ist wirklich nicht nötig.“, erwidert sie schüchtern.
„Keine Wiederrede Nevi. Ich habe kein Bock morgen zu dir zukommen, nur um festzustellen, dass du dort nie angekommen bist.“
Barbie spricht mir aus der Seele. Wenn ich sie jetzt nicht nach Hause bringe, würde ich mir ewig darüber den Kopf zerbrechen, ob ihr etwas passiert ist.
Mit einem ergebenen seufzen antwortet sie: „Okay!“
Schweigend laufe ich neben ihm her. Meine Güte, ist dieser Mann groß. Ich reiche ihm gerade Mal knapp bis zur Schulter.
Ich kann nicht glauben, dass er mich wirklich nach Hause fahren würde. Er wirkt ehrlich gesagt nicht wie der zuvorkommende Typ und erst recht nicht wie ein Gentleman. Und doch hat er ohne zu zögern angeboten mich zu fahren.
Aufmerksam beobachte ich ihn heimlich von der Seite. Er hat sich lässig eine Lederjacke über die Schulter geworfen und seine starken Muskeln, bewegen sich geschmeidig unter seiner Haut.
Wie schön er ist. Für mich ist er der schönste Mann, den ich je gesehen habe.
Er führt mich eine Treppe runter in das zugehörige Parkhaus des Gebäudes.
Erwartungsvoll sehe ich mich um. Hier stehen nur zwei Autos. Ein schnittiger Mercedes Benz und ein protziger Audi. Zielstrebig gehe ich in Richtung der Autos, bis ich ein Räuspern wahrnehme.
„Falsche Richtung, Prinzessin.“
Prinzessin? Warum müssen Männer wie er, uns Frauen immer mit Kosenamen ansprechen? Wir kennen uns doch überhaupt gar nicht.
Stirnrunzelnd drehe ich mich zu ihm und sehe wie er mir den Rücken zukehrt und in die andere Richtung geht. Also folge ich ihm, er biegt um eine Ecke und als ich ebenfalls dort ankomme, bleibt mir der Mund offen stehen. „Oh!“
Das kann doch nicht wirklich sein ernst sein. Will er mich etwa umbringen?
Vor mir steht ein riesiges Motorrad. Ja eine wahre Höllenmaschine. Sie ist schwarz mit, einigen roten Akzenten. Auspuff und Achsen sind verchromt, man kann sich geradezu in ihnen spiegeln. Auf dem Tank ist ein Logo. Ein Adler, welcher die Flügel anmutig ausstreckt. Darunter ist ein Banner auf dem steht, „Harley Davidson, an American legend“.
Unmöglich das ich mich auf dieses Ding setze.
Ritchie hält mir einen Helm vor die Nase, aber anstatt ihn zu nehmen starre ich nur auf seine Hand.
„Du musst den Helm schon nehmen.“, sagt Ritchie ruhig.
„Ähm…haben- haben Sie denn kein Auto?“, frage ich unsicher.
Er sieht mich gelangweilt an. „Nein.“
„Also, ähm…ich weiß nicht ob es eine gute Idee ist, damit zu fahren.“, sage ich leise.
Er zieht eine Augenbraue hoch. „Angst? Ich fahre schon lange genug, du kannst mir ruhig vertrauen.“
Argwöhnisch beäuge ich das Motorrad, bevor ich meinen Blick wieder auf Ritchie richte.
„Ich glaube, ich nehme doch besser den Bus.“, gebe ich zurück.
Ritchie schnaubt verächtlich. „Mach dich nicht lächerlich. Ich lasse dich nicht mit dem Bus fahren.“ Ohne meine Zustimmung, setzt er mir den Helm auf den Kopf und hebt mich auf das Motorrad, während ich verzweifelt versuche, mich von ihm loszumachen. Er kann mich doch nicht dazu zwingen, mit diesem Teil zu fahren.
„Hör auf rum zu zappeln. Du solltest dich geehrt fühlen, auf meinem Baby zu sitzen. Immerhin bist du die erste.“, sagt er genervt und reicht mir seine Lederjacke. „Zieh die an, es wird windig.“
Ich bin die erste, die er auf diesem Ding sitzen lässt? Unwillkürlich wird mir ganz warm ums Herz und mein Bauch fängt an zu kribbeln. Ich ziehe mir seine Jacke an und werde, sofort von seinem Duft eingehüllt. Ein unglaublich, unwiderstehlicher, herber, sehr männlicher Duft, mit einer Moschusnote.
„Also wo soll es hingehen?“, fragt er während er sich vor mich setzt und die Maschine startet. Das Parkhaus wird vom Dröhnen des Motors erfüllt.
„Wollen Sie sich denn keinen Helm aufsetzen?“, frage ich vorsichtig.
„Ich habe nur einen und der sitzt auf deinem hübschen Kopf, Prinzessin.“
„Aber wenn die Polizei uns anhält…“
Er unterbricht mich. „Das lass mal schön meine Sorge sein. Also wohin?“
Ich nenne ihm meine Adresse und er lässt den Motor aufheulen.
„Halt dich gut fest, Prinzessin.“, sagt er schelmisch greift meine Handgelenke, die leicht an seiner Taille ruhen, zieht sie nach vorne und legt sie auf die glatte Haut seines Bauches. Sofort durchschießt meinen Körper eine Art Stromschlag, der sich in der Mitte, zwischen meinen Beinen hitzig entlädt.
Oh mein Gott, ich kann jeden seiner harten Muskeln unter meinen Fingern spüren.
Ritchie gibt Gas und lenkt die Maschine raus auf die Straße, wo er schneller als erlaubt fährt. Sehr viel schneller.
Unwillkürlich klammere ich mich fester an ihn. Doch die Angst, mit der ich gerechnet habe, kommt nicht. Die Tatsache, dass er derjenige ist, der das Motorrad fährt beruhigt mich. Ich vertraue ihm. Einem komplett fremden.
Ich kann nicht anders, als meine Finger sanft über seine glatte Haut streicheln zu lassen. Automatisch spannt Ritchie seine Muskeln an und auf seiner Haut bildet sich eine Gänsehaut.
Anscheinend scheint ihm meine Zärtlichkeit zu gefallen. Dadurch angespornt, gebe ich einen wohligen Seufzer von mir und bette mein Gesicht an seiner starken Schulter.
Was ist nur los mit mir? So etwas mache ich normalerweise nicht, aber dieser Mann lässt jeden meiner skeptischen Gedanken einfach verpuffen. Zuerst meine Meinung zu der Musik, dann die Fahrt mit diesem Motorrad und zu guter Letzt kuschele ich mich auch noch an ihn. Ohne Hemmungen, ohne Zweifel. Ich tue es einfach. Und irgendwie fühlt es sich unglaublich gut an. Vertraut und richtig.
Sanft lasse ich meine linke Hand zu seiner Brust wandern. Als ich die Handfläche auf die Stelle seines Herzens legen wollte, durchzieht plötzlich ein vibrieren seinen kompletten Oberkörper und ich lasse meine Hand verunsichert zurück wandern.
Doch Ritchie greift sofort mein Handgelenk und legt sie wieder dorthin. Sein Herz schlägt hart und sehr schnell gegen seine muskulöse Brust.
Es war seine Absicht, mir zu zeigen wie schnell sein Herz rast. Etwa wegen mir? Es erschien mir so abwegig, dass irgendjemanden wegen mir das Herz rasen könnte. Ich bin zwar nicht hässlich, aber als strahlende Schönheit, würde ich mich absolut nicht bezeichnen. Ein Durchschnittsmädchen. Ich bin so durchschnitt, dass die meisten mich einfach übersehen. Und da ich auch nicht sonderlich kontaktfreudig bin, fällt es mir schwer auf Menschen zu zugehen. Mein ganzes Leben, lebe ich schon so zurückgezogen und nur für meine Arbeit. Ich hatte nie richtige Freunde.
Umso schwerer fällt es mir zu glauben, dass gerade er, der fleischgewordene Traum aller Frauen, wegen mir Herzrasen bekommt.
Und doch, fällt mir beim besten Willen, kein anderer Grund dafür ein, es sei denn Motorrad fahren bringt ihn in Wallungen.
Aber wie es nun wirklich ist, ist mir egal. Ich beschließe einfach zu glauben, dass er wegen mir so aufgeregt ist.
Es ist sehr ungewohnt, aber doch macht es mich gerade zur glücklichsten Frau auf dieser Welt. So durfte ich noch nie fühlen, also werde ich es genießen. Nur für diesen Moment.
Leider ist dieser viel zu schnell vorbei. Als er vor dem Haus in dem ich wohne hält, löse ich mich nur unwillig von seinem Astralkörper und setze den Helm ab. Er steigt mit einer Eleganz, die man einem solch großen Körper gar nicht zutraut ab, nimmt mir den Helm ab und hält mir hilfsbereit seine Hand hin.
Dankend lege ich meine kleine Hand in seine große, steige ab und knicke prompt mit dem Fuß um.
Doch bevor ich stürzen kann, ist er schon bei mir, fängt mich auf mit seinen starken Armen.
Oh man, das kann aber auch nur mir passieren.
Peinlich berührt blicke ich zu ihm hoch und treffe auf zwei Augen, die regelrecht in Flammen stehen. Das schwarz ist fast komplett gewichen, ist nur noch am Rande der Iris zu sehen. Der Rest glüht wie flüssiges Feuer.
Ich schaffe es ein brüchiges, „Danke“, zu murmeln.
Die Intensität seines Blickes, lässt meine Knie weich werden. Als ob er es wüsste, was in mir vorgeht, drückt er mich noch enger an sich. Ich spüre seine harten Muskeln an meinen weichen Rundungen und weiter unten presst sich etwas Hartes und Großes gegen meinen Bauch.
Als mir klar wird was genau dieses Etwas ist, keuche ich erschrocken auf, weite meine Augen und werde rot wie eine Tomate.
Träume ich oder passiert das gerade wirklich? Er ist eindeutig sexuell erregt, wegen einer Frau wie mir. Unglaublich aber wirklich wahr. Mein Herz läuft einen Marathon in meiner Brust und ich bekomme keine Luft mehr. Wo ist diese blöde Luft nur abgeblieben?
„Du musst atmen, Nevia.“, flüstert er mir mit einer Stimme zu, die geradezu vor Sex trieft. „Ganz ruhig, ein…und aus.“
Ich tue was er sagt und seufze erleichtert auf, als die lebensspendende Luft meine Lunge durchströmt.
„So ist es gut.“, sagt er und streicht mir eine Strähne hinters Ohr. Dort lässt er seine Hand kurz ruhen, bevor er mir sanft über die Wange streicht, seine Augen gierig auf meine Lippen gerichtet.
Oh mein Gott, wird er mich etwa…
Sein Gesicht kommt meinem immer näher.
Meine gerade wiederlangte Fassung stürzt in sich ein und in meinem Bauch fahren die Schmetterlinge gerade Achterbahn.
Ja, er wird.
Aufgeregt und voller Vorfreude schließe ich die Augen und warte ab.
Da spüre ich auch schon seinen heißen Atem auf meinen Lippen und kurz darauf streicht er zart mit seinen warmen Lippen über meine. Ein verzweifeltes Wimmern von mir, erfüllt die Stille. Ich will mehr davon fühlen. Und er erfüllt mir meinen Wunsch.
Mit einem leichten Druck legen sich seine Lippen unendlich sanft auf meine und in meinem Körper breitet sich ein Feuer aus, welches mich von innen heraus verbrennt.
Er fährt mit seiner Zunge meine Unterlippe nach und unverzüglich öffne ich meinen Mund einen Spalt. Seine Zunge nutzt dies aus und stößt langsam in meinen Mund vor. Ich komme ihm mit meiner entgegen und als sich unsere Zungenspitzen berühren stöhnt er lüstern auf, woraufhin mir ein heißer Schauer über den Rücken läuft.
Sein würziger Geschmack hypnotisiert mich, sodass ich meine Arme um seinen starken Hals lege.
Besitzergreifend greift er mir in die Haare und liebkost meine Zunge immer gieriger.
Oh mein Gott, was wird jetzt passieren? Wird er weitergehen wollen? Und wenn ja, werde ich es zulassen?
Ich will es gerne zulassen, denn es fühlt sich gut an in seinen Armen und seine Lippen auf meinen. Aber wäre es richtig mit ihm zu schlafen, mit jemandem den ich danach wahrscheinlich nie wieder sehen werde? Könnte ich das emotional aushalten, immerhin sagt man der Erste lässt sich schwer vergessen und ich bemerke jetzt schon, dass ich ihn ungerne verlassen möchte.
Die Antwort ist eindeutig. Nein, ich kann es nicht.
Meine Befürchtung ihn zurückweisen zu müssen tritt glücklicher Weise nicht ein, denn er löst sich nun langsam von mir.
Etwas zittrig und außer Atem sehe ich zu ihm auf. Das Feuer lodert noch immer in seinen Augen als er sagt: „Träume süß, Nevia.“
Oh das werde ich, wenn ich es endlich geschafft habe einzuschlafen, nach diesem Kuss. „Ähm…danke. Und danke fürs nach Hause fahren. Gute Nacht.“, flüstere ich mit kratziger Stimme und gehe mit gemischten Gefühlen an ihm vorbei. An der Haustür drehe ich mich nochmal zu ihm um und sehe, dass er noch immer dort steht und mir hinterher blickt. Mit dem hoffentlich letzten sehnsüchtigen Seufzen, für diesen Abend, drehe ich mich um und gehe ins Haus.
Als ich endlich, mit unglaublich schmerzenden Füßen, in meinem Bett liege, ist klar, dass ich kein Auge zubekomme. Ritchie hat mich mit seinem Kuss so aufgewühlt und Gefühle in mir geweckt, die ich vorher noch nie hatte. Ich bin froh, dass er derjenige war, der mir meinen ersten Kuss geschenkt hat. Er war so sanft und einfühlsam, als ob er gewusst hat, dass ich keinerlei Erfahrung damit habe. Und doch konnte er nicht ewig seine Leidenschaft unterdrücken und hat mich regelrecht damit geflutet.
Er hat mich so besitzergreifend an sich gedrückt, während seine Zunge dominant meinen Mund erkundet hat. Und ich habe ihn gewähren lassen.
Ja, ich wollte, dass er mich als die Seine betrachtet. Und das tat er mit einer Hingabe, die mir nun die Tränen in die Augen steigen lässt.
Werde ich ihn wiedersehen? Das ist sehr unwahrscheinlich. Er ist durch und durch Musiker, er wird nicht ewig in der Stadt bleiben. Und wenn er fort ist wird er viele andere Frauen so küssen, wie er es mit mir getan hat. Vielleicht tut er es ja auch schon jetzt, in diesem Moment.
Diese Vorstellung treibt mir einen Stich ins Herz. Nein, ich will nicht glauben, dass er schon jetzt bei einer anderen ist. Nicht nach diesem Kuss. Für mich ist es nämlich sehr viel mehr, als nur ein Kuss. Es ist das schönste und intimste Erlebnis, was ich mit einem Mann jemals geteilt habe. Was ich mit diesem Mann geteilt habe. Einem noch immer völlig Fremden.
Eine einsame Träne kullert über meine Wange, als mir die Augen langsam zufallen. Diese Träne ist genauso einsam wie ich, denke ich, bevor ich ins Land der Träume abdrifte.
Was zum Teufel ist nur in mich geraten? Es war ein verdammter Fehler, sie zu küssen. Aber ich konnte nicht anders, als ihr zarter Körper in meinen Armen lag und sie mich so verflucht süß angesehen hat, mit ihren großen Kulleraugen. Sie hat es ebenfalls gewollt, sie wollte mich. So wie jede Frau. Aber sie ist anders. Wenn sie mich ansieht, sieht sie nicht nur einen Rockstar. Ihr Blick ist so viel tiefgründiger und dringt bis in mein Inneres vor. Bis auf meine Seele und das hat mir die letzte Willenskraft geraubt. Ihre Lippen waren so unglaublich weich und nachgiebig und ihr Geschmack war so süß wie Nektar. Ich könnte mir tatsächlich vorstellen, diesen Geschmack für immer auf meinen Lippen zu schmecken.
Schon als sie begonnen hat meinen Körper zu streicheln, als wir noch auf meinem Baby saßen, hat sich das gesamte Blut meines Körpers, in der unteren Leistengegend angesammelt. Ich glaube ich habe noch nie so eine harte, schmerzende Latte gehabt und ich hätte sie nur zu gerne in ihrer engen Möse versenkt.
Aber das durfte ich nicht. Mit aller Kraft die mein verzauberter Körper aufbringen konnte, habe ich mich gezwungen, mich von ihr zu lösen und sie gehen zu lassen.
Es war die einzige richtige Entscheidung gewesen, die ich heute in Bezug auf sie getroffen habe. Ich kann sie nicht haben, auch wenn ich es will. Sie braucht einen Mann der viel Zeit für sie aufbringen kann und ich habe verdammt noch Mal sehr wenig davon.
Mal ganz davon abgesehen, was will ich mit einer Frau? Ich wollte nie eine haben, mein ganzes Leben nicht. Warum eine nehmen, wenn man alle möglichen haben kann?
Eine Frau wäre mir nur ein Klotz am Bein.
Als ich in unserem Appartement ankomme, sind Tony, Brant und Barbie ebenfalls hier.
„Ahh, hey Ritchie.“, ruft Brant.
Ich hebe die Hand zum Wink und verschwinde kurz in mein Zimmer um mir einen schwarzen enganliegenden Pulli anzuziehen, bevor ich ins Wohnzimmer, zu den dreien gehe.
„Was gibt’s Brant?“, frage ich.
„Das Übliche.“, gibt er grinsend zurück. „Eigentlich wollte ich erfahren, ob du die Kleine flachgelegt hast.“
Ich hebe eine Augenbraue und sehe zu Barbie die sich künstlich aufregt.
„Hey, das ist meine beste Freundin, also bitte rede in einem anderen Ton.“ Dann wendet sie sich mir zu. „Und hast du?“
Ich schnaufe abfällig auf, sage dann aber: „Nein.“
Brant klappt der Mund überrascht auf, Tony runzelt die Stirn und Barbie zieht eine Schnute.
„Ähm, du bist aber nicht krank oder?“, fragt Tony dann.
Ich verdrehe genervt die Augen. „Nein, danke der Nachfrage. Ich mache mich vom Acker.“
„Wo willst du denn hin? Hier steigt gleich eine dicke Party, hab auch ein paar heiße Schnecken eingeladen.“, sagt Brant zwinkernd.
Ich bin schon auf dem Weg Richtung Tür. „Danke, kein Interesse.“
Mit schnellen Schritten gehe ich zu meinem Motorrad und setze mich rauf. Dann schließe ich die Augen und lasse meinen Geist schweifen, erkunde die Gegend, auf der Suche nach etwas ganz bestimmten. Und schon nehme ich einen dunklen, gefährlich pulsierenden Energiestrom wahr.
Ich starte den Motor und folge ihm, bis zu einer schäbigen Wohngegend. Dort stelle ich mein Baby ab und gehe zu Fuß weiter. Ich spüre, dass der Energiestrom, immer stärker wird und die Gegend in eine unheimliche Atmosphäre hüllt, umso näher ich komme. Und da höre ich es schon. Ein regelmäßiges Saugen erfüllt die unnatürliche Stille.
Ich biege um die Ecke eines Häuserblocks und sehe eine dunkle Gestalt die über einem zitternden Leib hockt.
„Na, was haben wir denn da?“, frage ich mit einem tödlichen schmunzeln auf den Lippen.
Die Gestalt richtet sich auf und dreht sich zu mir. Zwei rot leuchtende Augen nehmen mich ins Visier und an seinen zu einer Grimasse verzogenen Lippen, klebt noch immer Blut. Ein schrilles Fauchen steigt tief aus der Kehle dieser Missgeburt auf.
„Was ist Blutsauger? Willst du spielen?“, frage ich und ziehe meine beiden Zwillingschwerter, die immer an dem Gürtel um meine Hüfte hängen. Normalerweise würden solche gefährlichen Waffen in der Öffentlichkeit auffallen, aber nicht bei mir. Die Schwerter sind durch meine reine Willenskraft, weder sichtbar noch antastbar.
Ein lautes unmenschliches Kreischen durchdringt die Stille, als sich das Vieh übernatürlich schnell auf mich stürzt. Ich warte bis es mich fast gepackt hat, bevor ich einen Ausfallschritt zur Seite mache.
„Mehr hast du nicht drauf? Na dann werde ich ein leichtes Spiel mit dir haben.“, sage ich und drehe die Schwerter in meiner Hand. „Los, komm her!“
Mit einem weiteren kreischen rennt es wieder auf mich zu und fährt knapp zehn Zentimeter lange Klauen und vier Zentimeter lange Fangzähne aus. Ein Lächeln umspielt meine Lippen. Endlich ist diese Ratte auf Hundertachtzig. Das Spiel kann beginnen. Immer wieder versucht diese Missgeburt mir mit seinen Klauen Verletzungen zuzufügen und mir in die Halsschlagader zu beißen. Doch ich bin jedes Mal schneller, weiche nur aus, und blocke seine Angriffe mit meinen Schwertern ab. Ich könnte dieses Vieh in null Komma nichts, wieder dorthin befördern, wo es herkam, aber ich brauche diesen Kampf. Er soll noch nicht enden. Doch mit der Zeit beginnt der Bastard zu schwächeln. Seine Angriffe werden immer unkoordinierter und mir ist klar, dass ich es jetzt zu Ende bringen muss. Mit einem einzigen gezielten Schlag steche ich ihm eines meiner Schwerter direkt ins Herz.
Es beginnt zu taumeln und schnappt geräuschvoll nach Luft, als es nach hinten fällt und sein Hinterkopf Bekanntschaft mit der Straße macht. Aber es ist noch nicht tot.
Ich stelle ihm meinen bestiefelten Fuß auf die Brust und beuge mich etwas herunter. Dann sage ich mit tödlicher Stimme: „Langsam zweifele ich an dem Verstand deines Herren, er hat mir schon lange keine richtige Herausforderung mehr geschickt.“ Die Missgeburt verengt, seine Augen zu schlitzen und versucht sich verzweifelt loszumachen. Ich schnaufe verächtlich über diesen lächerlichen Versuch, hole mit dem anderen Schwert aus schlage ihm seinen dreckigen Schädel ab.
Sein Körper explodiert in tausende kleine Fünkchen, die sich schnell in der Luft zerstreuen und verschwinden.
Dann stecke ich die Schwerter wieder weg und sehe nach dem Menschen, der sich in der Zwischenzeit, keinen Zentimeter mehr gerührt hat.
Es ist ein Mann. Ich hocke mich neben ihn und taste nach dem Puls. Er schlägt noch, wenn auch schwach. Schnell lege ich eine Hand auf seine Stirn und nehme ihm jegliche Erinnerungen, an diesen Vorfall. Ich streiche mit dem Finger über die beiden Einstichlöcher an seinem Hals und sie schließen sich unverzüglich.
Dann richte ich mich auf und rufe einen Krankenwagen. Ich sage der netten Frauenstimme am anderen Ende den genauen Standort und das der Mann eine Bluttransfusion nötig hat. Wenn die Ärzte hier eintreffen werden sie sich wundern, denn nirgendwo ist eine Wunde, aus der Blut tritt und trotzdem werden sie meine Anweisung befolgen. Weil ich es so will.
Seufzend schlendere ich zurück zu meinem Motorrad und taste noch einmal die Gegend mit meinem Geist ab. Doch wie es scheint sind in dieser Nacht keine weiteren Missgeburten unterwegs. Was mich wirklich ziemlich wütend macht.
Ich bin es nicht gewohnt, nichts zu tun zu haben. Normalerweise muss ich jede Nacht mit mindestens fünf solcher Monster rechnen. Und der Großteil davon sind nicht nur solche jämmerlichen Vampire, oder wie ich sie nenne Blutsauger oder einfach Missgeburten. Nein, die meisten sind von einem sehr viel größeren Kaliber und sie sind direkt aus der Hölle entsprungen. Aber seit zwei Wochen, ist alles ruhig geblieben. Viel zu ruhig. Und diese Ruhe macht mich stutzig.
Was keiner weiß, ich bin mehr als nur ein Musiker, sehr viel mehr.
Man könnte mich auch einfach den Beschützer der Armen und schwachen nennen, aber das klingt ziemlich kitschig. Ich bevorzuge, den Begriff, Krieger.
Ja, ich bin ein Krieger mit Leib und Seele.
Mein Vater hat auf der ganzen Welt, die Frau gesucht, die meine Mutter werden sollte. Er hat sie nach strengen Kriterien ausgewählt, denn von Anfang an war klar, welche Rolle ich spielen würde. In Norwegen, fand er sie schließlich. Eine starke Frau, deren Linie, bis auf die Wikinger zurückzuführen ist, mit einem klugen Kopf. Und sie willigte ein meinem Vater einen Sohn zu gebären. Diese Verbindung zwischen ihnen beiden, hatte absolut nichts mit Liebe zu tun. Es geschah aus Loyalität und Verpflichtung.
Was niemand weiß ist, dass mein Vater mir ungewöhnliche Eigenschaften und Fähigkeiten vererbt hat. Fähigkeiten, die ich unbedingt brauche im Kampf gegen diese Höllenmonster. Mein Vater, den ich bisher noch nicht kennenlernen durfte ist kein Mensch. Er ist ein Gott. Nicht irgendein Gott, er ist der Kriegsgott. Odin höchstpersönlich.
Es war schon immer mein Schicksal die Menschen zu beschützen und schon als ich fünf wurde, wurde ich von meiner Mutter weggeholt und nach Alaska verfrachtet. Weit weg von jeglicher Zivilisation. Dort wurde ich dann von den besten Lehrmeistern der Welt ausgebildet. Oft wollte ich mich weigern und bin weggelaufen. Aber sie haben mich immer gefunden. Natürlich habe ich meine Mutter unendlich vermisst, aber was mir noch viel mehr gefehlt hat, war einfach Liebe und Zuneigung. Denn das gab es dort nicht mehr. Deswegen habe ich angefangen in der Musik meine Zuflucht zu finden, sie verdrängte nachts meine Einsamkeit.
Ich wurde dazu gedrillt, immer der beste zu sein. Und das bin ich nun auch. Ob Nahkampf oder Fernkampf, ich beherrsche alle Waffen. Jedoch bevorzuge ich eindeutig meine beiden Zwillingschwerter. Von denen ich zurzeit, leider nicht viel Gebrauch machen konnte.
Fuck, wenn ich nicht kämpfen konnte, musste ich meinen Körper anders beruhigen. Und auch, wenn es mir ehrlich gesagt schwer fällt, nach dem Kuss mit Nevia, zu einer anderen Frau zu gehen, werde ich es tun müssen. Denn ich muss diese Wut die in mir brodelt besänftigen, sonst würde ich etwas tun, was ich nicht will. Etwas Schlimmes.
Um sieben Uhr in der Früh klingelt mein Wecker, laut und schrill.
Oh nein, ich will noch nicht aufstehen, nur noch ein bisschen weiterschlafen. Doch dann reiße ich mich zusammen und schwinge meinen faulen Hintern aus dem Bett.
Aua, meine Füße schmerzen immer noch, von gestern. Wie soll ich damit nur meine Schicht im Café überstehen?
Es sind nur sechs Stunden, danach kannst du nach Hause gehen und ruhig für die anstehende Prüfung lernen.
Wie gerne würde ich einfach zu Hause bleiben. Aber das geht nicht, ich brauche das Geld.
Also schleppe ich mich ins Bad und nehme erst einmal eine erfrischende Dusche, die mir die Müdigkeit halbwegs aus den Knochen treibt. Danach ziehe ich meine Arbeitskleidung an, einen schwarzen knielangen Rock, eine weiße Bluse und ein orangenes Halstuch, meine Haare in einem Pferdeschwanz.
Da ich so früh nicht einen Bissen runterbekomme, lasse ich das Frühstück wie immer ausfallen, setze mir meine Brille auf die Nase und mache mich auf den Weg.
Ich suche mir einen Platz im hinteren Teil des Busses. Und schon wandern meine Gedanken zu dem gestrigen Teil, des Abends, den ich bis jetzt erfolgreich verdrängt habe.
Ritchie. Ritchie‘s Lippen, Ritchie‘s Lippen auf meinen.
Sofort läuft mir ein Schauer über den Rücken und mein Unterleib, zieht sich krampfartig zusammen.
Oh man Nevia, lass diesen Gedanken ruhen, bis du zu Hause bist, sonst wird dieser Tag die Hölle werden. Aber ich weiß, dass ich es nicht schaffen werde, nicht an ihn zu denken. Ob ich es jemals schaffen werde, ihn aus meinem Kopf zu bekommen?
Irgendwie glaube ich nicht daran, immerhin hat er mir meinen ersten Kuss gegeben.
Schwach seufze ich auf. Ich hätte es niemals zulassen dürfen. In mir herrscht das absolute Gefühlschaos, wegen diesem einen Mann, den ich wahrscheinlich nicht wiedersehen werde.
So ein Mist, aber auch.
Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als ich aussteigen muss.
Zielstrebig betrete ich das Café, welches noch komplett leer ist. Wir öffnen um acht, aber das eigentliche Geschäft beginnt erst ab neun. Geöffnet haben wir bis um zwei Uhr nachts. Ab zwanzig Uhr verwandelt sich dieses schmucke Café in eine Tanzbar mit DJ. Ich hasse diese Schicht. Zum Glück muss ich die nur selten machen.
Aus dem hinteren Teil des Cafés ruft jemand: „Nevia? Bist du das?“
„Ja!“, antworte ich.
Sofort kommt Lorenzo angestürmt, zieht mich in seine Arme und küsst mich dreimal auf die Wangen. Er ist hier einer der Barchefs. Ein Italiener, der ziemlich groß ist und wirklich unglaublich hübsch aussieht. Außerdem ist er ist schwul. Er achtet sehr auf sein Ausehen, im Gegensatz zu mir. Aber man weiß ja das Schwule es, so an sich haben immer gut auszusehen.
„Oh meine Liebe, zuerst die schlechte Nachricht. Pia hat sich krank gemeldet.“, sagt er.
Na ganz große Klasse. Am Wochenende machen wir das größte Geschäft und jetzt muss ich alleine kellnern, mit schmerzenden Füßen. Ich stöhne entnervt auf. „Und die Gute?“
„Na, die wirst du mir jetzt erzählen. Wie war es?“, fragt er aufgeregt.
„Ähm…naja, eigentlich war es gar nicht so furchtbar, wie ich gedacht habe.“
„Natüüüürlich nicht. Das war ja wohl zu erwarten. Aber komm zum wesentlichen, Schätzchen. Wie war die Show und vor allem wie sahen sie aus?“
Seufzend setze ich mich an einen der Tische und beginne, ihm alles bis ins kleinste Detail zu erzählen.
Logischerweise fange ich damit an, das es fast schon unerträglich laut war, aber diesen Kommentar quittiert er nur mit einem verdrehen seiner Augen.
Dann erzähle ich ihm genau, welche Klamotten sie getragen haben, es ist offensichtlich, dass er sich an ihrem Kleidungsstil orientiert. Als ich zu Ritchie komme, verzieht sich sein Gesicht zu einem träumerischen Grinsen.
„Hach, er muss wirklich toll ausgesehen haben.“
Ich nicke zustimmend. „Ja, das hat er wirklich.“
Lorenzo zieht überrascht, seine Augenbrauen hoch. „Solche Worte aus deinem Mund? Hmmm…was verheimlichst du mir?“, fragt er und beäugt mich aufmerksam.
Mir steigt sofort die Röte in die Wangen. „Naja, Brant hat Lexy auf die Bühne geholt und die hat mich natürlich mit raufgezogen.“, ich mache eine kurze Pause. „Jedenfalls haben wir getanzt, naja eigentlich hat er um mich herum getanzt und ich stand nur da wie versteinert. Aber es war irgendwie…“
„Geil, sexuell erregend und verflucht antörnend?“, Lorenzos Stimme hebt sich aufgeregt.
Ich schmunzele leicht und blicke auf meine Hände. „Naja ich würde es nicht unbedingt so nennen, aber es war wirklich sehr aufwühlend.“
„AHHHHHHHHH, es gibt wirklich einen Mann, auf dieser Welt, der es geschafft hat der enthaltsamen Nevia den Atem zu rauben. Das ist unglaublich.“, schreit er verzückt auf.
Ich verziehe, wegen seinem Geschrei mein Gesicht. Aber er lässt sich davon nicht irritieren. „Also, was ist noch passiert? Ihr hattet doch VIP-Karten richtig?“, fragt er weiter.
Wieder nicke ich. „Ja, aber ich bin nicht lange geblieben, immerhin musste ich ja heute früh raus.“
„Ist das dein Ernst?“, fragt er empört. „Da gibt endlich mal einen Mann der dich geil macht und du verziehst dich?“
„Ja!“, erwidere ich. Als er verzweifelt den Kopf schüttelt, rede ich weiter.
„Aber ich habe ihn mitgenommen.“
Lorenzo bekommt große Augen. „WAAAAAAAAAAAAAAAS? Hast du mit ihm…?“
Ich unterbreche ihn sofort erschrocken. „Nein, natürlich nicht.“
Er fordert mich auf ihm zu erklären, was genau passiert ist, also erzähle ich ihm, dass Ritchie mir anbot mich auf seiner Harley nach Hause zu fahren, damit ich nicht alleine fuhr.
„Ja und dann?“, fragt er vor Neugier fast am Platzen.
„Er…er hat mich geküsst.“, antworte ich und werde sofort wieder rot, als ich an den Kuss denke.
Lorenzo springt auf, packt mich an den Schultern und schüttelt mich. „Er hat dich geküsst? Oh du bist so ein verdammtes Glückskind. Ich freue mich so für dich.“, sagt er und zieht mich in seine Arme.
Doch ich befreie mich schnell von ihm und sage: „Hey, es war nur ein Kuss okay? Mehr nicht.“
„Mehr nicht? Hallo? Das war der ultimative Ritchiekuss.“, erwidert er entrüstet.
„Wie dem auch sei. Ich werde ihn nicht wiedersehen, also ist es besser es ganz schnell zu vergessen“, sage ich und drehe mich fort. Denn in meinen Augen sammeln sich gerade verräterische Tränen, die er auf keinen Fall sehen soll.
„Naja, ich mach mich dann mal an die Arbeit.“, sage ich und atme erleichtert aus, als die ersten Gäste das Café betreten.
Inzwischen ist Volker, der Koch, ebenfalls eingetroffen. Lorenzo steht hinter der Bar und bedient die Kunden am Tresen, ich bin ununterbrochen am hin und her Rennen um die Gäste an den Tischen zu bedienen. Denn inzwischen ist es wirklich ziemlich voll geworden und dieses Café ist sehr beliebt, da es ein super Frühstück, für einen Spottpreis anbietet.
Gerade als ich die Bestellung von einem Kunden aufnehme, wird mir auch schon von drei weiteren Tischen zu gewunken.
„Ein kleinen Augenblick Geduld bitte, ich komme gleich zu Ihnen.“, rufe ich rüber und konzentriere mich wieder auf die Bestellung des Kunden vor mir.
Schnell flitze ich zur Küche und hänge die neue Bestellung an die Pinnwand.
Dann laufe ich schnell zurück und bediene die nächsten Tische. Meine Füße bringen mich um, vor Schmerzen und langsam bekomme ich auch Hunger, aber eine Verschnaufpause gibt es nicht.
Ich nehme weitere Bestellungen auf und kassiere andere Kunden ab.
Wenn die kleine Klingel aus der Küche ertönt, laufe ich schnell hin um das Essen zu den Gästen zu bringen. Dabei trage ich immer mindestens vier Teller gleichzeitig.
Gegen elf Uhr, sind nur noch vereinzelte Gäste zum Brunchen im Café verteilt und ich finde endlich mal Zeit für eine kurze Pause und einen Happen zu essen.
„Wenn, was ist dann ruf mich, ich esse schnell was.“, sage ich Lorenzo und verschwinde in die Küche, wo mich schon ein frisches Brötchen, mit Käse, Salat und Gurke anlächelt. „Oh Volker, du bist wirklich ein Schatz. Ich danke dir.“
Er lächelt mich freundlich an. „Kein Problem, Nevia.“
Volker ist schon etwas älter, irgendwas mit Mitte Fünfzig. Mit seinen grauen Haaren und dem Vollbart, sieht er schon viel älter aus, als er ist. Er arbeitet schon ewig in diesem Café und seine Kochkünste sind, bisher unübertroffen. Er hätte schon längst ein eigenes Restaurant aufmachen können, aber er liebt dieses Café und ist ihm stets Loyal geblieben und die Kunden lieben ihn dafür.
Herzhaft beiße ich in mein Brötchen und lasse es mir auf der Zunge zergehen. Das schmeckt verdammt gut. Volker hat wieder seine geheime Gewürzmischung raufgeschmiert, welche ein absolutes Geschmackserlebnis in meinem Mund auslöst.
Genießerisch stöhne ich auf. „Mhm…Volker, das schmeckt wunderbar.“
Er zwinkert mir zu und sagt schmunzelnd: „Ich weiß.“
Ich lache über seine arrogante Aussage. Naja, wenn er so redet klingt das gar nicht wirklich arrogant, weil es tatsächlich nur der Wahrheit entspricht. Und doch ist es lustig und vor allem ungewohnt, so etwas aus seinem Mund zu hören, da er sonst immer sehr bescheiden ist.
Plötzlich höre ich Lorenzo laut auf keuchen und kurz darauf mit piepsiger Stimme meinen Namen rufen. „Neviiiiaaaaaa, Neviiiiiaaaaa, komm schnell. Ein Gast…“, stammelt er abgehackt.
Ich runzele die Stirn, beiße noch einmal ab und lege das Brötchen dann seufzend zur Seite.
Schnell eile ich zu Lorenzo und sehe in sein Gesicht, was ich noch nie so blass gesehen habe.
„Wow, ähm…vielleicht solltest du mal eine Pause machen. Trink mal einen Schluck Wasser und iss etwas. Du siehst nicht gut aus.“, flüstere ich ihm zu.
Aber er schüttelt nur den Kopf und zeigt unauffällig mit dem Zeigefinger in Richtung einer der Tische.
„Da.“, sagt er nur.
Meine Augen, folgen seinem Finger und als ich sehe, was Lorenzo so blass werden lassen hat, fällt mir die Kinnlade herunter.
Ist das wahr oder träume ich schon wieder? An einem Tisch, weit in der Ecke des Cafés sitzt mein Adonis höchstpersönlich. Sein Blick ist unentwegt auf mich gerichtet. Heute trägt er eine schwarze Jeans und Muskelshirt und wieder seine Kampfstiefel.
Er ist doch nicht etwa wegen mir hier, oder? Wollte er mich wiedersehen? Oder ist das nur reiner Zufall, dass er in dieses Café gekommen ist?
Das muss es sein, er konnte doch gar nicht wissen, dass ich hier arbeite.
Nervös trete ich von einen Fuß auf den anderen.
„Nun los, geh schon rüber oder willst du ihn ewig warten lassen?“, fordert Lorenzo mich entrüstet auf.
„Nein, aber ich…ähm…willst du ihn nicht lieber bedienen?“, frage ich unsicher.
„Hast du ein Rad ab? Es ist ja wohl offensichtlich, dass er wegen dir hier ist. Sieh doch wie er dich beobachtet.“, erwidert er aufgebracht.
„Blödsinn, er wusste doch gar nicht, dass ich hier arbeite.“, gebe ich kleinlaut zurück. „Außerdem, willst du ihn nicht kennenlernen?“
Er schnalzt genervt mit der Zunge. „Sicher will ich ihn kennenlernen. Und das werde ich auch, wenn du ihn mir nachher vorstellst. Also beweg jetzt deinen süßen Arsch darüber und nimm seine scheiß Bestellung auf.“, sagt er nun völlig aufgedreht. Er gibt mir einen Klaps auf den Po und schiebt mich dann in seine Richtung.
Mit einem rasenden Herz in der Brust gehe ich langsam auf ihn zu. Er lässt mich nicht aus den Augen. Vor seinem Tisch bleibe ich stehen und bekomme tatsächlich kein Wort heraus. Oh mein Gott, was soll ich nur sagen?
„Hey.“, unterbricht er das Schweigen zwischen uns.
„Hallo.“, hauche ich zurück und erinnere mich endlich wieder an meinen Text. „Ähm…was darf ich Ihnen bringen?“
Er schenkt mir ein verführerisches schmunzeln und antwortet: „Hmm…die Karte, wäre ein guter Anfang, schätze ich.“
„Oh äh…ja natürlich. Entschuldigen Sie bitte meine Unachtsamkeit.“, mit hochrotem Kopf hole ich eine Karte und reiche sie ihm. „Ich…suchen Sie sich erst einmal etwas aus. Ich bin sofort wieder bei Ihnen.“, sage ich und verziehe mich schnell Richtung Küche.
Ganz ruhig bleiben Nevia, tief ein- und ausatmen. Er ist auch nur ein Gast und du wirst ihn ganz normal bedienen, wie jeden anderen.
Aber wie soll ich das bitte hinkriegen, wenn ich die ganze Zeit nur seinen Kuss im Kopf habe und meine Augen nicht von diesen sinnlichen Lippen lösen kann? Wenn ich mich am liebsten sofort auf ihn stürzen würde, um ihn nochmal zu küssen?
Es ist zum wahnsinnig werden. Lorenzo wird später eine Ansage von mir bekommen. Wie konnte er mich bloß so dreist, ins kalte Wasser werfen.
„Hey Nevia, was ist los? Du siehst so aufgebracht aus.”, fragt Volker mich besorgt.
„Nein, schon okay. Es ist alles Bestens.“, erwidere ich schnell.
Stirnrunzelnd mustert er mich. „Nach Bestens sieht das aber nicht aus. Du wirst doch nicht etwa krank?“
„Nein Volker, ich…ich habe mich nur erschrocken.“, gebe ich zurück. „Ich sollte jetzt weiterarbeiten. Es wird schon wieder voller.“
Eilig verlasse ich die Küche und steuere wieder auf Ritchie zu, der noch immer die Karte studiert, aber nicht ohne Lorenzo noch einen bösen Blick zu zuwerfen.
„Und? Haben Sie sich bereits entschieden?“, frage ich dann, einigermaßen ruhig.
Er legt die Karte beiseite. „Also erst einmal hätte ich gerne einen einfachen Kaffee, bitte.“
Hastig schreibe ich seine Bestellung auf meinen Block. „Sonst noch was?“
„Hm…ich kann mich nicht so recht entscheiden zwischen den Pfannkuchen und dem Omelett. Was würdest du mir empfehlen?“, fragt er und mustert mich von Kopf bis Fuß.
Mein Puls beschleunigt sofort wieder und bekomme schwitzige Hände.
„Ähm…unser Koch ist wirklich unglaublich gut, also wird beides sehr gut schmecken. Aber ich schätze ich würde die Pfannkuchen nehmen.“ Allein schon deshalb, weil ich kein Ei esse.
Er reicht mir die Karte. „Dann nehme ich das.“
Ich nicke und verschwinde schleunigst Richtung Küche dort hänge ich die Bestellung hin und sage Lorenzo, er soll einen Kaffee machen.
Da sich das Café tatsächlich wieder gefüllt hat, hat sich meine kurze Pause nun erledigt. Und somit auch mein Frühstück. Leicht frustriert seufze ich auf und mache mich wieder an die Arbeit, bin mir dabei die ganze Zeit seines Blickes bewusst, der permanent auf mir ruht.
Aber davon darf ich mich jetzt nicht mehr ablenken lassen, denn es sind eine Menge Gäste da, die bedient werden wollen. Und das schnell.
Also bin ich mal wieder nur am hin- und herrennen und nehme die Bestellungen der neu eingetroffenen Kunden auf, die ich dann gleich an die Pinnwand hänge. Zwischendurch bringe ich Ritchie rasch seinen Kaffee, ohne mich weiter auf ihn zu konzentrieren. Ich habe jetzt wirklich keine Zeit mich von ihm aus dem Konzept bringen zu lassen.
Dann bringe ich einigen Gästen ihre Getränke oder kassiere sie ab, räume die Tische ab und richte sie neu her, bis das Klingeln aus der Küche ertönt. Natürlich sind es gleich wieder vier Teller auf einmal und Ritchies Pfannkuchen sind auch dabei. Also stapele ich drei der Teller auf der linken Hand, nehme den Pfannkuchen in die rechte und laufe dann auf Ritchies Tisch zu.
„Hier der Pfannkuchen. Guten Appetit.“, sage ich leise.
„Danke.“, erwidert er und ich gehe schnell weiter um die nächsten Teller aufzutischen, in der Hoffnung er würde jetzt erst einmal mit dem Essen beschäftigt sein. Dem ist natürlich nicht so. Er isst zwar, aber beobachtet mich trotzdem die ganze Zeit weiter.
Ich blende es einfach aus und konzentriere mich nur auf die Arbeit. Da die Gäste gerade keine weiteren Wünsche haben, beginne ich die letzten leeren Tische abzuräumen und neu einzudecken. Als auch das erledigt ist, habe ich eine winzig kleine Verschnaufpause. Also gehe ich zu Lorenzo an die Bar und helfe ihm etwas aus.
„Du hättest ihn mir ruhig abnehmen können.“, sage ich aufmüpfig.
Er fängt an zu lachen. „Oh Nevia, du bist so süß. Warum hätte ich das tun sollen? Das kellnern ist deine Aufgabe.“
„Na und? Wie oft habe ich dir schon hier an der Bar ausgeholfen, obwohl ich selber genug zu tun hatte?“, erwidere ich trotzig.
„Des Öfteren.“, gibt er zu. „Und dafür danke ich dir. Aber Ritchie ist wegen dir hier. Und ganz ehrlich Schwester, einem Mann wie ihm kann ich keinen Wunsch abschlagen.“
Ich verdrehe die Augen und spähe dann zu Ritchie rüber. Sofort brennt sich sein Blick in meinen und ich bekomme weiche Knie.
Oh mein Gott seine Augen stehen schon wieder in Flammen, wie gestern als er mich geküsst hat.
Wie können Augen nur so brennen? Noch nie habe ich solche Augen gesehen, so faszinierend und… wunderschön.
Plötzlich sehe ich zwei Finger die vor meinem Gesicht rumschnipsen. Augenblicklich bin ich wieder in der Realität. Hektisch sehe ich von Lorenzo, zu Ritchie und wieder zurück und natürlich werde ich rot wie eine Tomate. Oh man, was ist nur los mit mir, wenn er in meiner Nähe ist?
„Meine Güte Nevia. Dich hat es ja ganz schön erwischt.“, stellt Lorenzo fest.
„Blödsinn, das ist nicht wahr.“, erwidere ich und kaue unsicher auf meiner Unterlippe.
Lorenzo kneift mir in die Wange. „Hat deine Mama dir nicht beigebracht, dass man nicht lügt? Und jetzt geh die Gäste bedienen.“
Gehorsam tue ich was er sagt. Zum Glück sind die Gäste die jetzt noch da sind, erst einmal der letzte große Schwung, bis zum Abend. Und da bin ich schon längst weg.
Also gehe ich wieder meiner Aufgabe, mich um die Gäste zu kümmern nach und muss schließlich natürlich auch Ritchie weiter bedienen. Befangen gehe ich auf ihn zu. Glücklicherweise hat sich das Feuer in seinen Augen wieder zurückgezogen und lodert nur noch leicht um seine Pupille.
„Darf, ich den Teller mitnehmen?“
Wortlos reicht er ihn mir. „Wer ist das?“, er deutet auf Lorenzo.
Überrumpelt von der Frage rümpfe ich die Nase. „Das ist…ähm…Lorenzo. Der Barchef.“
Er mustert ihn eingehend. „Er scheint dich zu mögen.“
„Ja. Ich mag ihn auch. Er ist ein guter Freund von mir.“
Unwillkürlich ballt er die Hände zu Fäusten.
„Äh, darf es bei Ihnen noch etwas sein?“, frage ich schüchtern und beiße mir auf die Unterlippe.
„Kommt darauf an. Wann hast du Feierabend?“, fragt er zurück.
Oh mein Gott, er ist wirklich wegen mir hier. Oh mein Gott, oh mein Gott, was habe ich doch nur für ein Glück? In Gedanken schlage ich mir gegen die Stirn. Komm wieder runter Nevia. Du weißt nicht auf was er aus ist. Außerdem, woher weiß er das ich hier arbeite?
„Ähm…um vierzehn Uhr.“, antworte ich murmelnd.
Er sieht auf seine Armbanduhr. Ist das eine Rolex?
Lässig lehnt er sich zurück, legt seinen rechten Fußknöchel auf seinem Knie ab und erwidert lässig: „Dann nehme ich noch einen Kaffee.“
„Sie…ähm…Sie müssen nicht auf mich warten, weil…ich habe eigentlich gar keine Zeit, nachher.“, sage ich dann unbeholfen.
„Warum? Was hast du vor?“
Warum fragt er mich so aus? Ich denke nicht, dass es ihn was angeht, was ich nachher vorhabe.
Aber doof, wie ich bin antworte ich ihm trotzdem, auch wenn es mich ärgert. „Ich muss lernen.“
Er lacht. Ja, er lacht tatsächlich, sehr leise und sinnlich, so sinnlich, dass es mir die Sprache verschlägt
„Ich schätze, dann werde ich dich heute leider davon abhalten müssen.“
Wie bitte? „Ich denke, das werden Sie nicht schaffen. Sie können gerne auf mich warten, aber ich werde mich auf direktem Weg nach Hause begeben.“, erwidere ich nicht mehr ganz so kleinlaut.
Das Feuer seiner Augen breitet sich wieder etwas aus. „Das werden wir dann sehen, Prinzessin.“
Was bildet er sich denn eigentlich ein? Empört blicke ich ihn an.
„Ja, das werden wir sehen. Nein, das werden Sie sehen. Ich muss jetzt weiterarbeiten.“
Erhobenen Hauptes schreite ich davon. Ich weiß nicht woher ich gerade den Mut dazu genommen habe, aber ich bin stolz darauf das ich mich vor ihm behauptet habe. Denkt er, nur weil er mich einmal geküsst hat, kann er mir sagen was ich zu tun habe? Ganz bestimmt nicht.
Hätte er mich freundlich gefragt, wäre es was ganz anderes gewesen. Dann hätte ich es mir auf jeden Fall überlegt. Aber so, hat er sich die Chancen eindeutig verspielt.
Zumindest sagt das mein Kopf. Mein Herz spricht da eine ganz andere Sprache.
Mein Herz freut sich unglaublich darüber, dass er tatsächlich wegen mir gekommen ist. Dass er auf mich warten will um mit mir den Tag zu verbringen, ganz von zu schweigen. Und irgendwie würde mein Herz ihm liebend gerne gehorchen.
Aber das darf niemals passieren. Schon als Kind habe ich eine dicke Mauer um mein Herz erbaut und sie mit jedem Jahr, das ich Älter wurde um eine Reihe erhöht. Mein Kopf musste schon immer stärker sein als mein Herz. Sonst wäre ich im Leben niemals so weit gekommen. Sonst wäre ich noch immer das arme, kleine Bauernmädchen.
Aber wenn es um ihn geht, gerät diese Mauer etwas ins Wanken. Um ihn kämpft mein Herz wie ein Tiger in meiner Brust, um diese Mauer zum Einsturz zu bringen.
Und das muss ich unbedingt verhindern.
Um kurz vor zwei treffen endlich Patrick und Lisa ein um uns abzulösen. Natürlich haben sie sofort Ritchie gesehen und von Lorenzo erfahren, dass er wegen mir hier ist.
„Nevia, erzähl doch mal. Was will er denn von dir?“, fragt Lisa ziemlich neidisch. Lisa ist ein sehr komischer Mensch, ziemlich arrogant und sehr von sich selbst eingenommen. Und das sie mich nicht besonders mag, ist kein Geheimnis. Deswegen kann sie auch diesen sarkastischen Tonfall nicht vermeiden, den sie mir gegenüber immer an den Tag legt.
Ich seufze genervt. „Ich weiß es nicht Lisa, geh hin und frag ihn selbst. Ich haue jetzt ab.“
Sollte sie doch zu ihm gehen und sich ihm aufdrängen. Besser für mich so kann ich schnell, ungehindert verschwinden und mich in meiner Wohnung einschließen.
Ich sehe ihr hinterher wie sie mit einem gekonnten Hüftschwung auf Ritchie zumarschiert.
Er hat sie bemerkt und mustert sie jetzt unverhohlen von oben bis unten. Ein verführerisches Schmunzeln tritt auf seine Lippen, welches mir einen Stich versetzt. Ich will nicht, dass er sie so ansieht. Er soll nur mich so ansehen.
Was denke ich denn da, er gehört mir nicht und er kann jede Frau die er will so ansehen. Ich habe kein recht dazu, mich darüber zu ärgern.
Als Lisa ihn in ein Gespräch verwickelt, nutze ich meine Gelegenheit und flitze schnell raus. Puh, geschafft. Schnellen Schrittes gehe ich Richtung Bushaltestelle, als mich jemand am Oberarm packt und zurückzieht. Erschrocken keuche ich auf.
„Oh nein meine Liebe, so kommst du mir nicht davon.“, sagt Lorenzo spitzbübisch. „Du hast etwas Wichtiges vergessen.“ Er deutet auf Ritchie, der noch immer drin sitzt und sich mit Lisa unterhält.
„Man Lorenzo, er darf nicht merken, dass ich schon weg bin. Sonst lässt er mich nicht in Ruhe.“, sage ich flehend.
Er lacht. „Und das ist auch gut so, du brauchst endlich mal einen Schwanz und glaub mir seiner ist der Beste.“
Ich keuche ein weiteres Mal erschrocken auf und werde natürlich sofort rot. „Oh mein Gott, Lorenzo, ich bitte dich. Rede doch nicht so.“
„Oh mein Gott, Nevia, ich bitte dich. Lass es dir von ihm besorgen. Du hast es nötig.“, gibt er gelassen zurück. „Und jetzt, holst du ihn her und stellst ihn mir verflucht noch mal vor, damit das klar ist. Los, los.“
Unsicher sehe ich nochmal zu Ritchie der sich gerade erhoben hat, als Lisa wutstampfend davon geht. Sein Blick richtet sich plötzlich wieder auf mich und ein herausforderndes Lächeln, tritt auf seine Lippen. Dann verlässt er lässig, das Café und gesellt sich zu uns. Lorenzo hält die Luft an und presst die Lippen aufeinander, doch Ritchie würdigt ihn keines Blickes.
„Du wolltest dich wohl heimlich davonschleichen, Prinzessin.“
Empört rufe ich aus: „Das habe ich nicht nötig, ich wollte einfach nur schnell nach Hause.“
„Das bezweifele ich nicht, aber ich habe gesehen wie du rausgerannt bist, als deine Kollegin versucht hat, mich in ein Gespräch zu verwickeln.“, erwidert er ruhig.
Ach so ein Mist. Ich dachte er hat mich nicht bemerkt. Trotzig und etwas verlegen sehe ich zu Boden. Doch dann stößt Lorenzo, mir unsanft den Ellbogen in die Seite. „Aua.“, sage ich und schenke ihm einen bösen Blick. Dann stöhne ich frustriert auf.
„Ritchie, das ist Lorenzo. Lorenzo, das ist Ritchie.“
Lorenzo stürmt gleich auf ihn zu und nimmt seine Hand in seine eigene. „Oh, es freut mich so dich endlich persönlich kennenzulernen. Ich kann mein Glück kaum fassen.“
Perplex zieht Ritchie eine seiner wohlgeformten Brauen hoch.
„Ja, freut mich auch.“, dann entwendet er ihm seine Hand und fügt hinzu: „Du kannst dich dafür bei ihr bedanken.“
Und das tut er, sehr überschwänglich zieht er mich in seine Arme und drückt mir einen Kuss auf die Wange. „Danke, danke, danke Nevia. Ich liebe dich dafür so sehr.“
Ein sehr leises, aber nicht zu überhörendes Knurren, steigt aus Ritchies Brust auf.
Sofort löst sich Lorenzo von mir und wendet sich Ritchie mit offenem Mund zu.
„Oh, eh…ich glaube du verstehst da was falsch. Ich…“, er deutet auf sich selbst. „…stehe auf der anderen Seite des Ufers, wenn du verstehst was ich meine.“ Anzüglich zieht er die Augenbrauen mehrmals hoch. „Also, wenn du mal Interesse, an was anderem hast…ich stehe dir immer zur Verfügung.“
Nun runzelt Ritchie die Stirn. „Danke für das Angebot, aber ich denke ich bleibe bei dem anderen Geschlecht.“
„Schade. Aber wer weiß was die Zukunft bringt.“, antwortet Lorenzo mit einem träumerischen Lächeln.
Ob Ritchie sich bedrängt fühlt weiß ich nicht, er lässt sich nichts anmerken. „Okay, ähm…ich werde jetzt gehen, viel Spaß euch noch.“
Ich will mich gerade auf dem Absatz umdrehen, doch Ritchies Blick hält mich fest.
„Ich fahre dich nach Hause.“, sagt er und deutet auf sein Motorrad.
Unwillkürlich weite ich die Augen und schüttele den Kopf. „Oh nein, ich werde mich nicht noch einmal auf dieses Ding setzen, ganz sicher nicht.“
„Na gut, dann fahre ich eben mit dir, mit dem Bus.“ Er setzt sich in Bewegung. Mit ihm Bus fahren? Das wäre ja noch schlimmer, als dieses Motorrad, denn dort würde er mit Sicherheit, nicht nur einmal angesprochen werden. Und ich habe wirklich keinen Nerv, für aufdringliche Groupies. Ich seufze laut auf.
„Okay, ist ja gut. Dann fahren Sie mich halt.“
Er dreht sich wieder zu mir.
„Braves Mädchen.“, erwidert er.
Lorenzo fängt heftig an zu lachen und hält sich den Bauch. „Das ist nicht lustig. Ich werde hier gerade regelrecht bedrängt und du lachst mich aus, anstatt mir zur Seite zu stehen.“
„Oh Süße, du bist wirklich unglaublich. Ich werde dir bestimmt nicht helfen, wenn du von einem schönen Mann umgarnt wirst. Denn gerade du, kannst das sehr gut gebrauchen.“ An Ritchie gewandt sagt er noch: „Bring sie mir ja glücklich zurück.“
Er lacht wieder leise und sinnlich. „Das werde ich.“
„Das ist ja wohl eine Unverschämtheit.“, sage ich zu beiden und gehe ohne mich nochmal umzusehen auf das Motorrad zu.
Ritchie verabschiedet sich von Lorenzo und kommt dann ebenfalls her.
Er reicht mir seinen Helm und setzt selbst wieder keinen auf. Dann hilft er mir beim aufsteigen und steigt dann auch auf.
Er startet den Motor und sagt dann: „Halt dich fest.“
Ich schlinge meine Arme um seinen Oberkörper, versuche jedoch zu vermeiden ihm zu nah zu sein. Denn das würde mich wieder völlig aus dem Konzept bringen.
Er gibt Gas und lenkt dieses riesige Teil locker auf die Straße.
Aber anstatt zu wenden und Richtung meiner Wohnung zu fahren, fährt er in die entgegengesetzte Richtung.
„Sie fahren falsch.“, sage ich laut, nah an seinem Ohr.
Er lacht. „Ich weiß.“
„Sie sagten, Sie würden mich nach Hause bringen.“, erwidere ich empört.
„Das werde ich auch. Später.“
Ich kralle mich in sein Shirt. „Das können Sie nicht tun. Das grenzt ja schon fast an Entführung. Lassen Sie mich sofort absteigen.“
„Nein.“
Das ist unfassbar. Er hat mich einfach ausgetrickst. „Sie halten jetzt auf der Stelle an, sonst werde ich schreien.“
Er lacht noch lauter. Er hat wirklich ein wunderschönes Lachen. „Tu das, es wird nichts bringen.“
Und das tue ich dann auch. Ich schreie aus voller Kehle, so laut wie ich kann. Mein Geschrei übertönt tatsächlich das laute Röhren der Maschine, aber komischerweise reagiert keiner darauf. Ja die Leute ignorieren es gekonnt ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Das kann ja wohl nicht wahr sein. Haben die noch nie was von Zivilcourage gehört? Hier wird mitten vor ihren Augen jemand entführt und schreit auch noch um ihr Leben und keiner bekommt es mit?
„HALLO, ICH BRAUCHE HILFE. ICH WERDE HIER GERADE ENTFÜHRT, BITTE HILFT MIR DOCH JEMAND!“, schreie ich in der Hoffnung, dass wenigstens jemand darauf reagiert. Aber nichts tut sich. Die Menschen ignorieren mich weiterhin als hätten sie Scheu- und Ohrklappen auf.
„Ich sagte doch, dass es nichts bringt.“, sagt Ritchie und ich kann sein Grinsen förmlich in seiner Stimme hören.
„Was hast du gemacht? Hast du die ganze Menschheit manipuliert, nur um mich zu entführen?“, erwidere ich frech.
„Nein, aber wenn ich das hätte tun müssen, hätte ich es getan.“, sagt er und kann sich sein Lachen nicht mehr verkneifen.
Ich stöhne genervt auf. Was passiert hier gerade? Es ist das erste Mal, dass ein Mann mir aufzwingt Zeit mit ihm zu verbringen. Und dann ist es nicht nur irgendein Mann, sondern er. Ein Rockstar. Ein Mann der jede Frau haben kann. Warum ausgerechnet mich? Was könnte ein Mann wie er nur an mir finden? Ich verstehe das wirklich nicht.
Mich meinem Schicksal fügend schmolle ich einfach vor mich hin.
Als ich gestern Nacht zurück ins Appartement gefahren bin, wurde ich schon von zwei willigen Schlampen erwartet, die Brant persönlich ausgesucht hat. Er wusste ich würde wiederkommen.
Ich habe mich zu ihm und Barbie gesetzt und den beiden Schlampen links und rechts neben mir die Arme um die Schultern gelegt, während sie begannen mich zu streicheln und meinen Schwanz zu bearbeiten.
Ich hatte nicht vor lange dort zu bleiben, nur für einen Drink. Doch ich wurde länger aufgehalten, da Brant das Gespräch auf Nevia gelenkt hat.
„Sag mal Ritchie, was hältst du eigentlich von der Kleinen?“
„Welcher Kleinen?“, frage ich zurück.
„Du weißt welche Kleine.“
Ich schnaube verächtlich. „Worauf willst du hinaus Brant?“
„Naja du hast sie nach Hause gefahren und sie nicht gevögelt. Beides ist sehr ungewöhnlich.“
Ich antworte nicht, sehe ihn nur erwartend an. Er weiß genau, dass es jetzt besser wäre, dieses Thema ruhen zu lassen. Ich habe nicht vor ihm meine sogenannten Gefühle, auf einem Silbertablett zu servieren.
Und Brant ist klug genug nicht weiter darauf einzugehen. Das gilt jedoch nicht für Blondie.
„Weißt du, ich glaube Nevi steht auf dich.“
„Glaubst du, ja?“, frage ich gelangweilt.
Sie nickt. „Jap. Das komische daran ist, das Nevi normalerweise auf niemanden steht. Noch nicht einmal auf sich selbst.“
Nun hat sie mein Interesse geweckt. Ich ziehe die Stirn kraus, stütze meine Ellbogen auf den Knien ab und zünde mir eine Kippe an. „Wie soll ich das verstehen?“
„So wie ich es gesagt habe. Sie interessiert sich nicht für Männer, eine Zeit lang habe ich gedacht sie ist lesbisch, aber ich habe es getestet und sie ist es mit Sicherheit nicht. Wie ich schon sagte sie steht auf niemanden. Außer auf dich.“, hält sie mir eine predigt und grinst dann bis über beide Backen.
Sie steht nur auf mich. Diese Worte lassen ein fast überirdisches Glücksgefühl durch meinen Körper schießen und mein Schwanz, der nicht wirklich auf die Versuche der beiden Schlampen anspringt, steht sofort wie eine eins. Das bekommt Barbie natürlich mit.
Man kann geradezu hören wie sie nachdenkt, bis sie wieder ihr Strahlegrinsen aufsetzt und sagt: „Sie ist morgen arbeiten in der Karambar, ich glaube bis zum späten Mittag. Vielleicht solltest du mal vorbeischauen.“
„Du willst mir deine Freundin anvertrauen?“, frage ich kritisch.
Sie lehnt sich entspannt zurück und nippt an ihrem Drink. „Naja, erst war ich mir echt nicht sicher. Aber ich denke, dass du sie irgendwie magst.“
Ich ziehe die Augenbrauen kraus. Meine Fresse, nur weil ich sie nach Hause gebracht habe und sie nicht flachgelegt habe, soll ich sie mögen? Ich bin ein Einzelgänger, ein ewiger Single, schon mit vierzehn Jahren, habe ich den Traum auf eine Frau aufgegeben. Ich brauche und will keine Frau. Nur leider, sagen mein Verhalten und die Reaktionen meines Körpers ihr gegenüber etwas anderes.
Barbie stellt das Glas ab und beugt sich drohend nach vorne. „Aber ich warne dich. Solltest du ihr wehtun werde ich dich suchen. Und ich werde dich finden. Klar?“
Ich bin einfach wortlos aufgestanden, habe mir die Bitches geschnappt und sie in mein Zimmer gebracht. Und dann habe ich sie genommen, hart und lange. Sehr lange. Aber das nur deshalb, weil sie mich absolut nicht geil gemacht haben. Normalerweise ist es mir egal wen ich ficke, wenn sie einigermaßen gut aussehen. Ich habe immer nach dem Motto gelebt, Loch ist Loch. Und noch nie hatte ich ein Problem damit.
Gestern war es das erste Mal, dass ich verdammte scheiße, nicht abspritzen konnte. Erst als ich an sie gedacht habe, mir vorgestellt habe sie wäre es die unter mir liegt und sich stöhnend windet. Erst dann bin ich gekommen und wie ich gekommen bin. Das war ein Orgasmus der ersten Klasse und ich habe nur an sie gedacht. Wie wäre es, wenn sie es wirklich wäre?
Als, ich heute Morgen neben den beiden Schlampen aufgewacht bin war mir eines sofort klar. Fuck, ich muss sie wiedersehen.
Also habe ich mir schnell die Bitches von meinem Körper gewaschen, bin sofort los und habe die Vorbereitungen für diesen Tag getroffen.
Und jetzt sitzt sie hinter mir auf meinem Baby, wenn auch nicht ganz freiwillig. Aber was ich mit ihr vorhabe wird ihr gefallen, da bin ich mir sicher. Es muss ihr gefallen. Denn es ist das erste Mal das ich eine Frau in mein Heim lasse. Eigentlich ist es das erste Mal, dass ich irgendjemanden in mein Heim lasse.
In jeder Stadt in der die Band und ich länger verweilen, habe ich mir ein Haus gekauft. Wir sind schon seit knapp zwei Monaten in Deutschland und es sieht so aus als würde dieser Aufenthalt noch einige Monate in Anspruch nehmen. Ich benutze diese Häuser als Rückzugsort, wenn ich einfach mal Abstand von den Jungs brauche. Das kommt zwar nicht oft vor, aber immer Mal wieder. Sie wissen nichts von diesen Häusern, weil ich kein Bock habe, dass die da plötzlich auf der Matte stehen. Und das würden sie mit Sicherheit.
Unser Tourplan richtet sich ganz allein nach mir. Ich sage wo wir Konzerte geben und wie lange wir irgendwo bleiben. Und ich richte mich allein nach Satan. Dort wo er das Höllenportal öffnet, dort zieht es mich hin.
Er kann immer nur ein Portal auf der ganzen Erde öffnen. Die Größe und die Lebensdauer jedes Portals sind variabel. Es kann nur eine Woche offen bleiben, aber auch bis zu mehreren Monaten. Desto größer das Portal, desto größere und stärkere Missgeburten passen an einem Abend durch, die ich töten kann.
Dieses Portal hier ist gigantisch, das größte bisher. Und doch treffe ich nur auf Bastarde, die ich im Schlaf wegrotze. Ich sagte ja schon einmal, dass es mich misstrauisch macht. Irgendwas ist da im Gange, ich weiß nur noch nicht was. Aber darum werde ich mich heute Nacht kümmern.
Jetzt geht es erst einmal nur um mein Mäuschen. Sie sieht wirklich unglaublich heiß aus, in ihren Arbeitsklamotten. Leider verdeckt diese viel zu große Brille auf ihrer Nase, ihr hübsches Gesicht. Der schwarze Rock, betont ihren süßen, kleinen Knackarsch und lädt geradezu dazu ein, raufzuhauen. Ich war mehrmals kurz davor ihr einen Klaps zu geben, als sie im Café von mir wegging. Ich konnte mich noch zusammenreißen.
Aber als ich gesehen habe, wie Lorenzo es tut, wäre ich am liebsten sofort aufgesprungen und hätte sie in meine Arme gezogen, sie als mein markiert.
Dass er schwul ist spielt keine Rolle, kein anderer Mann soll ihre lieblichen Rundungen berühren. Zumindest erklärt das diese Blicke, die er mir immer wieder zu geworfen hat. Ich dachte schon er will mir bei Nevia Konkurrenz machen. Er wäre kläglich gescheitert.
„Meine Güte, wo fahren Sie denn mit mir hin?“, fragt Nevia nach einer gefühlten Ewigkeit. Ihre Stimme zu hören, ist wie Balsam. Sie ist so weich und extrem weiblich. Ich will diese Stimme stöhnen hören.
„Zu mir nach Hause.“
„Zu Ihnen…nach Hause?“, fragt sie dann und ich kann ihre Unsicherheit deutlich raushören.
„Keine Sorge, ich werde dich nicht anrühren.“, antworte ich schmunzelnd, mir jedoch selber nicht sicher, ob ich dieses Versprechen halten kann.
„Ich dachte Sie haben kein Auto.“, fragt Nevia spitz und beäugt meinen nagelneuen Ford Mustang.
„Hatte ich auch nicht. Der ist neu.“
Sie runzelt die Stirn. „Dann müssen Sie den ja heute erst gekauft haben.“
„Richtig.“ Ich habe das Auto eigentlich nur für sie gekauft, da sie nicht unbedingt ein Fan, von meinem Baby ist. Aber weil ich eigentlich kein leidenschaftlicher Autofahrer bin, wird sie nicht drum rum kommen, ab und zu, weiterhin hinter mir auf meiner Maschine zu sitzen.
So wie vorhin, ich fahre halt lieber Motorrad.
Nevia wendet den Blick von der protzigen Karre ab und nimmt das Haus in Augenschein. Ihre Augen weiten sich erstaunt, als sie den See hinter dem Haus wahrnimmt.
„Wow, das ist Ihr Haus?“, fragt sie begeistert.
Ich nicke. „Soll ich dich rumführen?“
„Oh ja, liebend gerne.“
Ich lege ihr eine Hand auf den Rücken und führe sie ins Haus. Zuerst zeige ich ihr das Erdgeschoss. Vom Flur aus, geht rechts eine große luxuriös ausgestattete Küche ab. Links ist ein kleines Bad und geradezu führt es in ein großes, helles Wohnzimmer, mit Terrasse.
In der ersten Etage, sind zwei große Schlafzimmer, bei dessen Anblick Nevia ganz verlegen wird. Ich kann mir vorstellen, was in ihrem hübschen Köpfchen, für Gedanken rumschwirren, denn ich habe genau dieselben, wenn ich mir die großen bequemen Betten ansehe. Doch ich reiße mich zusammen und zeige ihr noch das Büro und das große Bad.
Als letztes ist der Keller dran. Dort habe ich meinen eigenen Trainingsraum, mit einer Menge Geräten.
In der hintersten Ecke, ist noch eine unauffällige Tür. Man könnte denken, dass sich dahinter nur ein Abstellraum befindet. Dem ist natürlich nicht so.
Wenn man durch diese Tür geht, landet man in einer anderen Welt, einem anderen Reich. Mein Reich.
Hinter dieser unscheinbaren Tür versteckt sich mein heißgeliebtes Spielzimmer. Naja, es wurde noch nie benutzt, da ich schließlich noch keine Frau hierher gebracht habe, aber man weiß ja nie.
Glücklicherweise, geht Nevia nicht weiter auf diese Tür ein und ich führe sie zurück ins Wohnzimmer.
„Also, was haben sie jetzt mit mir vor?“, fragt sie mich dann.
Ich lächele sie an und nicke in Richtung des Sees. „Komm mit ich zeige es dir.“
Sie folgt mir nach draußen. „Das ist wirklich ein unglaublicher Anblick.“, murmelt sie, wahrscheinlich mehr zu sich selbst. Ich antworte ihr trotzdem. „Ja, deswegen habe ich das Haus auch genommen.“
Ich gehe ihr voraus auf eine Art Pavillon zu, dieser ist jedoch geschlossen. Dort drinnen beherberge ich meine Instrumente. Ein riesiges Keyboardset, insgesamt sind es acht Stück, in der Mitte zwei übereinander und darüber nochmal zwei die ein Dach bilden. Links davon sind drei Stück übereinander angeordnet und rechts nochmal ein Einzelnes. Jedes hat eine verschiedene Tonart. Dann natürlich noch ein Schlagzeug, eine Bassgitarre und natürlich meine Lady. Ansonsten steht hier noch ein kleiner Schreibtisch, mit einem Laptop und eine einsame Matratze liegt auf dem Boden. Wenn ich bis spät in die Nacht an Songs arbeite schlafe ich oftmals auch hier. Dieser nette Pavillon ist mein eigenes privates Studio, ich komme hierher um Musik zu machen. Hier denke ich mir Melodien aus und schreibe Texte. Hier lasse ich meinen Gefühlen, die ich sonst immer erfolgreich verstecke, einfach freien Lauf, denn zwischen meinen Instrumenten fühle ich mich zu Hause. Sie sind meine Familie, meine Zuflucht. Und das schon fast mein ganzes Leben.
Als ich zu Nevia sagte, ich bringe sie zu mir nach Hause, meinte ich nicht dieses Haus. Nein ich meinte diesen Pavillon mit meinen Instrumenten. Scheiß egal wo auf der Welt ich mich befinde, solange ich auch nur eines dieser Instrumente bei mir habe, bin ich zu Hause.
„Was ist da drin?“, fragt Nevia neugierig.
Langsam steige ich die zwei Stufen zum Pavillon hinauf und öffne die beiden Türen. Lächelnd sage ich: „Sieh es dir selbst an.“
Nevia wirft einen Blick ins Innere. „Oh.“
Sie betritt den Pavillon und sieht sich um. „Ist das Ihr Studio?“
„Es ist ein Studio, aber ich arbeite hier nur für die Band, nicht mit ihr.“
Ich würde die Jungs nur über meine Leiche an meine Instrumente lassen. Sie sind mein Heiligstes und sie wurden noch nie von fremden Händen berührt.
Inzwischen steht Nevia vor dem Schlagzeug und beäugt es eingehend.
„Können Sie auch alle Instrumente spielen?“
Ich nicke. „Natürlich. Ich schreibe hier die Musik für die Band und dafür muss ich jeden Part spielen können.“
Sie wirft mir einen kurzen Blick zu, indem ich eindeutig Bewunderung sehen kann. Dann geht sie weiter zur Bassgitarre und streicht liebevoll über ihre Rundungen.
„Wie schön sie sind.“, murmelt sie und sofort breitet sich Wärme um mein Herz aus. Die meisten Menschen hören nur auf die Musik, aber sie sehen nicht die Schönheiten, welche diese einzigartigen Klänge entfesseln.
Langsam geht sie nun auf meine Lady zu. „Das ist dieselbe, wie vom Konzert, oder?“
„Ja.“
„Warum weiß? Offensichtlich ist schwarz viel eher Ihre Farbe.“, stellt sie fest.
Ich schmunzele und sage: „Weil sie mein Schutzengel ist.“
„Sie?“
„Ja, sie ist meine Lady.“, erwidere ich.
Ein wunderschönes Lächeln stielt sich auf ihre Lippen. „Darf ich?“
Instinktiv will ich den Kopf schütteln, doch mich überfällt ein seltsames Gefühl, welches mich davon abhält. Sie darf sie berühren. Ja ich will sogar, dass sie meine Lady berührt.
Also nicke ich ihr zu und sie greift den Gitarrenhals meiner Lady ehrfurchtsvoll und hebt sie in ihre zierlichen Arme.
Fuck, es törnt mich unheimlich an, wie sie dasteht und über die Seiten zupft.
„Warum ist die so leise?“, fragt sie und ich muss unwillkürlich lächeln.
„Weil das eine E-Gitarre ist, sie muss erst an den Verstärker angeschlossen werden.“
Ich schalte den Verstärker an und gehe zu ihr rüber. Dann nehme ich ihr die Gitarre aus der Hand und schließe sie an und spiele schnell ein paar Töne an, bevor ich sie ihr wiedergebe.
„Hey, das war Beethovens neunte Sinfonie.“, erkennt sie und ich muss schon wieder lächeln. Wann habe ich das letzte Mal in so kurzer Zeit, so viel gelächelt?
„Kluges Mädchen.“, lobe ich sie und sie verdreht gespielt, genervt die Augen. Dann fängt sie wieder an die Seiten zu zupfen. Doch sie hört ganz schnell wieder auf und verzieht das Gesicht, als nur ein schrilles Fiepen zu hören ist. „Das hört sich ja furchtbar an. Ich glaube das überlasse ich lieber Ihnen.“
Sie stellt die Gitarre sehr langsam zurück in den Ständer und wirkt dabei sehr nachdenklich. Dann geht sie weiter zu den Keyboards.
„Das sind acht Stück. Warum brauchen Sie so viele?“
„Jedes der Keyboards hört sich anders an.“, antworte ich.
Sie runzelt die Stirn. „Kann ich es mal hören?“
Ich gehe zu den Keyboards, stelle mich in ihre Mitte und schalte sie ein. Dann drücke ich bei jedem Keyboard eine Taste, um ihr die Tonarten vorzuspielen.
„Oh, da ist ja sogar eine Orgel dabei.“, sagt sie begeistert. „Ähm…würden Sie mir etwas vorspielen?“
Ich sehe sie lächelnd an. Ja, lächeln in ihrer Gegenwart ist scheinbar mein neues Hobby.
„Klar, aber nur wenn du mir einen Gefallen tust.“
Sie sieht mich fragend an. „Der wäre?“
„Könntest du bitte endlich aufhören mich zu siezen? Das geht mir ganz schön auf die Eier.“, sage ich grinsend.
Ihre zarten Wangen färben sich leicht rosa und sie blickt zu Boden. „Äh…ja, okay.“
Sie ist so unglaublich süß, wenn sie so schüchtern ist. Am liebsten würde ich sie in meine Arme schließen und sie sanft und zärtlich küssen, sie streicheln, sie einfach berühren. Aber anstatt das zu tun, beginne ich auf dem Keyboard, mit den Orgelklängen zu spielen. Sofort sieht sie wieder auf. Ich spiele eine Melodie die stark an eine Kirche erinnert. Nevia öffnet ihre sinnlichen Lippen einen Spalt breit und beobachtet meine Hände, die beide über die Tasten wandern.
Ich beende die Kirchenmusik, sehe Nevia kurz an und unsere Blicke treffen sich. Ich sehe die unausgesprochene Frage in ihnen funkeln, ob es das schon gewesen ist. Ich schmunzele nur und drehe an den Reglern rum, bis eine Melodie ertönt, die sehr nach Volksmusik klingt.
Nevia sieht mich überrascht an. Ich lege meine rechte Hand auf das mittlere Keyboards vor mir und meine linke auf das mittlere Keyboard links neben mir. Auf beiden beginne ich dieselbe Melodie zu spielen. Nevia bekommt große Augen und fängt dann an zu lachen. „Wow. Das ist Mozart richtig?“
Ich nicke und spiele lächelnd weiter. Sie hat eine gute Musikkenntnis. Staunend beobachtet sie wie ich flink mit meinen Fingern über die Tasten wandere, zweifellos ist sie davon beeindruckt das ich auf zwei Keyboards gleichzeitig spiele.
Ich beende das Stück, aber entschließe mich, von ihrer Reaktion angespornt, mehr zu spielen.
Aber anstatt ein Lied zu spielen improvisiere ich einfach.
Ich drehe wieder an den Reglern und eine düstere Melodie erklingt. Dann lege ich meine Hände auf das Keyboard vor mir, rechts oben, beginne wieder zu spielen und zeige ihr mein ganzes Können.
Ihre Augen werden immer größer und ihr Mund öffnet sich noch etwas weiter. Sie ist erstaunt, bemerke ich stolz. Ich lasse meine Finger extrem schnell über die Tasten schnellen und entlocke diesem Keyboard eine Reihe von Tönen, die einen auch nur zum Staunen bringen können. Selbstbewusst löse ich meine Augen von den Tasten und beobachte sie, spiele blind weiter, über Kreuz. Sofort wird sie rot, als sie meinen durchdringenden Blick bemerkt.
Zum Ende drehe ich an den Reglern, hole einige Schrille Töne heraus und haue zum Schluss auf das obere Keyboard links neben mir, welches einen tiefen, sehr dumpfen Ton von sich gibt.
Nevia scheint sprachlos zu sein, denn sie sieht mich nur mit offenen Mund und großen Augen an.
„Wow…ich, äh…ich bin sprachlos.“, stammelt sie noch überflüssiger Weise.
Ich lache leise und komme hinter den Keyboards hervor. Und dann, ich kann ihr einfach nicht mehr wiederstehen, ziehe ich sie hemmungslos in meine Arme. Sie keucht auf und sieht mit, wie Kristall, funkelnden Augen zu mir auf.
Ich greife mit einer Hand ihr zartes Kinn und beuge mich langsam, ihr in die Augen sehend nach vorne.
Sie schließt voller Erwartung die Augen, flüstert dann aber, mit sehr leiser, brüchiger Stimme gegen meine Lippen: „Sie…ähm, du sagtest…du würdest mich nicht anrühren.“
Er hält in seiner Bewegung inne und seufzt leise auf. Dann lehnt er seine Stirn gegen meine und flüstert: „Ach fuck. Du hast Recht. Es tut mir leid.“
Langsam löst er sich von mir. Automatisch will ich mich an ihn klammern, ihn nicht gehen lassen. Doch ich unterdrücke diesen Drang und lasse es einfach geschehen.
Verlegen sehe ich zu Boden, warte darauf, dass er etwas sagt, aber er schweigt.
Ich wollte ihn eben sosehr küssen, wie er mich. Ja, ich habe diesen Kuss regelrecht erwartet, aber ich kann es einfach nicht zulassen. Nicht noch einmal. Diese fremden Gefühle, die er in mir hervorruft, machen mir Angst. Es geht alles so verdammt schnell, ich weiß gar nichts über diesen Mann.
Aber schon jetzt spüre ich einen starken Verlust wegen ihm. Nicht nur wenn er nicht da ist, sondern auch schon, wenn er mich einfach nur loslässt.
Das darf nicht sein. Wenn er nicht der wäre, der er ist, könnte ich es vielleicht anders sehen. Aber er ist ein Rockstar und Frauenschwarm zugleich. Er ist kein Mann, der einfach so eine Bindung eingehen kann. Irgendwann wird er gehen, mich einfach verlassen. Und ich würde mit großem Kummer und Herzschmerz zurückbleiben und meine schwache Seite würde die Führung übernehmen.
Nein, das wäre der größte Fehler meines Lebens und deswegen muss ich standhaft bleiben.
Beklemmend spiele ich mit meinen Fingern, diese Stille bringt mich gleich noch um den Verstand.
Doch dann merke ich wie sich mein Magen krampfhaft zusammenzieht.
Oh nein, bitte nicht. Ich schlinge die Arme um meinen Bauch, aber kann es leider nicht verhindern.
Mein Magen beginnt laut, und in dieser Stille klingt das mindestens so laut wie ein startender Düsenjet, zu knurren.
Ritchie fängt an zu lachen und natürlich steigt mir wieder eine ordentliche Portion Blut in die Wangen. Mann, das ist so peinlich.
„Sag doch was, wenn du Hunger hast“, sagt er.
Beschämt sehe ich zu ihm auf. „Äh…ich habe es…irgendwie vergessen.“
„Du bist unglaublich süß, weißt du das?“, fragt er und sieht mich mit seinen lodernden Augen verwegen an.
Süß? Oh mein Gott, was ist denn daran bitte süß? Außerdem will ich ganz bestimmt nicht süß sein. Vor allem nicht für ihn. Für ihn will ich mehr, als nur süß sein. Obwohl es mir wirklich egal sein sollte, ist es das nicht. Aber vielleicht ist es besser so, denn wenn er mich nur süß findet, wird er bestimmt bald aufgeben und mich in Ruhe lassen.
Dass mein Herz, bei diesem Gedanken, kurz aussetzt, versuche ich zu ignorieren.
„Ähm, eigentlich nicht.“, erwidere ich leise.
Daraufhin lacht er wieder und sagt dann: „Also ich bin ein schrecklicher Koch, aber ein paar Eier bekomme ich noch hin.“
Ich rümpfe die Nase und schüttele den Kopf. „Nein, lieber nicht. Ich esse keine Eier.“
„Wieso?“
„Ich bin Vegetarierin.“, antworte ich wahrheitsgemäß.
Er sieht mich mit einem schiefen Lächeln an. „Interessant.“
Was ist denn daran bitte interessant? So ungewöhnlich sind Vegetarier ja nun auch nicht. Also frage ich ihn stirnrunzelnd: „Warum?“
„Es ist interessant etwas über dich zu erfahren.“, erwidert er noch immer lächelnd und kommt dann auf mich zu.
Ich interessiere ihn. Ein warmes Gefühl breitet sich in mir aus, welches ich sofort versuche zu unterdrücken. „Naja ansonsten habe ich gar nicht so viel da. Soll ich etwas bestellen?“
Oh nein, bloß nicht. Ich koche viel lieber selber, immerhin habe ich das schon ab meinem siebten Lebensjahr gelernt. Und ich bin sehr geschickt darin, aus wenigen Zutaten, ein gutes Essen zu zubereiten, das sagt sogar Lexy. Und die ist ja sehr eigen. Wann sie wohl gestern nach Hause gegangen ist? Ich muss sie unbedingt nachher anrufen.
„Nein, das ist nicht nötig, ich denke es wird sich schon was finden.“
„Okay, wie du willst.“
Ich öffne den riesigen Kühlschrank und spähe hinein. Er hat wirklich nicht gelogen, er ist so gut wie leer. Eine Packung Eier, Milch, drei Tomaten und eine Zwiebel.
„Ich habe gesagt, dass nicht viel drin ist.“
„Das macht nichts.“, erwidere ich und beginne die Schränke durch zu kramen.
Ich lächele, als ich fündig werde. Eine Packung Spaghetti.
„Wo finde ich die Töpfe?“, frage ich Ritchie, der sich lässig gegen die Arbeitsfläche gelehnt hat.
„Äh…“, er hält inne und überlegt, runzelt dabei die Stirn. Dann zieht er die Augenbrauen hoch und sagt: „Ich habe keine Ahnung.“
Ich fange an zu lachen. „Wieso weißt du nicht wo in deiner eigenen Küche die Töpfe stehen?“
„Naja, wie gesagt, ich kann nicht kochen. Daher habe ich auch noch keine Töpfe gebraucht.“, erwidert er schmunzelnd.
Lachend suche ich alle Schränke in der Küche ab und das sind viele. Als ich sie gefunden habe nehme ich mir zwei Stück und setze Wasser auf. Dann suche ich mir ein Schneidebrett und ein Messer, nehme mir eine Tomate und die Zwiebel und schneide sie in kleine Würfel.
Ritchie beobachtet mich einfach nur schweigend. Und das macht mich langsam etwas nervös.
Ich sehe kurz zu ihm rüber und treffe auf seinen forschenden Blick.
„Du bist keine Deutsche. Woher kommst du ursprünglich?“
Seine Frage trifft mich unvorbereitet und ich hätte mir beinahe in den Finger geschnitten.
„Nein, ähm…ich bin Griechin.“
„Interessant.“, er verlagert sein Gewicht. „Warum bist du nach Deutschland gekommen?“
Ich wende ihm einen kurzen Blick zu, gebe Salz und die Spaghetti in das kochende Wasser und stampfe dann die anderen beiden Tomaten zu einem Brei.
„Um zu studieren.“, antworte ich dann.
„Was studierst du?“, fragt er prompt
Wird das jetzt ein Frage und Antwortspiel? „Medizin.“
„Oh, dann habe ich ja wirklich eine extrem kluge Frau vor mir. Respekt.“, sagt er anerkennend. „Und wie lange musst du noch?“
„Warum fragst du mich das alles?“, frage ich genervt.
Er kommt mir etwas näher. „Weil ich dich kennen lernen will Nevia.“, antwortet er mir völlig ernst, mit einer sehr rauen, männlichen Stimme, die mir einen Schauer über den Rücken jagt. Und die Art wie er meinen Namen ausspricht gleich noch einen.
Dann lehnt er sich wieder zurück. „Also wie lange musst du noch?“
Oh mein Gott, was passiert nur mit mir? Erst bin ich genervt von ihm, und dann hat er mich mit nur einem einzigen Satz wieder komplett in seinen Bann gezogen.
Ich kann in diesem Moment nicht anders, als ihn zu bewundern. Wow, er ist wirklich ein von Frauen geschaffener Traum. Wie er so dasteht gegen die Anrichte gelehnt, die muskulösen Arme vor der Brust verschränkt. Seine Züge wirken wie gemeißelt. Wie kann ein Mann nur so gut aussehen? Er ist geradezu schön und er wirkt mit dieser Schönheit, wie ein Gott.
Ich zwinge mich ihn nicht weiter anzugaffen, gebe die Tomaten und die Zwiebel in den zweiten Topf und gebe etwas Wasser hinzu. Noch ein bisschen Paprikagewürz, Basilikum und Knoblauch ran, Gewürze hat er komischerweise in Massen und dann lasse ich es köcheln.
„In vier Monaten habe ich mein Abschlussexamen.“
Er pfeift leise durch die Lippen. „Ich habe gehört das soll sehr schwer sein.“
Ich nicke. „Ja das ist es, deswegen wollte ich heute ja auch eigentlich lernen.“
Er schmunzelt. „Tja, das musst du dann wohl auf morgen verschieben.“
Ich schnaufe einfach nur und rühre die Soße um.
„Deine Familie lebt noch in Griechenland?“, fragt er dann.
„Ja.“, erwidere ich. „Du kannst schon mal den Tisch decken.“
Er stößt sich von der Anrichte ab und holt zwei Teller und Besteck heraus. „Mutig von dir, alleine nach Deutschland zu kommen.“
„Man muss mutig sein, um im Leben etwas zu erreichen.“, sage ich, gieße die Spaghetti ab und tue sie auf.
„Da hast du Recht.“
Er setzt sich an den Tisch und ich gebe noch die Soße auf die Spaghetti, bevor ich mich ihm gegenüber niederlasse. „Guten Appetit.“
„Danke, dir auch.“, erwidert er und haut rein. Ja er schlingt das Essen förmlich runter. „Wow, das schmeckt geil.“
Ich kann mir ein kichern nicht verkneifen, er sieht wirklich süß aus beim Essen. Und es freut mich tierisch, dass es ihm schmeckt.
Seine Aufmerksamkeit richtet sich auf mich. „Was ist so lustig, Prinzessin?“
Ich bemerke einen kleinen Klecks Tomatensoße in seinem Mundwinkel. Und anstelle einer Antwort, beuge ich mich instinktiv vor, lecke meinen Daumen ab und wische ihn weg.
Unmittelbar schnellt seine Zunge aus dem Mund und leckt über die Stelle. „Mhmm…das schmeckt besser.“, sagt er und die Glut in seinen Augen breitet sich aus, taxiert mich.
Mir wird extrem heiß unter seinem Blick und mir steigt die Röte in die Wangen.
Muss er mich denn immer so in Verlegenheit bringen? Ich senke den Blick und beginne zu essen. Sein Blick ruht immer noch auf mir. Unruhig rutsche ich auf dem Stuhl hin und her. Es ist ein komisches Gefühl, so beobachtet zu werden. Vor allem von ihm. Allein seine Gegenwart ist ja schon aufreibend, aber wenn er mich so begierig ansieht, wird mein Verlangen ihm ganz nah zu sein, immer größer.
Endlich widmet er sich wieder dem Essen und ich atme erleichtert auf. Langsam beruhigt sich mein rasendes Herz und nimmt wieder die normale Geschwindigkeit an.
Ich beschließe das er jetzt mit antworten an der Reihe ist und frage ihn, bevor er mir zuvor kommen kann: „Wo kommst du her?“
Er sieht kurz zu mir auf und verengt die Augen. Dann runzelt er die Stirn und wendet sich ohne eine Antwort zu geben, wieder dem Essen zu.
„Hey, was soll das?“, frage ich ungehalten.
Ohne mich anzusehen, erwidert er: „Was soll was?“
„Warum antwortest du mir nicht?“ Ich sehe ihn verärgert an.
Schon wieder überhört er einfach meine Frage. Das ist doch wohl nicht sein ernst. Mich fragt er aus und sagt er will mich kennenlernen, aber lässt mich ihn nicht kennenlernen? Verschließt sich vor so einer einfachen Frage?
In Gedanken haue ich mir gegen die Stirn. Was hast du erwartet Nevia? Das er vielleicht tatsächlich mehr wollen könnte, als nur Sex? Du bist wirklich ein dummes Huhn.
Für ihn bin ich wahrscheinlich nur eine weitere Herausforderung.
Aber warum hat er nicht dann schon gestern versucht mit mir zu schlafen? Er wird wahrscheinlich bemerkt haben, dass ich nicht so wie die anderen Mädchen bin. Dass ich nicht so schnell mit jemandem ins Bett hüpfe. Deswegen versucht er mir ganz vorsichtig näher zu kommen. Aber das wird nicht klappen, soweit werde ich es nicht kommen lassen.
„Pah…dann antworte halt nicht, interessiert mich eh nicht.“, sage ich patzig.
Augenblicklich sieht er mich aus verengten Augen an. „Warum ist das von Belang?“
„Ist es nicht.“, erwidere ich. „Ich sagte doch, dass es mich nicht interessiert.“
„Antworte mir.“, sagt er einschüchternd mit einer tödlich ruhigen Stimme. Doch nicht so einschüchternd das ich kleinbeigebe. „Warum sollte ich? Du tust es doch offensichtlich auch nicht.“
Er sagt nichts mehr, sieht mich nur aus verengten Augen an, ohne irgendeine Regung. Und genau das schüchtert mich nun doch genug ein, um meinen Mund zu halten.
Beklommen wende ich mich wieder dem Essen zu. Wenn er mich so beobachtet ist, es noch viel schlimmer. Das macht mich nicht nur nervös, sondern es macht mir Angst. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit, beginnt er zu reden.
„Willst du mich herausfordern, Nevia?“, fragt er drohend. „Das würde ich dir nicht empfehlen.“
Angst hin oder her. Was zu viel ist, ist zu viel. „Was bildest du dir eigentlich ein? Ich kann nichts dafür, dass du nicht Manns genug bist eine vernünftige Konversation zu führen.“
Er erhebt sich blitzschnell und ich keuche erschrocken auf. Weil ich mich unglaublich klein und verletzlich fühle stehe ich ebenfalls auf. „Was ist Ritchie? Willst du mir jetzt wehtun?“
Langsam geht er um den Tisch herum. Das Aufstehen hat absolut nichts gebracht, er überragt mich noch immer um Weiten. Jede seiner Bewegungen wirkt bedrohlich. Doch ich zwinge mich, nicht zurückzuweichen, ihn meine Angst nicht sehen zulassen, denn sonst hätte ich endgültig verloren. Obwohl ich auch so verloren hätte, denn entkommen kann ich ihm unmöglich. Aber ich werde mir meinen Stolz nicht nehmen lassen.
Er steht nun direkt vor mir, blickt mit brennenden Augen auf mich herab. „Nein Nevia, ich werde dir nicht wehtun. Aber ich werde das tun.“
Er greift mich um die Taille und zieht mich grob an sich. „Und ich werde das tun.“ Mit einem kurzen Ruck zieht er mir den Zopfgummi aus den Haaren, greift dann in die langen Wellen und zieht meinen Kopf zu Seite. Ein leises Wimmern, verlässt meine Lippen. Er senkt den Kopf und haucht mir geradezu ins Ohr: „Und das.“
Sein warmer Atem streift die empfindliche Stelle hinter meinem Ohr und kurz darauf liegen auch schon seine unendlich weichen Lippen darauf. Unwillkürlich erschauere ich und lege die Arme um seinen Hals. Meine Hände greifen in seine weichen Haare, sie fühlen sich an wie Seide.
Als ich seine glatte Zunge auf meiner Haut spüre entfährt mir ein seliges seufzen.
„Gefällt dir das?“, fragt er leise gegen meine Haut.
Ja, es gefällt mir, denke ich. Aber ich lasse es ihn nicht wissen.
„Nevia.“, sagt er gefährlich, sein Mund wieder direkt vor meinem Ohr. „Antworte mir.“
Er sagt das in einem Ton der so dominant und autoritär ist, dass ich es nicht wage zu wiedersprechen. Also nicke ich.
„Sag es, Nevia.“
„Ja.“, wispere ich.
Er lacht leise und senkt seine Lippen wieder auf meine Haut. Langsam bahnt er sich küssend und leckend einen Weg bis zu meiner Halsbeuge. Ich dränge mich enger an ihn, klammere mich fest, nicht in der Lage dem zu wiederstehen.
Sofort spüre ich wieder etwas Hartes, was gegen meinen Bauch drückt. Plötzlich hebt Ritchie mich hoch und setzt mich auf dem Tisch ab. Er drängt sich zwischen meine Beine und greift wieder in meine Haare, dabei sieht er mir tief in die Augen. Das Feuer in seinen Augen hypnotisiert mich. Er hebt seine Hände und nimmt mir die Brille von der Nase. Dann lehnt er langsam seine Stirn gegen meine und ich schließe meine Augen. Und dann küsst er mich. Feurig. Leidenschaftlich. Ungezügelt.
Dabei zieht er mich besitzergreifend an sich, sodass meine Mitte, gegen seine Härte gepresst wird.
Ein Blitz fährt durch meinen Körper und ich stöhne erregt auf. Doch ich komme auch augenblicklich zur Besinnung. Das darf nicht passieren. Ich lege meine Hände auf seine muskulöse Brust und versuche ihn von mir zu drücken. Dabei löse ich meine Lippen von seinen und flüstere leise und zittrig: „Bitte.“, nochmal drücke ich gegen seine Brust.
Sofort löst er sich von mir und ich versuche meinen verräterischen Körper zu beruhigen und meine chaotischen Gedanken zu ordnen. Dieser Mann bringt mich völlig um den Verstand und das schon nach nicht einmal vierundzwanzig Stunden. Solange er mich nicht berührt, kann ich mich noch gegen seine Anziehungskraft wehren. Aber wenn er mich berührt, verabschiedet sich jegliches menschliche Denken und ich nehme nur noch ihn wahr. Seinen Blick, seine Stimme, seinen Duft…seinen Körper.
Einerseits ist es wunderbar, geradezu berauschend. Aber andererseits ist es ungewohnt und angsteinflößend. Vor allem darf das alles einfach nicht passieren. Es würde mir das Herz brechen, wenn er mich verlässt. Und das würde er irgendwann. Ich muss Abstand halten, schon jetzt hat sich die Mauer um mein schutzloses Herz, drastisch verkleinert.
Mein Herz wünscht sich mit ihm zusammen zu sein. Doch mein Herz ist naiv und blind, es sieht nicht das Wesentliche. Ich muss auf meinen Kopf hören, denn der sagt was Sache ist. Und Tatsache ist das Ritchie es niemals, auf eine Bindung absehen wird.
Ich werde nicht noch einmal zulassen, dass er mir so nah kommt, mich so küsst. Ich werde nie wieder zulassen, dass mir irgendein Mann wehtun kann. Meine Augen füllen sich heimtückisch mit Tränen.
Reiß dich zusammen, Nevia. Heulen kannst du, wenn du zu Hause in deinem Bett liegst, wo es niemand mitbekommt.
Doch mein Emotionsanflug endet abrupt, denn Ritchie bricht das Schweigen.
„Ich komme aus Norwegen, aber ich habe fast mein ganzes Leben in Alaska gelebt.“
Schnell blinzele ich die Tränen weg und sehe zu ihm auf.
Er hat mir gerade tatsächlich geantwortet. Warum hat er sich um entschieden? Ein Funken Hoffnung durchzieht meinen Körper, den ich sofort im Keim ersticke. Bloß keine Hoffnungen machen.
„Warum Alaska?“, frage ich.
Er sieht mich durchdringend an. Ich halte seinem Blick stand. Lange warte ich, dass er antwortet. Doch er sagt wieder einfach gar nichts.
Tzzz…war ja klar. Ich beschließe es jetzt einfach zu ignorieren. Es ist sowieso besser, wenn ich so wenig wie möglich über ihn weiß.
Ich springe von der Tischplatte und fange an die Reste der Spaghetti einzutuppern und wasche das Geschirr ab. Bei mir wird grundsätzlich nichts weggeschmissen und deswegen ist Tupperware für mich, die beste Erfindung der Welt.
Als alles erledigt ist, drehe ich mich zu Ritchie.
„Ich würde jetzt wirklich gerne nach Hause gehen.“
„Nevia, ich…“
Ich unterbreche ihn. „Lass gut sein Ritchie, bring mich bitte einfach nur nach Hause.“
„Den Teufel werde ich tun.“, erwidert er lässig.
„Wie bitte? Du hast gesagt du fährst mich nach Hause.“
Ein Schmunzeln tritt auf seine sinnlichen Lippen. „Das werde ich auch, aber erst später.“
„Du zwingst mich hierzubleiben?“, frage ich aufgebracht.
Er schüttelt den Kopf. „Es steht dir frei zu gehen, Prinzessin.“
Das ist ja absolut die Höhe, vor ein paar Minuten war ich durch ihn noch ihm siebten Himmel und jetzt bringt er mich schon wieder voll auf die Palme.
„Ich weiß ja noch nicht mal, wo wir hier sind.“, bemerke ich zickig.
„Dann warte bis später und ich fahre dich.“, sagt er, die Ruhe selbst.
Empört schnalze ich mit der Zunge und gifte ihn an. „Das ist Erpressung.“
„Nein, du hast die freie Wahl.“
Ich stoße einen genervten Ausruf aus und reiße die Arme in die Luft.“ O Ii̱soús Christós , statheí sto plev̱ró mou“ (Jesus Christus, steh mir bei)
Ein leises sehr sexy Lachen ertönt aus seiner Richtung. Ich funkele ihn böse an. „Das ist nicht witzig.“
Er kommt auf mich zu, doch ich weiche automatisch zurück. Daraufhin bleibt er stehen und steckt die Hände in die Hosentaschen. „Also ich gehe jetzt wieder raus. Es steht dir frei mitzukommen.“
Damit dreht er sich um und marschiert los. Ich kann nicht anders als meinen Blick über seine hübsche Rückseite streifen zulassen. Sein Oberkörper bildet wirklich, das perfekte V, der in einen knackigen Po und lange muskulöse Beine übergeht. Er ist ein Prachtexemplar.
Schockiert über mich selbst, löse ich meinen Blick von ihm. Es hilft nicht gerade ihn fernzuhalten, wenn ich ihn heimlich anschmachte. Ich seufze ergeben, setze meine Brille wieder auf und gehe ihm hinterher nach draußen.
Ritchie schnappt sich den Laptop und seine Gitarre, setzt sich auf die Stufen vom Pavillon und lehnt sich entspannt gegen das Geländer. Er deutet mir mich ebenfalls zu setzen, was ich auch tue. Aber ich rutsche so weit von ihm weg, wie nur möglich.
Er schmunzelt und fährt den Laptop hoch.
„Wirst du dich jetzt wenigstens mit mir unterhalten?“, frage ich genervt von dem Schweigen.
„Sicher.“, erwidert er.
Na das werden wir sehen. „Gut. Warum hast du in Alaska gelebt?“
Er sieht mich aus verengten Augen an. „Du wirst niemals aufhören, oder?“
„Nö.“, sage ich kurz und knapp. „Wenn du mich schon hier festhältst, musst du damit Leben das ich dich so lange nerve bis du aufgibst oder mich freiwillig nach Hause fährst.“
Ich bin auf letzteres aus. Ein diabolisches Grinsen tritt auf sein Gesicht. „Du erinnerst dich doch noch an vorhin oder?“
Sofort werde ich rot und senke den Blick. Währenddessen macht Ritchie irgendein Lied auf dem Laptop an und es ertönt ein Schlagzeug. Ritchie lehnt sich wieder zurück und fängt an zu spielen. Ich beobachte wie seine Finger über die Seiten fliegen, es ist erstaunlich wie schnell er seine Finger bewegt. Die Töne die er der Gitarre entlockt faszinieren mich, obwohl es mich ärgert, dass er so einer Antwort ausweicht. Aus den Boxen die am Laptop angeschlossen sind, ertönt noch immer das Schlagzeug und ich kann ein Keyboard raushören, welches dieselben Töne wie Ritchie spielt.
Nach kurzer Zeit fängt das Keyboard an andere Töne zu spielen und Ritchie klimpert leise im Hintergrund rum. Dabei sieht er mich an und sagt: „Ich rede normalerweise nicht über mich.“
Ich ziehe nur die Augenbrauen hoch.
„Nie.“, betont er. „Aber ich werde es für dich tun. Ich bin bereit dir etwas über mich zu erzählen.“
„Du kennst meine Frage.“, erwidere ich knapp.
„Es hat mich einfach dorthin gezogen.“
Ich runzele die Stirn. „Du meinst deine Familie.“
Er schüttelt den Kopf. „Nein mich.“
„Wie soll ich das denn bitte verstehen? Bist du etwa als Kind ausgezogen?“
Er antwortet nicht, schmunzelt nur schelmisch und fängt wieder laut an zu spielen. Er will der Frage entgehen. Na dann soll er sich mal ausspielen, ich vergesse die Frage nicht.
Also beobachte ich ihn beim Spielen. Er ist wirklich unglaublich talentiert. Wie er dort sitzt, breitbeinig die Gitarre in seinem Schoß. Den Oberkörper lässig ans Geländer gelehnt, die Augen geschlossen. Einige verirrte Strähnen seiner lange schwarzen Haarpracht, hängen ihm in die Stirn. Noch nie habe ich jemanden so spielen gesehen oder gehört. Er ist ein Künstler, ja ein Genie. Jemand der ein Instrument so beherrscht, muss einfach für die Musik leben. Er spielt sie nicht einfach. Er fühlt die Musik mit jeder Faser seines Körpers. Und das beeindruckt mich sehr. Unwillkürlich muss ich lachen, denn sein Gitarrenspiel ist diesmal irgendwie ein ziemlich verrücktes durcheinander, was aber doch sehr gut zusammenpasst. Er lächelt mich mit feurigen Augen an.
Dann erklingt wieder das Keyboard und er spielt im Hintergrund. Ich nutze meine Chance. „Und?“
Er seufzt theatralisch. „Ich wurde mit fünf Jahren dorthin geschickt um zu lernen.“
„In ein Internat? Aber warum in Alaska?“, frage ich schockiert.
„Ich sollte nicht von meinen Aufgaben abgelenkt werden.“
Verwirrt runzele ich die Stirn. „Aber im Internat sind doch haufenweise andere Kinder, die einen ablenken können.“
„Es war eher eine Privatschule, als ein Internat.“, erwidert er.
„Oh. Wie konnten deine Eltern, dich in diesem Alter einfach fortschicken?“, frage ich betroffen.
Doch ich bekomme erst einmal keine Antwort. Die Instrumente die aus den Boxen zu hören sind, verstummen und Ritchie beginnt wieder zu spielen. Noch schneller als zuvor bewegen seine Finger sich über die Seiten. Es erklingen mit viel Kraft gespielte aggressive Töne, quer durcheinander. Und irgendwie erscheint es mir, als würden diese Töne seine Sprache sprechen. Seine Geschichte erzählen. Seinen Kummer, seinen Schmerz wiederspiegeln.
Ich beobachte sein Gesicht, während er spielt. Hoffe, dass sich auf irgendeine Art und Weise eine Emotion darin regt. Aber er hat nur die Augen geschlossen und die Lippen leicht geöffnet. Keine Mimik. Er verrät nichts über seinen Gefühlszustand.
Seine Finger wandern zum oberen Ende des Gitarrenhalses und beginnen die Tonleiter einzeln runter zu spielen. Nach jedem Ton wird er etwas langsamer, so dass kurze Pausen entstehen. Als er unten ankommt erklingt ein lauter Schriller Ton und er öffnet die Augen und sieht mich an.
Gerade als ich anfangen will zu sprechen, setzen Ritchie und die Instrumente aus den Boxen wieder laut ein. Sie spielen alle zusammen eine sehr harmonische Melodie, bemerke ich erstaunt.
Nach kurzer Zeit wird die Melodie immer leiser und Ritchie klimpert nur noch auf zwei Seiten rum.
„Mein Vater wollte es so.“, sagt er dann.
„Und was ist mit deiner Mutter?“, frage ich.
Ich glaube ich habe mit dieser Frage einen wunden Punkt getroffen, denn er senkt das erste Mal den Blick. „Meine Mutter tat das was er verlangt hat.“
Er beginnt die Seiten zu spielen, jedoch nur die am Gitarrenhals. Mit der rechten Hand hält er die kleine Antenne der Gitarre und bewegt sie, erzeugt damit wunderschöne sanfte Töne. Unwillkürlich lege ich mir die Hand auf die Stelle meines Herzens und beobachte ihn schwermütig. Auch er hatte ein schweres Leben, aber ich hatte wenigstens noch meine Familie. Er war mutterseelenalleine.
Er legt seine rechte Hand wieder auf die Seiten und spielt, etwas was sich sehr stark nach Jazz anhört.
Dabei sieht er mich wieder an mit einem Lächeln auf den Lippen und bemerkt meine Trübseligkeit.
„Hey, alles ist cool. Ich hab‘s verkraftet, Prinzessin.“
Er kann mir nichts vormachen, er versucht es gerade nur zu überspielen. „Mir geht das sehr nah. Das muss sehr schwer für dich gewesen sein.“, stochere ich.
„Klar war es hart, aber sieh an was es aus mir gemacht hat. Ich finde mein Leben fucking geil.“, erwidert er mit einem Grinsen. Dabei klimpert er wieder nur auf zwei Seiten rum, bis ein harter Schlag auf dem Schlagzeug ertönt und alles still wird.
Er fängt ganz leise an eine fröhlich klingende Melodie zu spielen und streicht nur ganz zart über die Seiten. Dann sieht er mich mit einem verschmitzten Ausdruck in den Augen an.
Es erklingen immer dieselben beiden Töne, wie ein Intro einer Zeichentrickserie und dann spielt er nochmal diese Melodie. Ich fange an zu lachen.
Doch er übertönt sofort mein Lachen als er nochmal richtig in die Seiten haut, laut und schnell.
Er macht zwischendurch immer kurze Pausen, woraufhin ich schon wieder lachen muss, denn er grinst mich dabei schelmisch an.
Dann spielt er wieder die Tonleiter runter, hört aber ungefähr in der Mitte des Gitarrenhalses auf und lässt diesen Ton in einem Echo immer leiser werden. Doch kurz darauf wird dieses Echo wieder lauter und schneller bis er wieder auf den Seiten klimpert.
„Wie war dein Leben in Griechenland?“, fragt er.
Ich rümpfe die Nase. „Ich war noch nicht fertig.“
„Ich habe dir erst einmal genug erzählt. Du bist jetzt der Mensch der mich am zweitbesten kennt.“, erwidert er schmunzelnd.
Ich ziehe die Augenbrauen hoch. „Wer kennt dich am besten?“
„Ich.“, sagt er trocken.
Schon wieder muss ich lachen. „Ist ja unglaublich, du willst mir sagen du hast tatsächlich mit sonst niemanden über dein Leben geredet?“
„Jup.“, antwortet er knapp. „Du bist dran. Antworte auf meine Frage.“
Ich seufze fügsam auf. „Meine Familie betreibt dort einen Bauernhof.“
„Ein Bauernmädchen.“, ruft er aus. „Jetzt weiß ich warum du so brav und unschuldig wirkst.“
Brav und unschuldig? Ich glaube nicht, dass ich mich bisher in seiner Gegenwart so benommen habe. Nein ich finde ich war ziemlich frech und sehr unartig. Außerdem will ich auch nicht wie ein kleines Mädchen vor ihm wirken. Deswegen reiße ich aufmüpfig das Kinn hoch.
Er lacht leise und sinnlich auf. Und als wenn er meine Gedanken gelesen hätte sagt er, mit einer sexy Stimme: „Versteh mich nicht falsch, Prinzessin. In meinen Augen bist du eine vollwertige Frau. Eine sehr schöne Frau.“
Mir steigt das Blut in die Wangen, ich senke den Blick und spiele verlegen mit meinen Fingern. Oh mein Gott, kann das wirklich wahr sein? Findet er mich wirklich schön? Wie kann ausgerechnet ein Mann wie er mich schön finden, er ist doch ganz andere Standards gewöhnt.
Er fängt an leise eine Melodie zu spielen die mir bekannt vorkommt, ich kann sie aber nicht identifizieren. Dabei spielt er immer lauter und es entfaltet sich wunderschön, als aus den Boxen die anderen Instrumente wieder mit einsetzen. Sofort muss ich lächeln und sehe ihn wieder an.
Er lächelt zurück und haut dann nochmal richtig in die Seiten super laut, ohne jeglichen Zusammenhang. Die Instrumente aus den Boxen machen mit.
Er fängt an zu lachen, wahrscheinlich über mein komisches Gesicht, das ich ziehe und es wird augenblicklich still.
Nun muss ich auch wieder lachen. „Ist das Lied jetzt vorbei?“
„Ja.“, erwidert er schmunzelnd.
„Hast du das extra eingeübt, oder was?“, frage ich neckend.
Er schüttelt den Kopf und wirft mir einen Blick zu, der von Arroganz gerade so trieft. „Ich übe nicht, ich kann es einfach. Aber dieses Lied habe ich selber geschrieben und aufgenommen.“
Erstaunt sehe ich ihn mit großen Augen an und deute auf den Laptop. „Achso, du hast alles selbst gemacht?“
„Ja, das Lied ist aus den Zeiten vor der Band. Deswegen habe ich es aufgenommen, um dazu zu spielen.“
Ich lächele. „Du kannst doch auch so spielen.“
„Sicher, aber so hört es sich besser an.“, erwidert er grinsend.
Ja, da hat er recht. Ritchie beugt sich schon wieder über den Laptop um ein neues Lied raus zu suchen.
„Vielleicht könntest du ja jetzt etwas Vernünftiges anmachen?“, frage ich auffordernd.
„Prinzessin, das war etwas Vernünftiges.“, sagt er überzeugt.
Ich beginne zu kichern und er taxiert mich mit einem teuflischen schmunzeln auf den Lippen.
„Naja, du musst zugeben, es ist schon etwas extravagant. Absolut genial ja, aber eben auch bizarr.“, sage ich noch immer kichernd. „Aber alle großen Künstler neigen ja zur Verrücktheit.“
Er zieht die Augenbrauen hoch, noch immer schmunzelnd. „Ich sehe das jetzt mal als Kompliment.“
Sollte er ruhig, es war ja auch so gemeint. „Ich würde jetzt gerne etwas Entspannendes hören.“
Er verharrt in seiner Suche und sieht mich an, mustert mich. Oh Gott, kann er mal aufhören mich immer so anzustarren? Mir wird ganz heiß unter seinem Blick und mein Herzschlag beschleunigt sich. Nach einer gefühlten Ewigkeit sagt er: „Ich habe eine Menge entspannende Lieder.“
„Oh super.“, freue ich mich.
„Aber ich spiele es nur, wenn du dich zurücklehnst, die Augen schließt und einfach nur zuhörst.“
Hmm…nagut ich denke das lässt sich machen. „Okay.“ Ich lehne mich an das Geländer und schließe die Augen. „Ich bin so weit.“
Er lacht verführerisch und ich öffne wieder die Augen.
„Augen zu.“, befiehlt er. Ich tue was er sagt und warte ab.
Aus den Boxen ertönt ganz leise ein Keyboard und Ritchie beginnt zu spielen. Wunderschöne sanfte Klänge lullen mich ein. Es war eine gute Idee die Augen zu schließen. So kann ich mich nur auf die Musik konzentrieren.
Doch plötzlich muss ich meine Augen überrascht öffnen, denn er spielt jetzt nur noch leise im Hintergrund und…er singt.
“One day, in the year of the fox
Came a time remembered well,
When the strong young man of the rising sun
Heard the tolling of the great black bell.
One day, in the year of the fox,
When the bell began to ring,
It meant the time had come for one to go
To the temple of the king.
There in the middle of the circle he stands,
Searching, seeking.
With just one way by the strong right hand,
The answer will be found.
Daylight waits while the old man sings,
Heaven help me!
And then like the rush of a thousand wings, he’s gone.
And the day has just begun.”
Mein ganzer Körper ist von Gänsehaut überzogen, denn Ritchies Stimme geht runter wie Öl. Er singt mit einem Gefühl und einer Hingabe, die mir schon jetzt die Augen feucht werden lassen. Seine Stimme ist sehr männlich und rau, und doch ist sie unglaublich weich und gefühlvoll. Er singt, als wäre es seine Geschichte, die er mir da erzählt.
Er macht eine kurze Pause und deutet mir lächelnd, mit zwei Fingern, ich soll wieder die Augen schließen. Ich tue es und lehne mich wieder zurück. Dann spielt er einige wohlklingende Töne, bevor er lauter spielt und weitere Instrumente aus den Boxen einsetzen.
„One day in the year of the fox
Came a time remembered well,
When the strong young man of the rising sun
Heard the tolling of the great black bell.
One day in the year of the fox,
When the bell began to sing
It meant the time had come for the one to go
To the temple of the king.
Far from the circle, at the edge of the world,
He's hoping, wondering.
Thinking back on the stories he's heard of
What he's going to see.
There, in the middle of a circle it lies.
Heaven help me!
Then all could see by the look in his eyes, he’s gone
To the temple of the king.”
Ich lasse mich von seiner wunderschönen Stimme in eine ganz andere Welt entführen, in seine Welt. Sie umhüllt mich wie Watte, so leicht und weich.
Er beginnt ein wirklich grandioses Solo zu spielen, in den Klängen den er der Gitarre entlockt steckt so unglaublich viel Gefühl drin und ich bemerke, wie mir die ersten Tränen langsam über die Wange rollen. Ich habe noch nie etwas so wundervolles und berührendes gehört. Mein ganzer Körper reagiert darauf und mein Geist fühlt jede Emotion die in seinem Gesang und in seinem Gitarrenspiel mitschwingt.
Ganz leise beginnt er zu den berauschenden Gitarrenklängen zu singen.
„Ahhhhhahhhhh!
Ahhhhhhahhhhh!“
Dabei lässt er das Lied unglaublich aufgehen, wie eine Blume. Dann singt er lauter.
„Ahhhhhahhhhhh!
Ahhhhhhahhhhhh!“
Dazu spielt er beeindruckende Töne und lässt das Solo leiser werden, bis es schließlich komplett still ist. Dann spielt er wieder einige sanfte Töne und beginnt wieder zu singen.
„One day in the year of the fox
Came a time remembered well,
When the strong young man of the rising sun
Heard the tolling of the great black bell.
One day in the year of the fox,
When the bell began to sing
It meant the time had come for the one to go
To the temple of the king.”
Einige letzte einsame Töne aus der Gitarre und es ist vorbei.
Vorsichtig öffne ich die Augen und blinzele Ritchie verträumt an. Er beobachtet mich lächelnd, mit einem Ausdruck in den Augen, den ich bei ihm noch nicht gesehen habe, den ich aber auch nicht deuten kann. Aber ich weiß, dass er gerade ebenso viele Emotionen verspürt, wie ich.
Er legt die Gitarre zur Seite, ohne mich aus den Augen zulassen. Dann rutscht er näher zu mir und wischt mir die Tränen von den Wangen, sanft und liebevoll. Ich beobachte ihn dabei mit offenen Mund und großen Augen. „Das war wunderschön.“, flüstere ich. „Ich hätte nicht gedacht, dass du auch noch so toll singst.“
Er lächelt mich schelmisch an und sagt dann: „Ich habe viele verborgene Talente.“
Mir ist seine zweideutige Anspielung, natürlich klar und werde sofort wieder rot. Aber ich schaffe es nicht den Blick abzuwenden, da er mich mit seinem gefangen hält, mal wieder. Er sieht mir tief in die Augen, seine Augen sind vom Feuer ausgefüllt.
Und dann beugt er sich ganz langsam zu mir, kommt meinem Gesicht mit seinem immer näher und mein Herz läuft einen Marathon in meiner Brust.
Ich weiß, dass ich es nicht zulassen darf, aber er verzaubert mich, ich kann einfach nicht den Willen aufbringen es zu verhindern. Und wenn ich ehrlich bin, will ich es auch gar nicht.
Also schließe ich voller Erwartung meine Augen.
Er legt einen Arm um meine Taille und zieht mich näher zu sich. Nicht wild und animalisch, wie vorhin in der Küche, sondern zärtlich und ehrfürchtig.
Ich seufze leise auf, fordere ihn damit auf mich endlich zu küssen.
Und dann liegen seine Lippen auch schon auf meinen. Weich, sanft und nachgiebig. Seine Hände streicheln sanft meinen Rücken und mir entfährt ein weiterer wohliger Seufzer.
Er nutzt die Gelegenheit und lässt seine Zunge in meinen Mund gleiten. Ich komme ihm mit meiner willig entgegen, woraufhin ein ekstatisches Grollen, seine Brust vibrieren lässt.
Mehrere Schauer gleichzeitig rieseln meinen Rücken hinab und ich dränge mich enger gegen ihn und lege meine Hände auf seine Brust.
Bewundernd streichele ich über seinen starken Oberkörper und wünsche mir insgeheim, dass der dünne Stoff seines Shirts, nicht zwischen meinen Fingern und seiner Haut wäre.
Ich lasse mich voll und ganz auf ihn ein, blende alles andere um mich herum aus, konzentriere mich nur noch auf das Gefühl seinen Körper an meinem zu spüren.
Doch plötzlich löst er sich abrupt von mir und starrt in die Dunkelheit, da es inzwischen dunkel geworden ist. Ich tue es ihm gleich und frage leise: „Was ist los?“
Er deutet mir mit einem Finger vor dem Mund still zu sein und schließt die Augen. Misstrauisch beobachte ich ihn dabei wie er seinen Kopf langsam in jede Richtung wendet. Bis er sie wieder öffnet, zu zwei brennenden Schlitzen.
Unglaublich schnell erhebt er sich. Noch einmal frage ich: „Was ist denn los?“
Er antwortet nicht, hebt mich einfach nur in seine Arme, wie eine Braut und rennt geradezu zum Haus. Ich strampele etwas mit den Füßen und versuche mich gegen ihn zu stemmen, damit er mich runterlässt, doch ich habe keine Chance gegen seinen eisernen Griff. „Was soll das, bist du verrückt geworden?“, frage ich aufgebracht, als plötzlich ein sehr lautes grauenerregendes Brüllen, die Stille des Abends durchzieht.
Ich erschrecke mich zutiefst und atme erleichtert aus, als Ritchie das Haus betritt. „Oh mein Gott was war das?“, frage ich mit vor Schreck geweiteten Augen.
Er antwortet mir noch immer nicht, rennt einfach die Treppen mit mir nach oben in eines der Schlafzimmer, mit Ausblick auf die Vorderseite des Grundstückes.
„Bleib hier drin, egal was passiert. Rühr dich nicht vom Fleck bis ich wieder da bin, verstanden?“, befiehlt er mit einer Stimme die keinen Wiederspruch duldet.
„Was hast du vor?“, frage ich ängstlich. Er will doch nicht etwa da raus gehen und sich diesem Tier, welches so ein Brüllen ausstößt stellen.
„Bleib hier!“, betont er noch einmal, macht auf dem Absatz kehrt und will das Zimmer verlassen. Doch ich greife seinen Arm und halte ihn auf. „Du kannst da nicht rausgehen. Dieses Tier klingt sehr gefährlich, es wird dich sicher töten.“, versuche ich ihn flehend zur Vernunft zu bringen.
Er dreht sich zu mir und zieht mich in seine Arme. „Mach dir keine Sorgen, mir wird nichts passieren.“
„Aber…“, er unterbricht mich mit einem stürmischen Kuss. Dann löst er sich von mir und sagt: „Ich verspreche es.“
Damit verlässt er das Zimmer und schließt die Tür hinter sich.
Fuck, Fuck, FUCK!
Wie konnte ich nur so unvorsichtig sein, ich hätte damit rechnen müssen, dass sie einen Überraschungsangriff starten. Es war sowieso viel zu ruhig. Verdammt ich hätte Nevia schon längst vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause bringen müssen und meine Pflichten erledigen.
Jetzt ist sie da oben im Zimmer, ängstlich, und ich muss mich um irgendeine verfickte Missgeburt kümmern, die der Meinung ist auch noch auf meinem Grundstück aufzutauchen.
Allein schon dafür wird diese Kreatur einen grausamen Tod erleiden. Aber das dieser Bastard es wagt mich anzugreifen, während ich Nevia bei mir habe, dafür werde ich ihn mit Freuden in kleine Stücke zerhacken.
Wutstampfend verlasse ich das Haus. Kurz schließe ich die Augen um das scheiß Vieh zu orten, doch das ist nicht nötig. Durch ein ohrenbetäubendes Jaulen verrät es mir seinen Standort.
„FUCK!“, rufe ich aus und renne los.
Das Drecksvieh ist auf der Vorderseite des Hauses, das bedeutet, dass Nevia gerade wahrscheinlich einen Herzinfarkt erleidet, wenn sie aus dem Fenster geguckt hat.
Ich biege um die Ecke und sehe es. Es steht direkt unter dem Fenster, des Zimmers in dem Nevia ist und blickt ungeduldig nach oben. Ich runzele die Stirn, als ich erkenne was das für ein Dämon ist.
Es ist ein Diwo, ein Dämon in Gestalt eines Hundes, ungefähr so groß wie eine Dogge. Ihr Fell und ihre Augen sind blutrot. Sie streifen grundsätzlich im Rudel durch die Gegend. Das bedeutet, dass hier irgendwo, noch mehr von diesen Viechern rumstreunen.
Die werden schon rauskommen, wenn sie bemerken, dass einer von ihnen in Schwierigkeiten steckt. Doch was mich stutzig macht ist, dieses Gebrüll, welches wir vorhin gehört haben. Kann es wirklich sein das dieses scheiß Vieh es ausgestoßen hat?
„Hey Töle.“, rufe ich dem Vieh zu.
Es wendet sich mir sofort zu und schenkt mir ein gefährliches Knurren, macht jedoch keine Anstalten mich anzugreifen. „Komm her und hol mich, Drecksvieh.“, sage ich und versuche es um die Ecke zu locken. Doch es wendet sich wieder von mir ab und bellt bedrohlich zum Fenster hoch.
Hat diese Missgeburt, es etwa auf Nevia abgesehen?
Ich verenge die Augen und spüre wie mein Puls sich beschleunigt. Ungezügelte Wut breitet sich in mir aus, fließt durch meine Adern. „Du wagst es tatsächlich mein Mädchen zu bedrohen?“, frage ich vernichtend. „Dafür wirst du einen grausamen Tod erleiden, Töle.“
Ich renne auf das Vieh zu und trete ihm mit voller Wucht gegen seine hässliche Schnauze. Es stößt ein schmerzerfülltes Jaulen aus und versucht sich dann auf mich zu stürzen. Ich weiche ihm geschickt aus, packe ihn am Schwanz und schleudere ihn brutal gegen die Hauswand.
Der Diwo bleibt kurz liegen und leckt sich die Wunden. Dann fixiert es mich mit einem tödlichen Blick und stößt ein Jaulen aus, sodass mir die Ohren klingen.
Ich beiße die Zähne aufeinander und will gerade wieder auf das Vieh zustürmen, um ihm das Maul zu stopfen, als ich einen panischen Schrei höre.
„RITCHIE, PASS AUF, HINTER DIR!“
Blitzschnell drehe ich mich um und entdecke vier weitere Höllenhunde die auf mich zu rennen.
Dem ersten verpasse ich einen harten Schlag mit dem Ellbogen, sodass er in weitem Bogen wegfliegt. Den zweiten und dem dritten weiche ich gekonnt aus, werde aber von dem vierten erwischt. Er beißt sich in meinem Unterarm fest. Ich packe ihn an der Gurgel und drücke zu, sodass er nach kurzer Zeit keine Luft mehr bekommt und seine Zähne freiwillig aus meinem Arm löst. Mit voller Wucht schleudere ich ihn ebenfalls an die Hauswand.
Kurz inspiziere ich die Wunde, aus der eine Menge Blut sickert. Doch es ist nicht so schlimm und ich kann mich auch nicht weiter damit befassen, denn Hund zwei und drei versuchen mich schon wieder zu attackieren. Bevor sie mich erreichen mache ich einen Salto über die beiden rüber, sodass ich hinter ihnen zum Stehen komme. Dann packe ich die beiden Tölen an den Ohren und schlage ihre Köpfe aneinander, sodass sie große Platzwunden davontragen. Beide Jaulen schmerzerfüllt auf, ehe ich sie wegtrete und mich den anderen drei Hunden widme die inzwischen wieder aufgestanden sind.
Sie halten Abstand, versuchen meinen Schwachpunkt zu analysieren. Da können sie lange suchen, ich habe keinen Schwachpunkt. Also bleibe ich lässig stehen und beobachte die fünf Hunde schmunzelnd, die begonnen haben mich langsam zu umkreisen.
„OH MEIN GOTT, RITCHIE, BIST DU VERRÜCKT GEWORDEN? DU MUSST DA WEG.“, ruft Nevia flehentlich.
„NEVIA, SCHLIESS DAS FENSTER UND SIEH VERDAMMT NOCH MAL NICHT ZU.“, rufe ich sie zur Ordnung. Doch sie macht keine Anstalten auf mich zu hören. Bang steht sie da oben, beobachtet das Spektakel, welches nicht für ihre unschuldigen Augen bestimmt ist.
Ich werde wütend, richtig wütend, auf diese scheiß Missgeburten. Wie können sie es wagen mich anzugreifen, während meine süße Prinzessin bei mir ist? Wie können sie es wagen, sie holen zu wollen, ihre reine Seele zu beflecken?
Ein tödliches Knurren vibriert in meiner Brust. „Kommt ihr Bastarde, holt euch was ihr verdient.“
Die fünf fletschen die Zähne und stürmen alle gleichzeitig auf mich zu. Schnell ziehe ich eines meiner Schwerter und hacke dem ersten Hund mit einem gezielten Schlag den Kopf ab. Sein Leib fällt zuckend zu Boden. Den zweiten wehre ich mit einem Tritt in die Seite ab und stürze mich sofort auf den dritten, den ich grausam in zwei Hälften teile.
Leider bin ich nicht schnell genug um dem vierten Hund auszuweichen. Er springt mir in den Rücken und beißt sich in meine Schulter. Ich gehe in die Knie, was der fünfte Hund sofort ausnutzt und versucht mich von vorne anzugreifen. Doch ich hebe schnell mein Schwert, sodass das scheiß Vieh direkt hineinrennt. Es schneidet in seinen Hals ein und kommt in seinem Nacken wieder heraus.
Ich lasse mich auf den Rücken fallen, sodass ich mit meinem vollen Gewicht auf dem klammernden Hund auf meinem Rücken liege. Er jault auf und lässt von mir ab.
Ruckartig stehe ich wieder auf, drehe mich um, gerade schnell genug, denn der Hund den ich nur weggetreten habe, springt auf mich zu. Ich ducke mich, sodass er mich verfehlt, drehe mich um und schlitze ihm brutal den Bauch auf.
Als ich mich dem letzten Hund zuwende, der sich gerade noch immer jaulend aufrichtet, breitet sich ein breites Grinsen auf meinem Gesicht aus. Denn dieser Hund ist der, der mein Mäuschen bedroht hat. Ich werde ihn leiden lassen. Ich gehe auf ihn zu und packe ihn von hinten, blitzschnell an der Kehle, lege ihm das Schwert an den Hals. „Weißt du, ich kann es überhaupt nicht leiden, wenn man mein Mädchen bedroht.“ Mit diesen Worten füge ich ihm einen leichten Schnitt zu, aus dem sofort das Blut sickert. „Ich werde dir jetzt einzeln alle Beine abhacken, dann deinen Schwanz. Dann werde ich dir deine verfluchten Augen ausstechen und dich dabei beobachten, wie du dich vor Schmerzen windest.“ Die Töle jammert leise auf und beginnt am ganzen Körper zu zittern.
Ein leises sadistisches Lachen verlässt meine Lippen. „Vielleicht bin ich gnädig mit dir und töte dich dann. Aber ich denke ich werde dich ausbluten lassen, damit du einen langen qualvollen Tod hast.“
Ich packe eines seiner Vorderbeine und will gerade zuhacken, als ein weiteres markerschütterndes Brüllen, die Luft durchschneidet.
Ich habe gewusst, dass dieses Geräusch unmöglich von dieser Töle stammen kann. „Glück gehabt.“, flüstere ich dem Vieh zu und schlitze ihm nun endgültig die Kehle auf.
„Geht dahin zurück, wo ihr hergekommen seid.“
Augenblicklich explodieren die fünf toten Körper der Diwos in kleine Fünkchen und zerstreuen sich in der Gegend, bis sie ganz verschwinden.
Ein weiteres höllisches Brüllen erklingt und es klingt nun schon sehr viel näher. Kurz sehe ich zu Nevia hoch, die mich mit der Hand vor dem Mund angstbebend und verschreckt ansieht.
„SCHLIESS ENDLICH DAS SCHEISS FENSTER!“, rufe ich ihr zu, bevor ich meinen Blick auf die Baumreihe, in der Richtung aus der das Brüllen kam, richte und abwarte.
Die Erde beginnt zu vibrieren bei jedem Schritt, welches das Monster macht. Was kommt da?
„RITCHIE BITTE KOMM REIN. BITTE!“
Ich wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als das Vieh durch die Bäume bricht und ein mächtiges Brüllen ausstößt. Nevia schreit panisch auf. „OH MEIN GOTT!“
Ich schmunzele zufrieden. Also hat Satan meinen Rat beherzigt und mir tatsächlich eine Herausforderung geschickt. Ein sehr ungünstiger Zeitpunkt, aber trotzdem spüre ich wie ein aufregendes Kribbeln durch meine Blutbahnen rast.
Ein Minotaurus. Er ist mindestens zwei Meter fünfzig groß und fixiert mich mit seinen starren blutroten Augen. Langsam setzt er sich in Bewegung, kommt mir Schritt für Schritt näher.
„Händige mir das Mädchen aus und ich verschone dich.“, sagt er mit einer tiefen angsteinflößenden Stimme, die nur an mir abperlt, seine Forderung jedoch nicht.
Er will mein Mädchen? Mein Mäuschen, meine Prinzessin? Ich werde ihm zeigen was es heißt, sich mit mir anzulegen.
„Verzieh dich wieder und ich verschone dich.“, antworte ich ihm entspannt.
Ein Knurren steigt aus seiner Kehle auf. „Was will ein so kleines Menschlein, gegen mich ausrichten?“, fragt er drohend.
„Unterschätz mich nicht, Bastard.“, zische ich zurück.
Er stößt ein Schnaufen aus, bevor er wütend ruft: „Ich werde dich zerquetschen.“
Er kommt weiter auf mich zu, sich seiner Sache sehr sicher. Ich stoße ein verächtliches lachen aus und setze mich ebenfalls in Bewegung. Ich renne auf ihn zu, während er stehen bleibt und mich verdutzt beobachtet. „Du hast einen Todeswunsch, den ich dir liebend gerne erfülle.“, sagt er dann.
Ich verlangsame mein Tempo nicht, achte nicht auf seinen dummen Kommentar. Nevia schreit mir irgendetwas hinterher, sie klingt unglaublich aufgebracht, aber darum kann ich mich jetzt beim besten Willen nicht kümmern. Ich bin voll und ganz auf diesen Kampf konzentriert.
Als ich bei der Missgeburt angekommen bin, versucht er mich mit seinen Händen zu fassen zu bekommen, doch ich weiche geschickt jedem seiner Hiebe aus, lasse mich im Lauf auf die Knie fallen und schlittere zwischen seinen Beinen hindurch. Schnell richte ich mich wieder auf und schlage ihm mein Schwert in die Seite, verpasse ihm eine stark blutende Wunde.
Heftig brüllend dreht das Vieh sich zu mir um und versucht mich zu packen, doch ich weiche blitzschnell mehrere Meter vor ihm zurück.
„Ich sagte doch, unterschätz mich nicht.“
„Das wirst du bereuen.“, erwidert er und rennt diesmal wutschnaubend auf mich zu.
Ich analysiere seine Bewegung, versuche zu erahnen wie er mich angreifen wird. Als er den rechten Arm hebt, springe ich zur Seite, bevor seine riesige Faust, mich erwischen kann.
Doch er ist nicht dumm. Er holt mit dem linken Arm aus und gibt mir kräftig eine mit, sodass ich mehrere Meter zur Seite fliege.
Mit einem starken Rumps lande ich auf dem Bauch und mir bleibt erst einmal die Luft weg. Aber ich habe keine Zeit für eine Verschnaufpause, deshalb richte ich mich wieder auf.
Ich spüre etwas Feuchtes meinen Mundwinkel hinab laufen und wische instinktiv mit dem Handrücken darüber.
Kurz sehe ich mir an, was genau das war und entdecke eine rote Blutspur auf meinem Handrücken.
Mit der Zunge lecke ich mir über eine kleine Wunde auf meiner Lippe, die er mir zugefügt hat und lache laut auf.
„War das schon alles?“, frage ich sarkastisch und ziehe mein zweites Schwert.
Ich stelle mich in Kampfposition, jederzeit bereit einem Angriff auszuweichen. „Heute ist der glorreiche Tag an dem ein kleiner Mensch“, ich grinse ihn sarkastisch an, „dich zurück in Satans Schoß schickt.“
„Ich werde dir den Kopf abbeißen.“, erwidert er aggressiv und ist schon wieder auf dem Weg zu mir.
Selbstsicher ziehe ich eine Augenbraue hoch. Dann drehe ich mich um und laufe weg, als er mir schon ziemlich nah ist.
„Lauf nur, es wird dir nichts bringen.“, ruft er mir hinterher und beschleunigt seine Schritte.
Er ist nun sehr dicht hinter mir und ich halte schnurstracks auf einen der Bäume zu.
Mit dem höchsten Tempo, welches mein Körper aufbringen kann, renne ich auf den Stamm zu und laufe an ihm hoch. Als ich hoch genug bin, sodass ich den Bastard überrage, stoße ich mich mit einem Rückwärtssalto ab und lande direkt auf den Schultern dieser gehörnten Missgeburt.
Er hat damit nicht im Geringsten gerechnet und schlägt wild um sich, in der Hoffnung mich von seinen Schultern zu schlagen. Doch ich weiche seinen unkontrollierten Schlägen geschickt aus oder pariere sie mit meinen Schwertern, wobei ich ihm mehrere Wunden in seinen Händen zufüge.
Gerade als ich zum tödlichen Hieb ausholen will, seinen Kopf abzuschlagen, hat er es geschafft mein Bein zupacken und schleudert mich unbarmherzig gegen die Hauswand.
Benommen sinke ich zu Boden. Fuck, das tut verdammte scheiße weh. Ich spüre etwas Feuchtes meinen Nacken hinab laufen. Verflucht jetzt habe ich auch noch eine Platzwune am Hinterkopf, dafür werde ich ihn schlachten.
Grimmig versuche ich ihn mit meinem Blick zu fixieren, doch meine Sicht verschwimmt immer wieder.
Also richte ich mich erst einmal schwankend auf und greife meine Schwerter fester. Ich versuche mich selbst zu beruhigen, indem ich immer wieder langsam ein- und ausatme. Es wirkt, mein Körper schaltet wieder in Kampfmodus und ich bemerke, dass das scheiß Vieh schon verdammt nah ist.
Schnell blicke ich von links nach rechts, suche eine Möglichkeit, wie ich ihm am meisten Schaden zufügen kann.
Doch ich finde nichts geeignetes, womit ich ihn austricksen kann. Also versuche ich es einfach auf die gute altmodische Methode. Direkter Angriff.
Ich renne wieder auf den Bastard zu und drehe dabei die Schwerter todbringend in meinen Händen. Als ich bei ihm angekommen bin, versuche ich es mit einem einzigen gezielten Hieb direkt auf sein Herz.
Er sieht den Angriff voraus und wehrt ihn mit unglaublicher Kraft ab, die jeden Muskel in meinen Körper in Schwingungen versetzt. Aber ich lasse nicht locker. Mit blitzschnellen Bewegungen schwinge ich meine Schwerter gegen ihn und weiche seinen Gegenangriffen gekonnt aus. Von außen betrachtet, sieht es aus wie eine besondere Art von Tanz. Anmutig, aber doch gefährlich. Oft genug habe ich meinen Meistern beim Kämpfen zugesehen. Ich analysiere dabei jede seiner Bewegungen, nehme jedes kleinste Detail seines Kampfstils auf. Suche meine Chance ihm den Todesstoß zu verpassen. Ich habe nur diese eine und die muss ich nutzen, denn ewig werde ich das nicht durchhalten. Er ist mir mit seiner Masse und seiner Größe eindeutig überlegen. Irgendwann wird er meine Verteidigung durchbrechen.
Ich versuche etwas Abstand von ihm zu gewinnen, doch er lässt mir keine Luft. Erbarmungslos schlägt er immer wieder auf mich ein. Aufmerksam lasse ich den Blick schweifen, suche einen Ausweg.
Es kommt wie es kommen musste. Er packt mich, nicht gerade sanft, am Hals und drängt mich immer näher an die Hauswand.
„Jetzt habe ich dich.“, sagt er, lacht schäbig und drückt fester zu.
Mir bleibt die Luft weg, doch ich lasse mich von meinem Patzer nicht beirren und nutze seine kurze Unachtsamkeit aus. Mit einem kräftigen Schlag haue ich ihm seine riesige Pranke ab, die sich um meine Kehle geschlossen hat.
Er brüllt schmerzerfüllt auf, während ich mir schnell die Hand von meinem Hals reiße und keuchend Atem hole.
„Das wirst du mir büßen.“, schreit er und holt zu einem Tritt aus.
Ich versuche mich noch wegzudrehen, bin aber zu langsam. Sein tritt trifft mich in die Seite und schleudert mich ein zweites Mal, nur dieses Mal mit sehr viel mehr Wucht, gegen die Hauswand.
Schon wieder bleibt mir die Luft weg, ich schmecke Blut auf meiner Zunge und auf meiner Stirn fühle ich auch den warmen, lebensspendenden Saft in mein Auge fließen. Keuchend gehe ich auf die Knie und spucke ihm Blut vor die Füße. Alles dreht sich, aber ich beherrsche mich um nicht zu schwanken.
„Dein letztes Stündlein hat geschlagen, Odins Sohn.“
Er stößt mich leicht gegen die Schulter, aber das reicht schon aus um meinen demolierten Körper aus dem Gleichgewicht zu bringen. Ich falle auf den Rücken.
Er beugt sich schadenfroh grinsend über mich und legt seine übriggebliebene Hand um meine Kehle.
„Ich werde dir jetzt ganz langsam die Luft aus den Lungen pressen und mich an diesem Anblick er…“
Er röchelt und sieht mich mit weit aufgerissenen Augen an.
Ich habe meine Chance genutzt und ihm mein Schwert in den Bauch gerammt und mit aller Kraft nach oben gezogen. Seine Lebenswichtigen Organe dürften zerfetzt sein.
„Du solltest nicht zu viel reden.“, flüstere ich und stoße ihm mein anderes Schwert direkt ins Herz. Er explodiert in Millionen funkelnde Partikel.
Erschöpft lasse ich mich von der Müdigkeit übermannen um die Schmerzen auszublenden und lasse mich von der heilenden Schwärze einhüllen.
Ich träume doch. Ich muss träumen, es kann einfach nicht wahr sein. Verzweifelt befolge ich Ritchie Anweisung, nachdem dieses Monster ihn gegen die Hauswand geworfen hat wie eine Puppe. Alleine durch diesen Aufprall mussten mehrere Knochen gebrochen sein, daher ist es unglaublich angsteinflößend, dass er einfach wieder aufgestanden ist und weiter kämpft. Aber so robust er auch sein sollte, diesen Kampf konnte er unmöglich gewinnen. Und diese Tatsache schnürt mir die Kehle zusammen und lässt mir die Tränen in die Augen steigen. Nicht weil ich Angst um mein Leben habe, nein, es ist alleine wegen Ritchie. Es lässt mein Herz bluten zu wissen, dass er dort draußen ist, sterben wird und ich absolut nichts dagegen tun kann.
Hysterisch versuche ich diesen Gedanken zu verscheuchen, ich darf nicht so für ihn empfinden. Nicht nach dieser kurzen Zeit die ich ihn kenne und vor allem, weil er wie unschwer zu erkennen ein Killer ist. Ich weiß nicht woher er diese beiden Schwerter geholt hat, aber er muss sie am Körper getragen haben. Seine Bewegungen beim Kämpfen sind flink und geschmeidig, er schwingt die Schwerter wie ein Profi und das bedeutet er benutzt diese nicht zum ersten Mal. Er muss Kriminell sein. Warum sonst sollte er mit zwei riesigen Schwertern durch die Gegend laufen? Das ist verrückt, er ist verrückt. Und ich war auch noch die ganze Zeit mit ihm alleine, wer weiß was er im Sinn hatte.
Ja, er hat sich größtenteils normal mir gegenüber verhalten, naja so normal nun auch wieder nicht, da er mir ja andauernd näher kommen wollte und auch kam. Aber er hat nicht wie ein Killer gewirkt, nicht ein bisschen. Natürlich wirkt er durch seine rohe Art und seine große, muskulöse Gestalt gefährlich, aber er war meistens sanft und gefühlvoll, so völlig gegensätzlich zu diesem Bild.
Doch das Schlimmste daran ist, dass obwohl mir diese Seite an ihm und dieses Monster mir eine Heidenangst einjagen und ich kurz vor einer Panikattacke bin, ich trotz allem auch eine Heidenangst davor habe, dass Ritchie stirbt.
Ich kann einfach nicht dabei zusehen, also habe ich mich auf das große Bett gesetzt, mich zusammen gekauert und meine Arme um mich geschlungen.
Und ich lasse meinen Tränen hemmungslos freien Lauf und schluchze vor mich hin.
In was für eine Situation bin ich hier nur geraten? Was ist mit der Welt los, dass mir alles so schwer gemacht wird? Warum passiert mir das alles?
Ich will das einfach nicht, doch wenn ich lebend hier rauskomme, was unwahrscheinlich ist, werde ich keine Nacht mehr ruhig schlafen können. Wie sollte man auch, in dem Wissen, dass solche Monster auf der Erde wandeln, die rein biologisch betrachtet gar nicht existieren dürften. Ein Mensch mit einem Stierkopf in der ungefähren Größe eines kleinen Hauses. Der Minotaurus ist eine mythische Gestalt, niemals hätte ich erwartet, dass es sie tatsächlich gibt.
Ich fühle mich so klein und unbedeutend, niedergeschlagen durch dieses Wissen und wünsche mir dass es vielleicht doch nur ein böser Albtraum ist und ich gleich aufwachen werde. Doch dem ist nicht so.
Lange Zeit liege ich so da und weine in das Kissen, in Erwartung dass bald ein wütendes Monster mich holen kommt. Doch es passiert nichts.
Verheult richte ich mich auf und blicke zum Fenster. Kämpfen sie noch immer?
Ich hadere mit mir, ob ich wirklich sehen will, was dort unten passiert, aber die Sorge um Ritchie überwiegt und ich erhebe mich langsam vom Bett. Ängstlich schleiche ich zum Fenster. Doch das Monster und Ritchie sind nicht mehr da. Mein Herz schlägt noch schneller, als es das sowieso schon tut. Hat dieses Monster Ritchie etwa mitgenommen? Hat er mit ihm viel Schlimmeres vor, als ihn nur zu töten?
Schon wieder laufen mir die Tränen in Sturzbächen über die Wangen und ich öffne das Fenster. Ich lehne mich hinaus um mich genauer umzusehen und als ich nach unten sehe überflutet meinen Körper Erleichterung.
Dort liegt Ritchie auf dem Rücken. Doch die Erleichterung fällt schlagartig von mir ab, da er Bewusstlos ist und unzählige Wunden am Kopf und am Körper hat. Er verliert Blut, sehr viel Blut. Die Ärztin in mir schreit laut danach ihm zu helfen. Doch die Angst die ich ihm gegenüber empfinde lässt mich zögern. Soll ich ihm wirklich helfen? Wäre es nicht vielleicht klüger zu flüchten, mich schleunigst von diesem Mann entfernen so weit wie es nur geht? Einen Moment lang, glaube ich wirklich, dass es das Richtige wäre ihn dort liegen zulassen und mich in Sicherheit vor ihm zu bringen. Da er dieses Monster anscheinend tatsächlich getötet hat, denn ich schätze sein Körper ist genauso in Fünkchen explodiert, wie die dieser Hunde, ist er noch gefährlicher als ich eigentlich schon dachte. Er ist geradezu tödlich.
Doch nicht nur die Ärztin in mir schreit danach ihm zu helfen, sondern auch ein sehr verzweifelter Teil meines Herzen, welches ihn auf keinen Fall hier sterbend zurücklassen will. Ich würde daran kaputt gehen.
Ich hole tief Luft schnappe mir die Überdecke, die Bettdecke und ein Kissen vom Bett und renne dann die Treppen nach unten. Ich muss ihn irgendwie reinschleppen. Bis ins Bett kann ich ihn unmöglich bringen, aber ich kann ihn zumindest bis ins Haus ziehen. Zum Glück liegt er nicht weit von der Haustür entfernt.
Ich breite die Decken auf dem Boden im Flur aus damit er nicht auf dem Boden liegen muss und laufe schnell nach draußen, zu ihm. Ich knie mich neben ihn und rüttele an seiner Schulter.
„Ritchie, kannst du mich hören?“
Hastig taste ich nach seinem Puls. Er schlägt, doch sehr träge. Ich stehe auf und greife ihn unter die Arme, ich stemme mich mit meiner ganzen Kraft nach hinten und ziehe ihn hinterher.
Oh mein Gott, ist der Schwer. Ich schätze mindestens um die einhundert Kilo, wenn nicht sogar mehr. Ich bekomme ihn nur sehr langsam vom Fleck, doch nach und nach komme ich der Haustür näher bis ich ihn schließlich im Haus habe. Ich ziehe ihn mit aller Kraft auf die Decken. Das Kissen tränkt sich sofort mit Blut, das von einer Wunde am Hinterkopf stammen muss.
Keuchend renne ich in die Küche suche eine Schüssel, die ich mit Wasser fülle. Dann schnappe ich mir einige frische Küchentücher und überlege krampfhaft, wo hier der erste Hilfe Kasten sein könnte.
Mein erster Instinkt ist das Badezimmer.
Glücklicherweise ist meine Vermutung richtig und ich finde einen wirklich grandios ausgestatteten erste Hilfe Kasten. Von einfachen Pflastern bis hin zu verschiedenen Arztbestecken ist alles dabei. Ich schnappe mir ein Desinfektionsspray, Pflaster, Verbände, Schere, Nadel und Faden und renne schnell zurück zu Ritchie.
Ich lege mir alle Utensilien auf einem der Küchentücher zurecht und gehe mir noch schnell die Arme bis zum Ellbogen waschen und ziehe mir Handschuhe über. Dann eile ich zurück zu Ritchie, gehe neben ihm in die Knie und beginne mit der Arbeit.
Eines der Tücher tränke ich in dem Wasser und wische ihm damit das Blut von seinem Körper. Vorsichtig wische ich über alle seine Wunden. Ich lege zwischen der Platzwunde am Hinterkopf und dem Kissen ein Tuch um die Blutung etwas zu stoppen. Dann nehme ich mir das Desinfektionsspray und besprühe die große Platzwunde über seiner Augenbraue. Mit gekonnten Hangriffen beginne ich sie zuzunähen. Vier Stiche sind nötig. Ich schnappe mir ein Pflaster und klebe es darüber. Dann drehe ich ihn auf die Seite und widme mich der Wunde am Hinterkopf. Diese muss ich sogar mit fünf Stichen nähen, sie ist sehr groß. Als ich damit fertig bin tupfe ich das übriggebliebene Blut ab und umschlinge seinen Kopf mit einem Verband.
Ich schneide sein Shirt auseinander um an die Bisswunde an der Schulter ranzukommen, diese tupfe ich ab und desinfiziere sie sorgfältig, bevor ich sie verbinde. Dasselbe mache ich mit der Bisswunde an seinem Arm.
Als letztes taste ich seinen Oberkörper vorsichtig ab, um festzustellen ob er sich Rippen gebrochen hat. Und tatsächlich spüre ich etwas, was sich verdächtig anfühlt, aber es ist nur eine Vermutung. Genaueres kann man erst nach einer Röntgenaufnahme machen. Ich umwickele auch seinen gesamten Oberkörper mit dem Verband um, falls die Rippen gebrochen sind, um sie etwas zu stützen.
Er muss sofort in ein Krankenhaus. Hektisch suche ich nach dem Telefon. Doch ich halte abrupt inne. Ich habe keine Ahnung wo wir uns hier befinden. Was soll ich denen denn sagen, wo sie hinkommen sollen?
Unruhig durchsuche ich das Haus um irgendeinen Hinweis auf eine Adresse zu finden. Doch da ist rein gar nichts, was mir unseren Standort verrät und draußen, werde ich unmöglich einen Straßennamen finden, denn wir sind von einer Landstraße aus in einen Waldweg eingebogen, welcher zu diesem Haus führt.
Wenigstens habe ich ihm soweit geholfen, dass er nicht verblutet, also wird er überleben und wieder aufwachen. Wenn das passiert will ich hier weg sein. Ich gehe in das zweite Schlafzimmer und hole noch eine Decke um ihn zu zudecken. Kurz beobachte ich nochmal sein Gesicht und muss mir die Tränen verkneifen. Sanft streiche ich ihm zum Abschied über seine Wange und er seufzt auf. Erschrocken ziehe ich meine Hand weg und richte mich schlagartig auf. Mit einem letzten Blick auf ihn, wende ich mich um und gehe aus dem Haus. Da ich keinen Führerschein besitze, bleibt mir kein anderer Weg als zu laufen. Ich muss zurück auf die Straße und dieser dann zurück in die Stadt folgen. Mir läuft ein Schauer über den Rücken, als ich in die Dunkelheit blicke. Was ist wenn da draußen noch mehr dieser Monster lauern? Als ich an dem Waldweg angekommen bin blicke ich noch einmal zurück zum Haus. Nein, ich kann unmöglich zurückgehen. Auch wenn Ritchie mir wirklich etwas bedeutet, die Angst vor ihm ist nun sehr viel Größer. Zielstrebig laufe ich der Dunkelheit entgegen und kann kaum die Hand vor meinen Augen sehen. Doch ich laufe immer weiter auch wenn die Angst meinen Körper zu Eis gefrieren lässt. Zähneklappernd schlinge ich die Arme um mich.
Es gibt ziemlich viele Abzweigungen und ich bin nicht sicher, ob ich auch tatsächlich den richtigen folge. Aber ich laufe weiter. Die Geräuschkulisse ist gruselig und ich fühle mich wie in einem Horrorfilm. Normalerweise ist das die Stelle in der, der Mörder kommt und die hilflose Frau umbringt oder verschleppt um sie umzubringen.
Ich höre die Äste knacken, die Sträucher rascheln und den heulenden Wind durch das Blätterdach wehen. Und ich glaube ich hatte noch nie so viel Angst in meinem Leben, wie am heutigen Tag.
Hinter mir knackt etwas besonders laut und ich drehe mich ruckartig und keuchend um. Suche die Dunkelheit nach einem Angreifer ab. Doch ich kann nichts erkennen.
Mein Atem kommt nur noch stoßweise und ich gehe nun etwas schneller und sehe mich immer wieder um.
Plötzlich hält mich etwas am Arm fest und ich stoße einen markerschütternden Schrei aus. Sofort werde ich zurückgezogen an eine harte Männerbrust und eine Hand hält mir den Mund zu.
Sofort werden meine Augen wieder mit Tränen geflutet vor Angst.
„Sch-sch Nevia. Beruhige dich.“
Es ist Ritchie, doch diese Erkenntnis lässt mich nicht ruhiger werden. Ich zittere am ganzen Körper und winde mich in seinen Armen, versuche mich vergeblich zu befreien.
„Nevia, bitte, du musst ruhig bleiben.“
Wie könnte ich ruhig bleiben, nach allem was ich gesehen habe? Ich höre auf mich zu winden, kann das Zittern jedoch nicht abstellen.
Langsam lässt er die Hand von meinem Mund sinken und ich atme keuchend auf, als er mich aus seiner Umarmung befreit. Schnell weiche ich vor ihm zurück, wachsam auf jede seiner Bewegungen. Er sieht mich nur unbeteiligt an.
„Was willst du von mir?“, frage ich mit leiser, brüchiger Stimme.
Er antwortet nicht, bleibt einfach nur stehen und regt sich keinen Millimeter. Diese starre Haltung macht mir nur noch mehr Angst. Unwillkürlich weiche ich noch weiter zurück und fasse mir an den Hals. „Willst du mir etwas antun?“
Meine Frage entlockt ihm endlich eine Reaktion, er verzieht schmerzverzerrt das Gesicht, sieht zu Boden und ballt die Hände zu Fäusten. „Ich würde dir niemals wehtun Nevia. Niemals. Denke nicht so von mir.“
Wie könnte ich etwas anderes von ihm denken, ich habe einen Schock erlitten und mein Körper zittert inzwischen so stark, dass es mir schwerfällt überhaupt auf meinen Beinen zu stehen.
„Es tut mir Leid, dass du das mitansehen musstest, aber du musst wissen, dass ich dich nur beschützen wollte.“
Jetzt ist es endgültig soweit, dass meine Beine mich nicht mehr tragen und ich Richtung Boden falle, doch bevor ich auf den Boden aufprallen kann, fängt mich Ritchie mit seinen starken Armen auf.
„Ich werde dich jetzt nach Hause fahren.“
Ich habe absolut keine Kraft mehr mich gegen ihn zu wehren, der Schock sitzt zu tief in meinen Gliedern. Er trägt mich zurück zum Haus und setzt mich in das Auto. Dann steigt er selber ein und fährt mich mit einem mörderischen Tempo nach Hause.
Die ganze Fahrt über habe ich nicht den Mut und auch keine Kraft dazu aufgebracht, mit ihm zu reden. Wir haben uns nur angeschwiegen. Als er vor meiner Haustür hält steigt er aus um mir zu helfen, doch ich komme ihm zuvor ein ziehe mich selber krampfhaft aus dem Auto.
„Ich trage dich in deine Wohnung.“, sagt er.
Ich schüttele den Kopf. „Nein, ich schaffe das selber.“ Er soll einfach nur gehen.
Wackelig gehe ich einige Schritte doch wieder lassen mich meine Beine im Stich. Ritchie fängt mich wieder auf und hebt mich in seine Arme. Dann trägt er mich tatsächlich bis nach oben in meine Wohnung und legt mich in mein Bett.
Ich blicke ihn an und er scheint die unausgesprochene Frage in meinen Augen lesen zu können.
„Diese Viecher, kann man nur in der Dunkelheit antreffen. Tagsüber bist du sicher.“
Ich nicke schwach. „Geh jetzt bitte.“
Er sieht mich zögernd an und beugt sich dann über mich um mir auf die Stirn zu küssen, doch ich zucke zusammen, also hält er inne. Seine Augen blicken in meine und ich kann eine Emotion in ihnen erkennen. Sie sind durchzogen von…Trauer.
Trauer darüber, dass ich ihn von mir stoße. Und auch wenn mir das sehr nah geht und ich mich deswegen schlecht fühle kann ich nicht anders. Ich muss ihn einfach wegschicken, denn ich will so etwas nie wieder erleben.
„Verzeih mir.“, flüstert er und wendet sich dann ab.
Ohne ein Wort des Abschieds verlässt er meine Wohnung und somit auch mein Leben.
Und schon wieder kann ich die Tränen nicht zurückhalten. Ich drehe mich auf die Seite und weine mich in einen unruhigen Schlaf.
Verdammte scheiße. Keuchend blicke ich auf meine blutigen Fäuste runter, mit welchen ich wütend und frustriert immer wieder auf die hilflose Wand des Trainingsraums eingeprügelt habe. Meine Knöchel müssen zertrümmert sein, doch ich spüre keine Schmerzen. Nachdem ich auf dem Laufband zwanzig Kilometer in einer Stunde gesprintet bin, habe ich auf der Hantelbank eine Stunde lang hundertfünfzig Kilo gestemmt. Da ich schon vor dem Training, durch den Kampf, körperlich angeschlagen bin, müsste mein Körper inzwischen komplett demoliert sein. Doch es fühlt sich an, als wäre alles taub, ich spüre nur dieses dumpfe Pochen in meiner Brust, welches im Laufe der Zeit schon zu einem hämmernden Schmerz mutiert ist.
Ich habe noch nie einen Schmerz gespürt, der mit diesem auch nur annährend zu vergleichen ist. Und rein gar nichts hilft um ihn zu verdrängen oder auch nur zu lindern.
Niedergeschlagen inspiziere ich die blutigen Löcher die ich in die Wand geschlagen habe und sinke dann entkräftet zu Boden.
Nachdem ich ihre Wohnung verlassen habe, habe ich auf dem Dach des Hauses gegenüber meinen Posten bezogen. Nur um sicherzugehen, dass nicht doch noch ein Bastard kommt um sie mitzunehmen. Es ist alles ruhig geblieben. Als es anfing zu dämmern, bin ich direkt zum nächstgelegenen Club und habe mir eine Muschi geklärt, die ich in der nächsten Gasse sofort hart rangenommen habe. Sie hat es genossen. Ich nicht. Auch die nächsten zwei Schlampen die gierig meinen Schwanz in sich aufgenommen haben, konnten mich nicht für einen kurzen Moment vergessen lassen.
Also führte mein Weg mich zurück in dieses verdammte Haus, wo ich meinen Körper alles abverlangt habe was geht. Nun hocke ich hier wie ein verficktes Weichei, zerstört, alleine mit meinen Gedanken, nicht in der Lage sie aus meinem Kopf zu streichen.
Wie kann es sein, dass sie solche Gefühle in mir wecken kann? Noch nie hat eine Frau ähnliches geschafft. Frauen habe ich immer nur als Objekte angesehen, als Mittel zum Zweck. Nie wäre mir auch nur im Traum eingefallen, mehr für eine von ihnen zu empfinden. Und doch scheint es so als wäre genau das nun passiert. Ich hätte das niemals zulassen dürfen.
Geknickt lehne ich mich gegen die Wand, winkele die Knie an auf welchen ich meine Ellbogen abstütze und lasse den Kopf hängen. Ich ergebe mich dem Schmerz, versuche nicht mehr ihn zu bekämpfen, lasse es zu das er mich überschwemmt. Langsam, jedoch unerbittlich breitet er sich von meinem Herzen, über meinen ganzen Körper aus, lähmt meine Glieder. Es schnürt mir die Kehle zu und droht mich zu verschlingen. Meine Sicht trübt sich, krampfhaft versuche ich zu atmen, doch der Schmerz zieht mich immer tiefer in den Abgrund, bis ich mich nicht mehr halten kann. Ich falle und um mich herum wird alles schwarz.
Aus weiter Ferne dringt ein merkwürdiges Geräusch in mein Bewusstsein. Schnell wird es lauter, kommt immer näher. Schlagartig öffne ich die Augen und erhebe meinen geschundenen Körper ruckartig. Meine Hände wandern zu den Schwertern an meine Hüfte und ich sehe mich wachsam um. Das Geräusch, inzwischen habe ich erkannt, dass es ein ohrenbetäubendes Wolfsgeheul war, ist verklungen. Nicht ein Mucks ist noch zu hören.
Misstrauisch sehe ich mich um. Ich stehe an einer riesigen Schlucht, nein nicht nur eine Schlucht, ein Canyon. Nirgendwo ist irgendein Zeichen der Zivilisation zu sehen, nur braune Hügel und Schluchten und einige karge Pflanzen die sich an das Überleben in dieser Staubtrockenen Savanne angepasst haben. Wo bin ich hier? Ein Traum. Ja es muss ein Traum sein. Ich ziehe eines meiner Schwerter und lasse die Klinge langsam über meinen Unterarm gleiten. Sofort spüre ich den vertrauten Schmerz des Schnittes und Blut quillt aus der Wunde und auch der Rest meines Körpers beginnt wieder zu Schmerzen. Also doch kein Traum.
Argwöhnisch verenge ich die Augen. Was ist hier los? Ein Knacken links von lässt mich herumwirbeln. Ich blicke starr in die Richtung, inspiziere jeden noch so kleinen Fels mit den Augen, doch da ist nichts.
Langsam breitet sich ein kleines Feuer in meinem Bauch aus. Welcher verdammte Bastard will mich hier verarschen? Der soll nur kommen, ich werde ihm gehörig in den Arsch treten.
Zielstrebig schleppe ich meinen Körper in die Richtung aus der das Knacken kam, suche die Umgebung ab. Irgendjemand ist hier, ich muss ihn nur finden.
Leg deine Waffen nieder.
Hektisch drehe ich mich um mich selbst. Es ist noch immer niemand zu sehen. Wo kommt diese Stimme her?
„Wer ist da?“, frage ich durch zusammengebissene Zähne.
Leg deine Waffen nieder.
Diese Stimme ist in meinem Kopf. Fuck, was ist das für ein kranker Bastard? Ein Knurren lässt meine Brust vibrieren. „Den Teufel werde ich tun.“
Als Antwort ertönt ein unmenschliches und ziemlich angepisstes Knurren, nur einige Meter von mir entfernt.
Knurr mich nicht an. Leg sie nieder.
„Ich knurre an wen ich will verdammte scheiße. Zeig dich du Pfeife.“, erwidere ich wütend.
Ein weiteres Knurren ertönt. Er tarnt sich irgendwie. Was ist das für eine Kreatur?
„Das wird langweilig was willst du von mir?“
Einen Kampf. Ohne Waffen.
„Ich sehe dich nicht, das ist ein Vorteil. Ich denke ich werde meine Waffen behalten.“
Unmittelbar als ich das ausgesprochen habe, bildet sich ein undeutlicher Schemen in der Luft, der immer mehr an Gestalt annimmt. Was zum Vorschein kommt habe ich nicht erwartet.
Ein schwarzer Wolf, in der Größe eines Pferdes, sieht mich aus Augen an, die lodern wie flüssiges Feuer. Ein Feuer welches, genau wie meines aus den Tiefen seines Herzen stammt. Als wir uns so gegenseitig anstarren, spüre ich ein Band, eine seltsame Verbundenheit zu diesem Wolf.
„Okay einen Kampf, ohne Waffen.“
Ich stecke mein Schwert in die Scheide und nehme dann den Schwertgürtel komplett ab, wodurch er wieder sichtbar wird. Sorgsam lege ich ihn einige Meter entfernt ab.
„Es kann losgehen.“
Der riesige Wolf erhebt sich und kommt langsam auf mich zu. Dabei senkt er den Kopf und fletscht die Zähne. Wenn du verlierst, bist du tot.
„Dito.“
Ich balle meine Hände zu Fäusten und versuche die Schmerzen so gut es geht auszublenden. Und wenn ich mein Augenmerk auf mein Ziel richte, gelingt es mir sogar. Kämpfen blendet jegliche Art von Gefühlen aus. Ich fühle mich in diesem Moment endlich wieder wie ich selbst und das lässt einige Kraftreservetanks in meinem Körper anspringen.
Ein selbstsicheres Schmunzeln tritt auf meine Lippen. Der Wolf umkreist mich leise knurrend, während ich ihn nicht aus den Augen lasse. Er wird gleich einen Angriff starten. Unerwartet beginnt er zu rennen immer schneller um mich herum. Fuck, er ist verdammt schnell. Ich kann ihn kaum noch richtig ausmachen. Also setze ich alles auf mein Hörvermögen, konzentriere mich auf die Geräusche seiner Pfoten auf dem Boden. Und ich erahne seinen ersten Angriff. Er kommt von hinten, ich mache einen Ausfallschritt nach rechts und greife, als er knapp an mir vorbeisaust nach seinem Hals. Ich umschlinge ihn mit beiden Armen, sodass er keine Chance hat mich mit seinen mörderisch langen Zähnen zu attackieren. Mit aller Kraft hieve ich mich auf seinen Rücken und versuche ihn zu Fall zu bringen. Doch nach mehreren kläglichen Versuchen schmeißt er sich auf den Rücken, direkt auf mich drauf und rollt sich ab. Ein höllischer Schmerz durchzieht jeden Muskel meines Körpers, doch es ist sofort wieder vorbei, als ich mich blitzschnell zur Seite rolle und wieder aufstehe, bevor er auf mich losgehen kann. Er rennt wieder auf mich zu und ich setze mich ebenfalls in Bewegung auf ihn zu. Kurz bevor er nach mir schnappen kann drehe mich um und lasse mich zu Boden fallen, sodass er über mich drüber rennt. Mit voller Wucht trete ich ihm die Sohlen meiner Kampfstiefel in den Brustkorb, welcher ihn erst einmal einige Meter wegkatapultiert. Doch leider kann er sich in der Luft abfangen und landet auf seinen Pfoten. Ich versuche mich schnell aufzurappeln, leider zu langsam. Der Wolf ist blitzschnell bei mir und springt mich an. Am Boden, der Wolf über mir, packe ich sein Fell zu beiden Seiten seines Kopfes und halte ihn mit aller Kraft von meinem Kopf fern, den er bestimmt liebend gerne abbeißen möchte. Eine Idee muss her, aber schnell. Sonst bin ich Hundefutter. Wenn ich meine Beine nur freibekommen könnte.
Ich trete mit meinen Knien brutal in seinen Bauch, sodass er jaulend und knurrend etwas hoch kommen muss. Diesen kurzen Moment nutze ich aus, strampele meine Beine frei und schlinge sie um seinen Körper. Und dann ringe ich ihn brutal auf die Seite, halte ihn mit meinem Körpergewicht unten und schnüre ihm mit meinem Unterarm die Luft ab.
„Wie gefällt dir das Töle?“, frage ich siegessicher.
Einige röchelnde Laute stehlen sich aus seiner Schnauze.
Du hast gewonnen.
Ein greller Lichtblitz lässt mich erschrocken zurücktaumeln. Ich halte mir meine Augen zu um sie vor dem Licht zu schützen. Fuck, ich hatte ihn fast. Was ist das nun wieder für eine verdammte scheiße.
Immer wieder versuche ich etwas zu erkennen, den Wolf zu finden in diesem hellen Licht. Doch man kann rein gar nichts sehen.
Nach einer Ewigkeit scheint sich das Licht zu verflüchtigen, ja es zieht sich tatsächlich zurück. Ich kann die Ränder der Umgebung wieder wahrnehmen. Und langsam erkenne ich auch den Wolf. Er liegt alle viere von sich gestreckt auf dem Boden. Dieses Licht scheint in ihn hinein zufließen. Was ist das für ein Trick?
Als das komplette Licht fort ist erhebt sich der Wolf langsam und ziemlich wacklig. Ohne sich einen weiteren Zentimeter zu regen, blickt er starr in die andere Richtung.
„Was ist, hast du etwa genug?“
Allmählich dreht er den Kopf zu mir und was ich sehe lässt mir den Atem stocken. Sein Gesicht ist nicht mehr komplett schwarz. Ein Drache zieht sich von seinem Gesicht, zu seinem Hals, schräg über die Brust, unter seinem Bauch entlang, auf der anderen Seite wieder hoch, bis zu seinem Rücken. Die Konturen des Drachen sind weiß, es sieht aus als hätte man sein Fell irgendwie gebleicht. Seine Augen sind nun die Augen des Drachen, ebenso wie Nase und Schnauze. Und auf dem Ende vom Schwanz des Drachen steht wie auf einem Banner in altnordischer Runenschrift Walhall. Dieser Drache im Fell dieses Wolfes sieht aus, wie der Drache den ich mir über Arm und Rücken habe tätowieren lassen. Wie ist das möglich, verflucht?
Mein Blick wandert wieder zu seinen lodernden Augen und hält sie fest. Ich kann nicht länger Wut und Kampfeslust in ihnen erkennen, sondern Achtung und Loyalität. Wie auf Kommando verbeugt sich dieser riesige Wolf vor mir.
Meister.
Verwirrt verenge ich die Augen und schüttele den Kopf. „Was zum Teufel soll der Scheiß, Alter?“
„Bruder.“
Mit einem Satz drehe ich mich um und erhebe die Fäuste bereit zu zuschlagen.
„Mann, du siehst echt scheiße aus.“
Aufmerksam mustere ich den Kerl. Blonde schulterlange Haare, graue Augen mit einer tiefblauen Umrandung um die Pupille. Etwa so groß wie ich und genauso muskulös. Er trägt sogar ähnliche Kleidung wie ich. Schwarze Jeans, schwarzes Shirt und Kampfstiefel. Keine Waffen. Zumindest keine sichtbaren.
„Wer bist du?“, frage ich den Schönling, immer noch in Kampfstellung.
„Erkennst du mich etwa nicht? Du enttäuschst mich Bruder.“, erwidert er gelassen. „Hati bring Widar seine Schwerter.“
Der Wolf setzt sich in Bewegung auf meine Schwerter zu. Aber wer auch immer dieser Widar ist meine Schwerter bekommt er nicht. „Lass deine Hundeschnauze von meinen Schwertern Köter.“, sage ich und gehe drohend auf ihn zu um ihn aufzuhalten.
Der Wolf knurrt und fletscht die Fänge.
„Leg dich nicht mit mir an, vor allem nicht zweimal. Diesmal töte ich dich.“
Er scheint seine Lektion aus unserem Kampf gezogen zu haben, denn er bleibt wo er ist.
„Sei doch nicht so streng mit ihm Bruder. Er wollte dir nur einen Gefallen tun.“, wirft der Schönling belustigt ein.
An gespisst wende ich mich ihm wieder zu. „Nenn mich noch einmal Bruder und ich werde dir dein hübsches Sunnyboy-Grinsen aus dem Gesicht prügeln.“
Sein belustigtes Lächeln, wird zu einem breiten Grinsen und das blau in seinen Augen breitet sich aus, wie Gewitterwolken.
„Sehr gerne würde ich ein Kräftemessen mit dir veranstalten, Widar, doch ich bin aus weitaus wichtigeren Gründen hier.“
Fuck, was passiert hier gerade verdammt? „Ich heiße Ritchie. Auf welchem verfickten Teil der Erde befinde ich mich hier?“
„Erst einmal solltest du dir das Fluchen abgewöhnen.“, erwidert der Schönling cool.
„Was ich tue oder lasse entscheide ich immer noch selbst, ist das klar verdammt? Ich krieg grad nicht in meinen beschissenen Kopf rein, was hier abgeht. Also wäre es nett wenn du einfach dein dreckiges Maul aufmachst und redest.“ So langsam geht mir der Scheiß hier echt auf die Eier. Entweder er sagt mir jetzt was ich wissen will oder ich werde es aus ihm herausprügeln.
Der Schönling gibt ein leises Lachen von sich. Knurrend gehe ich auf ihn zu.
„Bleib ruhig Widar. Dein Temperament gefällt mir. Es spiegelt den Krieger der in dir steckt, seine Zügellosigkeit und seine rohe Kraft. Selbstsicherheit. Eine der wichtigsten Eigenschaften die einen Krieger auszeichnen. Und Mut. Es ist gut, dass du diese Eigenschaften besitzt. Dennoch ist es manchmal klug sich zurückzuhalten. Doch auch das wirst du noch früh genug lernen.“
Auf Belehrungen kann ich eindeutig verzichten. Diese Worte habe ich schon oft genug gehört, immer und immer wieder von meinen Meistern. Er erzählt mir nichts Neues. Die Flamme in mir wird immer weiter geschürt. Lange werde ich mich nicht mehr zurückhalten. So langsam sollte mal was Wissenswertes kommen.
„Mein Name ist Ritchie und ich warte immer noch auf eine Antwort.“, zische ich.
„Nagut.“, er macht eine kurze Pause und lächelt. „Ritchie ist nur dein menschlicher Name, der den dir deine Mutter gab und mit dem man dich auf der Erde anspricht. Widar ist der Name den dir dein Vater gab. Dein göttlicher Name der in den Legenden über dich geschrieben stehen wird, nachdem du ins Walhall eingetreten bist.“
Schnaufend verschränke ich die Arme vor der Brust. „Ich scheiße auf diesen Namen. Ich heiße Ritchie. Sprich mich auch gefälligst so an. Sag mir endlich wo ich bin.“
Er zuckt mit den Schultern. „Wie du willst Ritchie. Du bist in einer parallel Dimension zu der Erde. Als du deine Augen geschlossen hast, habe ich dich hierher gerufen.“
„Wer bist du und was willst du von mir?“
„Ich will dich in deinem Kampf unterstützen. Es wird noch viel mehr auf dich zukommen, als ein einzelner Minotaurus. Sie haben noch gefährlichere Kreaturen in ihren Käfigen, die sie bald los lassen werden. Und auch sie selbst werden nicht zurückschrecken, um sich zu holen was sie wollen.“
Ich runzele die Stirn. Kann der Typ sich mal deutlich ausdrücken? „Wer sind sie und was wollen sie holen?“
„Der Erzengel, Ritchie. Luzifer ist ganz begierig darauf sie in die Finger zu bekommen, doch noch hat er nicht genug Kraft eine der Kreaturen zu entfesseln. Es ist noch etwas Zeit um dich besser für diesen Kampf zu rüsten.“
Erstarrt balle ich die Hände zu Fäusten. „Wen will Luzifer in die Finger bekommen?“, frage ich durch zusammengebissene Zähne.
„Du weißt genau, wen ich meine.“, erwidert er ernst.
Wutschäumend suche ich nach Etwas worauf ich einschlagen kann, doch weit und breit ist nichts, außer der felsige Boden und einige Sträucher. Also brülle ich meinen Frust in die Weite hinaus, sodass es von überall her schallt und zu einer ohrenbetäubenden Lautstärke anwächst.
„Er wird sie nicht bekommen. Das werde ich nicht zulassen. Was will er von ihr? Warum will er ausgerechnet sie?“
Der Schönling schüttelt den Kopf. „Das darf ich dir nicht sagen. Eigentlich darf ich gar nicht hier sein und dir das alles erzählen. Hati wird dich tatkräftig unterstützen, wenn du es wünschst. Nachdem du ihn im fairen Kampf besiegt hast ist er dir unterstellt. Er wird treu deinen Befehlen gehorchen und ist stets loyal. Ein guter Gefährte im Kampf. Wie du vielleicht schon gesehen hast, trägt er bereits dein Zeichen.“
Ungläubig mustere ich erst den Wolf und dann ihn. „Was soll ich mit einem Schoßhund?“
Hati stößt ein empörtes Jaulen aus. „Keine Sorge Hati, er wird deine Hilfe gleich zu schätzen wissen.“, beschwichtigt er den Wolf. „Ritchie du musst sofort zu Odins Tempel reisen. Dort ruhen die beiden heiligen Schwerter Notung und Gram. Sie sind neben Mjöllnir, die mächtigsten Waffen gegen die Höllenbrut. Du wirst sie brauchen.“
Ich schüttele den Kopf. „Ich werde sie niemals ohne Schutz hier zurücklassen.“
Er deutet auf den Wolf. „Dafür hast du ja jetzt Hati. Er wird sie niemals aus den Augen lassen. Da du sein Meister bist kannst du jederzeit mit ihm Mental in Kontakt treten, egal wo du dich befindest. Er ist gut trainiert und mit den Höllenmonstern die in den nächsten Tagen durch das Portal kommen, wird er seine Freude haben.“, sagt er schmunzelnd.
Ich stelle mir vor wie Hati diese Bastarde bei lebendigem Leib auffrisst und muss ebenfalls schmunzeln. „Also gut. Auch wenn ich es nur ungern tue. Ich verlasse mich auf dich Wolf. Wenn ihr etwas zustößt bekommst du es mit mir zu tun.“
Ich werde sie beschützen Meister. Ihr wird nichts geschehen.
„Hati hat die Macht sich vor allen Lebewesen zu tarnen, außer vor seinem Meister. Durch euer Band hast du diese Macht nun dazu gewonnen. Ich würde dir empfehlen einen Schutzwall über dein Haus zu legen. Und wenn du zurück bist, musst du sie dort hinbringen. Dort ist sie fürs erste sicher. Aber gib Acht, die Höllenbrut wird einen Weg finden, diesen Wall zu umgehen.“
Ich nicke. „Wie stelle ich das an?“
„Du wirst es herausfinden. Mir bleibt keine Zeit mehr, ich muss fort. Beschütze sie mit deinem Leben Widar. Dein Schicksal ist mit ihrem verknüpft.“
Er beginnt sich langsam aber sicher in Luft aufzulösen. „Stopp, warte. Du hast mir immer noch nicht gesagt wer du bist.“
Ein Lachen dringt an mein Ohr, es hört sich an wie aus weiter Ferne. „Mein Name ist Thor, mein Bruder. Beschütze sie mit deinem Leben.“
Und mit diesen Worten ist er verschwunden. Nachdenklich binde ich mir meinen Schwertgürtel wieder um die Hüften und sinke erschöpft auf die Knie. Hati sitzt vor mir, beobachtet mich abwartend.
Kann es wirklich wahr sein? Ist dieser Mann tatsächlich der legendäre Thor, mein Bruder und größtes Vorbild? Tief in meinem Herzen, spüre ich, dass es wahr ist.
Seufzend schließe ich die Augen, langsam übernimmt der Schmerz wieder die Kontrolle über meinen Körper. Und ich fühle wie ich wieder zu diesem unglaublich schwarzen Abgrund hingezogen werde. Doch diesmal wehre ich mich nicht, ich lasse es geschehen. Mit stockt der Atem, die Luft will nicht mehr bis in meine Lungen vordringen. Und dann falle ich.
Das Surren der Neonleuchten an der Decke ist geradezu übermenschlich laut und bringt mich dazu die Augen zu öffnen. Verschlafen reibe ich mir die Augen und sehe mich um. Was ist passiert? Als mein Blick auf die blutigen Einschlaglöcher in der Wand fällt, erinnere ich mich. Ich habe Thor getroffen. Das muss ein Traum gewesen sein, ein sehr realer Traum. Doch als ich meinen zerstörten Körper inspiziere, fällt mir sofort der Schnitt an meinem Unterarm auf, den ich mir selbst zugefügt habe. Also doch kein Traum. Wie spät ist es? Wie lange war ich weg? Noch etwas wacklig auf den Beinen rappele ich mich auf und schleppe meinen Körper nach oben. Dort check ich erst einmal die Uhrzeit. Kurz nach sechs Uhr morgens. Wenn mich mein Zeitgefühl nicht täuscht, dann dürften gerade einmal ein paar Minuten vergangen sein. Aber ich muss mindestens über eine Stunde weg gewesen sein. Wahrscheinlich vergeht die Zeit in dieser Dimension schneller, als auf der Erde im Walhall ist es andersherum.
Ich werde zum Tempel Odins reisen und mir die beiden verdammten Schwerter besorgen müssen. Mein Weg führt mich zuerst zur Dusche, wo ich mir das getrocknete Blut von meinem Körper waschen kann. Als ich fertig bin, fühle ich mich schon gleich viel besser. Nun treffe ich die Vorbereitungen. Ich schnappe mir einen Rucksack und packe alle wichtigen Utensilien ein. Eine komplette Bergsteigerausrüstung, wintertaugliche Klamotten, einen Schlafsack, Brennmaterial, eine Taschenlampe und etwas Proviant. Gerade als ich die Küche verlassen will, sticht es mir ins Auge. Eine Art kleiner schwarzer Ring. Ich gehe näher und hebe es auf. Sofort steigt mir ihr unwiderstehlicher Duft in die Nase und ein knurren lässt meine Brust vibrieren. Es ist der Zopfgummi, den ich ihr aus den Haaren gezogen habe. Sorgsam stecke ich ihn in die Hosentasche. Diese verdammten Höllenbastarde werden sie niemals bekommen, dafür werde ich sorgen. Wut schürt meine innere Flamme und ich fühle mich gleich besser, gestärkt durch den Gedanken an sie. Ich werde sie in Gedanken behalten, auf meinem Weg, durch die Eiswüste zu Odins Tempel.
Ich hänge mir den Rucksack über die Schulter und verlasse das Haus. Draußen schwinge ich mich auf mein Bike und fahre mit mörderischer Geschwindigkeit Richtung Stadt. Aber mein Weg führt mich nicht sofort zum Flughafen, sondern zu ihr. Eine Querstraße vor ihrer halte ich an und stelle das Bike ab. Dann klettere ich wieder auf das Dach, des Hauses ihr gegenüber und beobachte sie durch das Fenster. Sie trägt einen bequemen Rolli und weite Jeans und packt gerade ihre Sachen zusammen und macht sich auf den Weg zur Arbeit. Sie scheint nicht ganz bei der Sache zu sein, aber das wundert mich nicht nach der Aktion von gestern. Sie hat einen Schock erlitten. Es schmerzt mich sie in diesem Zustand verlassen zu müssen und doch muss ich es tun.
Hati, bei Fuß.
Eine schwarze Nebelwolke taucht neben mir auf und nimmt langsam Hatis Gestalt an.
Schön dich zu sehen, Meister.
„Lass diesen Meister- Quatsch. Siehst du sie? Dort wohnt sie. Sie wird sich gleich auf den Weg zur Arbeit machen. Lass sie niemals, unter keinen Umständen aus den Augen. Und wenn was ist, du weißt wie du mich erreichen kannst.“
Sehr wohl Meister, ich werde deinen Befehl zu vollster Zufriedenheit erfüllen.
„Das will ich hoffen.“ Ich werfe einen letzten Blick auf die Frau, die mir in so kurzer Zeit, den Kopf verdrehen konnte und erhebe mich dann. Ohne ein weiteres Wort klettere ich die Hauswand des Hauses hinunter und steige auf mein Bike.
Viel Glück Meister. Ich hoffe du findest was du suchst.
Mein Blick findet ein letztes Mal Hati der noch immer auf dem Dach sitzt und nicke ihm zu. Dann lasse ich den Motor aufheulen und nehme Kurs zum Flughafen.
Knapp zwei Wochen später…
Mist. Zwei Wochen lang, habe ich es geschafft bevor die Dunkelheit Eintritt zu Hause zu sein. Doch heute kam kurz vor Feierabend eine Notfall-OP herein. Zwei Autos sind miteinander kollidiert, ein furchtbarer Autounfall. Die Fahrer der Autos sind mit nur leichten Verletzungen davon gekommen, doch die Beifahrerin des einen Autos hat es schwer getroffen. Sie wurde mit einem Schädelbasisbruch eingeliefert, glücklicherweise konnten wir sie so gut wie es geht wieder zusammenflicken. In den nächsten Tagen wird sich herausstellen ob sie es überleben wird. Ich bete inständig für sie. Doch dadurch hat sich mein Zeitplan um ungefähr zwei Stunden verschoben und die Sonne hat dem Horizont schon längst gute Nach gesagt. Unsicher verlasse ich das Krankenhaus. Vielleicht sollte ich einfach hier bleiben und in einem der Ruheräume schlafen.
Ach komm schon, Nevia, reiß dich zusammen. Der Weg ist nicht weit, es wird nichts passieren. Ich stecke meine Hände in die Taschen meiner Strickjacke und überkreuze die Finger. Alles wird gutgehen. Steif setze ich einen Schritt vor den anderen, gehe immer weiter. Dabei behalte ich meine Umgebung genauestens im Auge. Sofort spüre ich wieder dieses komische Gefühl im Rücken, als würde mich jemand verfolgen. Doch auch nach mehrmaligen umsehen, ist nichts zu erkennen. Das geht jetzt ebenfalls schon zwei Wochen so, doch irgendwie macht es mir keine Angst. Es ist ein beruhigendes Gefühl.
Nachdem Ritchie vor zwei Wochen meine Wohnung verließ, verging kaum eine Stunde die ich nicht an ihn gedacht habe. Er hat tatsächlich gegen sie alle gekämpft. Gegen diese Hunde und dieses Monster mit dem Stierkopf. Den Minotaurus. Und er hat sie bezwungen. Wer ist er und woher nimmt er die Kraft und den Mut um gegen solche Monster zu bestehen? Zwei Wochen sind vergangen, in denen ich ihn weder gesehen, noch etwas von ihm gehört habe. Er ist verschwunden, wie von der Erdoberfläche verschluckt. Was ist wenn ihm etwas passiert ist, wenn ihn diese Monster geholt haben?
Dieser Gedanke lässt mein Herz zusammenkrampfen. Das darf nicht sein.
Ich sollte nicht so über ihn denken, nicht so fühlen. Besser wäre es wenn ich ihn endgültig aus meinem Kopf verbannen würde. Das ist doch alles Verrückt. Und doch spüre ich diesen tiefen Verlust in meinem Herzen. Auch wenn er mir Angst eingejagt hat, in seiner Nähe habe ich mich beschützt gefühlt. Ich wusste, dass er mir nicht wehtun wird, als er mich im Wald aufgelesen hat. Doch nun ist er fort. Vielleicht sogar für immer.
Ich habe am Tag nachdem das alles geschehen ist, mit Lexy telefoniert. Sie erzählte mir von ihrem wunderbaren Abend mit Brant, ja sie hatten Sex und treffen sich auch weiterhin. Doch sie erzählte mir auch von dem Gespräch zwischen ihr und Ritchie, davon das sie ihm sagte er solle mich im Café besuchen und von seiner Reaktion darauf. Sie sagte es wäre unglaublich, wie er jede Information über mich gierig aufgenommen hat. Als würde er mich wirklich wollen, nicht nur im Bett.
Daraufhin habe ich ihr von unserem Tag erzählt. Natürlich habe ich das grauenhafte Ende etwas verändert, ich erwähnte keines dieser Monster. Doch das Ende blieb dasselbe er brachte mich nach Hause und verschwand aus meinem Leben.
Sie konnte es nicht fassen, dass ich einen Mann wie ihn abweise, vor allem, weil er es tatsächlich ernst zu meinen scheint. Und ich kam mit der immer fortwährenden Ausrede, dass ich mich auf meine Karriere konzentrieren will und ich einfach noch keinen Mann will.
Ihre Antwort ist auch wie immer dieselbe geblieben. „Nevia, du wirst als alte, prüde Jungfer sterben.“
Einige Tage nach diesem Gespräch mit ihr, hat sie mich nochmal nach ihm gefragt, ob ich etwas von ihm gehört habe. Ich sagte ihr, dass ich das nicht wollen würde und er auch nicht bei mir aufgetaucht ist. Doch als sie mir dann sagte, dass er verschwunden ist, nirgendwo aufzufinden, dass weder Brant noch irgendwer anderes von ihm gehört hätte, habe auch ich begonnen mir Sorgen zu machen.
Ich habe versucht gut auf sie einzureden, ihr gesagt das er ein erwachsener Mann ist der weiß was er tut und sich sicher bald melden wird. Nur das ich mir selber nicht ganz geglaubt habe.
Würde er wirklich über Wochen verschwinden und sich bei niemand melden?
Brant sagte, dass es ihm gar nicht ähnlich sähe, dass er sich nie länger als zwei bis drei Tage nicht blicken lässt.
Als ich bei einer etwas üblen Wohngegend ankomme, habe ich zwei Möglichkeiten. Entweder gehe ich durch den Park, welcher mir den Weg verkürzen würde oder ich bleibe auf der Straße und setze mich mit den zwielichtigen Personen auseinander, die ich schon von weiten erkennen kann.
Beide Wege sind nicht gerade der Hit. Doch ich entscheide mich für den Park. Aufmerksam setze ich einen Fuß vor den Anderen, sorgsam darauf bedacht, keine lauten Geräusche zu verursachen. Der Wind streicht durch das Blätterdach der Bäume und hört sich an wie ein wildes Heulen. Mir läuft eine Gänsehaut über den Rücken. Ein Knacken hinter mir lässt mich herumwirbeln. Mein Atem geht schneller und mein Herz rast. Es ist nichts zu sehen, vielleicht war das nur ein Eichhörnchen, versuche ich mir gut zu zureden. Ängstlich gehe ich weiter. Ungefähr in der Mitte des Weges, ertönt ein ohrenzerreißendes Kreischen. Ich sehe mich um, in alle Richtungen. Immer noch nichts.
Okay Nevia, es ist höchste Zeit, dass du hier verschwindest. Zitternd beginne ich zu rennen, doch mein Weg wird mir in Sekundenschnelle versperrt.
Ich schreie laut auf, stolpere bei dem Versuch mein Tempo zu verlangsamen und falle unsanft hin.
„Hallo Schätzzzchen.“
Ich blicke auf. Um einen weiteren Schrei zu unterdrücken, halte ich mir die Hand vor den Mund. So schnell ich kann rappele ich mich auf und will den Weg zurücklaufen den ich gekommen bin, doch auch hier wird mir blitzschnell der Weg versperrt.
Plötzlich steht noch eine Dritte dieser Frauen um mich herum. Oh nein, sie haben mich eingekesselt.
Langsam schiebe ich mich weiter zurück bis ich mit meinem Rücken an einem Baum lande.
„Dasss warsss dann wohl Sssüßßße.“ Die drei Frauen beginnen zu lachen, nein das ist kein Lachen, das ist ein Krähen.
Verängstigt beäuge ich die drei Frauen genauer. Ihre Beine sehen aus, wie die Greifer von Vögeln und sind gefiedert. Ebenso wie ihre Arme. Lange schwarze und graue Federn gehen von ihnen ab und erinnern an Flügel. Ihre Oberkörper sehen größtenteils menschlich aus, doch auch hier haben sie Federn. Ihre Köpfe sind menschlich und ungefiedert. Doch ihre Münder, sind Schnäbel. Oh mein Gott, kann es wirklich sein, dass hier gerade drei Harpyien vor mir stehen?
Ja, es müssen Harpyien sein und diesmal ist kein Ritchie hier um sie zu beseitigen. Dein letztes Stündlein hat geschlagen Nevia. Verabschiede dich von der Welt. Und du wirst genauso sterben wie Lexy es schon immer vorausgesagt hat. Vielleicht nicht alt und prüde, aber zumindest als Jungfrau.
Tränen sammeln sich in meinen Augen und ich schaffe es nicht einige von ihnen zurückzuhalten. Heiß rinnen sie mir über die Wangen, verkünden mein Todesurteil. Die scheinbare Anführerin der drei kommt auf mich zu und ich schließe die Augen um nicht mitansehen zu müssen wie sie auf mich einschlägt. Doch bevor das passiert gibt eine der Harpyien ein übles Kreischen von sich und ich öffne schlagartig meine Augen. Doch was ich sehe stimmt mich nicht wirklich glücklicher.
Ein hünenhafter schwarzer Wolf steht zwischen zwei der Harpyien und versucht sie von sich fern zu halten, während er der Dritten von ihnen mit seinen Zentimeterlangen Fängen den Kopf abbeißt.
Als die erste erledigt ist, kauert er sich sprungbereit hin und wartet den Angriff der beiden Harpyien ab. Die erste fällt ihn an und er schnappt geschickt nach ihrem Oberkörper, den er mit einem kräftigen Biss in zwei teilt. Die letzte Harpyie, versucht zu entkommen und erhebt sich in die Lüfte, doch der Wolf ist schneller. Er schnappt nach ihren Greifern und zieht sie zu Boden. Dann fällt er über sie her, reißt ihr große Stücken Fleisch aus dem Körper und lässt sie nach und nach ausbluten. Mit einem letzten röchelnden Laut, hört sie auf zu Atmen. Wie in einer kleinen Explosion verwandeln sich ihre Körper in viele kleine leuchtende Partikel und verstreuen sich im Wind.
Mit angstgeweiteten Augen starre ich den Wolf an. Er dreht sich mir zu und hockt sich mit sehr langsamen Bewegungen auf den Boden und sieht mich ebenfalls an.
Das erste was mir auffällt sind seine Augen. Das sind nicht irgendwelche Augen. Nein, diese Augen gehören ihm. Ritchie. Mein Herz schlägt schneller, als ich weiter seinen Körper inspiziere. In seinem Gesicht ist mit weißen Konturen ein Drachenkopf abgebildet, dessen Körper sich über seinen Körper zu seinem Rücken zieht. Derselbe Drache den Ritchie auf seinem Arm und Rücken trägt. Kann es wirklich sein, dass Ritchie hier vor mir liegt? In der Gestalt eines Wolfes?
Langsam erhebt der Wolf sich wieder und kommt langsam näher. Ich presse mich enger an den Baum, da ich keine Möglichkeit habe weiter zurückzuweichen. Er bleibt stehen.
Fürchte mich nicht.
Verwundert reiße ich die Augen auf. Woher kommt diese Stimme? Ich bin mir sicher, dass sie in meinem Kopf ist. Oh mein Gott, stellt der Wolf mental Kontakt zu mir her?
„Ritchie?“, frage ich mit leiser, brüchiger Stimme.
Nein. Ich bin Hati. Widar hat mir die Aufgabe erteilt dich zu beschützen, solange er es nicht selber kann.
„Wer…wer ist Widar?“, frage ich unsicher.
Widar ist der, den du Ritchie nennst.
„Wo ist er?“
Er hat sich auf den Weg zu Odins Tempel gemacht, um Notung und Gram zu finden.
„Wer ist das?“
Sie werden ihm in diesem Kampf behilflich sein.
„Wann kommt er wieder?“
Ich spüre, dass er von Sekunde zu Sekunde näher kommt.
Diese Aussage lässt mich durchatmen. Oh Gott, er lebt. Und er ist auf dem Weg hierher.
Der Wolf setzt sich wieder in Bewegung und reißt mich aus meinem Gedankengang. Unwillkürlich zucke ich zusammen, woraufhin er wieder stehen bleibt. Er sieht mich nur an mit seinen flammenden Augen und wartet ab.
Okay Ritchie hat ihn zu meinem Schutz hier gelassen. Er wird mir nichts tun. Langsam strecke ich die Hand aus, schließe die Augen und warte darauf, dass der Wolf mir entgegenkommt. Und schon nach kurzer Zeit kann ich ihn fühlen. Ich fühle sein weiches Fell, wie es durch meine Finger gleitet und die Wärme die von seinem Körper ausgeht. Sanft streichele ich über sein Gesicht und bemerke, dass die ganze Zeit er es war der mich verfolgt hat. Ich genieße dieses vertraute Gefühl, welches seine Anwesenheit mein inneres zur Ruhe bringt und öffne schließlich die Augen.
Seine lodernden Augen brennen sich in meine und ich beginne zu begreifen, warum ich mich diesem Wolf so verbunden fühle. Er gehört zu Ritchie, dem schönsten, stärksten und mutigsten Mann dem ich je begegnet bin. Ein Mann der mich tatsächlich irgendwie mag, vielleicht sogar wirklich mehr von mir wollen könnte. Der Mann der mich mit seinem Leben beschützt hat und den ich blind wie ich war von mir stieß. Doch das alles…ist mir einfach zu viel. Solche Monster sollten gar nicht existieren. Es bringt meine komplette Weltanschauung durcheinander, einfach alles. Um mit ihm zusammen zu sein, muss ich das alles akzeptieren. Und ich weiß einfach nicht, ob ich das kann.
Emotionsgeladen wie ich gerade bin laufen weitere Tränen über meine Wangen. Stürmisch schlinge ich meine Arme um den mächtigen Hals des Wolfes und verstecke mein Gesicht in seinem dichten Fell. „Ich muss wissen…Bitte sag mir warum er gegen diese Monster kämpft.“
Es ist seine Bestimmung, sein Schicksal die Erde und ihre Bewohner vor ihnen zu beschützen.
Plötzlich habe ich das Bild vor Augen, wie er mir sagte, er habe in Alaska gelebt. Er war auf einer Privatschule um zu lernen.
Er war ehrlich, nur hat er einen wichtigen Teil dieser Aussage verschwiegen. Er hat sich dort nicht nur weitergebildet. Er wurde dorthin geschickt um das Kämpfen zu erlernen, der Beste darin zu werden. Und genau das ist es was jede Faser seines Körpers ausstrahlt. Einen Kämpfer, nein, einen Krieger.
Als ich ihn beim Kampf beobachtet habe, sah ich sofort, dass er das nicht das erste Mal tut. Aber, dass er es schon sein ganzes Leben lang tut und dieses Geheimnis vor jedem bewahren musste ist…qualvoll. Er muss so einsam sein.
Noch mehr Tränen fließen und die Gläser meiner Brille sind schon beschlagen.
„Hati, warum er? Warum muss er alleine, das Schicksal der Erde auf den Schultern tragen? Wie soll ein einzelner Mann das schaffen? Das ist nicht fair.“
Das Leben ist nicht fair, doch er ist der Einzige der es schaffen kann. Er ist sehr viel mehr als nur ein Mann.
Ich halte den Atem an und trete einen Schritt zurück ohne die Hände von seinem Gesicht zu nehmen. Erwartungsvoll blicke ich ihm in die Augen. „Was ist er noch, wenn nicht nur ein Mann?“
Es ist nicht meine Aufgabe, dir das zu erzählen.
Ganz langsam kommt er mit seiner Nase meinem Gesicht näher und streicht zart über meine Wange.
Ich werde dich nach Hause bringen. Er legt sich vor mir auf den Boden und deutet auf seinen Rücken. Steig auf.
Ungläubig wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht. „Aber wir könnten gesehen werden.“
Hati schüttelt seinen riesigen Kopf. Nein, ich kann uns unsichtbar für die Augen aller Lebewesen machen.
„Oh…das ist echt cool.“
Er schnauft und deutet wieder auf seinen Rücken. Wow, ich bin schon auf Pferden, Eseln, ja sogar auf Kühen geritten. Aber niemals hätte ich gedacht, irgendwann auf einem gigantischen Wolf zu reiten. Noch immer etwas zittrig auf den Beinen klettere ich auf Hatis Rücken und klammere mich in sein weiches Fell, als er sich mit sanften, geschmeidigen Bewegungen in los trabt.
Acht Tage vorher, zur selben Zeit
Der Weg von Oslo bis zum Fuß des Galdhøpiggen dauerte drei Tage, der Aufstieg kostete mich sechs Tage, von welchen ich fast drei Tage lang dazu gezwungen war Rast zu machen, durch die scheiß Wetterverhältnisse in Norwegens Bergen. Einen ganzen Tag habe ich nur dafür gebraucht um den versteckten Eingang in den Berg frei zu graben.
Doch ich habe es geschafft. Ich stehe vor der imposanten Marmorstatur, die Odin darstellt. Zu seinen Füßen ist ein gigantischer Felsblock, in dem zwei Schwerter stecken. Notung und Gram. Die Legende sagt, dass Odin persönlich diese Schwerter bei sich trug im Ragnarök, der Ersten großen Schlacht, Himmel gegen Hölle. Gut gegen Böse. Ein bedeutender Tag, der Odin dazu geführt hat zu einem wahren Gott aufzusteigen, einem Göttervater. Und nun sollen mich diese Schwerter in der dritten Schlacht gegen diese Höllenbastarde zum Sieg führen. Solch eine Ironie.
Ich verenge die Augen und beiße die Zähne zusammen.
Schon als ich das Erste Mal hier war, hätte ich seine Schwerter an mich nehmen können, im Austausch meiner eigenen. Doch ich entschied mich dagegen, ich wollte nichts, was ihm gehörte. Ich wollte weder etwas von ihm wissen noch besitzen. Und noch heute, fühle ich so. Ich kann nicht gerade sagen, dass mein Vater und ich ein gutes Verhältnis zueinander haben. Nein, wir haben gar kein Verhältnis, wir kennen uns nicht einmal. Er hat sich nie darum geschert wie es mir geht oder was ich mache. Nur einmal hat er mich zu sich gerufen, zum Ende meiner Ausbildung, damit ich diese Schwerter bekomme. Ich habe seine Worte noch heute im Kopf. „Nimm diese Schwerter in deinen Besitz. Stecke deine Schwerter an ihre Stelle. Führe uns mit ihnen zum Sieg, so wie ich es einst tat.“
Kein vertrautes Wort, kein: Hallo Ritchie, ich bin dein Vater und ich bin verdammt stolz auf dich.
Stur blicke ich in die steinernen Augen der Statue.
„Da hast du was du willst, aber ich tue das ganz bestimmt nicht für dich verdammte Scheiße.“
Und weil es grad so einen Spaß macht, spucke ich ihm auch noch vor die Füße.
Dann gehe ich auf das erste Schwert zu und packe den Griff. Mit aller Kraft ziehe ich das Schwert aus diesem störrigen Felsblock. Ich ziehe eines meiner eigenen Schwerter aus der Scheide und betrachte es kurz. „Ihr habt mir einen guten Dienst geleistet. Nun werdet ihr ruhen.“
Ohne weiter zu zögern stecke ich es in den Felsblock. Plötzlich beginnt die Klinge von Odins Schwert blau zu leuchten und es erscheint der Name Notung in altnordischer Runenschrift auf dem Schwert. Mit dem Finger streiche ich kurz über die Kerben des Namens und stecke dann die Klinge weg. Mit der zweiten Klinge geschieht dasselbe, als ich sie durch meine ersetze, nur das diese grün leuchtet und der Name Gram erscheint.
Ein letztes Mal sehe ich hoch in die Augen meines Erzeugers. „Ich tue es nur für sie.“
Mit diesen Worten verlasse ich den Tempel und mache mich schnellstens auf den Weg zurück zu Nevia.
Vier Tage nach der Begegnung mit Hati…
Inzwischen haben wir Freitag und Hati hat sich nicht mehr bei mir blicken lassen. Doch ich spüre, dass er da ist. Mehrmals bat ich ihn schon sich mir zu zeigen. Heute als ich mich in meiner Pause in die Sonne gesetzt habe um mein Sandwich zu essen, fühlte es sich an, als säße er direkt zu meinen Füßen. Ich habe versucht ihn zu berühren, doch da war nichts. Aber ich weiß einfach, dass er dort lag und auf mich aufgepasst hat. Er schirmt zwar seinen Körper ab, aber nicht seinen Geist. Man konnte seine Präsenz deutlich spüren. Er lässt mich niemals allein. Das ist ein unglaublich beruhigendes Gefühl, auch wenn ich trotzdem noch vermeiden werde nach Einbruch der Dunkelheit auf den Straßen zu sein. Zumindest soweit es sich regeln lässt.
Noch immer gibt es kein Lebenszeichen von Ritchie. Lexy sagt sein Handy ist abgeschaltet und das die Jungs, schon darüber diskutieren ob sie nicht doch die Polizei verständigen sollen.
Ich habe versucht sie zu beschwichtigen, ihr gesagt das Ritchie garantiert in den nächsten Tagen auftauchen wird. Doch langsam wird meine Sorge wieder größer. Wie lange kann eine Reise zu einem Tempel dauern? Tatsächlich drei Wochen? Hati sagte, dass er von Sekunde zu Sekunde näher kommt. Ich muss mich einfach auf seine Worte verlassen.
Und was mache ich wenn er wieder da ist? Ich bin so verwirrt, ich will ihn unbedingt wiedersehen. Aber will ich einen Mann lieben, der jeden Tag sein Leben aufs Spiel setzt um die Erde zu retten? Kann ich es einfach akzeptieren, dass der Mann den ich liebe sein Leben lang dazu gedrillt wurde, seine Gefühle abzuschalten und grausam zu töten? Kann ich in der Gewissheit leben, dass ich den Rest meines Lebens immer wieder mit diesen Monstern konfrontiert sein werde?
Ich habe so viele Fragen, auf die ich keine Antwort weiß. Doch die wichtigste Frage, die den Grundstein für alle Fragen legt ist, ob er mich wirklich will. Mich wirklich lieben will. Mit Haut und Haaren. Denn wenn die Antwort, Nein, lautet, werden alle anderen Fragen überflüssig.
Oh man schon seit Tagen denke ich darüber nach. So langsam raucht mir der Kopf gewaltig, ich muss ihn wiedersehen. Mindestens einmal nur um diese Frage ein für alle Mal zu klären. Um meinem Kopf endlich Ruhe zu gönnen.
Ich halte inne und sehe an dem Gebäude hoch vor dem ich nun stehe. Die Stadtbibliothek. Einer meiner liebsten Orte, nach dem Krankenhaus und meiner Wohnung. Zwischen dieser unglaublichen Anzahl an Büchern fühle ich mich immer so geborgen, fast wie zu Hause. Jedes dieser Bücher erzählt seine eigene Geschichte und es ist faszinierend durch die Reihen an Regalen zu gehen, mit der Hand über die Buchrücken zu streichen und zu lauschen, wie sie erzählen. Mir ihren Inhalt stumm mitteilen.
Ich werde Ritchie jetzt erst einmal aus meinem Kopf verbannen und stattdessen Fachwissen für mein Studium Einlass gewähren.
Mein Magen beginnt zu Knurren, also beschließe ich eine kurze Pause zu machen um einen Happen zu essen. Ich krame mein Sandwich aus meiner Tasche und beiße herzhaft hinein. Mhm…das tut gut.
Beim Essen sehe ich mich in der Bibliothek um und bemerke erstaunt, dass kaum noch jemand da ist. Eigentlich nur noch die nette Bibliothekarin. Schnell laufe ich zum nächsten Fenster.
Oh nein. Ich habe völlig die Zeit vergessen. Es ist inzwischen schon dunkel draußen. Die Bibliothek wird also gleich schließen. Hastig gehe ich zurück an meinen geliebten Arbeitstisch und beginne meine Sachen zusammen zu packen. Bis plötzlich das Licht ausgeht.
Erschrocken halte ich die Luft an. Beruhig dich, die Bibliothekarin wird dich nur übersehen haben.
„Hallo? Hallo, entschuldigen Sie ich bin noch hier drin, würden Sie das Licht bitte wieder anschalten?“
Keine Antwort man hört nur einige Schritte und klappernde Schlüssel bis eine Tür ins Schloss fällt.
„Hallo?“ Oh mist, mist, mist. Was mache ich denn jetzt? Ich kann die Hand vor Augen nicht sehen, so düster ist es. Langsam bekomme ich es mit der Angst zu tun.
Was ist das für ein Spielchen? Es ist unmöglich, dass sie mich überhört hat, aber sie ist trotzdem gegangen. Warum passiert immer mir so etwas, ich werde scheinbar vom Pech verfolgt.
Mein Atem geht immer schwerer und mein Herz schlägt schneller. Ich habe Angst, aber ich muss irgendetwas tun. Ich werde mir jetzt langsam den Weg zur Tür bahnen und schauen, ob sie vielleicht doch offen ist. Ja, das ist ein guter Anfang.
Ich rede mir noch einmal gut zu und gehe dann den ersten Schritt. Kurz halte ich inne um noch einmal tief durch zu atmen. Dann gehe ich den nächsten Schritt und noch einen.
Es passiert so plötzlich, ich habe es nicht einmal kommen gehört.
Eine schwere Hand legt sich auf meinen Mund, um meinen erschrockenen Schrei zu unterdrücken. Eine zweite zieht mich an eine harte Männerbrust.
„Sch-Sch, Nevia. Ich bin es, Ritchie.“, flüstert er.
Ein riesiger Stein fällt mir vom Herzen. Er lebt und ist in einem Stück zurückgekehrt. Ich bin nicht mehr alleine in dieser Dunkelheit gefangen und mich hat kein kranker Höllenpsychokiller gepackt, sondern er. Aber er sollte sich auf jeden Fall abgewöhnen mich immer von hinten zu packen. Das ist jedes Mal ein riesiger Schock.
Langsam geht er mit mir einige Schritte rückwärts bis in die Ecke des Raumes.
„Ich nehme jetzt meine Hand weg. Du wirst keinen Ton von dir geben, verstanden?“
Oh mein Gott, dieser Befehlston verursacht mir Gänsehaut am ganzen Körper. Es fühlt sich gut an wenn er die Kontrolle übernimmt, doch in dieser Situation, jagt es mir Angst ein.
Ich nicke leicht mit dem Kopf und seine Hand verschwindet. Ruckartig dreht er mich mit dem Rücken zur Wand und schirmt mich mit seinem Körper ab. Seine Arme neben meinem Kopf abgestützt, hat er mich eingekesselt und mustert mein Gesicht eindringlich. Sein Blick bleibt etwas länger an meinen bebenden Lippen hängen, bevor er mir in die Augen sieht. Flüssiges Feuer erhitzt meinen Körper und lässt mein Herz kurz aussetzen. Doch dieser Moment währt nur kurz, denn er dreht seinen Kopf zur Seite und fixiert angestrengt einen Punkt an der Wand. Genau wie beim letzten Mal, als würde er horchen. Plötzlich beißt er die Zähne so fest zusammen, dass sein Kiefer knackt und ein leises, tödliches Knurren entweicht seinen Lippen.
„Was ist los?“, wispere ich verängstigt.
„Still.“, ruft er mich zur Ordnung und drängt mich mit seinem Körper enger an die Wand.
Er sieht sich über die Schulter und ich tue es ihm gleich.
Ein undeutlich leuchtend, schwarzer Schatten kommt direkt auf uns zu. Und als er näher kommt erkenne ich in ihm einen Mann. Einen wirklich attraktiven Mann, etwa in meinem Alter. Doch er wirkt überhaupt nicht, wie ein normaler Mann meines Alters, denn erstens ist es nur ein Schatten und zweitens strahlt dieser eine grauenerregende Aura aus, die mir mehrere Schauer gleichzeitig über den Rücken jagt. Ein paar Meter vor uns hält er an und sieht sich suchend um. Kann er uns etwa nicht sehen? Hat Ritchie etwa dieselbe coole Fähigkeit wie Hati? Das wäre wunderbar.
Langsam bildet sich ein bösartiges Schmunzeln auf seinem Gesicht, als er seinen Blick in unsere Richtung wendet. Mein Herz rast inzwischen in meiner Brust, während das von Ritchie noch immer gleichmäßig und kräftig in seiner Brust schlägt. Als wäre das hier völlig normal, obwohl, für ihn ist es das ja auch. Er hat keine Angst. Ich wünschte ich könnte genauso mutig sein wie er.
Mit diesem bösartigen Schmunzeln mustert der Schatten kurz Ritchie, bevor sein Blick weiterwandert und sich direkt in meine Augen brennt. Sein Schmunzeln wird breiter und verzieht sich zu einem abscheulichen Grinsen. Nicht in der Lage meinen Blick abzuwenden, klammere ich mich in Ritchies Shirt, der dem Schatten wiederrum knurrend, die Sicht auf mich versperrt.
Was ist das nun schon wieder für ein neues Wesen? Gibt es tatsächlich auch Geister, die einen heimsuchen? Oh mein Gott, ich glaube wenn ich noch mehr solche Horrorerfahrungen machen muss, werde ich einen Herzinfarkt erleiden oder in der Klapsmühle enden.
Nach einer gefühlten Ewigkeit beginnt Ritchie zu sprechen. „Er ist weg.“
Erleichtert atme ich tief durch, schaffe es aber noch nicht mich von Ritchie zu lösen. Ich lehne meinen Kopf gegen seine Brust und lausche seinem Herzschlag. Gleichmäßig und kräftig. Wie das Herz eines Kriegers. Ist ein Herz wie dieses überhaupt in der Lage zu Lieben oder liebt es nur den Kampf? Noch weiß ich es nicht, aber ich will seine Nähe jetzt genießen, falls es das letzte Mal ist.
Aber auch er scheint sich nicht lösen zu wollen. Im Gegenteil. Er schlingt seine starken Arme um mich und hält mich fest, verhindert, dass ich falle. Sanft streicht er über meine Haare, bevor er mir die Hand unters Kinn legt und mein Gesicht sachte anhebt.
„Hey, alles klar?“, fragt er, während er forschend mein Gesicht mustert.
Zögernd nicke ich ihm zu. Wieder bleibt sein analysierender Blick an meinen noch immer bebenden Lippen hängen und das Feuer in ihnen vergrößert sich. Und auch sein Herz schlägt plötzlich gar nicht mehr so gleichmäßig in seiner Brust, sondern beschleunigt sein Tempo.
Und genau das ist der Auslöser dafür, dass ich mich nicht mehr dagegen wehren kann. Unsere Körper so dicht beieinander, es fühlt sich so richtig an. Und ich will mehr davon, mehr von ihm.
Sehnsüchtig erwarte ich seinen Kuss.
Als seine Lippen auf meine treffen, fühlt es sich an, wie eine kleine Explosion aufgestauter Gefühle.
Ich schlinge meine Arme um seinen Hals und drücke ihn gierig enger gegen mich. Er spannt seinen Körper an, sodass ich jeden einzelnen seiner harten Muskeln spüren kann, überall auf mir. Es fühlt sich so unglaublich gut an, dass meinen Lippen ein leises Stöhnen entweicht. Diese Gelegenheit nutzend, lässt Ritchie seine Zunge in meinen Mund gleiten. Begierig komme ich ihm mit meiner entgegen.
Der Kuss wird leidenschaftlicher und Ritchies Hand sucht sich einen Weg unter meine Strickjacke, wo sie sich erfolgreich unter mein Top fummelt. Beim ersten Kontakt Haut auf Haut durchfährt mich in meiner Mitte ein Feuer, das sich ungestüm ausbreitet und meinen Körper von innen verbrennt. Ungezügelt beginne ich mich an ihm zu reiben und bemerke erfreut, dass er innerlich gerade genauso verbrennt, wie die unverkennbare Beule in seiner Hose beweist. Knurrend lässt er seine Hand meinen Rücken rauf streicheln, zum Verschluss meines BHs, den er umfasst, bereit in aufschnappen zu lassen. Doch er hält inne.
„Hör auf oder ich kann mich nicht mehr beherrschen, Nevia.“, flüstert er mit rauer, autoritärer Stimme gegen meine Lippen.
„Ich will es.“, wispere ich kleinlaut zurück.
Er beißt mir spielerisch in die Unterlippe und holt langsam seine Hand unter meinem Top hervor.
„Nein, Nevia. Ich weiß ganz sicher, dass das nicht das ist was du willst.“, erwidert er und streicht sanft mit seinen Lippen über meine. Vorsichtig öffne ich die Augen und mir wird sofort bewusst, was hier gerade geschehen ist. Oh mein Gott ich bin kurz davor gewesen mit Ritchie zu schlafen, hier. Ich habe ihn regelrecht angefallen, wie eine verhungernde. Augenblicklich schießt mir das Blut in die Wangen, was er zum Glück nicht sehen kann, dank der Dunkelheit. Das war doch nicht wirklich ich.
Keuchend hole ich Luft. „Das…das tut mir leid. Ich weiß nicht was in mich…“
„Entschuldige dich nicht dafür.“, unterbricht er mich. „Es hat mir gefallen, wie ungehemmt du dich mir hingeben wolltest.“
Ahh, jetzt kommt er wieder mit dieser Nummer, mich in Verlegenheit zu bringen. Natürlich werde ich gleich noch röter im Gesicht.
Ritchie stößt ein leises, wissendes Lachen aus und tritt dann einen Schritt zurück. „Vielleicht sollte ich erst einmal versuchen, Licht anzumachen. Warte hier.“
Schnell greife ich nach seiner Hand, bevor er sich abwendet und halte ihn fest. „Lass mich nicht hier alleine.“
Er tritt wieder auf mich zu, legt mir seinen Arm um die Taille und zieht mich schützend an sich. „Dann komm mit mir.“
Ich lasse mich von ihm durch die Dunkelheit, in den vorderen Teil der Bibliothek führen. Zielsicher geht er in ein kleines, hinter dem Tresen gelegenes, Büro. Wie er sich in dieser Dunkelheit so gut zurechtfinden kann, kann ich wirklich nicht sagen. Doch es passt zu ihm und seiner Beschützerrolle.
Er der strahlende Held in weißer, nein wohl eher schwarzer Rüstung, rettet die verängstigte, hilflose Jungfrau in Nöten, aus den Klauen der Feinde.
Plötzlich komme ich mir vor wie in einem kitschigen, doch sehr ausgefallenen Liebesroman, den ich in einem Zug verschlingen würde.
Soll mir tatsächlich so eine Liebesgeschichte wiederfahren?
Dieser Gedanke lässt mein Herz höher schlagen, das ist so aufregend. Obwohl mir eine ungefährlichere Version dieser Geschichte lieber wäre.
Als das Licht angeht muss ich durch die plötzliche Helligkeit erst einmal mehrmals blinzeln, um mich zurecht zu finden. Doch als sich meine Sicht klärt und ich ihn endlich richtig sehe fällt eine riesige Last von meinen Schultern. Gleichzeitig stockt mir der Atem.
Er ist wohlauf. Seine Verletzungen sind komplett verheilt, noch nicht mal Narben sind zurückgeblieben. Er sieht gut aus, wirklich richtig gut. Seine männliche Schönheit und diese rohe Kraft die von seinem Körper ausgehen überwältigen mich. Tausende Schmetterlinge spielen gerade in meinem Bauch verrückt, das Bedürfnis ihn zu spüren nimmt jeden Winkel meines Kopfes ein. Ich kann an nichts anderes mehr denken, als mir die Klamotten vom Leib zu reißen und mich auf ihn zu stürzen.
Was ist nur auf einmal los mit mir? Mit aller Kraft zwinge ich meinen Körper verzweifelt sich nicht vom Fleck zu rühren.
Ritchie mustert mich nur schweigend. Ahnt er was gerade in mir vorgeht und wartet nur darauf, dass ich mich nicht mehr beherrschen kann? Angespannt gehe ich einen Schritt zurück.
Er verfolgt meine Bewegung aufmerksam und runzelt die Stirn.
„Was ist los?“
Ich schlucke und schüttele den Kopf. „Ähm…nichts.“, erwidere ich mit rauer Stimme.
Ein Schmunzeln stiehlt sich auf seine sinnlichen Lippen. „Okay. Dann pack deine Sachen zusammen, damit wir von hier verschwinden können.“
Diese Worte erwecken mich aus meiner Starre. Nichts lieber als das, ich will hier unbedingt weg. Der Geist vorhin war mir wirklich nicht geheuer, ein zweites Mal will ich ihm nicht begegnen.
„So, wir können.“
Ritchie kommt auf mich zu und greift nach meiner Umhängetasche.
„Ist schon okay, das schaffe ich schon.“, komme ich ihm zuvor.
Schon wieder mustert er mich schweigend, was mich ganz nervös macht. Dann zuckt er mit den Schultern und sagt: „Okay.“
Ich gehe voran zum Ausgang, Ritchie dicht hinter mir. Sein Blick ruht auf mir, ich spüre genau wie er mich von oben bis unten betrachtet.
Die Finger kreuzend greife ich nach der Türklinke in der Hoffnung, dass sie aufgeht. Doch wie ich befürchtet habe, ist das nicht der Fall.
„Sie ist verschlossen.“
Ritchie legt mir eine Hand auf die Schulter. „Geh mal zur Seite.“
Ich komme seiner Aufforderung nach. „Was hast du vor?“
„Ich trete die Tür ein.“
Gerade als er zum Tritt ausholt, greife ich nach ihm und kralle mich in seinen Arm.
„Nein, das kannst du nicht machen.“
Er runzelt die Stirn. „Warum?“
„Das wäre Sachbeschädigung.“, erwidere ich aufgebracht.
Nun zieht er sarkastisch die Augenbrauen hoch. „Und?“
Ich forme die Augen zu Schlitzen. „Das ist kriminell.“
Er sieht mich nur unbeeindruckt an. „Willst du nun hier raus oder nicht?“
Empört stemme ich die Hände in die Hüften. „Ja, aber nicht indem du die Tür eintrittst.“
„Gut, dann bleiben wir hier.“
„Schön.“, antworte ich trotzig.
Ohne ihn weiter zu beachten gehe ich zurück zu dem Schreibtisch an dem ich vorhin saß und gehe weiter meinen Aufgaben nach. Ritchie lehnt sich lässig an die Wand und beobachtet mich unentwegt und schweigsam.
Sein Blick ist wie immer aufwühlend, doch ich versuche es auszublenden und mich auf meine Arbeit zu konzentrieren.
Und eine Zeit lang gelingt mir das tatsächlich. Aber irgendwann halte ich die Stille nicht mehr aus, es macht mich immer nervöser. Ich würde so gerne wissen was er denkt. Nur kann ich ihn ja nicht einfach fragen. Oder doch? Kurz atme ich tief durch bevor ich beginne zu reden.
„Warum beobachtest du mich die ganze Zeit?“
Ohne sich zu rühren oder den Blick von mir zu nehmen antwortet er: „Weil es mich fasziniert, wie schön du aussiehst, wenn du arbeitest.“
Damit habe ich nicht gerechnet und mir bleibt erst einmal die Luft weg. Er findet mich schön, oh mein Gott, mir wird gerade ganz warm. Dieses Bedürfnis ihn anzuspringen meldet sich auf einmal zurück.
„Ähm…achso.“, sage ich aufgeregt und wende mich hastig wieder meinen Aufzeichnungen zu, um mich nicht von meinem Verlangen überwältigen zu lassen.
Ein leises, sinnliches Lachen dringt an mein Ohr und verursacht mir eine Gänsehaut.
Ignoriere ihn und lies den nächsten Absatz Nevia, sage ich mir selbst.
Und wieder vertiefe ich mich in meinen Aufgaben.
Ritchie knurrt plötzlich bedrohlich. „Warum sagst du das nicht früher?“, flüstert er fast.
„Was?“, frage ich erschrocken.
„Ich habe mit mir selbst gesprochen.“, erwidert er abwinkend.
Ich schüttele den Kopf. „Nein hast du nicht.“ Kurz halte ich inne. „Du hast mit Hati gesprochen, habe ich Recht?“
Ritchie stößt sich von der Wand ab und baut sich autoritär vor mir auf. „Woher weißt du von ihm?“
„Er hat mir das Leben gerettet…vor ein paar Tagen. Vor drei Harpyien oder so etwas.“
Seine Augen lodern zornig auf. „Was ist passiert?“
Sofort beschwichtige ich ihn. „Keine Sorge, er war da, bevor sie mich anrühren konnten.“
„Er hätte mir Bescheid geben müssen. Pack deine Sachen, er kann uns die Tür öffnen, ohne sie zu beschädigen.“
Erleichtert verlasse ich die Bibliothek und entdecke den riesigen schwarzen Wolf, der vor dem Eingang sitzt.
Lächelnd gehe ich auf ihn zu. „Schön dich wieder zusehen.“
Ich war immer da.
„Ich weiß.“, antworte ich und schlinge die Arme um seinen kräftigen Hals.
Als ich von ihm ablasse, steht Ritchie stirnrunzelnd und nicht gerade erfreut neben uns.
„Hast du mir irgendetwas zu sagen Köter?“
Verzeih mir Meister, ich war in der Annahme ich soll dir nur Bescheid geben, wenn es Probleme gäbe.
„Noch so ein Zwischenfall, von dem ich nicht informiert werde…“ Er tritt einen Schritt an ihn heran und baut sich bedrohlich vor dem riesigen Wolf auf, sieht ihm dabei drohend in die Augen. „…und ich werde dir deinen Arsch erst aufreißen und dann persönlich in die Hölle befördern. Hast du mich verstanden?“
Hati knurrt bedrohlich, fletscht die Fänge und geht in Angriffsposition.
„Wir können das auch sofort klären. Dieselben Spielregeln wie beim letzten Mal, ohne Waffen, nur einer überlebt.“ Ein selbstsicheres Schmunzeln tritt auf seine Lippen. „Diesmal lasse ich dich nicht Leben.“
„HEY! SOFORT STOPP!“, rufe ich und quetsche mich zwischen die beiden.
„Misch dich da nicht ein, Nevia.“, zischt Ritchie.
Aufgebracht erwidere ich: „Oh doch, das tue ich. Du setzt dich jetzt hin und hörst sofort auf zu Knurren.“, sage ich streng an Hati gewandt. Er kommt meiner Anweisung augenblicklich, wenn auch wiederwillig nach.
„Und jetzt zu dir. Was erlaubst du dir eigentlich? Du hast Hati die Aufgabe erteilt, mich zu beschützen. Als diese Monster mich umzingelten, war er da um genau das zu tun. Ohne ihn wäre ich gar nicht mehr am Leben. Doch anstelle von Dankbarkeit, dafür das er das tat was du wolltest, drohst du ihm mit Gewalt. Nur weil er dir nicht Bescheid gegeben hat?“
Ritchie schnauft und antwortet spöttisch: „Gut geschlussfolgert. Ich hätte es schon längst erfahren müssen.“
„Vielleicht. Doch was hätte es geändert? Gar nichts, du hättest nichts tun können. Also was interessiert es dich überhaupt?“, frage ich nun wirklich wütend.
Regungslos sieht er mich aus lodernden Augen an und ohne einen Hauch von Spott in der Stimme sagt er: „Weil du mich interessierst, Nevia. Ich kann nicht anders.“
Die Wut die ich eben noch verspürt habe, ist mit diesen Worten unmittelbar erloschen. Eine Welle von Gefühlen stürzt auf mich ein, die ich nicht mehr aufhalten kann. Die Einsamkeit die in seinen Worten mitschwang, löst Mitgefühl aus und lässt mein Herz weinen. Doch der Inhalt dieser Worte bringt es aus Freude zum Tanzen. Es wird von dem Gefühl überschwemmt, welches ich versucht habe die ganze Zeit zu unterdrücken.
Ich bin gerade dabei mich Hals über Kopf in Ritchie zu verlieben.
Langsam streckt er mir seine Hand entgegen, wartet, dass ich sie ergreife. Zerstreut starre ich auf seine Hand. Einige Sekunden stehen wir so da.
Ich atme tief ein und beim ausatmen lege ich meine kleine in seine riesige Hand, welche er sofort umschließt und mich zu seinem Motorrad führt.
Entschlossen hebt er mich rauf und steigt dann selber auf.
„Wo fahren wir hin?“, frage ich.
„Ich bringe dich nach Hause.“, erwidert er knapp und lässt den Motor aufheulen.
Mein Herz setzt einen Moment aus. „Nein, bitte…“
Erwartungsvoll sieht er mich über die Schulter an. „Was bitte?“
„Ich…will noch nicht nach Hause.“ Puh, es ist raus. „Fahr mit mir irgendwo anders hin.“
Die Flammen in seinen Augen vergrößern sich. „Ich sollte mich mal bei den Jungs blicken lassen.“
„Du warst noch nicht da?“
Er schüttelt den Kopf. Dann sollte er das tatsächlich schleunigst nachholen. Sie machen sich wirklich Sorgen.
„Worauf wartest du dann noch? Fahr los.“, sage ich ermunternd.
Überrascht mustert er mich kurz, bevor er dann meiner Anweisung folgt.
Mit einem etwas unwohlen Gefühl im Magen folge ich Ritchie in das Apartment, wo die Band sich niedergelassen hat. Alleine mit fünf Männern, war es wirklich die richtige Entscheidung ihn hierher zu begleiten?
Ach Nevia, sei nicht immer so skeptisch. Ritchie wird nicht zulassen das mir irgendetwas passiert. Das hat er mir inzwischen bewiesen.
Als die Fahrstuhltür sich öffnet hört man gedämpfte Musik die durch die Tür dringt.
Oh nein, da drinnen steigt doch nicht etwa eine Party oder?
Für einen Rückzieher ist es zu spät, was auch immer da drinnen vor sich geht, da muss ich jetzt durch.
Laute Musik, gedimmtes Licht, eine dicke Qualm Wolke und eine größere Ansammlung von Menschen kommt mir entgegen.
Also wirklich eine Party. Zögernd bleibe ich stehen, doch Ritchie legt mir sofort leicht die Hand auf den Rücken und führt mich mit sanftem Druck durch die Menge. Aber als die Leute ihn sehen, gehen sie freiwillig aus dem Weg und geben den Blick auf eine Couchecke frei, auf der die Jungs und, innerlich spreche ich ein Dankesgebet, Lexy sitzt.
Als Brant uns entdeckt, steht er ruckartig auf und kommt uns entgegen.
Er sieht wirklich wütend aus.
„Wo hast du gesteckt?“
Ritchie sieht ihn emotionslos an. „Unwichtig, ich bin zurück.“
Brant verengt die Augen und ballt die Hände zu Fäusten. Oh mein Gott er wird doch wohl nicht…
Blitzartig holt er aus und trifft Ritchie mit der Faust direkt im Gesicht, sodass sein Kopf zur Seite fliegt.
„Das nächste Mal, sag gefälligst Bescheid, wenn du länger verschwindest.“
Langsam hebt Ritchie den Kopf, noch immer emotionslos. „Ich schätze das habe ich verdient.“
Brant nickt zustimmend und lächelt mich dann entschuldigend an. „Hi Nevia, sorry aber das musste erst geklärt werden.“
„Schon okay.“, antworte ich und lächele ihn ebenfalls an, bevor ich mich neben Lexy setze, die zwischen mir und Ritchie mit offenen Mund und großen Augen hin und her starrt. „Oh Süße, ich denke du hast mir einiges zu erzählen.“, flüstert sie mir schmunzelnd zu.
Seufzend ergebe ich mich und flüstere zurück. „So interessant ist das gar nicht, aber ich erzähle es dir später.“
Zufrieden lehnt Lexy sich zurück und Brant legt den Arm um sie. Wow, er scheint sie wirklich zu mögen, ich freue mich sehr für sie. Sie sieht so glücklich aus. Unauffällig schiele ich zu Ritchie der zwischen Dario, Chuck und Tony sitzt und sich von denen ebenfalls eine Standpauke abholt.
Danach erzählen sie ihm was in der Zwischenzeit so passiert ist. Von Ideen für neue Songs, bis hin zu Frauen die sie, wie sie es nennen, flachgelegt haben. Sie erzählen ihm auch von zwei Frauen die regelmäßig vorbei kommen und nach ihm fragen.
Ein seltsames Gefühl bildet sich in meiner Magengegend und ich kann es eindeutig als Eifersucht deuten.
Ich wusste, dass er viele Frauen hatte, aber zu hören, dass sie sich so offensichtlich an ihn ranschmeißen bringt mich zum Kochen.
Plötzlich erhebt Ritchie sich und beugt sich zu mir herunter. „Was willst du trinken?“
„Oh, ähm…ich nehme nur ein Wasser, danke.“
Er sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Bevor ich etwas sagen kann wirft Lexy ein: „Bring ihr einen Cosmopolition, Ritchie. Du wirst bestimmt kein Wasser auf einer Party trinken, du Heilige.“
Einwände sind nicht möglich, denn Ritchie marschiert schnurstracks los.
Kurze Zeit später kommt er mit dem Drink und einem Glas Jack Daniels auf Eis zurück.
Misstrauisch beäuge ich die Himbeerrote Flüssigkeit und nippe dann vorsichtig. Zuerst schmeckt es süß, doch der bittere Nachgeschmack des Alkohols lässt mich das Gesicht verziehen.
Angewidert stelle ich das Glas zur Seite und bemerke aus dem Augenwinkel eine sich nährende Person.
Eine knapp bekleidete, top gestylte Wassestoffblondine, schlendert mit einem eleganten Hüftschwung auf die Gruppe zu und nimmt Kurs, direkt auf Ritchie.
„Hi, darf ich mich zu dir setzen?“, fragt sie mit einem klimpernden Augenaufschlag.
Dario und Chuck, sagen sofort sie soll sich setzen, Ritchie checkt sie von oben bis unten ab und zuckt lediglich mit den Schultern.
Geschmeidig lässt sie sich viel zu dicht neben ihm nieder und erzählt ihm wie sie heißt, was sie so macht und wie gelenkig sie ist. Dario und Chuck antworten ihr beeindruckt auf das Erzählte, Ritchie sieht Tony nur interessiert dabei zu wie er einen Joint dreht. Schmachtend legt sie ihm eine Hand auf den Oberschenkel. Er reagiert nicht darauf.
Am liebsten würde ich ihr die Augen auskratzen. Angespannt greife ich nun doch wieder nach meinem Glas und trinke es in einem Zug aus.
Da sie sich scheinbar ignoriert fühlt ändert sie die Taktik. Sie greift nach seinem Glas, welches direkt neben ihrem steht und trinkt einen Schluck daraus.
Gespielt schockiert sagt sie zu ihm: „Oh sorry ich glaube ich habe aus deinem Glas getrunken.“
Als er auch darauf nicht reagiert, versucht sie es weiter.
„Hey das tut mir wirklich leid, ich wollte nach meinem Glas greifen. Ich hoffe du bist mir nicht böse das ich etwas aus deinem Glas getrunken habe, vielleicht…“
Er schneidet ihr das Wort ab. „Puppe, willst du mir ein Gespräch aufdrängen?“
Entrüstet sieht sie ihn mit großen Augen an. Dann zieht sie die Augenbrauen kraus, streckt die Hand in einer arroganten Geste aus und erhebt sich mit einem hochnäsigem: „Tzzz…“
Nach ihrem Abgang fangen Brant, Dario, Chuck und Tony an herzhaft zu lachen und hauen Ritchie bestätigend auf die Schulter.
Lexy jedoch sieht erst der Blondine hinterher und fixiert dann mich. Stürmisch erhebt sie sich und zieht mich hinter sich her Richtung Toilette. Ich spüre wie Ritchies Blick mir folgt als wir hinter der Tür verschwinden.
„Was ist denn los?“, frage ich überrumpelt.
„Das hier ist deine Chance, Nevi, lass ihn dir nicht von einer anderen wegschnappen.“
Irritiert schüttele ich den Kopf. „Was meinst du damit?“
„Man Nevi, ich habe gesehen, wie du die Tussi mit Blicken töten wolltest, jetzt tu nicht so.“
Seufzend sehe ich zu Boden. Sie hat Recht. Nur weiß ich absolut nicht wie ich vorgehen soll. Ich bin einfach nicht der Typ für solche Aufreißaktionen.
„Willst du Ritchie oder nicht?“
Ehrlich, jedoch resignierend nicke ich.
„Alles klar.“, kommt von ihr. „Verlass dich drauf, er wird sabbern bei deinem Anblick.“
Oh Gott, was hat sie jetzt schon wieder vor? Sie kommt auf mich zu, nimmt mir die Brille von der Nase und zieht den Zopfgummi aus meinen Haaren. Mit Haarspray zaubert sie etwas Volumen rein. Dann kramt sie in ihrer Tasche nach einem Mascara, mit dem sie meine Wimpern tuscht, für einen unwiderstehlichen Augenaufschlag, wie sie sagt. Noch etwas knallroten Lippenstift, bevor sie mir kurzerhand meine Strickjacke vom Leib reißt. In den Schubladen kramt sie nach etwas, bis sie schließlich eine Schere herausholt. Skrupellos schneidet sie den Saum des Tops ab, sodass ein schmaler Streifen Haut sichtbar wird. Am Ausschnitt schneidet sie ein V rein, welches einen großzügigen Ausblick auf meine Brüste gewährt. Meine BH-Träger schnürt sie fester, damit meine Brust noch ordentlich gepuscht wird. Skeptisch sehe ich in den Spiegel und was ich sehe, bin absolut nicht ich.
Normalerweise würde ich das nicht zulassen, doch der Alkohol beginnt schon zu wirken.
Und der sagt, dass ich heiß aussehe, ebenso wie Lexy.
„Du wirst dir jetzt noch etwas Mut antrinken und dann schnappst du ihn dir, Chica.“
Tief Luft holend nicke ich ihr zu und folge ihr hinaus zurück zu den Jungs.
Mit aller Kraft widerstehe ich dem Drang den beiden zu folgen. Was haben sie vor und wo sind sie hin? Immer wieder sehe ich mich suchend nach ihnen um. Doch in der Masse kann ich beide nicht entdecken.
„Hey Ritchie, was ist los?“, fragt Brant und mustert mich durchgehend.
Ich schüttele nur den Kopf. „Alles cool.“
„Hast du eine scharfe Frau entdeckt oder wonach hältst du Ausschau?“
„Nach gar nichts.“, erwidere ich gelangweilt.
Ein wissendes Schmunzeln tritt auf seine Lippen, welches ich ihm am liebsten aus dem Gesicht prügeln würde. „Sicher.“
Den ironischen Unterton in Brants Stimme, hätte selbst ein Kleinkind gehört und ich kann nicht anders, als ihm einen vernichtenden Blick zu zuwerfen.
Ein Fehler, wie ich merke, denn das bestätigt ihn nur noch in seiner Annahme.
Sein Schmunzeln wird zu einem dicken Grinsen. „Ungewohnter weise bist du gerade ziemlich durchschaubar. Aber weißt du, ich finde es toll. Es wurde Zeit, dass du eine Frau kennenlernst, die dir den Kopf verdreht.“
Ich schnaufe verächtlich. „Wer sagt, dass sie mir den Kopf verdreht?“
„Das ist offensichtlich.“, erwidert er nur.
Misstrauisch verenge ich die Augen. „Bullshit. Du siehst, was du sehen willst, das ist alles.“
Brant schüttelt noch immer grinsend den Kopf. „Ich nenne dir drei Bespiele. Erstens: Du hast sie noch nicht flachgelegt, für deine Verhältnisse ziemlich sonderbar. Zweitens: Ist sie die erste Frau für die du Dinge tust, die du sonst nicht tust, wie sie auf deinem Motorrad nach zu Hause fahren oder sie nicht flach zulegen. Drittens: Ist sie die erste Person, die du aufgesucht hast, nachdem du wieder hier warst, immerhin bist du mit ihr zusammen hier angekommen, also müsst ihr schon vorher zusammen gewesen sein. Und ich wette, du hast sie immer noch nicht flachgelegt.“
Was ich darauf antworten soll, weiß ich nicht. Ich sehe Brant nur an, ohne ihm eine Gefühlsregung zu zeigen und verschleiere so, wie Recht er doch eigentlich hat.
Mal davon abgesehen, geht es mir sowieso gegen den Strich, über meine Gefühle zu reden, das habe ich noch nie getan, weder mit ihm noch mit sonst jemand. Also, werde ich jetzt bestimmt nicht damit anfangen.
„Warum so still, habe ich ins Schwarze getroffen?“, fragt er belustigt.
Bevor ich etwas erwidern kann, tauchen Nevia und Lexy, beide mit einem Drink in der Hand, wieder auf. Doch Nevias Anblick löst mehrere Emotionen auf einmal in mir aus. Wie besessen starre ich sie an. Das erste was ich fühle ist heftiges Verlangen. Ich will sie an mich ziehen und in ihre glänzenden grünen Augen sehen, bevor ich ihren sexy Körper mit meinen Händen erkunde und ihre vollen roten Lippen küsse, bis sie besinnungslos vor Erregung um Erlösung bittet.
In meiner Hose regt sich mein Schwanz ungeduldig und will endlich rausgelassen werden. Über drei Wochen kein Sex, nur Fantasien davon mit ihr und sie jetzt so zusehen. Wie soll ich da nur weiter wiederstehen? Das grenzt fast schon an Folter.
Sie wirft mir einen schüchternen Blick zu, wendet ihn jedoch sofort wieder ab.
Meine Augen wandern ihren Körper hinunter und bleiben an ihren prallen Brüsten hängen, doch bevor ich sie weiter anschmachten kann, wird mir knallhart vor Augen geführt, dass ich nicht der Einzige bin.
„Mhm…Nevia du siehst heiß aus.“, haut Dario raus.
Sie wird rot im Gesicht und antwortet verlegen: „Ähm…danke.“
Rasende Wut macht sich in mir breit und versetzt meiner Erregung einen Dämpfer. Ich lasse meinen Blick schweifen. Dario und Chuck gaffen Nevia lüstern an, so wie ich es gerade noch tat, sogar Tony kann seinen Blick nicht von ihr lassen und der ist eigentlich immer sehr zurückhaltend. Auch Blicke von vielen andren Männern im Raum sind auf sie gerichtet. Sie selber scheint gar nicht zu wissen, wie scharf sie aussieht. Innerlich tobe ich inzwischen vor Eifersucht, doch ich versuche es mir äußerlich nicht anmerken zu lassen. Ein wirklich harter Kampf.
Brant grinst schelmisch und nickt Lexy anerkennend zu.
Hätte ich mir denken können, dass Barbie etwas damit zu tun hat. Was will sie damit bezwecken? Warum hat Nevia, das überhaupt zugelassen? Sie ist nicht der Typ, der freiwillig so rumlaufen würde, wieso also jetzt?
Barbie lässt sich plump neben Brant fallen und macht sich so breit, das Nevia keinen Platz mehr neben ihr hat.
Sie wirft Barbie einen Blick zu, den ich nicht deuten kann, bevor sie kurz durchatmet und sich dann neben mir niederlässt, dort wo die Schlampe vorhin noch saß.
Leider rückt sie mir nicht so dicht auf die Pelle, jetzt würde ich es mir wünschen.
Fuck, diese Frau treibt mich in den Wahnsinn. Ich weiß nicht wie und warum, aber wenn ich sie nicht bald bekomme, werde ich noch verrückt. Noch nie musste ich mich für eine Frau so anstrengen, sie wollten immer dasselbe wie ich. Doch Nevia ist anders, sie hat mehr als nur schnellen Sex verdient.
Sie verdient einen Mann, der sie anständig umwirbt, sie ehrt und auf Händen trägt.
Ob ich der Richtige dafür bin, ist abwegig und wenn ich gekonnt hätte, hätte ich sie nach dem Konzert nie wieder gesehen. Doch ich kann mich nicht von ihr fern halten, im ersten Moment hat sie mich schon für sich eingenommen. Ich kann an keine andere Frau mehr denken, als an sie.
„Auf dich Süße.“, sagt Chuck und erhebt sein Glas Richtung Nevia.
„Cheers.“, erwidert sie unsicher und stößt mit Chuck an.
Dario erhebt ebenfalls sein Glas um mit ihr anzustoßen und sagt: „Du solltest uns öfter besuchen kommen Püppy, mit uns kann man viel Spaß haben.“
„Ich habe leider nicht so viel Zeit für…“, sie sieht sich kurz um. „…so etwas.“
Chuck lacht. „Ach Quatsch, zum Feiern findet man immer Zeit. Was machst du denn so Wichtiges?“
Nevia sieht Chuck herausfordernd an und leert ihr Glas in einem Zug. „Ich mache etwas super Wichtiges. Ich bin Chirurgin.“
Dario pfeift anerkennend. „Eine Ärztin. Du musst sehr geschickte Hände haben, nicht wahr?“
„Äh… ja sicher. Das ist Voraussetzung, ohne eine ruhige Hand, könnte man innerlich schwere Verletzungen zufügen.“, erwidert sie.
Die zweideutige Anspielung hat sie nicht verstanden und ich könnte Dario die Nase dafür einschlagen, dass er jetzt so schäbig lacht.
„Wie Recht du hast. Ich besorge uns noch etwas zu trinken.“
Er erhebt sich und schlendert davon. Kurz darauf kommt er mit einer Flasche Champagner zurück und gießt Nevia großzügig ein.
„Was ist das?“, fragt sie misstrauisch.
„Champagner, für schöne Frauen nur das Beste.“
Um ruhig zu bleiben, trinke ich den Whisky in meinem Glas auf Ex und greife nach dem Joint, den Tony gerade gebaut hat. Ohne zu zögern gibt er ihn mir und ich nehme einige tiefe Züge von dem beruhigenden Rauch, bevor ich ihn Tony zurückgebe.
Nevia, die sich in der Zwischenzeit, weiter mit Dario und Chuck unterhalten hat, sieht mich vorwurfsvoll aus glänzenden Augen an. „Du rauchst Haschisch?“
Sie nuschelt etwas, was unglaublich süß klingt. Der Alkohol hat bei ihr schon begonnen zu wirken.
Das Verlangen sie an mich zu ziehen, wird immer stärker und wären wir alleine, könnte ich mich nicht zurückhalten.
Aber das sind wir nicht, also bemühe ich mich sie nur teilnahmslos anzusehen. „Hast du ein Problem damit?“
Kurz leuchten ihre Augen enttäuscht, über meine barsche Antwort auf, doch sofort verscheucht sie diesen Gefühlsausbruch und überspielt ihn mit Ärger. „Nein, mach ruhig was du willst.“
Kurzerhand erhebt Barbie sich und greift Nevia unsanft am Arm. Erschrocken sieht sie zu ihr auf.
„Komm mit, ich habe Lust zu tanzen.“, fordert Barbie sie auf.
Ihre Augen weiten sich. „Aber Lexy, ich…will das doch nicht.“
„Keine Wiederrede.“, sagt sie und zieht sie hoch.
Nevia leert noch schnell ihr Glas und lässt sich dann wiederwillig mitziehen.
Kurz vor der Tanzfläche bleibt Nevia stehen und hält Lexy auf weiterzugehen.
Doch Barbie sieht sie böse an und beginnt sie ziemlich angepisst zu tadeln. Zumindest sieht, das von hier so aus. Worum es tatsächlich bei diesem Gespräch geht, weiß ich nicht. Doch es drängt mich es herauszufinden.
Nevia sieht zu Boden, bevor sie seufzt und dann zustimmend nickt.
Also zieht Barbie sie nun endgültig auf die Tanzfläche und beginnt sich langsam zum Takt der Musik zu bewegen. Nevia beobachtet sie nur unsicher mit großen Augen. Barbie spricht ihr mit aufmunternden Worten zu, bevor sie auch beginnt sich zaghaft zu bewegen. Scheu sieht sie sich um und unsere Blicke treffen sich.
Eine wunderschöne Röte zieht sich über ihre Wangen, dann atmet sie tief durch und schließt die Augen. Sie lässt los, hört auf sich den Kopf zu zerbrechen und lässt sich einfach fallen, übergibt dem Alkohol die Führung.
Ungehemmt schwingt sie ihre weiblichen Kurven anmutig zur Musik. Ich kann nicht aufhören sie anzugaffen, wie so ein scheiß notgeiler Loser. Verdammt, sie ist die heißeste Versuchung, seit ich das erste Mal einen Harten bekommen habe.
Sie öffnet die Augen und mustert Lexy, die sie lobend angrinst und ihr irgendetwas zuruft. Dann hebt Lexy die Arme in die Höhe und lässt ihre Hüften kreisen.
Nevia strahlt über das ganze Gesicht und schließt wieder die Augen, diesmal selbstsicher und tut es ihr gleich.
Fuck, ich will das sie ihre Hüften auf mir so bewegt, wenn ich tief in ihr bin. Mein Schwanz beginnt wieder unruhig zu zucken und ich zwinge mich wegzusehen, direkt in das, Augenbrauen hochgezogene, ironisch grinsende Gesicht von Brant.
„Mann Bro, lass deine steinerne Fassade fallen und gesteh es dir ein. Schnapp sie dir doch endlich.“
Vollidiot, als ob ich es mir nicht schon längst eingestanden hätte. Ich will diese Frau, das ist mir mehr als klar. Aber es in der Öffentlichkeit zu zeigen, passt nicht zu mir. Es fällt mir schon schwer genug mich ihr zu öffnen, aber ich muss es tun. Schritt für Schritt.
Ansonsten zeige ich keine Gefühle, niemanden.
„Mann Bro, hör auf mich voll zu labern.“, erwidere ich genervt.
Brant lacht kurz auf. „Geht klar, nur eine Sache noch. Weißt du, jeder hier weiß das Lexy zu mir gehört. Keiner würde es wagen sie anzurühren. Aber unsere kleine Nevia, alter…ist freiwild.“
Mit dieser Aussage lehnt er sich lässig zurück. Sofort schnellt mein Blick zu Nevia, genau in dem Moment als irgendein Bastard seine Griffel auf ihren geilen Knackarsch legt. Erschrocken wirbelt sie herum.
Die Bombe die ununterbrochen in meinem inneren getickt hat, explodiert und ich sehe Rot.
Stürmisch springe ich auf und marschiere Wutgeladen auf die beiden zu.
Unbeherrscht stelle ich mich zwischen sie, schirme Nevia vor diesem schwanzgesteuerten Wichser ab.
Schockiert, weicht er einen Schritt zurück, doch er ist nicht schnell genug. Ich packe ihn brutal an der Kehle und ziehe ihn ganz nah an mein Gesicht, sodass ich ihm ins Ohr flüstern kann.
„Solltest du sie jemals wieder berühren, ihr zu nah kommen oder auch nur an sie denken, breche ich dir jeden deiner dreckigen Finger einzeln, klar?“
„Ja, scheiße, ich wusste doch nicht das sie zu dir gehört. Wenn ich es gewusst hätte, wäre mir das nicht mal im Traum eingefallen.“, antwortet er ängstlich.
„Dann weißt du es jetzt und jeder andere von euch sabbernden Spinnern auch.“, rufe ich drohend in die Menge, bevor ich ihn grob von mir stoße.
Er kann sein Gleichgewicht nicht halten und fällt unsanft zu Boden, doch er rappelt sich schnell wieder auf und sucht das Weite.
Angepisst wende ich mich Nevia zu, die mich entgeistert anstarrt. Entschlossen greife ich nach ihrer Hand. „Wir gehen.“
Sie erwacht aus ihrer Starre. „Wasss? Nein, isch will noch nisch gehn.“, erwidert sie störrisch lallend und versucht sich los zumachen.
Ich halte sie erbarmungslos fest und ziehe sie dicht an mich.
„Wir gehen jetzt.“, sage ich langsam und eindringlich.
Sie hört augenblicklich auf zu zappeln und sieht mich mit großen Augen an.
Und dann nickt sie gehorsam. Ich entlasse sie aus meiner Umarmung, hole ihre Sachen, greife dann nach ihrer Hand und führe sie auf dem schnellsten Weg raus aus dem Apartment.
„Wo gehn wia’n hin?“, fragt sie.
Man, sie ist echt ziemlich betrunken. Ich hätte mit dem Auto fahren sollen, sicher wird es ihr schwerfallen, auf dem Motorrad ihr Gleichgewicht zu halten.
„Ich bringe dich nach Hause.“
Sie beginnt zu wimmern. „Isch will nisch nach Hause.“
„Du bist betrunken.“, versuche ich sie zur Vernunft zu bringen.
„Neee, bin isch gar nisch.“
Ich mustere sie mit hochgezogenen Augenbrauen. „Doch bist du.“
„Isch geh nua nach Hause, wenn du bei mia bleibsd.“, stellt sie mürrisch klar.
Kurz sehe ich sie an. Ich bin mir nicht sicher ob das wirklich ihr Wunsch ist oder ob das dem Alkohol zu zuschreiben ist. Also antworte ich nicht, helfe ihr in ihre Jacke und setze sie auf das Motorrad.
Ich setze mich hinter sie, um sie stützen zu können, es ist mir zu gefährlich, sie hinter mir sitzen zu haben.
„Dasss is aba verbotn.“, sagt sie leise kichernd.
Und dieses Kichern bewirkt bei mir ein wohliges Kribbeln, in der Magengegend.
Ein leichtes Schmunzeln stiehlt sich auf meine Lippen. „Keine Sorge, niemand sieht uns.“
„Kanns du uns auch unsischbar machen? Dasss is soo cool.“
Sie ist wirklich bezaubernd, wenn sie betrunken ist. „Ja, kann ich. Versuch dich fest zu halten, okay?“
Sie lehnt sich gegen meinen Oberkörper und sagt dann zufrieden: „Aba du hälst misch doch. Mia wird nischs passiern.“
Sie wirkt so glücklich, ich weiß nicht wie ich es anders beschreiben soll. Und sie so zu sehen macht es mich ebenfalls. Mit Vollgas fahre ich los.
Ich hebe Nevia von meinem Baby, die sich lachend in meine Arme fallen lässt. „Dasss had soon Spaßßß gemachd.“
Grinsend schiebe ich sie nach oben in ihre Wohnung. „Ach jetzt macht es auf einmal Spaß?“
„Jaaa, es fühld sisch an, als würde man fliegn.“
Sie schließt die Tür zu ihrer Wohnung auf. Aber anstatt ihr rein zu folgen, bleibe ich in der Tür stehen. Ich bin mir immer noch unsicher, ob sie das vorhin ernst meinte.
Doch als sie bemerkt, dass ich nicht eintrete, sieht sie mich mit zitternden Lippen an. „Du willsd gar nisch bleibn, oda?“
Verwirrt runzele ich die Stirn. Oh scheiße, fang jetzt nicht an zu heulen. „Doch, ich will bleiben.“
Schnell betrete ich ihre Wohnung und schließe die Tür.
Die zitternden Lippen, werden durch ein strahlendes Lächeln ersetzt und sie kommt auf mich zu. Sie legt die Arme um meinen Hals und küsst mich zaghaft auf die Lippen, eine so sanfte Berührung, die sich anfühlt, als wäre ich im Himmel.
„Isch hab Lusst zu tanzn.“, sagt sie und wirbelt anmutig herum um ihr Radio an zumachen.
Aus den Lautsprechern erklingt die Stimme von Dusty Springfield mit „Son of a preacher man“.
Nevia hebt die Arme in die Höhe und schließt die Augen, schwingt dabei ihre Hüfte sexy zur Musik und singt lautstark den Text mit. Ihre Stimme hört sich sogar wirklich gut an, trotz des Alkohols. Schon wieder kann ich nicht aufhören sie anzuschmachten. Ich könnte mich daran gewöhnen, sie vor mir so tanzen zu sehen, das macht mich wirklich richtig an. Am besten zieht sie sich noch langsam, sehr erotisch vor mir aus und zeigt mir ihren Prachtkörper, ohne den störenden Stoff.
Als hätte sie meine Gedanken gelesen, öffnet sie ihre Jacke, lässt sie ihre Schultern hinab zu Boden gleiten. Leider ist es das einzige Kleidungsstück was sie ablegt. Ohne irgendeinen Zweifel sieht sie mich an und lächelt mir auffordernd zu.
„Ritschie, tanz doch mid mia.“
Auch ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Und so gerne ich ja gesagt hätte, für meine Selbstbeherrschung, wäre es nicht sehr hilfreich, wenn sie sich an mir reibt.
„Ich sehe dir viel lieber dabei zu.“, erwidere ich.
Sie zieht eine Schnute. „Och bittöö, isch hab doch noch nie mit nem Mann getanzd.“
Ihre Worte lassen den männlichen Urinstinkt in mir erwachen, sie zu der meinen zu machen. Kein Mann hat zuvor mit ihr getanzt, ich will der erste und letzte sein, der das tut.
Langsam gehe ich auf sie zu und beobachte wie ihre Augen sich aufgeregt weiten. Dann kommt sie mir entgegen und legt mir ihre Hände auf die Brust. Ich schlinge die Arme um ihre Taille und beginne meine Hüften zu bewegen, führe sie damit zur Musik. Unsere Körper harmonieren perfekt miteinander, sie bewegt sich genauso wie ich es will. Es fühlt sich unglaublich gut an.
Mit einem sanften Druck gegen die Taille, drehe ich sie, sodass sie mit dem Rücken zu mir steht. Ihren rechten Arm lege ich in meinen Nacken und streiche mit meiner Hand an ihrer Seite entlang. Ein genussvolles Stöhnen entweicht ihren Lippen und sie macht genau das, was ich vermeiden wollte. Sie reibt ihren süßen Knackarsch an meinem Schwanz, der natürlich sofort zuckend darauf reagiert.
„Das solltest du besser lassen, wenn du nicht willst, dass ich über dich herfalle.“, flüstere ich ihr bestimmend ins Ohr.
Sie hält inne, doch kurz darauf beginnt sie zu kichern. „Gefälld dia dasss etwa?“
Erregt knurre ich ihr zu: „Mehr als das.“
Die letzten Töne des Liedes verklingen, bevor die CD den nächsten Titel abspielt. Bette Midler mit „The Rose“ ertönt. Kurz überlege ich, oh Mann, das ist echt eine Schiene zu romantisch, Nevia lässt ein schwärmerisches Seufzen erklingen. Doch als sie bemerkt, dass ich mich nicht mehr bewege, sieht sie über die Schulter. „Isch schalt dasss ma lieba weg.“
Sie will zum Radio gehen, aber mein Griff um sie ist zu fest. Sie kann nicht weg. Und das soll sie auch nicht. Vielleicht bin ich kein romantischer Typ, aber eine Frau wie sie, hat Romantik verdient. Wie könnte ich ihr das verwehren? Jede romantische Erfahrung die sie macht, soll mit mir sein.
Langsam beginne ich meinen Körper zur Musik zu wiegen. Erstaunt keucht Nevia auf, sagt jedoch nichts, lässt sich einfach nur von mir führen. Bedächtig senke ich meinen Kopf und vergrabe mein Gesicht in ihren Haaren, sauge ihren betörenden Duft ein.
Zärtlich streichele ich über ihren Körper, lasse natürlich sorgsam die interessantesten Stellen aus.
Nevias Puls beschleunigt sich, die Stimmung zwischen uns ist elektrisch aufgeladen und die Luft knistert vor sexueller Spannung.
Sachte drehe ich sie wieder zu mir um und sehe ihr tief in ihre wunderschönen, glänzenden Augen. Eine zarte Röte hat sich wieder auf ihr Gesicht geschlichen und ihre natürliche Schüchternheit kehrt zurück, die ich sofort ausnutze um sie in Verlegenheit zu bringen.
„Du bist wunderschön.“, flüstere ich. Meine Hand wandert von ihrer Hüfte, seitlich an ihrem Bein hinab. Kurzerhand greife ich in ihre Kniekehle und ziehe ihr Bein an meine Seite. Mit der anderen Hand drücke ich sie dicht gegen meinen Körper, unsere Gesichter sind nur Zentimeter voneinander entfernt. Schwer atmend schließt sie die Augen, will geküsst werden, doch diesen Gefallen tue ich uns noch nicht.
Ich beuge mich mit ihr zusammen nach vorne, sie keucht erschrocken nach Luft. Mit großen Augen sieht sie zu mir auf. Ich löse meine Hand von ihrem Bein und lege leicht meine Finger auf ihre vor Aufregung bebenden Lippen. Ihr zuerst verkrampfter Körper, entspannt sich und signalisiert mir damit, dass sie sich mir komplett hingibt, mir die Führung überlässt. Ihre Augen schließen sich, den Kopf lehnt sie weit nach hinten. Dabei streckt sie mir ihre Brüste verführerisch entgegen. Ein animalisches Knurren lässt meine Brust vibrieren. Hypnotisiert bewundere ich ihren Körper und streiche mit den Fingerspitzen an ihrem Kinn runter zu ihrem Hals.
„Mhm…und so verdammt sexy.“, flüstere ich mit rauer Stimme.
Nevia seufzt sinnlich auf. Meine Finger bahnen sich weiter ihren Weg durch das Tal zwischen ihren wohlgeformten Brüsten hinab zum Bund ihrer Hose, wo ich inne halte.
Weiter darf ich vorerst noch nicht gehen, auch wenn es schwer ist. Meine Beherrschung hängt nur noch an einem seidenen Faden und doch kann ich es nicht lassen mit dem Feuer zu spielen.
Ich lege meine Hand zurück in ihre Kniekehle und senke meinen Kopf, sodass ich sie leicht mit der Nasenspitze unterhalb ihrer Brüste berühre. Gemächlich folge ich mit ihr den Weg den meine Finger nahmen zurück, wobei ich diesmal länger zwischen ihren Brüsten verweile, koste es voll und ganz aus ihnen so nah zu sein und ihrem erregten Stöhnen zu lauschen.
Fuck, mein Schwanz ist inzwischen schon steinhart.
Langsam streiche ich mit meiner Nase, an ihrem Hals hinauf zu ihrem Kinn. Sie hebt sachte wieder den Kopf, öffnet die Augen einen Spalt und legt mir federleicht die Hand auf die Wange. Und ich kann nicht mehr wiederstehen.
Ich ziehe sie dicht an mich und erobere ihren Mund mit meinen Küssen. Ungeduldig lecke ich über ihre Unterlippe. Sofort öffnet sie den Mund etwas und gewährt mir Einlass.
Meine Zunge nimmt jeden Winkel ihres Mundes in Besitz und ihr einzigartiger Geschmack, lässt den einzelnen Faden meiner Beherrschung zerreißen.
Ich greife nach ihrem anderen Bein und hebe sie auf meine Hüfte, dabei drehe ich mich um und drücke sie gegen die Wand, sperre sie zwischen meinem Körper und der Wand ein.
Mein harter Schwanz liegt direkt an der Stelle ihres Schlitzes, ich kann nicht wiederstehen, immer wieder gegen sie zu stoßen, sie trocken zu ficken.
Nevia stöhnt bei jedem meiner Stöße erregt auf, feuert mich regelrecht dazu an, weiter zu gehen.
Verdammt ich will in ihr sein. Mein Schwanz schreit danach, tief in ihre enge, warme, feuchte Möse einzudringen.
Ohne darüber nachzudenken wandern meine Hände von ihren Kniekehlen zu ihrem geilen Arsch.
Als ich endlich ihre festen Backen unter meinen Fingern spüre, entfährt mir ein erregtes Knurren und ich beginne sie erotisch zu massieren und zu kneten.
Nevia stöhnt immer lauter, inzwischen ist sie wahrscheinlich so feucht, dass sie mehr als bereit ist mich in sich aufzunehmen.
Allein die Vorstellung reicht aus um mich in den Wahnsinn zu treiben.
Ich habe die Kontrolle über meinen Körper verloren und meine Stöße gegen ihren Schlitz, werden schneller und härter.
Nevia krallt sich fest in meine Schultern, löst ihren Mund von meinem und lehnt ihren Kopf gegen die Wand.
Wie besessen beobachte ich ihr vor Erregung gerötetes Gesicht. Sie beißt sich sexy auf die Unterlippe und konzentriert sich komplett auf das Gefühl, welches ich im unteren Bereich ihres Körpers auslöse.
Und als plötzlich ein leises Wimmern ihre Lippen verlässt, weiß ich, dass sie schon am Rande des Abgrunds steht und kurz davor ist zu fallen.
Diese Erkenntnis macht mich so scharf, dass ich sie am Kinn greife, ihren Kopf so drehe, dass sie mich ansehen muss und ihr einen einzigen Befehl gebe.
„Komm für mich, Nevia.“
Ein Zittern geht durch ihren Körper und sie schreit laut auf. Den Orgasmus, der gerade ihre Gefühlswelt durcheinander bringt, verstärke ich noch, indem ich meine Hüften sanft gegen ihre kreisen lasse.
Dabei beobachte ich sie genau, sie ist wunderschön und verdammt sexy wenn sie kommt. So sexy, dass ich kurz davor bin abzuspritzen.
Fuck, ich kann doch jetzt nicht in meiner Hose kommen. Das wäre Kränkung meiner männlichen Ehre.
Matt lässt Nevia ihren Kopf gegen meine Schulter sinken und ich halte augenblicklich inne. Ich muss mich zusammenreißen und meinen bevorstehenden Orgasmus verhindern.
Ich atme einige Male tief durch und trage dann die selig lächelnde Nevia, in ihr Schlafzimmer und lege sie in ihr Bett.
Shit, mein Schwanz platzt gleich.
Nevia sieht zu mir auf und schenkt mir ein bezauberndes Lächeln.
„Dasss war…der hamma.“, haucht sie mir zu.
Langsam setzt sie sich auf und kniet sich vor mich hin, ohne mich aus den Augen zu lassen.
„Isch will mehr davon.“
Oh verdammt, sie zieht sich sinnlich das Top über den Kopf. Ich kann nicht anders als, auf ihren weiblichen Körper zu starren. Nur noch ein schwarzer BH aus Spitze verdeckt ihre anbetungswürdigen Brüste. Ich will sie fühlen unter meinen Fingern, in meinem Mund. Ich will sie kneten und an ihren Nippeln saugen.
FUCK, reiß dich zusammen alter, sonst wichst du wirklich noch in deine Hose.
„Was soll das werden?“, frage ich leise.
Verführerisch streicht sie mit einem Finger über meinen Oberkörper.
„Isch will disch.“, flüstert sie.
Ihr Blick wandert an mir hinunter und bleibt an der Beule in meiner Hose hängen. Sie seufzt leise auf und beißt sich auf die Unterlippe. Dann sieht sie wieder zu mir auf.
Langsam lässt sie sich rückwärts auf das Bett sinken und öffnet sich die Hose, dabei drückt sie den Rücken durch und räkelt sich sexy.
Wenn ich dachte es wäre Folter sie nur in einem heißen Outfit zu sehen, habe ich mich geirrt. Das hier, ist wahre Folter.
Sie sieht mich mit großen Augen an.
„Möschtest du mia nischt helfn?“, fragt sie und schiebt sich die Hose etwas von den Hüften, sodass ich ihren schwarzen Slip aus Spitze sehen kann.
Und wie ich will, mein harter, pulsierender Schwanz ist Beweis genug.
„Eigentlich willst du das nicht.“, erwidere ich.
„Oh doch, dasss tu isch.“ Erotisch fährt sie sich mit den Händen über den Körper, streichelt sich über die Brüste und fasst in ihr Höschen.
Ein Knurren verlässt meine Lippen. „Scheiße Nevia, du musst aufhören, ansonsten reiße ich dir die restliche Kleidung vom Leib und ficke dich so hart das du Sterne siehst.“
Natürlich würde ich das nicht tun, ich versuche nur ihr Angst zu machen, damit sie durch ihren Alkoholschleier hindurch blickt und einen Rückzieher macht.
Ach shit, warum eigentlich? Sie ist geil und mehr als willig, sich von mir nehmen zu lassen. Ich bin ebenfalls geil und würde jetzt nichts lieber tun, als in ihr zu sein. Wir wollen dasselbe. Bei jeder anderen Frau, hätte ich das auch schon längst getan. Verflucht, wo sind mein natürlicher Egoismus und meine Gleichgültigkeit hin?
„Dann tu’s.“, flüstert sie und sieht mich nur abwartend an.
Ich weiß das nur der Alkohol aus ihr spricht, unmöglich, dass sie das wirklich wollen könnte. Vielleicht bin ich der Sohn Odins, aber ich bin noch lange kein Heiliger.
Gierig starre ich auf ihren Körper, ich will, dass sie komplett nackt vor mir liegt. Dieser lästige Stoff muss weg, sofort.
Mit einem Ruck ziehe ich ihr die Hose von den Beinen. Erschrocken holt sie Luft. Doch als sie das Verlangen in meinen Augen sieht, breitet sich ein zaghaftes Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Ein triumphierendes Lächeln.
Ich lege meine Hände auf ihre Knie und schiebe sie langsam, mit einem stetigen Druck auseinander. Dabei starre ich lüstern auf ihre Mitte, die sie ohne zu zögern meinen Blicken freigibt.
Ich knie mich zwischen ihre langen Beine und streichele mit meinen Händen außen an ihren Oberschenkeln nach oben, über ihre Hüften bis zum unteren Ansatz ihrer Brüste, genieße es ihre weiche Haut unter meinen Fingern zu fühlen. Eine Hand stütze ich neben ihrem Kopf ab, während ich mit der anderen weiter über ihren erhitzten Körper streichele. Bedächtig beuge ich mich vor und presse meine Lippen auf ihre. Unsere Zungen begegnen sich in einem erotischen Tanz. Sie legt mir die Arme um den Hals und krallt ihre Finger in die Rückseite meines Shirts und zieht daran. Ich löse meine Lippen von ihrem Mund und beuge mich etwas zurück, um ihr zu helfen das Shirt über meinen Kopf zu ziehen.
Bevor ich mich wieder zu ihr runter beugen kann, drückt sie ihre Handfläche auf meine Brust. Mit offenem Mund erkundet sie mit ihren Augen meinen Oberkörper. Zierlich streichen ihre Finger über jeden einzelnen Muskel, welche sich unter dieser sanften Berührung schon automatisch anspannen.
„Du bist so stark.“, haucht sie und sieht ehrfürchtig zu mir auf.
Das Lallen ist fast komplett aus ihrer Stimme verschwunden.
„Und du bist so zart und zerbrechlich.“, erwidere ich leise, bevor ich sie wieder küsse.
Ich ziehe eine Spur aus Küssen von ihrem Mund zu der empfindlichen Stelle hinter ihrem Ohr. Sie seufzt genussvoll auf und streckt den Rücken durch. Ich spreize die Finger meiner Hand und fahre nur mit den Fingerspitzen über ihre, noch immer verpackten Brüste. Als ich die heiße Haut unter meinen Fingerkuppen spüre, bildet sich eine Gänsehaut an meinem ganzen Körper.
Nicht in der Lage zu wiederstehen küsse ich mich an ihrem Hals herunter, zu den beiden wunderschönen Hügeln. Kurz werfe ich einen Blick in Nevias Gesicht, doch sie hat die Augen geschlossen. Aber in ihrem Gesichtsausdruck kann ich erkennen, dass sie darauf wartet meine Zunge an genau dieser Stelle zu spüren. Also erfülle ich ihr diesen Wunsch, mit Freuden.
Zärtlich küsse ich mich am Rand ihres BH-Körbchens entlang, während ich meine Hand unter ihren Rücken schiebe und geschickt den Verschluss aufschnappen lasse.
Andächtig greife ich nach der Spitze die ihre Brust bedeckt und ziehe sie langsam zur Seite.
Oh fuck, der Körper dieser Frau ist einfach perfekt, nahezu makellos. Wie oft ich in den letzten Wochen davon geträumt habe, sie so unter mir liegen zu haben.
Bewundernd sehe ich auf sie hinab, präge mir jeden Winkel ihres Körpers in mein Gedächtnis ein, um dieses Bild niemals zu vergessen. Nach einiger Zeit öffnet sie die Augen.
„Was ist los?“, fragt sie unsicher.
Mein Blick wandert von ihren Brüsten nach oben und trifft ihren. „Du bist so verdammt schön. Wie eine Göttin.“
Sie sieht mich mit großen Augen an und mal wieder zieht sich die Röte über ihre Wangen.
„Ich liebe es dich in Verlegenheit zu bringen, Babe.“, knurre ich ihr zu und senke den Kopf.
Mit der Zunge fahre ich über ihren rechten Nippel und umfasse ihre linke Brust mit der Hand. Dabei beobachte ich jede Gefühlsregung in ihrem Gesicht.
Sie stöhnt erregt auf und schließt wieder die Augen.
Ihre Nippel richten sich auf, recken sich mir entgegen, wollen mehr.
Mit der Hand massiere ich ihre linke Brust und verwöhne die rechte lustvoll mit meinem Mund, lecke und sauge daran, bevor ich dasselbe mit der rechten tue.
„Gefällt dir das, Nevia?“, frage ich gegen ihre Brust.
Sie nickt unmerklich und krallt sich in die Bettdecke.
„Sag es. Ich will es hören.“, fordere ich dominant.
„Ja.“, wispert sie.
Ich knurre drohend. „Was ja?“
„Ja, es gefällt mir.“, erwidert sie gehorsam.
„So ist’s gut.“
Ich lasse von ihren Brüsten ab und folge dem Pfad weiter nach unten. Mit der Zunge lecke ich am Bund ihres Slips entlang. Leicht lege ich meine Finger auf ihren Venushügel und streiche nur mit den Fingerspitzen sanft hinunter zu ihrem Schlitz.
Sie stöhnt laut auf und räkelt ihren Alabasterkörper sexy.
Oh fuck, ihr Höschen ist komplett durchnässt. Mein Schwanz zuckt inzwischen ziemlich schmerzhaft, da noch mehr Blut hineingepumpt wird. Ich glaube ich hatte noch nie einen so harten Schwanz, wie in diesem Moment. Schnell öffne ich meine Hose, um ihm etwas mehr Freiraum zulassen, doch genau das lässt mich inne halten und holt mich auf den Boden der Tatsachen zurück.
Scheiße alter, das hier geht eindeutig zu weit, das darf nicht passieren. Nicht so. Sie hat Besseres, als das verdient. Sie hat nicht verdient, dass ich ihren vernebelten Zustand so dreist ausnutze, sie kann nicht klar denken.
Am liebsten hätte ich mir in diesem Moment selbst die Fresse eingeschlagen. Ich bin ein ehrenloses, schwanzgesteuertes Arschloch.
„Fuck Nevia, ich kann das nicht.“
Sofort öffnet sie die Augen und sieht mich fassungslos an. „Was?“
„Ich kann das einfach nicht tun.“
Mehrere Emotionen huschen über ihr Gesicht. Von Fassungslosigkeit, zu Enttäuschung, bis hin zu Wut.
Sie rutscht von mir weg und wickelt ihren Körper in die Bettdecke.
„Du kannst also nicht. Weißt du, jede andere Frau nimmst du ohne zu zögern, aber mich weist du ab? Was zum Teufel stimmt denn nicht mit mir? Findest du mich doch nicht so schön, wie du sagtest oder stinke ich? Ist es, weil ich noch Jungfrau bin, bin ich etwa nicht gut genug für dich?“
Wortlos sehe ich ihr dabei zu wie sie aufsteht, mir den Rücken zudreht und sich in Rage redet. Doch als sie dieses eine spezielle Wort sagt, runzele ich erst verdutzt die Stirn, bevor mich die Erkenntnis wie ein Schlag ins Gesicht trifft.
„Jungfrau?“, frage ich noch überflüssigerweise.
„Tu doch nicht so, als hättest du dir das noch nicht gedacht.“, erwidert sie wütend.
Ich fixiere dieses zierliche, elfenhafte Wesen, welches mir immer noch den Rücken zukehrt und mich keines Blickes würdigt. Ja, ich hätte es mir denken können. Ihre unschuldige Ausstrahlung war von Anfang an nicht zu übersehen, aber ich hätte niemals gedacht, dass sie tatsächlich noch so unschuldig ist. Sofort fühle ich mich noch elender, da ich kurz davor war ihr die Unschuld zu rauben. Doch der Jäger in mir brüllt auf. Krampfhaft versucht er sich auf sie zu stürzen, auf seine neue Beute. Er will sie keuchend und stöhnend unter sich, sie vollständig unterwerfen. Der Instinkt sie zu markieren ist übermächtig.
„Ich will, dass du verschwindest.“, sagt sie verletzt mit zitternder Stimme.
Verdammt, bitte fang jetzt nicht auch noch an zu heulen.
Jeder Muskel meins Körpers ist angespannt, ich bin hochkonzentriert darauf, nicht auf sie zu zugehen und sie an mich zu reißen. Denn mir ist genau bewusst, dass der Jäger dann gewonnen hätte. Er würde sie sich gefügig machen, ihren Willen brechen, sie erniedrigen. Sie würde daran zerbrechen, wie eine zarte Blume. Vor allem beim ersten Mal. Unmöglich da noch einen klaren Kopf zu bewahren und die richtigen Worte zu finden um sie zu besänftigen. Mal davon abgesehen, dass ich keine Ahnung hab, wie man mit einer heulenden Frau überhaupt umgeht. Um die habe ich immer einen großen Bogen gemacht.
„Nevia…ich…“, versuche ich lächerlich einen Anfang zu finden.
Als ich nicht weiterrede, wischt sie sich mit dem Handrücken über die Wangen und schnieft.
„Ritchie bitte, geh. Geh einfach.“
Es ist das einzige was ich tun kann um dem Jäger einen Strich durch die Rechnung zu machen, wenn ich bleibe werde ich sie noch unglücklicher machen. Völlig überfordert mit der Situation, schließe ich meine Hose und ziehe mein Shirt an. Kurz mustere ich sie noch einmal, bevor ich mich abwende und die Wohnung verlasse.
Was habe ich mir bloß dabei gedacht? Doofe Lexy, mit ihren doofen Vorschlägen.
Verdrossen ziehe ich mir die Bettdecke über den Kopf, um mich vor der blendenden Sonne zu verstecken, die mich unbarmherzig aus dem Schlaf riss.
Ich will nicht aufstehen. Ich will den ganzen Tag hier liegen bleiben und mich selbst verfluchen. Warum will er mich nicht? Warum mache ich mir überhaupt Gedanken darüber, es war ja wohl offensichtlich, dass er so eine wie mich nicht wollen kann. Aber wieso geht er dann so weit mir näher zu kommen, mich zu küssen, mich an Stellen zu berühren, wo mich noch niemand anders jemals berührt hat? War das Absicht? Wollte er nur mit mir spielen um mir dann wehzutun? Das kann doch nicht wirklich wahr sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er so herzlos ist.
Aber das ist jetzt alles völlig egal. Es ist vorbei, was es auch immer war. Ich muss ihn mir endgültig aus dem Kopf schlagen. Es ist besser so. Er ist anders, sein Leben ist geprägt von Grausamkeit und Brutalität. Alles was ich glaubte in ihm gesehen zu haben, muss ich mir eingebildet haben. Es war ein Streich, den mir mein Herz gespielt hat, um mich ihm näher zu fühlen und ihn einzulassen. Du hast gewonnen Herz, wie fühlst du dich jetzt?
Verdammt schlecht. Das Gefühl ihn verloren zu haben ist qualvoll. Also kann ich ihm eigentlich dankbar sein, dass er von mir abgelassen hat. Ich glaube es hätte mir das Herz zerrissen, wenn er mich verlassen hätte und wir schon miteinander geschlafen hätten. Wenn es schon jetzt so sehr schmerzt. Ich hätte es nicht zulassen dürfen, ich wusste es von Anfang an. Doch es ist zu spät, die Mauer ist eingestürzt. Ich habe mich in ihn verliebt und ihn wieder zu vergessen wird schwer, ich weiß nicht ob ich seine brennenden Augen, wie sie begierig auf mich hinab sehen überhaupt jemals vergessen kann. Mich neu zu verlieben wird noch schwerer. Beim letzten Mal hat es fast 9 Jahre gedauert. Und wie lange hat es angehalten? Noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden. Da muss ich mich wirklich fragen, ob es sich überhaupt lohnt, es überhaupt nochmal zu zulassen.
Aus den tiefen meiner Tasche höre ich mein Handy klingeln. Ich beschließe es zu ignorieren, doch es hört nicht auf. Immer wieder klingelt es aufs Neue. Murrend erhebe ich meinen Körper aus dem Bett und schleppe mich zur Tasche. Als ich es endlich heraus gekramt habe, hebe ich ohne rauf zusehen wer es ist ab.
„Hallo?“
„Boaah endlich hebst du ab, ich dachte schon ihr könnt euch nicht voneinander lösen.“, zwitschert Lexy mir fröhlich ins Ohr.
Aua, wunder Punkt.
„Nein, er ist schon lange weg.“, erwidere ich atemlos.
„Wie, ich dachte er war die ganze Nacht bei dir. Er ist nicht zurück ins Appartement gekommen. Erzähl was ist passiert?“
„Lexy, ich fühl mich nicht so gut, mir dröhnt der Kopf, ich hatte gestern zu viel Alkohol. Können wir später reden?“, frage ich gebrochen.
Lexy zieht scharf die Luft ein. „Oh mein Gott, Nevi, was ist passiert? Hat er dir wehgetan? Ich schwöre wenn er dir wehgetan hat, mache ich diesen Vollidioten einen Kopf kürzer. Ich habe ihn gewarnt, der ist dran. Er soll schon einmal seine Gebete sprechen, wenn ich ihn in die Finger bekomme…“
Schon wieder laufen mir Tränen über die Wangen. „Hör auf Lexy, bitte.“
„Oh Schatz, bitte weine doch nicht. Pass auf, ich bin gleich bei dir und wir machen uns einen schönen Tag zu weit, okay? Ich bringe ein paar DVDs, Knabbereien und jede Menge Eiscreme mit.“
„Ach, ich weiß nicht. Ich glaube ich wäre lieber alleine. Und außerdem bist du doch sicher gerade bei Brant.“, antworte ich und wische mir energisch die Tränen von den Wangen.
„Unsinn. Was du jetzt brauchst ist Ablenkung und deine beste Freundin, die dir den Rücken stärkt. Du bist mir sehr viel wichtiger als irgendein Mann, auch wenn dieser gewisse Mann Brant ist. Hast du mich verstanden? Außerdem, wer könnte dich besser aufbauen als ich?“, sagt sie selbstsicher.
Fast flüsternd erwidere ich: „Niemand. Du bist die beste Freundin die man sich wünschen kann.“
„Ach Süße, du weißt doch das ich dich liebe. Ich beeile mich.“
Ich atme tief durch, als es endlich an der Tür klingelt. Schnell lasse ich Lexy rein.
Als sie eintritt nimmt sie mich zuerst fest in die Arme. Sie lässt wieder von mir ab und hält zwei DVDs hoch. „Bridget Jones oder Rache ist sexy?“
„Keine Ahnung, ist mir egal, ich kenne beide nicht.“
Sie grinst. „Na dann schauen wir beide.“
Niedergeschlagen lasse ich mich auf der Couch nieder, während Lexy die erste DVD einwirft, bevor sie Löffel für die Eiscreme holt, die sie mitgebracht hat.
Sie reicht mir eine große Packung Eis und setzt sich zu mir. Frustriert beginne ich mir einen Löffel nach dem anderen reinzuschaufeln.
„Weißt du genau deshalb, wollte ich mich nicht verlieben. Ich bin so dumm, verstoße gegen meine eigenen Prinzipien.“
„Was war los, Süße?“, fragt sie geradeheraus.
Die Röte steigt mir in die Wangen und ich stochere verlegen in der Eiscreme. „Naja, wir haben miteinander getanzt. Dabei hat er mir Komplimente gemacht, mich gestreichelt. Er war so zärtlich und romantisch.“
Lexy runzelt die Stirn, als ich nicht weiterrede. Ich muss meinen Körper dazu zwingen, das Magenkribbeln abzustellen, welches von den schönen Erinnerungen verursacht wird.
Ich atme tief durch. „Dann haben wir uns geküsst. Wild und leidenschaftlich. Er hob mich auf seine Hüften und drückte mich gegen die Wand. Ich habe ihn gespürt überall auf mir.“
Mein Herz setzt einen kurzen Moment aus, nur um dann gleich wie verrückt los zu rasen. Wenn ich meine Erinnerungen doch nur löschen könnte, dann müsste ich nicht den Schmerz ertragen den sie letztendlich mit sich bringen.
„Er hat sich immer wieder gegen mich gedrückt. Er hat mich so weit gebracht, das ich…“
„Du bist gekommen?“, fragt Lexy erstaunt.
Ich nicke. „Er trug mich ins Bett, wo ich mich dann schamlos an ihn rangeschmissen habe. Ich…ich habe mich vor ihm ausgezogen. Er warnte mich davor, wenn ich nicht aufhören würde, würde er mich hart nehmen. Und ich wollte es, Lexy. So sehr. Ich kann seiner Anziehungskraft einfach nicht mehr widerstehen.“
Eigentlich konnte ich ihr nie weiderstehen. Immer wieder habe ich ihn zu nah an mich heran gelassen, seine Lippen und seinen Körper auf meinem. Ich habe es zugelassen, dass er sich in mein Herz schleicht, obwohl ich genau wusste, wie das endet.
„Ja und weiter? Das war doch noch nicht alles.“
„Er hat mich angesehen, meinen Körper erkundet…mit Fingern und Zunge. Es hat sich unglaublich angefühlt, es war unbeschreiblich erregend. Doch er hielt inne am Bund meines Höschens…und sagte mir, dass er das nicht kann. Er konnte mich nicht lieben.“
Natürlich bin ich schon wieder am Weinen. Ich will gar nicht wissen, wie viele Tränen ich für diesen Mann schon geweint habe. Zu viele in zu kurzer Zeit. Das muss unbedingt aufhören.
Lexy rückt an mich heran und schließt mich in ihre Arme. Sie hatte Recht, genau in diesem Moment, ist sie der Mensch den ich am meisten brauche. Wenn ich sie nicht hätte, würde ich untergehen, so wie damals, als ich so sehr in Ilias verliebt war. Ich bin so froh, dass ich sie habe.
Schniefend löse ich mich aus ihren Armen. „Danke, dass du gekommen bist.“
„Süße, das ist doch selbstverständlich.“, erwidert sie nachdenklich.
Ich runzele die Stirn. Was geht ihr gerade durch den Kopf? „Lexy, was ist los?“
Ertappt zuckt sie zusammen. „Nichts, ich hab da nur an was gedacht.“
„Und was war das?“
„Nichts Besonderes, wirklich.“, versucht sie abzuwinken.
Ich verenge die Augen. „Lexy du lügst.“
Sie seufzt. „Nagut wenn es sein muss. Ich habe den Verdacht, dass er nicht von dir abgelassen hat, weil er dich nicht will.“
Ich schrecke leicht zurück. „Wie kommst du darauf?“
„Weil er vorhin etwas gesagt hat, was mich stutzig gemacht hat.“
Ich reiße die Augen auf. „Du hast ihn noch gesehen?“
Sie nickt und hebt angriffslustig eine Faust in die Höhe. „Und ich habe ihn ordentlich zur Sau gemacht.“
Ich reiße die Augen noch weiter auf, kann mir aber ein Schmunzeln nicht verkneifen. Oh Mist, das ist so peinlich, das sie ihn für mich fertig macht, was wird er jetzt wohl denken. Anderseits bin ich ihr unendlich dankbar, dass sie das tut, wozu ich nicht in der Lage bin.
„Oh Lexy, das hattest du nicht tun sollen.“, sage ich.
„Insgeheim freust du dich darüber, das sehe ich dir an.“, erwidert sie grinsend.
„Ja schon, aber ich hätte das selbst tun müssen.“
Sie rollt mit den Augen. „Ach was. Ich bin deine beste Freundin und ich habe das Privileg dazu. Außerdem…fühle ich mich schuldig, weil ich dir dazu geraten habe.“
Kurz halte ich inne. Ach Lexy, zuerst habe ich dich auch schuldig gesprochen, aber nur um zu leugnen, dass ich den Fehler gemacht habe. Im Endeffekt war es ganz allein meine Entscheidung.
„Das brauchst du nicht. Ich ganz alleine bin Schuld an der ganzen Situation, niemand anders.“
Wir nehmen uns ein weiteres Mal in die Arme.
„Och, jetzt werde ich ganz sentimental.“, sagt Lexy und schnieft.
Ich fange an zu kichern. „Heule dich ruhig aus Lexy, jetzt bist du dran.“
Sie stimmt in mein Kichern mit ein. Wir lachen bis wir uns die Bäuche halten. Als wir es nach einer ganzen Weile schaffen endlich aufzuhören, fühle ich mich schon viel besser. Doch da fällt mir ein das Lexy ihre Vermutung vorhin nicht ausgesprochen hat.
„Was denkst du eigentlich nun warum er mich abgewiesen hat?“, frage ich neugierig.
Sie zieht die Augenbrauen hoch. „Naja, ich denke er hat es getan, weil er dich nicht ausnutzen wollte. Seine Motive waren vorbildlich, nur leider kein guter Zeitpunkt. Du wolltest es ja wirklich.“
Kann das denn wirklich stimmen? Wenn ja habe ich komplett überreagiert. Trotzdem hat mich das verletzt. Dieses furchtbare Gefühl wird bleiben, egal wie es nun wirklich ist.
Ich zwinge mich aufzuhören darüber nach zu denken. „Wie auch immer.“, sage ich nur und wende mich dem Film zu.
Als der Film zu Ende ist, übrigens ein wirklich toller Film, wendet Lexy sich mir zu.
„Was meinst du? Willst du nochmal mit ihm reden?“
Ich schüttele leicht den Kopf. „So gerne ich ihn auch wiedersehen möchte…nein. Ich kann das einfach nicht.“
Sie greift nach meiner Hand. „Süße, ich verstehe genau was du gerade durchmachst. Und doch…ich glaube das er mehr für dich empfindet. Er würde sonst niemals, so ein eindeutiges Angebot ablehnen.“
„Vielleicht.“, erwidere ich zweifelnd. Hat er tatsächlich gedacht, ich wollte nur Sex wegen des Alkohols? Hat er gedacht ich würde es später bereuen? Es fällt mir schwer das zu glauben. Ich spiele doch gar nicht in seiner Liga. Aber ich wünsche mehr sehnlich, dass es wahr ist.
Mein klingelndes Handy reißt mich aus meinen Gedanken. Kurz schiele ich auf das Display und seufze auf, bevor ich abhebe.
„Hallo?“
„Hallo Nevia, hier ist Ana. Wir haben ein Problem. Sarah hat sich auf dem Weg hier her, das Bein gebrochen. Kannst du einspringen?“
Ich keuche erschrocken auf. „Oh mein Gott, was ist denn passiert?“
„Ach du kennst doch Sarah, so gut sie sich auch im OP macht, außerhalb ihrer Arbeit, ist sie ein ziemlicher Tollpatsch. Sie ist gestolpert und die Treppen am Bahnhof runtergeflogen. Also kannst du nun einspringen?“
Seufzend schließe ich die Augen. „Ja. Ja, sicher kann ich das.“
Das ist momentan eigentlich das Letzte was ich will, aber ich kann sie unmöglich hängen lassen.
„Nevia, ist alles okay? Du hörst dich so bedrückt an.“
Schnell versuche ich sie zu beschwichtigen. „Nein, es ist alles gut. Mir geht es super. Ich mache mich sofort auf den Weg. Bis gleich.“
Bevor sie noch etwas erwidern kann, lege ich auf. Puh, ich darf mir keinesfalls etwas anmerken lassen.
Von der Seite höre ich nur Lexys empörtes Schnaufen.
„Was ist?“, frage ich.
„Denkst du wirklich du bist in dem Zustand zu arbeiten? Du wirst dich niemals konzentrieren können. Lerne endlich auch mal Nein zu sagen.“
„Was hätte ich tun sollen, sie würden mich nicht fragen, wenn sie jemand anderen hätten. Ich kann nicht anders Lexy, das weißt du.“, erwidere ich und lasse den Kopf hängen. Kurz spiele ich mit meinen Fingern, bis ich mich erhebe.
Lexy seufzt. „Gut. Wann bist du wieder da?“
„Ich denke so gegen neun Uhr.“
Sie nickt. „Okay dann bin ich um neun wieder hier, Süße. Ich lasse dich heute Nacht nicht alleine.“
Gerührt von ihren Worten lächele ich sie dankbar an. „Hatte ich schon erwähnt, dass du die beste Freundin bist, die man sich wünschen kann?“
„Ja ich denke diese Worte kommen mir bekannt vor. Aber das macht nichts, sag sie ruhig so oft du willst.“, antwortet sie mit einem selbstgefälligen Grinsen.
Frustriert starre ich aus dem Fenster. Mit aller Kraft muss ich mich beherrschen, nicht durch die Scheibe hindurch zu schlagen.
Wie, verdammte Scheiße, komme ich aus der Nummer wieder heraus und gewinne ihr Vertrauen?
Fuck, ich weiß ja noch nicht mal was ich falsch gemacht habe.
Ich balle die Hände zu Fäusten. Normalerweise, sollte mir so etwas egal sein, sie sollte mir egal sein. Ich verstehe einfach nicht warum sie auf mich solch eine Wirkung hat.
Vielleicht sollte ich sie einfach sich selbst überlassen. Sie verändert mich, weckt Gefühle in mir die mir nicht behagen.
Könntet ihr das, Meister? Sie Luzifer einfach überlassen?
Angepisst verenge ich die Augen. „Das geht dich einen Scheiß an. Frag mich nie wieder so etwas. Ich werde mich sicher nicht bei dir ausheulen. Und hör auf meine verdammten Gedanken zu belauschen.“
Hati antwortet mir nicht. Das ist besser so, jeder der mich jetzt noch provoziert hat schlimmes zu befürchten.
Aufgebracht wende ich mich vom Fenster ab und setze mich auf das Bett.
Auch wenn ich es nicht laut ausspreche, die Antwort auf seine Frage ist Nein. Unabhängig davon wer sie ist, eine unschuldige und reine Seele wie ihre, in den Händen dieser unterbemittelten, nach Macht strebenden Psychopathen, hat nichts Gutes zu verheißen.
Und schon stehe ich vor demselben Problem. Wie soll ich sie verdammt nochmal dazu bringen mir wieder zu vertrauen? Oder besser, wie bringe ich sie dazu, dass sie vorübergehend in mein Haus zieht?
Wütend balle ich die Hände zu Fäusten. Es ist zum verrückt werden. Ich hätte sie auch einfach ficken können. Dann hätte ich sie mit zu mir genommen, sie dort vor Luzifer beschützt und noch viel mehr mit ihr gefickt.
Ich schüttele energisch den Kopf, um mich selbst zur Vernunft zu bringen. Auch wenn es funktioniert hätte, es wäre falsch gewesen. Sie hat mehr verdient, als nur gefickt zu werden.
Sie hat es verdient auf Händen getragen zu werden, wie eine Prinzessin behandelt zu werden.
Ich kann noch immer nicht fassen, dass sie tatsächlich noch Jungfrau ist. Jungfrau.
Wie konnte ich verdammter Arsch so blind sein. Ich bin der Letzte der es verdient hätte sie zu nehmen. Auch wenn es genau das ist wonach ich gerade am meisten verlange, mich am meisten sehne.
Warum zum Teufel will ich sie so sehr? Allein schon der Gedanke an ihren zarten, weichen Körper so dicht an meinem…
Es macht mich wahnsinnig und verdammt geil. Fuck, ich muss endlich mal Dampf ablassen, ansonsten platzt mein Schwanz noch.
Fluchend stehe ich auf, werfe einen Blick auf die Beule in meiner Hose und fluche gleich darauf nochmal, mit viel mehr Nachdruck. Dabei fasse ich den Holzschreibtisch ins Auge und bemerke das mir das scheiß Teil sowieso nicht gefällt. Wutgeladen gehe ich darauf hinzu, hole aus und boxe ungebremst mit der Faust durch die Tischplatte. Knackend gibt sie nach, doch der Schlag war härter als gedacht. Die Tischplatte bricht komplett auseinander und der Schreibtisch fällt laut scheppernd in sich zusammen.
Im selben Moment reißt jemand die Tür auf. Ich höre ein empörtes, doch zugleich erschrockenes Aufkeuchen. „Was hast du gemacht?“
Oh fuck, was will die denn jetzt wieder von mir? , denke ich augenverdrehend.
„Ich habe den Schreibtisch zertrümmert.“, erwidere ich gelassen ohne mich ihr zu zuwenden. Kurz begutachte ich meine Hand. Sie ist gebrochen und es schmerzt höllisch. Das hilft um meinem Schwanz eine kurze Pause zu gönnen, der hat sich dadurch erst einmal verabschiedet.
Doch es wird nicht lange dauern, bis alles wieder zusammen gewachsen ist.
„Willst du mich verarschen? Das sehe ich selbst.“, ruft Barbie unbeherrscht.
Unbeeindruckt und ohne mir den Schmerz anmerken zu lassen, setze ich mich wieder auf das Bett und mustere sie herablassend.
„Warum fragst du dann?“
Sie verengt die Augen zu schlitzen, bevor sie eintritt und die Tür schließt. „Mach mich nicht wütend. Ashbourne.“
„Dito.“, erwidere ich. „Was willst du, Blondie?“
Sie gibt ein zischendes Geräusch von sich, bevor sie sich vor mir aufbaut.
„Was willst du von Nevi, Ashbourne?“
Ich verenge leicht die Augen. „Nichts.“
„Nichts? Was du alles getan hast, sieht nicht nach nichts aus. Tu nicht so scheinheilig. Was genau führst du im Schilde?“, fragt sie aufgebracht.
Ohne zu antworten fixiere ich sie nur mit meinem Blick. Was sie nur noch mehr aufregt.
„Was ist, Ashbourne? Hast du nicht den Arsch in der Hose, dir deine Gefühle einzugestehen?“
Knurrend erhebe ich mich und stelle mich direkt vor sie um sie durch meine Größe und meine bedrohliche Ausstrahlung einzuschüchtern. Doch auch wenn es funktioniert, lässt Barbie es sich mit keiner Regung anmerken. Sie hat sich echt gut im Griff. Hut ab Blondie.
„Was erwartest du von mir zu hören?“, frage ich leise.
„Die Wahrheit.“, erwidert sie mit leicht zittriger Stimme, die sie schließlich doch verrät.
Kurz zögere ich. Wenn ich sie dazu überzeugen könnte, aus welchen Gründen ich so gehandelt habe, würde sie es eventuell schaffen auch Nevia davon zu überzeugen. Vielleicht ist es gar nicht so dumm, mich ihr anzuvertrauen. Doch schnell verwerfe ich diesen Gedanken wieder.
Es fällt mir ja schon schwer mich Nevia anzuvertrauen. Wie soll ich mich dann nur bei Blondie überwinden? Nein, ich bin einfach nicht der gesprächige Typ, ich bleibe meinen Prinzipien treu. Es muss eine andere Lösung geben.
„Nichts ist wahr, Blondie. Alles ist erlaubt. Und jetzt zisch ab.“
Sie stapft mit dem Fuß auf den Boden. „Nein, ich gehe nicht bevor ich eine Antwort habe. Du willst sie vögeln, habe ich recht?“
Gefährlich schmunzelnd lehne ich mich mit dem Rücken gegen die Wand. „Oh und wie ich sie vögeln will.“
„Und warum hast du es dann gestern nicht getan, Ashbourne? Du hattest die Chance.“, sagt sie wie aus der Pistole geschossen.
Noch immer schmunzelnd erwidere ich gelassen: „Ich hätte mir gerne die zierliche, unschuldige Nevia unterworfen und ihren kleinen Arsch versohlt.“
Als ich nicht weiterrede zieht Blondie die Augenbrauen fragend hoch. „Ja und?“
„Du bist ihre Freundin, du solltest wissen warum.“, sage ich spöttisch.
Barbie schnalzt mit der Zunge, zeigt mit dem rechten Arm anklagend auf mich und stemmt den anderen in die Hüfte. Sie holt einmal tief Luft bevor sie loslegt wie eine Furie.
„Du hast gar nicht gewusst, dass sie noch Jungfrau ist, als du sie abgewiesen hast. Sonst lässt du dir doch auch nie die Chance entgehen einen wegzustecken. Du hattest einen anderen Grund. Dir liegt etwas an ihr, stimmt‘s Ashbourne?“
Konfus runzele ich die Stirn. Dieses Weib geht mir langsam tierisch auf die Eier.
„Sie war betrunken.“, erwidere ich achselzuckend.
„Das stört dich doch sonst auch nicht.“
So langsam fühle ich mich in die Enge getrieben. Wie ein Löwe in einem Käfig und Blondie stellt den Käfig dar. Ich muss sie loswerden.
Angepisst stoße ich mich von der Wand ab. „Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich sie ausgenutzt hätte? Wenn sie schon so verletzt ist, obwohl ich sie nicht benutzt habe, wie wäre es wenn sie am nächsten Morgen aufgewacht wäre, in dem Wissen ihre Jungfräulichkeit an einen Typen, wie mich verloren zu haben?“
„Sie war sich vollkommen dessen bewusst was beinahe geschehen wäre und sie wollte es. Du hast den Schwanz eingezogen.“, antwortet sie zickig.
Wie kann sie es gewollt haben? Sonst hat sie immer versucht mich auf Abstand zu halten und plötzlich will sie einfach so mit mir ficken? Fuck, ich werde aus dieser Frau einfach nicht schlau.
„Solltest du nicht bei ihr sein und sie trösten?“, frage ich ohne weiter darauf einzugehen.
„Ich war bei ihr und ich gehe heute Abend wieder zu ihr. Sie wurde kurzfristig reingerufen im Krankenhaus.“
Was? Sie ist gar nicht zu Hause? Verdammt, sie ist ohne Schutz unterwegs. Auch wenn es draußen noch hell ist, es geht nicht nur Gefahr von diesen Höllenmonstern aus. Menschen können einem auf ganz andere Art und Weise gefährlich werden. Wütend über meine eigene Leichtsinnigkeit, balle ich die Hände zu Fäusten.
Hati, du gehst sofort zum Krankenhaus. Ich komme sofort nach.
Jawohl, Meister.
„Na dann, wünsche ich dir viel Spaß mit Brant. Ich hau ab.“
Kurzerhand schiebe ich Barbie zur Seite und öffne die Tür.
„Halt, stopp. Ich bin noch nicht fertig.“
Ohne mich umzuwenden sage ich: „Das tut mir leid für dich. Ich nämlich schon.“
„Ich habe gesagt du sollst anhalten.“, ruft sie mir aufgebracht hinterher.
Doch ich hebe die Hand nur noch einmal zu einem Wink, bevor ich das Appartement verlasse.
Es fühlte sich an als würde dieser Tag nie zu Ende gehen. Natürlich hat fast jeder bemerkt, dass etwas mit mir nicht stimmt. Von allen Seiten wurden mir mitleidige Blicke und aufmunternde Worte zugeworfen. Ich habe zwar immer wieder betont, dass es mir gut ginge, jedoch hätte ich diese Worte noch nicht einmal selbst geglaubt. So zog sich dieser Arbeitstag ins unermessliche.
Umso glücklicher bin ich endlich in die Umkleide zu kommen und meine gemütlichen Klamotten über zu streifen.
Bevor ich das Krankenhaus verlasse winke ich Natalja am Empfang noch einmal zu. Doch draußen angekommen halte ich inne.
Mist, ich habe gar nicht bedacht, dass es schon dunkel sein würde, wenn ich hier rauskomme. Kurz spiele ich mit dem Gedanken mir ein Taxi zu rufen. Leider macht mir ein Blick in mein Portemonnaie einen Strich durch die Rechnung. Also schlinge ich die Arme um mich selbst und trete den Heimweg an. Nervös blicke ich mich immer wieder um. Es wird alles gutgehen Nevia, dir wird schon nichts geschehen, rede ich mir selbst gut zu. Als ich wieder an der Weggabelung ankomme, entscheide ich mich diesmal auf der Straße zu bleiben. Zu deutlich habe ich die Erinnerung an die Harpyien noch im Kopf. Da ist mir jeder dieser betrunkenen Junkies dort lieber. Vielleicht bemerken sie mich auch gar nicht. Mutig setze ich einen Schritt vor den Anderen, ignoriere die am Boden liegenden Gestalten souverän. Glücklicherweise ignorieren sie mich ebenfalls und ich atme tief aus, ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich die Luft angehalten habe, als ich endlich um die Ecke gebogen bin und sie hinter mir gelassen habe.
In dem Wissen den schlimmsten Teil des Weges geschafft zu haben, gehe ich beruhigt weiter.
Doch plötzlich werde ich ruckartig von hinten gepackt. Eine Hand legt sich auf meinen Mund um zu verhindern, dass ich schreie. Zu schnell um es richtig zu realisieren, werde ich in eine dunkle Gasse gezogen und mit dem Rücken gegen eine kalte Häuserwand gedrückt. Ein großer, schwerer Körper drückt sich gegen meinen.
Krampfhaft kneife ich die Augen zu, um meinem Übeltäter nicht ansehen zu müssen. Oh mein Gott, ich dachte wirklich ich würde es ohne jegliche Zwischenfälle nach Hause schaffen. Wer weiß ob jemals wieder dort ankommen werde.
Ein ängstliches Zittern lässt meinen Körper erbeben. Doch bevor mir die ersten Tränen über die Wangen laufen, beugt die Gestalt sich etwas vor und flüstert mir ins Ohr: „Nicht schreien.“
Schlagartig öffne ich die Augen und sehe in die flammenden Augen der Gestalt vor mir. Ritchie.
Langsam löst er die Hand von meinem Mund und deutet auf einen kleinen gelben Vogel, ungefähr so groß wie ein Spatz, mit blutroten Augen der sich über uns niedergelassen hat. Dann führt er wieder die Hand zum Mund und deutet mir mit dem Zeigefinger still zu sein.
Ich gebe keinen Laut von mir, tue nichts anderes als ihn unentwegt anzusehen. Was soll das hier schon wieder? Was macht er hier? Wie hat er mich gefunden?
Er drückt mich weiterhin gegen die Wand und beobachtet aufmerksam diesen Vogel. Nach einiger Zeit erhebt dieser sich mit einem Kreischen, das sich so gar nicht nach einem harmlosen Spatz anhört, in die Lüfte und verschwindet.
Sofort sieht Ritchie mich an. „Hat dir deine Mutter nicht beigebracht, abends nicht alleine in solchen Gegenden unterwegs zu sein?“
Ich verenge die Augen zu Schlitzen. „Was willst du Ritchie? Mir ist nichts passiert außer, dass du mich mal wieder zu Tode erschreckt hast.“
„Wenn ich nicht hier gewesen wäre, wäre noch sehr viel Schlimmeres passiert. Dieser Vogel war eine Habergeiß. Sie ist dafür bekannt Menschen das Blut aus den Adern zu saugen. Das Vieh hatte es auf dich angesehen. Dein Glück das es blind ist und sich nur an Geräuschen orientiert.“
Ich schnaufe verächtlich und stemme mich mit aller Kraft gegen seinen Körper. „Hört das denn nie auf?“ Nach kurzer Zeit gebe ich auf, es ist zwecklos, der Typ bewegt sich nicht einen Zentimeter. „Super, danke. Jetzt lass mich los damit ich gehen kann.“
Doch er drückt mich nur noch enger gegen die Wand. Oh mein Gott, sein harter Körper, fühlt sich an meinem so gut an. Er darf mir nicht so nah sein, das bewirkt bei mir das totale Gefühlschaos.
Mein Verstand will ihn anschreien, auf ihn einschlagen, um einfach nur vor ihm flüchten zu können, während mein Körper ihm noch näher sein will, sich nach seinen Berührungen sehnt.
„Ritchie, bitte lass mich los.“ Ich kann diesem Ansturm von Gefühlen nicht mehr länger standhalten. Und die Geschehnisse von gestern Nacht überwältigen mich noch zusätzlich. Was hat dieser Mann nur für ein Problem? Warum kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen und mir damit helfen ihn zu vergessen? Es ist doch so schon schwer genug für mich. Meine Augen werden feucht. Schnell sehe ich zu Boden, damit er es nicht sieht. „Bitte lass mich einfach gehen.“, flüstere ich.
Sanft umfasst er mein Kinn mit seiner Hand und hebt meinen Kopf sachte an. „Nicht weinen.“
Zärtlich wischt er mir die Tränen von den Wangen. „Du solltest diese Brille absetzen.“
Aufgewühlt, jedoch völlig bewegungslos sehe ich ihn fragend an. Ein leicht angedeutetes Schmunzeln tritt auf seine Lippen. „Ich würde gerne dein wunderschönes Gesicht sehen.“
Die Röte steigt mir ins Gesicht und mein Herz schlägt schneller, während ich ihn mit leicht geöffneten Lippen unsicher ansehe. Seine Augen die von Sekunde zu Sekunde immer mehr in Flammen aufgehen, fixieren mich, hypnotisieren mich. Ich fühle mich wie eine Motte die ins Licht gezogen wird, ich kann mich dieser Anziehungskraft einfach nicht entziehen. Sein Blick fällt auf meine Lippen. Ich weiß genau es wird geschehen, wenn ich es nicht verhindere. Er wird mich küssen.
Wie zur Bestätigung sieht er mir wieder in die Augen. Die unausgesprochene Frage steht eindeutig zwischen uns. Doch ich kann mich nicht regen, ihm keine richtige Antwort geben.
Ich bin hin und hergerissen, zwischen meiner Gedanken- und meiner Gefühlswelt.
Langsam neigt er seinen Kopf nach unten, kommt meinem immer näher. Instinktiv halte ich die Luft an. Ja ich will es, so sehr. Aber ich habe Angst. Panische Angst vor dem was danach geschieht. Und mit einem Mal wird es mir vollkommen klar. Es ist schon längst zu spät. Ich habe den Kampf verloren. Mein Herz gehört bereits ihm. Von der ersten Sekunde an. Und er spielt damit, wie es ihm passt. Aus dieser niederschlagenden Erkenntnis, nehme ich die Kraft mich wieder zu rühren. Ich atme geräuschvoll aus, schließe die Augen und lege die Hände an seine Brust. Innerlich zähle ich bis drei und stoße ihn dann mit Leibeskräften von mir. Da er unkonzentriert war, habe ich es tatsächlich geschafft in ein Stück weg zu schubsen. Schnell nutze ich die Gelegenheit und springe zur Seite, weg von der Wand.
„Nein, hör auf damit!“, schreie ich ihn an. „Ich will das hier nicht länger, nein eigentlich wollte ich das noch nie. Also tu uns beiden einen Gefallen und lass mich einfach in Ruhe. Ich will dich nicht mehr sehen, Ritchie.“, füge ich noch wutentbrannt hinzu.
Augenblicklich spannt er seinen Körper an, ballt immer wieder die Hände zu Fäusten und sieht mich aus verengten Augen an. Die Flammen in ihnen, sind vollends erloschen, es ist nur noch Kohle übrig. „Seltsam, gestern schienst du mir noch ziemlich willig gewesen zu sein. Du wolltest doch so richtig hart von mir gefickt werden. Du hast mich geradezu angefleht.“, sagt er verächtlich.
Krampfhaft versuche ich die Tränen zurück zu halten und atme ein paar Mal tief durch, bevor ich zu einer Antwort ansetze. „Bilde dir bloß nichts darauf ein, du weißt genauso gut wie ich, dass ich betrunken war. Ich wollte nur deinen Körper, ohne diesen Mistkerl der diesen bewohnt.“
Ein bedrohliches Knurren dringt aus seiner Kehle. „Mistkerl?“ Er kommt einen Schritt auf mich zu. Sofort weiche ich zurück. „Ich werde dir zeigen, was für ein Mistkerl ich wirklich bin.“
Erschrocken keuche ich auf und beobachte wie er langsam einen Schritt vor den anderen setzt, weiter zu mir. Sein Körper ist noch immer zum Zerreißen gespannt. Seine Haltung wirkt unglaublich aggressiv, während seine Aura nichts weiter als Gleichgültigkeit ausstrahlt. Was ich persönlich viel schlimmer finde. Es ist ihm also tatsächlich alles egal. Ich bin ihm egal.
Doofe Nuss, ermahne ich mich selbst, das hast du doch schon längst gewusst. Doch jetzt wird es mir nochmal so richtig bewusst.
„Du solltest wegrennen. So macht es mehr Spaß.“, sagt er abfällig.
Alarmiert weiche ich weiter zurück, halte ihn mir so auf Abstand. „Was hast du vor? Nimm es so hin und lass mich einfach gehen.“
Er schnauft boshaft. „Nein.“
Das ist sein voller Ernst. Ich weiß nicht was er tun wird, aber er zieht es durch. Egal was ich sage. Ich bekomme es mit der Angst zu tun. Er könnte alles tun, ich hätte keine Chance gegen ihn zu wehren.
Er bleibt stehen und sieht mich an. Sein Blick ist berechnend und selbstgefällig. „Du machst es mir zu leicht.“ Ein eroberungssüchtiges Knurren dringt aus seiner Kehle. „Lauf endlich Nevia.“
Ich schlage mir die Hand vor den Mund. Mehrere Gefühle gleichzeitig rasen durch meinen Körper, versuchen mich zu lähmen, damit ich zusammen breche. Trauer und grenzenlose Enttäuschung über seine Taten. Angst vor diesem veränderten Mann, er ist wie ausgetauscht. Verachtung für ihn und für mich selbst und meine Naivität. Doch ich werde nicht kampflos aufgeben. Niemals. Ich raffe mich zusammen wende mich ab und renne los. So schnell ich kann. Ein leises, höhnisches Lachen ertönt hinter mir. „Du wirst mir nicht entkommen.“
Ich höre wie er sich ebenfalls in Bewegung setzt, mir mit schweren Schritten hinterher rennt. Stur laufe ich weiter biege ruckartig in die nächste Gasse ab. Ich wage es nicht mich umzudrehen, um zu sehen wie nah er ist. Ich laufe einfach weiter. Doch irgendwann wird es plötzlich ruhig. Nur noch meine eigenen Schritte und mein keuchender Atem sind zu hören. Orientierungslos bleibe ich stehen und sehe mich um. Ich habe keine Ahnung wo ich bin. Irgendwo zwischen vielen hohen grauen Gebäuden. Wo ist er hin? Habe ich ihn abgehängt? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Er muss hier irgendwo sein. Und ich muss in Bewegung bleiben. Also laufe ich los, renne jedoch nicht. Aufmerksam sehe ich mich um und achte auf jedes kleinste Geräusch. Jederzeit bereit wieder los zu rennen. Adrenalin rauscht durch meine Blutbahnen und mein Atem geht schwer, als ich um die nächste Ecke spähe. Langsam um keine Geräusche zu verursachen, schleiche ich weiter. Dort hinten ist Licht. Dort muss die Straße sein. Hoffnung macht sich in mir breit. Ich kann es schaffen. Zielstrebig laufe ich dem Licht entgegen, werde immer schneller mit jedem Schritt. Doch mein Herz setzt einen Schlag aus, als ich ein dumpfes Wummern hinter mir höre. Hastig drehe ich mich um und lasse meinen Blick hektisch Schweifen, wie ein gejagtes Tier. Da ich niemanden erkennen kann, wende ich mich schnell ab und renne los. Meine Sicht verschwimmt, da mir schon wieder die Tränen in die Augen steigen. Das hier ist mir alles zu viel, die Situation steigt mir zu Kopf. Aber ich höre nicht auf zu rennen. Das Licht kommt näher. Doch schlagartig verdunkelt es sich, als sich eine schwarze Gestalt aus der Dunkelheit löst. Jegliche Hoffnung fällt von mir ab und leere macht sich in mir breit. Er hat mich gefunden. Nein, wahrscheinlich hat er mich gar nicht verloren und wollte es nur spannend machen. Verzweifelt versuche ich irgendwie an ihm vorbei zu kommen. Doch es ist zwecklos. Seine starken, kräftigen Arme greifen nach mir. Wild um mich schlagend löst sich ein Schrei aus meiner Kehle, den er sofort mit seiner Hand vor meinem Mund erstickt. Schnell hat er meinen Widerstand bezwungen. Ich kann mich unter seinem Klammergriff nicht mehr rühren. Schockiert sehe ich ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Ich sagte dir doch, du wirst mir nicht entkommen.“, sagt er und blickt mitleidlos zurück.
Ohne große Mühe, wirft er mich über seine Schulter. Was passiert hier gerade? Ich komme mir vor wie in einem falschen Film, in dem ich die Hauptrolle spiele. Ohne das ich je darum gebeten hätte. Nein, ich darf mir das einfach nicht gefallen lassen.
„Lass mich sofort runter.“ Wild schlage ich immer wieder auf seinen Rücken ein. „Hast du nicht gehört, du sollst mich runterlassen, du Neandertaler.“
Unbeeindruckt läuft Ritchie los. „Du solltest besser deinen hübschen Mund halten.“
„Was sonst? Ich habe keine Angst vor dir.“, erwidere ich frech. Auch wenn meine Worte komplett gelogen sind, ich werde ihm meine Angst nicht einfach auf dem Silbertablett servieren. Dafür habe ich zu viel stolz.
„Ich werde schon eine Möglichkeit finden, ihn dir zu stopfen, verlass‘ dich drauf.“, antwortet er gereizt.
„Hast du es nötig dich an einer Frau zu vergreifen? Bist es wohl nicht gewohnt eine Abfuhr zu bekommen, was?“, langsam wird meine Angst zu Wut, die sich brodelnd in mir breit macht. Was denkt der Typ sich eigentlich?
„Nein, bin ich nicht. Im Übrigen habe ich nicht vor mich an dir zu vergreifen.“
Ich stoße ein empörtes Schnaufen aus. Die aufgestaute Wut auf diesen Mann, frisst sich an die Oberfläche und bricht aus wie ein Vulkan. „Was willst du dann von mir? Ich kann auf dein unreifes, kindisches Verhalten verzichten. Ich habe wichtigeres mit meiner Zeit vor, als sie mit einem Vollidioten wie dir zu verschwenden, der denkt er wäre Gott höchstpersönlich und hätte alle Rechte. Im Endeffekt bist du ja doch nur ein einsamer, feiger, kleiner Junge.“
Ein aggressives Knurren seinerseits ist zu hören, bevor er mich ruckartig runterlässt und mich mal wieder, mit seinem Körper gegen die nächstbeste Wand drückt. Mein Herz setzt einen Schlag aus, während ich ihn mit vor Angst geweiteten Augen fragend ansehe. „Was hast du vor?“
„Was ich vorhabe? Du gehst mir auf den Sack. Ich bringe dich jetzt zum Schweigen Prinzesschen.“, sagt er und mustert mich mit Augen, die aussehen wie alles verschlingende schwarze Löcher. Ich kann mich nicht rühren, nicht auf diese Aussage reagieren. Ich sehe ihn nur an und sende ein letztes Stoßgebet aus, das es nicht so schlimm wird. Dabei nehme ich mir fest vor, egal was passieren wird, nicht zu schreien. Ritchie hebt die Hand und tippt mir mit Zeige- und Mittelfinger an die Stirn. Dann sieht er mir in die Augen. „Schlaf jetzt, Nevia.“
Schlagartig werden meine Glieder schwer und meine Augen weigern sich strikt offen zu bleiben. Er hat mich hypnotisiert, ist mein letzter Gedanke, bevor mich die Schwärze umfängt.
Die Sonne weckt mich aus einem traumlosen Schlaf. Ich kneife die Augen fester zusammen und ziehe mir die Decke über den Kopf, nicht gewillt aufzustehen. Ich sollte mir langsam wirklich mal überlegen, ob eine Investition in eine Jalousie nicht doch ganz klug wäre. Mir fest vornehmend mich später über die Preise zu erkundigen, versuche ich wieder einzuschlafen. Ohne Erfolg. Jetzt bin ich hellwach. Ich seufze und krieche wieder unter der Decke hervor. Augenreibend richte ich mich auf, um dann dem Fenster einen wütenden Blick zu zuwerfen. Doch da wo das Fenster eigentlich sein sollte, ist nur eine Wand. Verwirrt runzele ich die Stirn. Was soll das? Ich lasse nun meinen Blick durch mein Zimmer schweifen und erkenne schnell, dass dies gar nicht mein Zimmer ist. Augenblicklich beginnt mein Herz zu rasen. Wo bin ich hier? Was ist passiert? Pure Angst und blankes Entsetzen packen mich als die Erinnerung über mich hinein bricht. Ritchie.
Ja jetzt weiß ich auch warum mir das Zimmer so bekannt vorkam. Ich bin in Ritchies Haus, in seinem Schlafzimmer, nicht in dem kleineren aus dem ich diesen schrecklichen Kampf beobachtet habe. Und ich liege in seinem Bett. Ein wohliges Kribblen macht sich in meinem ganzen Körper breit. Es ist das erste Mal, dass ich im Bett eines Mannes liege und die Tatsache, dass es sein Bett ist macht es noch schlimmer. Denn wahr ist auch, dass ich mich in diesen Mann, der mir so übel zugesetzt hat, verliebt habe.
Er hat es tatsächlich gewagt mich zu entführen. So richtig zu entführen, indem er mich außer Gefecht setzt und verschleppt. Und mich vorher noch wie ein verängstigtes Reh durch die Gassen scheucht. Eine Gänsehaut überkommt mich, als ich daran zurück denke. Der Blick mit dem er mich ansah, so kalt und teilnahmslos. Ich kann mich nicht erinnern, dass er mich irgendwann einmal so angesehen hat. In diesem Moment hatte er gar nichts mehr mit dem Ritchie gemein den ich kannte. Er war komplett verändert. Es versetzt mir einen Stich ins Herz. Wie konnte ich so dumm sein, ihm überhaupt jemals zu vertrauen?
Was hat er jetzt mit mir vor? Warum hat er das getan? Krampfhaft versuche ich herauszufinden warum er so gehandelt hat. Vielleicht aus einem gekränktem männlichen Ego, weil ich wahrscheinlich die erste Frau bin, die ihm so knallhart eine Abfuhr erteilt hat. In genau diesem Moment hallen Lexys Worte durch meinen Kopf. „Mit anderen Worten, steht er auf sehr ausgefallene Sexpraktiken, die für DICH, meine liebe Jungfrau Maria, ganz sicher sehr abschreckend sind.“
Oh mein Gott, was wenn er mich nur zurückgewiesen hat, weil ihm das was wir taten zu sanft war? Vielleicht brauch er das, den Kick über eine Frau so verfügen zu können, ihr seinen Willen aufzwängen und sie zu unterwerfen. So wie Minos damals auch. Mir läuft ein Schauer über den Rücken. Nein, bloß nicht daran denken, die Situation hier ist schon schlimm genug, da hilft es nicht sich an längst vergangenes zu erinnern. Doch das bringt mich nur dazu darüber nachzudenken, das Ritchie wahrscheinlich sogar schlimmer ist. Das er mir vielleicht sogar wehtun könnte und es genießen würde.
Was auch immer die richtige Antwort ist, fest steht das Ritchie keineswegs normal ist. Seine Vergangenheit hat ihn so stark geprägt, dass er jetzt nur noch eine kranke, geschundene Seele ist, die nun zur Verrücktheit neigt. Was sich nicht gerade zu meinen Gunsten auswirkt. Nein, ganz im Gegenteil.
Wie hat er das überhaupt geschafft mich so leicht außer Gefecht zu setzen? Er hat nur seine Finger an meine Stirn gelegt und mir gesagt ich soll schlafen. Und schon habe ich das auch getan, ich konnte dagegen einfach nicht ankämpfen. Eine normale Hypnose kann doch gar nicht so schnell wirken, oder täusche ich mich da?
Ein unangenehmer Druck in meinem Unterleib, reißt mich aus meinen Gedanken. Ich muss mal ganz dringend für kleine Mädchen. So ein Mist aber auch. Mir ist nicht gerade danach das Bett, geschweige denn das Zimmer zu verlassen. Doch ich muss, ich kann es nicht unterdrücken. Vorsichtig schwinge ich die Beine aus dem Bett. Ich will nicht unnötig laut sein, nicht das er hört, dass ich schon wach bin. Erleichtert stelle ich fest, dass ich wenigstens noch voll bekleidet bin, lediglich meine Jacke und meine Schuhe hat er mir ausgezogen. Auf Zehenspitzen flitze ich zur Tür und greife nach der Klinke. Kurz halte ich inne um nach verdächtigen Geräuschen zu horchen. Als ich sicher bin, dass alles still ist, drücke ich die Klinke runter. Doch die Tür bleibt verschlossen.
Das ist jetzt nicht sein Ernst, er hat mich nicht wirklich hier eingesperrt. Nochmal versuche ich die Tür zu öffnen, doch wieder nichts. Nun gar nicht mehr darauf bedacht leise zu sein rüttele ich sauer an der Tür. In mir macht sich ein Gefühl breit, welches einfache Wut noch weites übersteigt. Es staut sich tief in meiner Magengegend an, wächst immer weiter an und sucht sich einen Weg nach draußen. Ich kann es nicht zurückhalten. Ich schreie. Ich schreie so laut ich nur kann, renne zurück zum Bett und schmeiße mich weinend darauf. Ich weine nicht aus Trauer, nein ganz sicher nicht. Abscheu und Verachtung sind der Auslöser. Wutentbrannt boxe ich auf das Kissen ein.
„Das geht zu weit! Zu weit! Zu weit! Zu weit!“, schreie ich mit jedem weiteren Hieb auf das Kissen hysterisch. Ich kann mich nicht beruhigen, bis meine Wutschreie zu verzweifelten Klageschreien werden. Warum ich? Was habe ich getan, damit ich so etwas verdiene?
Urplötzlich wird die Tür aufgerissen. „Was ist los?“, fragt Ritchie gehetzt und sieht sich aufmerksam im Zimmer um, jeder Muskel angespannt. Ungläubig sehe ich von dem Kissen auf, direkt in seine Augen. „Was los ist?“, frage ich hasserfüllt und erhebe mich langsam wieder vom Bett.
„Ja du hast geschrien, ich dachte es sei etwas passiert.“, erwidert er ruhig. Ich glaube auch Erleichterung in seiner Stimme mitschwingen zu hören, aber mir ist ehrlich nicht danach das weiter zu analysieren. Ist der Typ denn tatsächlich so schwer von Begriff, dass er nicht merkt, was der wahre Grund für meinen Ausbruch ist? Böse funkele ich ihn an. Ich atme tief durch, einmal, zweimal. Doch ich kann mich nicht zurück halten. Anklagend zeige ich auf ihn. „DU!“
Mit einem Kampfesschrei, der dem einer unerschrockenen Amazone gleichkommt, stürze ich mich auf ihn. Und zu meinem Erstaunen versucht er nicht einmal mich aufzuhalten. Wie eine verrückte schlage ich auf seine Brust ein. Ich bezweifle, dass ich ihm wehtue, denn er rührt sich nicht einen Zentimeter vom Fleck und zuckt bei keinem meiner unkontrollierten Schläge auch nur mit der Wimper. Er steckt sie einfach so weg. Aber das ist mir egal. Es ist einfach nur unglaublich befreiend, Dampf abzulassen, meinen ganzen aufgestauten Ärger an ihm auszulassen.
Da mir so langsam die Puste ausgeht, senke ich die Fäuste und laufe vor ihm schnaufend auf und ab. Jedoch lasse ich es mir nicht nehmen ihm mal gehörig meine Meinung zu sagen. „Ich weiß nicht, was du hier für ein krankes Spiel treibst, aber hier ist Schluss, ich mache da nicht mehr mit. Such dir eine andere die daran Freude hat, aber ich bin eindeutig die Falsche. Mein Leben war normal, nicht einfach, aber annehmbar. Bis ich dich traf. Du hast meine komplette Weltanschauung durcheinander gebracht. Ich weiß nicht mehr was ich glauben soll. Plötzlich sind da überall diese Monster um mich herum, die mir nach dem Leben trachten, es gibt riesige Wölfe die mit einem mental kommunizieren können und dann wärst da ja auch noch du, der meine gesamte Gefühlswelt in ein Chaos verwandelt.“ Mit jedem Wort spreche ich schneller und meine Tonlage wird schrill. Sogar in meinen Ohren klingt das schon als wäre ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Vielleicht bin ich das ja auch, aber ich kann nicht aufhören. Hastig versuche ich zu Atem zu kommen, doch die Luft hier drinnen ist auf einmal extrem warm und stickig. Der Sauerstoff will nicht ganz in meiner Lunge ankommen.
„Du hast mich aufgesucht, Ritchie. Wäre es nach mir gegangen hätten wir uns nach dem Konzert nicht wieder gesehen. Aber du warst hartnäckig und hast ein nein ja nicht einfach akzeptiert. Und damit ziehst du mich in mein Verderben. Dann verschwindest du plötzlich eine halbe Ewigkeit, nur um wieder aufzutauchen um mir etwas vorzuspielen und mich letztendlich auch noch zu entführen. Und das auch noch auf eine Art und Weise die jedem Horrorfilm Konkurrenz gemacht hätte. Du hast mich gejagt und dich benommen wie ein kaltblütiger Killer. Ich hatte panische Angst. Du hast mich angesehen mit einem Blick, der sogar die Hölle zu Eis gefrieren lassen würde. Und dann setzt du mich einfach KO. Wie…hast du…“
Keuchend versuche ich irgendwie Luft in meine Lungen zu ziehen doch vergeblich. Mit einer Hand umfasse ich meinen Hals, während ich mit der anderen versuche mir unkoordiniert Luft zu zu wedeln. „Ich krieg…keine Luft…“
Ritchie reagiert sofort, packt mich an den Schultern und dreht mich so, dass ich ihn direkt ansehen muss. „Nevia, beruhige dich. Du musst atmen.“
Ich mustere ihn aus großen Augen und versuche mich dem Atemrhythmus anzupassen, den er mir vorgibt. Er beginnt leicht meine Schultern zu massieren. Seine geschickten Finger senden gezielte kleine Stromstöße durch meinen Körper und lassen mich allmählich zur Ruhe kommen. Ruckartig breche ich den Körperkontakt zwischen uns ab. Wie hat er das nur schon wieder hinbekommen? Wahrscheinlich hat er mich gerade schon wieder hypnotisiert, anders kann ich mir wirklich nicht erklären, warum gerade er, der mich ja erst aus der Fassung brachte, so schnell beruhigen konnte.
„Ich will nicht, dass du mich anfasst.“, stammele ich perplex. Seine Gesichtszüge verhärten sich schleunigst wieder. Er dreht mir den Rücken zu, in der Absicht das Zimmer zu verlassen. Doch ich halte ihn entschlossen auf. So leicht lasse ich mich nicht abspeisen. „Und was hast du jetzt vor? Willst du mich hier wieder einsperren? Das kannst du nicht tun, dazu hast du kein Recht. Ich will eine Erklärung. Warum tust du mir das an?“
Im Türrahmen hält er inne, wendet sich mir jedoch nicht zu. Seine große, muskulöse Gestalt scheint den Türrahmen komplett auszufüllen. Keine Chance irgendwie an ihm vorbei zu sprinten. Nach einigen endlos, langen Sekunden beginnt er zu sprechen. „ Du kannst dich frei bewegen im Haus und auf dem Grundstück. Fühl dich wie zu Hause. Versuche erst gar nicht abzuhauen, es wird dir nicht gelingen.“
Ohne ein weiteres Wort, verschwindet er die Treppe runter. Was soll ich denn davon bitteschön halten? Er erlaubt mir mich frei zu bewegen, vielleicht kann ich es doch irgendwie schaffen ihm zu entkommen. Allerdings muss ich bedenken, dass ich mich schon einmal in diesem Wald verirrt habe. Ich muss irgendwie herausfinden wie ich zur Straße komme, denn ich muss die Zeit nutzen, in der er meine Flucht noch nicht bemerkt hat. Das heißt so schnell wie möglich den Wald zu bewältigen, um den größten Abstand zwischen uns bringen zu können. Denn er wird mir folgen, da bin ich sicher. Das hat er mir unmissverständlich klar gemacht. Was das für mich bedeutet, wiegt mir schwer auf der Seele. Wenn ich ihm endgültig entkommen will, muss ich mir eine neue Unterkunft suchen, am besten so weit weg von hier wie nur möglich. Aber dann könnte ich mein Studium vergessen. So kurz vor dem Abschluss.
Diese Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag. Aber ich nehme mir fest vor das jetzt nicht zu nah an mich heran zulassen. Zuerst muss ich mir schnell einen guten Plan überlegen und den richtigen Zeitpunkt abpassen um ihn dann in die Tat um zusetzen. Ich verstehe einfach nicht was er mit dieser Aktion bewirken will. Er hat es ja nicht für nötig befunden, mich über seine Gründe aufzuklären. Aber meine volle Blase reißt mich aus meinen Überlegungen. Flink stürme ich aus dem Zimmer ins Bad. Als ich mir erleichtert die Hände wasche fällt mein Blick auf die große Dusche, die in die Wand eingebaut ist wie eine Höhle. Er sagte ich solle mich wie zu Hause fühlen, also werde ich das jetzt wenigstens ausnutzen. Schnell sehe ich mich nach einem Handtuch um, schlüpfe aus meinen Klamotten und springe in die Dusche. Ich drehe den Hahn auf und springe quietschend zur Seite als kaltes Wasser nicht aus der Brause, sondern aus der Decke auf mich hinab regnet. Ich drehe den Hahn, bis das Wasser die geeignete Temperatur hat und stelle mich dann begeistert darunter. Mein Körper entspannt sich endlich mal komplett und ich seufze behaglich auf, bevor ich beginne mir den gestrigen Tag vom Körper zu waschen.
Ich wickele meinen Körper in das große, flauschige Handtuch und mustere skeptisch meine Klamotten. Die würde ich wirklich ungerne nochmal anziehen. Kurzerhand schnappe ich sie mir und sprinte zurück ins Schlafzimmer, wo ich prompt über meine eigenen Füße stolpere, als ich Ritchie lässig an die Wand gelehnt vorfinde. Da ich mein Gleichgewicht nicht halten kann, hebe ich instinktiv meine Arme um meinen Sturz abzufangen. Dabei fallen meine Klamotten, mitsamt dem Handtuch zu Boden, welches ich nur mit der Hand zusammengehalten habe. Doch bevor ich auf den Boden aufprallen kann, finde ich mich in Ritchies Armen wieder. Erstaunt über seine blitzschnelle Reaktionsfähigkeit sehe ich zu ihm auf. Was ich besser nicht getan hätte, denn mein Herz setzt kurz aus, nur um dann in doppelter Geschwindigkeit weiter zu schlagen.
Seine Augen! Das angsteinflößende Schwarz ist gewichen und macht dem lodernden Feuer Platz. Welches ich gestern Abend vergebens suchte und so sehr vermisste. Wärme macht sich in mir breit, als ich mich in seinem Blick verliere. Er ist wieder er selbst. Oder zumindest das Ich, was ich von ihm kennen gelernt habe. So stark und selbstbewusst. Ein leicht angedeutetes schelmisches Schmunzeln ziert seine Lippen, welches meine Knie weich werden lässt. Er ist wirklich ein atemberaubender Mann. Gutaussehend, geheimnisvoll…gefährlich! Das habe ich am eigenen Leib erfahren können. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Wie kann er mich nach dem was gestern geschehen ist nur so ansehen? Und ich doofe Kuh lasse mich natürlich sofort von ihm einwickeln. Langsam beginnt meine Sicht zu verschwimmen, doch bevor sich eine verräterische Träne davonstehlen kann, löse ich mich abrupt von Ritchie und weiche einige Schritte zurück. Noch immer schmunzelnd mustert er mich von oben bis unten. Doch ich werde den Teufel tun ihm zu zeigen wie sehr er mein Inneres gerade aufgewühlt hat. Also wende ich ihm entschlossen den Rücken zu und schließe die Augen um in Ruhe bis zehn zu zählen und mich wieder einigermaßen in den Griff zu bekommen.
„Erstaunlich wie sehr du noch immer auf mich reagierst.“ Empört öffne ich die Augen und bin im Begriff mich zu ihm umzudrehen um ihm die Meinung zu geigen, als ich ein weißes Bündel am Boden erblicke. Schlagartig weicht alles Blut aus meinem Körper in meinen Kopf. Oh nein, das Handtuch. Wie konnte ich nur vergessen, dass ich es fallen ließ? Ich bin splitterfasernackt und habe ihm die Gelegenheit gegeben mich von oben bis unten ausgiebig zu betrachten. Schnell greife ich danach und wickele es mir um den Körper. Betreten sehe ich zu Boden, möge er sich doch auftun und mich verschlingen. Hat ja super geklappt ihm nicht zu zeigen, wie durcheinander ich bin. Ihm noch immer dem Rücken zugewandt, versuche ich einen klaren Gedanken zu fassen, mich zu beruhigen. Vergebens. Ich beginne am ganzen Körper zu zittern. Denn die Wut die ich auf ihn habe, nährt sich von dieser peinlichen Aktion und wird somit größer. „Schade. Die Aussicht gefiel mir sehr gut.“
Mein Atem geht schneller, diesmal jedoch nicht vor Aufregung. Wirklich angepisst und in meiner Würde verletzt drehe ich mich zu ihm um. „Was fällt dir eigentlich ein? Für wen hältst du dich bitte? Mich schamlos anzugaffen und meine Verwirrung so dreist auszunutzen. Du bist wirklich nur einer dieser typischen Playboys. Und ich dachte du wärst etwas Besonderes. Wie konnte ich nur so dumm und naiv sein, zu glauben etwas in deinen Augen zu sehen, was niemals da war?“ Als ich mir beginne mir aufgebracht die Haare zu raufen, versucht er etwas zu sagen, doch ich komme ihm sofort schreiend zu vor. „NEIN! Nein, nein. Sei still! Ich will nichts hören. Weißt du, ich habe keine Ahnung was du mit mir vorhast. Warum du mich hierher verschleppt hast und mich versuchst hier einzusperren. Aber eins ist sicher. Ich hasse dich Ritchie Ashbourne. Ganz tief aus dem Inneren meines Herzens, hasse ich dich. Ich habe es gewagt mich nach Jahren noch einmal in einen Mann zu verlieben und wurde wieder mehr als nur Enttäuscht. Diesmal schlimmer als ich es jemals hätte erahnen können. Wenn ich nicht schon längst für die Männerwelt verdorben war, bin ich es spätestens jetzt. Endgültig.“
Mit jedem meiner Worte erlischt das Feuer in seinen Augen immer mehr, bis nur noch die Kohle übrig bleibt. Die Härte ist in ihnen zurückgekehrt. Gleichgültig und eiskalt blickt er auf mich hinab. „Du lehnst dich ziemlich weit aus dem Fenster Prinzessin. Denk dran mit wem du dich hier anlegst. Noch genießt du meine Gastfreundschaft.“ Er deutet auf eine Tür in der Ecke des Zimmers. „Dort drin findest du eine Menge Kleidung für dich.“ Damit verlässt er das Zimmer und zieht hinter sich die Tür zu. Kraftlos und entmutigt sacke ich in mich zusammen. Mit letzter Kraft hieve ich mich auf das Bett und ziehe mir die Decke über den Kopf. Dann lasse ich meinen Tränen freien Lauf. Geräuschlos weine ich eine Ewigkeit in das Kissen, bis mich endlich die befreiende Schwärze überrollt und ich einschlafe.
Am nächsten Morgen erwache ich schon sehr früh. Die Sonne geht gerade auf. Missmutig blicke ich zum Fenster. Mir ist nicht danach aufzustehen. Ich will einfach nur hier liegen bleiben und schlafen, bis das alles hier vorbei ist. Doch es bringt nichts. Ich muss jede Sekunde nutzen um meine Flucht zu planen. Auch wenn ich nicht gerade zuversichtlich bin, erfolgreich zu sein. Aber ich darf nicht aufgeben. Ich muss es wenigstens versuchen. Seufzend steige ich aus dem Bett und gehe noch immer das Handtuch um den Körper gewickelt ins Bad um mich zu waschen. Es ist komplett still im Haus, wahrscheinlich schläft Ritchie noch. Zurück in meinem Zimmer mustere ich meine Klamotten, bin allerdings immer noch nicht gewillt sie anzuziehen. Skeptisch fällt mein Blick auf diese Tür in der Ecke. Auch wenn mir alles andere lieber wäre als irgendeines dieser Kleidungsstücke dort drin zu tragen, werde ich nicht drum herum kommen, wenn ich nicht nackt rumlaufen will.
Verstimmt öffne ich die Tür und finde mich in einem riesigen begehbaren Kleiderschrank wieder. An der Wand geradezu befindet sich ein großer Spiegel, der Rest wirklich ist voller Klamotten, Schuhen und Accessoires. Das sind alles nur Frauenklamotten. Und sie sind alle in meiner Größe. Die Preisschilder wurden nicht entfernt. Es sind die teuersten Designerklamotten und jedes einzelne dieser Stücke hat ein Vermögen gekostet. Er hat extra für mich so viel Geld ausgegeben. Wie lange hat er vor mich hier festzuhalten? Für immer? Eine Gänsehaut bildet sich auf meinem Körper. Schnell schiebe ich den Gedanken beiseite und bestaune weiter, die Klamotten. Es sind wirklich wunderschöne Stück dabei. Leider besteht das Arsenal hier fast hauptsächlich aus Kleidern und Röcken. Die vereinzelten Hosen die Dabei sind, sind wahrscheinlich so eng, dass die wie eine zweite Haut sind. Da will ich mich wirklich nicht reinzwängen.
Ich durchstöbere weiter die vielen Kleiderständer und entscheide mich schließlich für ein weißes, knielanges Kleid, mit nur einem Träger und einem Gürtel aus goldenen, verflochtenen Kordeln. Es erinnert mich an die alten Griechen, deshalb ist meine Wahl darauf gefallen. Und weil es eines der dezentesten und weniger freizügigen Kleider ist. Dazu suche ich mir ein paar schick geflochtene Römersandaletten. Skeptisch betrachte ich mich in dem Spiegel. Das Kleid ist wunderschön. Und ich finde es steht mir sogar ganz gut. Trotzdem fühle ich mich etwas unwohl darin. Das da im Spiegel bin nicht ich.
Resignierend mache ich mich auf den Weg in die Küche um nach etwas Essbaren zu suchen. Ich werde auch schnell fündig. Ich bestreiche mir ein Toast mit Frischkäse und kaue lustlos darauf herum. Dabei entdecke ich die Uhr über der Tür. Kurz vor acht. Ich zwänge mir den Rest des Toasts regelrecht runter. Nach dem ganzen Stress der letzten Tage, könnte ich gar nicht appetitloser sein. Ich esse nur, weil ich weiß, dass mein Körper Nahrung braucht, nicht aus Hunger. Grüblerisch schleiche ich zur Haustür und öffne sie. Ich trete hinaus und blicke mutlos auf den Wald der sich vor mir erstreckt. Wie soll ich ihn bloß bezwingen? Ich weiß nicht wie lange ich so da stehe, aber nach einiger Zeit höre ich ein Motorengeräusch. Eines Motorrads. Schnell sehe ich zur Einfahrt und sehe sofort das Ritchies Motorrad nicht dort steht. Er war gar nicht da. Wann ist er weggegangen? Kaum zu glauben, dass er mich einfach alleine lässt. Vielleicht tut er es nochmal, das wäre die perfekte Gelegenheit für mich um zu verschwinden.
Das Geräusch wird lauter und kurz darauf sehe ich ihn aus dem Wald rasen. Er parkt neben dem Ford Mustang und richtet seinen Blick auf mich. Eine Zeit lang beobachtet er mich nur, er wirkt geradezu gefesselt. Doch dann reißt er sich los und läuft mich ignorierend, mit einigen Metern Abstand an mir vorbei zur Haustür. Perplex sehe ich ihm nach. „Hey!“
Er bleibt stehen, wendet sich mir jedoch nicht zu. „Dir auch einen guten Morgen.“, sage ich feindselig. Wenn ihn mein Tonfall verärgert, lässt er sich es nicht anmerken. „Was ist?“, fragt er völlig emotionslos. Zickig erwidere ich: „Na was wird wohl sein? Du kannst mich nicht für immer hier behalten. Ich muss morgen wieder zur Arbeit.“
Er schnauft verächtlich. „Du kannst anrufen und dich krankmelden, denn du wirst das Gelände nicht verlassen.“ Ich trete näher an ihn heran. „Das kannst du nicht machen. Ich habe auch noch ein Leben.“
„Und wie ich das machen kann.“, sagt er und setzt sich wieder in Bewegung. Erbost überhole ich ihn, dabei steigt mir ein irritierender Geruch in die Nase. „Das werde ich so nicht hinnehmen.“, rufe ich selbstsicher, als ich mit in die Hüfte gestemmten Händen vor ihm zum Stehen komme. Doch jegliche Selbstsicherheit weicht von mir, sobald ich sein Gesicht sehe. Seine Haare sind zerzaust und um seine Lippen herum sind rote Ränder. Rote Lippenstiftränder, wird mir schlagartig klar. Und der Geruch. Das war Frauenparfüm gemischt mit rohem Sex. Ich spüre wie mein schon geschundenes Herz in meiner Brust, in noch viel kleinere Teile zerspringt. Ich hätte nicht gedacht, dass es möglich wäre, aber den Schmerz den ich in diesem Moment fühle schnürt mir die Kehle zu und lähmt langsam meinen Körper.
Er war bei einer anderen Frau, während ich in seinem Bett lag und schlief. Die Trauer übermannt mich. Ich schlage mir die Hand vor den Mund, um die unkontrollierten Schluchzer die mich schütteln zu unterdrücken. Doch es ist zwecklos. Die Tränen strömen ungehindert über meine Wangen. Es fühlt sich an wie Betrug. Ich fühle mich benutzt und ersetzt. Und das obwohl ich ihn doch schon abgeschrieben habe. Aber ich kann meine Gefühle für ihn nicht einfach abschalten. So sehr ich es mir wünsche, es geht nicht. Ich halte es nicht länger aus, ihn so zu sehen. Ich drehe mich um und renne hoch zurück ins Schlafzimmer. Heulend verkrieche ich mich wieder unter der Bettdecke. Ich habe gewusst, dass es nicht leicht wäre zu wissen, dass er eine Andere hat. Doch, dass es so sehr weh tut, hätte ich niemals erwartet.
Erst am späten Abend schäle ich mich aus der Bettdecke. Den ganzen Tag bin ich hier vor mich hin vegetiert, habe mich weder zum Essen noch um die Toilette zu besuchen aus dem Bett gegeben. Noch nicht mal um mir einen guten Fluchtplan zu überlegen. Dafür geht es mir zu elend. Ich verstehe nicht wie dieser Mann mir so sehr den Kopf verdrehen konnte. Aber ich kann hier nicht länger rumliegen und Trübsal blasen. Auch wenn mich sterbenskrank fühle. Ich fühle mich nicht nur so, ich bin es auch. Ich leide an einer nicht heilbaren Krankheit. Man kann nur warten bis genug Zeit vergangen ist und versuchen zu Vergessen. Doch der Bruch wird nicht verheilen. Niemals.
Der Mond scheint hell durch das Fenster, ich verliere mich in seiner strahlenden Schönheit. Langsam schleiche ich zu dem Fenster hinüber und öffne es leise. Da schwingt eine wunderschöne Melodie an mein Ohr. Traurige, leidende Gitarrenklänge. Ich knie mich auf den Boden, stütze meine Arme auf dem Fensterbrett ab und bette meinen Kopf auf ihnen. Bewegt lausche ich dieser wunderbaren Melodie. Die Emotionen die in ihr mitschwingen, sind überwältigend. Woher nimmt er sie? Aus seinem eiskalten Herzen? Es ist unvorstellbar. Es gab eine Zeit da habe ich das glauben können. Doch nach allem was geschah, kann es einfach nur ein Schauspiel sein. Es ist nicht echt. Und doch berührt es mich gerade ungemein und lässt mich zur Ruhe kommen. Verzweifelt schließe ich die Augen und lasse mich von diesen Klängen, sanft in den Schlaf wiegen.
Gedankenverloren und nur widerwillig lege ich die Gitarre zu Seite. Schwerfällig erhebe ich mich und sehe zum Mond. Ich hätte schon vor Stunden aufbrechen müssen, um ein paar Bastarde zurück zu Daddy zu schicken. Doch stattdessen sitze ich hier und kann an nichts anderes denken als an sie. Sie raubt mir den Verstand. Ich kann nicht schlafen, nicht essen, geschweige denn mich auf einen Kampf konzentrieren. Ich habe sie für mich verloren. Sie hasst mich.
Verdenken kann ich es ihr nicht. Ich habe ihr furchtbare Angst eingejagt. Laut Gesetz würde ich dafür verurteilt werden, für viele Jahre weggesperrt. Wer bin ich mir herauszunehmen, sie so zu behandeln? Verdammt ich habe alles verkackt, nur weil ich mein Temperament nicht in Zaum halten konnte. Sie ist die erste Frau in meinem Leben, die es geschafft hat mein Herz aufzutauen. Gefühle in mir geweckt die ich vorher nicht kannte und auch nicht kennen wollte. Doch jetzt wo, ich sie einmal fühlen durfte… Ich will sie wieder fühlen, nicht nur einmal, sondern immer. Ich will, dass sie der Grund ist, warum ich so fühle. Nevia.
Es schmerzt an sie zu denken, noch mehr sie zu sehen. Es wird die Hölle werden, sie die ganze Zeit vor Augen zu haben und zu wissen, dass ich sie nicht haben kann. Weil sie mich nicht mehr will. Jetzt wo mir endlich klargeworden ist, dass sie alles ist was ich will. Alles ist was ich brauche. Missmutig sehe ich noch immer zum Mond hinauf und verenge die Augen. „Scheiße Thor, warum ist sie so wichtig? Was passiert hier gerade?“
Ich warte einige Minuten. Keine Antwort. Natürlich nicht. Ich habe keinen Schimmer was als nächstes kommt. Luzifer sucht sie, aber ich weiß nicht warum. Wovor genau muss ich sie beschützen? Die letzten Tage waren ruhig, bis auf die Aktion in der Bibliothek. Keine weiteren auffälligen Zwischenfälle. Er lässt sich ziemlich viel Zeit, wahrscheinlich heckt er einen Plan aus. Genau das macht mir Sorgen. Noch nie hatte ich es mit Luzifer persönlich zu tun. Ihn fertig zu machen, dürfte kein Problem, ich mache jedes dieser Satanskinder platt. Aber er ist keine gewöhnliche Ausgeburt der Hölle. Er ist ein gefallener Erzengel. Das macht ihn um einiges gefährlicher, denn er kann sein Gehirn sinnvoll einsetzen. Rohe Muskelkraft reicht nicht mehr aus, wie bei meinen bisherigen Gegnern.
Mein Blick wandert zum Haus. Das Fenster im Schlafzimmer ist offen. Das erste Lebenszeichen von ihr seitdem sie so aufgelöst davon gerannt ist. Ich verstehe nicht, warum sie so plötzlich klein bei gegeben hat, aber ich habe es auch nicht gewagt sie nach ihrem Ausbruch zu fragen oder sie zu trösten. Ich bin der Letzte den sie hätte sehen wollen.
Unmotiviert hebe ich meine Lady, die einzige Frau die es über eine lange Zeit mit mir ausgehalten hat, auf und streiche liebevoll über ihre Saiten. Dann stelle ich sie in die Halterung zurück und mache mich auf zum Haus. Ich kann nicht anders, bevor ich gehe muss ich mich vergewissern, dass es ihr gut geht. Naja, besser den Umständen entsprechend. Ich steige die Treppen hoch und lausche an der Tür. Ich kann ihren leisen, gleichmäßigen Atem wahrnehmen. Geräuschlos öffne ich die Tür und sehe mich im Zimmer um. Kauernd hockt Nevia vor dem Fenster und schläft. Ich betrachte kurz ihre zierliche Gestalt und gehe dann lautlos auf sie zu. Zärtlich hebe ich sie in meine Arme und lege sie vorsichtig auf dem Bett ab.
Sie sieht in diesem Kleid atemberaubend schön aus. Wie eine griechische Göttin. Und sie wirkt im Moment so friedlich und sorgenlos. Sanft streichele ich mit den Fingern über ihre Wange und bewundere heimlich ihre Schönheit. Ich bin nur ein Eindringling in ihrem Leben. Sobald sie wieder sicher ist und meinen Schutz nicht mehr braucht, werde ich sie gehen lassen. Und dann wird sie mich nie wieder sehen und kann ihr Leben weiterleben, wie es war. Wie sie es verdient. Niedergeschlagen decke ich sie zu und verlasse dann schleunigst das Zimmer.
Lustlos schwinge ich mich auf mein Baby und lasse ihren Motor aufheulen. Es wird Zeit in die Gänge zu kommen. Vielleicht weiß ja auch einer dieser Bastarde genaueres über die Pläne von Luzifer, ich sollte sie dringend verhören. Ein teuflisches Schmunzeln tritt auf meine Lippen. Ja mir ist sehr danach jemanden zu foltern. „Hati, du bleibst hier und achtest auf sie. Nicht das sie während meiner Abwesenheit auf dumme Gedanken kommt.“
Verstanden Meister. Dieses Meistergetue geht mir ganz schön auf die Eier. Wenn ich zurück bin, werde ich nochmal versuchen es ihm auf die sanfte Tour klar zu machen, ansonsten werde ich es ihm wohl einprügeln müssen. Ich lasse den Motor ein weiteres Mal jaulend aufheulen, bevor ich die bremse löse und zwischen den Bäumen davonrase.
Es hat nicht lange gedauert, eines dieser Monster aufzuspüren. Kaum war ich an der Grenze des Waldes konnte ich seine dunkle Energie wahrnehmen. Doch leider ist aus diesem stinkenden und sabbernden Aasfresser nicht viel rauszuholen gewesen. Guhle sind dafür bekannt nur grunzende und knurrende Laute auszustoßen, noch nie habe ich einen reden gehört. Obwohl man durch ihre menschenähnliche Gestalt das vielleicht hätte annehmen können. Ihre Haut ist leichenblass, der Rücken durch einen Buckel verkrümmt, was sie zwingt ihre Arme als Vorderbeine zu nutzen. Der Körper ist hager, was man deutlich erkennen kann, da sie ihn nur mit einem spärlichen Lendenschurz verdecken. Nur einige wenige Haare hängen ihnen strähnig am Kopf herunter. Dieses Prachtexemplar hier funkelt mich hungrig mit seinen blutroten Augen an und fletscht angriffslustig die verfaulenden Zähne, bevor ich ihm in einer fließenden Bewegung den Kopf abschlage.
So geht es den Rest der Nacht weiter. Nicht eine Kreatur ist dabei die mir auch nur halbwegs von Nutzen sein könnte. Frustriert fahre ich planlos durch die Stadt und versuche noch weitere Energien aufzuspüren, doch da ist nichts mehr. Ich verstehe nicht, warum er nicht die Größe des Portals nutzt, um seine Ungeheuer frei zu lassen. Stattdessen verschwendet er seine tägliche Kapazität für kleine Bastarde die kaum einen Schaden ausrichten. Das alles ist mehr als merkwürdig.
Angepisst halte ich direkt vor einer Bar. Schnell erkenne ich, dass es dieses Café ist in dem Nevia arbeitet. Abends wird es wohl zu einer Tanzbar umfunktioniert. Und es ist wirklich gut besucht. Wie oft sie wohl schon abends hier arbeiten musste? Und wie oft sie wohl von irgendwelchen schmierigen, halbstarken Proleten angebaggert wurde? Allein schon der Gedanke macht mich rasend. Ich beschließe eine kurze Pause einzulegen und mir ein paar Drinks zu genehmigen.
Übel gelaunt trete ich ein und zwänge mich durch die Masse, vorbei an tanzenden Menschen, knutschenden Paaren und der grölenden, feierwütigen Jugend. Ich halte auf einen freien Hocker am Tresen zu, neben einem bullig aussehenden Typen, der mich offenkundig angafft um den Eindringling in seinem Gebiet abzuchecken. Doch als ich ihn finster anblicke, mit der unausgesprochenen Drohung sich nicht mit mir anzulegen in den Augen, habe ich seinen Respekt gewonnen und er wendet sich gelangweilt ab. Kaum das ich mich hingesetzt habe, kommt auch schon einer der Barkeeper auf mich zu. „Oh mein Gott, ich glaube es nicht. Er ist es wirklich, schon zum zweiten Mal!“
Ich wende meinen Blick dem Barkeeper zu. Auch das noch, der schwule Arbeitskollege von Nevia. Der hat mir gerade noch gefehlt. „Lorenzo richtig?“, gebe ich unbeeindruckt zurück. Er schenkt mir sein Strahlemann Grinsen und plaudert munter weiter. „Ja genau. Bist du wegen Nevia hier? Die ist heute leider nicht da.“ Ich senke den Blick und schüttele den Kopf. „Nein ich bin nicht wegen ihr gekommen. Ich hätte einfach nur gerne einen Doppelten eures besten Whiskys.“ Kurz sieht er mich verwundert an, er hat wohl gecheckt, dass ich nicht gerade in Redelaune bin. Doch davon lässt er sich nicht aus der Ruhe bringen. „Natürlich, kommt sofort.“
Kurz darauf steht auch schon das Glas vor mir, welches ich in einem Zug austrinke, Lorenzo wieder hinhalte und noch einen verlange. Er sieht mich nur mit einer hochgezogenen Augenbraue an, sagt aber nichts dazu. Besser ist es. Das Ganze mache ich noch weitere vier Mal. Währenddessen verzieht sich der bullige Typ und an seine Stelle setzt sich eine Frau mit einer wilden, feuerroten Mähne, die mich aus ihren rostroten Augen lasziv anlächelt. Sie ist größer als die meisten Frauen und sehr schlank. Man könnte sagen sie hat Modelmaße. Eine Frau die nicht mit ihren Reizen geizt. Sie trägt eine hautenge Lederhose, hohe Stilettos und eine knappe Corsage, ebenfalls aus Leder. Kurz gesagt sie ist heiß. Schade, dass ich keine Zeit habe, ich muss weitersuchen. Also wende ich meinen Blick ab und ignoriere sie. Als ich Lorenzo das Glas zum sechsten Mal hinhalte reißt er es mir regelrecht aus der Hand und baut sich furchtlos vor mir auf. „Okay, was ist dein Problem?“
Ich verenge die Augen. Was denkt er, was er hier tut? Mutter Theresa spielen? „Ich habe kein Problem.“, erwidere ich mit einem drohenden Unterton. Doch er lässt sich nicht verunsichern. „Ich bin lange genug Barkeeper um zu wissen, dass Leute, insbesondere Männer, die sich alleine an der Bar hemmungslos einen hinter den Trichter heben irgendein Problem haben. Und dieses betrifft meistens das Thema Liebe. Also wer könnte da wohl besser sein, als der Barkeeper, um sich einfach Mal jemanden anzuvertrauen und vielleicht einige Tipps zu bekommen?“, verschwörerisch zwinkert er mir zu.
Ich sehe ihn nur teilnahmslos an. Ich habe nicht vor mich abzuschießen, er kann ja nicht wissen, dass ich um einiges mehr vertrage als ein normaler Mann. Doch blöderweise trifft seine These den Nagel trotzdem auf den Kopf. Und seine Neugierde geht mir gehörig gegen den Strich. „Ich erinnere mich daran, dass du dafür zuständig bist hier die Drinks zu servieren. Ich habe kein Interesse daran irgendjemanden Probleme anzuvertrauen, die ich nicht habe. Also sei so gut und mach mir einfach noch einen Doppelten.“ Der hat gesessen. Er runzelt für einen Moment die Stirn, zuckt dann mit den Schultern und stellt mir ein weiteres Glas Whisky vor die Nase, bevor er sich abwendet um einen anderen Gast zu bedienen.
„Hm…das war aber nicht gerade nett, Süßer. Dabei ist unser Lorenzo doch so ein Schnuckelchen.“, tadelt die rothaarige neben mir. „Wer hat dich gefragt?“, erwidere ich bissig. Warum sind alle der Meinung mich heute vollquatschen zu müssen? „Ich finde jeder Mensch hat ein Recht auf meine Meinung.“, sagt sie unschuldig mit einem herausfordernden Funkeln in den Augen. Ich verenge die Augen. „Findest du, ja? Ich für meinen Teil kann gut auf deine Meinung verzichten.“, gebe ich gereizt zurück und wende mich ab, um ihr zu zeigen, dass das Gespräch damit für mich beendet ist.
Einige Sekunden lang mustert sie mich schmunzelnd. Wie ich feststellen muss, ist für sie das Gespräch noch lange nicht zu Ende. „Och, jetzt sei doch nicht so griesgrämig Süßer. Lorenzo, Schatz gib mir einen Gin Tonic, ja?“, ruft sie ihm mit einem Handkuss zu. Er zwinkert ihr zurück und macht sich sofort an die Arbeit. „Sag Süßer, kennst du das, wenn du mal wieder eine tolle, hübsche, coole und besonders geile Person umarmen willst und voll gegen den Spiegel knallst? Dann geht es dir wie mir.“, sagt sie überheblich grinsend. Ich runzele ratlos die Stirn. Alter was ist das für eine merkwürdige Person? Kopfschüttelnd beschließe ich nicht darauf einzugehen. Als Lorenzo mit ihrem Drink kommt, lasse ich mir auch nochmal nachschenken. Lächelnd wendet sie sich ihm zu. „Danke Herzchen.“ Dann plappert sie weiter auf mich ein. „Ich meine, sieh uns doch an. Alle Blicke sind auf uns gerichtet. Die Leute hier würden alles dafür geben für eine einzige Nacht mit uns. Wir sind einfach heiß."
Diese Situation hier ist mehr als grotesk und ich weiß gerade nicht viel mit ihr anzufangen. Es scheint, dass sie nicht aufgeben wird, also werde ich sie für ihre Hartnäckigkeit mit einer Antwort entlohnen. „Ich vielleicht. Du bist höchstens durchschnitt.“ Ein triumphierendes Grinsen huscht über ihr Gesicht, bevor sie sich empört aufrichtet, sich ihren perfekt manikürten Finger in den Mund steckt und mit diesem dann verführerisch an ihrem Körper hinab streicht, dabei kreist sie sexy mit der Hüfte. „Baby, als Gott mich schuf…“, sie dreht mir den Rücken zu, beugt sich leicht vor und gibt sich dann selbst einen Klaps auf ihren knackigen Arsch. „…wollte er angeben, klar?“
Fuck, sie ist wirklich unglaublich scharf und als sie sich wieder hinsetzt und meinen Blick bemerkt, schmunzelt sie siegessicher. „Tja, ich habe dich durchschaut Süßer. Ich weiß halt wer du bist.“ Unbeeindruckt ziehe ich die Augenbrauen kraus. „Jeder hier weiß, wer ich bin.“ Sie beginnt herzhaft zu lachen. „Du hast Recht. Aber ich weiß, wer du wirklich bist.“ Sie sieht mich aus verschwörerisch großen Augen an und nimmt provokativ einen großen Schluck von ihrem Drink. Misstrauisch verenge ich die Augen. „Und wer bin ich, deiner Meinung nach?“, frage ich argwöhnisch.
Sie klimpert verrucht mit ihren Augen, setzt wieder ihren Drink an und trinkt ihn in einem Zug leer. „Du legst jetzt also doch Wert auf meine Meinung?“, fragt sie engelsgleich, bevor sie noch zwei Worte, welches sie nur mit den Lippen formt hinten ansetzt. Schockiert starre ich reglos auf mein Whiskyglas, um mir meinen inneren Aufruhr nicht anmerken zu lassen. Die Worte welche ihre Lippen geformt haben, war Odins Sohn. Wie kann sie davon wissen, wer zum Teufel ist diese Frau? Als der erste Schock verflogen ist, wende ich mich ihr wieder zu. „Rede oder ich werde dich dazu bringen.“, warne ich sie.
„Na jetzt habe ich aber Angst.“, erwidert sie sarkastisch, woraufhin ich sie bedrohlich anknurre. „Ich mache keinen Scherz.“ Sie stößt ein erfreutes Lachen aus. „Das ist mir klar, Süßer.“ Ich funkele sie nur eiskalt und abwartend an, bis sie seufzend einlenkt. „Hey keine Sorge ich bin auf deiner Seite, okay?“ Da ich nicht darauf reagiere, sondern sie immer noch abwartend anblicke, beginnt sie wieder zu schmunzeln. „Pass auf, ich habe einen Vorschlag.“ Sie erhebt sich wieder und kommt dicht auf mich zu. „Du willst etwas von mir, aber ich will eine Gegenleistung haben.“ Sie tänzelnd aufreizend vor mir herum und fährt mit einer Hand schmachtend über meinen Oberkörper. „Tanz mit mir Süßer und ich sage dir alles was ich weiß.“ Sie beißt sich erotisch auf die Unterlippe und weicht wieder einen Schritt zurück. „Außerdem“, setzt sie hinzu, „willst du doch nicht als Frauenschläger abgestempelt werden. Immerhin hast du einen Ruf zu verlieren.“
Natürlich könnte ich jede meiner Taten mit meinen Kräften vor neugierigen Augen verschleiern, aber da ich tatsächlich ein Problem damit habe, einer Frau körperlich weh zu tun, zumindest außerhalb des Schlafzimmers, lasse ich mich darauf ein, wenn auch widerwillig. Wenn sie mir danach immer noch nichts sagen will, kann ich noch immer zu den harten Methoden greifen. Ich schütte meinen Drink hinunter und folge ihr lustlos auf die Tanzfläche.
Sie beginnt ihre Hüften zum Takt der Musik kreisen zu lassen, schnell wird mir klar, dass sie genau weiß was sie da macht und wie sie einen Mann verführt. Und auch wenn sie ziemlich sexy tanzt, seitdem ich gesehen habe wie sinnlich Nevia über die Tanzfläche schwebt, ist es schwer mich noch zu beeindrucken. Anzüglich wirft sie mir die Arme um den Hals, während ich sie geschmeidig über die Tanzfläche führe.
Nach drei Liedern beschließe ich, dass es reicht. „Genug.“, sage ich und zerre sie von der Tanzfläche. „Schade.“, erwidert sie träumerisch. „Ich wette du bist eine Granate im Bett.“ Da kann ich ihr nur Recht geben, aber ich lasse mich von ihrem Gefasel nicht ablenken. Gerade als ich sie dazu auffordern will mir endlich zu sagen, was sie weiß, keucht sie erschrocken auf. „Was ist?“, frage ich sie wachsam. Sie atmet erleichtert tief durch, bevor sie zu sprechen beginnt. „Oh Gott, ich habe gerade gedacht ich hätte mich verliebt.“ Sie fasst sich geschockt an den Hals, bevor sie sich wieder gelassen mir zuwendet. „Aber ich habe nur Hunger. Puuuh, lass uns etwas essen gehen, Süßer.“
Nach einer nicht enden wollenden Diskussion, warum ich sie nicht auf meinem Baby mitnehme und sie, trotzdem sie Alkohol getrunken hat, mit ihrem eigenen Wagen fahren musste, und einer Warnung meinerseits, dass sie nicht einmal daran denken soll, zu versuchen sich aus dem Staub zu machen, fahre ich dicht hinter dem silbernen Porsche Carrera durch die Straßen.
Vorbei an unzähligen Imbissbuden, Bistros und Fast Food Ketten, Restaurants haben zu dieser Stunde schon längst geschlossen, fahren wir quer durch die Stadt, bis sie auf einem Privatparkplatz abbiegt. Ich halte neben ihr und steige von meinem Baby. Der Parkplatz gehört zu einem Gebäude aus dessen Inneren gedämpfte elektrische Musik erklingt. Verärgert verenge ich die Augen. Will diese Frau mich etwa zum Narren halten? Die Rede war von essen gehen und einem ausführlichem Gespräch über ihr Wissen und nicht von diesem Schuppen hier. Sauer drehe ich mich zu ihr, erwarte wortlos eine Erklärung. Als sie mich nur schelmisch angrinst, gehe ich drohend auf sie zu, dränge sie zu ihrem Wagen zurück und kessele sie mit meinem Körper ein. Ich fange ihren Blick mit meinem ein und gebe ihr deutlich zu verstehen, wer von uns hier am längeren Hebel sitzt. „Sag mir was du weißt.“, fordere ich autoritär. Sie sieht zu mir auf. Doch anstelle von Angst oder Einschüchterung, nehme ich Bewunderung war. Mit ihren schlanken Fingern streicht sie über meine Bauch- und Brustmuskeln. „Mhm, es törnt mich unglaublich an, wenn du so dominant bist.“
„Hör auf damit und sprich endlich.“, erwidere ich angepisst. Ein Lächeln stiehlt sich auf ihre Lippen. „Nun sei doch nicht so ungeduldig, lass uns erst einmal reingehen.“ Ich schnaube verächtlich. „Ich werde dort nicht reingehen. Dieser Laden ist unter meinem Niveau.“ Nun verengt auch sie wütend die Augen. „Hey, der Laden von dem du da sprichst, gehört mir. Und glaube mir, der ist ganz sicher nicht unter meinem Niveau. Also entweder kommst du jetzt mit mir da rein oder ich sage kein Sterbenswörtchen.“ Herausfordernd sieht sie mir in die Augen. Nichts als Entschlossenheit kann ich ihrem Blick entnehmen. Sie meint das vollkommen ernst. Wenn sie weiß, wer ich bin, dann weiß sie auch mit wem sie sich anlegt. Aber sie hat keine Angst. Weil mich ihr Mut neugierig macht, kapituliere ich und folge ihr rein in den Club.
Sie führt mich durch den Hintereingang eine Treppe hinauf, in einen separaten Raum, von dem man die ganze Tanzfläche überblicken kann. Die Wände sind verglast und an der einen Wand direkt über der Tanzfläche steht ein Sessel, eher eine Art Thron, von dem diese Braut sicher Königin ihres eigenen Reiches spielt. Auf der anderen Seite des Raumes steht ein großer Esstisch, an dem wir gegenüber voneinander Platz nehmen. Erwartend sehe ich sie an. Sie schmunzelt reicht mir wortlos eine Speisekarte. Kurz sehe ich hinein, doch ich habe nicht vor etwas zu essen. Ich bin aus anderen Gründen hier. Also reiche ich sie ihr zurück. „Nichts essen?“, fragt sie. Ich schüttele den Kopf. Sie schnalzt mit der Zunge. „Trink wenigstens etwas. Whisky?“ Ich mustere sie, bevor ich zustimmend nicke. Sie ordert durch eine Durchsprechanlage eine Flasche Whisky und ein Filet Wellington, während ich den Club genauer betrachte.
Sie hatte Recht, der Schuppen ist weitaus nobler, als es von außen den Anschein macht. Dekoriert ist er mit Kronleuchtern, schickem Firlefanz und bunten Lichtern, der die Leute dieser Szene anzieht, aber nur die mit viel Geld in den Taschen. Auf Podesten die Mitten in der Menge herausragen und in Käfigen die an der Decke hängen sind Tänzerinnen, die sich sexy zum Beat bewegen und die Menge anheizt. Der Club scheint beliebt und erfolgreich zu sein. Es ist gerammelt voll, die Tanzfläche quirlt bald über vor feiernden Menschen.
„Ich bin übrigens Ruby.“ Ich wende mich ihr wieder zu. „Schön für dich. Komm zum Wesentlichen.“ Sie kichert leise. „Ich sehe schon du lässt dich auf keinen Smalltalk mehr ein. Nun gut. Hm, wo fange ich nur an?“ Ihr Spielchen geht mir langsam echt auf die Eier, also antworte ich rau: „Mir egal. Nur tu es endlich.“ Sie verdreht gekünstelt die Augen. „Ist ja gut, ist ja gut. Bleib mal locker, Süßer. Woher ich weiß wer du bist, Odins Sohn? Das liegt daran, dass ich kein Mensch bin.“ Sie macht eine kurze, bedeutsame Pause, doch als ich keinerlei Reaktion zeige, spricht sie weiter. „Ich stamme zur Hälfte von Frey ab, Gott der Fruchtbarkeit, der Ernte, der Natur und des Wohlstandes. Seine Aufgaben sind Frieden, der Frühling, die Zyklen der Natur und die sexuelle Ekstase.“
Die Tür öffnet sich und ein Kellner kommt herein mit dem Whisky und Rubys Essen. „Guten Abend Miss Sparks. Mister Ashbourne, es ist mir eine Ehre.“, begrüßt er uns höflich. Doch weder sie noch ich wenden den Blick voneinander ab. Sie leckt sich bedeutungsschwer über die Lippen. Nachdem er jeden von uns eingeschenkt und einen guten Appetit gewünscht hat, verlässt er uns schleunigst wieder. Ich nippe an dem Whisky, während Ruby hungrig den Duft des Essens einatmet. „Mhm, das duftet köstlich. Bist du sicher, dass du Nichts willst?“ Ich ziehe nur eine Augenbraue hoch, woraufhin sie mit den Schultern zuckt und genüsslich einen Happen nimmt. Und noch einen. Und noch einen. Ich räuspere mich und sie schaut auf. „Ich warte.“ Sie kaut und schluckt demonstrativ runter, bevor sie zu reden beginnt. „Oh, ähm, falls du es nicht mitbekommen hast. Ich antwortete bereits.“ Ich verenge leicht die Augen. „Du bist eine Halbgöttin, das beantwortet jedoch nicht meine Frage. Es wirft nur noch mehr auf. Was bist du noch?“ Sie grinst und legt das Besteck zur Seite. „Ich wusste ich kann mich nicht drücken. Bist du sicher, dass du das wissen willst? Denn es wird dir nicht gefallen.“
Diese Frau soll tatsächlich eine Halbgöttin sein? Ich mustere sie eingehend. Ich kann nichts Auffälliges erkennen, aber mir sieht man das ja auch nicht an. Das erklärt zumindest weshalb sie so eine große Fresse hat. Doch sie kann doch nicht wirklich denken, dass sie es mit mir aufnehmen könnte. Frey gilt nicht gerade als Kämpfer. Es sei denn ihre Mutter ist kein Mensch. Das würde nichts Gutes verheißen. Fuck, selbstverständlich bin ich sicher, dass ich das wissen will, das sogar wissen muss. Mir meinen inneren Aufruhr nicht anmerken lassend, nicke ich kurz.
„Okay, du hast es nicht anders gewollt. Meine Mutter trägt den Namen Anguana. Vielleicht hast du schon einmal von ihr gehört.“ Ich beiße fest die Zähne aufeinander und greife unverzüglich zum Griff eines meiner Schwerter. Ja, ich habe Geschichten über Anguana gehört. Eine Dämonin, die sowohl als junge, wunderschöne Frau auftreten kann, als auch als alte, verrunzelte Schachtel. Wenn man es wagt diese Dämonin zu beleidigen, bringt sie einem dem Tod. Sie erscheint einem im Traum, verfolgt den Unglücklichen wochenlang und treibt ihn langsam aber sicher in den Wahnsinn, bis sie ihm auflauert und bei lebendigem Leibe verspeist. Keine gerade angenehme Dämonin. Ich würde sie sofort als solche erkennen, durch ihren Energiestrom. Aber ein einfacher Mensch wird einfach geblendet. „Dämonenhure.“, zische ich ihr zu.
Sie verzieht hämisch das Gesicht. „Vielen Dank auch. Weißt du meine Mutter hatte auch nützliche Fähigkeiten. Sie war eine dämonische Seherin und lebte vorzugsweise an Quellen und Bächen, aus denen sie ihre Energie zog. Tja ich schätze diese Fähigkeit habe ich geerbt. Ich habe dich kommen sehen Odins Sohn.“ Ich kann ein drohendes Knurren nicht unterdrücken. „Nenn mir einen Grund, warum ich dich nicht sofort töten sollte.“ Sie grinst überheblich. „Ich nenne dir sogar zwei. Erstens, wenn man mich hier tot auffinden würde, wärst du der Erste den sie Verdächtigen würden, ich glaube nicht, dass du Bock auf Bullen hast. Zweitens, habe ich nicht so viel mit meiner Mutter gemein, wie du vielleicht glaubst. Ich bin auch zur Hälfte Göttin und glaube mir mein Hass auf Dämonen kommt der, der Götter gleich. Vor allem der Hass auf meine Mutter. Deshalb habe ich ihr auch den Kopf abgeschlagen. Wie gesagt, ich bin auf deiner Seite.“
„Du hast sie getötet?“, frage ich skeptisch nach. Sie nickt und widmet sich wieder ihrem Essen. Kann ich ihr vertrauen? Sie hat Dämonenblut in sich und Dämonen neigen dazu Leute zu hintergehen. Aber ihre Fähigkeiten könnten mir tatsächlich nützlich sein, das heißt, wenn das keine Lüge war. Sie könnte mir Luzifers Pläne verraten, herausfinden was er von Nevia will. Wie könnte ich diese Chance ungenutzt lassen. Ich werde vorsichtig sein müssen, sie genauestens im Auge behalten. Allerdings werde ich ihr nicht gleich von Nevia erzählen. Wer weiß, vielleicht weiß sie ja sogar schon von ihr, aber ich werde das Risiko nicht eingehen. „Irgendwas ist hier im Gange. Was passiert hier, in dieser Stadt?“
Sie sieht mir ernst in die Augen. „Etwas Großes, wird geschehen, Ritchie. Eine große Schlacht. Auf der einen Seite du, für den Himmel und die Erde, auf der anderen Seite der Abtrünnige, Luzifer, der Erzengel für die Hölle und die Unterwelt. Diese Schlacht wird Ragnarök gleichkommen. Alles oder nichts. Gewinnen oder verlieren. Leben oder Tod.“ Ihre Worte leuchten ein. Ja ich bin mir sicher, dass sie die Wahrheit spricht. „Warum willst du mir helfen?“ Sie runzelt leicht die Stirn und zieht die Augenbrauen kraus, als wäre ich schwer von Begriff. „Nun ja, ich würde lieber leben, Ritchie. Außerdem bin ich wahrscheinlich die einzige die sich im Kampf auskennt und Fähigkeiten besitzt um diese Biester zu besiegen.“
Da ist was dran. Okay, ich lasse mich darauf ein. Ich lasse mich auf sie ein. Doch ich werde wachsam sein. Wir werden sehen, wer du wirklich bist. Ich erhebe mich und bin im Begriff zu gehen, als sie wieder das Wort an mich richtet. „Warte, du willst doch noch nicht gehen.“ Ich drehe mich ihr zu und fordere sie damit auf zu sagen, was sie noch will. Schnell erhebt sie sich und kommt auf mich zu. „Naja, ich dachte wir könnten vielleicht…“ Ein verwegenes Funkeln tritt in ihre Augen. „Nicht mit dir Dämonenschlampe.“, erwidere ich entschlossen und will mich wieder in Bewegung setzen, doch sie greift mich am Arm und hält mich damit auf. „Weißt du Ritchie, wir haben eine ganz spezielle Gemeinsamkeit. Meine geheime Leidenschaft ist es, Männer zu dominieren, ihnen Schmerzen zuzufügen und meinen Willen aufzuzwängen. Doch weißt du, was mich noch viel mehr antörnt Ritchie?“ Sie leckt sich verführerisch über die Lippen, während ich sie nur abwartend ansehe. „Noch viel geiler finde ich es, wenn ein Mann stark genug ist um mich zu dominieren. Und da stehst du nun. Ich wette du hattest schon lange keine richtige Sub mehr, was? Tja, wie du weißt, ich bin halb Dämonin, ich kann sehr gut mit Schmerzen und stehe dir sehr gern zur Verfügung. Du kannst mit mir machen, was du willst“
Fuck! Damit habe ich nicht gerechnet. Unmöglich. Ich kann doch nicht mit einer Dämonenhure vögeln. Einer verdammt heißen Dämonenhure die will, dass ich es ihr mal richtig besorge. So wie ich es am besten kann. Sie will meine Sklavin sein. Und ich will es ihr besorgen, ich will ihr wehtun und ihr meinen Willen aufzwängen. Diese kleine Dämonenhure soll vor mir kriechen und sich mir unterwerfen. Auf Anhieb erscheint Nevia vor meinem geistigen Auge und drängt mich stumm dazu dieses Angebot auszuschlagen. Doch warum sollte sie das tun? Sie hat mir deutlich zu verstehen gegeben, was sie von mir hält. Und das ich sie nicht haben kann. Also weshalb verdammte scheiße, sollte ich mir ein Angebot dieser Art einfach entgehen lassen? Sie beginnt breit zu grinsen, da sie wahrscheinlich die Flammen in meinen Augen gesehen hat. Sie weiß, dass sie bekommt was sie will. „Wo?“, frage ich lediglich. „Folge mir.“, fordert sie mich auf.
Sie führt mich zu einem Lift, den man nur mit einem Schlüssel bedienen kann. Mit diesem fahren wir ganz nach oben, ins Penthouse. Die Türen schwingen auf und ich befinde mich in einem luxuriös ausgestatteten Wohnzimmer. Sie führt mich vorbei an einer hochmodernen Küche, einem großen vergoldeten Badezimmer und einem Schlafzimmer, mit einem riesigen, gemütlichen Himmelbett, zu einer Treppe die unters Dach führt und machen Halt vor einer großen Tür aus dunklen, massiven Eichenholz. Sie kramt in ihrer Tasche und befördert einen schwarzen Schlüssel zutage. Sie beißt grinsend auf ihre Unterlippe und steckt ihn ins Schloss. Und ich finde mich in einem anderen Reich wieder, ihr Reich, welches ich jetzt zu meinem machen werde. An der Wand geradezu steht in der Mitte ein großes Bett, mit schwarzem Messingrahmen und schwarzer Satinbettwäsche, an dessen Ecken Hand- und Fußfesseln festgemacht sind. Zu meiner rechten steht ein Pranger und eine Streckbank. Links von mir befindet sich ein Kreuz, ebenfalls mit Hand und Fußfesseln und ein Gynäkologenstuhl. Sogar eine Zelle ist in der linken hinteren Ecke eingebaut. Die Wände sind über und über behängt mit Peitschen, Paddeln, Rohstöcken und Gerten in verschiedenen Längen und unterschiedlichen Materialien. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Ruby dimmt das Licht und geht dann auf eine Kommode zu, die rechts neben dem Bett steht, steckt ihr IPhone in eine Lautsprechereinrichtung, die darauf steht und Led Zeppelin mit ‚Stairway to heaven‘ erklingt. Dann dreht sie sich zu mir um und grinst mich kess an. Und reizt damit den Jäger in mir.
Ich verenge die Augen, gehe auf sie zu und packe sie unsanft am Hals. „Ein paar Regeln für dich, damit es klar ist. Wenn wir hier drin sind, wirst du mir nicht mehr direkt in die Augen sehen.“ Ich greife ihr in den Nacken und führe sie zum Fußende des Bettes und deute dann auf ihre Kleidung. „Ausziehen.“ Sie sieht unterwürfig zu Boden, kann sich ein leichtes Schmunzeln aber nicht verkneifen. Doch sie legt schnell ihre Kleidung ab und wirft sie von sich, was mich dazu bringt, das durchgehen zu lassen. Als sie sich aller Klamotten entledigt hat, mustere ich ausgiebig ihren Körper. Große und pralle Titten, eindeutig nicht echt. Eine Ranke, aus der bunte Blumen wachsen die ab der Mitte immer mehr an Farbe verlieren und verdorren, zieht sich ab ihrer linken Brust, an der Seite ihres schlanken Körpers runter, bis auf ihren Venushügel. Was dieses Tattoo symbolisieren soll, ist mir sofort klar. Himmel und Hölle. Lange fast endlose Beine, vollenden einen perfekten Körper. Den Körper einer Puppe. Doch trotzdem wirklich nett anzusehen. „Dreh dich um.“ Sie tut was ich sage. „Auf die Knie. Spreiz deine Beine.“ Ich schnappe mir eine Gerte aus Leder und schlage ihr damit auf die Innenseiten ihrer Oberschenkel. Sie keucht unerwartet auf, woraufhin sie einen harten Schlag auf den Arsch kassiert. Ich gehe dicht hinter ihr in die Hocke, greife ihn ihre Haare und ziehe ihren Kopf nach hinten. Dicht an ihrem Ohr sage ich: „Ich will keinen Mucks von dir hören.“ Dann drücke ich ihr Gesicht grob zu Boden. Sie stützt sich mit ihren Händen, links und rechts von ihrem Kopf ab. Ich erhebe mich wieder und blicke auf sie hinab. Ihr knackiger runder Arsch lädt zu einem weiteren Schlag mit der Gerte ein. „Heb den Arsch höher.“
Erbärmlich. Wie ein Hund liegt diese Dämonenhure vor mir auf den Knien, willig, bereit alles dafür zu tun, dass ich sie nehme. Ich hole ein weiteres Mal mit der Gerte aus und schlage ihr auf die Möse. Kurz reibe ich die Gerte an ihrem Zentrum und inspiziere sie dann. „Schon so feucht? Du bist jämmerlich.“ Einen Moment genieße ich diesen Anblick, bevor ich weiterrede. „Ich erwarte, dass du mich in dieser Pose empfängst, wenn ich diesen Raum betrete.“ Ich wende mich ab, gehe interessiert auf die Kommode und untersuche sie. Von unendlich vielen Sexspielzeugen, zu Fesseln aller Art, bis hin zu Nippelklemmen, Analstöpseln, Kondome und Hygienetüchern. Die Frau hat wirklich alles von A bis Z. Sie ist eine absolut sadistische Fetischistin. Fuck und das macht mich an. Zwar ist es wahrscheinlich gerade mal vierundzwanzig Stunden her, als ich das letzte Mal einen Schlitz hatte, aber das hier ist nicht dasselbe. Das hier ist das was ich brauche, das Einzige, was mich neben Bastarde killen und Musik, wirklich zur Ruhe bringen kann. Zu lange hatte ich keine richtige Sub mehr, die letzte in Kapstadt, eine verwöhnte Millionärstochter, die es nötig hatte mal von einer strengen Hand geführt zu werden. Das muss jetzt bald fünf Monate her sein. Doch dann habe ich Nevia getroffen, sodass ich nicht einmal mehr die Zeit hatte hier eine zu finden, geschweige denn in Bezug auf sie daran zu denken. Ich atme einmal tief durch und schüttele leicht den Kopf, um sie aus meinen Gedanken zu verbannen. Dann greife ich nach einer X-förmigen Spreizstange aus Rubys Sortiment und gehe wieder auf sie zu. In der Zwischenzeit hat sie sich nicht von der Stelle gerührt oder die Position verändert. Gut so, sonst hätte ich sie bestrafen müssen. „Hier drin wirst du mich ausschließlich mit ‚Herr‘ ansprechen. Du wirst diese Regeln befolgen, es sei denn ich verlange etwas anderes. Solltest du dich nicht daran halten, wirst du mit den Konsequenzen leben müssen. Hast du mich verstanden, Sklavin?“
„Ja Herr.“, murmelt sie demütig. Bei ihren Worten zuckt mein Schwanz in meiner Hose. Ich will sie ficken. Aber zuerst muss noch eines geklärt werden. „Gut. Wie lautet dein Safeword?“ Sie ist zwar eine dreckige Dämonenhure, aber ich brauche sie noch. Ich kann es mir verdammt nochmal nicht erlauben ihre Sympathie zu verlieren. „Herr, bei allem Respekt, aber ich denke nicht, dass eins notwendig wäre.“, erwidert sie kleinlaut. Ich beginne zu knurren und frage dann drohend: „Zweifelst du meine Autorität oder mein Verständnis dieses Milieus an, Sklavin?“ Ich schwinge die Gerte durch die Luft, welche sie zischend zerschneidet. „Nein Herr, das würde ich mir niemals anmaßen. Bitte verzeih.“, entschuldigt sie sich hastig und untertänig. Ich trete dicht hinter sie und lasse die Gerte erst zischend auf ihren Arsch niedersausen und gleich ein weiteres Mal auf ihre Möse. „Wähle dein Safeword!“, fordere ich dominant. Diesmal antwortet sie sofort. „Mein Safeword ist ‚Mayday‘, Herr.“
„Gut. Leg dich auf den Bauch.“ Unverzüglich kommt sie meiner Forderung nach und ich beginne sogleich, ihre Hände und Füße an die Spreizstange zu fesseln. Der Vorteil an diesen Dingern ist, dass man sie individuell anpassen kann. Denn ich finde, dass sie noch zu viel Bewegungsfreiraum hat. Entschlossen verstelle ich die Stange etwas enger und erhebe mich dann um sie von oben zu betrachten. Und mir gefällt was ich sehe. Ich beschließe sie erst einmal kurz so liegen zu lassen und schlendere ein weiteres Mal zur Kommode und schnappe mir zuerst ein Kondom, dann eine Augenbinde und zuletzt einen schwarzen Vibrator in XL Format, der mir sofort aufgefallen ist. Kommentarlos lege ich ihr die Augenbinde an. „Was wünschst du dir jetzt von mir Sklavin?“
Sie erschauert leicht. „Ich will, dass du mich fickst Herr.“ Ein weiteres Mal zuckt mein Schwanz aufgeregt in meiner Hose, bevor ich ihr ohne Vorwarnung den Vibrator bis zum Anschlag in ihrem Loch versenke. Sie stöhnt überrascht und erregt auf. Sofort greife ich nach ihrem Haar und zische ihr ins Ohr: „Ich habe gesagt du gibst keinen Laut von dir.“ Ich positioniere mich wieder hinter ihr. „Acht Schläge mit der flachen Hand. Du zählst mit.“ Ich hole aus zum ersten Schlag. „Eins!“ Laut klatscht meine Hand auf ihren Arsch. „Zwei!“ Ein weiterer Schlag. „Drei!“ Das ist mir nicht laut genug. „Vier!“ Ich hole weiter aus. „Fünf!“ Und schlage fester zu. „Sechs!“ Ja, das klingt schon besser. „Sieben!“ Ein letzter Schlag. „Acht!“ Ohne ihr eine Erholungspause zu gönnen, teste ich sie und stelle den Vibrator an auf höchste Stufe. Einige Male schiebe ich ihn rein und raus, bevor ich mit ihm, ihren Saft über ihren Anus verteile. Dann führe ich ihn wieder ein in ihre Möse und lasse ihn dort stecken. Doch diesmal gibt sie keinen Ton von sich. Sehr gut, sie hat ihre Lektion gelernt. Jetzt ist es an der Zeit, sie zu ficken. „Du bekommst was du willst. Ich werde dich penetrieren.“
Schnell öffne ich meine Hose und befreie meinen harten Schwanz aus seinem Gefängnis. Schnell ziehe ich mir das Kondom über. Und dann dringe ich mit einem gezielten Stoß tief ein in ihren Arsch. Kurz halte ich inne, bevor ich ein weiteres Mal kräftig zustoße. Noch immer bleibt sie still. Ich beginne sie schnell und hart zu ficken. Und jetzt will ich sie hören. „Du darfst stöhnen.“, fordere ich sie auf. Das tut sie auch sogleich. Laut, hemmungslos und leidenschaftlich stöhnt sie sich die Lust aus dem Leib. Erbarmungslos spieße ich sie immer und immer wieder mit meinem steinharten Schwanz auf. Ich spüre, dass ich nicht mehr weit entfernt von meinem Orgasmus bin. Doch auch ihre Laute deuten darauf hin, dass sie gleich soweit ist. Und obwohl ich ihr diese Belohnung, normalerweise noch nicht gewähren würde, bin ich gerade nicht bereit meinen eigene dadurch hinauszuzögern. „Komm, jetzt!“ Ein Zittern fährt durch ihren Körper und sie schreit schrill auf. Als ihr Höhepunkt sie überrollt. Nach drei weiteren Stößen, bricht mein eigener Orgasmus über mich hinein. Es ist markerschütternd und es lässt mich für einen Moment alle Probleme vergessen. Ich stoße noch einige Male in sie, um den Orgasmus ganz auszukosten, bevor ich mich schnell aus ihr hinausziehe, das Kondom abstreife, welches ich achtlos zu Boden fallen lasse und mir die Hose zuknöpfe. Dann befreie ich Ruby von ihren Fesseln.
„Ich verschwinde. Mach du hier sauber.“ Und schon laufe ich die Treppe nach unten. Ohne inne zuhalten gehe ich auf den Lift zu, als Ich Rubys Stimme hinter mir vernehme. „Hey Süßer, das war der absolute Wahnsinn. Bleib doch noch etwas.“, sagt sie schwärmerisch. Ich schnaufe verächtlich. „Ich habe Verpflichtungen, die nicht warten können.“ Eigentlich will ich nur zu Hause sein, bevor Nevia aufwacht, aber das behalte ich selbstverständlich für mich. Außerdem muss auch Hati mal für ein paar Stunden, die Augen schließen und sich ausruhen. Immerhin muss er heute Nacht wieder topfit sein, damit ich es wagen kann ihm Nevias Schutz zu überlassen. Nicht das ich ihn unterschätze, aber er muss bei Kräften sein, falls tatsächlich nochmal ein Minotaurus oder schlimmeres dort auftaucht um sie mitzunehmen. Zumindest muss er ihn in Schach halten können, bis ich da bin. Noch steht der Schutzwall über das Grundstück, aber Thor sagte, sie würden einen Weg finden es irgendwie zu umgehen. Ich wüsste zwar beim besten Willen nicht wie, aber ich zweifele nicht daran, dass es einen Weg gibt, denn nichts ist unmöglich. „Ich denke es wäre ganz klug wenn du mir deine Nummer gibst, damit ich dich erreichen kann, wenn ich etwas neues Wissenswertes erfahre. Und um nach weiteren Schlägen zu fragen.“, stellt sie klar und zwinkert mir zu, wieder ganz die Alte. Keine Spur mehr von der devoten kleinen Dämonenhure. Die war mir eindeutig lieber. „Keine Sorge, ich hole mir die Informationen schon ab. Ich weiß wo du wohnst.“, erwidere ich gelassen. Im selben Moment schwingen die Aufzugtüren auf und ich trete hinein, zurück in die Realität, die mir Tag für Tag aufs Neue versucht den Arsch aufzureißen.
Tage vergehen. Es müssen sicher schon mehrere Wochen sein. Vielleicht schon ein Monat. Ich weiß es nicht, ich habe den Überblick verloren, bei diesen etlichen Tagen an denen ich verzweifelt einen Fluchtweg gesucht habe, jedoch nur eine Karte finden konnte auf der kein genauer Standort gekennzeichnet war. Auf wage Vermutungen kann ich mich nicht verlassen. Weitere Tage an denen ich Ritchie begegnet bin, rauben mir fast den Verstand. Wir versuchen uns permanent aus dem Weg zu gehen, doch das ist nicht immer möglich. Es gab Tage an denen ich sofort gespürt habe, dass er mit einer anderen Frau zusammen war. Ich weiß nicht woher dieser Gedanke kam, aber aus den Tiefen meines Herzens habe ich es einfach gewusst. An anderen Tagen kam er schwer verwundet, zum Teil blutüberströmt, voller Kratzer und Wunden, manchmal humpelnd und mit gebrochenen Knochen heim. Schleppte sich in das kleine Schlafzimmer, wo er dann aufs Bett fiel und sofort einschlief. Er war wie weggetreten, durch nichts wieder aufzuwecken.
Das waren wahrlich die schlimmsten Tage. Ihn so zu sehen, reißt mir jedes Mal wieder fast das Herz aus der Brust. Das er täglich sein Leben auf Spiel setzen muss um gegen diese Monster zu kämpfen und wahrscheinlich schon oft kurz davor war zu sterben. Wie verletzlich er wirkte in seinem tiefen Schlaf. Soviel Schmerz den er erleiden muss. Es ist absurd so zu denken, so zu fühlen. Er hat mich entführt, mich hier eingesperrt und von der Außenwelt abgeschottet, mir mein Leben geraubt. Ich müsste nur Hass, Schmerz und Selbstmitleid empfinden. Doch wenn ich ihn so sehe, überdeckt das jedes Gefühl und ich mache mir nur noch Sorgen um ihn. Verarzte ihn soweit es mir möglich ist. Und bin jedes Mal zutiefst erleichtert und vor allem erstaunt, wenn er wieder aufwacht und seine Wunden so gut wie verheilt sind, er sich wieder bewegen kann, als wäre nichts gewesen. Oft grübele ich vor mich hin, wie das überhaupt möglich ist. Aber in Bezug auf ihn überrascht mich sowieso nichts mehr.
Er hat mich nie darauf angesprochen, warum ich hin verarztet habe. Nur einmal hat er mich in der ganzen Zeit aufgesucht. Er teilte mir lediglich mit, dass er Lexy erzählt hätte, dass meine Mutter einen Unfall hatte, nun schwerverletzt im Krankenhaus liegt und ich mich sofort auf den Weg nach Hause gemacht hätte. Er bat sie in meinem Namen eine Krankschreibung für mich einzuholen und sie bei meinen Arbeitsstellen einzureichen. Zuerst war ich unglaublich empört, dass er die Frechheit besitzt solche Lügen zu erzählen, doch dann war ich ihm doch dankbar dafür. Ich habe darin einen Hinweis gesehen, einen winzig kleinen Hoffnungsschimmer. Wenn er wollte, dass ich nur krankgeschrieben werde, heißt das, dass ich vielleicht bald zurück in mein altes Leben darf. Zwischenzeitlich hat er ebenfalls ein Bücherregal gekauft, mit allen meinen Lehrbüchern und meinen Schnulzenromanen drinnen. Er muss wohl in meiner Wohnung gewesen sein, um sie zu holen. Auch hier war ich zuerst empört und dann dankbar. Ein weiterer kleiner Hinweis. Jetzt habe ich wenigstens eine Beschäftigung.
Dann waren da noch die Nächte, die auch nicht sehr viel erholsamer waren. Nächte die ich einsam kauernd vor dem Fenster verbracht habe und den wehklagenden Gitarrenklängen gelauscht habe, die Ritchie hervorzaubert. Manchmal habe ich mich nur in den Schlaf geweint, manchmal habe ich in die Sterne geschaut und mir den Kopf zerbrochen, warum ich überhaupt hier bin. Was er damit bezwecken will. Er hat weder versucht mich zu vergewaltigen, noch mich zu töten, also was soll das Ganze? Womit habe ich das alles verdient? Gott hat mich verlassen und ich weiß nicht warum. Ich habe nichts Schlechtes getan. Nie finde ich eine Antwort auf meine Fragen. Jede Nacht die ich am Fenster eingeschlafen bin, bin ich in meinem Bett wieder aufgewacht. Ich war verwirrt, wie ich dort hingekommen bin. Dabei wusste ich, dass nur einer das gewesen sein konnte. Um sicherzugehen, habe ich einmal nur so getan als ob ich schlief. Er kam, trug mich ins Bett, deckte mich zu, streichelte zart meine Wange. Und dann ging er wieder und hinterließ mich völlig durcheinander. Schon wieder konnte ich mir nur eine Frage stellen: Warum?
Doch heute habe ich beschlossen, mich nicht von meinen Fragen ablenken zulassen. Heute wollte ich eine andere Welt flüchten, durch meine Bücher. Mich in einer Liebesgeschichte mit Happy End wiederfinden. Und natürlich hat es nicht geklappt, schonwieder bin ich in Gedanken abgedriftet. Frustriert lege ich das Buch zur Seite, lehne den Kopf zurück an den Baumstamm hinter mir und schließe die Augen. Heute ist ein wunderschöner Tag, die Sonne scheint auf mich hinab und wärmt meine Haut. Eine leichte Brise weht um mich herum und bringt das feine zartrosa Sommerkleid, welches ich heute gewählt habe zum Flattern. Ich muss sagen inzwischen habe ich mich an diese Kleidung gewöhnt. Vielleicht sollte ich mich auch in Zukunft öfter so kleiden. Mal davon abgesehen, dass ich mir diese Kleider gar nicht leisten kann.
Was für ein lächerlicher Gedanke. Wer weiß, ob ich überhaupt jemals wieder frei sein werde. Stur blicke ich auf den Wald der sich vor meiner Nase erstreckt. Ich könnte jetzt einfach aufstehen und loslaufen. Verstimmt wende ich kurz den Blick zu Boden, drehe mich dann um und luge an dem Baum vorbei zum Pavillon, in dem sich Ritchie schon seit Stunden verschanzt hat. Ich würde nicht weit kommen. Seufzend lehne ich mich wieder gegen den Baum und sehe hinauf zum wolkenlosen Himmel.
Was Lexy wohl gerade macht? Denkt sie überhaupt an mich? Glaubt sie wirklich ich hätte mich in der ganzen Zeit nicht irgendwie bei ihr gemeldet? Das kann ich mir nicht vorstellen. Sie ist von Natur aus ein Mensch der alles hinterfragt. Ich wette sie versucht irgendwie herauszufinden, wie sie mich erreichen kann. Und sie wird Erfolg haben. Wenn Lexy sich etwas in den Kopf setzt, dann klappt das auch. Egal wie lange es dauert, irgendwann wird sie wird mich finden. Sicher macht sie Ritchie schon ganz schöne Probleme, die Lüge aufrecht zu erhalten. Geschieht ihm recht. Ich hoffe sie geht ihm gehörig auf den Zeiger.
Ich schließe meine Augen und atme ein paar Mal tief durch. Plötzlich überzieht ein leichter Schauder meine Haut und ich nehme eine starke, liebevolle jedoch zurückhaltende Präsenz wahr. Ein zartes Lächeln tritt auf meine Lippen, als ich die Vertrautheit zwischen uns spüre. Eine innige Freude ergreift Besitz von mir. Zum ersten Mal seit langem, bin ich nicht allein. Leise und zaghaft wispere ich: „Hati?“
Die Luft vor mir beginnt zu flimmern, bevor der große Wolf liegend, den Kopf am Boden vor mir auftaucht und unterwürfig zu mir aufsieht. Sogleich werfe ich mich auf ihn und kuschele mich in sein weiches Fell. „Schön, dass du da bist.“, flüstere ich.
Ich war immer da. Ich gebe ein empörtes Schnauben von mir. „Warum hast du dich nicht schon früher blicken lassen?“ Noch immer sieht er mich unterwürfig an. Ich wusste nicht, ob du mich noch magst. Kurz sehe ich ihn einfach nur entgeistert an. Doch dann braut sich ein Schwall von Gefühlen in mir zusammen den ich nicht aufhalten kann und sich einen Weg nach draußen bahnt. Ich beginne herzhaft zu lachen. Es ist befreiend und tut so gut, dass ich nicht aufhören kann. Ich lache bis mir die Tränen kommen und ich mir meinen schmerzenden Bauch halte.
Hati mustert mich nur schweigend und ziemlich verwirrt von meinem Ausbruch. „Entschuldigung, Entschuldigung. Ich lache dich nicht aus. Es ist einfach nur so schön nicht alleine zu sein.“ Ich kraule ihn hinter seinen Ohren und er schließt genießerisch die Augen. „Außerdem, kannst du ja nichts dafür, dass dieser Mann offensichtlich ziemlich psychische Probleme hat.“ Ich werfe einen vernichtenden Blick zum Pavillon, bis Hati die meine Aufmerksamkeit mit einem leisen Fiepen wieder auf sich zieht. Nein, so ist das nicht.
„Selbstverständlichist das so. Kein normaler Mensch würde einfach die Frau entführen und einsperren, der er eine Nacht davor das Herz gebrochen hat.“ Hati guckt kurz ziemlich dumm aus der Wäsche und gibt einen seufzenden Laut von sich, was mich zum Schmunzeln bringt. Er hatte seine Gründe das zu tun. Ja er ist ein Arschloch, aber glaube mir, es geht ihm nicht gut damit.
„Das sollte es auch nicht, wäre ja wohl die Höhe. Außerdem welche Gründe könnten seine Taten rechtfertigen?“, erwidere ich zornig. Nevia, ob du es glaubst oder nicht. Er ist der Gute. Ich schüttele perplex den Kopf. „Nein Hati. Die Guten entführen keine Menschen.“ Er schnauft und gibt einen murrenden Laut von sich. Er ist hilflos, er will dich nur beschützen.
Langsam wirklich genervt schnalze ich mit der Zunge. „Wovor Hati? Wovor muss ich beschützt werden?“ Einen weiteren murrenden Laut von sich gebend, schüttelt er seinen Kopf. Ich boxe ihm frustriert in die Seite. Nicht doll, nur um auszudrücken wie ernst ich es meine. „Oh nein Hati, du sagst mir jetzt sofort was Sache ist. Was soll dieses ganze Drama hier?“ Er zieht leicht seine Augenbrauen zusammen und wedelt aufgeregt mit seinem Schwanz. Ich weiß nicht, ob mir das zusteht.
„Tatsächlich?“, frage ich sarkastisch. „Das interessiert mich absolut nicht, du sagst mir was hier läuft oder es wird dir leidtun.“ Mit großen Augen mustert er mich überrascht und verzieht die Mundwinkel grinsend nach oben. Das sieht so urkomisch aus, dass ich mir ein kichern nicht verkneifen kann. Ein echt wölfisches Grinsen. Nun gut. Eigentlich sollte er dich darüber aufklären. Wenn das mal nicht mein Todesurteil ist.
„Ich verspreche dir, dass ich das nicht zulassen werde.“, sage ich um ihn aufzumuntern. Er schnauft amüsiert, nickt mir dann zu und beginnt zu erzählen. Ritchie ist in einen Krieg verwickelt, der schon seit Jahrtausenden an weilt. Sein Vater und auch sein Bruder kämpften schon für die Menschheit. Nun ist Ritchie dazu bestimmt, diesen Krieg zu beenden. Vorübergehend. Es wird niemals für immer sein. Ich unterbreche Hati abrupt, denn ich will eindeutig nicht hören, welche grauenvolle Rolle Ritchie hier auf Erden zugedacht ist und wie viel Leid er ertragen muss. „Was hat das mit mir zu tun?“
Hati verdreht die Augen und murrt auf. Lass mich doch mal ausreden. Ich seufze, gebe dann aber klein bei. „Gut. Erzähl. Aber bitte fang dort an wo ich ins Spiel komme.“ Hati nickt nur knapp und erzählt weiter. Ritchies derzeitige Aufgabe ist es dein Leben zu beschützen. Denn du spielst ebenfalls eine wichtige Rolle in diesem Kampf. Er sucht nach dir. Und wir müssen unbedingt verhindern, dass er dich in die Finger bekommt. Denn was auch immer er mit dir vorhat, es kann nichts Gutes bedeuten. Deine Seele ist rein. Ein strahlender Stern hier auf Erden. Wenn dieser Stern in die Tiefen der Hölle hinab steigt, wird er sich verändern. Er wird sein Strahlen verlieren und alles Gute, was in ihm wohnt. Das Böse würde sich dort einnisten und ihn dunkel und trist werden lassen.
Verwirrt runzele ich die Stirn und lasse seine Worte auf mich wirken. Eine reine Seele? Ich? Ja ich glaube an Gott. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich gläubig bin. Ich bin weder religiös, noch gehe ich in die Kirche. Und nur sehr selten habe ich gebetet. Also was macht ausgerechnet, meine Seele so rein, dass sie gesucht wird und in die Hölle verschleppt werden soll. In die Hölle! Und noch viel wichtiger ist die Frage: Wer ist Er?
Erschrocken schlage ich mir die Hand vor den Mund. „Oh mein Gott.“, flüstere ich verängstigt. Kann ich Hatis Worten Glauben schenken? Gerne würde ich sie einfach als Schwachsinn abtun, doch irgendetwas tief in mir weiß, dass es wahr ist. Diese Biester kommen um mich zu holen. Aber warum mich? Bin ich etwa die einzige reine Seele auf diesem Planeten? Unmöglich. Das kann ich nicht glauben.
Und Ritchie… er versucht mich vor diesem Unheil zu bewahren. Er setzt sein Leben aufs Spiel um mich zu retten. Ich merke wie eine leichte Hysterie in mir aufsteigt. Was ist aus meinem Leben geworden? Ich wollte doch nur meinem alten entfliehen und meinen Traum leben. Und jetzt stecke ich so einer Scheiße!
Ist das die Strafe dafür, dass ich damals einfach von zu Hause abgehauen bin? Das ich meinen Eltern nicht gehorcht habe? Nicht das tat, was sie für mein Leben geplant hatten? Wie kann meine Seele rein sein, ich bin eine Sünderin. Schwer atmend lehne ich mich gegen Hatis Flanke und spiele nervös mit meinen Fingern. „Wer sucht nach mir?“, frage ich mit zittriger Stimme.
Hati legt die Ohren leicht an und sieht mich betrübt aus seinen flammenden Augen an. Du bist ihm begegnet, seinem Geist. Der gefallene Erzengel Luzifer. Ein riesiger Kloß bildet sich in meiner Kehle. Sofort denke ich an den Tag zurück, in der Bibliothek. Wenn Ritchie nicht da gewesen wäre… Ich möchte weinen, doch die Tränen kommen einfach nicht. Erstickt versuche ich Luft zu holen. „Was will er von mir?“, will ich heiser wissen.
Die Antwort auf diese Frage habe weder ich, noch Ritchie. Und dass lässt ihn halb wahnsinnig werden. Es geht ihm nicht gut. Er hat panische Angst davor, er könnte versagen. Panische Angst dir könnte etwas zustoßen. Ungläubig ziehe ich die Augenbrauen kraus und schüttele leicht meinen Kopf. „Wenn er Angst verspürt, würde das bedeuten, dass er Gefühle hat. Und die hat er nicht, ganz sicher nicht.“, flüstere ich gebrochen.
Hati jault leicht auf und sieht mich mit großen Augen an. Doch die hat er. Er versteckt sie nur hinter einer Maskerade. Ich kann sie fühlen. Das ganze Chaos was in ihm herrscht. Er ist zerfressen von Zweifel und Selbsthass. Der Kummer ringt ihn nieder, er versucht ihn mit Drogen und Alkohol zu betäuben. Und im Kampf mit den Ausgeburten der Hölle. Doch er ist aufgebracht, durcheinander und unkonzentriert. So wird das nicht lange gutgehen. Er hat nicht einmal bemerkt, dass die Barriere zwischen uns gefallen ist und ich seine Gefühle und Gedanken in Dauerschleife wahrnehme.
Mir kommen die etlichen Male in den Sinn, wie er komatös, sein Körper übersäht mit Wunden im Bett lag. Die Sorge um ihn und die Angst, er könnte nicht mehr aufwachen. Hatis Aussage ist klar, wenn er nicht zu sich kommt und seine Gedanken ordnet, wird er früher oder später im Kampf sterben. Die langerwarteten Tränen sammeln sich nun doch in meinen Augen und ich lasse ihnen freien Lauf. Hati stupst mich leicht mit der Nase an den Kopf und ich schlinge meine Arme um seinen Hals und vergrabe mein Gesicht in seinem Fell.
Glaube mir, er tut das nicht nur aus Pflichtgefühl. Er macht sich etwas aus dir. Ich bin durcheinander, ich weiß einfach nicht mehr was ich denken soll. Er hätte es mir sagen müssen. Stattdessen hat er mich lieber zu Tode verängstigt. Warum hat er das getan, wenn er sich angeblich was aus mir macht? Warum schläft er mit anderen Frauen, wenn ich ihm angeblich etwas bedeute? Wie könnte ich unter diesen Umständen tatsächlich glauben, dass Hati die Wahrheit spricht?
Plötzlich werde ich unbeschreiblich müde. Ich will einfach nur noch ins Bett und nicht nachdenken müssen. Ich bin es leid. Immer wieder neue Schicksalsschläge zu erfahren, neue Rätsel und neue Fragen, die ich nicht zu beantworten weiß. Ich kann es nicht mir ertragen, will es nicht mehr ertragen müssen. Wenigstens für den Moment.
Schnell erhebe ich mich, wische mir energisch, die Tränen von den Wangen und richte meine Brille. Ich greife nach meinem Buch, nuschele leise an Hati gewandt, dass ich mich für ein paar Stunden hinlegen werde und flitze ins Haus. Im Zimmer angekommen werfe ich mich sofort aufs Bett und starre ins Leere.
Womit habe ich das nur verdient? Ich habe immer versucht ein guter Mensch zu sein, versuchte immer auf dem rechten Weg zu bleiben und wollte nur mein Leben leben. So wie ich es mir vorgestellt habe. Ohne Zwänge oder Verpflichtungen, denen ich nicht nachkommen will. Doch scheinbar ist es mir nicht vergönnt. Vielleicht hätte ich niemals von zu Hause flüchten sollen. Ich hätte da bleiben sollen, mein Leben mit Minos verbringen, so wie meine Eltern es gewollt haben.
Doch ich musste ja stur sein. Meinen eigenen Willen wollte ich durchsetzen. Und das habe ich nun davon. Einen Mann der mich offensichtlich lieber mit seinen Taten zu Tode verängstigt, anstatt gleich mit der Wahrheit. Eine Wahrheit die schrecklicher nicht sein könnte. Die Tatsache, dass Luzifer es auf mich abgesehen hat.
Warum? Was will er von mir? Will er mich umbringen? Aber wenn ja was hätte er davon? Was habe ich, was andere nicht haben? Zu viele Fragen, mein Kopf beginnt zu dröhnen. Der Schlaf in den ich mich flüchten wollte, schafft es nicht, mich aus der Realität zu reißen. Ich sitze hier fest, mit meinen Gedanken. Wieder möchte ich weinen. Doch ich bin ausgelaugt, ausgetrocknet. Ich habe meine Kapazität an Tränen in den letzten Monaten eindeutig überschritten.
Schwach erhebe ich mich vom Bett und schleiche zum Fenster. Und erblicke Hati der sich vor dem Pavillon niedergelassen hat und Ritchie, der es sich auf dessen Stufen bequem gemacht hat. Beide scheinen in ein Gespräch vertieft zu sein. Zwischendurch hält sich Ritchie immer wieder eine Flasche mit einer braunen Flüssigkeit an den Mund und trinkt einige innige Züge daraus. Ist das Whiskey?
Ich beobachte die beiden. Lange passiert nichts weiter, die beiden unterhalten sich tatsächlich nur. Zu gerne würde ich wissen worum es geht. Ich hoffe Hati erzählt ihm nichts von meinem Gefühlsausbruch vorhin. Irgendwann beginnt Ritchie sich eine Zigarette zu drehen. Jedoch streut er noch irgendetwas anderes hinein, bevor er sie zudreht. Ich bezweifele, dass das nur Tabak ist.
Als Ritchie sich das Ding anzünden will, richtet Hati sich zu seiner vollen Größe auf, sträubt sein Fell und fletscht die Fänge, woraufhin er kurz inne hält und die Selbstgedrehte zur Seite legt. Dann richtet er sich ebenfalls auf, stellt sich direkt vor ihn. Dabei sieht er ihm in die Augen, nickt einmal knapp und greift sich dann an die Hüfte. Plötzlich hält er einen Schwertgürtel mit seinen beiden Schwertern in der Hand. Was? Also so versteckt er sie, sie verschwinden wenn er sie am Körper trägt. Aber sie sind da. Wahrscheinlich legt er sie nie ab.
Er wendet sich von Hati ab und legt sein Schwerter auf den Stufen des Pavillons ab, streicht noch einmal sanft über die Schwertscheiden. Er ballt mehrmals die Hände zu Fäusten und begibt sich dann auf die offene Fläche zwischen Haus und Pavillon. Dann streckt er beide Arme Richtung Hati, die Handflächen nach oben und zieht die Finger zu sich ran. Die Geste ist unmissverständlich, sie soll sagen ‚Komm doch! ‘. Oh Gott, die beiden werden doch wohl nicht…
Langsam setzt Hati sich in Bewegung. Ritchie bleibt still stehen und beobachtet nur. Mit jedem Schritt wird Hati schneller. Kurz vor ihm setzt er zum Sprung an. Ritchie weicht ihm Problemlos aus, doch Hati hält nicht inne. Er geht sofort wieder auf ihn los, Ritchie weicht mit schnellen, fließenden Bewegungen seinen messerscharfen Zähnen aus, versucht ihn abzuwehren. Doch Hati ist unerbittlich und bleibt an ihm dran. Es dauert nicht mehr lange und er hat er geschafft Ritchie zu packen und umzustoßen. Nun steht er über ihm und knurrt ihm bedrohlich ins Gesicht.
Angst schließt sich um mein Herz. Nein Hati, dass kannst du nicht tun. Gerade als ich das Fenster öffnen will um einzuschreiten, schiebt Ritchie Hati locker von sich und richtet sich auf. Er sieht nicht gerade zufrieden aus. Hati setzt sich hin und sieht ihn mit großen Augen an. Was soll das werden? War das etwa ein Spiel?
Ritchie geht wieder in Kampfstellung und deutet Hati, das es weiter geht. Also tatsächlich ein Spiel. Oder vielleicht trainieren sie. Hati beginnt Ritchie zu umkreisen. Ritchei dreht sich zuerst mit ihm mit, bis er seinen Gang beschleunigt. Hati wird immer schneller. Unglaublich wie schnell. Man kann fasst nur noch als verschwommen Schemen sehen. Ritchie bewegt sich keinen Zentimeter. Es ist unmöglich zu sagen, wann Hati auf ihn losgeht, aber er wird es tun. Es ist unmöglich solch einem Angriff auszuweichen.
Gebannt halte ich den Atem an. Es dauert auch nicht mehr lange, als Hati seinen Kreis verlässt, zu einem mörderischen Sprung ansetzt und Ritchie in den Rücken springt. Im selben Moment duckt Ritchie sich, sodass Hati ihn verfehlt, setzt selbst zum Sprung an und landet auf dem Rücken des Wolfes. Das alles passiert innerhalb eines Wimpernschlages. Kräftig drückt er Hati zu Boden und umschlingt seinen Kopf mit beiden Armen. Wenn er wollte könnte er ihm sofort das Genick brechen.
Doch er lässt schon kurz darauf von ihm ab, sagt noch etwas zu ihm und geht dann zurück zum Pavillon, wo er sich die Schwerter wieder um die Hüfte bindet. Erstaunlich sie verschwinden tatsächlich sofort. Dann greift er zu seiner Selbstgedrehten und zündet sie sich an. Kurz redet er nochmal mit Hati, nickt ihm dann zu. Dieser neigt einmal kurz den Kopf, rennt los und verschwindet dann im Wald.
Ritchie setzt sich wieder die Flasche an die Lippen und trinkt sie in einem Zug leer, während er dem Wolf hinterher schaut. Dann wirft er die Flasche achtlos ins Gras und sieht hinaus auf den See, eine Hand in der Hosentasche vergraben, in der anderen die Zigarette, die er sich in regelmäßigen Abständen an den Mund führt. Was für ein trostloses Bild. Es ist so wie Hati gesagt hat, er trinkt Alkohol und nimmt Drogen. Zwar sieht er nicht aus als ob er Kummer hätte, aber er wirkt nachdenklich.
Als ich ihn so sehe, wird mir eines klar. Ich muss es wissen. Ich muss wissen, was er denkt, was er fühlt. Ich will es aus seinem Mund hören, ob er sich wirklich etwas aus mir macht oder eben nicht. Egal welche Antwort ich bekomme. Ich brauche einfach diese Antworten. Mir lastet zu viel auf der Seele, ich will wenigstens diese eine Last endlich loswerden. Ich atme einmal zittrig durch. Nervosität nimmt von mir Besitz. Doch ich nehme all meinen Mut zusammen und verlasse dann langsamen Schrittes das Zimmer.
Schwermütig sehe ich dem riesigen Wolf hinterher, wie er im Wald verschwindet. Er hat verdammt nochmal recht, ich bin absolut nicht in Form. Aber ich kann es trotzdem mit den Bastarden aufnehmen. Okay ich wurde ein paar Mal ziemlich stark getroffen, aber letztendlich habe ich sie immer besiegt. Auch mit den vermeidbaren Fehltritten meinerseits.
Er hat mit mir einen Deal ausgehandelt. Unfassbar dass ich mich darauf eingelassen habe. Er wollte einen Kampf um drei Runden. Wenn er mindestens zwei davon für sich entscheidet, würde er heute Nacht meinen Job erledigen und ich soll zu Hause bleiben und mich ausruhen. Und vor allem aufhören mich in Alkohol zu ertränken und mir die Birne weich zu rauchen. Ich war fest entschlossen ihm zu zeigen, dass ich ihn auch so fertig mache. Aber die Sorge die er um mich hat, die ich ununterbrochen spüren kann, hat mich milde gestimmt und ich habe aufgegeben. Unter der Bedingung, dass er mir sofort Bescheid gibt, wenn es Komplikationen gibt.
Während der letzten Wochen ist mir der Wolf doch schon etwas ans Herz gewachsen. Auch wenn ich es nicht zeige, es tut gut wenigstens mit einem diese Last zuteilen, die ich zu tragen habe und offen darüber reden zu können. Auch wenn er genauso ratlos ist wie ich.
Ich schnappe mir die Flasche Jacky, begutachte kurz ihren Inhalt, noch etwas weniger als die Hälfte und schütte mir die braune Flüssigkeit dann auf ex rein. Ich lasse die Flasche einfach zu Boden fallen und zünde mir meinen Joint an und sehe dann hinaus auf den See. Es beginnt schon zu dämmern.
Ununterbrochen habe ich ihr hübsches Gesicht vor Augen. Hati erzählte mir entschuldigend, dass er sich ihr gezeigt hat und sie sich gefreut hat, jemanden zum Reden zu haben. Er dachte ich würde es nicht gutheißen, dass er sich ihr zeigt, aber wie könnte ich das, wenn ich sie sich so vielleicht etwas weniger einsam fühlt. Aber die Erkenntnis, dass sie sich sogar in der Gegenwart eines Wolfes wohler fühlt, als in meiner ist niederschmetternd. Auch wenn ich es ihr absolut nicht verübeln kann.
Achtlos schnipse ich Filter des Joints weg und wende mich wieder dem Pavillon zu. Den ganzen Tag habe ich an einem Song gearbeitet, nun ja ich habe es zumindest versucht etwas Ordentliches hinzukriegen. Doch da das inzwischen die fünfte Schnulze über meine Gefühle für sie infolge ist, weiß ich nicht mehr was ich noch sagen könnte. Verdammt ich mutiere zu einem Softie. Aber es ist der einzige Weg, wie ich meine Gefühle ausdrücken kann und sie vielleicht sogar irgendwann verarbeite.
Da Hati mir sagte, dass Nevia sich schlafen gelegt hätte, schnappe ich mir meine Gitarre und Laptop und lasse mich auf den Stufen der Veranda nieder. Doch ich blicke noch einmal prüfend hoch zum Fenster. Kein Licht und das Fenster ist ebenfalls geschlossen. Gut. Es ist wirklich nicht nötig, dass Nevia meinen Gefühlsausbruch mitanhört.
Auf dem Laptop suche ich das neue Instrumental raus welches ich aufgenommen habe und spiele es ab. Ich spiele einige tiefe Töne auf der Gitarre, bevor das Instrumental einsetzt und ich von Schlagzeug und Bassgitarre, bei einer ruhigen, trübseligen Melodie begleitet werde. Schließlich beginne ich niedergeschlagen zu singen.
„Misery likes company, I like the way that sounds
I've been trying to find the meaning, so I can write it down
Staring out the window, it's such a long way down
I'd like to jump, but I'm afraid to hit the ground
I can't write a love song the way I feel today
I can't sing no song of hope, I got nothing to say
Life is feeling kind of strange, since you went away
I sing this song to you wherever you are
As my guitar lies bleeding in my arms
I'm tired of watching TV, it makes me want to scream
Outside the world is burning, man it's so hard to belive
Each day you know you're dying from the cradle to the grave
I get so numb sometimes, that I can't feel the pain”
Zum Übergang in den Chorus wird die Melodie lauter und ich streichele die Saiten von Lady etwas fester, gebe mehr Power dazu.
„I can't write a love song the way I feel today
I can't sing no song of hope I've got nothing to say
Life is feeling kind of strange, it's strange enough these days
I send this song to you, whoever you are
As my guitar lies bleeding in my arms”
Ich gehe in das Solo über, spiele erst in tiefen Tönen noch von der Bassgitarre begleitet eine verzweifelte Melodie, bevor die Bassgitarre aussetzt und ich einfach spiele wie es mir in den Sinn kommt, lasse meine Gefühle über die Klänge der Gitarre frei. Mit einigen weinenden Tönen lasse ich das Solo ausklinken und gehe wieder in die ruhige, trübselige Melodie über.
„Staring at the paper, I don't know what to write
I'll have my last cigarette- well, turn out the lights
Maybe tomorrow I'll fell a different way
But here in my delusion, I don't know what to say”
Wieder wird der Übergang zum Chorus lauter und diesmal passe ich meinen Gesang an und singe mit vollstem Elan, die Worte die ich mich niemals wagen würde laut auszusprechen.
„I can't write a love song the way I feel today
I can't sing no song of hope I've got nothing to say
And I can't fight the feelings that are burning in my veins.
I send this song to you, wherever you are
As my guitar lies bleeding
I can't write a love song the way I feel today
I can't sing no song of hope there’s no one left to save
And I can't fight the feelings, buried in my brains
I send this song to you, wherever you are
As my guitar lies bleeding in my arms
As my guitar lies bleeding in my arms
As my guitar lies bleeding in my arms”
Mit geschlossenen Augen spiele ich noch ein paar verzweifelte und harte Klänge, bevor die Melodie wieder leiser wird und schließlich mit einigen letzten wimmernden Lauten meiner Lady vorbei ist.
Ich seufze auf, stütze meine Ellbogen auf meinen Knien ab und lehne meinen Kopf in meine Hände. Fuck, Nevia was hast du nur aus mir gemacht? Ich werde allmählich zum Jammerlappen und ich kann nichts dagegen tun. Gegen diese Gefühle und diesen Schmerz in meiner Brust.
„Ritchie?“ Leise, fast flüsternd vernehme ich ihre zittrige Stimme. Mein Herz setzt einen Schlag aus. Wie lange ist sie schon hier? Warum habe ich sie nicht bemerkt? Frustriert verziehe ich das Gesicht, denn die Antwort auf diese Frage ist mir mehr als klar. Der Grund warum ich heute zu Hause bleiben soll. Nach einigen stillschweigenden Sekunden und tiefen Atemzügen, hebe ich den Kopf und lege die Gitarre zur Seite, meide ihren Blick. „Ich dachte du würdest schlafen.“, sage ich unwirsch.
„Ja das…das hatte ich auch vor, aber…es ging nicht.“ Ich schnaufe verbittert. „Ist mir aufgefallen.“ Ich sehe zu Boden, die Ellbogen noch immer auf den Knien abgestützt und reibe meine Handflächen aneinander. „Wie viel hast du gehört?“
Ich höre wie sie kurz aufatmet. „Ich ähm…alles.“, antwortet sie dann zaghaft. Ich klatsche einmal in die Hände, und erhebe mich dann, ohne sie anzusehen. „Großartig.“ Wütend gehe ich an ihr vorbei zum Haus. Ich bin nicht sauer auf sie, sondern nur auf mich selbst, über meine eigene Dummheit und über meine Gefühle zu ihr die ich einfach nicht zu verdrängen weiß. Gefühle, die mich erst in diese Lage gebracht haben und mich schwach gemacht haben.
„Ritchie. Warte.“, höre ich sie sagen und ich bleibe stehen. Als ich mich weder zu ihr wende, noch etwas sage beginnt sie zögernd zu sprechen. „Was war das?“
Verdrossen balle ich die Hände zu Fäusten und starre ins Leere, bevor ich antworte. „Das Nevia, war privat.“ Ohne eine weiteres Wort setze ich meinen Weg zum Haus fort und verschwinde runter in den Keller, in den Trainingsraum und schlage die Tür hinter mir zu. Die Einschlaglöcher in der Wand fallen mir sofort ins Auge und lächeln mich an. Ohne weiter zu überlegen schlage ich schon auf die Wand ein, immer und immer wieder. Doch das reicht lange nicht um die Wut die in mir brodelt zu besänftigen.
Ein tödliches Knurren verlässt meine Kehle, während ich den Blick starr auf die blutigen Einschlagslöcher halte. Den Schmerz in meinen Händen, spüre ich nicht, zu viel Adrenalin rast durch meinen Körper und ich kann nicht mehr an mich halten.
„THOR DU BASTARD, SAG MIR ENDLICH WAS HIER LÄUFT. FUCK, ICH KOMME NICHT KLAR MIT DIESER UNGEWISSHEIT. SIE KOMMEN DEM SCHUTZWALL IMMER NÄHER UND ICH HABE KEINE AHNUNG WIE ICH SIE AUFHALTEN SOLL. WAS ZUM TEUFEL SOLL ICH TUN, DU VERDAMMTER VERRÄTER. FICK DICH, DU UND VATER, IHR KÖNNT MICH BEIDE KREUZWEISE!“
Ich brülle aus voller Seele meinen Ärger hinaus schlage dabei weiter auf die Wand ein, vergrößere die Einschlaglöcher zunehmend. Plötzlich verschwimmt meine Sicht meine Schläge werden unkoordiniert, bis ich nicht mehr die Wand treffe, sondern nur noch wirr die Luft schlage, nach hinten Falle und das Bewusstsein verliere.
Als er im Haus verschwunden ist, bin ich ihm sofort hinterher und vernehme sein wütendes Gebrüll aus dem Keller. Dieses Lied, welches er gespielt hat, die Worte die er gesungen hat, hätten gefühlvoller nicht sein können. Als wäre es das was er wirklich empfindet. Seine Reaktion darauf, dass ich es gehört habe, bestärkt mich in meiner Annahme. Aber wenn er tatsächlich so fühlt… Das würde alles ändern.
Schnell flitze ich die Treppen runter und öffne vorsichtig die Tür zum Trainingsraum. Ich sehe wie Ritchie auf die Wand einschlägt, dann einige Schritte zurücktaumelt, schließlich das Gleichgewicht verliert und mit einem dumpfen Laut auf den Boden aufprallt.
„Oh mein Gott Ritchie.“ Sofort haste ich zu ihm und knie mich neben ihm hin. Zuerst suche ich nach seinem Puls, den ich sehr schnell ausmachen kann, da er sehr schnell und hart schlägt. Dann untersuche ich seinen Kopf nach einer Wunde, aber der hat den Aufprall zum Glück heil überstanden. Seine Hände sehen allerdings gar nicht gut aus. Ich inspiziere die Wand und sehe die blutigen Löcher die er hinein geschlagen hat.
Mein Atem geht nur unregelmäßig, als ich meine Hand an seine Wange lege und ihm ins Gesicht blicke. Seine Augen bewegen sich unruhig unter seinen Augenliedern hin und her. Als wäre er gar nicht weggetreten. Voller Angst rüttele ich an seinem Körper, beschwöre ihn dabei bitte wieder aufzuwachen, doch er reagiert weder auf das Rütteln, noch auf meine Worte.
Tränen verschleiern meine Sicht, die Angst und die Sorge um ihn ziehen mich runter. Zitternd rücke ich dichter zu ihm, greife nach seiner blutverschmierten Hand, umschlinge sie sanft mit meinen eigenen und lege sie in meinen Schoß. Ich weiß nicht ob er es bemerkt, aber falls ja will ich ihm damit signalisieren, dass ich da bin und ihn nicht verlassen werde, bis er hoffentlich wieder aufwacht.
Ich öffne die Augen und sehe auf zu den Gipfeln riesiger, exotischer Bäume. Ein stechender Schmerz durchzieht meine Hände, gefolgt von einem lauten Knacken, als ich mich mit ihnen abstütze um mich aufzusetzen. Stirnrunzelnd mustere ich meine Hände. Blutig, die Knochen gebrochen. Aber halb so wild. Stirnrunzelnd stütze ich meine Ellbogen auf den Knien ab und sehe mich um. Bäume, Büsche, Sträucher. Alles grün. Der Boden ist bedeckt von Laub. Lange Lianen hängen von den Bäumen herab. Ich bin in einem Urwald. Wie komme ich hierher?
Misstrauisch und wachsam richte ich mich nun auf. Irgendetwas stimmt hier nicht. Diese Situation kommt mir bekannt vor. Aus einem Traum? Oder habe ich ähnliches schon einmal erlebt? Ich weiß nur noch, dass jemand meinen Namen gerufen hat. Eine Frauenstimme. Sie klang…ängstlich. Fast verzweifelt. Ein Name taucht vor meinem inneren Auge auf. Nevia.
Es war ihre Stimme. Ist ihr etwas passiert? Fuck, ich muss sofort zu ihr. Schnellen Schrittes setze ich mich in Bewegung. Halte jedoch kurz darauf wieder an. Ich habe keine Ahnung, wie ich hier raus kommen soll. Ich beiße fest meine Kiefer aufeinander. Wenn einer dieser Bastarde versucht sie zu verschleppen und ich nicht da bin… Unbeirrt sehe ich zu den Baumkronen hinauf. Ich sollte mir einen Überblick verschaffen.
Wild entschlossen renne ich auf einen der Bäume zu, laufe an dem breiten Stamm hinauf. Geschickt greife ich nach einem der Äste, der circa drei Meter über dem Boden hängt und ziehe mich an ihm hinauf. Sofort visiere ich den nächsten Ast auf meinem Weg nach oben an, doch ich werde aufgehalten.
„Wohin des Weges?“ Diese Stimme. Sie ist mir nur allzu bekannt. Thor. Ein Knurren steigt in meiner Kehle auf, als ich mich ihm zuwende und auf ihn hinab sehe. Natürlich, ich hätte es gleich wissen müssen. Wie konnte ich das Offensichtliche übersehen? Innerlich mache ich mich schon einmal bereit, ihm einen Schwall allermöglichen Schimpfwörter an den Kopf zu werfen. Doch die Erinnerung der letzten Stunden kehrt plötzlich zurück und trifft mich wie ein Schlag ins Gesicht.
Ernüchtert gehe ich in die Hocke und starre in die Luft, lasse alles nochmal Revue passieren. Ich konnte es in ihrer Stimme hören. Sie war schockiert. Schockiert darüber, dass die Worte eventuell wahr sein könnten und dass ich, der Mann der ihr so viel Kummer und Leid zugefügt hat, jetzt auch noch Gefühle für sie entwickele und daran verzweifele. Das muss ihr schlimmster Albtraum sein.
Ein ungeduldiges Räuspern, reißt mich aus meinen Gedanken. Thors Blick nach zu urteilen, ist ihm völlig klar was gerade in mir vorgeht und er ist gelangweilt. „Du stiehlst mir meine Zeit, dass finde ich äußerst unhöflich.“ Ich sehe ihn unbeteiligt an und lasse mich dann von dem Ast hinab fallen, federe den Sprung mit meinen Beinen ab. „Ich hab’s nicht so mit Höflichkeit.“
Thor legt den Kopf leicht schief und ein gefährliches Schmunzeln tritt auf seine Lippen, während er mich herausfordernd mustert. Unbeeindruckt blicke ich zurück. Er lässt heute wohl den harten Macker raushängen. Die angestaute Wut in mir bricht sich Bahn. Ich lasse mich doch nicht von so einem Sunnyboy einschüchtern.
„Verlogener Hund. Was soll das Spielchen? Du weißt was abgeht. Sag es mir!“, fordere ich bedrohlich leise. Sein Schmunzeln wird zu einem dicken Grinsen. „Ach Widar, aber dann macht es doch keinen Spaß mehr. Wer will schon wissen, was die Zukunft bringt. Das erfährst du doch noch früh genug.“
Ich verenge die Augen und balle die Hände zu Fäusten, ignoriere den Schmerz. „Fick dich. Solange der Wall noch standhält, ist sie in Sicherheit. Aber wenn er bricht, wird Luzifer so viele Bastarde schicken, dass ich alleine kaum noch die Chance habe gegen sie anzukommen oder Nevia zu beschützen. Ich habe sie zu mir geholt, dafür ihren Hass ihn Kauf genommen, weil du es sagtest. Das war nicht umsonst. Sprich oder es wird dir leidtun, Bruder.“ Das letzte Wort speie ich ihm verächtlich entgegen.
Thors Grinsen verschwindet und macht nun einer gereizten Miene Platz. „Mach mich nicht für deine Fehler verantwortlich. An ihrem Hass, bist du selbst Schuld. Nevia ist wundervoll. So ein zartes, wunderschönes Wesen. Sie selber weiß gar nicht, wie schön sie eigentlich ist. Und klug, bescheiden, aufopfernd und mitfühlend. Sie ist eine Frau, eine Lady. Keines deiner Betthäschen, die du durch die Gegend schubsen kannst, Widar. Ich schwöre dir, wäre ich an deiner Stelle, ich würde es besser machen.“
Mit jedem weiteren Wort seinerseits muss ich stark an mich halten, ihm nicht sofort eine zu verpassen. „Lehne dich nicht zu weit aus dem Fenster.“, zische ich ungehalten. Dieses gefährliche Schmunzeln tritt wieder auf sein Gesicht. „Sie ist eine Frau zum Verlieben. Und ich würde sie lieben, jeden Zentimeter ihres Körpers würde ich anbeten. Ich wäre gerne an deiner Stelle. Sehr sogar.“
„Das reicht.“, knurre ich wutschnaubend. Wie in einer Kurzschlussreaktion, halte ich auf ihn zu und hole aus. Doch er ist schnell und weicht meinem Angriff gekonnt aus und schlägt ebenso schnell zurück. Und trifft, voll in die Nieren. Mir bleibt die Luft weg und ich krümme mich kurz, aber mir bleibt keine Zeit, denn Thor holt schon zum nächsten Schlag aus. Ich hebe noch rechtzeitig meinen Arm um mein Gesicht zu schützen und wehre ihn somit ab. Doch er lässt nicht locker. Unerbittlich schlägt er weiter zu. Ich komme gar nicht mehr dazu auszuteilen, meine ganze Konzentration brauche ich um ihn abzuwehren.
Verdammt er ist schnell. Meine Arme werden langsam schwer. Meine Kondition lässt heute gewaltig zu wünschen übrig. Nicht schlapp machen Ritchie, du bist ganz andere Kämpfe gewohnt. Aber er auch. Seine Faust durchbricht meine Verteidigung und landet direkt auf meiner Nase. Man hört den Knochen laut knacken, als er bricht. Tränen verschleiern meine Sicht. Blut läuft an meinem Gesicht hinab. Aber verdammt will ich sein, bevor ich aufgebe.
Mich nur noch auf meinen Gehörsinn verlassend, pariere ich seine weiteren Angriffe. Natürlich geht das nicht lange gut. Er packt mein rechtes Handgelenk, welches ich ihm sofort versuche zu entreißen, gleichzeitig hole ich mit der linken Faust aus um ihn zum los lassen zu zwingen. Er blockt den Schlag ab, duckt sich und dreht sich unter meinem rechten Arm hindurch ohne mein Handgelenk freizugeben. Auf der Stelle hat er mich von hinten gepackt und hält meinen rechten Arm schmerzhaft hinter meinem Rücken verschränkt. Dabei schubst er mich unsanft an, sodass ich vornüber, mit dem Gesicht voran in den Dreck falle.
Ich ringe nach Luft. „Sieh dich an. Du bist erbärmlich. Unkonzentriert. Absolut nicht in Form. Das letzte Mal, als wir uns sahen, warst du mir ebenbürtig. Jetzt bist du nur noch ein Schatten deines Selbst. So wirst du es sowieso niemals schaffen Nevia zu beschützen. Selbst wenn ich dir mehr verraten könnte.“
„Fahr zur Hölle. Verdammter Hurensohn.“, bringe ich angestrengt, keuchend hervor. Diesmal ist Thor derjenige der ein wütendes Knurren von sich gibt. Kurz darauf durchzieht ein höllischer Schmerz meinen Arm und das Knacken meines gebrochenen Handgelenks hallt wieder. Wenn er sich einen Schmerzensschrei erhofft, dann kann er lange warten. Vor Wut zitternd beiße ich die Zähne fest aufeinander. Er beugt sich vor bis er mit seinem Mund direkt neben meinem Ohr ist. „Beleidige nie wieder meine Mutter.“
Damit lässt er von mir ab und lehnt sich einige Meter entfernt gegen einen Baum. Langsam hieve ich mich hoch. Wir haben zwar denselben Vater, aber nicht dieselbe Mutter. Scheinbar hatte er eine engere Beziehung zu ihr, wenn er sich so darüber aufregt. Es dauert einige Sekunden bis ich wieder gerade stehe und ihn erhobenen Hauptes ansehe. „Was nun? Sagst du mir was läuft oder nicht?“, frage ich angepisst. Er schüttelt den Kopf und seufzt theatralisch auf. „Du checkst es nicht oder? Ich kann dir nicht mehr erzählen. Wenn ich es tun würde, würde es dein Schicksal verändern. Es ist den Lebenden nicht bestimmt zu wissen, was die Zukunft für sie bereithält.“
„Wunderbar. Dann werde ich mich mal überraschen lassen, was noch auf mich zukommt.“, erwidere ich sarkastisch schnaubend. Thor zieht überheblich eine Augenbraue hoch und beobachtet mich abschätzend. "Zuerst solltest du dir als Ziel setzen aufzuhören dich im Alk zu ertränken und dir die Birne weich zu kiffen. Kein Wunder warum du so nachgelassen hast. Außerdem stinkst du wie eine Schnapsleiche. Dein zweites Ziel sollte sein, das Gespräch mit Nevia zu suchen.“
Ungläubig runzele ich die Stirn. „Was könnte ich ihr schon sagen?“ Thor stößt sich von dem Baum ab kommt drängend auf mich zu. „Die Wahrheit. Sag ihr was dich zu deinen Taten bewegt hat, wie du dich dabei gefühlt hast. Wie es dir jetzt ergeht. Beantworte ihre Fragen, sicher gibt es eine ganze Menge, was sie nicht versteht. Sag ihr wer du bist. Du bist der Mann, du hast die Fehler gemacht. Hab endlich den Arsch in der Hose und entschuldige dich bei ihr. Wir wissen beide, dass du sie brauchst.“
Diesmal erwidere ich nichts, sehe ihn nur an und lasse seine Worte auf mich wirken. Mir ist klar, wie Recht er hat. Ich bin zu feige, zu feige mich diesem Gespräch zu stellen. Aber diese Situation ist neu für mich. Es hat mich einen scheiß interessiert was die Frauen von mir denken, ich wollte sie nur vögeln. Aber Nevia will ich lieben. Das erste Mal in meinem Leben, will ich mehr von einer Frau, außer Sex. Ich bin nicht gut genug für sie, nicht mal annährend und doch ist es mein Wunsch, dass sie sich für mich entscheidet. Die Chance dazu gibt es aber nur, wenn ich mit ihr Rede. Ihr alles erkläre. Ihr mein Herz ungeschützt zu Füßen lege, damit sie es entweder liebevoll in ihre Arme schließen kann oder erbarmungslos darauf herumtrampelt. Und ich bin mir absolut nicht sicher ob ich das kann.
„Ritchie, oh Gott, Ritchie, bitte.” Aus meinen Gedanken gerissen blinzele ich verwirrt und sehe mich suchend um. Nevia? Das war ihre Stimme. „Hast du das auch gehört?“, frage ich an Thor gewandt. Er runzelt die Stirn. „Nein, was gehört?“ Wieder ruft sie meinen Namen so voller Angst, es klingt als ob sie weint. „Nevia.“, flüstere ich erschrocken. Sie braucht mich. Sofort.
„Das heißt dann wohl Abschied nehmen, Bruderherz.“ Irritiert runzele ich die Stirn. Thor lacht kurz auf. „Du wachst auf, dein Geist nimmt bereits die Geräusche wahr, die dein Körper hört. Keine Sorge, wir sehen uns nicht zum letzten Mal.“ Er lächelt sarkastisch und winkt mir noch zu, bevor die Schwärze mich gefangen nimmt.
„Ritchie!“, rufe ich immer wieder lautstark, halb hysterisch. Oh mein Gott, was passiert mit ihm? Seine Knochen brechen einfach im Schlaf, er muss sofort aufwachen. Verzweifelt beuge ich mich über ihn und rüttele seinen Körper, mit all meiner Kraft. Bitte Ritchie, wach auf. Wach für mich auf. Glücklicherweise gibt es hier unten einen Schrank, in dem sich einige Handtücher befinden. Damit konnte ich ihm das Blut aus dem Gesicht wischen, welches die gebrochene Nase angerichtet hat.
Ich habe es nicht gewagt mich weiter zu entfernen und ihn aus den Augen zu lassen. Noch immer versuche ich ihn aufzuwecken, höre nicht auf seinen Namen zu rufen, in der Hoffnung er möge mich hören. Tränen sammeln sich in meinen Augen. Ich habe Angst. Furchtbare Angst. Um ihn. Ein leises Stöhnen entweicht seinen Lippen, welches mein Herz schneller schlagen lässt. Ein Hoffnungsschimmer, vielleicht kommt er zu sich. Sanft lege ich meine Hand an seine Wange. „Nevia.“
Er sagt meinen Namen so leise, dass man es fast hätte überhören können. Doch ich habe ihn genau verstanden. Ich rücke dicht an ihn heran und spüre die Hitze die sein Körper ausstrahlt. Als würde ihn ein Feuer von innen heraus verbrennen. Besorgt lege ich die andere Hand auf seine Brust, streichele sacht darüber. „Ritchie ich bin hier. Ich bin bei dir.“
Völlig unerwartet schlingt Ritchie seinen Arm um meine Hüfte, zieht mich halb auf sich und hält mich eisern an sich gedrückt. Ich keuche überrascht auf und sehe erwartungsvoll in sein Gesicht. Doch seine Augen sind noch immer geschlossen. Von seiner Nähe und dem Gefühl, das sie in mir auslöst überwältigt schlägt mein Herz schneller. Aus Angst davor es zu zulassen, versuche ich mich aus seinem Griff zu befreien.
Plötzlich werde ich herumgerissen und liege auf dem Rücken. Ritchie liegt auf mir und kesselt mich mit seinem Körper ein, sodass ich mich kaum bewegen kann. Meine Arme hält er mit einer Hand an meinen Handgelenken, über meinem Kopf gefesselt. Mehrere Schauer gleichzeitig jagen über meinen Körper. In diesem Moment spüre ich eine Verbundenheit zu ihm, die immer fester und bedeutender wird. Berauscht von diesem Gefühl, gegen das ich mich nicht zu wehren weiß und sich so richtig anfühlt, wimmere ich auf.
Augenblicklich öffnet er seine Augen, verengt zu gefährlichen, tiefschwarzen Schlitzen. Er mustert mich und runzelt kurz ungläubig die Stirn, bevor er blinzelt und Ungläubigkeit, Ehrfurcht weicht. Das Feuer breitet sich in seinen Augen aus, so schlagartig als würden sie explodieren. Und sie fixieren meine Lippen. Aufgeregt geht mein Atem schneller und das Blut steigt mir in die Wangen. Ich sollte das hier schleunigst beenden, doch ich kann mich nicht von ihm losreißen.
Und schon liegen seine Lippen auf meinen. Sein Kuss ist wild, leidenschaftlich, animalisch. Er küsst mich wie ein Ertrinkender und ich bin der Sauerstoff, den er so dringend benötigt. Erregt lasse ich mich von diesem Kuss mitreißen, genieße dieses Glücksgefühl welches durch meine Blutbahnen rast. Endlich wieder seine wundervollen Lippen zu spüren, seinen einzigartigen Geschmack zu kosten. Erst jetzt ahne ich, wie sehr mir das gefehlt hat. Ich stöhne selig auf und dränge mich enger an ihn.
Wie als wäre er dadurch aus einer Trance erwacht versteift er sich und hält inne. Abrupt weicht er von mir, dreht mir den Rücken zu und lässt mich allein und verwirrt zurück. Ich kann das Klirren der Scherben meines Herzens deutlich in meinen Ohren klingeln hören, nach dieser Abfuhr. Verletzt schlinge ich die Arme um mich selbst und halte mutig die Tränen zurück. Nichts weiter außer Ritchie’s unregelmäßiger schwerer Atem ist zu hören.
Nach einigen schier endlosen Minuten beruhigt sich seine Atmung langsam. „Ich wollte dich nicht überrumpeln. Ich war noch nicht bei Sinnen.“ Nach einer kurzen Pause fügt er gepresst hinzu: „Entschuldige.“ Da ich absolut nicht weiß was ich darauf erwidern soll, halte ich einfach den Mund, starre mit leicht geöffneten Lippen seinen breiten Rücken an.
Er erhebt er sich langsam und begutachtet seine Hände. Als er sie testweise zu Fäusten ballen will und seine rechte Hand sich allerdings nicht rührt schnaubt er einmal verächtlich auf. Kurzerhand packt er sein gebrochenes Handgelenk und rückt es mit einem lauten Knacken zurecht. Eine Gänsehaut überzeiht meinen gesamten Körper, als er dasselbe mit seiner Nase tut. Er zuckt nicht einmal zusammen.
Unsicher wie ich mich verhalten soll, stehe ich nun ebenfalls auf und spiele nervös mit meinen Händen. Ich würde gerne wissen was er gerade denkt. Warum sagt er denn nichts? Warum bekomme ich selber nicht ein einziges Wort über meine Lippen? Inzwischen starrt er emotionslos dir Tür an, ohne auch nur ein einziges Mal zu blinzeln. Er wirkt wie weggetreten, tief versunken in seinen eigenen Gedanken.
Plötzlich verengt er die Augen zu Schlitzen. Eine Sekunde später marschiert er auch schon, ohne noch ein weiteres Wort an mich, los. Perplex sehe ich ihn hinterher. Warum tut er das nur immer wieder? Enttäuscht und auch ein bisschen sauer kaue ich auf meiner Unterlippe. Ich kann das nicht so im Raum stehen lassen. Zu sehr hat mich das alles aufgewühlt, ich brauche endlich Gewissheit. Über mich. Über ihn. Und vor allem über uns.
Schleunigst eile ich die Treppen hinauf und sehe ihn am anderen Ende des Flurs, als er gerade aus der Haustür treten will. Ich bleibe stehen und suche halt am Treppengeländer bevor ich resignierend mein Wort an ihn richte. „Ritchie, bitte rede mit mir. Lauf nicht immer weg.“
Kurz hält er inne, dreht sich dann zu mir um. „Ich muss, Nevia.“, erwidert er nüchtern und fügt in einem strengen Ton hinzu: „Bleib im Haus!“ Alle meine Alarmglocken beginnen zu schrillen. Leicht die Stirn runzelnd gehe ich nun doch zögernd auf ihn zu. „Was ist los?“, frage ich argwöhnisch.
Er deutet ein Kopfschütteln an. „Tu einfach was ich sage.“, herrscht er mich an. Furcht beginnt mein Herz zu umschließt. Das letzte Mal als er in diesem Ton mit mir gesprochen hat, war eines dieser Monster zugegen. Der entschlossene Ausdruck und das kampfeslustige Blitzen in seinen Augen bestätigen mich in meiner Annahme. Die letzten zwei Meter die uns trennen, lege ich stürmisch zurück und werfe mich ihm an den Hals. Auf die Zehenspitzen stellend, vergrabe ich mein Gesicht in seiner Halsbeuge.
Ich weiß nicht was in mich gefahren ist, aber ich kann mich einfach nicht zurückhalten. Die Angst, um diesen sonderbaren, undurchschaubaren Mann, breitet sich in jedem Winkel meines Körpers aus, lässt mich so handeln und bringt mich dazu ihn anzuflehen. „Nein Ritchie. Bitte geh da nicht raus. Du kannst nicht…du bist schon verletzt, vielleicht würdest du… Das wäre für mich…“ Panisch stammele ich nur noch wirres Zeug vor mich hin. Ich verstumme als Ritchie die Hände an meine Taille legt und mich sanft aber bestimmt von sich schiebt.
Sein Blick ist unerbittlich, er wird sich nicht von mir aufhalten lassen. Deprimiert sehe ich zu Boden, kämpfe mal wieder mit den Tränen. Ich verfluche mich selbst und meine Weinerlichkeit. Du bist eine blöde Heulsuse, tadele ich mich selbst als sich eine Träne verräterisch davon stiehlt.
Seine unverletzte Hand umfasst überraschend zärtlich mein Kinn, zwingt mich ihn anzusehen. Er sieht mir fest in die Augen und wischt mit dem Daumen die Träne von meiner Wange. „Hati ist da draußen, er braucht mich. Ich komme wieder.“ Ich erwidere nichts, nicke lediglich wehmütig. Sein Blick fällt kurz auf meine Lippen, bevor er von mir ablässt, letztendlich durch die Tür geht und sie hinter sich zu zieht.
Wie gelähmt bleibe ich stehen und starre die Tür an durch die er eben gegangen ist. Mein gesamter Körper beginnt zu zittern und meine Beine geben nach. Kraftlos sinke ich zu Boden, nicht in der Lage mich zu rühren. Verzweiflung macht sich in mir breit. Ich will ihm helfen, will an seiner Seite sein und ihn beschützen. Doch was kann ich schon ausrichten?Noch nie habe ich mich so klein und nutzlos gefühlt, wie in diesem Moment.
Was mache ich nur, wenn er nicht wieder kommt? Wenn er diesen Kampf nicht übersteht? Allein schon bei dem Gedanken daran, beginnt mein Herz zu rasen und das Atmen fällt mir schwer. Er hat mir schreckliches angetan, so zu fühlen ist Wahnsinn, aber es ist so. Und ich ertrage es nicht ihn da draußen zu wissen, diesen Ungeheuern so gut wie schutzlos ausgeliefert. Dass er auch noch im Nachteil ist, da er momentan nur mit seiner linken Hand ein Schwert führen kann, ganz von zu schweigen.
Ich bin so verwirrt, was ist geschehen, als er Ohnmächtig war? Wie konnten seine Knochen einfach so brechen, das ist unmöglich. Aber in den letzten Wochen ist so vieles unmögliches, möglich geworden, mich sollte nichts mehr überraschen. Warum mussten diese Biester ausgerechnet jetzt auftauchen, wo er doch schon geschwächt ist?
Er hat das nicht verdient, niemand sollte gezwungen sein solch ein Leben zu führen. Beherrscht von Blut und Tod. Dieses Leben hat ihn erst zu dem Mann gemacht, der er heute ist. Unnahbar, kaltherzig, brutal, erbarmungslos. Eigenschaften die ihn ausmachen. Die er nach außen hin ausstrahlt. Und die mich von Beginn an fasziniert haben, obwohl sie mir hätten missfallen müssen. Ich hatte sowieso nichts mit Männern am Hut und um Männer wie ihn habe ich erst recht einen großen Bogen gemacht.
Warum also nicht bei ihm? Warum muss mir mein Herz diesen Streich spielen und ich jetzt hier sitzen wie ein Häufchen Elend, halb verrückt vor Sorge? In dem Wissen, dass ich nichts tun kann. Dass ich zu schwach bin, zu unbedeutend um ihn zu retten. Wenn er heute stirbt, werde ich ihm niemals sagen können, wie viel er mir trotz allem bedeutet. Ich werde nie wieder die Chance haben ihm zu sagen, wie sehr ich ihn…
Es fällt mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Von Anfang an habe ich dagegen angekämpft, es abgestritten und für Blödsinn abgetan. Ich habe mir eingeredet ich würde ihn hassen und verabscheuen. Doch das kann ich jetzt nicht mehr, denn mein Herz hat über meinen Kopf gesiegt. Jetzt wo vielleicht bald alles vorbei sein soll, verstehe ich endlich.
Ich liebe ihn. Eine neue, ungeahnte Kraft erfüllt mich plötzlich von innen, als wäre diese Erkenntnis der Schlüssel dazu gewesen. Überwältigt von diesem Gefühl keuche ich auf und lege mir die Hand aufs Herz. Ich nehme seine Präsenz wahr, als wäre er hier, direkt neben mir. Ich kann sein Leid spüren, seine Angst, seinen Schmerz und ganz tief darunter vergraben nehme ich noch etwas wahr. Liebe.
Selbstsicher erhebe ich mich. Auf einmal fühle ich mich so stark. Und ich habe ein Ziel vor Augen. Diese unbekannte Macht drängt mich geradewegs dazu, zu ihm zu gehen. Ich kann ihn retten. Ich bin mir noch nicht sicher wie ich das anstellen soll, aber instinktiv weiß ich, dass ich wissen werde was zu tun ist, wenn es soweit ist.
Bebend öffne ich die Haustür, trete hinaus und blicke auf die Front aus Bäumen die sich vor mir erstreckt. Er muss zu Fuß gegangen sein, Auto und Motorrad stehen an Ort und Stelle. Also kann er nicht weit sein. Ich schließe die Augen, atme tief durch und konzentriere mich ganz auf diese Macht in mir. Als ich sie wieder öffne spüre ich ein Band, so präsent als könnte ich es berühren. Ja, ich kann es vor meinem inneren Auge sogar sehen. Aufgeregt renne ich los, dem Band hinterher, mit der Gewissheit das am anderen Ende Ritchie zu finden ist.
Ich renne noch weiter als meine Lunge schon beginnt zu brennen. Aber ich kann keine Pause machen, ich darf keinesfalls zu spät kommen. Und nach ein paar weiteren Minuten, kann ich sie schon hören. Die Geräusche eines Kampfes auf Leben und Tod. Angespornt ziehe ich mein Tempo nochmal an, bis ich ein paar hundert Meter entfernt zwischen den Bäumen eine Lichtung ausmachen kann und mir gefriert das Blut in den Adern, als ich sehe mit was wir es hier genau zu tun haben.
Hati ist zwar ein hünenhafter Wolf, aber er ist nichts im Vergleich zu diesem Untier gegen das er sich zu wehren versucht. Ein Löwe, riesig, mit einem tiefschwarzen Fell und Mähne, verdreckt und blutverkrustet, steht ihm gegenüber. Unnatürlich spitze Zähne, von denen Blut tropft, klaffen in seinem Maul und seine Augen spiegeln geradewegs die Abgründe der Hölle. Immer wieder holt er mit seinen riesigen Pranken aus, will Hati mit seinen messerscharfen Krallen zu Boden ringen. Der Wolf hat einen gewissen Vorteil. Er ist schneller und wendiger. Wahrscheinlich seine einzige Chance um gegen diesen Löwen zu bestehen. Allerdings ist er schon gezeichnet von diesem Kampf. Ich kann in seinem Fell, deutlich frisches Blut ausmachen, welches aus tiefen Kratzern in seiner Haut hervordringt. Bedrohlich fletscht der Wolf die Zähne, seine Augen glühen durch das Feuer, welches ihn und Ritchie verbindet. Geschickt weicht er dem Löwen aus, schlägt hin und wieder zurück und sucht eine Schwachstelle wie er ihn endgültig zu Fall bringen kann.
Meine Augen wandern weiter von dieser schrecklichen Szene und entdecken Ritchie. Und vor ihm steht ein Wesen, welches in seiner Abscheulichkeit alles zuvor Gesehene übertrifft. Sie ist ein Mischwesen mit einem menschlichen, weiblichen Oberkörper und einen langen Schlangenschwanz. Ihre Haut ist grau und ihr Schuppenpanzer blutrot. Aus ihrem Kopf sprießen an Stelle von Haaren, dicke schuppige Stränge, an dessen Ende sich jeweils ein Schlangenkopf befindet. Jeder davon kann sich unabhängig voneinander bewegen und versucht mit, den scharfen Schlangenzähnen Ritchie zu packen. Die Augen dieses Wesens sind ebenfalls die einer Schlange und in regelmäßigen Abständen schnellt eine Schlangenzunge zischend aus ihrem Mund.
Oh mein Gott, wenn ich mich nicht irre und das ist ziemlich unwahrscheinlich, dann ist dieses Biest Medusa. Ein Blick in ihre Augen und Ritchie wird zu Stein. Der Mut der eben noch meinen Körper verzerrt hat, beginnt zu schwinden. Plötzlich bin ich mir gar nicht so sicher, was ich tun kann. Aber für einen Rückzieher ist es zu spät. Schwer atmend schleiche ich mich näher heran, suche Schutz hinter den Bäumen.
Die Schlangenfrau schnellt mehrere Male hintereinander blitzartig nach vorne, das Gesicht verzerrt, den Mund unmenschlich weit aufgerissen und ihre spitzen nach innen gebogenen Zähne sind gefährlich nach vorne gerichtet, bereit zu zubeißen. Ritchie macht einen Hechtsprung zur Seite, rollt sich ab, richtet sich sofort wieder auf und wehrt die Zähne mit seinem Schwert ab, die Klinge leuchtet in einem kräftigen Blau. Beim nächsten Hieb weicht er mit einer Drehung zur Seite und macht gleichdarauf einen Rückwärtssalto um ihren darauffolgenden Hieb auszuweichen. Er stützt sich dabei nur mit seiner gesunden Hand ab und landet sicher in der Hocke auf seinen Füßen. Mit dem Schwert holt er weit aus und schlägt zu während er sich erhebt und Medusa wieder hervor schnellt. Die Klinge zielt direkt auf ihren Hals, müsste ihr geradewegs den Kopf abtrennen. Und die Klinge trifft zwar, aber sie wird durch den Schlag nur einige Meter weiter zu Boden geschleudert. Lediglich ein Kratzer ist an ihrem Hals zu erkennen und einige dieser merkwürdigen Schlangenhaare werden abgetrennt. Unter ihrer Haut scheint ein steinharter Panzer zu sein, undurchdringbar. Sie zischt schmerzerfüllt und in einer unerträglichen Lautstärke auf.
Ritchie sieht schwer atmend ungläubig auf dieses Monster hinab, überlegt krampfhaft wie er sie erledigen kann. Doch schon richtet sie sich wieder auf, die Augen zu teuflischen Schlitzen verengt. Nun scheinbar richtig wütend. Augenblicklich schlängelt das Wesen auf ihn so, versucht ihn mit ihren Armen zu greifen. Er weicht zur Seite und sie holt mit ihrem Schwanz auf trifft ihn hart in die Seite und schleudert nun ihn zu Boden. Ritchie krümmt sich kurz, gönnt sich aber keine Pause und steht leicht schwankend sofort wieder auf.
Hinter ihm jault Hati auf, als ihn der Löwe mit seinen Krallen direkt im Gesicht trifft und zu Boden geht. Ritchie verschwendet jedoch keinen Blick und kurz darauf steht Hati wieder auf und attackiert den Löwen brutal von hinten. Im selben Augenblick rennt Ritchie los, direkt auf die Schlangenfrau zu, sie öffnet schon einmal ihren Mund, zeigt die Zähne und breitet die Arme aus um ihn sofort packen zu können. Kurz dachte ich, dass es jetzt vorbei ist und mein Herz wollte mir schon in die Hose rutschen. Doch Ritchie deutet genau im richtigen Moment einen Schlag mit dem Schwert an, lässt sich dann jedoch zu Boden fallen und rollt sich unter ihrem Griff hindurch, kommt wieder auf die Füße und holt aus, zielt auf ihren Rücken, direkt auf ihr Herz. Die Klinge schneidet sich tatsächlich etwas tiefer in die Haut, jedoch nicht tief genug. Ritchie schüttelt zweifelnd den Kopf, nun ziemlich planlos wie er sie bezwingen soll. Und da holt sie wieder mit ihrem Schwanz aus, schlägt ihm erst das Schwert aus der Hand und wirft ihn dann wieder zu Boden geworfen. Als er sich wieder aufrichten will ist sie schon zur Stelle und um schlängelt ihn, nimmt ihn mit ihrem Schlangenkörper gefangen. Sie stößt ein Zischen aus das klingt wie ein hämisches Lachen, während Ritchie versucht sich krampfhaft zu befreien. Doch je mehr er sich wehrt, desto fester schlingt sie sich um ihn.
Furchtbare Angst ergreift mich und Adrenalin fließt durch meine Blutbahnen. Und plötzlich meldet sich diese Macht in mir zurück so stark, dass ich ihr nicht wiederstehen kann. Unverzüglich komme ich aus meinem Versteck und trete auf die Lichtung. „Nein, lass ihn sofort los!“, rufe ich fordernd mit vor Wut zitternder Stimme.
Die Schlangenfrau, Ritchie und Hati wenden sich mir zu. Ritchie und Hatis Blicke sind schockiert, Medusa hingegen hat ein breites Grinsen aufgesetzt. Der Löwe wirft Hati zu Boden und zieht seine Aufmerksamkeit somit wieder auf sich. Ritchie sieht mich weiterhin schockiert an und ich spüre plötzlich eine unglaubliche Angst, die von ihm ausgeht. Nach Luft röchelnd richtet er das Wort an mich. „Nevia, geh sofort…zurück zum Haus.“
Die Schlangenfrau stößt erneut ein gefährliches und sehr selbstsicheres Lachen aus, bevor sie ihren Blick wieder auf Ritchie richtet. Auch Ritchie wendet den Blick von mir ab und sieht ihr unerschrocken entgegen, mitten in die Augen. Ich hole erschrocken Luft, denke jetzt ist es vorbei und er wird zu Stein, aber nichts passiert und ich atme erleichtert auf. Doch kurz darauf reißt sie ihren Mund unnatürlich weit auf und richtet ihre tödlichen langen Zähne wieder nach vorne, präsentiert sie Ritchie, damit er genau weiß, was sich gleich in seinen Körper bohren wird. Inzwischen panisch und immer noch ohne Idee, wie ich ihn aus dieser Lage befreien kann, trete ich etwas näher und rufe nun mit zitternder Stimme: „Ich sagte, du sollst ihn los lassen!“
Mich ignorierend lehnt sie sich weit nach hinten, um dann todbringend hervorschnellen zu können, doch als sie das tut, sammelt sich diese sonderbare Macht zu einem riesigen Energieball, der mein Herz umschließt. Es tut höllisch weh, als würde es mir das Herz aus der Brust reißen und raubt mir die Luft zum Atmen. Aber ebenfalls verleiht es mir einen ungewöhnlichen Mut und eine seltsame Gewissheit, die mich trotz des Schmerzes auf den Beinen halten. Der Schmerz wird immer unerträglicher, doch trotzdem strecke ich die Arme nach ihr aus und trete wacklig noch einige Schritte näher heran. Ihr Körper ist gespannt wie ein Bogen und in dem Moment als sie zuschnappen will, bricht sich die Energie wie eine Explosion in mir Bahn und ich schreie sie gequält und gepeinigt von dem Schmerz und der Angst einfach heraus. „NEIN RITCHIE!“
Eine extreme Hitze umschlingt meinen Körper und ein von irgendwoher kommt ein greller Lichtblitz und erhellt die komplette Lichtung. Geblendet kneife ich die Augen zusammen und spüre wie all diese aufgestaute Energie meinen Körper auf einen Schlag verlässt. Ich vernehme zorniges zischen von der Schlangenfrau und schmerzerfülltes Brüllen von dem Löwen und der Geruch von verbrannten Fleisch dringt mir in die Nase. Als sich dieses helle Licht verflüchtigt fühle ich mich plötzlich unglaublich schwach und müde. Nach Atem ringend, sehe ich aus dem Augenwinkel, wie Hati sich auf den Löwen stürzt, der geschwächt am Boden liegt. Sein Körper ist übersäht von heftigen Verbrennungswunden und Rauchschwaden steigen von ihm auf. Doch er ist noch nicht geschlagen.
Der Schlangenfrau ist es ebenso ergangen, auch von ihr steigen Rauchschwaden auf und ihre Schlangenhaare hängen nur noch schlaff von ihrem Kopf herab. Fuchsteufelswild wirbelt sie mit ihren Armen umher. Aus ihren Augen fließt Blut ihr Gesicht herab und, als sie sie öffnet, sind da nur noch blutige runde Kugeln zu sehen. Zufrieden stelle ich fest, dass ihre Augen ebenfalls verbrannt sind. Mein Blick fällt auf Ritchie, der diese Chance sofort nutzt und es tatsächlich schafft sich aus dem Klammergriff dieses Ungeheuers zu befreien. Schnell weicht er einige Meter zurück und mustert verwundert seine rechte Hand, die wieder voll einsatzfähig ist. Ebenso sind alle anderen Verletzungen ebenso verschwunden. Stirn runzelnd und mit geöffnetem Mund sieht er dann zu mir, fassungslos, befremdlich und sehr verwirrt. In genau diesem Moment geben meine Beine nach und ich sinke keuchend auf die Knie.
„NEVIA!“, ruft er angsterfüllt. Er will auf mich zueilen, doch im selben Moment zischt die Schlangenfrau rachsüchtig auf und stürzt auf mich zu. Doch ich bin zu schwach, ich schaffe es nicht ihr zu entkommen. Stattdessen verliere ich das Gleichgewicht und falle der Länge nach vorüber und lande mit dem Gesicht auf dem Waldboden und schließe die Augen. Der Schmerz versucht mich außer Gefecht zu setzen und ich bin sehr nah dran ihm einfach nachzugeben. Doch dann höre ich Ritchies Stimme, halb außer sich und bedrohlich, wild knurrend. „Verdammte Missgeburt, ich werde dich in Einzelteile zerlegen, wenn du es wagst sie zu berühren.“
Seine Stimme gibt mir die Kraft die Augen wieder zu öffnen und den Kopf leicht zu heben. Ritchie sammelt sein Schwert auf und zieht nun auch sein zweites, dessen Klinge in einem satten Grün leuchtet und stürzt sich auf sie. wehrt jeden ihrer Angriffe meisterhaft ab und drängt sie immer weiter zurück. Erleichtert stelle ich fest, dass er wieder komplett in Höchstform ist. Ein Grinsen tritt auf sein Gesicht, als er sie fest mit seinem Ellbogen zu Boden schubst und ihr dann eines seiner Schwerter tief in den schuppigen Leib rammt. Er hat ihre Schwachstelle gefunden, denn das Monster hört augenblicklich auf zu zischen und erstarrt in ihrer Bewegung. Sie ist gelähmt, bewegungsunfähig wie ein Stein. Ritchie lässt das Schwert stecken, nimmt den Griff des zweiten Schwerts in beide Hände, holt mit all seiner Kraft aus und schlägt ihr brutal den Kopf von den Schultern. Ihr Körper sackt zusammen und explodiert kurz darauf in Abermillionen kleine Funken, die mit dem Wind davon wehen.
Sofort kommt Ritchie zu mir gerannt und kniet sich neben mich, drehe mich mit der letzten Kraft die mein schwacher Körper aufbringen kann auf den Rücken. Es geht ihm gut. Also habe ich es geschafft. Meinen Namen flüsternd hebt er vorsichtig meinen Oberkörper an, stellt ein Knie stützend hinter meinen Rücken und schlingt einen Arm um meinen Rücken, hält mich. Seine freie Hand legt er beruhigend an meine Wange, streichelt sachte darüber. Unter allergrößter Anstrengung sehe ich zu ihm auf. Mir war nicht klar das ihn zu retten, meinen Tod bedeutet und es fühlt sich seltsam, zu wissen, dass ich wenn ich jetzt einschlafe nicht mehr aufwachen werde. Aber auch wenn ich es gewusst hätte, hätte ich so gehandelt und ich würde auch jedes Mal wieder so handeln um sein Leben zu retten.
„Nevia, du darfst nicht einschlafen. Bleib wach. Hörst du, du musst wach bleiben.“, redet er eindringlich auf mich ein und ich gebe mir wirklich die größte Mühe die Augen offen zu halten. Ritchie nimmt die Hand von meiner Wange, legt seinen Arm in meine Kniekehlen und hebt mich vom Boden hoch. Zu entkräftet um meinen Kopf aufrecht zu halten, lasse ich ihn einfach hintenüber hängen und sehe Hati, der den Löwen scheinbar bezwungen hat und mich nun besorgt mustert. Ritchie setzt sich mit einem Mal in Bewegung und rennt los. Ich vernehme Hatis Stimme in meinem Kopf. Was hast du vor?
„Ich muss sie ins Krankenhaus bringen.“, antwortet er ohne sich nach dem Wolf umzusehen. Hati legt einen Zahn zu, überholt Ritchie und schneidet ihm den Weg ab. Er legt sich vor uns auf den Boden und sieht Ritchie bedeutungsschwer an. „Halte mich nicht auf, dafür ist keine Zeit.“, herrscht er den Wolf aufgebracht an und will an ihm vorbei gehen doch Hati hält ihn auf. Steig auf meinen Rücken. Kurz zögert Ritchie. „Ich werde nicht auf dir reiten.“, sagt er dann und setzt sich wieder in Bewegung.
Knurrend stellt sich Hati ihm erneut in den Weg und fletscht die Fänge. Ich bin schneller als jedes Auto oder Motorrad. Wie du sagtest, es bleibt keine Zeit. Schnaufend legt er sich wieder vor uns auf den Boden. Schweigend mustert Ritchie den Wolf und geht schließlich auf ihn zu und setzt sich auf seinen Rücken. Einen Arm schlingt er um mich, mit der anderen packt er das Fell im Nacken des riesigen Wolfes. Hati erhebt sich und läuft in einem mörderischen Tempo los.
Bewundernd sehe ich in das Gesicht des Mannes, der versucht mich vor dem sicheren Tod zu bewahren und bin einfach nur glücklich endlich wieder in seinen starken Armen zu liegen. Und ich habe plötzlich das dringende Bedürfnis ihm das mitzuteilen. Ihm zu sagen, dass mein Herz ihm gehört. Als ob er gespürt hat, dass ich ihm etwas sagen will sieht er mir ins Gesicht. Ich will zum Sprechen ansetzen, doch anstelle von diesen drei magischen Worten ist nur ein Krächzen zu hören. Verzweifelt versuche ich es nochmal und nochmal.
„Schsch…nicht sprechen, spare deine Kraft.“ Bedrückt tue ich was er sagt und lasse es gut sein. Matt fällt mein Kopf gegen seine muskulöse Brust und ich greife mich mit einer Hand in seinem Shirt fest, nicht mehr gewillt ihn je wieder los zulassen. Wenn ich jetzt sterbe, sterbe ich wenigstens in seinen Armen. Endgültig zu erschöpft, schaffe ich es nicht mehr dagegen anzukämpfen. Meine Augen fallen immer weiter zu. Das letzte was ich vernehme sind Ritchie’s Worte. „Nevia, wir haben es gleich geschafft. Halte durch. Halte durch!“
Abrupt richte ich mich auf, schlinge eine Hand um meinen Hals und ringe panisch nach Luft. Ein erleichtertes Wimmern entweicht meinen Lippen, als sie endlich meine Lunge erreicht. Ich muss mehrere schwere und tiefe Atemzüge nehmen, bis ich mich langsam beruhige, meine Atmung wieder gleichmäßig geht und dieses Gefühl zu ersticken von mir ablässt. Erst jetzt öffne ich die Augen. Und sehe…
Nichts. Eine schier undurchdringbare Nebelwand hüllt mich ein. Ich beginne leicht zu frösteln, schlinge die Arme um mich selbst um mich etwas zu wärmen. Doch nützen tut es nichts. Wo bin ich? Ich kneife die Augen zusammen, versuche irgendetwas zu erkennen, doch der Nebel ist zu dicht. Ich kann gerade mal die Hand vor meinen Augen sehen.
Was mache ich denn jetzt nur? Ratlos bleibe ich sitzen, zerbreche mir den Kopf was ich tun kann. Leider will mir einfach keine Lösung einfallen, außer aufzustehen und loszulaufen. Doch wohin? Ich habe keine Ahnung. Aber mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben. Ich kann hier nicht einfach sitzen bleiben und abwarten. Also stehe ich langsam auf, die Arme noch immer um mich geschlungen und laufe los. Einfach geradeaus ohne eine Idee wohin mich dieser Weg führen wird.
Dieser Ort wirkt befremdlich, eigentlich müsste ich Angst haben, aber die habe ich nicht. Wie bin ich nur hier her gekommen? Ohne stehen zu bleiben versuche ich mich zu erinnern was in den letzten Stunden passiert ist. Doch ich kann mich weder an diese erinnern, noch an irgendetwas anderes. Auf meiner Unterlippe kauend, zermartere ich mir den Kopf. Habe ich Freunde, Familie? Einen Mann, vielleicht sogar Kinder? Oder einen Job? Ich habe absolut keine Ahnung.
Was führe ich für ein Leben? Wer bin ich überhaupt? Wo komme ich her, wo lebe ich? Ich weiß gerade noch nicht mal wie ich aussehe, geschweige denn meinen Namen. Ich muss einen heftigen Schlag auf den Kopf bekommen haben, um mein Gedächtnis derart zu verlieren. Eine merkwürdige Leere macht sich in mir breit. Es ist ein seltsames Gefühl nicht zu wissen, wer man ist.
Ich schlucke den Kloß der sich in meinem Hals gebildet hat runter und denke erst einmal nicht weiter darüber nach, was mit meinem Gedächtnis geschehen ist. Zuerst muss ich herausfinden wo ich mich überhaupt befinde. Also laufe ich stur weiter in der Hoffnung der Nebel wird sich irgendwann lichten. Zumindest etwas. Ich spitze die Ohren, versuche irgendetwas zu hören, was mich auf eine Straße oder gar Menschen hinweist. Aber es ist totenstill, außer dem Geräusch meiner eigenen Schritte kann ich nichts hören. Nicht einmal ein Vogelzwitschern.
Plötzlich taucht direkt vor meiner Nase ein schwarzer Schemen aus dem Nichts auf. Und ich pralle prompt mit ihm zusammen. „Au!“, entschlüpft es mir mürrisch und ich reibe über eine besonders schmerzende Stelle an meiner Schulter, während ich das Etwas vor mir inspiziere. Ein Baum. Ich gehe um ihn herum und laufe nun vorsichtiger um nicht nochmal Bekanntschaft mit einem der Bäume zu machen.
Gefühlte Stunden vergehen, während ich weiter laufe ohne eine Ahnung auf welchem Teil des Planeten ich mich überhaupt befinde. Ich beginne mir ein paar wirre Geschichten auszuspinnen, wie ich hierhergekommen sein könnte. Vielleicht habe ich eine Kreuzfahrt gemacht und unser Schiff ging im Bermuda Dreieck verloren. Oder ich bin mit dem Flugzeug abgestürzt und befinde mich auf einer einsamen vernebelten Insel. Nein besser, Aliens haben mich entführt, mir irgendwelche Sensoren in den Kopf gepflanzt und mich dann hier ausgesetzt um mein Verhalten zu studieren. Das würde zumindest meinen Gedächtnisschwund erklären.
Ein undeutliches Schimmern im Nebel, reißt mich aus meinen Gedanken. Was ist das? Zielstrebig gehe ich weiter darauf zu. Je näher ich komme desto heller wird das Schimmern und endlich verflüchtigt sich auch der Nebel. Dieses Schimmern in der Luft wird schließlich zu einem gleißenden, wundervollen und warmen Lichtstrahl, dem der Sonne gleich nur viel intensiver. Fasziniert sehe ich direkt in das Licht hinein und halte staunend den Atem an, als sich eine prächtige Szenerie direkt vor meinen Augen ausbreitet.
Ein riesiger Baum, größer als jeden den ich in meinem ganzen Leben jemals erblickt habe, mit einem mächtigen Stamm und einem gigantischen Blätterdach in einem satten Grün, geschmückt mit den verschiedensten Früchten aller Art, steht auf einer schier unendlichen Wiese, die farbenfroh eine beträchtliche Anzahl an unterschiedlichsten Blumen beherbergt und geradezu dazu einlädt sich auf ihr niederzulassen.
Es gibt ein Wort, die dieses Bild perfekt beschreiben. Frieden. So stelle ich mir das Paradies vor. Und desto länger ich hinsehe, desto mehr nimmt das Verlangen von mir Besitz einfach in dieses Bild einzutauchen.
Gerade als ich noch einen Schritt näher auf das Licht zugehen will, erscheint ein weiteres Licht rechts neben mir aus dem Nichts. Ich kneife die Augen zusammen, denn dieses Licht ist unglaublich grell und kalt, im Vergleich wirkt dieses trist und trostlos. Doch die Neugierde packt mich. Welches Bild wird mich darin wohl erwarten? Vorsichtig trete ich näher und direkt in das blendende, schmerzhafte Licht. Was ich hier sehe lässt mich erschrocken nach Luft schnappen. Ein karges Feld, voller verdorrender, toter Pflanzen, umgerissener Bäume, alles wirkt grau und ausgestorben. Keine Chance auf Leben.
Gänsehaut überzieht meinen ganzen Körper und ich wende mich wieder dem freundlichen, warmen Licht zu, in der Überzeugung genug gesehen zu haben. Doch ein unerwartetes Gefühl erfasst mich und lässt mich inne halten. Sorge. Verwirrt drehe ich mich zurück und sehe erneut in das Licht. Und plötzlich kann ich weit entfernt eine Gestalt erkennen. Sieht aus wie ein Mann mit zwei Schwertern in den Händen. Er passt nicht ins Bild, denn seine Gestalt scheint geradezu zu strahlen in dieser verlorenen Einöde. Er rennt entschlossen über das Feld, ein bestimmtes Ziel vor Augen. Als er es erreicht, keuche ich ängstlich und ungläubig auf.
Ein hünenhafter Titan in Gestalt eines Drachens mit drei Köpfen steht vor dem Mann und überragt ihn um fast das Dreifache. Es ist ein wahres Ungetier und wild entschlossen, diesen Mann zu seiner nächsten Mahlzeit zu machen. Doch er ist unerschrocken und stellt sich diesem Monster tapfer. Er kämpft nicht grundlos, er tut es um andere zu beschützen. Ein wahrer Held. Aber wer beschützt ihn? Wie soll er allein gegen ein solches Biest bestehen? Er braucht auch Hilfe, irgendjemand muss ihm helfen.
Aufgebracht trete ich nun doch näher an das Bild heran, will etwas tun, diesem mutigen Mann irgendwie helfend zur Seite stehen. Als ich direkt davor stehe, strecke ich die Hand nach ihm aus, und berühre die Stelle, auf der er zu sehen ist. Das Bild verschwindet augenblicklich, das Licht scheint noch heller zu werden hüllt mich ein, beginnt mich zu verbrennen. Ein Schmerzensschrei verlässt meine Lippen, gepeinigt sinke ich auf die Knie und verliere schlagartig das Bewusstsein.
Langsam öffne ich die Augen, nur einen Spalt breit, da die Helligkeit mich blendet und blinzele einige Male, bevor ich sie dann doch wieder schließe um mich der Dunkelheit hinzugeben. Doch dann dringt eine besorgte und vertraute Stimme in mein Ohr. „Nevi? Nevimaus, bist du wach?“
Ich versuche diese Stimme einer Person zuzuordnen. Und es dauert nicht lange bis mir der Name einfällt. Lexy. Nach und nach kommt auch die Erinnerung an letzter Nacht zurück. Aber ich war doch gerade eben noch irgendwo im nirgendwo und bin bei lebendigen Leibe verbrannt. Wie kommt Lexy hier auf einmal her? Angestrengt probiere ich die Augen ein weiteres Mal zu öffnen und nur schleichend öffnen sich meine Augenlieder Flatterhaft. „Oh Gott du wachst auf, du wachst endlich auf. Du schaffst das Süße, ich bin bei dir, sieh mich an.“
Zuerst erkenne ich sie nur verschwommen, doch meine Sicht klärt sich und da ist sie. Meine beste Freundin, das Gesicht verzerrt vor Trauer und Sorge um mich, jedoch mit Tränen der Erleichterung in den Augen. „Tu das bloß nie wieder, hast du mich verstanden? Jage mir nie wieder so einen Schrecken ein.“, flüstert sie und wischt sich schnell die Tränen von den Wangen. Langsam schiebe ich meinen Arm in ihre Richtung, nehme ihre Hand in meine und drücke sie schwach zur Bekräftigung. „Tut…mir leid...“, sage ich mit einer Stimme wie Sandpapier. Meine Kehle ist staubtrocken. Sofort hält Lexy mir ein Glas Wasser an die Lippen und ich nehme dankbar einige kleine Schlucke von dem kühlen Nass. „Wo…bin ich?“
„Im Krankenhaus, Schätzchen. Ritchie sagte, du wärst am Flughafen, nach deiner Ankunft plötzlich zusammengebrochen. Er hat dich sofort hier her gebracht.“ Mein Atem geht schwerer. Ritchie! Ich muss ihn sehen. Sehen, dass es ihm auch wirklich gut geht. „Ritchie…wo ist…“ Ein heftiger Hustenanfall, lässt mich nicht zu Ende sprechen.
„Pschsch…streng dich nicht zu sehr an, du bist noch sehr schwach und brauchst Ruhe.“, sagt sie bestimmt und hält mir das Wasser ein weiteres Mal an die Lippen. Als ich dann wieder zu sprechen ansetzen will, kommt sie mir zuvor. „Ritchie ist hier, er ist seitdem nicht einmal von deiner Seite gewichen. Als ich gekommen bin ist er eingeschlafen. Der arme Kerl hat seither wohl auch kaum ein Auge zu gemacht.“ Sie tritt einen Schritt zur Seite und gibt die Sicht auf ihn frei.
Er sitzt in einem kleinen Sessel, indem sein großer Körper kaum Platz findet, die Arme verschränkt, den Kopf nach vorne geneigt und die Augen geschlossen. Sein Atem geht regelmäßig und ich kann auch keine sichtbaren Verletzungen erkennen. Er sieht gut aus, nur etwas erschöpft. Ein Stein fällt mir vom Herzen und ich atme erleichtert auf. Lexy tritt wieder vor. „Süße, ruh dich aus und schlafe noch etwas. Ich muss jetzt los, aber ich komme morgen auf jeden Fall wieder vorbei.“ Sie beugt sich vor und küsst mich auf die Wange zum Abschied. „Ich hab dich lieb.“
„Ich…dich auch.“, erwidere ich und sie wirft mir noch eine Kusshand zu bevor sie verschwindet. Ich schließe wieder die Augen, nicht um zu schlafen es ist einfach anstrengend sie offen zu halten und denke über diesen merkwürdigen nebligen Ort nach. War es nur ein Traum? Es hat sich so echt angefühlt, ich habe die Kälte, den Schmerz gespürt. Es kann unmöglich nur ein Traum…
„Was genau an, bleib im Haus, hast du nicht verstanden?“ Seine Worte durchschneiden den Raum, wie scharfe Klingen, sodass meinen ganzen Körper direkt eine Gänsehaut überzieht. Natürlich! Ich komme wieder zu Bewusstsein und das erste was er macht, ist mich anpampen. Ja, das passt zu ihm. Ich lasse mir Zeit, bevor ich meinen Kopf leicht in seine Richtung neige, die Augen öffne und ihn schließlich ansehe.
Alles an ihm, strahlt eiserne Beherrschtheit und Dominanz aus und sein Blick ist eiskalt. Bisher hat es mich immer eingeschüchtert, wenn er mich so ansah. Doch dieses Mal nicht, denn jetzt weiß ich endlich, was unter seiner harten Schale versteckt ist. Ich kann fühlen was in ihm vorgeht. Es ist ein ziemliches Chaos, wofür ich jetzt nicht die Kraft habe es zu entwirren. Also konzentriere ich mich auf die im Moment stärksten Empfindungen. Erleichterung, Sorge…Liebe.
Ich würde es nicht glauben, wenn ich es nicht selber fühlen würde. Wie und warum ich seine Gefühle wahrnehme ist mir Schleierhaft. So etwas war in meiner Welt ganz und gar unmöglich. Aber es ist mir eigentlich auch egal ob möglich oder nicht, denn er ist hier an meiner Seite. Und das macht mich gerade zur glücklichsten Person auf dem gesamten Planeten. Egal was geschehen ist, egal was er getan hat. Er hat Gefühle für mich. Das ist das einzige was jetzt zählt. Zaghaft lächele ich ihm zu. „Du lebst.“
Er verengt leicht die Augen, atmet einmal tief durch und erhebt sich dann, ohne den Blick abzuwenden. „Und du wärst fast gestorben. Verdammt, du hattest da draußen nichts zu suchen. Das nächste Mal tust du was ich sage oder ich werde dich anketten.“
Seine Stimme ist angsteinflößend und eiskalt und allein der Gedanke daran müsste mich eigentlich schockieren, ärgern oder abschrecken. Aber das komplette Gegenteil ist der Fall. In der unteren Hälfte meines Bauchen beginnt etwas zu brodeln, mir wird plötzlich ganz heiß und mein Atem geht schwerer. Ich wende den Blick ab, schiebe die Decke sachte etwas von mir und versuche mich wieder zu beruhigen. Ich weiß, dass was er sagt meint er todernst. Und auch wenn er sich gerade ziemlich aufspielt, immerhin war ich es die sein Leben gerettet hat, will ich nicht, dass er denkt ich würde ihn nicht ernst nehmen. Doch leider lässt dieses Feuer nicht nach, es wird sogar immer stärker.
In dem Versuch mir nichts anmerken zulassen sehe ich wieder zu ihm auf und bemerke, dass er mich immer noch ansieht, jedoch jetzt leicht stirnrunzelnd. Was denkt er gerade? Hat er etwa tatsächlich schon bemerkt was in mir vorgeht? Bin ich so leicht durchschaubar? Wie auf Kommando steigt mir natürlich die Röte ins Gesicht, was dazu führt, dass in seinen Kohleschwarzen Augen die Glut um seine Pupillen zurückkehrt, die ich schon so lange nicht mehr bewundern durfte.
Er ist es der den Blickkontakt schließlich unterbricht, aber dafür eine andere Stelle meines Körpers ansieht. Leicht irritiert folge ich seinem Blick an mir hinab und muss beschämt feststellen, dass sich meine Brustwarzen, unter diesem dünnen OP-Nachthemd, voll und ganz aufgerichtet haben und deutlich hervorstechen. Und dass, das Ritchie wiederum dazu veranlasst mir ungehemmt auf die Brüste zu starren. Dabei beginnt die Glut in seinen Augen zu züngeln, wird heißer, breitet sich weiter aus.
Ich wende den Blick ab, da ich nur noch röter werde, greife schwach nach der Decke und ziehe sie langsam höher um mich zu verdecken. Es hat sich auch etwas bei seinen Empfindungen geändert. Ich fühle, dass er wegen irgendetwas verwirrt ist. Aber es ist etwas anderes, was noch viel mehr in den Vordergrund tritt und mich geradezu berauscht. Sein Verlangen nach mir. Mein Unterleib beginnt zu kribbeln und heizt mich immer mehr an. Ja, ich will ihn genauso sehr, wie er mich will. Liebend gerne würde ich ihn jetzt überall auf mir spüren.
Zögernd neige ich meinen Kopf wieder in seine Richtung und mustere ihn von mustere ihn genau. Sein Körper strotzt nur so vor Kraft. Seine muskulösen Beine stecken in einer schwarzen engen Jeans und sein breiter V-förmiger Oberkörper wird von einem dünnen Muskelshirt nur spärlich bedeckt. Oh Mann, er sieht einfach zum Anbeißen aus. So gerne würde ich mit meinen Händen über seine Brust-und Bauchmuskeln fahren, seine glatte Haut unter meinen Fingern spüren. Schließlich wandert mein Blick wieder zu seinem Gesicht, auf dem nun ein leicht angedeutetes schelmisches Schmunzeln zu sehen ist.
„Du überraschst mich jedes Mal aufs Neue.“, sagt er fast flüsternd und ich frage mich worauf er damit wohl anspielt. Ritchie tritt ans Bett heran und setzt sich auf den davor platzierten Stuhl, auf dem wohl vorher Lexy gesessen hat. Ich sehe ihn nur mit großen Augen an, weiß nicht recht was ich jetzt sagen soll. Das lodernde Feuer in seinen Augen nimmt nicht ab und fixiert mich. Und ich kann nicht die Kraft dazu aufbringen wegzusehen, es ist als wäre ich hypnotisiert. Erst seine Worte reißen mich schließlich aus seinem Bann.
„Was zum Teufel war das Nevia?“ Er klingt jetzt wieder ganz ernst und das hilft mir wieder einen klaren Gedanken zu fassen und über seine Frage nachzudenken. Auch wenn er nicht gesagt hat was er genau mit ‚das‘ meint, weiß ich sofort was er wissen will. Und die Antwort auf diese Frage würde mich selber brennend interessieren, denn ich bin absolut planlos wie ich es zustande bringen konnte diese Biester buchstäblich zu grillen. Also zucke ich nur einmal mit den Schultern.
Ritchie schnaubt einmal, stützt seine Ellbogen auf den Knien ab und beugt sich vor, sieht dabei nachdenklich zu Boden. Ich weiß, dass er sich Sorgen macht, aber mir geht es gut. Ich bin nur etwas geschwächt, morgen wird es schon wieder gehen. Ich versuche ihn zu beschwichtigen. „Ist doch…egal…was es war. Alles…okay!“
Er sieht wieder zu mir auf, mit leicht verengten Augen, unbeeindruckt von meinem Beschwichtigungsversuch. „Dieses verdammte Licht hat deinen Körper von innen heraus beinahe weich gekocht. Du warst siebenundzwanzig Minuten lang klinisch tot, lagst dann acht Tage im Koma Nevia. Also sag mir nicht alles wäre okay. Was ist wenn es wieder passiert? Nichts ist okay, solange ich nicht weiß was das war und wie ich es in Zukunft verhindern kann.“
Seine Worte sind eisig, treffen mich wie ein Schlag, mir bleibt die Luft weg und ich verschlucke mich, was zu einem heftigen Hustenanfall führt. Ritchie springt sofort auf, setzt sich neben mich aufs Bett, legt mir seinen Arm als Stütze hinter den Rücken und hilft mir sachte mich aufzurichten. Dabei klopft er mir leicht auf den Rücken, bis der Hustenanfall abebbt. Acht Tage, ich habe acht Tage verpasst. Mein Kopf beginnt zu brummen. Okay, das ist zu viel mich jetzt damit auseinander zusetzen. Alle Spannung weicht schlagartig aus meinem Körper und ich wäre einfach in mich zusammengesackt, würde Ritchie mich nicht halten und eng an sich drücken. Direkt hält er mir nun das Glas Wasser an die Lippen und ich nehme dankbar einige Schlucke.
„Es tut mir leid, ich hätte dir das schonender beibringen müssen.“, sagt er dann und ich kann deutlich fühlen, dass er sich gerade am liebsten selbst Ohrfeigen würde. Aber er soll sich keinen Vorwurf machen. Seine Worte wurden nur von der Sorge um mich geleitet. „Schon…okay.“, sage ich leise und schließe die Augen. Genieße seine Wärme. Langsam lehnt er sich mit mir im Arm zurück und will mich dann vorsichtig in die Kissen legen. Mein Magen zieht sich krampfhaft zusammen und ich wimmere weinerlich auf, nicht bereit mich von ihm zu trennen.
Wahrscheinlich wirke ich gerade wie ein kleines Kind. Aber ich bin einfach zu erschöpft um noch weiter zu sprechen und seine Nähe fühlt sich unglaublich gut an, er darf sie mir jetzt nicht nehmen. Mit letzter Kraft drehe ich mich weiter zu ihm, lege meine Hand auf seinen Bauch, bette meinen Kopf auf seiner Brust und stöhne dann selig und zufrieden auf. Und er rührt sich nicht, lässt es einfach geschehen. Ich spüre seinen Blick auf mir und kurz darauf liegt seine Hand an meine Hüfte und er rückt noch dichter an mich heran, damit ich noch bequemer liege.
Ich kann fühlen, dass er gerade verwirrt ist aber auch glücklich. Zärtlich beginnt er mit den Fingerspitzen an meiner Seite auf und ab zu streicheln. Seine andere Hand ist in meinen Haaren hinter meinem Ohr vergraben und seine Finger streichen permanent beruhigend an meiner Kopfhaut auf und ab. Wenn ich eine Katze wäre würde ich jetzt schnurren, aber da ich keine bin, genieße ich einfach schweigend seine Streicheleinheiten. Er ist gerade so erstaunlich liebevoll, ich habe wirklich nicht erwartet, dass solch eine Seite in ihm steckt.
Allerdings habe ich mich auch lange dagegen gewehrt überhaupt in seine Nähe zu kommen. Aber von Anfang an, hat er mich schon immer so angesehen. Als wäre ich etwas Besonderes für ihn. Ich wollte es nur nicht wahrhaben. Jetzt weiß ich es besser, er zeigt seine Gefühle nicht nach außen, sperrt sie ein, aber sie sind da. Ich weiß, dass er mich nicht allein lässt. Endlich weiß ich, dass ich an seiner Seite genau richtig bin. Dass ich genau dorthin gehöre. Von Sekunde zu Sekunde, werde ich immer müder. Aber ich habe noch eine Bitte an ihn die ich unbedingt loswerden muss. „Bitte…bring mich…nach Hause.“, nuschele ich schlaftrunken.
Kurz hält er inne und seine Finger ruhen. Doch dann beginnt er mich wieder zu streicheln und setzt zum Sprechen an. „Das kann ich nicht, Nevia. Dort ist es nicht sicher.“ Ich schüttele leicht den Kopf und flüstere dann: „Nein…zu dir.“ Er hält ein weiteres Mal kurz inne und sieht mich an. Dann drückt er mich noch enger an sich und vergräbt sein Gesicht in meinen Haaren. Zart, fast wie ein Hauch küsst er mich auf den Scheitel. „Schlaf Prinzessin. Ich verspreche dir, wenn du aufwachst, bist du zu Hause.“ Ich bekomme nicht mehr als ein zufriedenes Säuseln zustande, bevor ich in einen erholsamen Schlaf abdrifte.
Gähnend öffne ich die Augen, richte mich entspannt auf und strecke meine Glieder erst einmal ausgiebig. Ich zucke jedoch direkt zusammen und lasse mich wieder nach hinten in die Kissen fallen. Aua, Muskelkater. Wo kommt der denn her? Ich kann mich gar nicht daran erinnern Sport gemacht zu haben.
Langsam versuche ich mich zu orientieren. Draußen ist es dunkel nur der Mondschein erhellt das Zimmer. Und ich erkenne schnell, dass es Ritchies Schlafzimmer ist. Sofort fällt mir ein was passiert ist. Ich lag im Krankenhaus, mich hat es ziemlich übel erwischt. Aber es geht mir jetzt schon viel besser, wenn man von dem Muskelkater mal absieht. Als ich in seinen Armen lag, versprach er mir noch bevor ich eingeschlafen bin, dass ich hier aufwachen werde. Er hat sein Wort gehalten. Ein Lächeln tritt auf meine Lippen, bei dem Gedanken an ihn. Wo ist er? Da die Tür offen steht sehe ich, dass von unten Licht herauf scheint.
Entschlossen ihn zu suchen, schiebe ich die Decke zur Seite und schwinge die Beine über die Bettkante. Vorsichtig stelle ich beide Füße nebeneinander auf den Boden, atme einmal tief durch und bereite mich innerlich schon einmal auf diese Hürde vor. Und dann erhebe ich mich mit Schwung. Doch das war zu gierig, denn mir wird urplötzlich schwindlig und schwarz vor Augen und meine Beine geben unter mir nach. Mit einem lauten Knall schlage ich schließlich auf den Boden auf. Autsch, das hätte echt ins Auge gehen können und tut höllisch weh. So ein Mist.
„Verdammt Nevia. Geht’s dir gut?“ Wie aus dem Nichts aufgetaucht, ist Ritchie schon an meiner Seite, hebt mich vom Boden hoch und legt mich behutsam zurück ins Bett. Ich nicke, als Antwort auf seine Frage und sehe unschuldig zu ihm auf. Leicht glimmt die Glut um seine Pupille herum. „Hey nicht aufstehen und erst recht nicht ohne Hilfe.“, ruft er mich fürsorglich, jedoch bestimmt zur Ordnung und reicht mir ein Glas Wasser. Erst jetzt wo ich die kühle Flüssigkeit sehe, bemerke ich was für einen Durst ich eigentlich habe. Ich reiße ihm das Glas förmlich aus den Händen und entleere es in einem Zug. Ahh..das tut gut.
Er nimmt mir das Glas wieder ab und mustert mich dann, ein angedeutetes Lächeln auf den Lippen und setzt sich dann neben mich auf die Bettkante. „Mehr?“ Ich nicke nur einmal kurz und setze dann vorsichtig zu sprechen an, um meine Stimme zu testen. „Ich wollte zu dir.“
Hm…klingt gar nicht mal so schlecht. Das sprechen fällt mir auch überhaupt nicht mehr schwer. Er scheint gerade genau dasselbe zu denken, seinem Blick nach zu urteilen, aber auch das ich den Ball trotzdem flach halten soll. Dann erwidert er leicht lächelnd: „Weit bist du nicht gekommen.“, und reicht mir das erneut gefüllt Glas, welches ich direkt wieder in einem Zug austrinke. Er zieht fragend eine Augenbraue hoch und will das Glas gerade wieder auffüllen, doch ich halte ihn auf. „Das reicht, danke.“ Ich atme einmal tief durch und lasse es mir nicht nehmen auf seine kleine Stichelei einzugehen. „Übrigens habe ich mein Ziel erreicht. Ich bin bei dir. Muss ich zukünftig nur noch ‚AU‘ rufen, damit du sofort angerannt kommst? Das merke ich mir besser.“, sage ich mit selbstgefällig hochgezogenen Augenbrauen, jedoch nur langsam und halblaut um meine Stimme zu schonen.
Er lacht leise, sinnlich und beginnt dann mit rauer, männlicher Stimme zu kapitulieren. „Du hast gewonnen Prinzessin.“ Und schon ist es um mich geschehen. Mein Herz beginnt zu flattern und tausende von Schmetterlingen sind der Meinung in meinem Bauch eine Kissenschlacht zu veranstalten. Oh mein Gott dieser Mann ist so toll. Alles an ihm strahlt gerade die pure Sünde aus, das Ausleben fleischlicher Gelüste. Mit anderen Worten rohen und wilden Sex. Er ist ein Meister auf diesem Gebiet und das weiß er. Und er weiß auch, dass ich es weiß. Das macht die Tatsache, dass ich ein blutiger Anfänger bin, nur noch peinlicher.
Allerdings ist das nur ein netter Nebeneffekt, zu dem eigentlichen Ziel seiner Worte. Er wollte mir nämlich nur eben schnell zeigen, wie er mich nur mit einem Lachen, vier Worten und seinem feurigen Blick, völlig aus dem Konzept bringen kann und wer hier wirklich wen in der Hand hat. Auch wenn er mir den Sieg zugesprochen hat, letztendlich ist er derjenige der ihn schließlich einsackt. Mist, warum ist er für mich nur so unwiderstehlich? Ich schaffe es nicht mich von seinem Blick loszureißen, er nimmt mich förmlich gefangen. Das Feuer, das von Sekunde zu Sekunde zunimmt. Seine Gefühle die auf mich einstürmen, allen voran eine kaum zu zügelnde Begierde, die das Blut in meinen Adern zum Kochen bringt und die Hitze sich allmählich in meinem Unterleib anzustauen beginnt.
Er will mich so sehr, dass es schon fast einschüchternd ist. Und verwirrend. Wie konnte er sich nur so lange zurückhalten und das sogar ohne sich irgendetwas anmerken zu lassen? Er hat mich einfach glauben lassen ich wäre ihm egal, als wäre ihm alles egal. Dabei empfindet er so viel. Er muss schon sehr früh gelernt haben, seine Gefühle hinter einer Maske zu verstecken.
Langsam hebt er den Arm, legt seine Fingerspitzen zart an meine Wange. Diese sanfte Berührung jagt viele kleine Elektroschocks durch meinen Körper. Doch noch immer wage ich es nicht den Blickkontakt zu unterbrechen. Es ist gerade alles so intensiv. Meine Lippen beginnen leicht vor Aufregung zu zittern. Direkt fixiert sein Blick meine Lippen. Sachte streicht er mit dem Daumen über meine Lippen, solange bis das Zittern nachlässt. Dann sieht er mir wieder in die Augen. Jeglicher Schalk ist aus seinem Blick verschwunden. Das Feuer hat inzwischen die gesamte Iris eingenommen.
Unverzüglich steigt mir die Röte in die Wangen. Denn dieses Mal begehrt er etwas, dessen Drang er nicht mehr länger zurückhalten will oder auch nicht mehr kann. Ohne ein Wort zu sagen, nur mit diesem Blick signalisiert er mir, dass er es tun wird, wenn ich ihn nicht davon abhalte. Sein Blick kehrt zurück zu meinen inzwischen leicht geöffneten Lippen. Bedächtig beugt er sich vor. Sieht mir wieder in die Augen. Ja er wird mich küssen. Mein Herz macht einen Satz vor Freude. Er kommt immer näher, bricht den Blickkontakt nicht ab. Unsere Gesichter sind nur noch Zentimeter voneinander entfernt, seine Hand wandert von meiner Wange in mein Haar. Dann überbrückt er die letzten Zentimeter und seine Lippen treffen unendlich zart auf meine. Es fühlt sich an wie ein Hauch, ein keuscher Kuss den er mir stiehlt. Ich fühle mich wie im siebten Himmel.
Seine Lippen lösen sich von meinen, sanft lehnt er seine Stirn gegen meine und sieht mir tief in die Augen. Ich kann spüren wie wohl er sich gerade fühlt, was er für mich empfindet. Er ist glücklich. Es ist berauschend zu fühlen was er fühlt und gleichzeitig meine eigenen Gefühle. Seine Empfindungen puschen meine sozusagen, die Intensität raubt mir fast den Atem und dazu noch dieser durchdringende Blick.
Apropos, da fällt mir gerade etwas ein. Im selben Moment will er mich ein weiteres Mal küssen, ich kann aber deutlich wahrnehmen, dass dieser Kuss nicht einmal halb so züchtig sein wird, wie der Erste. Oh nein, bloß nicht. Kurzerhand hebe ich die Hand zwischen unsere Münder und lege ihm die Finger auf die Lippen. Mit einem entsetzen Blick schiebe ich ihn etwas von mir und halte mir die andere Hand vor den Mund. Ein leicht angedeutetes Stirnrunzeln ziert sein Gesicht. Allerdings sagt er nicht ein Wort. Das muss er auch nicht. Hinter vorgehaltener Hand setze ich zu sprechen an: „Ich…ähm…“, die Röte steigt mir ins Gesicht, oh Mann ist das peinlich. „Ich habe mir doch gar nicht…die Zähne geputzt.“, stammele ich und wende den Blick beschämt ab.
Sekunden vergehen, die sich anfühlen wie Stunden. Aber er sagt noch immer nichts, er scheint irritiert zu sein. Ich sehe nun doch wieder zu ihm auf und bemerke, dass er mich wie immer nicht aus den Augen gelassen hat. Warum muss er mich nur immer so anstarren, ununterbrochen? Das bringt mich völlig aus dem Konzept. Sein Stirnrunzeln ist längst nicht mehr nur angedeutet, eine Augenbraue verständnislos hochgezogen. „Ist das dein Ernst?“
Diesmal bin ich es, die nichts sagt, ich zucke lediglich einmal unsicher mit den Schultern. Nun zieht er auch die zweite Augenbraue hoch. „Und du denkst das stört mich?“, fragt er mich perplex. Als wäre es selbstverständlich, dass ihn das nicht stört. Doch bevor ich noch weiter darüber nachdenken kann, ist er auch schon über mir und drückt mich in die Kissen. Seine Lippen finden erneut meine, stürmisch diesmal. Dominant bahnt sich seine Zunge einen Weg in meinen Mund, reißt mich mit, sodass ich mich nicht mehr dagegen wehren kann.
Sein Körper ist dicht an meinen gepresst, ich kann jeden seiner Muskeln spüren. Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich ziemlich wenig Stoff am Körper trage. Habe ich noch immer dieses OP-Nachthemd an? Und wann war ich eigentlich das letzte Mal duschen? Meine Gedanken überschlagen sich und prompt drücke ich Ritchie wieder von mir. Beziehungsweise lässt er sich von mir wegdrücken. Er mustert mich verschmitzt, einen Mundwinkel zu einem schrägen Lächeln verzogen. „Was ist es diesmal Prinzessin?“
Ich setze mich auf und atme einmal durch um meine Gedanken zu ordnen. „Vielleicht stört es dich nicht, mich aber schon. Ich will mir die Zähne putzen und duschen und für kleine Mädchen muss ich auch mal…“, während ich spreche sehe ich neugierig an mir hinab und gerate sofort ins Stocken, als ich sehe was meine Hüllen verdeckt. Es ist auf jeden Fall ein Nachthemd in einem hellen rosa, allerdings ist es sehr kurz, die intimsten Stellen sind gerademal so bedeckt. Wie ein BH hält das Kleid meine Brüste mithilfe von zwei Körbchen in Form. Darunter fließt der seidene, fast durchsichtige Stoff meinen Körper hinab, passt sich an wie eine zweite Haut und mündet in feinster Spitze. Erleichtert bemerke ich, dass ich ein Höschen anhabe, doch atme sogleich entsetzt auf. Es ist ein String Tanga! Erst jetzt bemerke ich dieses ungewohnte Gefühl zwischen meinen Pobacken. Das habe ich ganz sicher nicht selbst angezogen, also kann nur er es gewesen sein und das bedeutet, dass er mich nackt gesehen hat. Wieder einmal.
Sofort werde ich rot wie eine Tomate. Hat der etwa noch nie etwas von Intimsphäre gehört? Und er hat das auch garantiert schamlos ausgenutzt und mich von oben bis unten ausgiebig abgecheckt. Aber eins muss man ihm lassen. Geschmack hat er. Dieses Nachthemd ist wirklich wunderschön und unheimlich sexy. Für meine Verhältnisse zu sexy.brochen? Das bringt mich immer völlig aus dem Konzept. weise il Nicht im Traum, wäre ich auf den Gedanken gekommen, in so ein Teil reinzuschlüpfen. „Ähm…was habe ich eigentlich an?“
„Gefällt es dir nicht?“, fragt er eine Augenbraue sarkastisch hochgezogen. „Doch schon, nun ja es ist ziemlich freizügig. Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte ist, wie ich da rein gekommen bin?“ Abwartend sehe ich ihn an, während er nur in üblicher Ritchiemanier zurückblickt. Doch plötzlich passiert etwas ganz und gar untypisches. Ein dickes, freches Grinsen zieht sich auf seinem Gesicht von einem Ohr zum Anderen. In diesem Moment erinnert er mich an einen kleinen Jungen, der in der Vorweihnachtszeit auf der Suche nach Geschenken, heimlich in Mamas Schränken rumwühlt und auf frischer Tat ertappt wird. So oft habe ich diesen Blick bei meinen Brüdern gesehen.
„Ich habe wohl etwas nachgeholfen.“, antwortet er dann noch spitzbübisch. Was denkt er sich eigentlich? Diesem Mann gehört gehörig der Kopf gewaschen. „Ich kann mich nicht erinnern gesagt zu haben, steck mich in den knappsten Fummel den du finden kannst, inklusive Unterwäsche. Ritchie du bist immer so…“, mitten im Satz breche ich einfach ab. Mir fallen mehrere Antwortmöglichkeiten ein. Allesamt nicht gerade nett. Doch das auszusprechen wäre falsch. Und eine Lüge. Natürlich ist es nicht die feine englische Art mich zu begaffen, während ich im Tiefschlaf liege. Aber ich empfinde nicht so. Ganz im Gegenteil, es macht mich zu glücklich, dass er mir gegenüber so offen ist, Emotionen zeigt, endlich seine Maske abgelegt hat und er selbst ist. Sein wahres Ich steht ihm wirklich ausgezeichnet.
„Entschuldige, ich wollte dir nicht zu nah treten. Ich finde nur, dass deine Haut nur die edelsten Stoffe berühren sollten. Keine Sorge ich war artig.“ Na klar! Er und artig. Das schelmische blitzen in seinen Augen verrät mir, dass er selber nicht glaubt was er da sagt. Ich verkneife mir ein Schmunzeln, ziehe die Augenbrauen zweifelnd hoch und erwidere: „Warum glaube ich dir das nur nicht?“
„Gucken wird ja wohl noch erlaubt sein.“, gibt er zurück und sieht genüsslich an meinem Körper hinab. „Und mir gefällt sehr was ich sehe.“ Mir wird schon wieder unfassbar heiß. Alles in mir schreit nur danach, mich auf ihn zu stürzen. Er macht mich verrückt, raubt mir den Verstand. So attraktiv, stark, charmant und verführerisch. Er ist ein ganzer Mann. Und ich will ihn ganz für mich alleine.
Doch als er sich siegessicher vorbeugt um mich schon wieder mit seinen Lippen zu überfallen, stoppe ich ihn sofort. „Nein, hör auf! Wir können gerne damit weitermachen. Aber erst wenn ich sauber bin.“, erkläre ich entschieden. „Wie hast du dir das vorgestellt? Du kannst dich kaum selbst auf den Beinen halten.“ Davon lasse ich mir doch nicht den Wind aus den Segeln nehmen. „Das schaffe ich schon.“
Er mustert mich abwägend und setzt schließlich zu einer Antwort an. „Und dann fällst du hin und brichst dir das Genick. Das Risiko gehe ich nicht ein, Nevia.“
„Das wirst du wohl oder übel müssen.“, erwidere ich stur und schwinge meine Beine über die Bettkante um einen weiteren Aufstehversuch zu starten. Doch er kommt mir zuvor. „Oder auch nicht. Du willst duschen? Okay, aber nicht alleine.“ Er erhebt sich, legt einen Arm in meine Kniekehlen, den anderen hinter meinem Rücken und hebt mich in seine Arme. „Oh nein, das kannst du dir abschminken, du Spanner. Ich werde nicht mit dir zusammen duschen, Ritchie.“, sage ich aufgebracht. Allerdings beginnt es in meinem Unterleib zu brodeln, denn die Vorstellung mit ihm zu duschen ist verlockend. „Tja Prinzessin, das wirst du wohl oder übel müssen.“, antwortet er ungerührt und trägt mich hinüber ins Badezimmer.
Vorsichtig stellt er mich auf meinen Füßen ab, lässt aber einen Arm um meine Taille geschlungen. Empört sehe ich zu ihm auf. „Das kannst du vergessen Ritchie. Geh raus!“ Ein Schmunzeln ziert seine Lippen. „Zeig mir, dass du sicher genug stehen kannst und ich mir keine Sorgen machen muss, dass du dir das Genick brichst, dann gehe ich.“ Ich ziehe die Nase kraus. Das ist wirklich nicht fair. Aber ich werde es versuchen. „Gut, dann lass mich los.“ Ein siegeslustiges Funkeln tritt in seine Augen. „Wie du willst, Prinzessin.“ Er löst seinen Arm von mir. Und ich stehe. Ja ohne Probleme, ich fühle mich noch nicht einmal wackelig auf den Beinen. Triumphierend sehe ich zu ihm auf.
„Sehr gut.“, sagt Ritchie anerkennend. Dann tritt er einige Schritte zurück. „Komm zu mir.“ Ich schüttele energisch den Kopf. „Nein, das war keine Bedingung.“ Mir ist hundert prozentig klar, dass das nichts wird. Jetzt wo ich nicht mehr seine Nähe spüre, fühle ich mich auf einmal auch gar nicht mehr so sicher. So ein Mist. „Jetzt schon.“, erwidert er dominierend.
Er wird nicht rausgehen, das steht fest. Entweder lebe ich damit oder ich verzichte auf die Dusche. Ist ja typisch, immer muss er den Ton angeben. Aber ich werde ihm den Sieg ganz sicher nicht kampflos überlassen. Entschlossen verenge ich die Augen und wappne mich. Dann gehe ich vorsichtig einen kleinen Schritt. Und noch einen. Und noch einen.
Gut so Nevia, das klappt doch super, feuere ich mich selbst an. Doch kurz vor dem Ziel passiert es dann doch noch. Meine Knie geben unter mir nach, doch bevor ich zu Boden fallen kann, hat Ritchie schon längst wieder seine starken Arme schützend um mich geschlungen. „Ich gehe nirgendwo hin.“
Natürlich nicht. Was muss man nur für ein wenig Privatsphäre tun? Ich bin hin und her gerissen. Das Verlangen nach Hygiene gegen das Schamgefühl. „Für gewöhnlich zieht man sich zum Duschen aus.“ Er sieht mich nur ungerührt mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Ich will mich nicht vor dir ausziehen.“, sage ich dann trotzig. Ein schiefes Schmunzeln tritt auf seine Lippen. „Warum nicht? Nichts was ich nicht eh schon gesehen hätte.“, erwidert er anzüglich.
Die Röte steigt mir ins Gesicht. Immer muss er mich in Verlegenheit bringen und er hat auch noch riesige Freude dabei. Ihm macht das wirklich Spaß. Mir dafür ganz und gar nicht. Zickig sehe ich mit leicht verengten Augen zu ihm auf. „Spanner!“, zische ich. Er lacht, ein sehr männliches Lachen und mustert mich dann amüsiert. „Ich bereue es nicht hingesehen zu haben.“ Er drückt mich etwas fester an sich. Seine Begierde nach mir droht geradewegs überzulaufen, erstaunlich dass er sich noch immer zusammenreißt und mich nicht überfällt. Ihm hat also gefallen, was er gesehen hat. Ja eindeutig.
Seine Beherrschung hängt an einem seidenen Faden. Wie er mich ansieht. Wie ein wilder Tiger, ein hilfloses Rehkitz. Das Raubtier und seine Beute. Und er ist hungrig. Genau das, lässt mich schließlich den Entschluss fassen, der ganz zuwider eines Beutetieres ist. Anstatt zu flüchten, stelle ich mich dieser Situation.
„Okay, dann bleib halt. Darf ich wenigstens noch alleine auf die Toilette gehen?“ Kurz lockert er seinen Griff, bevor er mich kurzerhand anhebt, sodass meine Füße gute zehn Zentimeter über dem Boden schweben, um mich direkt vor der Toilette wieder abstellt. Noch immer sieht er mich an, wie ein saftiges Stück Frischfleisch. „Zieh das Höschen runter, Nevia.“ Gänsehaut überzieht meinen gesamten Körper. Er sagt es leise, verheißungsvoll, jedoch auch fordernd und keinen Wiederspruch duldend, ich bin nicht dazu in der Lage ihm etwas entgegen zu setzen. Die Art wie er diese Worte sprach hat irgendetwas in mir geweckt. Etwas was ich nicht verstehe und auch nicht deuten kann, doch es ist ein Teil von mir. Von dem was ich bin, das spüre ich. Auch wenn ich diese Seite von mir bisher noch nicht kennen gelernt habe.
Ich sehe ihn direkt an und fasse langsam, wie in Trance unter den Saum des Nachthemds, an den Bund meines Höschens. Ohne zu zögern ziehe ich es über den Po und lasse es dann einfach an meinen Beinen hinab fallen. Er sieht kurz prüfend zu Boden, ob das Höschen auch wirklich dort liegt, bevor er wieder zu mir aufsieht. Das Feuer in seinen Augen breitet sich wieder aus. „Gut so. Ziehe jetzt das Nachthemd ein Stück hoch, über deinen hübschen Arsch.“, weist er mich verlangend an.
Das zweite Ich in mir hat noch immer die Oberhand und ich tue was er will. Wie von Geisterhand gesteuert, greifen meine Hände den Saum des Nachthemds und legen mit zitternden Fingern meinen Po komplett frei. Zur Kontrolle löst er den linken Arm aus der Umarmung und legt seine Finger an meine Taille. Langsam und hauchzart fährt er mit den Fingerspitzen an meiner Seite hinab über den Stoff, bis sie schließlich auf nackte Haut treffen. Ein wohliger Schauer läuft mir über den Rücken. Sanft streicht er mit den Fingerspitzen an der Seite meines Oberschenkels einige Zentimeter hinunter und wandert dann zur Rückseite meines Oberschenkels. Er legt seine flache Hand knapp unterhalb von meinem Hintern. Seine Finger enden auf der Innenseite meines Oberschenkels, berühren fast meine intimste Stelle. Doch er hält inne. Er atmet tief durch und greift gleichzeitig mit der ganzen Hand einmal richtig in das Fleisch meines Oberschenkels. Überrascht stöhne ich auf, seine Berührung, jagt kleine Blitze in meinen Unterleib. Schleunigst zieht er dann seine Hand zurück. Die Flammen züngeln sich näher zum Rand seiner Iris vor, sein Atem geht schwerer vor Verlangen.
„Solange wir hier drin sind gibt es Regeln.“ Er streicht mir die Haare hinters Ohr und sieht mich abwartend an. Langsam beugt er sich etwas vor. „Verstehst du?“ Stumm nicke ich, ich bringe kein Wort heraus. „Sag es Nevia.“, befiehlt er flüsternd in mein Ohr. „Ja.“, wispere ich dann. Er deutet ein nicken an und richtet sich wieder auf. „Es ist ganz einfach. Tu einfach immer genau das was ich sage. Und ich sage, ich will dich nicht noch einmal so stöhnen hören.“ Ein weiteres Mal nicke ich stumm. „Ich will auch, dass du mir antwortest.“ Mehr als ein geflüstertes, „Ja.“, bekomme ich nicht zustande. Mehr will er aber auch nicht hören. „Gut. Dann setz dich jetzt.“
Ich blinzele. Einmal, zweimal. Und erwache endlich aus meiner Trance, gewinne die Macht über meinen Körper zurück. Dieser magische Moment zwischen uns ist zerstört. Ganz sicher werde ich nicht vor seinen Augen, mein Geschäft verrichten. „Erst wenn du weg gehst.“ Ein herausforderndes Blitzen tritt in seine Augen und er schüttelt leicht den Kopf. „Schon jetzt wiedersetzt du dich mir? Ich habe wohl nicht erwähnt, dass dein Ungehorsam Konsequenzen haben wird.“
Ich sehe ihn mit großen Augen an. Konsequenzen? Was meint er damit? Ein Schmunzeln huscht über sein Gesicht, als ob er mir die Frage von den Lippen liest. „Tu was ich sage und du bekommst jeglichen Freiraum den du brauchst. Doch desto mehr du dich weigerst, desto mehr rücke ich dir auf die Pelle. Deine Entscheidung, Nevia.“
Was? Das ist nicht fair, absolut nicht fair. Ich funkele ihn böse an, erwidere jedoch nichts. Und dann setze ich mich, vor seinen Augen, wiederstrebend, mit gerümpfter Nase, auf diese blöde Toilette. Und laufe knallrot an. „Gut, dann geh jetzt.“ Ich traue mich noch nicht mal ihn anzugucken. Oh Mann, das ist so peinlich. Der Boden soll sich auftun und mich verschlucken.
Ein leises Lachen ist von ihm zu hören, bevor er sich umdreht und Richtung Tür geht, die sich um eine Ecke herum befindet, sodass ich ihn nicht mehr sehen kann. Doch ich höre nicht, dass er die Tür öffnet. Er will also ernsthaft hier drin bleiben. Das ist also der Freiraum den er mir gewährt? Ich glaube es einfach nicht. Verkrampft versuche ich meine Blase zu entleeren. Doch es geht nicht. Ich fühle mich noch immer beobachtet oder besser gesagt belauscht. Das wird so nichts. Er muss rausgehen. Genau in diesem Moment richtet er sein Wort an mich: „Bist du bald fertig?“
„Nein!“, antworte ich empört. „Bin ich nicht. Und solange du hier drin bist, wird das auch so schnell nichts.“ Genervt verschränke ich die Arme vor der Brust. Er sagt nichts. Da ich ihn nicht sehen kann, ist es extrem schwer einzuschätzen, was er gerade denken könnte. Nun ja eigentlich ist es immer schwer ihn einzuschätzen, aber es beunruhigt mich zusätzlich nicht sofort reagieren zu können, falls er etwas vorhat. Verunsichert sehe ich zu der Ecke hinter der er sich verbirgt. Doch er zeigt immer noch keine Reaktion. Was soll das? Will er warten, bis ich es gar nicht mehr aushalte oder was?
„Beeile dich oder ich komme nachhelfen Nevia.“ Seine Stimme klingt rau, ich kann weder Belustigung, noch Verärgerung wahrnehmen. Nur verheißungsvolle, unausgesprochene Versprechen. Er meint, was er sagt. Ich bemerke, wie ich wieder in diesen tranceartigen Zustand verfalle. Ich kann nichts dagegen tun und ich will es auch gar nicht. Fast wie von selbst, gebe ich nun doch endlich nach.
Kurze Zeit später kommt er auch schon um die Ecke auf mich zu geschlendert. „Geht doch.“ Ohne zu zögern zieht er mich auch schon hoch in seine Arme und betätigt die Spülung, sieht mir dabei in die Augen. Natürlich werde ich wieder rot, auch wenn ich aus mehr oder weniger freien Stücken tue was er sagt, ist es nicht weniger peinlich. Er schmunzelt wieder leicht, streicht mit seinem Daumen zart über meine Wange. Und hebt mich dann kurzerhand an. Überrascht schnappe ich nach Luft, als er mich vor dem Waschbecken wieder absetzt. „Warum trägst du mich die ganze Zeit durch die Gegend?“
„Geht schneller.“, erwidert er nur. Energisch schüttele ich den Kopf. „Ich sollte versuchen, selber zu gehen.“ Er zieht eine Augenbraue sarkastisch hoch. „Was du solltest ist dich ausruhen. Umso schneller kommst du wieder zu Kräften.“ Als ich zum Reden ansetze um ihm zu wiedersprechen, verengt er leicht die Augen. Eine Warnung, die für mich unmissverständlich ist. Treib es nicht zu weit, heißt es.
Also halte ich den Mund und wende mich dann dem Waschbecken zu und wasche mir die Hände. Ritchie steht hinter mir, die Hände an meinen Hüften um ja zu verhindern, dass ich falle. Ich finde er übertreibt es erheblich mit seiner Fürsorge, die er gebieterisch zur Schau stellt und mich in die Enge treibt, mich merkwürdiger Weise aber auch fasziniert. Das Schlimme daran ist, dass er das genau weiß, also nutzt er seine Worte als Waffe, scharf wie eine Klinge, mit der er mich für den Moment komplett gefügig machen kann. Ohh, das wurmt mich tierisch, ich will nicht, dass er eine solche Macht über mich hat und er nutzt das auch noch schamlos aus. Typisch!
Ich bin ja selber daran schuld, ich hätte mich nicht auf seine angeblichen ‚Regeln‘ einlassen müssen. Aber dann wäre ich um meine Körperhygiene gekommen, dafür hätte er gesorgt. Er hat ja nicht ganz unrecht, aber er brauch mich ja nicht gleich zu bemuttern. Ich bin noch nicht so sicher auf meinen Beinen, aber zum Stehen reicht es allemal. Fest davon überzeugt suche ich seinen Blick in dem riesigen Spiegel vor mir und beschließe ihn mit seinen eigenen Waffen zu schlafen.
„Findest du nicht, dass du vielleicht ein oder zwei Schritte zurücktreten könntest?“ Anstelle einer Antwort, zieht er nur skeptisch eine Augenbraue hoch. Ich weiß genau was er vorhat. Er will mich anstacheln, damit er mich in die Schranken weisen kann, denn er weiß genau wie sehr ich es hasse, wenn er mir nicht antwortet. Aber so leicht mache ich ihm das Spielchen nicht. Ganz die Ruhe selbst beginne ich zu sprechen: „Wir hatten einen Deal. Du gibst mir meinen nötigen Freiraum, solange ich dir gehorche. Und das tue ich doch…oder?“ Ich mustere ihn eindringlich, beobachte wie sich ein leichtes Schmunzeln um seine Mundwinkel andeutet. Schließlich lassen seine Hände von mir ab und er weicht etwas zurück. „Ich stehe zu meinem Wort Nevia.“ Aus seinem Unterton kann ich deutlich seine unausgesprochene Warnung heraushören. Ich hoffe du auch.
Ich lasse mich davon nicht aus der Ruhe bringen, diesmal habe ich gewonnen. Ätsch! Die Tatsache, dass er nicht einmal versucht hat mir das auszureden beweist, dass er es auch für unbedenklich hält. Sollte ich doch fallen, wird er es mit seiner Reaktionsfähigkeit wahrscheinlich sogar noch vor mir bemerken. Ich kann mir ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen, während ich nach meiner Zahnbürste greife, etwas Zahnpasta drauf tue und sie mir in den Mund schiebe. Ritchies Blick signalisiert mir, dass ich jetzt besser nicht überheblich werden soll und ich ja nicht vergessen soll wer hier der Boss ist. Kurz spiele ich mit dem Gedanken die Augen zu verdrehen. Aber ich weiß nicht wie er darauf reagieren würde, wäre das schon ungehorsam? Naja, zur Sicherheit verkneife ich es mir lieber.
Also drehe ich den Wasserhahn auf und beuge mich vor um mir den Mund auszuspülen. Ein Zischen hinter mir und ein Umschwung seiner Gefühle, lassen mich neugierig in den Spiegel schauen. Ritchies Blick widmet seine ganze Aufmerksamkeit…meinem Po. Meinem nur spärlich bedeckten Po. Dieses Nachthemd hat ja im Stehen gerade Mal so alles bedeckt. Mein Herz schlägt schneller, als die Flammen in seinen Augen zu nehmen und er sich verführerisch mit der Zunge über die Lippen fährt. Wahrscheinlich wieder knallrot im Gesicht, richte ich mich auf und drehe mich zu ihm um, lehne mich dabei haltsuchend gegen das Waschbecken hinter mir. Sein Blick findet sofort den meinen. Kein Lächeln oder Schmunzeln, er wirkt angestrengt, konzentriert. Er atmet schwer, fasziniert beobachte ich kurz das Heben und Senken seiner breiten Brust, bevor ich wieder zu ihm aufschaue.
Allmählich klärt sich sein Blick wieder, jedoch verschwinden die Flammen nicht gänzlich. Langsam, schon fast lauernd kommt er auf mich zu. Was hat er vor? Aufmerksam nutze ich meine neue Fähigkeit um zu spüren, was er fühlt. Aber das klappt nicht ganz wie erwartet, ich schaffe es nicht durchzudringen. Es fühlt sich an wie ein Rauschen und nur Schwärze. Wie eine Mauer, die ich nicht einbrechen kann, die all seine Emotionen einsperrt und für mich unerreichbar macht.
Mir wird etwas flau im Magen und Nervosität nimmt von mir Besitz, als er vor mir zum Stehen kommt. Keine zehn Zentimeter trennen unsere Körper voneinander. Jeder Muskel seiner Körpers ist angespannt, er strahlt eine Kraft aus die mich einschüchtert, aber gleichermaßen auch erregt.
Er sieht mich herrisch an, seine Hand greift in meine Haare und zieht meinen Kopf ruckartig zur Seite. Nicht brutal, aber auch nicht gerade sanft, entblößt er somit meinen ungeschützten Hals. Er beugt sich zu mir runter, positioniert seine Lippen ganz nah an meinem Ohr.
„Frauen die mir bereitwillig solche Einblicke gewähren wollen in der Regel, dass ich meinen Schwanz tief in sie stoße.“ Mein Herz setzt einen Schlag aus und ich weite erschrocken über seine Worte die Augen, während mir alles Blut meines Körpers in die Wangen schießt. Aber auch tausende Schauer gleichzeitig laufen mir den Rücken hinab. Überwältigt wimmere ich leise auf, als seine Lippen zielsicher die empfindliche Stelle hinter meinem Ohr finden und von dort aus forschend küssend meinen Hals hinunter und wieder hinauf wandern. Sein warmer Atem auf meiner Haut bereitet mir eine Gänsehaut. Seine Lippen bahnen sich wieder ihren Weg zu meinem Ohr. „Also wenn dir deine Unschuld am Herzen liegt…“ Er schlingt seinen freien Arm um meine Taille und drückt mich fest gegen seinen harten Körper. „Tu das nie wieder.“
Es macht mich verrückt. Er macht mich verrückt. Die Art wie er mich ansieht, wie er mit mir spricht. Selbstsicher, besitzergreifend und vor allem fordernd. Und dabei sieht er einfach so unwiderstehlich gut aus. Es lässt meinen Körper erstarren, macht mich ihm hörig. Es jagt mir eine Heidenangst ein, zu wissen welche Macht er im Moment über mich besitzt. Doch sie rückt in den Hintergrund wird überschattet von einem sehr viel stärkerem Empfinden. Heiß und feucht sammelt sich der Beweis zwischen meinen Beinen.
Oh mein Gott, ich will diesen Mann. Ich will, dass er sich das nimmt, was ich all die Jahre bewahrt habe, mich somit zu der Seinen macht. Denn ich weiß egal wie das zwischen uns ausgeht, kein anderer Mann wird jemals seinen Platz in meinem Herzen einnehmen können. Ich muss die Zeit die ich mit ihm habe genießen und bis aufs letzte Auskosten. Zitternd schaffe ich es meine Arme aus dieser Starre zu befreien und lege sanft meine Hände auf seine Wangen. Abwartend sieht er mich an, keine Chance zu erahnen was er gerade denkt. Schwer atmend sammele ich all meinen Mut zusammen und stelle mich langsam auf die Zehenspitzen. Dabei schweifen meine Augen immer wieder unsicher von seinem hypnotischen Blick zu seinen Lippen. Ich schließe die Augen, als unsere Münder nur noch Zentimeter voneinander entfernt sind und überwinde die letzte Distanz zwischen uns.
Es ist wie ein kleines Feuerwerk, dass in meinen Bauch gezündet wird, als sich unsere Lippen berühren. Schüchtern küsse ich ihn und er erwidert meinen Kuss sehr zart und zurückhaltend. Es ist geradezu berauschend, ich brauche einfach mehr davon, mehr von ihm. Ich schlinge die Arme um seinen kräftigen Hals, vergrabe die Hände in seinem Haar und küsse ihn verlangender. Und ich spüre wie die Barrikaden brechen und seine Gefühle mich wieder erreichen. So viel Liebe, dass es mir eine Gänsehaut bereitet, Verlangen. Doch beides hält er in den gnadenlosen, eisernen Ketten seiner Selbstbeherrschung. Er lässt es nicht zu, dass ich den Kuss vertiefe.
Er reißt die Führung die er mir bis gerade eben gewährt hat wieder an sich und beendet unseren Kuss abrupt. Langsam öffne ich die Augen, unsere Blicke treffen sich. „Süße Nevia, so makellos und rein. Die für mich mit Abstand verführerischste Versuchung.“ Mein Herz schlägt schneller. „Stell den letzten Rest des dünnen Fadens meiner Selbstbeherrschung lieber nicht auf die Zerreißprobe.“
Es ist atemberaubend. Der einzige Mann, der etwas in mir bewirkt, ist nicht nur einer der heißbegehrtesten Junggesellen auf dem Markt, sondern auch der einzige der es jemals geschafft, dass ich mich nur durch einen einzigen Blick, wie eine Frau fühle. Weiblich, schön und begehrenswert. Mit seinem ersten Blick, damals auf dem Konzert, hat er begonnen sich einen Weg in mein Herz zu bahnen. Und jetzt bin ich hier bei ihm und er muss sich zusammenreißen mich nicht zu überfallen, so sehr verzehrt er sich nach mir und das gibt er auch noch offen und ehrlich zu. Ja, das ist wirklich atemberaubend, es erfüllt mich mit so viel Glück.
Er unterbricht kurz den Augenkontakt und deutet auf die Dusche. „Lass uns zu Ende bringen, weshalb wir hier sind, Prinzessin.“ Etwas an seiner Stimmung ändert sich. Ist das…Nervosität? Im selben Moment leuchtet mir ein Licht auf. Ja er hat eine ungeheure Macht über mich, aber ich bin diejenige die die Fäden in der Hand hält. Und eines steht fest, ich will nicht, dass er sich zurückhält. Er soll seinen Widerstand fallen lassen. Ich will seine leidenschaftlichen Küsse überall auf mir, seine Hände sollen meinen Körper erkunden. Ich will ihn ganz, mit Haut und Haaren.
Kurz sehe nun auch ich zur Dusche rüber und fasse den Entschluss. Ich bin bereit dafür, bereit für ihn. Also sehe ich wieder zu ihm auf und nicke zustimmend. Kurzerhand hebt er mich hoch, setzt mich wieder vor der Dusche ab und dreht mich in seinen Armen herum, sodass ich mit dem Rücken zu ihm stehe. „Heb deine Arme Nevia.“, flüstert er mit rauer, tiefer Stimme.
Ich spüre wie sich die Luft um uns herum elektrisch auflädt und es verursacht in mir ein aufgeregtes Kribbeln und mein Blut rast geradezu durch meine Adern. Ich atme einmal tief durch und hebe dann die Arme über den Kopf. Mit den Fingerspitzen fährt er an meiner Taille hinab, über meine Hüften und greift nach dem Saum meines Nachthemds. Langsam schiebt er den Stoff an meinem Körper hinauf, bis ich komplett nackt vor ihm stehe. Sein Atem geht schwerer, das Nachthemd lässt er achtlos neben uns zu Boden fallen. Vorsichtig schiebt er mich vor sich her in die Dusche, stellt schnell die Temperatur ein und drückt mir die Brause in die Hand. „Du solltest dich besser hinsetzen.“
Er lässt mir nicht die Zeit darüber nachzudenken, schon sitze ich auf dem kühlen Fliesenboden der Dusche wieder. Zu überrumpelt um auf meine Nacktheit zu achten beobachte ich ihn verwirrt, wie er sich direkt wieder aufrichtet und Shampoo und Duschgel neben mich auf den Boden stellt. „Ich mache jetzt das Wasser an.“ Gesagt, getan. Angenehm warmes Wasser spritzt aus der Brause. „Ist die Temperatur in Ordnung?“ Ich nicke nur einmal und er wendet sich ohne einen weiteren Blick auf mich ab und schließt die Tür von außen.
Da die Scheiben der Dusche so Wasserfallartig gemustert ist, kann ich ihn nur verschwommen erkennen, wie er sich gegenüber gegen die Wand lehnt. Warum zwingt er sich zur Zurückhaltung? Ich kann seine Lust so deutlich wahrnehmen. Vielleicht denkt er, ich würde es nicht wollen und hat Angst ich könnte ihn zurückstoßen. Ich seufze leise auf und lasse mir das warme Wasser über den Körper fließen. Ich beginne mir die Haare einzuschäumen und mustere wieder Ritchies verschwommene Umrisse. Beobachtet er mich? Ich kann es nicht erkennen, aber alleine der Gedanke er würde es tun, lässt mein Herz höher schlagen.
Ich spüle mein Haar gründlich aus und seife dann meinen Körper ein. Als ich mit den Händen über meine Brüste streiche, richten sich meine Brustwarzen erwartungsvoll auf und ich beiße mir überrascht auf die Unterlippe um ein Seufzen zu unterdrücken. Verunsichert finden meine Hände einen Weg zwischen meine Beine. Ein Blitz fährt durch meinen ganzen Körper so unglaublich ist dieses Gefühl. Ich bin erregt, so sehr das meine eigene Berührung mich auf Wolke sieben schweben lässt. Und das hat er nur mit einigen Wörtern und einer Ausstrahlung hinbekommen. Sexuell besitzt er eine Macht über mich, wie kein anderer jemals zuvor. Und bei eins bin ich mir absolut sicher. Ich will nicht länger warten.
Ich will wissen wie es ist, mit einem Mann auf diese Weise vereint zu sein. Mit ihm auf diese Weise vereint zu sein. Also wie bekomme ich ihn jetzt in die Dusche rein? Ich könnte ihn einfach fragen. Sofort verwerfe ich diesen Gedanken. Oh nein, ich will zwar Sex mit ihm, aber den Mut ihm das auch noch offen und ehrlich ins Gesicht zu sagen, kann ich wohl noch nicht aufbringen. Alleine das Wort auszusprechen würde so viel Blut in meinen Kopf befördern, dass Angst haben müsste er würde platzen. Also nein, das ist keine Option. In Gedanken vertieft, nehme ich noch eine ordentliche Portion Duschgel und seife den Rest meines Körpers ein. Und da geht mir ein Licht auf. Ich hab‘s!
Wenn ich mir auf irgendeine Art und Weise wehtun würde, wäre er sofort zur Stelle. Ich werde so tun, als würde ich das Wasser wärmer stellen wollen und rutsche dann ganz aus Versehen aus. Das ist ein super Plan. Ich atme noch einmal tief durch und mache mich innerlich bereit. Dann stütze ich mich mit den Armen ab und hieve meinen Körper auf meine Knie. Puh, ziemlich anstrengend. Ich strecke meine Arme dann noch oben um an die Regler zu kommen und gerade als ich meinen Plan ausführen will, verliere ich das Gleichgewicht, sacke zur Seite, versuche mich mit den Armen irgendwie abzufangen, rutsche jedoch mit einem eingeseiften Knien weg und falle bäuchlings, mit einem erschrockenen Ausruf, auf den harten Fliesenboden.
„Fuck, Nevia!“ Au! So war das aber nicht geplant, ich wollte doch nur so tun, denke ich unglücklich. „Nevia, alles okay? Hast du dir wehgetan?“ Ein stechender Schmerz meldet sich in meinem Handgelenk und ich verziehe das Gesicht, bevor ich die Augen öffne und mich in seinen Armen wiederfinde. Er hockt neben mir, einen Arm um meine Schultern gelegt und sein Knie in meinem Rücken um mich zu stützen, sieht er auf mich hinab. „Hey Prinzessin, wo tut es weh?“
Schnell untersuche ich mein Handgelenk, winke dann aber ab. „Alles gut, es ist nichts Schlimmes.“ Er greift nach meiner Hand und inspiziert sie ausführlich. Bewegt sie hin und her um herauszufinden ob etwas gebrochen ist, was etwas wehtut. „Sieht ganz okay aus, es ist nichts gebrochen. Wahrscheinlich leicht gezerrt, es tut vielleicht noch ein paar Tage weh und könnte etwas anschwellen. Du solltest die Hand schonen. Was hast du bloß vor gehabt?“ Mit leicht geöffnetem Mund mustere ich ihn sekundenlang einfach nur verblüfft. Um wieder zur Besinnung zu kommen blinzele ich ein paar Mal und schüttle leicht den Kopf. Es ist ja wirklich rührend wie lieb er sich um mich kümmert, aber eins muss ich hier an dieser Stelle vielleicht noch einmal klarstellen. Mit einem zuckersüßen Lächeln und leicht selbstgefällig hochgezogenen Augenbrauen sehe ich ihn wieder an.
„Ritchie, ich bin angehende Ärztin. Mir sind die Folgen eines umgeknickten Handgelenks durchaus bewusst.“ Dieses wilde Blitzen tritt wieder in seine Augen, gefolgt von einem diabolischem Schmunzeln. „Man könnte glatt vergessen was für ein kluges Köpfchen sich hinter deinem hübschen Gesicht versteckt.“ Mit jedem Wort klappt mir die Kinnlade weiter runter, doch bevor ich zu einer vernichtenden Antwort ansetzen kann, kommt er mir zuvor. „Das war ein Kompliment, Nevia.“ Alle Worte die mir gerade noch auf der Zunge lagen verpuffen einfach und machen tausenden rosa Wölkchen Platz. Sich seiner Wirkung auf mich vollkommen bewusst spricht er weiter. „Also was sollte das?“
„Ich wollte das Wasser nur etwas wärmer stellen.“ Er zieht nur eine Augenbraue hoch, wartet, dass da noch irgendetwas kommt. Aber als ich nichts weiter hinzufüge schließt kurz er die Augen und ich könnte schwören, dass da ein Lächeln über sein Gesicht gehuscht ist. Noch immer hält er meine Hand fest und führt sie nun sich an die Lippen. Zärtlich haucht er einen Kuss auf meinen Handrücken, was mich schon wieder nahezu emotional umhaut. Und erst jetzt bemerke ich tatsächlich seine Nähe.
Beim Fallen vorhin muss ich versehentlich den Hebel betätigt haben der das Wasser von der Decke regnen lässt. Und auch erst jetzt bemerke ich, dass Ritchie sich, bevor er mir zu Hilfe gekommen ist, seines Shirts entledigt hat. An der straffen Haut über seinen harten Muskeln, laufen verführerisch hunderte Wassertropfen hinab, die ich liebend gerne mit meiner Zunge einfangen würde. Es trennen uns nur wenige Zentimeter. Ich lasse meinen Blick hinab wandern und muss enttäuscht feststellen, dass er seine Hose noch an hat.
Langsam sehe ich wieder zu ihm hinauf und sehe das Feuer, dass wieder von seinen Augen Besitz ergriffen hat. Und wie sein Blick gierig an meinem Körper hinab wandert, als würde er erst jetzt bemerken, dass ich nackt bin. Unser beider Atem geht schneller, als sich unsere Blicke wieder finden. „Nevia, hör auf damit.“, presst Ritchie gebietend hervor. Aber ich wende den Blick nicht ab.
„Womit?“, frage ich und mustere ihn erwartungsvoll. „Hör auf mich verführen zu wollen, Nevia.“, sagt er dann mit tiefer Stimme. Wie? Wie konnte er mich so leicht durchschauen? Mir steigt die Röte in die Wangen, doch ich kann nicht aufhören in seinen Augen zu versinken. Sein Blick verhärtet sich, die Flamme verdunkelt sich, es wirkt wie pechschwarze Rauchschwaden, die versuchen sie zu verhüllen, auch wenn sie es nicht gänzlich schaffen. Etwas verändert sich, er strahlt plötzlich eine Aura der Dominanz aus, wie ich es noch nie zuvor gespürt habe und mich erneut in diese zweite Persönlichkeit verwandelt. Mit wild schlagendem Herzen sehe ich zu ihm auf.
„Hier ist weder der richtige Ort, noch die richtige Zeit. Aber sei dir sicher, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, werde ich derjenige sein der dich verführt. Nach allen Regeln der Kunst und ich werde mir alles nehmen, was ich will. Du wirst mir gehören, Nevia.“ Ich beginne am ganzen Körper zu zittern, meine Brustwarzen richten sich kribbelnd weiter auf und mein Unterleib beginnt so stark zu pochen, was mich dazu bringt meine Oberschenkel aneinander zu reiben. Seine Worte erregen mich nur noch mehr. Das scheint er ebenfalls zu bemerken. „Willst du mir gehören, Nevia?“ Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern antworte ich ihm: „Ja!“ Er zieht zischend die Luft zwischen die Zähne. „Du hast keine Ahnung wer ich bin.“
„Das ist mir egal. Ich weiß genug.“ Ein Schmunzeln ziert nun seine Lippen und er schüttelt leicht den Kopf. „Das bezweifele ich.“ Sein Blick findet meine Brüste und er leckt sich über die Lippen. „Es war nicht meine Absicht, dich so heiß zu machen. Ich hätte als Liebhaber versagt, wenn ich es jetzt nicht zu Ende bringen würde.“ Ich sehe ihn mit großen Augen an. Er will es zu Ende bringen?
Er sieht mir wieder in die Augen und beugt sich vor. Hemmungslos und leidenschaftlich nehmen seine Lippen von meinen Besitz. Seine freie Hand umfasst ohne Vorwarnung meine linke Brust. Ich stöhne auf und er unterbricht den Kuss, sodass ich die Augen öffne und unsere Blicke sich treffen. Und ich weiß genau, dass er mich mit diesem Blick um Erlaubnis bittet. Als Zustimmung lächele ich ihm liebevoll zu, schließe wieder die Augen und erwarte seine Lippen, die auch sofort wieder meine finden. Seine Hand knetet ein paar Mal meine Brust und zwirbelt dann die Brustwarze zwischen Daumen und Zeigefinger. Aufgeregt dränge ich mich näher gegen ihn und er widmet sich meiner anderen Brust. Meine Brustwarze zwischen Zeige- und Mittelfinger streichelt er meine Brust mal sanft und greift dann auch mal fest zu. Es ist unglaublich, mein Atem geht schnell und schwer vor Erregung und ich stöhne immer wieder auf, kann meine Lust nicht zügeln.
Dann lässt er abrupt von meiner Brust ab, seine Hand wandert hinab über meinen Bauch zu meiner Hüfte und weiter bis zur Innenseite meines Oberschenkels. Er unterbricht ein weiteres Mal unseren Kuss. „Spreiz deine Beine für mich.“ Ich öffne die Augen, blicke in seine und tue was er sagt. Langsam öffne ich mich ihm, er drückt leicht gegen die Innenseite meines Oberschenkels, bis er zufrieden ist. Er legt seine Stirn gegen meine, schließt wieder die Augen und ganz langsam fährt seine Hand an meinem Oberschenkel hinauf, bis er mich schließlich endlich dort berührt. Er legt die flache Hand auf meine Scham und seine Hand strahlt eine Hitze aus, die mich dazu bringt mich wimmernd näher gegen seine Hand zu drücken.
Im selben Moment drängt sich sein Mittelfinger in meine Spalte und reibt zart an ihr auf und ab. Überrascht über die Intensität dieses Gefühls, schaffe ich es nicht weiter mich zurückzuhalten ich lasse meiner Lust laut stöhnend freien Lauf.
„Fuck Nevia, du bist so verdammt feucht.“, flüstert er schon fast knurrend, küsst mich dann besitzergreifend und dringt gleichzeitig mit seinem Finger ganz in mich ein. Ich schreie in seinem Mund auf, blind vor Begierde. Er zieht seinen Finger wieder zurück bis hinauf zu meiner Klitoris und ich schreie ihm erneut in den Mund und schlinge die Arme zitternd um seinen Hals. Er wiederholt es, dringt erst tief in mich ein und streichelt dann sanft. Immer und immer wieder. Es macht mich verrückt, treibt mich in den Wahnsinn, bringt mich immer näher an den Rand des Abgrunds. Es ist eine süße Qual, ich kann nicht still halten und bewege meine Hüfte im Takt seiner Hand mit. Dieses Gefühl ist unglaublich intensiv, dass es sich anfühlt als würde ich darin ertrinken, wenn er mich nicht bald erlösen würde.
„Ritchie bitte.“, wimmere ich flehend. Ich öffne die Augen einen Spalt breit und bemerke, dass sich die Rauchschwaden in seinen Augen verzogen haben und nur noch die rotgoldenen Flammen lodern. Und sie beobachten mich fasziniert. „Ich will fühlen wie du kommst Nevia.“
Mit dem Mittelfinger dringt er wieder in mich ein, schiebt ihn jetzt schneller, härter rein und raus, während er mit seinem Daumen über meine Klitoris streichelt. Er treibt mich unerbittlich immer weiter, ich kann nicht mehr klar denken, nehme nur noch seine Berührung wahr. Bis die Welle mich schließlich erfasst. Laut schreie ich meine Lust hinaus: „Oh Gott. Ritchie!“
Er hört nicht auf, seinen Finger immer wieder in mich zu schieben, seinen Daumen hat er durch seine flache Hand ersetzt. Mit dem Ballen übt er wiederholt leichten Druck auf meine Klitoris aus, zieht somit meinen Höhepunkt immer weiter in die Länge, bis jeder Muskel in meinem Körper den Geist aufgibt. Ich würde wie ein nasser Sack in mich zusammensacken, wenn er mich nicht halten würde. Wie ein Boot trägt er mich über die letzten Wellen, dieses atemberaubenden Orgasmus.
Ich lasse meinen Kopf einfach hintenüber hängen, die Augen geschlossen und hole mehrmals auf eine merkwürdig entspannte Weise tief Luft. Ritchie sagt kein Wort, er gibt mir die Zeit die ich brauche um wieder zu mir zu kommen und etwas zu sagen. Und ich überlege wirklich was die richtigen Worte dafür sind. Aber alle Gedanken sind aus meinem Gehirn wie weg gewischt. „Wow!“, flüstere ich noch immer nicht ganz bei mir.
Sein leises, sinnliches Lachen, bringt mich endlich dazu die Augen zu öffnen und ihn anzusehen. Er ist so unfassbar schön, wenn er lacht. „Wow? Hat es dir etwa die Sprache verschlagen?“ Etwas verlegen nicke ich. „Ja.“, gebe ich leise zu. Es ist das erste Mal, dass er mich dort berührt hat. Das erste Mal, dass mich überhaupt irgendwer dort berührt hat. Wenn ich nicht schon Hals über Kopf in diesen Mann verliebt wäre, wäre ich es spätestens jetzt. Ich erinnere mich, damals bei dem Konzert, wie sehr ich mir gewünscht habe seine Finger zu spüren, die so geschickt die Gitarre gespielt haben. Der Wunsch ist wahr geworden und ich bin einfach nur überwältigt. Er wusste genau was er da tat, wie und wo er mich berühren muss um mir diese Lust zu bescheren.
Es ist die Art wie er mich ansieht, die mich nun wie die blutige Anfängerin fühlen lässt, die ich ja auch bin. Die lodernde Flamme hat sich bis zum Rand der Pupille zurückgezogen, leuchtet jedoch extrem hell und versucht sich weiter vorzukämpfen. Er beherrscht die Flamme, es ist der Blick des Jägers. In dem ich das Versprechen sehe, dass er mich jederzeit wieder so fühlen lassen kann, wann er immer er wollte und dass er es wieder tun wird. Das Raubtier hat seine Beute in die Ecke gedrängt…und es wird sie nicht wieder freiwillig aus seinen Klauen lassen. Auch wenn er sein Revier noch nicht markiert hat, so sieht er mich doch schon als die Seine.
Diese Selbstsicherheit und Dominanz die er ausstrahlt bringen mein Herz zum Rasen und mich schüchtert mich ein. Und gleichzeitig bin ich überglücklich, dass der Mann dem die schönsten Frauen zu Füßen liegen würden, jetzt hier bei mir ist.
Er sieht mir tief in die Augen, kettet mich fest und es fühlt sich an, als würde er mir direkt in die Seele blicken und genau wissen was in mir vorgeht. Sein Blick verändert sich, die Flamme die so unbändig um seine Pupille herum gewütet hat beruhigt sich und breitet sich zart golden leuchtend und liebevoll in seiner Iris aus. „Nevia…“, beginnt er ganz leise zu sprechen. „Wenn du in den Spiegel siehst was siehst du dann?“
Verwirrt über diese Frage runzele ich die Stirn. Seine Mundwinkel heben sich leicht zu einem atemberaubenden Lächeln. „Was siehst du?“, fragt er nochmal mit etwas mehr Nachdruck. Er will wirklich eine Antwort. Nachdenklich senke ich kurz den Blick. Ja was sehe ich eigentlich wenn ich in den Spiegel schaue?
„Ich sehe…ein Mädchen. Unscheinbar, mit starken Bindungsängsten und Problemen Leuten zu vertrauen. Eine ewige Außenseiterin, die nicht wirklich wahrgenommen wird und sich so gut wie möglich durchs Leben kämpft um etwas zu bewirken. Gesehen zu werden.“ Ich weiß nicht warum ich ihm das alles sage. Peinlicher als das geht es doch kaum, als ihm zu gestehen, dass ich fast mein ganzes Leben lang für die meisten Menschen gar nicht existierte oder nur Luft war, während er selber von aller Welt beobachtet wird. Mit anderen Worten, habe ich ihm gerade gestanden, dass ich so gar nichts Besonderes bin und bei Weitem nicht gut genug für ihn.
Abwartend sehe ich ihn an, warte darauf dass er irgendetwas sagt. Doch er sieht mich einfach nur an. Ich glaube er denkt nach, aber weder seine Mimik, noch seine Gefühle, verraten mir etwas drüber was in seinem Kopf vorgeht und ich werde mit jeder Sekunde immer nervöser. Was denkt er gerade nur? Bitte sag doch endlich etwas!
Schließlich atmet er einmal hörbar aus und lächelt wieder dieses einzigartige Ritchielächeln. „Du hast Recht, so sehen dich wahrscheinlich die Meisten.“ Kurz setzt mein Herz für ein, zwei Schläge aus und ich halte die Luft an. „Aber du kannst vielleicht den Rest der Welt und sogar dich selbst täuschen, aber nicht mich. Atme Nevia.“ Erschrocken hole ich tief Luft, bevor ich ihn fragend ansehe, unsicher ob ich es wirklich wissen will.
Er beugt sich zu mir runter und positioniert seine Lippen dicht an meinem Ohr. „Weißt du was ich sehe?“ Ich schlucke einmal aufgeregt und schüttele dann leicht den Kopf. Er richtet sich wieder auf und lässt seinen Blick langsam und ausgiebig über meinen nassen, nackten Körper wandern. „Ich sehe eine Frau, eine zarte Gestalt mit langen Beinen und weiblichen Kurven, die jeden Kerl mit Augen im Kopf zum sabbern bringen würden.“ Mit seiner Hand fährt er zärtlich an meinem Hals hinab, zwischen meine Brüste runter zu meinem Bauch. „Ihre Haut ist der feinste Samt, ihr Haar so weich wie Seide. Volle Lippen, die dazu einladen geküsst zu werden und wenn ich in ihre klugen Augen sehe, habe ich das Gefühl ich würde in die Augen eines Engels sehen.“
Ich sehe ihn mit großen Augen, geöffnetem Mund und hochrotem Gesicht ungläubig an. „Doch diese Frau“, fährt er fort, „versteckt ihren Traumkörper hinter weiten Schlabberklamotten und ihr hübsches Gesicht unter einer viel zu großen Brille. Und sie wird nicht gesehen. Menschen sind oberflächlich.“ Er legt seine Hand an meine Wange. „Aber ich habe dich gesehen, vom ersten Moment an.“
Seine Worte lösen das absolute Chaos aus, meine Gefühle fahren Achterbahn. In seinen Augen sehe ich nichts weiter als Ehrlichkeit und schließlich wird es mir einfach zu viel und es bricht über mich herein. Ich kann es nicht aufhalten, damit habe ich einfach nicht gerechnet. Beschämt wende ich den Blick ab und beiße mir auf meine verräterisch zitternde Unterlippe, als die erste Träne meine Wange hinab kullert und ich bin dankbar für das Wasser, dass immer noch auf uns hinab regnet. Doch sofort legt Ritchie seine Hand unter mein Kinn und zwingt mich ihn wieder anzusehen. „Mit anderen Worten Nevia, du bist die schönste Frau mit starken Bindungsängsten und einem Problem Leuten zu vertrauen, die ich kenne.“
Mit seinem Daumen befreit er meine Lippe aus dem Klammergriff meiner Zähne und grinst mich schelmisch an. Und das holt mich schließlich wieder auf den Boden zurück und ich fange an zu Lachen. Ich lache bis mir der Bauch wehtut und mir weitere Tränen die Wangen hinab laufen. Und es tut gut. Er ist wirklich toll, großartig darin trübe Gedanken von einer auf die nächste Sekunde zu verscheuchen. Ritchie beobachtet mich schmunzelnd bis ich mich beruhigt habe. Ich sehe ihn mit einem befreiten Lächeln an. „Warum beobachtest du mich immer so?“
Er schnaubt belustigt auf. „Ich sehe dich gerne an. Ich könnte dich stundenlang einfach nur ansehen.“ Und dann beugt er sich vor und küsst mich, voller Liebe und ehrlicher Leidenschaft. Es ist ein wundervoller, sehr intensiver Kuss, wenn auch viel zu kurz.
Nur widerwillig löst er seine Lippen von meinen, lehnt mit geschlossenen Augen seine Stirn gegen meine und reibt sanft seine Nase an meiner, bevor er ganz von mir ablässt. Ich sehe ihn mit verträumten Blick und einem Lächeln an. „Hör auf so sehr an dir selbst zu zweifeln. Immerhin hast du so einem verdammt heißen Typ wie mir komplett den Kopf verdreht.“ Er sieht mich mit seiner typischen Selbstsicherheit und einem schiefen Grinsen an, wieder ganz der Alte. „Oh du bist so ein selbstverliebter, arroganter...“, mir fällt leider kein passendes Wort ein, also lasse ich das Gesagte einfach zu stehen. Und er antwortet darauf mit seinem leisen sinnlichen Lachen, mit welchem er mich sofort wieder um den Finger wickelt. „Ich weiß. Dusche jetzt zu Ende, ich ziehe mir schnell etwas Trockenes an und komme dich dann holen. Nicht alleine aufstehen.“, sagt er nachdrücklich.
Ich nicke und er richtet sich auf, stellt das Wasser wieder auf die Brause um und lässt mich hier alleine zurück. Und noch immer grinse ich über beide Backen. Ich kann es nicht abstellen, oh mein Gott, noch nie hat er so mit mir gesprochen, so etwas zu mir gesagt. Am liebsten würde ich vor Freude in die Luft springen und ich würde es auch glatt tun, wenn er mir nicht ausdrücklich verboten hätte aufzustehen. Also widme ich mich wieder meiner Körperhygiene und warte sehnsüchtig darauf, dass er zurückkehrt.
Perplex streife ich die nasse Hose runter und lasse sie einfach achtlos dort liegen, während ich mir den Körper trocken reibe. Das Handtuch fliegt kurz darauf ebenfalls zu Boden. Ohne wirklich darauf zu achten, verzichte ich auf Shorts, greife im Kleiderschrank nach irgendeiner Hose und ziehe sie über. Eine weite, tief auf den Hüften sitzende Jogginghose, nicht wirklich mein Stil, aber sie versteckt meinen steinharten Schwanz wenigstens etwas. Naja, man kann ihn immer noch deutlich sehen, aber das ist mir so ziemlich scheiß egal. Mein nasses Haar binde ich mit einem Haargummi im Nacken zusammen, was einige widerspenstige Strähnen nicht daran hindert mir ins Gesicht zu hängen. Ich kümmere mich nicht weiter drum.
Ich schließe die Tür des Kleiderschrankes und bleibe reglos davor stehen. Was ist passiert? Was hat sich geändert? Fuck, nach all dem will ich so dringend in ihr sein, wie noch nie zuvor. So warm und feucht und, man möge mich verdammen, sie ist so unglaublich eng.
Schweigend betrachte ich meine Hand, mit der ich sie gefingert habe. Langsam hebe ich sie an, um daran zu riechen. Und wie ein Perverser ziehe ich ihren süßen Duft ein, sauge ihn förmlich auf. Verdammt sie riecht so köstlich. Ein Knurren steigt ein meiner Kehle auf und ich lecke mir begierig über die Lippen. Ich will von ihr kosten, ihr erregtes Aufschreien hören, während meine Zunge alles von ihr nimmt was sie zu geben hat.
Verwirrt über diese Fantasie, stütze ich mich mit dem Arm an der Schranktür ab, lehne meine Stirn gegen ihn und schließe die Augen. Ich habe noch nie eine Frau geleckt, nicht mal daran gedacht. Nur bei ihr, habe ich dieses dringende Bedürfnis alles zu wollen. Ich will sie riechen, schmecken, fühlen. Dieses starke Verlangen nach Nevia erinnert mich an die Worte einer Frau, man könnte fast sagen einer alten Freundin.
‚Ach Ritchie, deine Naivität und Unwissenheit sind so süß. Mir wird ganz warm ums Herz. Aber ich glaube es ist an der Zeit dir mal eine Kenntnis auf halbwegs mütterlicher Ebene mitzugeben…irgendwann wirst du eine Frau treffen, eine ganz besondere Frau die dich mit nur einem Blick umhauen wird. Und glaube mir mein Hübscher, du wirst dich danach verzehren, jeden einzelnen Tropfen ihres Saftes mit deiner Zunge aufzulecken. Du wirst dich an meine Worte erinnern wenn es soweit ist.‘
Sie hatte Recht. Ich verzehre mich nach ihr, ich kann an nichts mehr anderes denken, als an sie. Sie bringt das Blut in meine Körper zum Kochen und dazu, dass es sich fast dauerhaft in der unteren Hälfte meines Körpers sammelt. Gleichzeitig bringt ihre Nähe mein Herz zum Rasen und pumpt dadurch noch mehr Blut durch meine Venen. Wenn ich nicht bald mal dampf ablasse platze ich noch. Verdammt, wenn ich die Augen schließe sehe ich nur noch sie unter mir mein harter Schwanz tief vergraben in ihrer engen Muschi. Oh fuck!
Schnell öffne ich die Augen und hole ein paar Mal tief Luft. Ich muss mich zusammen reißen. Ich brauche meine volle Konzentration um nicht die Kontrolle zu verlieren und über sie herzufallen. Mein Schwanz zuckt aufgeregt in meiner Hose. Ich verenge die Augen und verfluche zum ersten Mal in meinem Leben dieses Ding da unten. Kann er nicht einfach mal Ruhe geben? Es ist noch nicht an der Zeit. Nevia ist noch viel zu schwach um sie damit noch mehr zu beanspruchen. Sie muss erst einmal richtig zu Kräften kommen. Außerdem sollten wir, bevor sie sich mir komplett hingibt, reden. Ich muss ihr alles erzählen was ich weiß, über das was hier vorgeht. Sie muss endlich erfahren wer ich bin, was ich wirklich bin.
Dann, wenn sie mich dann noch will, werde ich sie endlich nehmen. Es muss etwas Besonderes sein, schließlich ist es ihr erstes Mal. Ich bin nicht wirklich der Romantiker, da muss mir auf jeden Fall noch etwas einfallen lassen. Aber viel wichtiger ist, ich muss verdammt vorsichtig sein. Ohne zu prahlen, mein sogenannter Vater hat mich mit einem großen Schwanz ausgestattet, der sie weit dehnen wird, es wird sicher wehtun. Wie sehr kann ich nicht sagen, ich habe absolut keinerlei Erfahrungen mit Jungfrauen, aus genau diesem Grund. Die Vorstellung ihr wehzutun widerstrebt mir, aber hier geht es um eine unverzichtbare Sache. Ich werde derjenige sein der sie entjungfert. Der Erste und Letzte Mann der sie fickt. Denn wenn ihre Unschuld erst einmal mir gehört, werde ich sie nicht mehr gehen lassen.
Erneut zuckt mein Schwanz in meiner Hose und ich verenge die Augen und gebe ein genervtes Knurren von mir. Dann hole ich mit voller Wucht aus und schlage gegen die massive Holztür des Kleiderschrankes vor mir. Laut krächzend gibt sie wie Wachs unter meiner Faust nach und Schmerz zieht sich durch meine Hand. Was mich von meiner Begierde nach ihr etwas ablenkt und meinem Teil da unten eine Pause gönnt. Es wird nicht lange anhalten, aber jetzt hilft es mir wieder die nötige Konzentration aufzubringen um zurück ins Bad zu gehen um die nackte Nevia aus der Dusche zu holen.
Ich bin ein Masochist, dass wusste ich, aber ich habe nicht gewusst das ich mich jemals freiwillig selbst so quälen werde. Doch für sie würde ich alles tun. Ja, ich würde sogar für sie sterben. Heftig, ich habe es niemals vorausgesehen, mich immer geweigert es zu glauben, dass es sie gibt. Dabei hat sie nur darauf gewartet gefunden zu werden. Ich habe es schon einmal versaut, aber aus irgendeinem Grund scheint sie mir noch eine Chance zu geben. Und diese werde ich nutzen.
„Bist du fertig?“, frage ich, als ich das Bad wieder betrete. Ihre Silhouette hinter dem Glas zuckt erschrocken zusammen. Woran sie wohl gerade gedacht hat? Ich zwinge mich dazu, mir nicht auszumalen, welche Sexfantasien Nevia gerade wohl gehabt haben könnte. „Ja, ja. Ich bin fertig.“
Ich schnappe mir ein großes Handtuch und öffne dann die Glastür. Nachdem ich das Wasser abgestellt habe, reiche ich ihr das Handtuch und hebe sich dann hoch und stelle sie sicher auf der Fußmatte vor der Dusche ab. Sie reibt sich erst einmal trocken. Um sicherzugehen, dass ihre Beine nicht plötzlich nachgeben, stelle ich mich hinter sie. Angestrengt fixiere ich einen bestimmten Punkt an der Wand um nicht auf ihren Traumkörper zu starren. Als sie endlich das Handtuch um ihre Hüllen schlingt, beginne ich mich etwas zu entspannen.
Ohne weitere Vorwarnung hebe ich sie einfach in meine Arme und bringe sie zurück ins Schlafzimmer, wo ich sie auf dem Bett absetze. Sie beobachtet mich nur mit großen Augen, sagt nichts und mir fällt auch beim besten Willen nichts ein, was die Spannung jetzt zwischen uns lockern könnte. Ich wende mich von ihr ab, verschwinde im Kleiderschrank und suche ein Nachthemd heraus, welches ihren Körper so gut wie möglich bedeckt und lege es neben ihr aufs Bett.
„Zieh das an. Ich gehe dir etwas zu essen holen.“ Ich drehe mich schon weg um das Zimmer zu verlassen, da sagt sie zögernd: „Ich habe gar keinen Hunger.“ Ohne mich ihr zu zuwenden erwidere ich: „Du musst etwas essen Nevia.“, und bin auch schon auf den Weg in die Küche.
Man könnte fast sagen ich bin geflüchtet, so schnell wie ich abgehauen bin. Aber ich kann echt nicht mit ansehen wie sie sich umzieht. Das Beste ist, ich meide so gut wie möglich den Blick auf ihre nackte Haut, denn diese führt mich in Versuchung. Ich atme einige Male tief durch um meinen Herzschlag zu beruhigen. Dann packe ich zwei Toasts in den Toaster und hole mir Teller und Messer raus. Die zwei Toasts beschmiere ich mit Margarine, tue ein Salatblatt und eine Scheibe Käse drauf und klappe sie dann zusammen. Ein einfaches Sandwich, nichts Besonderes aber es wird den Magen füllen. Mit dem Teller in der Hand gehe ich wieder die Stufen hinauf zurück zum Schlafzimmer. So langsam fühle ich mich echt wie eine Mutti.
Ich biege ab ins Schlafzimmer und bleibe direkt wie der letzte Depp mit leicht geöffnetem Mund im Türrahmen stehen. Und starre fasziniert diese wunderschöne Frau an die dort, die Beine seitlich am Körper angezogen anmutig auf meinem Bett sitzt. In einem graublauen Negligee, der Ausschnitt in BH-Form, darunter überkreuzt sich der Stoff geriffelt unter der Brust und fließt dann in durchsichtiger Seide locker an ihrem Körper hinab, bis knapp zur Mitte ihres Oberschenkels. Darunter trägt sie ein Höschen in derselben Farbe aus edler Spitze, welches wie ich wette hinten als schmaler Streifen zwischen ihren runden Arschbacken verschwindet. Oh verdammt ich will es sehen, sie soll mir ihren knackigen Arsch entgegen strecken.
„Ritchie? Ähm…ist alles okay?“, unschuldig und mit leicht gerötetem Gesicht sieht sie mich an. Ich schließe kurz die Augen öffne sie aber gleich wieder, da ich direkt Fantasien vor Augen habe, wie ich sie langsam aus diesem bisschen Stoff schäle. Ich darf diesen Gedanken nicht weiter denken.
„Das ist ein anderes Nachthemd, Nevia.“, sage ich stattdessen nur und gehe auf das Bett zu, sehe ihr nur in die Augen, weigere mich strikt den Blick nach unten schweifen zu lassen. „Ja. Du hattest vergessen ein Höschen mit raus zu legen und ich finde das irgendwie viel schöner. Gefällt es dir nicht?“, erwidert sie noch immer rot im Gesicht. Ich setze mich nun auf die Bettkante, sehe allerdings weiterhin eindringlich in ihre Augen. „Es gefällt mir so gut, dass ich es dir am liebsten direkt wieder vom Körper reißen würde.“ Ich halte ihr den Teller hin, doch sie achtet nicht darauf, sondern checkt lieber meine Muskeln ab. So wie alle Frauen das tun. Doch nur wenn sie es tut, droht mir mein Herz geradezu aus der Brust zu springen.
Plötzlich schlagen die Gefühle wieder auf mich ein, allerdings nicht nur meine eigenen. Angestrengt hole ich mehrere Male tief Luft. Fuck, ich weiß echt nicht was für eine schräge neue Fähigkeit das ist, aber zu fühlen, was Nevia fühlt und zwar immer dann wenn sie geil wird, ist nicht gerade hilfreich um die Finger von ihr zu lassen. Oh ja, ich weiß genau, dass Nevia sich gerade ausmalt wie ich diesen Stoff mit bloßen Händen auseinander reiße. Was ja nun wirklich kein Problem wäre, dass würde sie wahrscheinlich sogar selber schaffen. Oder auch nicht, sie ist so zart, ich bezweifele fast, dass sie so viel Kraft aufbringen kann. Aber der Gedanke, dass ich wild vor Lust über sie herfalle, scheint sie anzumachen. Sehr sogar. Und ich würde liebend gerne genau das mit ihr machen. Wir wollen dasselbe. Aber ich muss mich trotzdem zurückhalten, denn bei ihr will ich alles richtig machen. Sie verdient nichts anderes.
Ich weiß nicht wie es passieren konnte, aber sie hat sich ohne etwas zu tun immer tiefer in mein Herz gegraben. Und dort hat sie sich eingenistet und wird nie wieder gehen. Ich sehe es so klar vor meinen Augen, alles was ich empfinde. Für sie.
Es ist mehr. Soviel mehr als ich jemals erhofft habe, soviel mehr als ich jemals erwartet habe zu empfinden fähig zu sein. Sie ist zu meiner größten Schwäche geworden, ohne sie komme ich nicht mehr klar, mit ihr ist es eine Zerreißprobe meine Konzentration aufrecht zu erhalten und den Fokus im Blick zu behalten. Ich muss jetzt noch stärker sein, stark genug um sie vor all dem zu beschützen, auch vor mir selbst. Vor meinen Neigungen. Ich habe eine leicht devote Ader bei ihr bemerkt, aber ich glaube nicht, dass es ausreicht für meine versautesten Fantasien. Vor diesen muss ich sie bewahren.
Nachdem sie fertig ist jeden einzelnen Muskel meines Oberkörpers ausgiebig zu betrachten, sieht sie mir wieder in die Augen. Sie hat gewusst, dass ich ihren sehnsüchtigen Blick genau beobachte, doch sie fühlt sich trotzdem ertappt. Ihre natürliche Schüchternheit ist zurück, welche in mir das Verlangen weckt sie nur noch mit Samthandschuhen zu berühren.
Ich lasse nicht einen meiner schmalzigen Gedanken durchsickern, dass einzige was auf meinen Inneren Aufruhr hindeutet sind meine Augen, deren Feuer ich ebenfalls so gut es geht in Schach zu halten versuche. Desto lodernder das Feuer, desto mehr Kontrolle bekommt der Jäger. Ich muss ihn zügeln, denn er will sie mit einer Inbrunst, ich habe Angst davor was ich ihr antun könnte, ließe ich ihm freien Lauf. Aber solange sie so süß und zurückhaltend bleibt habe ich die Kontrolle über das Geschehen. Ich muss der Herr über die Situation bleiben, dann kann ich das hier durchstehen.
Den Teller den ich ihr hinhalte beachtet sie immer noch nicht, sie kann den Blick einfach nicht von meinem lösen. Ich deute ein leichtes Schmunzeln an und nutze die Wirkung die ich auf sie ausübe um sie gefügig zu halten. „Prinzessin du solltest essen.“
Etwas verwirrt senkt sie den Blick auf den Teller und nimmt ihn mir schließlich ab. Sie sieht auf das Sandwich hinab und lächelt liebevoll. Ihre Wangen sind wieder mit dieser zarten Röte bedeckt und ihre Augen leuchten wie Smaragde. Verdammt, sie ist so schön. „Danke.“, sagt sie leise.
Zögerlich nimmt sie einen Bissen von dem Sandwich und ich bemerke schnell, dass ihr Hunger erwacht ist. „Mhm, das ist gut.“, sagt sie genüsslich kauend. Ich kann nicht anders als sie zu beobachten wie ein verliebter Trottel. Natürlich bemerkt sie es sehr schnell, hält inne und lächelt verlegen. „Du beobachtest mich sogar beim Essen.“
Nun kann ich ein Grinsen nicht zurückhalten. „Ich sagte doch ich sehe dich gerne an.“ Sie wendet den Blick ab und isst nachdenklich weiter. „Das macht mich nur noch nervöser.“, flüstert sie dann ohne mich anzusehen.
„Ich mache dich nervös, Nevia?“, springe ich darauf an. Sie nickt nur kurz, lächelt dabei. Ich weiß nicht was genau diese extreme Schüchternheit bei ihr auslöst. Aber ehrlich gesagt ist es mir auch scheiß egal, denn ich finde es irgendwie extrem heiß. Sie braucht einen Mann der über sie dominiert, sie führt. Genau das was ich am besten kann. „Prinzessin, was kann ich tun um die Stimmung etwas zu lockern?“
Endlich huschen ihre glänzenden Augen wieder zu mir und sie schmunzelt leicht. „Da gäbe es schon etwas.“ Sie beißt sich nachdenklich auf die Unterlippe, ringt mit sich selbst es laut auszusprechen. Anstatt etwas zu sagen, ziehe ich nur eine Augenbraue auffordernd hoch. Sie holt tief Luft. „Eigentlich sind es sogar zwei Sachen.“, mit großen Augen sieht sie mich an. Schmunzelnd ermutige ich sie: „Na dann los!“
„Also, erstens…ich würde gerne dein Tattoo richtig sehen.“ Sie wird rot. Und ich kann kaum fassen, dass es so etwas Banales ist. Ich grinse breit. „Den Drachen?“ Ohne ihre Antwort abzuwarten drehe ich ihr meinen Rücken zu. Im Augenwinkel sehe ich, dass sie den Teller auf dem Nachttisch abstellt. Dann rückt sie etwas näher heran. Mustert eingehend meinen Rücken. „Darf ich es anfassen?“, fragt sie ehrfürchtig. Ich nicke und spüre sogleich ihre zarten Finger die Konturen des Drachenschwanzes nachfahren, der sich über meinen Rücken erstreckt. Ich schätze sie erkennt es wieder, sie sah es bereits bei Hati. Ihre Finger zeichnen schließlich die Runenzeichen, die dick am Schwanzende des Drachens klaffen.
„Was bedeutet das?“, fragt sie, fast flüsternd. Kurz überlege ich nicht auf diese Frage zu antworten, aber ich verwerfe diesen Gedanken sofort. Sie wird es sowieso erfahren. „Walhall.“
Sie wiederholt es leise und streicht ein letztes Mal mit den Fingern über meine Haut. Es fühlt sich großartig an. „Ich habe das irgendwo schon einmal gehört.“, sagt sie dann mehr zu sich selbst. Ich drehe mich wieder zu ihr und reiche ihr auch gleich ihren Teller wieder. Sie schmunzelt isst jedoch widerstandslos weiter. „Welche Bedeutung hat das Tattoo für dich?“, fragt sie neugierig.
Meine Miene verrät nichts über das Ausmaß der Antwort auf diese Frage und ich sage lediglich: „Eine lange Geschichte.“ Kauend, sieht sie mich mit großen Augen an, wartet darauf, dass da noch etwas kommt. Ich habe noch nie zuvor mit einem Außenstehenden darüber geredet. Wer ich bin und vor allem was ich bin. Und ehrlich gesagt weiß ich nicht wo ich da anfangen soll.
„Ich bin eine gute Zuhörerin.“, sagt sie dann leise. Ich sehe sie an und nicke. „Das ist mir aufgefallen.“ Sie erwidert nichts weiter. Ich mustere sie noch einige Sekunden schweigend. Aber ich kann mich nicht dazu durch ringen es endlich hinter mich zu bringen. Es ihr zu sagen. Es ist egoistisch, doch ich will diese eine Nacht noch den Schein wahren. Denn ich weiß nicht wie sie reagiert. Ob sie die wahre Antwort abschrecken könnte. Ob ich sie dadurch verlieren könnte. Außerdem ist sie noch zu schwach. Das wird ein langes, sehr langes Gespräch mit vielen verwirrenden Fakten. Ich will nicht, dass sie sich überanstrengt.
„Ich erzähle es dir. Alles.“ Ich halte inne und sehe sie bedeutungsschwer an. „Die Antwort auf deine Frage…ist etwas komplexer. Es wird lange dauern. Du solltest dich zuerst ausruhen.“ Sie sieht mich nur aus ihren wunderschönen, klugen Augen an und scheint abzuwägen ob ich es ernst meine. Und plötzlich habe ich Angst sie könnte denken, ich wolle ihr wieder nur ausweichende Antworten geben.
„Ich verspreche es.“ Noch immer sieht sie mich nur an. Doch dann lächelt sie zaghaft und nickt. „Okay!“, flüstert sie und senkt den Blick auf ihr Sandwich. Verdammt, sie ist unglaublich. Sie muss eine Heilige sein. Anders kann ich es mir nicht erklären. Wie sonst könnte sie ausgerechnet mir vertrauen, so geduldig sein, mir erlauben ihr so nah sein zu dürfen. Ich habe ihr bisher nur Leid gebracht. Ich will sie an mich reißen und küssen. Doch ich beherrsche mich und kehre zum eigentlichen Thema zurück.
„Und zweitens?“, frage ich sie. Sie sieht von ihrem Sandwich auf und scheint froh zu sein das ich das Thema von alleine wieder angesprochen habe. „Zweitens...ich höre so gerne zu, wenn...wenn du Gitarre spielst.“ Ihr Blick ist verträumt, als sie das sagt. Und um mein Herz herum breitet sich eine angenehme Wärme aus, die ein Hochgefühl in mir auslöst. Ich habe es gewusst, dass sie gerne mein Gitarrenspiel hört, ich erinnere mich zu gut an die unzähligen Male die ich sie ins Bett gebracht habe, weil sie beim Lauschen am Fenster eingeschlafen ist. Doch es von ihr zu hören ist…es macht mich glücklich. Meine Musik, also die die ich nicht mit der ganzen Welt teile, ist sehr persönlich. Jeder dieser Songs entstand auf der Basis von Gefühlen die ich verarbeiten musste. Somit spiegeln diese Songs den Inhalt meines Lebens.
Nevia ist der einzige Mensch mit dem ich sie je geteilt habe. Gerne würde ich ihr diesen Wunsch erfüllen. Aber ich werde sie jetzt nicht nach draußen zum Pavillon bringen. Und es nimmt eindeutig zu viel Zeit in Anspruch die Gitarre samt Verstärker jetzt hier hoch zu holen und anzuschließen. Doch als ich erneut in ihre sehnsüchtigen Augen sehe kommt mir ein Gedanke.
Ich greife unters Bett und ziehe eine ziemlich verstaubte Gitarrentasche hervor. Ich hatte es schon fast wieder vergessen, ich wollte sie schon vor langer Zeit entsorgen. Langsam öffne ich den Reißverschluss und lege den Inhalt frei. Eine schwarze Westerngitarre, sie hat schon einige Jahre auf dem Buckel und sieht schon ziemlich mitgenommen aus. Es ist Jahre her als ich sie das letzte Mal in den Händen hielt. Ich habe mir damals geschworen nie wieder auf ihr zu spielen. Ich verenge leicht die Augen, als ich sie vorsichtig in meine Arme hebe. Andächtig fahre ich mit einer Hand über den Gitarrenhals hinab zum Bauch. Probehalbe fahre ich mit dem Daumen sachte einmal über alle Saiten. Und verenge die Augen etwas mehr, sie klingt grässlich verstimmt.
„Ritchie, ist alles okay?“, holt mich Nevia zurück aus meinen Gedanken. Es scheint, als würde sie meinen Gefühlsumschwung bemerken, denn sie mustert mich sichtlich besorgt. Ich frage mich wie sie das macht. Wie schafft sie es durch meine Fassade hindurch zu blicken und zu sehen, dass etwas nicht stimmt? Ich bin nicht scharf darauf darüber zu sprechen und im ersten Moment wollte ich ihre Frage einfach nur bejahen und damit abtun. Ich bin nicht der Typ für so was, ich rede nicht über Gefühle, mit niemandem. Aber wenn ich sie an meiner Seite will muss ich lernen mich ihr anzuvertrauen.
„Sie war ein Geschenk, von meiner…Mutter. Bevor sie mich holen kamen.“ Ich runzele leicht die Stirn. Warum fällt es mir immer noch so schwer dieses Wort zu sagen? Es ist Jahre her, Jahrzehnte. Ich habe schon lange damit abgeschlossen, es sollte nicht so verdammt schwer sein. Und es macht mich wahnsinnig wütend, dass ich es nicht kontrollieren kann, es nicht schaffe diese Schwäche zu verbergen und belanglos über die Frau zu reden, die mir damals das Leben schenkte. Doch plötzlich fühle ich die zarte Berührung ihrer Finger wie sie über meine Hand streichen, die gnadenlos den Hals der Gitarre umklammert. Sofort lockert sich mein Griff und ich sehe in ihre klugen Augen, die mich verständnisvoll mustern. Und die Wut die von meinen Gedanken Besitz ergriff verfliegt restlos. Wie macht sie das? Erstaunt greife ich nach ihrer Hand und streichele mit dem Daumen über ihren Handrücken. Ihre Haut ist so wunderbar weich.
Ich sehe sie nur schweigend an, genieße es sie berühren zu dürfen, sie hier bei mir zu haben. Nicht alleine zu sein. Sie erinnert mich daran, dass nur der Moment zählt, dieser kostbare Moment. Ich sehe hinab auf ihre winzige Hand, feingliedrige, schlanke Finger, ich habe Angst ich könnte sie zerbrechen. Langsam führe ich sie an meine Lippen, streiche vorsichtig mit ihnen über ihren Handrücken, bevor ich ergeben einen Kuss darauf hauche. Erst dann sehe ich wieder zu ihr auf. Ein zauberhaftes Lächeln liegt auf ihren Lippen, während sie verlegen den Blick abwendet und sich eine Strähne ihrer noch feuchten Haare hinters Ohr schiebt.
Shit, ich liebe es wie sie auf mich reagiert. So schüchtern, so verletzlich. Es bringt mich dazu sie auf Händen zu tragen und sie vor allem Unheil beschützen zu wollen. Und ich schwöre das werde ich. Aber dennoch sitzt sie hier in Dessous die nicht gerade viel Platz für Fantasien lassen. Mir ist klar, dass sie diese ganz bewusst gewählt hat, weil sie ja inzwischen weiß, dass ich eine Vorliebe für hübsche Verpackungen habe. Ich weiß nur nicht, ob ihr auch wirklich klar ist, wie schwer sie es mir gerade macht ihr zu widerstehen. Vielleicht ist das aber auch genau das was sie erreichen will. Diese Mischung aus verrucht und sexy und unschuldig und unerfahren macht mich heftig an.
Um mich von meinen eigenen Gedanken abzulenken beginne ich damit die Saiten einzeln durchzugehen, stimme sie nach Gehör indem ich jede Saite mehrmals erklingen lasse und solange an der Mechanik drehe, bis ich den Ton treffe. Als ich alle Saiten durch bin, streiche ich ein weiteres Mal mit dem Daumen einmal über alle Saiten und die Gitarre gibt einen perfekt abgestimmt, klingende Melodie von sich. Nicht ganz perfekt, die Saiten sind abgenutzt und alt, aber ausreichend. Wenn mich nicht alles täuscht müsste es bald neunzehn Jahre her sein, dass ich auf einer Akkustikgitarre gespielt habe. Und ich habe mir damals geschworen diese Gitarre nie wieder anzurühren, wollte sie eigentlich schon längst verbrennen. Mir kam immer irgendetwas dazwischen. Bis sie schließlich in Vergessenheit geriet.
Nevia die gespannt beobachtet hat wie ich die Gitarre stimme, hat inzwischen fertig gegessen, stellt den Teller zur Seite und sieht mich nun erwartungsvoll mit leicht geöffnetem Mund an. Vielleicht sollte ich etwas sagen, aber ich schmunzele nur. Ich bin wirklich kein Meister der Worte. Und sie scheint auch ohne Worte genau zu verstehen was gerade in mir vorgeht, denn sie beginnt zu lächeln, so süß, dass es mich beinahe umhaut. Verdammt sie ist bezaubernd. Es soll etwas Besonderes sein, nicht irgendein Song den ich irgendwann mal komponiert habe. Passend zum Moment.
Fasziniert beobachte den Engel vor mir, der ungefragt in mein Leben getreten ist. Und ich kann plötzlich glockenklar in meinem Kopf eine Melodie hören und ich beginne zart auf den Saiten zu zupfen, entlocke diesem Oldtimer diese wunderschöne, ruhige Melodie aus meinem Kopf. Sie läuft einfach weiter wie eine CD ich kann es laut und deutlich hören. Ich war schon immer gut darin mir komplette Songs einfach aus den Fingern zu saugen, aber das ich eine Melodie so zu fassen kriege, dass ich sie hören kann, ist noch nie vorgekommen. Sie ist der Grund, dass es so einfach ist. Ihre Schönheit inspiriert mich zu alldem.
Nevias Augen beginnen zu glänzen und wandern nach unten zu meinen Fingern, wie sie es meistens tun wenn ich spiele. Sie beobachtet immer genauestens wie meine Finger über die Saiten wandern und sie scheint es zu bewundern, welche Töne ich damit aus ihr heraushole. Ich frage mich wie eine Frau wie sie, jemanden wie mich mögen, gar bewundern kann. Ja ich sehe gut aus, aber was sonst habe ich an mir, was sie dazu bringt mich so nah an sich ranzulassen? Ich bin ein Eisklotz, war nicht wirklich gut zu ihr. Ich habe sie wochenlang hier eingesperrt ohne auch nur ein Wort mit ihr zu wechseln. Und ich mache mir riesige Vorwürfe deswegen.
Doch ich schiebe meine Gedanken jetzt zur Seite, schließe die Augen und senke den Kopf, konzentriere mich jetzt voll und ganz auf die Musik, fühle sie. Ich beende das Intro und gehe über zum quasi ersten Vers des Songs. Allerdings lasse ich die Gitarre diesen singen. Ich spiele einige sanfte Töne und tippe dann mit dem Zeigefinger meiner Zupfhand die H-Saite in den letzten Bunden vor dem Schallloch zweimal an, was einen glockenhellen Ton hervorzaubert. Das wiederhole ich einige Male, verändere die Töne, dass alles harmonisch zueinander passt und gehe dann über in den Refrain, spiele die Saiten nun mit der ganzen Hand, haue sozusagen richtig auf die Saiten ein, sodass die Töne kurz lauter und härter erklingen. Dann spiele ich wieder etwas sanfter aber trotzdem laut, wechsele zwischen zupfen und mit der ganzen Hand spielen und lasse den Refrain schließlich zupfend enden.
Ich spiele nochmal die glockenhellen Töne und gehe dann in den zweiten Vers über, spiele diesen ruhiger als den Refrain, allerdings lauter als den ersten Vers. Wow, ich muss sagen dieser Song entwickelt sich zu einem Meisterwerk. Es ist geradewegs berauschend wie sich all die Liebe, die ich für sie empfinde mit all ihren Höhen und Tiefen, sich in dieser Melodie bündeln. Nun spiele ich wieder den Refrain haue kurz in die Saiten und zupfe dann mal wieder. Ich öffne die Augen einen Spalt breit, lasse den Kopf jedoch gesenkt, ziehe den Refrain weiter in die Länge und spiele einen Übergang zum Solo, indem ich mehrere Male in alle Saiten haue.
Ich weiche ab von der ursprünglichen Melodie des Songs, denn genau das macht ein gutes Solo aus, finde ich. Es ist künstlerische Freiheit und ich bin dafür bekannt genau diese Auszuleben. Deshalb spiele ich einfach drauf los ohne darüber nachzudenken, sodass ein wirrer Haufen aus zusammengewürfelten Melodien entsteht, die keinen wirklichen Zusammenhang haben, aber doch genau zueinander passen. Es ist verwirrend, aber wenn man sich dem hingibt und die Musik wirklich fühlt, dann versteht man genau was das alles ausdrücken soll. Und als ich ihr beflügeltes, sanftes Lachen vernehme und zu ihr aufsehe, erkenne ich sofort, dass Nevia alles versteht, alles fühlt.
Sie sieht mich ebenfalls an und strahlt übers ganze Gesicht wie ein Sonnenschein, erhellt damit die dunkelsten Ecken meiner Seele. Ich sehe ihr an wie erstaunt sie darüber ist, dass ich es schaffe bei so einem durcheinander von Tönen weiterhin einem roten Faden zu folgen. Sie wusste das, schließlich sieht sie mich nicht zum ersten Mal mein ganzes Können beim Spielen. Aber sie scheint jedes Mal aufs Neue beeindruckt zu sein. Sie liebt es, das kann ich in ihrem Gesicht lesen und sie lacht weil sie meine verrückte Art die Musik auszudrücken amüsiert und glücklich macht.
Nevia senkt den Blick wieder auf meine Finger und ich lasse meinen über ihren Körper schweifen, da ich bemerke dass sie sich seitlich zu mir hingesetzt hat. Die Hand ihres rechten Arms ruht auf ihrer linken Brust, scheinbar unbewusst spielt sie mit dem Stoff des Nachthemds an ihrem Ausschnitt. Mit dem linken Arm stützt sie sich nach hinten hin ab. Mein Blick wandert tiefer.
Oh, fuck! Ich lecke mir hungrig über die Lippen, unterdrücke ein Knurren und wende dann schwer atmend den Blick ab. Ihre Beine hat sie auf der mir abgewandten Seite am Körper angezogen, was bedeutet, dass ich eine erstklasse Sicht auf ihren knackigen, runden Arsch habe. Und wie ich befürchtet habe trägt sie einen String. Das Feuer nimmt zu.
Ich schließe die Augen. Ist das noch Naivität oder reine Provokation? Ich kann es nicht sagen, sie wirkt nicht so als würde sie das absichtlich tun. Wie auch immer, es ist die reinste Folter. Der übelsten Art und Weise. Ich darf nicht die Kontrolle verlieren, beschwöre ich mich selbst und versuche das Bild ihrer runden Arschbacken zu vertreiben, was mir nicht wirklich gelingt. Verdammt sie ist so heiß. Bald wird sie mir gehören.
Ich konzentriere mich auf diesen Gedanken und schaffe es erneut den Jäger zu zügeln, ihn zurück in seine Zelle zu sperren und ich plötzlich nur noch Dankbarkeit verspüre die jeden Winkel meines Innersten ausfüllt. Dankbarkeit darüber, dass sie in mein Leben getreten ist. Dankbarkeit darüber erfahren zu dürfen wie es ist verliebt zu sein. Oh ja Mann, ich bin richtig verschossen in die Frau. So niederschmetternd und schmerzhaft es auch war, als sie mich nicht in ihrer Nähe wollte, als sie sagte, dass sie mich hassen würde. Es hat mich fast um den Verstand gebracht.
Aber die guten Momente, einer wie dieser hier, überwiegt alles davon und er ist jeder dieser noch so schmerzhaften Erinnerungen wert. Und mit dieser Erkenntnis spiele ich einen Übergang, beende das Solo und beginne mit dem abschließenden Vers, den ich zu Beginn noch kraftvoll, jedoch dann ruhiger spiele. Mit einigen letzten sanften Tönen lasse ich den Song enden.
Unsere Blicke Treffen sich. „Das war wunderschön. Einfach nur…wow. Danke.“ Sie flüstert fast. Das Lächeln will gar nicht aus ihrem Gesicht weichen. „Nur für dich Prinzessin.“, erwidere ich und meine es auch so. Ihre Wangen verfärben sich rot und sie wendet mal wieder verlegen den Blick ab. Süße, unschuldige Nevia.
Ich schmunzele und verstaue die Gitarre wieder in der Tasche. Ohne einen weiteren Blick auf sie zu werfen ziehe ich den Reißverschluss zu und schiebe sie wieder unters Bett und erneut in die Vergessenheit. Ich verschwende keinen Gedanken daran. Das einzige woran ich jetzt Denken kann ist ein bisschen Dampf abzulassen. Es ist spät, fast Mitternacht. Es wird Zeit raus auf die Straße zu gehen. Ich erhebe mich vom Bett. „Schlaf jetzt Nevia.“
„Wo gehst du hin?“, fragt sie sofort und sieht mich mit großen Augen an, unwillig mich gehen zu lassen. Besser ich halte das erst einmal noch von ihr fern. „Ich muss noch etwas erledigen.“ Sie mustert mich wachsam. Langsam beginnt sie den Kopf zu schütteln und verzieht ängstlich das Gesicht. „Nein, nein…“, murmelt sie. Ruckartig rutscht sie vor bis zur Bettkante und greift nach meiner Hand.
„Bitte Ritchie geh da nicht raus, du musst das nicht tun.“ Sie fleht mich auf Knien, hält dabei meine Hand ganz fest in ihren zitternden Fingern. Sie hat Angst. Um mich. Ja, ich habe mitbekommen, dass sie auf mich steht. Aber ich hätte nicht zu glauben gewagt, dass sie tatsächlich solche Gefühle für mich aufbringen könnte. Ich fühle mich plötzlich stärker als jemals zuvor. Für sie werde ich alles und jeden bezwingen. „Ich weiß was ich tue. Mir passiert nichts.“, versuche ich sie zu beschwichtigen. Natürlich hat sie meinen kleinen Schwindel sofort durchschaut. „Aber was ist wenn da wieder so eine Schlangenfrau kommt? Oder etwas noch schlimmeres? Bitte geh nicht. Geh einfach nicht.“
„Nevia…“ Ich weiß nicht recht wo ich jetzt ansetzen soll. Warum ich da raus muss. Denn egal was ich sage, es würde Fragen aufwerfen. Und wie ich kenne, würde sie nicht locker lassen. Darum berufe ich mich auf das, was mir eingetrichtert wurde und was ich so gehasst habe. Vier Worte, die ich viele Jahre lang täglich mehrmals zu hören bekommen habe. „Es ist meine Pflicht.“
Ich sehe in ihr hübsches Gesicht, mir zitternden Lippen flüstert sie schmerzerfüllt: „Nein…nein bitte nicht. Ich verstehe das nicht. Wie kann das eine Pflicht sein? Das kann nicht sein, das kann einfach nicht sein…“ Sie senkt den Blick, lässt von meiner Hand ab und greift gleichzeitig mit beiden Händen seitlich ihres Kopfes in ihre Haare, schüttelt immer wieder den Kopf. Sie redet sich in Rage, ich muss das sofort unterbinden. Sie darf sich noch nicht so sehr aufregen. Aus einem Impuls heraus knie ich mich vor sie auf den Boden, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein. „Nevia, sieh mich an. Sieh mich an!“ Als sie zuerst nicht reagiert, greife ich bestimmend nach ihrem Kinn, zwinge sie dazu mich anzusehen. Augenblicklich verstummen ihre Worte, sie sieht mich mit ängstlich weit aufgerissen Augen an, wie zu Eis erstarrt. Sie hält die Luft an. Das tut sie oft unbewusst in Situationen die sie, man könnte sagen überfordern. Eine Eigenart die ich von Beginn an entzückend fand.
Unsere Gesichter sind nur Zentimeter voneinander entfernt. „Du musst atmen.“, flüstere ich und streichele mit dem Daumen über ihre Wange. Sofort lässt sie die angestaute Luft in ihren Lungen entweichen und atmet, keinesfalls ruhig, eher wie ein gehetztes Tier. Ich nehme ihre Hand und lege sie auf meine Brust, auf die Stelle meines Herzens. Sie sieht kurz zwischen mir und ihrer Hand hin und her, bevor ihr Blick schließlich auf ihrer Hand verweilt, da sie meinen kräftigen Herzschlag fühlt. Und ihr Atem beruhigt sich endlich. Erst jetzt beginne ich zu sprechen. „Ich bin stark und habe Fähigkeiten die kein anderer Mensch besitzt. Ich habe bald zwanzig Jahre Kampferfahrung und schon gegen weitaus stärkere Gegner gekämpft, als dieses Reptilienflittchen. Man kann mich nicht so einfach töten. Das ist der Zweck zu dem ich ausgebildet wurde. Das ist meine Aufgabe. Ich bin der Einzige der das tun kann.“
Sie sieht mich noch immer direkt an, aber es fühlt sich mehr so an, als würde sie durch mich hindurchsehen. Doch bevor ich beginnen kann mir Sorgen zu machen seufzt sie leise auf, schließt ergeben die Augen und nickt. Sie akzeptiert diese Tatsache still, ohne Worte. Doch als sie wieder zu mir aufblickt zerreißt es mir fast das Herz. Eine tiefe Trauer hat von ihr Besitz ergriffen und sie wirkt plötzlich sehr müde. Eine einzelne Träne kullert ihre Wange hinab, mit dem Daumen streiche ich sie sanft fort. „Bitte Ritchie, bleib bei mir. Lass mich jetzt bitte nicht allein.“, flüstert sie gebrochen.
Es widerstrebt mir meiner Pflicht nicht nachgehen zu können, einerseits aus Routine, anderseits da es die einzige Möglichkeit ist mich abzulenken und nicht pausenlos an Sex mit Nevia zu denken, an tausend verschiedenen Orten, in hundert verschiedenen Stellungen. Aber jedes weitere Wort des Wiederspruchs hat sie soeben im Keim erstickt. Wie könnte ich jetzt gehen? Woher soll ich die Kraft nehmen, nein zu ihr zu sagen, nein zu mir selbst zu sagen? Denn inzwischen ist sie für mich der Mittelpunkt meiner Welt. Ich könnte sie niemals alleine lassen. Sie braucht mich. Hier und jetzt. Und das ist alles was mir wirklich wichtig ist.
Hati wie sieht es aus da draußen? Der riesige Wolf empfängt meinen Gedanken sofort und antwortet umgehend. Es ist ruhig. Bisher ein Vampir, zwei Orks und eine kleine Gruppe Pixies. Alle erledigt.
Pixies? Ich wusste nicht, dass es die noch gibt. Ich hörte sie seien schon vor Jahren ausgerottet worden sein. Hinterhältige, elfenartige Biester ich bin nie selbst einer begegnet, aber sie sollten kein größeres Problem darstellen. Du kommst alleine klar? Mehr als ein verächtliches Schnaufen gibt der Wolf nicht weiter von sich. Es bedarf auch keiner weiteren Worte, meine Frage war eher rhetorisch gemeint. Selbstverständlich kommt er klar. Somit ist das Gespräch schnell beendet.
„Ich bleibe.“ Ihr Gesicht erhellt sich. Die Trauer schwindet nicht aus ihren Augen, aber Erleichterung gesellt sich dazu, zumindest für den Moment. „Danke.“, murmelt sie dankbar. Ich schmunzele. Die Situation ist keineswegs lustig, ich schmunzele, weil dieses süße, zarte Wesen vor mir sich für absolut nichts bedanken muss. Es aber trotzdem tut. Ich bin es der sich bedanken sollte. Dafür das sie über all meine Fehler hinweg sieht. Dafür das ich sie berühren darf, sie küssen darf. Dafür das ich ihr zusehen darf wie sie rot wird, wie sie es jetzt schon wieder tut, weil ich sie einfach nur fasziniert anstarre.
Ich stehe auf, klettere an ihr vorbei aufs Bett und lege mich hin. Die Decke ziehe ich nur bis zu den Hüften, ich kann mich nicht mal daran erinnern wann ich das letzte Mal unter eine Decke gelegen habe. Für gewöhnlich schlafe ich darauf. Nevia beobachtet mich nur mit großen Augen und leicht geöffnetem Mund, macht keine Anstalten meinem Beispiel zu folgen. Also strecke ich den rechten Arm nach ihr aus und sage: „Komm her Prinzessin.“
Endlich bildet sich ein zartes Schmunzeln auf ihren Lippen, sie löscht das Licht der Nachttischlampe krabbelt dann langsam unter die Decke und kuschelt sich an mich. Ich lege meinen Arm um sie und streichele ihr sanft über den Rücken, mit der anderen Hand streiche ich ihr das Haar aus dem Gesicht. Ich beuge mich leicht zu ihr runter, streife mit meinen Lippen über ihre und küsse sie dann, nur einmal ganz zart. „Schlaf jetzt meine Schöne.“
Sie nickt, lächelt dabei, bettet dann ihren Kopf auf meiner Brust und schlingt ihren Arm um meinen Oberkörper. Ich wage es nicht die Augen zu schließen. Was habe ich mir da bloß eingebrockt? Erstaunlich wie gut es sich anfühlt, sie einfach nur festzuhalten. Ich kann die Hitze ihrer Haut durch den dünnen Stoff ihres Nachthemds spüren. Das ist gut. Zu gut. Ich will mehr. Ich fixiere einen bestimmten Punkt an der Decke. Nicht die Augen schließen. Ich höre sogar auf zu blinzeln. Mir steht der schwerste Kampf bevor den ich je geführt habe. Ich gegen mein Alter Ego. Das wird eine lange Nacht.
Oh mein Gott. Ich bin verliebt, bis über beide Ohren. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Es ist ein unglaubliches Gefühl, in seinen Armen zu liegen. Ich fühle mich geborgen, beschützt…geliebt. Und sein Geruch ist betörend. Sein ganz eigener Geruch, unverfälscht ist einfach unbeschreiblich. Aber was gerade die tausend Schmetterlinge in meinem Bauch verursacht, ist das alles verzehrende Verlangen, was in ihm wieder die Oberhand übernommen hat. Die Art wie er zärtlich meinen Rücken auf und ab streichelt. Ich will, dass seine Hand tiefer wandert. Doch er versucht zwanghaft die Kontrolle über sein Verlangen zu behalten. Äußerlich ist ihm jedoch nichts anzumerken. Er liegt bewegungslos da. Kein Anzeichen auf den Kampf der gerade in ihm tobt. Wenn ich es nicht selber fühlen würde, würde ich es nicht glauben.
Er hat Angst, Angst davor er könnte mich verschrecken. Aber die muss er nicht haben. Dafür gibt es keinen Grund mehr. Es ist zu spät, ihm gehört mein Herz. Er sagte er würde mich verführen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist. Aber welcher Zeitpunkt wäre besser als dieser? Wir beide alleine im Bett, in der Dunkelheit, nur das schwache Mondlicht erhellt das Zimmer. Es ist perfekt.
Seine Hand hält an meinem unteren Rücken plötzlich kurz inne und beginnt dann langsam, Millimeter um Millimeter sich nach unten zu tasten. Aufregung macht sich in mir breit, die sich blitzartig zwischen meinen Beinen entlädt. Doch nachdem er sich so quälend langsam dem Ziel genährt hat, hält er wieder inne und er übt mit seinen Fingern einen kräftigeren Druck aus, als zuvor. Und er nimmt dann seine Hand weg, legt sie leicht auf meiner Taille ab, hört auf mich zu streicheln. Er wird mich nicht dort berühren, er wird mich auch nicht verführen. Aber der Druck in mir nimmt immer mehr zu, mein Unterleib brennt förmlich. Ich muss ihn fühlen. Und zwar jetzt.
Vorsichtig und mit zitternden Fingern, fahre ich zögernd über seine Brust hinab, über jeden einzelnen seiner harten Bauchmuskeln, arbeite mich fest entschlossen weiter nach unten vor. Ja ich bin mir sicher und ich bin bereit. Ich will mit Ritchie schlafen. Doch desto näher ich dem Bund seiner Hose komme, desto nervöser werde ich. Ich kann doch nicht einfach in seine Hose greifen. Oh mein Gott, aber genau das ist es was ich tun muss, damit ich bekomme was ich will. Ich muss den ersten Schritt machen. Meine Finger haben den Bund der Hose erreicht und streichen unsicher an ihm entlang. Oh Mann, ich habe weder jemals einen Mann dort berührt, noch es live gesehen. Ich werde knallrot im Gesicht und mein Blut rast durch meinen Körper. Stimuliert die empfindlichsten Stellen meines Körpers. Ich will wissen wie er aussieht, wie er sich anfühlt. Ob er groß ist? Daran habe ich keinen Zweifel. Alles oder nichts, Nevia. Jeder Tag könnte unser letzter sein.
Gerade als meine Finger das Hindernis überwinden wollen, um ihn weiter zu erkunden, greift seine Hand nach meiner, hält sie gnadenlos fest. „Du sollst schlafen.“ sagt er seine Stimme klingt irgendwie gepresst. Der Gedanke ich könnte ihn dort berühren, lässt ihn fast wahnsinnig werden vor Lust. Also warum hält er mich auf? Meine Augen haben sich schon an die Dunkelheit gewöhnt, also sehe ich zu ihm hoch, sehe, dass seine Augen geöffnet sind und brennen. Lichterloh. Erstaunlich wie hell das Feuer im Dunkeln leuchtet. Mein Blick findet seine Lippen. Ich will ihn küssen. So sehr.
„Nevia…“, er sieht mich nicht an, starrt zur Decke, blinzelt nicht ein einziges Mal. „Hör auf mich zu provozieren.“ Seine Stimme klingt rau, männlich und unheimlich dominant. Doch ich kann nicht aufhören daran zu denken, ich fühle nur noch Lust durch meine Blutbahnen rasen. Und ich habe Angst ich könnte verbrennen, wenn mein Verlangen nicht bald gestillt wird. Er ist so sexy, mein Körper verzerrt sich nach ihm, nach allem. Ich will, dass er endlich loslässt. Ich kann nicht mehr warten.
Da fasse ich einen Entschluss. Ich tue alles dafür um erlöst zu werden. Hektisch winde ich mich aus seinen Armen und knie mich neben ihn hin. Endlich wendet er den Blick von der Decke ab, mustert mich, mit diesem speziellen Blick. Der Blick der in mir diesen Zwang erweckt mich ihm zu unterwerfen. Aber ich lasse mich nicht einschüchtern. Ich weiß was ich will und wenn er es mir nicht gibt, werde ich die Waffen einer Frau einsetzen um es zu bekommen. Naja, zumindest werde ich es versuchen.
Ich bin unsicher und habe große Angst davor, ich könnte mich lächerlich machen. Schließlich hält sich meine Erfahrung damit in Grenzen. Aber ich gehe das Risiko ein. Langsam hebe ich einen Arm an meine linke Schulter, schiebe ganz vorsichtig den Träger meines Nachthemds darüber hinweg. Ritchie verfolgt das Geschehen mit seinen Augen. „Ich würde das besser lassen Prinzessin.“
Ich schlucke einmal, aber lasse mich nicht beirren, hebe meinen anderen Arm und schiebe mir auch den zweiten Träger über die Schulter. Ritchie verengt nun leicht die Augen. Seine Stimme gleicht einem Knurren, als er erneut das Wort an mich richtet. „Leg dich wieder hin Nevia!“
Er duldet keinen Wiederspruch. Mein Körper bebt, aber ich schaffe es seiner Autorität stand zu halten und dennoch den Kopf zu schütteln. „Nein.“, erwidere ich noch um meinen Standpunkt klar zu machen. Ich greife nach dem Saum des Nachthemds, sehe ihm dabei in die Augen, versuche selbstsicher und weiblich zu wirken. Langsam ziehe ich den Stoff immer höher, über die Hüfte, hoch bis zu meinem Bauch.
„Du wiedersetzt dich mir?“ Er schließt die Augen. Nur einige Sekunden, doch als er mich wieder ansieht, ist das Feuer von schwarzen Rauchschwaden durchzogen. Der Blick des Raubtieres. Wirklich dieser Blick ist angsteinflößend, auch weil er seine Gefühle vor mir versteckt. Wo ich bis gerade eben, noch sein Verlangen gespürt habe ist jetzt nichts mehr. Ritchie setzt sich auf, lässt mich dabei nicht aus den Augen. Automatisch weiche ich ein Stück zurück, lasse den Saum des Nachthemdes wieder fallen. Teilweise vor Aufregung was er jetzt tun wird, aber auch weil ich genau weiß, dass ihn das noch mehr reizt.
„Süße, kleine Nevia. Gerade einmal von der Liebe gekostet und schon so unersättlich.“ Mir läuft ein Schauer über den Rücken. Die Art wie er mit mir spricht, halb von oben herab, aber doch voll von so vielen unausgesprochenen Versprechungen. Er kann mich in den siebten Himmel befördern, auf hundert verschiedene Arten.
„Du willst also mehr?“ Es schnürt mir die Kehle zu. Ich wage es nicht es laut auszusprechen. Hastig nicke ich einmal. Er verengt die Augen erneut, wirkt verärgert durch meine Reaktion. Plötzlich kommt er ruckartig auf mich zu, greift nach meiner Hüfte und zieht mich zu sich. Mit Gewalt spreizt er meine Beine, kniet sich dazwischen, begräbt mich dann mit seinem Körper. „Wenn ich dir eine Frage stelle, erwarte ich eine Antwort. Merk dir das.“
Er hat mich in null Komma nichts überwältigt, ohne jegliche Kraftanstrengung. Und ich konnte rein gar nichts dagegen tun. Dieser Mann ist gefährlich. Todbringend. Und ich bin ihm absolut verfallen. „Sag mir was du dir jetzt von mir wünschst, Nevia.“
Was? Mein Herzschlag rast in meiner Brust. Er weiß genau das es mir sehr schwer fällt über so etwas zu reden. Und noch schwerer ihm zu sagen, was er jetzt tun soll. Die Situation überfordert mich und sein bohrender Blick dazu überwältigt mich geradezu. Ich vertraue meiner eigenen Stimme nicht. Mit aller Macht versuche ich gegen seine Wirkung auf mich anzukämpfen. Er weiß genau, was ich mir wünsche, ich kann das nicht aussprechen. Ich schüttele flehend den Kopf.
„Nein? Also wagst du es mich zu reizen…“ Er legt seine Hände an meine Taille und fährt dann mit ihnen seitlich an meinem Körper hinab. „…um mich dann warten zu lassen?“ Und dieses Mal hält er nicht kurz vorm Ziel inne. Seine Hände legen sich auf meine Pobacken und greifen fest zu. Ich stöhne erregt auf. Ja, ich will mehr davon. „Traust dich nicht zu zugeben, dass du geil auf mich bist?“ Seine Lippen treffen auf meine. Ja endlich küsst er mich. Herrisch, fordernd, nimmt er mich mit seiner Zunge in Besitz. Ich wimmere unwillig auf, als er den Kuss zu schnell wieder beendet.
„Sag mir Nevia, was hattest du da vorhin vor mit deiner Hand?“ Nein, er weiß es, er weiß es genau. Das kann er nicht von mir verlangen. „Bitte Ritchie…“, flüstere ich mit zittriger Stimme. Er richtet seinen Oberkörper auf sieht gierig an meinem Körper hinab. Seine Hände legt er auf die Innenseite meiner Oberschenkel und drückt sie noch weiter auseinander. Sein Blick ist nun direkt auf meine Mitte gerichtet. „Mhm, ich kann sehen wie nass du bereits bist.“
Ich keusche auf, versuche sofort die Beine zu schließen, doch er hindert mich daran. „Nein Nevia, du bist zu weit gegangen.“ Ich schaffe es nicht mehr dagegen anzukämpfen, mich weiter gegen ihn aufzulehnen. Seine Dominanz ringt mich nieder, macht mich gehorsam, egal wie peinlich mir die ganze Situation ist. „Antworte endlich!“ Und ich verfalle wieder in diesen Zustand, indem ich nur noch ihn wahrnehme und absolut alles tue was er verlangt. „Ich wollte…ihn berühren.“
Ritchies Atem geht schwerer. „Wen wolltest du berühren Nevia?“ Oh mein Gott, ich glaube mein Herz bleibt gleich stehen. „Deinen…Penis.“, ich möchte im Erdboden versinken. Doch dieses Gefühl ist sofort wie weg gefegt, als er sich wieder zu mir runter beugt und meinen Mund erneut leidenschaftlich überfällt. Ich liebe es ihn zu küssen, ihn zu schmecken. Bitte hör nie wieder damit auf. Doch mein Wunsch wird nicht erhört. Ich ringe geräuschvoll nach Luft, als er sich von mir löst. Sein Blick nimmt meinen direkt gefangen.
„Willst du das immer noch?“, fragt er dann. Wir beide wissen, die Antwort auf diese Frage. Aber mir ist auch klar, dass er ein Spiel mit mir spielt. Er zwingt mich zu antworten, obwohl er weiß, dass ich Hemmungen habe über solche Dinge zu sprechen. Er tut das, weil es ihn an macht. Genau das ist es was ich erreichen will.
„Ja.“, flüstere ich schließlich und nicke. Kurze Zeit geschieht gar nichts, wir sehen uns nur an und ich werde extrem nervös, weil er mich so eindringlich beobachtet. Dann greift er meine Hand, mustert genauestens meine Reaktion, führt meine Hand. Bis ich ihn schließlich durch den Stoff seiner Hose mit den Fingerspitzen berühre. Mein Atem geht schneller. Vorsichtig streiche ich mit den Spitzen meiner Finger, an dem harten Schaft auf und ab und ich keuche leicht auf, als er mir aufgeregt entgegen zuckt, mir damit signalisiert, dass ihm das nicht reicht. Er löst seine Hand von meinem Handgelenk und stützt sich mit seinen Armen, rechts und links von meinem Körper ab. Lässt dabei meinen Blick nicht los und überlässt somit mir jede weitere Art der Erkundung.
Meine Hand zittert, ich zittere am ganzen Leib. Doch meine Neugierde ist stärker. Mutig lege ich nun meine ganze Hand auf seinen Penis. Das Zucken wird stärker und ein Knurren steigt aus seiner Kehle hinauf. Aber er hört nicht auf mich anzusehen, schließt die Augen nicht ein einziges Mal. Und dann fahre ich mit der ganzen Hand sanft, über seinen kompletten Penis. Oh Gott, ich habe gewusst, dass er groß ist. Aber das was ich hier fühle, ist nicht groß. Es ist geradezu gigantisch.
Meine Augen werden größer, als ich die tatsächliche Größe seines Penis spüre und noch mehr Lust fließt durch meine Adern. Ich will ihn fühlen, ohne diesen störenden Stoff. Ich nehme all meinen Mut zusammen, lege meine Hände an den Bund seiner Hose. Und entblöße ihn langsam. Das Feuer seiner Augen lodert kurz auf, als wäre Zunder hinein geworfen worden, bevor die Rauchschwaden es wieder zu verdecken versucht. Und dann schließe mich meine Hand um ihn. Ritchie stöhnt erregt auf, kann sich nicht mehr zusammen reißen, schließt die Augen. Unsicher bewege ich meine Hand auf und ab, fühle die weiche Haut, die sich über seine Härte spannt unter meinen Fingern, traue mich nicht zu fest zu zugreifen, aus Angst ich könnte ihm wehtun.
Doch als er wieder die Augen öffnet, dringt sein gieriger Blick in mich ein, lässt meine Gefühlswelt Kopf stehen. Er umschlingt meine Hand um seinen Penis mit seiner eigenen, drückt kräftig zu und bewegt sie an seinem Schaft auf und ab, wird schneller und zeigt mir wie ich ihn berühren muss, bevor er seine Hand wieder wegnimmt. Er keucht, stöhnt. „Oh fuck, Nevia.“
Es ist berauschend. Und es treibt mich beinahe um den Verstand. Ihn zu fühlen, zu fühlen wie seine Lust ihn verzerrt, bringt mich an einen Punkt der Erregung, an dem ich nicht mehr zurück kann. Sein kompletter Körper ist angespannt. Mir ist klar, dass er sich nicht mehr zurückhalten kann, als er langsam beginnt sich meiner Hand entgegen zu stoßen. Das hier ist heiß, unglaublich heiß und sein Verlangen, welches er nicht mehr versucht zu zügeln ist hocherotisch und droht mich zu überfluten.
Unser beider Atem beschleunigt sich und ich bemerke schnell die Veränderung in mir. Wo gerade noch Unsicherheit und Hemmungen meine Handlungen bestimmt haben, spüre ich nur noch pure Erregung und das Verlangen Ritchie Lust zu bereiten. So wie er sie mir bereitet hat. Mein ganzer Körper entspannt sich plötzlich. Ich bin noch immer extrem aufgeregt, aber nicht mehr weil ich das alles hier zum ersten Mal tue. Ich bin aufgeregt zu erfahren was passiert, wenn ich das hier zu Ende bringe. Ja ich will es zu Ende bringen.
Ich nehme die zweite Hand dazu, lege sie über die erste an seinen Schaft und massiere leicht bei jeder auf und ab Bewegung seine Spitze. Er verengt leicht die Augen, über meinen Schachzug, stößt sich mir jedoch etwas härter entgegen. Und das Feuer beginnt erneut sich durchzukämpfen, plötzlich kann ich wieder fühlen, was er fühlt. Es ist Überwältigend. Oh ja er ist kurz davor. Von meiner eigenen Lust gepackt stöhne ich auf. Behalte das Tempo bei. Bereite mich innerlich darauf vor. Doch das Feuer ist nicht stark genug. Wieder umschlingt die Schwärze seinen hellen Schein. Versperrt mir erneut den Zugang.
Ein Schmunzeln bildet sich auf seinen Lippen, er beugt sich vor und küsst mich. Ahh, das ist so gut, willig gewähre ich ihm Einlass. Bevor ich verstehe wie mir geschieht, beendet er den Kuss auch schon wieder und fesselt mit einer Hand meine Arme über meinem Kopf. Ein Zittern geht durch meinen Körper und all die Unsicherheit und Hemmungen sind auf einen Schlag wieder da. Ich kann nichts sagen, sehe ihn nur mit großen Augen an. Er schmunzelt noch immer, gefährlich verlangend.
„Ich bin dran mit wünschen, Prinzessin.“ Er richtet sich auf, sieht lüstern an meinen Körper hinab. „Als ich dich sah, auf dem Konzert, da hatte ich eine Fantasie. Sie geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf.“ Er lässt meine Arme frei aus seinem Klammergriff, aber nur um seine Hände an meine Oberschenkel zu legen und langsam an ihnen hinauf zu fahren. Sie erreichen den Stoff meines Nachthemdes, fahren weiter, nehmen das ungeliebte Hindernis mit sich auf ihrem Weg nach oben. Automatisch hebe ich kurz meinen Po, damit er den Stoff drunter weg schieben kann. Unter meiner Brust hält er inne, legt einen Arm unter meinen Rücken und zieht mich hoch. Er greift wieder nach dem Stoff, instinktiv hebe ich die Arme und bevor ich darüber nachdenken kann liege ich auch schon wieder nackt in den Laken des Bettes, er über mir.
Er sieht auf mich hinab, ich spüre seine Hände, sie fahren heiß über die nackte Haut meines Körpers. Über Oberschenkel, Po, Bauch…Brüste. Er umfasst sie beide mit der ganzen Hand, dreht die Brustwarze leicht zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her. „Ahh!“, keuche ich, schließe die Augen und strecke mich seinen Händen entgegen, als sich ein mächtiger Stromschlag in meinem Unterleib entlädt. Oh ja, ich will mehr, viel mehr.
Im nächsten Moment drängen sich seine Lippen wieder auf meine, ich gebe mich widerstandslos hin. „Nevia…“, haucht er in unseren leidenschaftlichen Kuss hinein. Ich schlinge meine Arme um seinen Hals, will ihn enger an mich drücken, die letzte Distanz zwischen unseren Körpern überwinden. Er lässt mich nicht. „…ich will dich küssen.“ Ich lächle, küsse ihn weiter, flüstere irgendwann zwischendrin: „Du küsst mich.“ Sein Kuss wird wieder inniger und er knurrt leise, bevor er mal wieder abrupt von mir ablässt. Sein stechender Blick ist auf mich gerichtet, als ich laut aufstöhne, da er seine flache Hand auf meine Scham gelegt hat und leicht Druck ausübt „Hier will ich dich küssen.“
Ich sehe ihn durch den Schleier meiner Lust hinweg irritiert an, die Lippen einen Spalt geöffnet. Er will mich dort küssen? Mit seinem Mund? Mir in Gedanken selbst gegen die Stirn schlagend reiße ich leicht überrumpelt die Augen auf. Natürlich mit seinem Mund, womit denn wohl sonst? Meint er das ernst? Macht man denn so etwas? Ist das vielleicht die Art von ausgefallenen Sexpraktiken, von denen Lexy mir damals erzählte?
Ritchies leises, sinnliches Lachen reißt mich aus meinen wirren Gedanken und nimmt mich wieder voll für sich ein. Oh Gott er will mich wirklich da küssen. Und in seinem Blick kann ich sehen, dass das keine Frage war, sondern viel eher eine Ankündigung. Die Vorstellung er würde tatsächlich…mein Unterleib beginnt heftig zu pochen. Und ich atme genussvoll auf als er beginnt sich zärtlich an meinem Hals hinab zu meinen Brüsten zu küssen. Mit seiner Zunge umkreist er spielerisch meine Brustwarze, bevor er sie ganz in den Mund nimmt und lustvoll an ihr saugt. Dasselbe macht er mit der Zweiten und arbeitet sich dann langsam an meinen Bauch küssend hinunter, zum Bund meines Höschens. Jedes Nervenende meines Körpers kribbelt erwartungsvoll.
Er schmunzelt teuflisch, richtet sich dann auf. Er greift nach meinen Oberschenkeln und drückt sie kurzerhand zusammen, streicht an ihnen hinab, sodass ich die Beine in die Höhe strecke. Den Kopf leicht schief legend, lehnt er sich etwas zurück, wirft einen Blick auf meinen Po, sieht mir wieder in die Augen und greift dann an meinen Hüften nach dem letzten bisschen Stoff, das meinen Körper bedeckt. Langsam zieht er den Fetzen über meinen Po, beobachtet dieses Spektakel genau, wie der Slip darüber hinweg rollt, meine Beine hinauf und schließlich ohne jede weitere Beachtung zur Seite fliegt. Leckt sich hungrig über die Lippen.
Ohne das ich auch nur die geringste Chance habe es zu verhindern, drückt er meine Beine bestimmend auseinander. Dabei sieht er mir in die Augen. Das Schmunzeln auf seinen Lippen verschwindet, als er seinen Blick von meinem löst, langsam an meinem Körper hinab sieht. Und schließlich an meiner Mitte hängen bleibt. Mein Herz klopft wie wild in meiner Brust, gleichzeitig steigt alles Blut meines Körpers in meinen Kopf. Ritchie legt leicht den Kopf schief, wendet den Blick jedoch nicht von meiner Scham ab, er scheint sie genauestens zu inspizieren. Oh mein Gott, bitte hör auf da so hin zu starren!
Von meinem Schamgefühl zerfressen, versuche ich die Beine zu verschließen, doch er hält unbarmherzig dagegen, gewährt mir nicht, mich vor ihm zu verstecken. Ich kann ein leises Knurren von ihm vernehmen. „Du wirst mich nicht davon abhalten mir anzusehen, was sowieso schon mir gehört.“, spricht er und sieht mich herrisch an. Ohne eine Antwort abzuwarten umfasst er grob meine Brüste mit seinen Händen, massiert sie und überfällt meine Lippen erneut mit seinen. Er ist nicht sanft, besitzergreifend fordert er ein, wonach er verlangt. Ich stöhne in unseren Kuss hinein und strecke mich ihm entgegen. Doch er drückt mich zurück in die Laken und entzieht sich meinen Lippen. Seine Hände legt er auf die Innenseite meiner Oberschenkel, beugt sich langsam über meine Scham. Sein Blick ist gierig auf darauf gerichtet. Jetzt wird er es tun. Innerlich mache ich bereit. Doch anstelle seiner Lippen spüre ich seine Fingerspitzen, wie sie zart über meine komplette
Scham fahren.
Ich wimmere überrascht auf, so intensiv ist diese leichte Berührung. Doch bevor ich mich weiter sammeln kann, fühle ich seine Lippen auf meiner empfindlichsten Stelle Druck ausüben. Schwer atmend und mit großen Augen sehe ich dabei zu, wie Ritchie sich langsam, küssend an meiner Scham hinab arbeitet. Ich kann seinen heißen Atem an meiner Haut fühlen. Heilige Jungfrau Maria, das sieht so unglaublich versaut aus und fühlt sich noch viel verbotener an. Er sieht mir in die Augen, das Feuer züngelt gefährlich an den Rauchschwaden in seinen Augen und dann fühle ich…seine Zunge!
„Ahh Ritchie!“, quietsche ich erschrocken auf, rutsche abrupt etwas von ihm weg, setze mich auf und schließe die Beine. Mit weit aufgerissenen Augen starre ich ihn völlig überrumpelt an. Seine Augen sind geschlossen. „Mhm Babe…so köstlich.“ Er öffnet die Augen, die Rauchschwaden sind komplett verschwunden, nur noch das strahlend helle Feuer nimmt seine Iris ein. So wunderschön. Und ich nehme wieder seine Gefühle war. Liebe, Lust, aber auch Verärgerung. Er leckt sich über die Lippen, grinst mich dann überheblich an. „Ich habe mich danach gesehnt von dir zu kosten und du entziehst dich mir?“
„Ich…ähm, du wolltest mich küssen.“, stottere ich kleinlaut. Er schnauft. „Ich habe dich geküsst.“ Ich laufe feuerrot an. „Mit deiner Zunge.“ Sein Grinsen wird breiter, es erreicht jedoch nicht seine Augen. „Ja, mit meiner Zunge.“ Ohne Vorwarnung zieht er mich an sich, küsst mich, greift mit seinen Händen meine Pobacken und knetet sie grob. Wow, sein ungezähmtes Verlangen zu fühlen und gleichzeitig mein eigenes lässt meinen Körper entflammen. Es ist eine Kombination die den Punkt meiner Erregung an die Spitze treibt. „Du weißt, ich bin kein Mann der gut mit einem Nein umgehen kann. Und jetzt wo ich weiß wie du schmeckst, will ich jeden einzelnen Tropfen deines süßen Saftes mit meiner Zunge auflecken. Also sei ein braves Mädchen Nevia.“
Ich sehe ihn nur an mit großen Augen, fühle mich auf eine Art von ihm bedrängt, die mich einerseits einschüchtert, andererseits macht mich das jedoch höllisch an. Gleichzeitig macht mir sein Blick klar, dass er das durch ziehen wird, mit oder ohne mein Einverständnis. Er ist bereit dazu sich zu nehmen was er will und aus ihm spricht nicht dieses Raubtier ihn ihm, sondern ganz alleine er selbst. Ich habe es zu weit getrieben, er wird keinen Rückzieher mehr machen. Er will mich einfach zu sehr.
Oh Gott, warum habe ich nur solche Hemmungen, ich fühle mich wie ein Teenager ihm gegenüber, er wirkt so übermächtig. Seine Präsenz, seine Erfahrung. Und er schämt sich für gar nichts, für keine einzige seiner versauten Fantasien. Ganz im Gegenteil.
Sein leises Lachen holt mich aus meinen Gedanken zurück. „Worüber zerbrichst du dir gerade dein hübsches Köpfchen?“ Ich werde rot, schüttele hastig den Kopf. „Nein, nichts. Über gar nichts.“ Ich werde ihm bestimmt nicht auf die Nase binden, dass mich seine Souveränität ziemlich überfordert. Er lächelt, verengt jedoch verärgert die Augen. „Meine Geduld ist am Ende Nevia. Ich kann es kaum noch erwarten…“, mit Gewalt spreizt er meine Beine, „…dich zum Schreien zu bringen.“
Ich bin wie gelähmt, wehre mich nicht gegen seine Dominanz. Das Blut rauscht in meinen Ohren und ich halte unbewusst die Luft an, als er sich langsam über meine Mitte beugt. „Entspann dich meine Schöne. Ich werde uns beiden eine riesen Freude bereiten.“ Ich versuche zu tun was er sagt, lehne mich zurück, schließe die Augen. Aber sich zu entspannen in dieser Situation ist leichter gesagt als getan, ich meine er wird gleich… „Ahh!“
Ich versuche mich ihm ein weiteres Mal zu entziehen, als er mit seiner Zunge von unten nach unten durch meine Spalte fährt, doch er knurrt und hält standhaft dagegen. Ich kann mich keinen Zentimeter rühren. Er wiederholt die Sache mit seiner Zunge und ich recke stöhnend meine Brüste in die Höhe, kralle mich halt suchend mit beiden Händen in das Laken, als er meinen empfindlichsten Punkt findet und ihn erbarmungslos mit der Zungenspitze umkreist. Süße Folter!
Ich wimmere auf, überwältigt von diesem Gefühl. Wenn er so weiter macht dauert es nicht lange, bis ich soweit bin. Doch er lässt von meiner Perle ab, wandert mit der Zunge hinunter zum Eingang in mein Innerstes und dringt mit seiner Zunge in mich ein, immer wieder, bewegt sie geschickt in mir, bringt mich damit halb um den Verstand.
„Ritchie…ahh ja!“ Ich hätte nicht gedacht, dass es sich so anfühlen würde, sein warmer Atem, seine weiche, feuchte Zunge auf meinem erhitzten Fleisch. Ich will es sehen. Kurzerhand stütze ich mich auf die Ellbogen, richte ich mich leicht auf und sehe zu ihm. Unsere Blicke treffen sich und ich sehe in seinen Augen, wie sehr er es genießt mich auf diese Art zu beglücken und wie sehr es ihn anmacht mich zu schmecken. Aber auch, dass ihn diese Tatsache fasziniert, als würde er das nicht mit jeder machen.
Es bringt mich dazu mich ihm auf eine Weise verbunden zu fühlen, wie noch keinem anderen Menschen zuvor. Ich bin die Frau die er begehrt, ich bin etwas Besonderes für ihn, war ich von Anfang an. Und mir ging es genauso, ich war auch von der ersten Sekunde an hin und weg von ihm. Ich hätte nur niemals im Leben gedacht, er könnte mich wirklich wollen. Es macht mich gerade unendlich glücklich und ich beginne zu lächeln, greife nach seiner Hand, er nimmt meine unverzüglich in seine und arbeitet sich gleichzeitig träge an meiner Spalte wieder hinauf, immer wieder über meine angeschwollene Perle. Ohne über meine Handlungen noch irgendeine Macht zu haben, drücke ich mich seiner Zunge entgegen, auf der Suche nach mehr und kralle mich mit meiner freien Hand in seinem Haar fest, versuche ihn gegen mich zu drücken. Ritchie knurrt, lässt von mir ab und ich murre unwillig auf. „Plötzlich so gierig? Willst du das ich dich lecke bis du kommst, Nevia?“
Ich weiß, er erwartet eine Antwort. Und ja mein Herz setzt kurz aus, aber ich gebe sie ihm ohne mich von meiner Schüchternheit zurückhalten zu lassen. „Ja bitte.“ Er grinst, senkt dann wieder den Kopf und macht dort weiter, wo er aufgehört hat, nun jedoch härter, leidenschaftlicher. Ich winde mich unter ihm stöhne meine Lust hinaus. Und auch Ritchie beginnt nun zu stöhnen und ich bemerke, dass er sich nebenbei begonnen hat selber zu streicheln. Das treibt mich schließlich über die Klippe.
„Ritchie!“, rufe ich strecke den Rücken durch und schließe die Augen, schreie erneut auf da er seine gesamte Zunge gegen meine Scham drückt, den Orgasmus so in die Länge zieht. Vor meinen Augen explodieren tausende kleine Sternchen, mehrere Hitzewellen breiten sich von meinem Unterleib in meinem ganzen Körper aus, lassen mich erzittern, als Ritchie nun sanft an meiner Spalte hinauf leckt.
Eine Tiefenentspannung überkommt mich und ein seliges Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus. Ritchie küsst mich noch einmal auf die Scham und beugt sich dann wieder über mich. Ich öffne die Augen und ich begegne seinem Blick, der sich in meinen hinein brennt. „Ich kann mich nicht zurückhalten.“ Seine Stimme gleicht einem Knurren, tief und rau. Erst als er nach meiner Hand greift, sie auf seinen Penis legt und sie an dem harten Schaft auf und ab bewegt, verstehe ich was er meint. Er ist gleich soweit, er wird kommen. Dadurch angespornt lege ich nun auch die zweite Hand um seinen Penis und passe mich seinem Rhythmus an.
Jeder Muskel seines Körpers spannt sich an, sein Atem geht unendlich schwer und er schließt die Augen. Neugierig spähe ich zwischen unseren Körpern hinab, das schwache Mondlicht reicht gerade so aus um genug zu erkennen. Ich kann seine Spitze sehen und einen einsamen Tropfen darauf. Im selben Moment beginnt er sich meinen Händen entgegen zu stoßen. Er stöhnt berauscht auf, ein unglaublich männliches und erotisches Geräusch. Dann geht ein Zittern durch seinen Körper, sein Penis zuckt aufgeregt unter meinen Fingern und…er kommt.
Ich fühle die warme Feuchtigkeit auf meinem Körper, sehe hinab und staune mit großen Augen über die enorme Menge, die sich über meinen Bauch, sogar bis über meine Brüste ergießt. Gleichzeitig spüre ich wie diesen großen, starken Mann gerade die Kraft verlässt. Er lehnt seine Stirn gegen meine, nimmt langsame, tiefe Atemzüge, streift mit seinen Lippen sanft über meine. „Oh Nevia.“
In diesen zwei Worten, schwingt so viel Liebe mit, mir droht fast das Herz zu zerplatzen. Es überschwemmt meine gesamte Gefühlswelt und sie liegen mir auf der Zunge…diese magischen drei Worte. Doch noch habe ich nicht den Mut sie laut auszusprechen. Stattdessen lege ich die Arme um seinen Hals und küsse ihn, lege in diesen Kuss all das was ich nicht zu sagen wage. Und er scheint auch ohne Worte zu verstehen, denn er küsst mich mit derselben Inbrunst zurück. Ich kann mich selbst auf seinen Lippen schmecken, den süßen Geschmack der Liebe.
Er beißt mir spielerisch in die Unterlippe, beendet somit unseren Kuss und öffnet die Augen. Ich lächele ihn an, überglücklich. Egal was war, egal was morgen kommt, hier und jetzt bin ich glücklich. Mit ihm bei mir, als meinen Beschützer, meinen Geliebten…meinen Mann. Er schmunzelt, sein geheimnisvolles Verführer-Schmunzeln und sieht dann auf sein Werk hinab, runzelt nur leicht angedeutet die Stirn. „Ich schätze, da habe ich eine ziemliche Sauerei angerichtet.“
Ich kann nicht anders und kichere wie ein kleines Mädchen, während er sich von mir runter rollt und nach den Taschentüchern auf dem Nachtisch greift. Kurzerhand wischt er alles fort und wirft den Müll in den Papierkorb neben der Zimmertür, bevor er sich wieder zu mir legt, die Hose inzwischen wieder hochgezogen, während ich noch immer nackt wie Gott mich schuf daliege. Doch das stört mich gerade nicht im Geringsten. Besitzergreifend zieht er mich in seine Arme und die Decke über uns. „Das war…traumhaft.“, flüstere ich und kuschele mich eng an ihn.
„Oh ja, das war es. Schlafe gut, meine Schöne.“ Ich sehe zu ihm auf lächele verliebt, als er sich runter beugt und mir einen Gute-Nacht-Kuss gibt. Ja genauso sollte es sein, denke ich und bette meinen Kopf auf seiner Brust. Das erste Mal sollte mit einem Mann sein, für den man etwas empfindet. Und ich empfinde so viel für ihn. Trotz all der vielen Ecken und Kanten. Ich habe lange genug gewartet. Wenn es vorher noch Zweifel gegeben hätte, wären sie spätestens jetzt wie weg geblasen. Er ist der Richtige. So schön unsere gemeinsame Zeit gerade eben war, eine Frage ist da in meinem Kopf die Mich quält, auf die ich unbedingt noch eine Antwort brauche. Und jetzt gerade bin ich mutig genug sie einfach zu stellen. „Warum hast du nicht mit mir geschlafen?“, frage ich in die Stille hinein.
Ein leises Lachen vibriert in seiner Brust. „Was muss ich tun, damit du endlich einschläfst?“ Sofort sehe ich wieder zu ihm auf. „Mir nur diese Frage beantworten.“ Er atmet geräuschvoll aus und begegnet dann meinem Blick. „Glaub mir Nevia, ich will nichts mehr als das. Aber du musst vorher erfahren wer ich bin. Dann, wenn du mich dann immer noch willst, werde ich dich nach allen Regeln der Kunst verführen.“
Sein Blick ist eindringlich und ein Zittern geht durch meinen Körper. Ja ich weiß, das gerade war nichts im Gegensatz zu dem was er macht, wenn es richtig zur Sache geht. Aber warum tut er es dann nicht gleich? Mir ist egal wer er ist oder was er getan hat, denn hier bei mir ist er der Mann in den ich mich verliebt habe. Das ist alles was für mich zählt. „Das ist doch alles nicht wichtig. Ich bin mir sicher Ritchie, ich will nur dich.“
„Doch Nevia, das ist extrem wichtig. Denn wenn du mich dein Erster sein lässt, werde ich dafür sorgen, dass ich auch dein Letzter bleibe. Ich werde dich nicht mehr gehen lassen.“ Ehrfurchtsvoll, fast ungläubig sehe ich ihn an. Das ist sein voller Ernst. „So sehr willst du mich?“, frage ich flüsternd.
Er schmunzelnd, nickt dann. „Ja Prinzessin, so sehr will ich dich. Was genau kannst du daran nicht glauben?“ Röte steigt mir in die Wangen, doch die Worte sprudeln geradeso aus mir heraus. „Naja du…du bist ein Rockstar. Du könntest jede Frau haben die du willst. Ich bin doch nur das Mädchen von nebenan.“ Das Schmunzeln verschwindet sofort wieder aus seinem Gesicht und er verengt leicht die Augen. Sein Blick fixiert mich. „Hör auf dir selbst etwas vorzumachen. Du bist wunderschön, sexy, klug, hast ein gutes Herz und eine reine Seele. Und ich bin verrückt nach dir. Jede Sekunde die ich dir so nah sein darf ist kostbar. Ich bin derjenige der sich glücklich schätzen darf, weil ich jemanden so wundervollen wie dich nicht einmal annährend verdient habe.“
Ich bin gerührt von seinen Worten, wer hätte gedacht, dass ein Mann der zu Beginn eher wie ein Eisklotz gewirkt hat, tatsächlich so ergreifende Dinge sagen kann. Ich strecke mich zu ihm nach oben und küsse ihn dankbar. „Das war eine gute Antwort.“, sage ich und bette dann meinen Kopf wieder zufrieden auf seiner Brust. „War es das?“, fragt er amüsiert. Ich nicke mit bereits geschlossenen Augen. „Ja war es. Gute Nacht, mein Held.“, flüstere ich schon fast im Halbschlaf. „Träume süß, Prinzessin.“
Ein angenehm, warmer Sonnenstrahl auf meinem Gesicht, weckt mich sanft aus einem erholsamen Schlaf. Zwei starke Arme sind von hinten um meine Mitte geschlungen und meine Beine sind kompliziert mit zwei anderen verknotet. Glücklich öffne ich die Augen. Ritchie!
Lächelnd sehe ich mich zu ihm um, seine Augen sind geschlossen. Er sieht tatsächlich so aus, als würde er tief und fest schlafen. Das letzte Mal, als ich ihn schlafen sah, war er verletzt und es wirkte eher wie eine Totenstarre. Doch jetzt sieht er geradezu friedlich aus. Ich schätze auch er hat dringend etwas Schlaf gebraucht. Unbeschwert atme ich auf, genieße es seinen Körper hinter mir dicht an meinen gekuschelt zu spüren. Ja, ich könnte mich daran gewöhnen so aufzuwachen.
Plötzlich meldet sich mein Magen grummelnd zu Wort. Ich habe einen Bärenhunger. Heiter beschließe ich uns ein schönes Frühstück zu zaubern. Da wird er sich sicher freuen. Vorsichtig um ihn nicht zu wecken, versuche ich mich aus seiner Umarmung zu befreien. Doch ich verrücke seinen Arm nicht um einen Millimeter. Mit etwas mehr Kraft versuche ich weiter Ritchies Arm von mir zu schieben und meine Beine aus seiner Umklammerung frei zu bekommen. Meine Güte, selbst im Schlaf ist er unglaublich stark. Nun versuche ich mit aller Kraft irgendwie aus seiner Umarmung raus zu schlüpfen, doch keine Chance. Ritchie schlummert seelenruhig weiter und rührt sich nicht vom Fleck. Stattdessen kann ich an meinem Po deutlich spüren, wie etwas anderes zum Leben erwacht.
Ich muss mir ein Kichern verkneifen. Ich weiß durchaus über das Phänomen der Morgenlatte Bescheid, aber es jetzt hautnah mitzuerleben ist irgendwie surreal und urkomisch. Doch dann lockert sich sein Griff um meinen Körper doch noch. Ich atme erleichtert darüber aus, ihn nicht wecken zu müssen und will mich gerade leise davonstehlen, als ich ruckartig zurück an seine Brust gezogen werde. Ich keusche erschrocken auf und mir fehlt kurz die Luft zum Atmen. „Wo willst du hin?“
„Ritchie du erdrückst mich.“, presse ich angestrengt hervor. Sofort lässt er locker. „Puh.“, seufze ich auf. Dann drehe ich mich zu ihm und lächele fröhlich. „Entschuldige ich wollte dich nicht wecken.“ Sein Blick durchbohrt mich regelrecht, er wirkt verwirrt und gleichzeitig fasziniert. „Hast du nicht, ich war die ganze Zeit wach.“ Ich lache leise auf, streiche ihm liebevoll eine Strähne seiner Haare aus dem Gesicht. „Lügner.“, flüstere ich dann. Er beginnt verführerisch zu Schmunzeln und küsst mich dann. „Guten Morgen, Schönheit.“ Verlegen senke ich den Blick. „Hi.“, hauche ich verträumt.
„Gut geschlafen?“, fragt er mich amüsiert. Ich nicke beschwingt. „So gut wie noch nie. Ich wollte uns gerade Frühstück machen gehen.“ Er zieht überrascht eine Augenbraue hoch. „Frühstück?“ Erneut nicke ich. Ist das denn so ungewöhnlich? „Ich schätze Frühstück klingt gut. Ich mache uns welches.“ Ich runzele die Stirn und schürze leicht den Mund. Hat er mir nicht richtig zugehört? „Nein, ich wollte uns welches machen.“ Nun grinst er breit, ein schelmisches Blitzen in den Augen. „Meinst du denn, dass du es ohne zu stürzen bis in die Küche schaffst?“ Ich scheine gerade ziemlich dumm aus der Wäsche zu gucken, denn er beginnt sinnlich zu Lachen. Hach, ich liebe es ihn lachen zu hören. Aber stimmt, da war ja was. Das ist mir gerade nur irgendwie komplett entfallen, wahrscheinlich deshalb weil ich mich wunderbar fühle. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das kein Hindernis darstellen wird.
„Machst du Witze? Mir geht’s großartig.“, erwidere ich dann selbstsicher und schäle mich aus seinen Armen und der Bettdecke, stehe auf und gehe ein paar Schritte, stolperfrei wohlbemerkt. Siegessicher lächele ich ihm zu, doch sein Blick irritiert mich, als würde er denken dieser Punkt wäre an ihn gegangen. Doch dann nickt er schmunzelnd und eindeutig überrascht. „Ich bin beeindruckt, wie schnell du dich erholst. Ich denke das ist schon fast rekordverdächtig.“ Triumphierend drehe ich mich einmal um mich selbst, auch um mir selbst zu beweisen, dass ich sicher auf meinen Beinen stehe. Ritchie verengt leicht die Augen, das Schmunzeln verschwindet jedoch nicht. „Allerdings…“, setzt er dann an, „…wirst du es wahrscheinlich trotzdem nicht bis in die Küche schaffen.“ Nun wirklich verwirrt schüttele ich leicht den Kopf. „Was?“
„Nun ja, wenn du weiterhin nackt vor mir herumtanzt werde ich dich wieder ins Bett zerren müssen um das von gestern Nacht zu wiederholen.“ Ich habe seine Reaktion bewusst herausgefordert, es versetzt mich in Hochstimmung zu hören, dass er mich begehrt. Doch das bewirkt gleichzeitig auch, dass mir das Blut sofort in die Wangen schießt. Verflucht, verräterischer Körper.
Ich räuspere mich verlegen und flüchte schnell in den begehbaren Kleiderschrank, vor seinen Blicken. Mein Herz jubelt vor Freude in meiner Brust, während ich mich durch die vielen Kleider wühle. Die meisten davon sind ziemlich gewagt ist. Nicht das es mich vor Ritchie stören würde, im Gegenteil. Nun ja ich habe mir nie selbst Kleider gekauft. Aber würde ich es tun, würde ich welche wählen mit etwas mehr Stil. Ich schätze elegant und reizvoll, passt eher zu mir als frech und sexy. Ob er die Kleider selbst ausgesucht hat? Das kann ich mir irgendwie nicht wirklich vorstellen. Ich werde ihn später danach fragen, wenn wir dieses…dieses Gespräch führen. Ich bezweifele wirklich das er irgendetwas sagen könnte, was meine Gefühle für ihn noch ändern könnten. Aber bei dem Gedanken daran werde ich trotzdem extrem aufgeregt.
Ich entscheide mich schließlich für ein türkises, trägerloses Stoffkleid, welches um die Brust locker sitzt und ab der Taille eng am Körper anliegend bis ungefähr zur Mitte des Oberschenkels reicht. Es ist verwegen, ziemlich kurz, zeigt dafür allerdings nicht viel Brust. Es gefällt mir eigentlich ganz gut. Ich glaube so auf die Straße gehen würde ich nicht, aber für hier ist es okay. Nur um Ritchie etwas zu reizen. Natürlich ziehe ich trotzdem Unterwäsche drunter. Dann schlüpfe ich ein paar mit Strass verzierte, türkise Flip Flops und verlasse den Kleiderschrank.
Ritchie beobachtet mich schmunzelnd mit hinter dem Kopf verschränkten Armen. „Das macht es nicht besser, Nevia.“ Ich lache heiter. Also gefällt ihm ganz offensichtlich was er sieht. Süß und unschuldig zwinkere ich ihm zu. „Tja, ich komme erst wieder zurück ins Bett, wenn wir mehr tun als das von gestern Nacht.“ Ich weiß nicht woher ich den Mut nehme, ihm auf diese Weise entgegen zu treten, so mit ihm zu flirten. Aber es macht mir unheimlich viel Spaß.
Er zieht sarkastisch eine Augenbraue hoch, noch immer schmunzelnd. „Achja?“ Selbstsicher zu meiner Antwort stehend nicke ich. „Ja.“ Nun verengt er leicht die Augen, fühlt sich eindeutig herausgefordert. „Ich werde dich eines Besseren belehren.“ Im selben Moment steigt er aus dem Bett, doch ich habe mich schon kichernd abgewandt und flitze kichernd ins Badezimmer, schließe die Tür hinter mir ab. Mit dem Rücken lehne ich mich dagegen, lausche mit klopfenden Herzen was draußen auf dem Flur passiert.
„Du weißt, dass die Tür mich nicht aufhalten kann.“, höre ich ihn sagen. Ich drehe mich nun lächelnd zur Tür, trete einen Schritt zurück und lächele. „Ja. Ich schätze die Reparatur wird dich viel Geld kosten.“, erwidere ich mit dem Wissen das die Kosten für diese Tür eindeutig über dem Durschnitt liegen. „Zum Glück habe ich mehr als genug davon.“
Ich antworte nicht. Wird er es tun? Aufgeregt trete ich sicherheitshalber noch einen Schritt zurück. Doch dann höre ich ihn leise Lachen. „Mach dich fertig Prinzessin. Wir sehen uns gleich noch.“ Man hört seine sich entfernenden Schritte. Er wollte also doch nur klarstellen, dass er gekonnt hätte, wenn er wollte.
Gut gelaunt verrichte ich mein Morgengeschäft, wasche mir das Gesicht und putze mir die Zähne. Zuletzt kämme ich mir die Haare, flechte mir einen schrägen französischen Zopf und gehe dann runter in die Küche. Es ist eine Weile her, als ich mir die Haare so geflechtet habe, aber Flechtzöpfe lassen einen unschuldiger wirken. Und ich weiß wie sehr Ritchie auf meine Unschuld abfährt. Ich will, dass er nur Augen für mich hat. Verwundert über das Bedürfnis ihm gefallen zu wollen, da ich mir nie viel Gedanken um mein Aussehen gemacht habe, gehe ich runter in die Küche. Ich hatte erwartet das Ritchie schon hier unten sein würde, doch er scheint noch oben zu sein.
Macht nix! Voller Elan mache ich mich daran einen Teig anzurühren für ein paar leckere Pfannkuchen mit Ahornsirup. Als ich den ersten fertigen Pfannkuchen aus der Pfanne hebe, höre ich Ritchie die Küche betreten. Ich drehe mich nicht um, spüre schon, dass er direkt hinter mir steht. Doch ich lasse mich nicht beirren und gebe eine weitere Kelle Teig in die Pfanne. Er schlingt einen Arm um meine Mitte und zieht mich an sich. Mit der freien Hand streicht er von meinem Ohr runter zu meinem Schlüsselbein, ersetzt dann seine Finger durch seine Lippen und bahnt sich küssend an seinen Weg wieder nach oben zu meinem Ohr. „Merk dir eins Prinzessin. Ich bekomme immer was ich will.“
Ich seufze unbeherrscht auf als er mir unerwartet einen Klaps auf den Po gibt und mit der ganzen Hand einmal zukneift. Dann lässt er von mir ab und setzt sich an den Tisch, allerdings ohne mich aus den Augen zu lassen. Ach er ist so ein Macho. Aber so ein heißer, verführerischer Macho. Und er gehört mir. Grinsend drehe ich mich zu ihm. „Daran habe ich nie gezweifelt.“
Mit wild schlagendem Herzen bewundere ich diesen begehrenswerten Mann, in dieser Lederhose und dem schwarzen kurzärmeligen Hemd, dessen oberste zwei Knöpfe geöffnet sind, sieht er einfach unwiderstehlich aus. Beides liegt eng am Körper an, so dass auch jeder Muskel gut zur Geltung kommt. Sein Haar trägt er offen, es fällt ihm locker über die Schultern. Schnell wende ich mich ab um nicht von meinem Vorsatz abzuschweifen, denn ich meinte das Ernst was ich vorhin sagte. Das nächste Mal wenn Ritchie und ich im Bett sind möchte ich alles. Außerdem sollte ich aufpassen, dass mir die Pfannkuchen nicht anbrennen.
Ich hole zwei Teller und Gläser aus dem Schrank und decke den Tisch, stelle die fertigen Pfannkuchen in die Mitte. Bevor ich mich setze, schenke ich uns beiden noch Orangensaft ein. „Lass es dir schmecken.“, sage ich lächelnd und setze mich ihm gegenüber. Schmunzelnd erwidert er: „Sieht köstlich aus.“ Dabei sieht er allerdings mich und nicht die Pfannkuchen an. Sofort muss ich an letzte Nacht denken, als er von mir…gekostet hat. Da sagte er auch, es sei köstlich.
Ich werde rot. Wahrscheinlich werde ich jetzt immer wenn ich dieses Wort höre, an diese Nacht denken. Grinsend nimmt er sich einen Pfannkuchen, weiß genau was gerade in mir vorgeht. Natürlich macht er das mit Absicht. „Du scheinst viel Spaß dabei zu haben mich in Verlegenheit zu bringen.“ Er lacht amüsiert. „Naja ich sehe gerne diese zarte Röte auf deinen Wangen. Wirklich bezaubernd.“
Ich schnaufe einmal verächtlich, allerdings mehr zum Spaß, verdrehe die Augen und beginne zu essen. Dabei entgeht mir nicht das Ritchie leicht die Augen verengt über meine Reaktion, es dieses Mal jedoch kommentarlos durchgehen lässt und sich selbst dem Essen widmet. In null Komma nichts hat er den ersten Pfannkuchen weggeputzt und den zweiten und dritten gleich hinterher. Liebevoll beobachte ich ihn. Es ist ein wundervolles Gefühl den Menschen dem man so nah steht etwas Gutes zu tun, es füllt mich aus, gibt dem ganzen irgendwie einen Sinn. Während ich nach zwei Pfannkuchen satt den Teller von mir schiebe, deutet er auf die letzten beiden übrig geblieben. „Willst du nicht mehr?“ Ich schüttle schmunzelnd den Kopf. „Nein iss ruhig.“
Gesagt getan. Auch diese haut er sich noch hinter. Nun ja ein großer, starker Mann wie er braucht halt viel Nahrung. Gut das ich so viele gemacht habe. Als er fertig ist, hebt er den Blick und nickt. „Daran könnte ich mich gewöhnen.“ Leicht stirnrunzelnd frage ich: „Woran?“
„Von einer so schönen Frau so gut bekocht zu werden.“ Kichernd erhebe ich mich und räume den Tisch ab. „Das war jetzt wirklich keine Kunst.“, sage ich während ich beginne das Geschirr abzuwaschen. Es gibt zwar einen Geschirrspüler, aber das bisschen ist schnell gemacht. „Tja, ich hätte das nicht hinbekommen.“, sagt er, erhebt sich ebenfalls und lehnt sich neben mir an die Anrichte. „Deine zarten Hände sollten kein Geschirr spülen.“
Ich sehe ihn sarkastisch von der Seite an und ziehe beide Augenbrauen in die Höhe. „Ritchie, das tue ich schon fast mein ganzes Leben. Das gehört nun einmal zu den alltäglichen Aufgaben, wenn man Wert auf Sauberkeit legt. Außerdem wenn nicht ich, wer macht es dann? Was meinst du wer in den letzten Wochen, das Haus sauber gehalten hat?“ Er verzieht keine Miene, doch ich merke genau wie es in seinem Kopf zu arbeiten beginnt. Ich habe tatsächlich das Haus auf Vordermann gehalten, schließlich hatte ich viel Zeit und war oft alleine. Und Ritchie hat nicht einen Finger krumm gemacht, er hat ja auch weitaus wichtigeres zu tun. Wahrscheinlich hat er das noch nicht mal bemerkt.
„Ich schätze mir schwirrte sehr viel im Kopf rum. Du musst das nicht tun, ich werde jemanden einstellen der das übernimmt.“ Ich stelle den letzten Teller in den Schrank und wende mich ihm dann ganz zu. „Nein, ist schon okay. Ich mache das gerne.“ Er runzelt leicht die Stirn und zieht mich dann bestimmt an sich. Ohne zu zögern lege ich ihm die Hände um den Hals. „Du bist so anders, als jede Frau die ich je kennengelernt habe.“ Und er küsst mich so sanft, dass mir die Knie weich werden. Ich will für immer von seinen Armen gehalten werden. Er beendet den Kuss und sieht mich bedeutungsschwer an. „Ich denke es ist Zeit.“ Ich spüre seinen plötzlichen Stimmungsumschwung und bin kurz verwirrt, doch als er meine Hand nimmt und mich kurzerhand hinter sich her ins Wohnzimmer führt, weiß ich was er mir damit sagen will. Er wird mich endlich einweihen.
Er zeigt auf die große, elegante Couch, bedeutet mir mich zu setzen und ich komme seiner Aufforderung nach, während er stehen bleibt und einen bestimmten Punkt an der Wand fixiert. Lange Zeit passiert gar nichts, er wirkt irgendwie weg getreten. Gerade als ich nachfragen will ob alles okay ist, setzt er zu sprechen an. „Wie gut kennst du dich mit deiner Religion aus? Du bist Christin, richtig?“ Ich runzele die Stirn. Merkwürdige Frage, Worauf genau will er hinaus? „Ja stimmt, ich bin christlich getauft. Aber ich praktiziere den Glauben nicht richtig.“
„Ist wahrscheinlich auch besser, das meiste was erzählt wird ist Bullshit.“ Leicht entsetzt sehe ich ihn mit großen Augen an. „Wie kannst du das sagen? Jeder darf selber wählen woran er glaubt und wenn er das für richtig empfindet, dann…ist es das auch.“ Sein Blick findet sofort den meinen, ein nur leicht angedeutetes Schmunzeln liegt auf seinen Lippen. „Du hast Recht, es gibt kein richtig oder falsch. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass das woran sie glauben auch wirklich die Wahrheit ist. Tatsache ist, dass jede existierende Religion nur zu einem kleinen Teil der Wahrheit entspricht.“
Nachdenklich kaue ich auf meiner Unterlippe. Das ist ein interessantes Thema, aber ich verstehe nicht ganz was das mit unserer Situation zu tun hat. „Woher willst du das wissen? Niemand kann sagen was wirklich wahr ist.“ Er wendet den Blick wieder ab, starrt wieder auf den Punkt an der Wand. „Ich schon.“
Wieder hält er inne, denkt nach. Äußerlich wirkt er ruhig, aber ich spüre den inneren Kampf der in ihm herrscht. Es widerspricht ganz seinen Prinzipien überhaupt mit irgendjemandem so ein Gespräch zu führen, das weiß ich. Und diese Situation scheint ihn etwas zu überfordern, weil er offensichtlich absolut keine Ahnung hat wie er das was er zu sagen hat in Worte fassen soll. Ich gebe ihm die Zeit die er braucht, bis er schließlich wieder die Stille unterbricht.
„Es begann mit der Geburt Christi, würde man in deinem Glauben sagen. Es ist wahr, es begann tatsächlich mit der Geburt eines Jungen. Allerdings nicht in Bethlehem sondern in einem kleinen Bauerndorf an der Küste Norwegens. Die Bibel erzählt die Mutter soll unbefleckt gewesen sein, meinem Erachten nach grenzt diese Annahme, schon fast an Verblödung, aber naja, jedem seins. Die Wahrheit was die Geburt Besonders macht, ist sehr viel grausamer. Es gab Komplikationen, die Mutter starb, die einzige Chance das Baby zu retten war es herauszuschneiden. Doch es war zu spät, die Nabelschnur hatte sich um seinen Hals gewickelt, es ist erstickt. Es war ungefähr dreizehn Minuten lang tot, bevor es seinen ersten Atemzug nahm. Ein Wunder. So etwas gab es noch nie.“, er schnaubt verächtlich, und steckt unbeeindruckt die Hände in die Hosentaschen.
„Dieses Kind wuchs in einer schwierigen Zeit auf, harte Arbeit war ein Muss zum Überleben und doch hat er nie seine Guten Werte verloren. Er war selbstlos, frei von Vorurteilen, liebte jeden Menschen so wie er war und setzte sich stets für sie ein und beschützte sie. Ein geborener Anführer, er befehligte die zwölf kräftigsten Kämpfer des Dorfes unter sich.“, sagt er ohne jegliche Anzeichen von Bewunderung oder ähnlichem. Im Gegenteil er wirkt eher gelangweilt.
„Klingt nach einem großen Mann.“, werfe ich ein, um ihn zum weiter sprechen zu animieren. Er verengt leicht die Augen. „Denk ja nicht er war ein Heiliger, dass war er nicht.“, erwidert er und ich kann deutlich die Abscheu hören, die in diesen Worten mitschwingt. Was bringt ihn dazu, so zu fühlen? Ich schätze ich werde es bald erfahren.
„Seine größte Schwäche waren die hübschen Frauen, in seinem Bett. Mal nur eine, am liebsten aber mehrere gleichzeitig. Und jede von Ihnen hat sich ihm willig hingegeben, denn sie haben ihn vergöttert.“ Tja, das kommt mir irgendwie bekannt vor. Denn genau das ist doch, nein ich hoffe war, Ritchies Lebensstil. Er schnauft bevor er weiterredet. „Wie auch immer, irgendwann begegnete er einer Frau die es ihm angetan hat. Er hat sie geheiratet, bekam zwei Söhne mit ihr, die unter strenger Hand zu mächtigen Kriegern heran erzogen wurden und sich seinem Kampf anschlossen. Freiwillig angeblich.“
Seinem Kampf? Ich dachte sie haben nur ihr Dorf beschützt, vor Angreifern oder Plünderern oder so. So langsam habe ich eine Befürchtung, worauf das hinausläuft. „Gegen wen haben sie gekämpft?“, frage ich kleinlaut. Ein teuflisches Schmunzeln breitet sich auf seinen Lippen aus. „Was denkst du?“
Also hat es doch etwas damit zu tun. „Er war also der Erste der jemals gegen diese Ungeheuer gekämpft hat?“ Ritchie nickt. „Ja, aber wie ich sagte er war nicht der Einzige. Was allerdings ein Fehler war. Denn wie du weißt gab es unter den zwölf einen Verräter. Er spionierte ihn aus, seine Kampftechnik, vor allem aber seine Stärken und Schwächen. Seine größte Schwäche war seine Frau. Er liebte sie über alles und er machte es sich zur Lebensaufgabe sie vor jedem Übel zu beschützen. Aber das konnte er nicht. Das Böse hat sie von ihm genommen, in der Nacht als es begann.“
Betroffen von dieser tragischen Wendung der Geschichte lege ich die eine Hand auf die Stelle meines Herzens. Diese Liebesgeschichte klingt fast wie aus einer meiner Bücher, unglaublich romantisch und dann doch unfassbar traurig. Aber ich lasse nicht zu das meine Gedanken auf diese Art abdriften und konzentriere mich wieder auf die wichtigste Aussage dieses Satzes. „Was begann?“
„Ragnarök.“, erwidert er. Ich runzele die Stirn, da ich nicht verstehe was das bedeuten soll. Ich meine irgendwo habe ich dieses Wort schon einmal gehört, aber der Zusammenhang will mir einfach nicht einfallen. „Was bedeutet das?“ Er sieht wieder zu mir, rührt sich endlich vom Fleck und setzt sich zu mir. Sein Blick ist ernst, als er nach meiner Hand greift. „Andere würden es das Armageddon nennen oder die Apokalypse. Tag des jüngsten Gericht gefällt mir auch ganz gut, doch ich bevorzuge Ragnarök.“
Ich sehe ihn nur wie versteinert an. Apokalypse? Hat er gerade wirklich Apokalypse gesagt? Alles in meinem Kopf beginnt zu schwirren. Es klingt verrückt, aber wenn das stimmt, bedeutet das etwa, dass es bald wieder so weit kommen wird? Zu einer Apokalypse? „Was ist geschehen?“, frage ich dann, nicht sicher ob ich das wirklich noch wissen will.
„Die Vorboten wurden auf die Erde losgelassen, zuerst ein kahler mit Muskeln bepackter Weiß, mit weißer Haut und teuflisch, roten Augen. Sie nannten ihn den Fenriswolf oder auch einfach der Tod. Ihm folgte der Riese Surt, er brachte Krieg und Verdammnis für jeden der sich ihm in den Weg stellte, man erkannte ihn durch sein blutrotes Gewand. An dritter Stelle war Garm, ein pechschwarzer Hund mit drei Köpfen und Wächter der Unterwelt, sein Atem ließ alle Pflanzen verdorren und alles Vieh sterben, brachte die Hungernot. Als letztes kam die Midgardschlange, ihre Haut und Augen sind fahl und die Berührung mit ihrem Gift bringt tödliche Krankheiten mit sich. In der Bibel werden sie als vier Reiter beschrieben.“ Ja na klar die vier Reiter, Tod, Krieg, Hunger und Krankheit. Allerdings wirken sie als Männer auf Pferden sehr viel harmloser als in Ritchies Version. „Haben sie gewonnen?“
Ritchie überlegt kurz, schüttelt dann leicht den Kopf. „Ich würde sagen weder noch. Sie wurden aufgehalten, aber nicht endgültig besiegt.“ Mein Herz beginnt wild zu schlagen, aufgehalten aber nicht besiegt. Meine Güte sprich doch endlich weiter. „Wie?“
„Der jüngere der beiden Söhne, war von Natur aus sehr misstrauisch, auch seinen Gefährten gegenüber. Eines Nachts sah einen von ihnen heimlich verschwinden und folgte ihm. Und sah ihn, als er den Fenriswolf traf und seine Seele der Dunkelheit übergab. Er ging zurück, erzählte seiner Familie was er gesehen hat, sie waren die einzigen denen er zu hundert Prozent vertraute. Und sie entschlossen sich auf seine Rückkehr zu warten. Aber er kam nicht. Stattdessen griffen unzählige niedere Dämonen das Dorf an. Sie waren leicht zu besiegen, aber es kamen immer mehr. Die elf Krieger hielten Stellung an den Toren, verhinderten, dass die Mistviecher ins Dorf gelangen konnten. Einer dieser elf, sein Name war Freyr, der beste Freund und engste Vertraute des Vaters kämpfte gegen den Riesen Surt und er schlug ihm den Kopf mit seiner Keule ein, wurde jedoch kurz darauf in einem Moment der Unachtsamkeit von einem von Surts Schergen hinterrücks erstochen. Dem dreiköpfigen Hund tritt Tyr entgegen, einer der loyalsten und gutherzigsten der Krieger. Als er ihm seine Axt ins Herz rammt, hat einer der Köpfe ihn erwischt und entzwei gerissen, bevor er selbst zusammenbrach. Der ältere der beiden Söhne knöpfte sich die Midgardschlange vor, rammte ihr seinen Hammer ins Maul, wobei er die beiden Giftzähne ausschlug und zertrümmerte dann ihren Schädel. Besudelt mit ihrem Blut konnte er noch neun Schritte gehen, bevor an ihrem Gift starb, denn auch ihr Blut ist hochtoxisch.“
Er macht eine weitere Pause und lässt meine Hand los, stützt sich mit den Ellbogen auf seinen Knien ab und sieht zu Boden. „Was war mit diesem Fenriswolf und dem Verräter?“, frage ich dann. Diese Unterbrechungen machen mich noch ganz verrückt. „Der jüngere Sohn ging auf die Suche nach dem Verräter, sein Name war Loki. Er hatte schon länger den Verdacht, dass etwas mit ihm nicht stimmt und wollte Rache für seinen Verrat. Er fand ihn schließlich zusammen mit Fenris, war bereit es gegen beide aufzunehmen. Doch Loki sandte den Wolf aus um seine Mutter zu töten, als Strafe, dass er nach ihm gesucht hat und griff den Sohn dann an, um ihn davon abzuhalten dem Wolf zu folgen. Nach einem langen Kampf schaffte er es ihn mit seinen Schwertern in zwei Hälften teilen, wurde dabei jedoch selber schwer verletzt. Mit letzter Kraft ging er auf die Suche nach seiner Mutter. Diese hatte sein Vater schon zu Beginn des Kampfes aus dem Dorf geschafft, um sie zu beschützen. Nur leider nicht gut genug. Sie waren auf dem Weg zu einer versteckten Hütte tief im Wald, als sie angegriffen wurden. Der Vater rief seiner Frau zu sie soll weiter rennen, die Hütte war nicht mehr weit entfernt und es war ihre einzige Chance. Er bezwang diese Bastarde, folgte ihr dann und musste mitansehen, wie Fenris sie packt und ihr die Kehle aufriss. Er ging schließlich auf ihn los schlitze ihm den Bauch auf, der Wolf ging zu Boden. Doch bevor er ihm den Gnadenschlag erteilen konnte, bäumte sich das Vieh auf und Verschlang ihn bei lebendigem Leibe. Der Sohn erreichte seinen Vater in genau diesem Augenblick. Er sah alles mit an. Getrieben von Wut- und Rachegefühlen rannte er auf den Wolf zu trat ihm mit seinem Stiefel ins Maul und riss es dann entzwei, während er ihm eines seiner Schwerter durch den Rachen sticht. Der Kampf zollt seinen Tribut, er erliegt danach seinen Verletzungen.“
Betroffen schnappe ich nach Luft, als seine Geschichte endet. „Sie sind alle gestorben?“ Er schüttelt den Kopf, lehnt sich dann zurück und sieht mich wieder an. „Nein, einige der Krieger haben überlebt, einer von ihnen machte es sich zur Aufgabe das Geschehene niederzuschreiben. Ein Anderer errichtete einen Schrein für ihren Anführer. Der Rest zog in die Welt hinaus, erzählten jeden davon den sie trafen. So wurde aus einer Wahrheit eine Geschichte, aus einer Geschichte eine Legende und aus einer Legende ein Mythos.“
Völlig durcheinander ziehe ich die Beine an meinen Körper heran und schlinge ich die Arme darum. Das soll sich wirklich so zugetragen haben? Das hört sich eher nach einem typischen Film in Hollywood Stil an. „Das alles ist…unglaublich. Woher kommen…diese Monster?“, kurz fällt mir das Atmen schwer und ich habe das Gefühl durchzudrehen, doch Ritchie greift erneut nach meiner Hand, streicht sachte mit dem Daumen über meinen Handrücken. Damit schafft er es tatsächlich dieses Gefühl sofort zu stoppen und ich schaffe es mich wieder zu beruhigen. Erst dann spricht er weiter.
„Es ist ein ganz normales physikalisches Gesetz der Natur. Die Anziehung. Freude und Trauer, Liebe und Hass...Gut und Böse.“, er macht eine kurze Pause, denkt nach wie er mir das richtig erklären soll und setzt schließlich nochmal neu an. „Alles was ist besteht aus demselben Material. Atomen. Jedes dieser Atome trägt zu einem kleinen Teil die Energie des großen Ganzen mit sich. Einige mehr, andere weniger. Doch wenn sich mehrere Atome mit etwas mehr dieser Energie verbinden, entsteht eine Seele. Zu Beginn ist sie noch klein, aber sie wächst denn es schließen sich immer mehr Atome an. Eine Seele Allwissend, versteht wie alles miteinander zusammenhängt. Aber es ist langweilig wenn man schon alles weiß, deshalb ist sie auf der Suche nach einer Hülle. Wenn die Bedingungen stimmen, eine kleine Seele kann keinen menschlichen Körper bewohnen, verbinden sie sich mit einem Körper und es entsteht ein Leben. Dabei weiß die Seele bevor sie in den Körper fährt genau, welches Leben sie erwarten wird. Doch in dem Moment, in dem die Verbindung abgeschlossen ist, wird sie alles was sie jemals gewusst hat, vergessen haben. Denn genau das ist der Sinn des Lebens. Sich zu erfahren.“, er macht erneut eine kurze Pause damit ich diese Worte auf mich wirken lassen kann.
Das ist alles extrem viel auf einmal und garantiert auch ein sehr harter Stoff, der schwer zu verstehen ist. Aber tief in meinem Inneren habe ich immer gewusst, dass da etwas ist, etwas Großes zu dem wir alle gehören. Egal wie man es nennt, ob Gott, Allah oder Buddha. Ich habe schon immer geglaubt, dass sie alle auf dasselbe zurückzuführen sind. Dem großen Ganzen. Ritchie hat es mir gerade bestätigt.
„Zurück zu deiner Frage. Es gibt keine Seele die von Grund auf böse ist, aber das Leben kann sie dazu machen. Äußere Einflüsse, Menschen, Ereignisse. Das heißt allerdings nicht, dass jemand der schlecht behandelt wird zwangsläufig böse ist. Die Seele entscheidet sich selbst dazu ob sie diese Dunkelheit die in ihr wächst bekämpft oder nicht. Doch wenn sie die Dunkelheit zulässt, ist es fast unmöglich ihr wieder zu entfliehen, nur sehr wenige sind stark genug um das zu schaffen. Wenn die Seele bereit ist, seine menschliche Hülle abzustreifen und dich bis dahin nicht wieder dem Licht zugewandt hat…wird sie den Weg nicht zurückfinden. Zurück zum großen Ganzen und sie fällt hinab und wird zu einem von ihnen. Aber egal was passiert, sie hat sich selbst dazu entschieden, selber diesen Weg gewählt. Tja, durch den Glauben der Menschen, an diese Mistviecher, hatten diese die Möglichkeit frei auf der Erde zu wandeln, wann immer ihnen danach beliebte. Nach Ragnarök, haben die Menschen aufgehört daran zu glauben, sie jemals wieder aus der Hölle ausbrechen können. Aber die Jahre vergehen und aus Gewissheiten, werden wieder Ungewissheiten und alles beginnt von neuem.“
Ich sehe ihn mit großen Augen an. Das klingt so unglaublich abwegig, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwer heutzutage, der nicht live so ein Biest gesehen hat, daran glauben könnte. „Aber wo kommen die dann jetzt her? Niemand glaubt in der heutigen Zeit an so etwas.“ Ritchie zieht eine Augenbraue hoch. „Hast du eine Ahnung. Meistens reichen, Träume, Fantasien, Halluzinationen oder Wünsche aus um genug Kraft zu schöpfen ein neues Portal zu öffnen. Solch ein Portal, hat nur eine begrenzte Beförderungskapazität, bedeutet es muss wohl überlegt sein wenn sie durch schicken. Denn es geht nicht nach der Anzahl, sondern nach der Größe der Seele. Eine mächtige Seele benötigt mehr Kapazität und sie können weniger Monster durchschicken. Bei einem kleinen Portal ist es, also klüger, mehrere niedere Dämonen auszusenden, denn so ist die Chance höher Menschen zu begegnen, den Bekanntheitsgrad zu erhöhen und das Portal zu vergrößern.“, erklärt er mir dann.
„Und wie groß ist dieses Portal hier?“ Er sieht mich nur an, runzelt leicht die Stirn. Aber das ist Antwort genug für mich. Oh mein Gott uns könnte also tatsächlich eine Apokalypse bevorstehen. Und Ritchie soll ihnen ganz alleine gegenübertreten? Das ist unmöglich. Aufgeregt kaue ich auf meiner Unterlippe, wende den Blick ab und versinke in meinen Gedanken. Wenn das geschieht, werde ich ihn verlieren, er wird sterben und das kann ich nicht verhindern. Aber die vier Vorboten wurden schon lange getötet, kann es dann überhaupt noch eine Apokalypse geben? Oder gibt es neue Vorboten?
Plötzlich ist da Ritchies Hand an meinem Kinn, befreit mit dem Daumen meine Unterlippe und zwingt mich ihn anzusehen. „Die vier Vorboten...sie sind tot oder?“, bringe ich das was mir gerade durch den Kopf geht hervor. „Auf Erden, aber wenn du diese Missgeburten wirklich dem Erdboden gleich machen willst, musst du das dort tun, wo es entstanden ist, wo diese Seele zu dem wurde, was sie jetzt ist. Und bisher hat es kein Lebender geschafft in die Hölle einzubrechen.“ Meine Lippen beginnen zu zittern, als die Angst nun doch vollständig von mir Besitz ergreift und ich versuche krampfhaft die Tränen zurück zuhalten.
Ritchies Daumen fährt sachte meine zitternde Unterlippe nach, sein Blick ist weich, aber voller Überzeugung. „Ich werde nicht zulassen, dass dir irgendetwas geschieht. Egal was kommen mag, hast du mich verstanden?“ Aber genau das ist es ja. Er würde sich jedem Biest stellen um mich zu retten und das wird ihn irgendwann vielleicht umbringen. „Ich mache mir keine Sorgen um mich Ritchie, sondern um dich.“, flüstere ich und ich kann nicht verhindern das eine Träne einsam über meine Wange kullert. „Was wollen die von mir? Hati hat erzählt, Luzifer wäre hinter mir her.“
Ritchie nimmt seine Hand von meinem Gesicht und verengt etwas die Augen. „Hat er das?“, fragt er und ich leichte Verärgerung in seinen Worten mitschwingen hören. Schnell versuche ich ihn zu beschwichtigen, ich wollte Hati nicht in Schwierigkeiten bringen. „Sei nicht böse auf ihn, ich habe ihn praktisch dazu gezwungen.“ Ein Schmunzeln ziert nun seine Lippen und sein Blick wird weicher. „Verstehe, dann hatte er also gar keine Wahl. Gegen dich hat er natürlich absolut keine Chance.“, zieht er mich auf. Und zaubert damit auch mir, trotz dieses ernsten Themas ein Lächeln auf die Lippen. Dann redet er weiter.
„Ja es stimmt. Luzifer ist hinter dir her. Aber mir fallen nur zwei Gründe ein warum er das tun könnte. Entweder weiß er irgendetwas von deinen ungeahnten Fähigkeiten und will sich diese zu Nutzen machen…“, er macht eine kurze Pause um seinen Worten mehr Wirkung zu verleihen, „…oder er will so an mich heran kommen, denn du bist meine größte Schwäche Nevia. Und er hat allen Grund mich zu hassen. Aber du brauchst keine Angst haben, hier bei mir bist du sicher. Luzifer, alias Loki wird dich nicht bekommen.“ Loki, der Verräter? Ja das passt ein gefallener Krieger, wurde in der Bibel ein gefallener Engel. Und ich kann mir gut vorstellen, dass er Ritchie hasst, er hat ihm oft genug einen Strich durch die Rechnung gemacht.
„Was hat Hati dir sonst noch so erzählt?“, fragt er dann sein Blick ist drängend. Denkt er echt, ich würde jetzt noch mehr sagen was Hati Ärger einbringen könnte? Wohl kaum. „Das war schon alles.“, antworte ich überzeugt. Naja viel mehr hat er mir wirklich nicht gesagt außer, dass er Ritchies Bestimmung ist diesen Kampf zu beenden und das schon sein Vater und sein Bruder…halt stop!
In meinem Kopf beginnt es zu rattern. Das ist Schwachsinn, absoluter Schwachsinn. Aber dieser Gedanke nistet sich in meinem Kopf ein. Er hat nie ihre Namen erwähnt, ich muss ihn einfach danach fragen, auch wenn ich es selbst nicht wirklich glauben kann. „Ritchie, wie hießen der Vater und seine beiden Söhne?“ Verwundert über meine Frage runzelt er misstrauisch die Stirn. „Ihre Namen…den Vater, man nannte ihn Odin. Der Name des älteren Sohnes war Thor. Der Jüngste trug den Namen Widar.“
„Widar.“, wiederhole ich flüsternd. Ritchie runzelt erst kurz die Stirn, verengt dann die Augen, während die Glut um seine Pupille, die in meiner Gegenwart endlich weder stetig glüht, etwas mehr Feuer fängt. Er sagt jedoch nichts, wartet ab. Ich halte den Atem an. Odin. Die Gedanken in meinem Kopf überschlagen sich, versuchen die Puzzelteile zusammen zusetzen. Thor. Bruchstücke von etwas, das ich vor sehr langer Zeit mal gelesen habe, erscheinen vor meinem inneren Auge, ich senke den Blick, fixiere eine der sauber verarbeiteten Nähte dieser Luxuscouch. Krieg, dann Donner…dann Feuer. Ragnarök. Angst, Gewalt, Blut…und Tod. Und alle die vor ihnen standen, starben an diesem Tag. Dann der Neuanfang, eine bessere Welt. Die gefallenen Krieger steigen empor, die Walküren leuchten ihren Weg hinauf, bis zu den Toren…Walhalls. Das Tattoo! Bestürzt weite ich die Augen, als sich dich das Bild langsam beginnt zusammen zusetzen. Mögen ihre Seelen unsterblich werden und aufsteigen…zu wahren Göttern. Erschrocken schnappe ich endlich nach Luft.
Ritchies Fähigkeiten, seine Kraft, seine Aufgabe…seine Augen. Das Feuer. So viel deutete doch schon darauf hin. Aber ich wollte nicht richtig hinsehen, dachte für alle meine Fragen gäbe es eine logische, plausible Erklärung, weil ich das unwahrscheinlichste niemals auch nur in Betracht gezogen hätte. Die unwahrscheinliche Tatsache das Ritchie vielleicht gar kein normaler Mensch ist, keine normale Seele. Die Erinnerung aus einer vergangenen Nacht, die Nacht in der Hati mich vor den Harpyien rettete, drängt sich penetrant in meinen Kopf, an ein paar ganz bestimmte Worte die er zu mir sagte. ‚Widar ist der, den du Ritchie nennst.‘ Genau das hat er gesagt! Das waren seine Worte…Widar!
Fassungslos schlage ich die Hand vor meinen Mund, sehe wieder zu Ritchie auf, begegne seinem Blick der deutlich zeigt, dass er nicht weiß was gerade in mir vorgeht. Kann das sein, kann das wirklich wahr sein? „Das sind Götter.“, sind die ersten Worte, die ich hinter meinen Fingern flüsternd hervorbringe. Er nickt, sein Blick ist fokussiert, beobachtet konzentriert meine Reaktion aus Sorge, dass ich eventuell ausflippen könnte. Gleichzeitig scheint er mich zu analysieren, versucht zu verstehen was genau in seiner Aussage, mich so schockiert haben könnte. Ich habe ihn nie gefragt, warum Hati ihn bei unserem ersten Treffen Widar genannt hat und um ehrlich zu sein, habe ich das auch total vergessen. Nun ja die Ereignisse überschlugen sich, ich hatte eigentlich auch nicht wirklich eine Gelegenheit dazu. Aber genau deshalb kann er nicht wissen, dass sein Nicken schon Antwort genug für mich ist. Trotzdem muss ich es wissen, es von ihm selbst hören.
Meine Finger beginnen leicht zu zittern und ich verschränke die Hände und klemme sie zwischen meine Oberschenkel um zu verbergen wie sehr ich mich vor dieser Antwort fürchte. Was würde es bedeuten, für uns bedeuten wenn die Wahrheit laut ausgesprochen wird? Wird es etwas zwischen uns verändern? Oder gar verhindern, dass alles was je zwischen uns war oder hätte sein können, niemals Wahrheit werden kann, weil er zu etwas sehr viel Höherem bestimmt ist? Nein, wenn es etwas ändert, dann tut es das auch wenn er es nicht sagt. Aber ich brauche die Gewissheit. Schließlich nehme ich all meinen Mut zusammen. „Ritchie, wer…oder was, bist du wirklich?“
Die Weichheit die bis eben noch in seinem Blick zu sehen war schwindet und macht der gewohnten Kälte Platz. Spätestens jetzt weiß er worüber ich mir den Kopf zerbrochen habe, er braucht nur noch eins und eins zusammenzählen. Also weiß er auch das Hati ihn in meiner Gegenwart so genannt haben muss. Ich nahm mir vor nichts zu sagen was ihn noch mehr verärgern könnte, aber das hier ist leider unumgänglich.
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, während ich auf eine Antwort warte. Bitte sag es doch endlich, dass diese Ungewissheit ein Ende hat. „Du bist ein kluges Mädchen, Nevia. Was denkst du, wer ich bin?“ Die Art wie er das sagt, mit dieser Dominanz, wie gesagt Nacht, als er mir meine nicht jugendfreien Fantasien entlocken wollte. Nein, ich kann es nicht zuerst sagen, kann meine absolut verrückte These nicht einfach so in den Raum stellen. „Bitte Ritchie…“, flüstere ich, in der Hoffnung er würde es mir einfach sagen.
„Nevia, sag es mir.“, fordert er mich erneut harsch auf. Er macht das wieder zu seinem Spiel. Aber ich kann nicht, will es dieses Mal nicht mitspielen. Warum macht er das, ausgerechnet in diesem Augenblick? Ich schüttele energisch den Kopf, will gerade dazu ansetzen ihm zu sagen, dass er mich nicht so hinhalten soll, doch bevor ich auch nur ein Wort herausbringen kann erhebt er herrisch die Stimme: „SAG ES!“
Erschrocken weiche ich etwas vor ihm zurück, doch nicht aus Angst vor ihm, sondern davor nicht mehr wiederstehen zu können. Der Drang ihm das zu geben was er will, ist nahezu übermächtig. Eingeschüchtert sehe ich ihn mit großen Augen an, sein Blick ist hart wie Stahl. Und ich kann nicht anders, gebe schließlich nach. „Widar.“, sage ich leise.
Die Flamme in seinen Augen, breitet sich aus wie ein Inferno, in seiner Kehle vibriert ein Knurren und bevor ich auch nur reagieren kann ist er über mir, begräbt mich mit seinem Körper, nimmt sofort Besitz von meinem Mund. Überrumpelt seufze ich in seinen Mund hinein, schlinge jedoch sofort die Arme um seinen Hals und ziehe ihn enger an mich. Er gewährt es legt sich ganz auf mich. Dabei presst sich deutlich seine Härte gegen meine Scham und ich keuche erregt auf.
Doch so abrupt wie er mich überfallen hat, zieht er sich auch schon wieder zurück. Schwer atmend wendet er den Blick ab und runzelt nachdenklich die Stirn. In der Zwischenzeit, rücke ich schnell mein Kleid wieder zurecht, welches bei seinem wilden Überfall, großzügig hochgerutscht ist und versuche mich selbst wieder etwas zu beruhigen. Unglaublich wie sehr mich seine Leidenschaft jedes Mal aufs Neue aus der Bahn wirft. Allerdings schaffe ich es nicht meinen rasenden Puls unter Kontrolle zu bringen, bevor er sich mir wieder zuwendet, völlig beherrscht mit einem schelmischen Schmunzeln auf den Lippen, auch das Feuer hat sich zurückgezogen, glüht wieder beständig vor sich hin. „Ich schätze dem Jäger gefällt es, wenn du seinen Namen aussprichst.“
„Dem Jäger?“, frage ich noch immer knallrot im Gesicht. Er nickt. „Mein göttliches Ich.“ Verwundert blinzele ich ein paarmal und komme nun doch glücklicherweise allmählich runter. „Aber er…ist doch du, oder?“, frage ich um ganz sicher zu gehen, dass ich es hier nicht plötzlich mit zwei verschiedenen Männern zu tun habe, als wäre das nicht alles schon schräg genug. „Ja wir sind derselbe. Mehr oder weniger.“ Ich atme erleichtert durch, runzele dann jedoch die Stirn. „Wie meinst du das?“
Er denkt kurz nach. „Ich denke einfach ich bin in diesem Leben nicht derselbe, der ich damals war. Nein, sicher nicht mal annährend.“, seine Worte sind kalt und ich kann deutlich den Hass in ihm spüren, der für einen kurzen Moment die Überhand ergreift. Damit gibt er mir ziemlich anschaulich zu verstehen, dieses Gefühl auf ein tiefsitzendes Problem zurückzuführen ist. Aber ich beschließe ihn erst einmal nicht weiter darauf einzugehen, denn ich bemerke auch, dass bei diesem Thema direkt zu macht. Das heißt nicht, dass ich es vergesse. Ich werde irgendwann dieses Problem mit ihm angehen, ihm helfen es zu verarbeiten…wenn er mich lässt. Ich hoffe, dass er mich lässt.
„Also bist du wirklich…“, ich spreche es nicht aus, warte darauf das er meine Satz beendet. Doch er nickt nur. „Ja?“, frage ich nach, will einfach, dass er dieses Wort ausspricht. „Ja Nevia.“, wiederholt er mit etwas Nachdruck. Nein, das reicht nicht, ich muss es hören. „Bitte Ritchie, sag es.“, sage ich und halte die Luft an. Er schmunzelt, sichtlich amüsiert, über meinen kleinen Ausbruch. Und dann endlich erlöst er mich. „Ja, ich bin ein Gott und Sohn des Kriegsgottes Odin.“
Mit einem ungehaltenem Seufzen lasse ich die angestaute Luft entweichen und setze entgeistert hinterher: „Oh mein Gott!“ Ritchies freches Grinsen macht mir schlagartig bewusst, dass meine Wortwahl nicht gerade wohl durchdacht war. „Also ich meine nicht, dass du…mein Gott bist, sondern…also, ähm…“, rede ich mich um Kopf und Kragen und dann beginnt er zu Lachen und es klingt so schön, dass mein Herz beinahe von Liebe überschwemmt wird und ich ihn einfach nur noch mit offenem Mund anstarren kann wie eine verliebte Glucke.
„Du bist bezaubernd.“, sagt er dann lächelnd. Schon wieder steigt mir die Röte in die Wangen. Peinlich berührt verstecke ich mein Gesicht hinter meinen Händen und schüttele den Kopf. „Nein bin ich nicht. Ich bin einfach nur peinlich. Ich muss dir vorkommen, wie ein kleines Kind, das nicht nachdenkt, bevor es spricht.“
„Ganz und gar nicht.“, seine Stimme klingt rau, verführerisch und bringt mich dazu vorsichtig zwischen meinen Fingern hindurch zu lugen. Die Flammen beginnen sich langsam, jedoch beherrscht wieder empor zu züngeln. Und er betrachtet mich eingehend von oben bis unten, bewundernd aber vor allem besitzergreifend, leckt sich dabei lasziv über die Lippen. Er ist ein Gott und doch die pure Sünde. Ich senke die Hände, wende jedoch verlegen den Blick ab. Ich lasse nicht zu, dass er mich ein zweites Mal so aus der Fassung bringt, ich habe noch so viele Fragen.
„Aber wie ist das möglich, dass du damals gelebt hast und all diese Dinge getan hast, dann aber gestorben bist und jetzt wieder lebst? Ich dachte Götter sind unsterblich. Kannst du dich an irgendetwas davon erinnern? Warst du damals schon ein Gott oder bist du erst mit deinem Tod zu einem geworden? Und warte, habt ihr das alles hier erschaffen?“ Ich schleudere ihm eine Frage nach der anderen die in meinem Kopf umher spucken einfach entgegen und habe Erfolg mit meiner Taktik, denn die sexuelle Spannung die eben noch zwischen und herrschte verflüchtigt sich.
Ritchie schmunzelt, ihm ist sehr wohl klar warum ich meine Flut von Fragen auf ihn losgelassen habe, nimmt es dann aber kommentarlos so hin. „Götter sind auch nur Seelen. Jede Seele kann nur einen maximalen Anteil von fünfzig Prozent der Energie des großen Ganzen in sich speichern. Aber eine göttliche Seele hingegen, kann bis zu neunzig Prozent davon in sich aufnehmen. Deshalb habe ich diese Fähigkeiten, schnellere Reflexe, mehr Kraft. Kaum auszudenken was möglich wäre, wenn man die hundert Prozent erreichen könnte. Du könntest besser riechen als ein Bär du könntest selbst die Gedanken anderer Lebewesen hören. Du könntest schärfer sehen als ein Adler, bis ins Mikro Detail. Du wärst dazu imstande Atome zu berühren, sie zu formen und Gegenstände zu manifestieren. Das ist echt irre, aber soweit ich weiß hat es das noch nicht gegeben. Jedenfalls war mein Vater die erste göttliche Seele. Und nicht er hat alles erschaffen, das ist ein Irrglaube. Er ist im selben Moment entstanden als alles begann zu sein. Nicht als Herrscher, sondern einfach nur als Teil des großen Ganzen, er hatte keine Aufgabe inne. Er beobachtete die Seelen wie sie sich mit Körpern verbanden und Leben lebten, Erfahrungen machten, während er selber nicht verstand wozu er da war. Er konnte sich mit keinem Körper verbinden, da ein normaler Sterblicher der nicht von einem Gott gezeugt wurde, mit einer Seele wie seiner niemals lebensfähig sein könnte. So vergingen Jahrausende in denen er zusah wie immer mehr Schlechtes auf der Welt geschieht und immer mehr Seelen der Dunkelheit verfallen. Und da fasst er einen Entschluss. Er wollte das nicht mehr tatenlos mit ansehen, wie die Dunkelheit überhand gewinnt und versucht alles Gute zerstört. Da wird ihm endlich klar warum er existiert, seinen Sinn des Lebens, seine Bestimmung. Er ist dazu zuständig das Gleichgewicht zu wahren, damit das Leben für immer existieren kann und die Seelen sich weiterhin erfahren. Ja er war zweifellos ein wahrer Held.“
Seine Stimme trieft in den letzten Worten vor Sarkasmus und er macht eine bedeutungsvolle Pause um das erst einmal auf mich wirken zu lassen. Oh oh, ganz offensichtlich ein Vaterproblem. Da spricht er auch schon weiter. „Er ging ein großes Risiko ein, denn wenn er bei der Geburt nicht aufgewacht wäre, wäre seine Seele, für immer in diesem Körper gefangen gewesen und langsam aber sicher zusammen mit ihm verfallen. Er suchte sich einen Körper von dem er hoffte er wäre stark genug und siehe da, ich sagte ja schon, das Wunder geschah, er lebte. Dann zeugte er zwei Kinder, somit standen Gefäße zur Verfügung die eine göttliche Seele aufnehmen konnten. Also ließ das große Ganze sie entstehen, Thor und mich. Und wir waren von dem Moment unserer Geburt an Götter. Nun ja, dann lebten wir unser Leben und starben. Wir stiegen auf ins Walhall, erst durch den Tod unserer menschlichen Hülle zu existieren begann und fortan jede Seele, die auf Erden mit der Berührung der Dunkelheit entkommen konnte, kann durch die Tore treten um dort die Dunkelheit, die sich in ihnen eingenistet hat, abzustreifen, damit sie ohne die Angst davor die Dunkelheit könnte sie erneut gefangen nehmen, erneut ein sterbliches Leben führen können. Diese Seelen sind für immer gesegnet. Auch göttliche Seelen führen auf Erden ein sterbliches es Leben, es gibt keinen Weg eine sterbliche Hülle unsterblich zu machen, die Seele hingegen, egal ob göttlich oder nicht, sie stirbt nie. Allerdings können sie unter besonderen Umständen vernichtet werden. Sie kann sich selbst dazu entscheiden den Körper nach dem Tod nicht zu verlassen mit ihm zu vergehen. Allerdings gab es auch schon Fälle wo die Seele ihrem Körper feststeckte und nicht entkommen konnte, das passiert aber nur sehr selten.“
Er hält inne in seiner Erzählung und lässt Gesagtes erst einmal wirken. Dann wird sein Blick ironisch und er fährt fort. „Weitere Jahrtausende vergingen in denen wir drei wahrscheinlich wie eine glückliche Familie hinabsahen zu den Lebenden und über sie wachten. Bis das Böse wieder an Zuwachs gewann. Dann steigt Odin wieder hinab zu den Lebenden und lässt seine Seele in einen Körper fahren, der schon von einer Seele bewohnt ist und übernimmt ihn. Jede höher entwickelte Seele könnte Besitz von einem bewohnten Körper übernehmen, allerdings nur für eine begrenzte Zeit und wenn die fremde, eingedrungene Seele den Körper wieder verlässt, wird der Körper zwangsläufig sterben, die Synapsen im Gehirn fangen buchstäblich an zu kochen. Er hat diesen Körper genutzt um erneut ein göttliches Gefäß zu erschaffen. Er selber könnte sich nicht mit dem von ihm erschaffenen Körper verbinden, aber Thor und ich schon. Tja hier bin ich nun, mal wieder. Aber nein, ich kann mich nicht an mein früheres Leben erinnern, denn bei der Geburt passieren wir einen Vergessenheitskanal. Reinkarnation ist etwas ganz natürliches, es gibt steinalte Seelen, die gar tausende Leben gelebt haben. Du könntest mehrere Leben gelebt haben, das ist sogar sehr wahrscheinlich.“
Wow, tausend Leben. Wo meine Seele wohl schon so herum gekommen ist? Vielleicht war ich eine feine Dame zu Zeiten der französischen Revolution oder lebte zu der Zeit der alten Griechen, das erste zivilisierte Volk, das eine Demokratie gegründet hat. Oder ich war eine mutige Wikingerkriegerin, die nur zu gerne im Namen Götter das Böse auf der Welt gejagt hat. Doch das hört sich so abwegig an, dass ich mich damit selbst zum Schmunzeln bringe. Zu gerne würde ich mich an jedes einzelne meiner Leben erinnern, aber wenn ich richtig verstanden habe, ist es unserem menschlichen Dasein nicht bestimmt darüber Bescheid zu wissen. Denn das ist der Sinn des Lebens, sich selbst zu erfahren, in jedem Leben immer wieder aufs Neue.
„Also haben die Wikinger gewusst was wirklich geschah?“ Ritchie nickt, beginnt dann zu erklären. „Ja sie wussten sie Wahrheit. Aber auch in ihrer Mythologie wurde viel hinzu gedichtet oder verändert. Sie beteten uns, brachten uns Opfer, immer in der vollen Überzeugung das wäre unser Wille. Dabei kamen sie niemals auf den Gedanken, dass wir nicht dergleichen von ihnen erwarteten, außer, dass sie ihre Erfahrungen machen. In den meisten Religionen glauben die Menschen, dass die Götter eine Gegenleistung erwartet, denn er immer in die Rolle des Erschaffers des Lebens gestellt wird.“ Er hat Recht. Wenn die Menschen verstehen würden was wirklich ist, würde es ganz sicher mehr Frieden auf der Welt geben, keine Kriege und viel mehr Nächstenliebe. Eigentlich fühlt jeder Mensch, dass es da draußen etwas gibt, das höher ist als wir. Und unter ihnen gibt es tausende die alles dafür geben würden zu erfahren was wirklich nach dem Tod geschieht, wohin unsere Seele geht. Aber ich bin es die das Glück hat die Wahrheit wirklich zu erfahren, wie die Welt und das Leben entstanden sind und das sie niemals aufhören werden zu existieren, solange das Gleichgewicht gewahrt wird. Ritchie ist derjenige der es wahren wird.
Es ist schon irgendwie komisch, ich habe mir immer gewünscht einen Mann zu treffen, der wirklich etwas Besonderes ist. Einen wahren Held, der große Taten vollbringt. Ich habe ihn gefunden und ich werde nie wieder freiwillig von seiner Seite weichen. Und da stelle ich die alles entscheidende Frage, die mir schon die ganze Zeit auf dem Herzen liegt. „Dürfen Götter mit einer Frau…zusammen sein?“
Eine Zeit lang sieht er mich nur emotionslos an. Mit jeder Sekunde die vergeht beginnt mein Herz wilder zu schlagen. Als ich der festen Überzeugung bin die Stille keinen Augenblick länger zu ertragen zeigt er endlich eine Reaktion, in Form eines Stirnrunzelns. Dann verziehen sich seine Lippen wieder zu einem Grinsen. „Nevia, ich bin zwar ein Gott und bin für einen bestimmten Zweck hier, aber auch ich mache eine menschliche Erfahrung. Selbst wenn es mir nicht erlaubt wäre, könnte mich nichts davon abhalten in deiner Nähe zu sein. Dann müsste der alte Sack da oben, schon persönlich seinen Arsch bewegen hier runter bewegen um mich daran zu hindern.“
Es fühlt sich an als würde ein riesiger Stein der auf meinem Herzen lag, endlich fallen. Ich kann fast das poltern hören, als er vor meinem inneren Auge auf dem Boden aufschlägt. Nichts wird uns also im Weg stehen, naja außer diese Monster. Aber ich lasse mir meine gute Laune davon jetzt nicht trüben, zu viel Glück empfinde ich. Er ist mein strahlender Ritter, in einer schwarzen Rüstung, auf einer schwarzen Harley. Ein ganzer Mann, ein Krieger, ein Gott. Und er ist mein…Freund?!
Ja bitte ich will, dass es so ist. Das ist alles was ich mir wünsche, alles was ich mir immer erträumt habe. „Sind wir jetzt eigentlich…also, ähm…“, ich zögere kurz ihm, diese Frage wirklich zu stellen, doch überwinde mich dann doch, „…bist du jetzt eigentlich…mein Freund?“
Er setzt wieder sein geheimnisvoller-Verführer-Schmunzeln auf. „Willst du denn, dass ich dein Freund bin?“ Ich hole tief Luft und nicke dann. „Ja.“, setze ich nach um die Geste noch mehr hervorzuheben. Ich will das so sehr. Als er mich nur weiterhin schmunzelnd mustert, beginne ich nervös auf meiner Unterlippe zu kauen. Sein Blick fixiert meinen Mund und direkt spüre ich seine Hand erneut an meinem Kinn, befreit meine Lippe heute schon ein zweites Mal vor meinen Nervositätsanfällen. „Wenn das so ist. Tja dann…“, sein Blick findet wieder den meinen, „…bin ich wohl jetzt dein Freund, Prinzessin.“
Ein glückliches Lächeln breitet sich auf meinen Wangen aus und ich springe ihm so schwungvoll um den Hals, dass ich tatsächlich kurz die Befürchtung habe, ich könnte ihn glatt umreißen. Ich schätze, ich brauche nicht erwähnen, dass ich ihn damit nicht auch nur ansatzweise zum Schwanken gebracht habe. Aber das ist auch völlig egal, denn alles was zählt ist, dass es endlich offiziell ist. Ja, wir sind ein Paar. Er hat es selbst gesagt. Er ist mein Freund!
Ich kann nicht beschreiben, was genau diese Worte in mir auslösen, es ist einfach zu überwältigend und so greifbar, ich kann gerade keinen klaren Gedanken fassen. Ich muss jetzt einfach nur seine Nähe spüren. Er schlingt die Arme um meine Taille und drückt mich noch enger an sich.
Ich weiß nicht wie lange wir uns schweigend in den Armen liegen, aber er gibt mir alle Zeit die ich brauche um meine vernebelten Gedanken wieder einigermaßen ordnen kann. Langsam löse ich mich aus der Umarmung. „Woher weißt du das alles?“ Er legt seinen Arm um meine Schultern, lässt den Körperkontakt zwischen uns nicht ganz abbrechen. „Dreizehn Jahre meines Lebens war das meine einzige Abendlektüre, außer meine selbstgekritzelten Lyrics, Noten und Akkorde.“
Er meint die Zeit in die er sich in Ausbildung befand. Die Zeit in Alaska, die ihn zu dem Menschen macht der er heute ist, sie hat ihn stark geprägt. Und auch das ist ein Thema, bei dem er sofort komplett dicht macht. Die Neugier packt mich, ich will wissen was in dieser Zeit mit ihm geschehen ist, was er erlebt hat. Aber heute ist nicht der richtige Zeitpunkt mit ihm drüber zu sprechen, deswegen nehme ich es jetzt einfach kommentarlos hin.
„Warum hast du mir das nicht alles schon früher erzählt?“ Er zuckt nur einmal mit den Schultern. „Ich bin nicht der große Redner. Außerdem wann hätte ich das tun sollen? Hättest du mir geglaubt, wenn ich dir erzählt hätte, dass ich dich nur verschleppt habe, weil mein Erzfeind Loki hinter dir her ist? Hättest du mir überhaupt lange genug zugehört um dir das alles zu erklären?“
Kurz denke ich darüber nach und komme zu dem einzigen logischen Schluss auf diese Frage. „Nin vermutlich nicht.“, murmele ich. „Aber zu deiner Verteidigung. Ich finde du hast dich im Reden heute sehr tapfer geschlagen.“ Er grinst, sieht liebevoll auf mich hinab. „Hat sie Fragestunde jetzt ein Ende?“ Kichernd nicke ich. Er hat wahrscheinlich heute so viel geredet, wie in dem Rest seines ganzen Lebens. „Ja ich erlöse dich erst einmal, ich werde mich allerdings nicht zurückhalten, wenn ich eine neue Frage haben sollte.“ Er schnauft einmal amüsiert. „Das habe ich befürchtet. Aber vielmehr hatte ich gehofft, dass ich dir jetzt eine Frage stellen kann, die mir schon seit Tagen auf der Zunge brennt.
Aufmerksam setze nun ganz auf, entwinde mich seinem Arm, neugierig was da jetzt kommt. „Schieß los.“ Sein Blick wird ernst, bevor er beginnt zu sprechen. „Was ist da mit dir geschehen, auf der Lichtung?“ Er redet von dem Tag, an dem ich endlich meine Gefühle für ihn zugelassen, der Tag an dem die Angst in zu verlieren, jeden Winkel meines Körpers ausfüllte. Ich schüttele den Kopf. „Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich unglaubliche Angst um dich hatte und dann warst du plötzlich bei mir. Also natürlich warst du es nicht, aber es hat sich so angefühlt. Und umso näher ich dir dann kam, desto stärker wurde dieses Gefühl. Als ich gesehen habe wie diese Schlangenfrau dich töten wollte, kam da plötzlich dieses Licht von irgendwoher und hüllte mich ein. Es tat weh, es hat sich angefühlt, als würde ich bei lebendigem Leibe verbrennen. Aber es hat dir geholfen und deshalb habe ich mir keine Sorgen gemacht um mich gemacht.“
„Dieses Licht kam nicht von irgendwoher, sondern direkt aus dir. Die Ärzte konnten sich nicht erklären, was mit dir passiert ist. Sie sagten es sieht fast so aus, als wäre dein Körper verbrannt, aber nur von innen. Dieses Licht hat deinen Körper beinahe gegrillt.“, sein Blick ist hart und er versucht die Sorge um mich auch nicht zu verstecken. „Fast hätte ich dich für immer verloren und ich hätte absolut nichts dagegen tun können. Noch nie habe ich davon gehört, dass je eine Seele eine solche Fähigkeit besessen hat..“
Er hat Angst, davor das er versagen könnte, es nicht schafft mich zu retten, weil er mich nicht vor etwas retten kann, was er nicht kennt und schon gar nicht kontrollieren kann. Aber ich will nicht das sich seine Stimmung trübt, merke ich doch sofort das er abdriftet und beginnt sich den Kopf zu zerbrechen, ob er vielleicht irgendetwas übersehen hat. Irgendeinen Hinweis, der ihm die ihm die Antwort auf seine Fragen bringt. Also versuche ich ihn Abzulenken. „War das Medusa? Diese Schlangenfrau? Ich dachte immer ihr Blick lässt einen zu Stein erstarren, ihrer tat es nicht.“
Er schüttelt den Kopf, lässt sich auf die Ablenkung ein. „Nein, das war nicht Medusa, sondern ihre Schwester Euryale. Bei ihr ist es das Gift was einen zu Stein erstarren lässt.“ Oh backe, dann ist die ganze Sache ja wirklich noch haarscharf gutgegangen. Hätte sie ihn gebissen, wäre alles vorbei gewesen. Ritchie wirkt als würde er wieder tief in seine Gedanken versinken. Also frage ich weiter. „Und dieser Löwe?“
„Das war der nemeische Löwe, der soll angeblich unverwundbar sein, aber wie viel Wahrheit da dran ist, haben wir ja gesehen.“ Erneut beginnt er zu grübeln und es scheint mir fast so, das egal was ich jetzt sagen würde, er immer wieder auf seine Gedanken zurückkommen wird. Da kommt mir nur noch eine letzte Idee, um ihn abzulenken. Die Wahrheit darüber was noch geschehen an diesem besonderem Tag, darüber was ich seit diesem Tag in Dauerschleife wahrnehme. „Seit diesem Tag kann ich fühlen was du fühlst.“
Sofort habe ich seine Aufmerksamkeit auf mich gelenkt. Sein Blick ist klar und er runzelt ungläubig die Stirn. „Was?“ Ich nicke einmal energisch. „Ja es ist wahr, ich kann deine Gefühle spüren, die ganze Zeit.“ Er sieht mich nur an erwidert eine lange Zeit nichts auf meine Gesagtes. Wenigstens konnte ich die Trübseligkeit vertreiben, an ihre Stelle ist jedoch jetzt Verwirrtheit getreten. „Dann kommt diese merkwürdige Fähigkeit also von dir. Hätte mich auch gewundert, das ich plötzlich wie aus dem Nichts eine neue Fähigkeit entwickele. Auch ich habe deine Gefühle gespürt. Immer dann wenn du erregt warst.“
WAS? Schockiert reiße ich die Augen auf und starre ihn mit offenem Mund an. Wie soll ich denn das jetzt bitte verstehen? „Du hast was?“, frage ich, meine Stimme klingt viel zu hoch. „Ich konnte deine Gefühle spüren, immer dann wenn du erregt warst.“, wiederholt er überflüssigerweise. „Ich nehme an, dass du sie mir gesendet. Erregung kann die Gefühlswelt Kopf stehen lassen und somit geschah das wohl er unbewusst. Aber eins kann ich dir sagen, es war das berauschendste was ich jemals fühlen durfte.“
Ahh! Oh nein, warum? Warum nur? Warum nur immer ich? Während er sich nicht mal einen Moment dafür interessiert, das ich seine Gefühle ununterbrochen auch fühle, bringt er mich mit der Tatsache aus der Fassung das er meine ebenfalls fühlt und dann auch noch ausgerechnet nur dann, wenn ich mich vor Lust nach ihm verzehre. Das ist so unglaublich peinlich, bitte Erdboden tut dich einfach auf und verschlucke mich. Und er grinst erneut frech übers ganze Gesicht und erfreut sich tierisch über meine Reaktion. Ich schnappe mir einer der kompliziert, bestickten Sofakissen und werfe es vorwurfsvoll nach ihm. „Warum hast du mir nichts davon gesagt?“
„Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Außerdem hast auch du mir jetzt davon erzählt.“, erwidert er amüsiert. Tja, das hätte er sich sparen können, in Verlegenheit hat er mich deshalb jetzt trotzdem gebracht. Oh Mans, manchmal wünsche ich mir echt nicht so schüchtern zu sein, sondern nur halb so tough wie Lexy es ist. Dann würden mir solche Situationen nicht ständig die Röte in die Wangen treiben. Da fällt mir was ein. Lexy!
Ach du meine Güte, sie wollte ja heute nach der Arbeit bei mir im Krankenhaus vorbeikommen, mit einen Krankenbesuch abstatten. Wie spät ist es? Hektisch suche ich den Raum nach einer Uhr ab und entdecke die schnell die edle Uhr. die über dem Kamin hängt. Oh Gott, inzwischen sind mehrere Stunden vergangen, sie hat schon seit einer knappen Stunde Feierabend und sie bekommet einen Anfall wenn sie im Krankenhaus ankommt und ich nicht da bin. „Ritchie ich muss sofort Lexy anrufen.“, rufe ich aufgeregt aus. Er runzelt verständnislos die Stirn. „Warum?“
„Weil mich heute wieder besuchen kommen will und höchstwahrscheinlich ausrastet, wenn sie mich dort nicht antrifft.“ Unbeeindruckt zieht Ritchie beide Augenbrauen hoch, zuckt dann jedoch mit den Schultern und erhebt sich. Lässig schlendert er rüber zu einer langen Bücherschrankwand und öffnet dort eine kleine Schublade, holt dort ein nagelneues IPhone hervor, welches er einschaltet und mir dann zuwirft. Kurz betrachte ich dieses winzige, mehrere hundert Euro teure Gerät, erhebe mich nun ebenfalls und drücke es ihm wieder in die Hand.
„Das bringt mir nichts, ich kann ihre Nummer nicht auswendig. Gib mir einfach mein Handy.“ Er deutet auf die Treppe im Flur. „Das ist oben.“ Er setzt sich in Bewegung und ich folge ihm nach oben, bis in das Gästezimmer, in dem er sich in den letzten Monaten niedergelassen hat und schließt die Schublade des Schreibtisches auf, mit dem Schlüssel den er hinter einem Bild an der Wand hervorholt. Kurz darauf drückt er mir auch schon mein Telefon in die Hand. Kein modernste Technik aber immerhin vollkommen funktionstüchtig und wesentliche leichter zu bedienen. Ich schalte das Gerät ein, warte nervös bis es sich hochgefahren hat und wähle dann angespannt Lexys Nummer. Nach dem zweiten Klingeln nimmt sie ab.
„Moment, Moment ich fahre gerade…“, kurz hört man was rascheln als sie das Handy zur Seite legt und höchstwahrscheinlich rechts ran fährt. Dann hört man erneut dieses Rascheln und ich höre Lexys halb hysterische Stimme. „Nevia? Nevia, bist du das?“
„Ja Lexy, ich bins. Ich wollte dir nur sagen, dass es mir gut geht und ich nicht mehr im Krankenhaus bin.“ Ein Knistern in der Leitung, bevor sie mir antwortet. „Nevia? Ich verstehe dich ganz schlecht, bist du etwa in einem Funkloch? Hörst du mich?“
„Ja Lexy, ja!“ rufe ich ins Telefon und laufe rüber zum Fenster in der Hoffnung das sie mich dann besser hören kann. „Hörst du mich jetzt besser?“
„Besser ja, jetzt ist es besser.“, erwidert sie dann erleichtert, doch das war es dann mit der netten Freundin. „Wo zum Teufel nochmal steckst du? Du bist erst gestern aus dem Koma erwacht, was fällt dir ein dich einfach so selbst aus dem Krankenhaus zu entlassen? Bist denn völlig wahnsinnig geworden?“, beginnt sie mir gehörig den Kopf zu waschen. „Wenn ich herausfinde, dass Ritchie dahinter steckt, dann kann er sich auf was gefasst machen. Wenn ich den in die Finger bekomme, dann garantiere ich für nichts. Ich schwöre bei Gott Nevia, ich glaube…ICH GLAUBE ICH BRINGE IHN UM!“, brüllt sie wutentbrannt ins Telefon. Erschrocken halte ich mein eigenes einige Zentimeter von meinem Ohr entfernt, so laut ist ihr Geschrei. Das sie dabei auch noch bei Gott schwört ist doch nur noch pure Ironie. Hilfesuchend drehe ich mich zu Ritchie um, der grinsend gegen die Wand neben dem Schreibtisch gelehnt steht, eine Augenbraue unbeeindruckt hochgezogen, scheint er sich köstlich über Lexys Wutanfall zu amüsieren. Eindeutig keine große Hilfe. „Es war meine eigene Entscheidung, mich aus dem Krankenhaus zu entlassen. Mir geht’s schon viel besser, bitte entschuldige dass ich mich erst jetzt melde.“, versuche ich sie sanft zu beruhigen und Ritchie etwas aus der Schusslinie zu ziehen.
„Das will ich, aber auch stark hoffen, dass dir das Leid tut, als ich im Krankenhaus ankam und du nicht da warst, habe ich mir fast vor versammelter Mannschaft in die Hose gemacht. Ich habe mir solche Sorgen gemacht.“, wirft sie mir ungehalten vor. Ich weiß, dass sie das nicht böse meint, sie hat einfach nur Angst um ihre beste Freundin. Aber er auch wenn ich im Endeffekt nicht dafür konnte, dass ich mich so lange nichts von mir hören lassen hab, habe ich schreckliche Schuldgefühle ihr gegenüber.
„Es tut mir wirklich ehrlich leid. So etwas wird dergleichen nie wieder vorkommen. Bitte sei mir nicht böse.“, erwidere ich leicht niedergeschlagen. Ich höre sie am anderen Ende der Leitung seufzen. „Ich bin dir nicht böse. Versprich mir einfach, dass du mir nie wieder eine solche Angst einjagst.“
„Versprochen.“, antworte ich aus vollem Ernst. „Gut. Also, bist du zu Hause?“ Überrumpelt von ihrer Frage beginne ich zu stottern. „Zu Hause? Ähm…nein, ich…äh…ich bin nicht…zu Hause.“ Oh Mann, ich hätte wissen müssen, dass diese Frage kommt und mir vorher eine plausible Antwort überlegen müssen. Aber ich habe nicht weiter darüber nachgedacht. „Wie nicht zu Hause?“, fragt Lexy nun misstrauisch. „Nun ja…“, setze ich an, als sie mich schon unbeherrscht unterbricht und wütend anfährt. „Wo bist du Nevia? Ist Ritchie etwa bei dir?“ Jetzt gibt es kein Zurück mehr, ich kann ihr nur die Wahrheit sagen, denn mir will einfach keine passende Ausrede hieraus einfallen. Außerdem will ich sie nicht belügen. „Ich bin bei ihm.“
„Wie bei ihm?“, fragt sie nun aufgebracht, doch bevor sie sich weiter aufregen kann, versuche ich die Lage zu beruhigen. „Ich bin bei ihm zu Hause. Er hat ein Haus außerhalb der Stadt. Aber ich bin freiwillig bei ihm, er kümmert sich gut um mich.“
„Wo? Wo ist dieses Haus? Ich komme dahin.“, erwidert sie stur. Oh nein, dieses Haus ist Ritchies Rückzugsort, niemand außer mir wusste von diesem Ort, nicht einmal seine Band. Und ich erzähle es einfach Lexy und die will natürlich auch noch direkt her kommen. Vorsichtig versuche ich sie abzuwimmeln. „Nein, ist schon okay. Du brauchst, den langen Weg hierher heute nicht mehr extra in Kauf nehmen. Wir sehen uns einfach in den nächsten Tagen.“
„Rede keinen Unsinn Nevia, wo muss ich hin?“, fragt noch einmal nachdrücklich. Ah, sie ist so ein Dickkopf. „Wirklich Lexy du musst nicht kommen. Ich sagte doch es ist ein weiter Weg und ich bin ziemlich müde, ich schätze wenn du hier ankommst, bin ich schon längst eingeschlafen.“ Kurz herrscht Stille in der Leitung und für einen Moment, denke ich die Verbindung ist abgerochen. Aber dann antwortet sie mir. „Nagut. Dann schlaf dich mal aus. Und melde dich morgen bei mir, wenn du wach bist. Egal wie spät es ist, für dich finde ich auch auf der Arbeit Zeit an mein Telefon zu gehen.“
„Das ist süß von dir. Wir hören uns dann also morgen.“, sage ich erleichtert. „Ach übrigens, die Jungs wissen nichts davon, dass Ritchie hier ein Haus gekauft hat. Ich denke ihm wäre es lieber, wenn das auch so bleibt. Ich wäre dir sehr dankbar wenn du das für dich behältst.“
Wieder herrscht kurz Stille, bevor Lexy wieder das Wort an mich wendet. „Gut, ist kein Problem.“, sagte sie und in ihrer Stimme schwingt etwas mit was ich nicht so recht deuten kann. Aber wahrscheinlich habe ich mich einfach nur verhört. „Ich danke dir. Also dann hören wir uns morgen. Hab dich lieb.“
„Ja bis morgen, ich habe dich auch lieb.“, erwidert sie und legt schließlich auf. Ich atme einmal tief durch, drehe mich dann zu Ritchie. „Tut mir leid, ich hätte ihr nicht von dem Haus erzählen dürfen.“, bitte ich ihn schuldbewusst um Verzeihung. Er stößt sich von der Wand ab und kommt langsam auf mich zu. „Mach dir darüber keine Gedanken, ist doch nur ein Haus. Davon gibt es noch tausend andere.“, gibt er zurück und wirkt tatsächlich so, als würde ihn das absolut die Bohne interessieren.
Schließlich bleibt er dicht vor mir stehen, sieht mich eindringlich an. „An deiner Stelle, würde ich mir lieber darüber einen Kopf machen, was ich jetzt mit dir anstellen werde.“ Aufgeregt weite ich die Augen. Was hat er vor? Soll es etwa endlich soweit sein? Wird er mich etwa jetzt…zu einer richtigen Frau machen? Zu seiner Frau?
Die Art wie sie mich aufgeregt mit ihren großen, wunderschönen Augen ansieht, gibt mir beinahe den Rest. Ich habe so einige Fantasien darüber, was ich liebend gerne mit ihr anstellen würde. Die meisten davon werden wohl das bleiben was sie sind, eine Fantasie. Eine sehr schöne allerdings und sehr heiße. Besitzergreifend lege ich die Hände um ihre Taille, ziehe sie an meinen Körper heran. „Als dein Freund…“, beginne ich leise zu sprechen, „…habe ich jetzt jedes Recht dazu dich zu berühren. Wann immer ich will..." Meine Hände die noch immer auf ihrer Taille ruhen, wandern langsam, suchend hinab zu ihrer Hüfte und weiter, bis sie schließlich die knackigen Rundungen ihres süßen Arsches umfassen und gierig zu greifen. „Wo immer ich will…“
Nevia keucht überwältigt nach Luft. Das reizt mich nur noch mehr. Ich fordere sie immer wieder aufs Neue absichtlich heraus und zwinge sie letztendlich in die Rolle des verängstigten, scheuen Lamms. Während ich den großen, bösen Wolf spiele, der hungrig darauf wartet sie endlich zu verschlingen. Seitdem diese Sache mit den Gefühlen begonnen hat, dass ich spüren kann wenn sie geil wird, weiß ich wie stark sie auf meine Dominanz reagiert. Dass sie mir gehorchen, sich mir unterwerfen will. Als wäre sie von Natur aus so. Das macht sie noch nicht zu einer richtigen Sub, aber in vielerlei Hinsicht, ist diese Eigenschaft sogar noch viel besser. Die meisten Subs die ich getroffen habe wissen im Schlafzimmer genau was sie wollen und sind im Leben außerhalb davon starke, dominante Karrierefrauen, die diese Spiele eher als Ausgleich für den Alltag sehen. Nevia hingegen ist zwar auch eine Karrierefrau, aber was sie unterscheidet ist, dass sie eben nicht weiß was sie will, gar nicht wissen kann durch ihre Unerfahrenheit. Und ich weiß, dass sie dagegen ankämpft, sich wehrt. Doch letztendlich gibt sie sich doch diesem Drang hin und tut alles was ich von ihr verlange. Fuck, dass macht mich extrem scharf.
Aber so gerne ich sie endlich ins Bett zerren würde, ich muss mich noch etwas in Geduld üben. Ich will sie nicht überfallen. Doch eigentlich ist das genau das was ich will, über sie herfallen. Ich weiß irgendwann werde ich das auch tun. Sie wirkt so zart und zerbrechlich in meinen Armen, wie eine Blume, ich habe Angst ich könnte sie zerbrechen. Außerdem will ich verdammt sein, wenn ihr erstes Mal nicht so ist wie sie es sich immer erträumt hat. Der Jäger in mir bäumt sich auf, sträubt sich stur gegen meine verweichlichten Gedanken, es wird schwierig werden ihn zurückzuhalten. Obwohl andererseits, gestern Nacht, als sie sich sinnlich und verführerisch ihres Nachthemds zu entledigen versuchte… hat es nicht soweit kommen lassen. Der Schleier legte sich vor meine Augen und der Jäger übernahm die Kontrolle. Ich konnte nur noch instinktiv handeln, geleitet von meiner Lust. Damit er bekam was er wollte. Sie.
Allerdings, als es für ihn kein Zurück mehr gegeben hätte, wo er nicht mehr anders gekonnt hätte als sie zu nehmen, zog er sich zurück. Der Moment als ich zum ersten Mal ihren süßen Geschmack auf meiner Zunge genoss. Ich war komplett bei Sinnen, mein Verstand war klar, doch hatte ich den Punkt an dem ich das einfach hätte beenden können, jedoch schon lange überschritten. Deshalb musste ich ihr die süße Erlösung mit meiner Zunge bereiten. Und auch wenn ich niemals von alleine so weit gegangen wäre, der Jäger brachte mich dazu und ich genoss jede Sekunde davon in vollen Zügen.
Die Tatsache, dass er sich zurück zog beweist mir, dass sie auch ihm etwas bedeutet. Sie reizt und provoziert ihn, trotz jeglicher Warnungen bis er sich schließlich zeigt. Aber er hat es nicht durchgezogen. Das soll nicht heißen, dass ich ihm in Zukunft vertrauen werde, meinem Alter Ego, auf gar keinen Fall. Dieser Bastard ist unberechenbar und diese engelsgleiche, verdammt sexy Frau macht es mir nicht gerade leicht.
„Das Haus hat keinen Wert für mich, ich kann mir jederzeit ein Neues kaufen. Von mir aus brenn es nieder. Aber ich garantiere nicht dafür, dass deine Taten keine Konsequenzen haben werden.“, sage ich und schmunzele geheimnisvoll. Sie soll ruhig machen, wonach ihr beliebt. Ich werde mit Freuden jede Situation ausnutzen um sie zu bestrafen, bis sie mich anfleht erlöst zu werden. Ich kann förmlich hören wie es in ihrem Kopf rattert, versucht zu verstehen worauf genau ich hinaus will. War klar, dass sie nicht von selbst darauf kommt, so ein unschuldiges Mäuschen kann ja gar nicht wissen auf wie viele Arten ich sie lustvoll quälen kann. Also beschließe ich ihr einen kleinen Denkanstoß zu verpassen. „Achte in Zukunft einfach genau darauf, was du tust. Ich könnte jederzeit über dich herfallen und dich willenlos machen.“
Ein Zittern geht durch ihren Körper, als wäre das genau das was sie sich wünscht. Oh Baby, sei vorsichtig mit dem was du dir wünschst. Es könnte wahr werden. Sieöffnet den Mund, zögert jedoch kurz, bevor sie ihren Gedanken ausspricht. „Aber musste ich das nicht vorher auch schon?“ Ihre Frage und die Unsicherheit in deiner Stimme bringen mich zum Grinsen. „Ja. Aber da habe ich mich noch zurück gehalten.“
Ich merke wie sie abdriftet und ich würde alles dafür geben, zu wissen welche Fantasie wohl gerade in ihrem Kopf herum spukt. Zumindest kann ich ganz klar spüren, wie sehr es sie anmacht. Shit, mir wird gerade selbst bewusst, dass ich wieder nur an das Eine denken kann, mich schon wieder nicht auf das Wesentliche konzentriere. Das muss aufhören und zwar jetzt, sonst war es das mit den guten Vorsätzen.
„Genug geträumt Prinzessin.“, sage ich ernst, um die Spannung zwischen uns zu lockern. Und es funktioniert, Nevias Blick klärt ich. Und ich kann nicht anders, ich muss einfach noch einen nachsetzen. „So sehr ich wissen will, welche Gedanken dich so in Stimmung bringen, es gibt Wichtigeres zu besprechen. Aber ich komme darauf zurück, das Verspreche ich dir.“ Ihr steigt die Röte in die Wangen weitet schockiert die Augen, ärgert sich über sich selbst, dass sie vergessen hat, dass sie mich ihre Erregung spüren lässt. Mhm…wie ich es liebe sie in Verlegenheit zu bringen. Leise lachend beuge ich mich vor und stehle mir einen keuschen Kuss von ihren Lippen. Dann lasse ich von ihr ab, gehe einige Schritte zurück. „Du wirst jetzt Hati und mir von Anfang an alles erzählen, was du aus dieser Nacht noch weißt und zwar bis ins kleinste Detail.“
Sie sieht mich etwas entgeistert an, etwas überfordert von meinem Stimmungsumschwung. Ich kann ihr auch deutlich ansehen, dass sie ziemlich auf diese Fähigkeit ist, denn ihr fällt es um einiges schwerer sich wieder auf das Wesentliche zu fokussieren. Doch dann rafft sie sich zusammen, als sie begreift, dass ich von Anfang an nichts andres als das im Sinn hatte. Theatralisch seufzt sie auf und wirft mir einen vernichtenden Blick zu, der allerdings nicht die gewünschte Wirkung erzielt, denn ich schmunzele nur schelmisch. Schließlich legt sie ihr Handy, welches sie noch immer in ihren Händen hält, achtlos auf den Schreibtisch und geht hoch erhobenen Hauptes an mir vorbei ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen. Und da ist auch schon die erste Situation für die ich sie liebend gern bestrafen würde, jetzt sofort. Aber ich reiße mich zusammen und folge ihr noch immer schmunzelnd.
Ach ich bin so blöd. Natürlich war das ein Spiel, er spielt andauernd. Und er hat mich eindeutig davor gewarnt, dass sich das zukünftig nicht bessern wird. Tja, dann muss ich wohl irgendwie lernen, mich gegen seine Autorität zu wappnen. Ich darf mich nicht immer so leicht von ihm aus der Ruhe bringen lassen, ich weiß, dass er das schamlos ausnutzt. Aber er ist so unwiderstehlich wenn er das tut. Ich weiß nicht recht, wie ich das hinbekommen soll.
Aber ich verwerfe den Gedanken, besser gesagt ich packe ihn zur Seite, denn Ritchie hat recht. Es gibt jetzt Wichtigeres zu bereden. Ich weiß zwar nicht ob er irgendeinen Schluss aus dem Ablauf dieses Abends ziehen kann, wenn ich ihm alles nochmal aus meiner Sicht schildere, denn ich sehe nicht recht, dass und irgendetwas davon weiterbringen kann. Aber er versteht sehr viel mehr von der Materie als ich. Vielleicht sieht er etwas, was ich nicht sehe.
Ich öffne die edle Glastür im Wohnzimmer die zur Terrasse führt und beginne zu lächeln, als ich den kohlrabenschwarzen Wolf neben den teuren Holzgartenmöbeln sitzen sehe. Freudig schlinge ich die Arme um seinen mächtigen Hals und atme auf, erleichtert darüber, dass er wohlauf ist. Ein bisschen habe ich ein schlechtes Gewissen, dass ich mich nicht nach ihm erkundigt habe, aber nach allem was passiert ist, ist mein Kopf einfach voll. Ganz offensichtlich nimmt er mir das aber absolut nicht übel. Ganz im Gegenteil.
‚Schön zu sehen, dass es dir wieder besser geht.‘ höre ich ihn sagen, beziehungsweise denken. Oder so ähnlich. Ich lasse von ihm ab und streichele ihn hinter seinem rechten Ohr, sodass er genießerisch die Augen schließt, den Kopf etwas senkt. „Das habe ich wohl euch beiden zu verdanken. Danke.“
Ritchie hat sich schweigend auf einem der Stühle niedergelassen und beobachtet uns. Jeglichen Schalk der vor ein paar Minuten noch in seinen Augen zu sehen war ist fort und er ist wieder der emotionslose, wachsame Mann den ich vor so vielen Wochen kennengelernt habe. Wie lange ist es inzwischen her? Zwei, vielleicht sogar schon drei Monate? Ich habe keine Ahnung, ich weiß ja nicht mal welcher Tag heute ist. Aber das erscheint mir momentan auch als so ziemlich das bedeutungsloseste überhaupt.
Ich lasse von Hati ab und setze mich auf einen der Holzstühle Ritchie gegenüber. Er mustert mich nur abwartend und auch Hati hat seine Augen wieder geöffnet und sieht mich an. Offenbar hat keiner von beiden vor, mich zum Sprechen aufzufordern, also versetze ich mich einfach zurück in diese Nacht und beginne, als Hati ich mich von Hati verabschiedete um mich schlafen zu legen. „Ich habe euch vom Fenster aus beobachtet, ihr habt gekämpft. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht ihr würdet euch die Köpfe einschlagen.“, erzähle ich und schmunzele, denn mir ist inzwischen klar, dass Ritchie den Wolf eindeutig ins Herz geschlossen hat. Und Hati war ihm sowieso von Anfang an treu ergeben.
Keiner erwidert etwas auf meinen kleinen Scherz, nun ja wahrscheinlich deshalb weil es hier um ein äußerst ernstes Thema geht. Ich hatte nur versucht die Stimmung etwas zu lockern, fahre jedoch schließlich fort und erzähle, dass ich Ritchie zur Rede stellen wollte als Hati ging, stattdessen allerdings seinen Song belauscht hätte. Was dann passierte, lasse ich aus, da ich ihn nicht in eine peinliche Lage bringen will. Nicht das diesem Mann irgendetwas peinlich wäre. Aber trotzdem.
„Ich bin dir hinterher gegangen und hab gesehen wie du auf die Wand eingeschlagen hast. Und dann bist du einfach umgekippt.“ Ich habe diesen Moment bildlich vor Augen, auch die wahnsinnige Angst die ich verspürt habe, doch ich lasse nicht zu das sie mich wieder einnimmt. „Wenigstens weiß ich jetzt wie du so tiefe Löcher in die Betonwand schlagen konntest.“, fahre ich ironisch fort, teils um mich selber etwas zu beruhigen. Doch als ich an einen Punkt gerate, deren Wendung mir immer noch unklar ist, kann ich ein Zittern in meiner Stimme nicht mehr verhindern. „Deine Knochen brachen einfach und plötzlich war da so viel Blut und du sahst aus als wärst du wach. Aber du warst es nicht.“
Und dann nimmt mich die Angst die ich empfand, doch noch gefangen, hüllt mein Herz ein. Ich kann es einfach nicht verhindern und ich ringe hörbar nach Luft. Augenblicklich ist er da, zieht mich aus dem Stuhl und setzt sich dann mit mir in seinen Armen wieder hin. Ich sehe ihn mit großen Augen an, bewundere ihn für sein Talent genau zu wissen was ich brauche. Denn zu spüren, dass er bei mir ist, warm und lebendig, vertreibt die Angst der vergangenen Nacht fast bis aufs Letzte. Ich lächele ihn dankbar an, bis ich endlich meine Stimme wiederfinde. „Wie ist so etwas möglich?“
„Ich war wach, nur halt eben nicht hier. Der göttliche Teil meiner Seele, hat sich unfreiwilliger Weise von meinem Körper abgespalten und ist auf Wanderschaft gegangen, in eine Paralleldimension. Dort hatte ich die außerordentliche Ehre, mit einem der glorreichsten und tapfersten Krieger Bekanntschaft zu machen. Thor, meinem sogenannten Bruder. Auch Hati bin ich dort zum ersten Mal begegnet.“, erwidert er und die Tatsache, dass er seinen Bruder getroffen hat, scheint ihm ziemlich gleichgültig zu sein.
„Du hast deinen Bruder getroffen? Was ist passiert?“, frage ich nun, wirklich überrascht, denn das ist so ziemlich das Letzte was ich mir hätte vorstellen können. Nein eigentlich glaube ich eher, dass ich niemals im Traum auf so eine abstruse Idee gekommen wäre. „Wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit.“, ist das Einzige was er dazu sagt. Keine weiteren Erklärungen, aber ich kann unter seiner teilnahmslosen Maske deutlich fühlen wie sich ein Gefühl geradezu in ihm aufbäumt. Eifersucht. Was mag wohl geschehen sein? Noch so ein Thema, welches ich vertagen muss, jetzt bekomme ich garantiert keine Antworten.
So erzähle ich einfach weiter ohne nochmal darauf einzugehen und beginne ab dem Punkt, an dem er mich an der Haustür ängstlich und verwirrt zurück ließ. Kurz habe ich Panik die Angst könnte mich erneut einholen, aber seine Nähe verhindert dies. „Ich habe mich so nutzlos gefühlt, so klein. Aber dann war da plötzlich…es hat sich angefühlt als hätte ich Superkräfte und da war so eine merkwürdige Gewissheit. Dass ich etwas tun kann. Und deine Gefühle, so als würdest du neben mir stehen und sie mir ins Ohr flüstern. Ich musste nur ihrem Echo folgen um dich zu finden, ich habe es vor meinen Augen gesehen, wie ein Band, sehe es noch immer.“
Ritchie und Hati tauschen einen Blick, ich kann allerdings nicht deuten ob ihnen das irgendwie weiterhilft. „Ich bin ihm gefolgt und als ich sah, dass diese Schlange dich beinahe…Dann war da nur noch dieser starke Schmerz und dann das Licht, so hell, dass ich nichts mehr sehen konnte. Als es vorbei war, habe ich mich so schwach gefühlt, ich dachte ich…“, ich spreche nicht weiter als Ritchies Hand an meiner Taille mich leicht verkrampft näher an sich drückt. Kurz herrscht Stille, ich denke nun wirklich alles gesagt zu haben. Ritchie fixiert mal wieder irgendeinen Punkt am Boden und denkt nach, ohne auch nur ein einziges Mal zu Blinzeln. Hati hängt ebenso seinen Gedanken nach, sein Schwanz hebt sich immer wieder leicht vom Boden ab, nur um ihn dann wieder achtlos fallen zu lassen. Schließlich ist Ritchie derjenige der die Stille unterbricht.
„Nevia, wann hat das angefangen?“ Ich runzele irritiert die Stirn. „Habe ich doch gesagt, kurz nachdem du gegangen bist.“ Er schüttelt leicht den Kopf. „Nein, das meine ich nicht. Was war der Auslöser?“ Einen Moment starre ich ihn nur ziemlich dämlich an, bevor ich ernsthaft über diese Frage nachdenke. Gab es einen Auslöser? Nun bin ich es, die in ihren Gedanken versinkt, auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage. Woran habe ich Gedacht als diese Macht mich erfüllte? Ich hatte Angst, so große Angst ihm könnte etwas zustoßen. Aber da war noch etwas…
Dann erscheint es glasklar in meinem Kopf. Ja, es gab einen Auslöser, sogar einen ganz bedeutenden. Mir steigt die Röte in die Wangen. Ritchie verengt leicht misstrauisch die Augen, wartet jedoch ab. „Also…“ Ich wappne mich kurz, bevor ich weiterspreche. „Es fing an als…als ich mir meine Gefühle für dich eingestanden habe.“
Ritchie sieht mich an, die Glut seiner Augen fängt Feuer, denn ganz offensichtlich gefällt es ihm zu hören, dass ich etwas für ihn empfinde. Doch dann runzelt er die Stirn und auch die Flamme erstirbt. Also auch wenn er vorher schon nicht gewusst hat, was diese ganze Sache zu bedeuten hat, jetzt ist er ratloser denn je. Und irgendwie tut er mir in diesem Moment unendlich leid, denn ich kann ganz klar die Sorge spüren die er um mich hat, die ich ihm so gerne abnehmen würde. Erneut sieht er Hati an. „schon mal von etwas ähnlichem gehört?“ Doch der Wolf deutet ein Kopfschütteln an ‚Nein.‘ Nach einem weiteren Moment des Schweigens, hebt Ritchie abrupt den Kopf, sieht starr durch die geöffnete Terrassentür ins Haus hinein. Zeitgleich springt Hati auf, hebt den Kopf majestätisch in die Höhe und spitzt die Ohren. Beide wirken wie erstarrt.
Für einen kurzen Moment setzt mein Herz aus, doch dann erinnere ich mich schnell an Ritchies Worte. Diese Monster kommen nur in der Dunkelheit und es mag zwar früher Abend sein, aber es ist noch nicht dunkel. Also was genau ist los? Bevor ich dazu komme zu fragen, erhebt Ritchie sich zusammen mit mir und stellt mich auf den Füßen ab. „Da kommt jemand.“, erklärt er mir ohne mich anzusehen. Plötzlich klingelt es an der Haustür, ziemlich penetrant sogar, denn der unerwünschte Besucher drückt immer wieder den besagten Knopf. Ritchie wirft Hati einen Blick zu, dieser nickt einmal, setzt sich dann mit langen Sprüngen in Bewegung und löst sich dann vor meinen Augen zu Nichts auf. Erstaunliche ihre blinde Absprache, wahrscheinlich macht sich Hati gerade auf dem Weg zur Vorderseite des Hauses. Dann wendet Ritchie sich mir zu. „Bleib hier.“, befiehlt er herrisch und wendet sich nun ebenfalls ab und geht ins Haus.
Seufzend lasse mich auf einen der Stühle fallen. Irgendwie finde ich seinen Befehlston ja faszinierend, aber manchmal ist er einfach nur nervend. So wie jetzt. Ich meine, wenn es keines dieser Monster sein kann, kann es ja wohl nur ein Mensch sein. Und vor Menschen habe ich keine Angst, zumindest vor den meisten nicht. Und erst recht nicht wenn Ritchie in der Nähe ist, kein Mensch hätte gegen ihn auch nur den Hauch einer Chance. Warum also, soll ich hier warten? Ich sehe keinen Grund dazu. Fest entschlossen erhebe ich mich, betrete gerade das Wohnzimmer und zucke erschrocken zusammen, als ich hysterisches Geschrei vernehme. „DU! WO IST SIE? LASS MICH SOFORT DURCH DU VERLOGENER HUND, ICH WILL SIE SEHEN!“ Konfus bleibe ich stehen und blinzele ein paar Mal. Habe ich mich gerade etwa verhört?
„Barbie, was für eine unerwartete Freude.“ Ritchies Stimme klingt wie Eis. „Such dir endlich jemand anderen, dem du auf die Eier gehen kannst.“ So eisig, dass sich auf meinen Armen eine Gänsehaut bildet. Nur ungerne erinnere ich mich an die Momente zurück, als diese Kälte in seiner Stimme mir galt. Ich muss die Situation umgehend entschärfen, bevor es ausartet. Hastig durchquere ich das Wohnzimmer und trete in den Flur, bleibe an der Treppe stehen und blicke auf Ritchies breiten Rücken der den Rahmen der Haustür ausfüllt. „Lexy?“
„Nevia!“, ruft sie aufgeregt und wendet sich wieder wutschnaubend an Ritchie. „HÖRST DU SCHLECHT? DU SOLLST MICH DURCHLASSEN. ICH HABE PFEFFERSPRAY UND ICH SCHWÖRE ICH HABE KEINE HEMMUNGEN ES AUCH ZU BENUTZEN!“ Ich kann mir ein leises Lachen nicht verkneifen, denn die Vorstellung, dass meine beste Freundin Ritchie nur mit einem Pfefferspray bewaffnet entgegentreten will, ist absurd. Aber Lexy ist eine Löwin, zwar kann sie Ritchie so niemals bezwingen, er ist eindeutig im Vorteil. Aber jeden anderen Mann, da bin ich mir sicher würde sie erfolgreich in die Flucht schlagen. Es erfüllt mich mit Stolz, dass ich eine starke Frau wie sie meine beste Freundin nennen darf und mit so viel Dankbarkeit, dass sie nicht zögern würde sich für mich einzusetzen. Nicht eine einzige Sekunde. Ich habe großes Glück eine so gute Freundin wie sie zu haben.
„Ritchie bitte.“, sage ich in dem Wissen, dass es mehr als das von mir nicht bedarf. Nur eine einfache Bitte. Kurz bleibt er stehen, doch dann tritt er einen Schritt zur Seite und gibt Lexy den Weg frei. Da stürmt sie auch schon an ihm vorbei, schnurstracks auf mich zu und schließt mich in ihre Arme. „Ohh Nevia, was soll denn dieses bescheuerte Versteckspiel?“ Sie löst sich von ihr, lässt jedoch ihre Hände auf meinen Schultern ruhen. „Du kannst doch nicht immer einfach so spurlos verschwinden, ich musste Todesängste durchstehen. Was machst du nur für Dummheiten, du bist doch sonst so vernünftig. Und überhaupt, warum stehst du hier vor mir, als wäre nichts geschehen? Du gehörst sofort ins Bett.“ Aufbrausend rüttelt sie mich an meinen Schultern, als sie das sagt.
„Hat er dich dazu gezwungen? Nevi wenn er dich gezwungen hast musst du mir das sagen. Dann mache ich ihn fertig, dass verspreche ich dir. Dieser Typ wird keinen glücklichen Moment mehr erleben.“, fügt sie vernichtend hinzu und mustert mich eindringlich, während sie meine Antwort abwartet, jederzeit bereit auf Ritchie loszugehen. Dieser hat die Tür inzwischen geschlossen und lehnt sich, die Arme vor der Brust verschränkt, locker dagegen. Dabei beobachtet er uns mit leicht verengten Augen. Okay, wenn ich gedacht habe, dass seine Emotionslosigkeit, die Eigenschaft ist die ihn am meisten auszeichnet, habe ich getäuscht. Es ist diese Unnahbarkeit, die er in Gegenwart von Fremden, nein eigentlich in Gegenwart aller außenstehenden, egal ob fremd oder nicht an den Tag legt. Wenn ich seine Gefühle für mich nicht spüren würde, würde ich spätestens jetzt daran zweifeln. Denn er wirkt plötzlich so unglaublich weit weg und unerreichbar. Und auch wenn mir das etwas Angst einjagt, ich weiß sicher, dass er das nicht für mich ist. Unter seiner Fassade ist er noch immer der Mann dem mein Herz gehört. Nun gut, ich sollte jetzt vielleicht einiges klarstellen.
„Lexy, bitte beruhige dich. Es tut mir so leid, ich wollte dir keine Angst machen. Aber es ist alles gut, mir geht es prima, ich schätze ich habemich restlos davon erholt. Und Ritchie hat mich zu gar nichts gezwungen, wirklich nicht. Ich bin freiwillig hier…bei ihm.“ Meine Freundin sieht mich erst misstrauisch an, dann ungläubig, bevor sie sich kurz zu Ritchie umsieht.
„Also bist du nicht nach Griechenland geflüchtet, weil er dir Angst gemacht hat? Du hattest keinen Anfall und lagst im Koma, weil er dich bei deiner Rückkehr schon am Flughafen erwartet hat? Und er hat dich nicht bedroht und hierher entführt?“ Nun bin ich diejenige die sie ziemlich ungläubig ansieht. Über Lexys Schulter hinweg mustere ich dann Ritchie, der sich die wilden Anschuldigungen meiner besten Freundin nur unbeteiligt anhört, ohne auch nur ein Wort dazu zu sagen. Kritisch schmunzelnd schüttele ich schließlich den Kopf.
„Nein, in Griechenland war ich wegen meiner Mutter, was da am Flughafen los war, weiß ich selbst nicht so genau, auf jeden Fall ist Ritchie nicht daran schuld. Und ich habe ihn darum gebeten mich hierher zu bringen, weil ich mich…bei ihm sicher fühle.“ Nun wirkt sie ziemlich überfahren und schaut einen Moment lang dumm aus der Wäsche, was mich zum kichern bringt. „Echt jetzt?“, fragt sie dann perplex. „Ja, echt jetzt.“, stimme ich zu. „Wie kommst du überhaupt auf so etwas Verrücktes?“
„Naja ich dachte einfach…“, kurz hält sie inne, bevor ihr Gedankengang wie ein Wasserfall aus ihr heraussprudelt. „Er hat dir so das Herz gebrochen und ich wollte ihm ordentlich meine Meinung geigen. Als mir rausgerutscht ist, dass du im Krankenhaus arbeiten bist, war er so merkwürdig und ist sofort verschwunden. Und am nächsten Tag kommt er an und erzählt mir du wärst nach Griechenland geflogen. Ich konnte einfach nicht glauben, dass du mir so etwas nicht selbst erzählt hättest, da dachte ich schon, dass er etwas Dummes getan haben könnte. Ich hatte allerdings nicht die Möglichkeit ihn zur Rede zu stellen oder dich zu erreichen. Dann warst du plötzlich wieder da, aber lagst im Krankenhaus. Ich kam dich jeden Tag besuchen und jeden Tag erwartete mich dasselbe Bild, du an tausenden Geräten angeschlossen und er in dem Sessel in der Ecke, schlafend. Zumindest dachte ich das. Kurz habe ich echt gedacht, dass meine These falsch sein muss. Er ist nicht von deiner Seite gewichen und irgendwie wirkte er so…niedergeschlagen und verletzlich. Aber als ich dann heute im Krankenhaus ankam und mir die Ärzte sagten du seist einfach wie vom Erdboden verschluckt, hat sich jeder Zweifel in Nichts aufgelöst, ich war mir so sicher, dass er dich entführt hat. Und dann hast du mich angerufen und du hast dich zwar normal angehört, aber als du sagtest ich soll nicht vorbei kommen, dachte ich er zwingt dich dazu, das zu sagen. Als wir aufgelegt haben habe ich dein Handy per GPS orten lassen, Gott sei Dank hast du es angelassen.“
Als sie geendet hat, lächele ich und schüttele leicht den Kopf. „Und du dachtest du könntest es alleine mit Ritchie aufnehmen?“ Ich glaube, sie merkt erst jetzt wie waghalsig diese Idee ist, wäre Ritchie tatsächlich ein verrückter Entführer. „Ich hatte Panik. Ich bin sofort losgefahren um dich zu retten.“ Gerührt schließe ich meine Freundin erneut in meine Arme. Auch wenn ihre Geschichte sich nicht so zugetragen hat, wie sie es sich zusammen gereimt hat, sie hat Ritchie diese Taten wirklich zugetraut. Und sie liegt ja noch nicht einmal falsch, denn er hat mich entführt, mir Angst gemacht und mich bedroht. Allerdings nur um mich zu beschützen, dass weiß ich jetzt. Doch das beweist mir was für eine erstaunliche Menschenkenntnis Lexy doch hat. „Ich hab dich lieb. Du bist wirklich meine aller beste Freundin.“ Sie drückt mich fest an sich. „Oh, ich weiß Schätzchen. Du weißt ja, durch dick und dünn.“, sagt sie und schiebt mich dann grinsend von sich. Dann dreht sie sich zu Ritchie. „Und du bist einfach unmöglich, sie hätte im Krankenhaus bleiben müssen, es hätte sonst was passieren können. Absolut verantwortungslos. Wie hast du es überhaupt geschafft sie an den Schwestern vorbei zu schmuggeln?“
Unbeeindruckt von Lexys Zurechtweisung stößt er sich von der Tür ab, steckt die Hände in die Hosentaschen. „Ich kann sehr überzeugend sein.“ Das ist wohl wahr. Irgendwie habe ich tatsächlich gedacht er hätte das alles mit den Ärzten abgesegnet, dass ich das Krankenhaus verlasse. Ich hätte es besser wissen müssen, er bekommt immer das was er will.
Lexy verzieht nur empört das Gesicht, hat aber scheinbar keine Lust sich weiter über Ritche aufzuregen. Es hat ja im Endeffekt eh keinen Sinn, mehr als das wird er ihr nicht sagen. Sie kann froh sein, dass er ihr überhaupt eine Antwort gegeben hat. „Also du musst mir jetzt alles erzählen. Wie geht’s deiner Mutter? Was war los in den letzten sechs Wochen?“
Sechs Wochen? Schockiert reiße ich die Augen auf. So lange war ich weg? Oder beziehungsweise hier, eingesperrt in diesem Haus? Oh Mist ich habe wirklich gehofft, dass es sich nur so angefühlt hat als wäre ich schon so lange hier. Aber es jetzt wirklich zu wissen ist irgendwie, erschreckend. Ich habe so viel verpasst. Meine Güte das bedeutet auch das ich schon in ungefähr eineinhalb Monaten mein Examen schreibe. Ich habe plötzlich einen Kloß in meinem Hals. Das muss ich unbedingt mit Ritchie besprechen. Er muss mich wieder mein Leben leben lassen. Ich kann hier nicht weiter eingesperrt bleiben. Ich habe so hart dafür gearbeitet soweit zu kommen. Er wird das schon verstehen. Hoffentlich.
„Nevi, alles okay?“, holt mich Lexy zurück aus meinen Gedanken. Ich nicke schließlich und verschiebe dieses Thema erst einmal. „Ja alles gut.“ Dafür stehe ich jetzt vor einer anderen Zwickmühle. Ich muss Lexy irgendeine Lügengeschichte auftischen, was in der Zwischenzeit passiert ist, denn die Wahrheit kann ich ihr unmöglich erzählen. Es gefällt mir nicht sie anlügen zu müssen, ganz und gar nicht. Aber ich weiß auch, dass ich nicht wirklich eine Wahl habe. Ich verkneife mir ein resignierendes Seufzen. „Was hältst du davon, wenn ich uns etwas zu Essen mache und wir währenddessen reden?“, schlage ich vor um etwas Zeit zu gewinnen und Lexy stimmt nickend zu. „Gute Idee, ich bin am Verhungern.“
Ritchie der sich noch immer nicht vom Fleck gerührt hat, setzt sich plötzlich in Bewegung und geht an uns vorbei, ohne ein weiteres Wort an uns zu richten. „Wohin gehst du?“, frage ich und er bleibt an der Treppe die in den Keller führt stehen, sieht mich nur leicht von der Seite an. „Trainieren. Führt ihr nur eure Frauengespräche.“ Und damit setzt er sich wieder in Bewegung und verschwindet die Treppe hinab. Kurz habe ich Angst er könnte sauer auf mich sein, weil ich Lexy dazu eingeladen habe. Aber ich spüre, dass es keine Verärgerung ist, die gerade in ihm vorgeht, sondern…Schuld? Aber warum?
Ich habe keine Zeit mir weiter darüber einen Kopf zu machen, denn Lexy schnauft empört. „Mir ist unbegreiflich, was du an dem findest. Ja ich weiß, er sieht gut aus, hat viele Muskeln und ist ein Meiser der Verführung, aber ehrlich der Typ ist ein Eisklotz. Schlimmer als ich mir je hätte vorstellen können. Du bist verrückt, dass du dich nochmal auf den einlässt.“ Ich nehme sie an die Hand und führe sie in die Küche. Erst jetzt nimmt sie ihre Umgebung so richtig wahr und sie sieht sich erstaunt um. „Man der Typ der hat wirklich einen Haufen Kohle, das Haus sah ja schon von draußen hammermäßig aus. Eins muss man Jack Frost wirklich lassen, er hat Geschmack.“
„Jack Frost?“, frage ich kichernd, während ich Topf und Auflaufform aus den Schränken hole. Ich habe beschlossen einen Brokkoli-Auflauf zu machen, geht schnell und schmeckt gut. „Ja, das ist mein neuer Spitzname für ihn, passt doch.“
„Eigentlich ist er gar nicht so schlimm.“, erwidere ich dann und lächele verlegen, als ich den Brokkoli in den mit Wasser gefüllten Kopf tue. Meine Freundin rührt in der Zwischenzeit schon einmal die Brühe an, die wir später in die Auflaufform geben. „Klar, überhaupt nicht.“, gibt sie dann sarkastisch zurück.
„Nein, ich meine es ernst. Er hat viel durchgemacht, ich glaube er versucht sich nur selbst zu schützen.“ Sie sieht mich erwartungsvoll von der Seite an. „Sieht aus, als würdest du mehr über ihn wissen als Brant. Ich höre.“ Mist, ich wollte jetzt nicht so weit gehen und ihr von Ritchies traumatischen Kindheitserinnerungen erzählen, über die ich ja selber so gut wie nichts weiß. „Er hat mir auch nicht viel erzählt, ich weiß nur, dass er eine schwere Kindheit hatte. Diese Zeit hat ihn geprägt, deswegen ist er so. Aber zu mir ist er anders.“, versuche ich von dem Thema abzulenken. „Ach ja? Das sah vorhin aber anders aus.“, sagt sie dann schonungslos.
„Ja, weil du dabei warst. Aber wenn wir alleine sind, dann ist er fürsorglich…und liebevoll. Er sagt so wundervolle Dinge, die mein Herz höher schlagen lassen. Und wenn er mich ansieht…fühle ich mich, als wäre ich die schönste Frau die er je gesehen hat. So habe ich noch nie gefühlt, kein anderer Mann hat das geschafft. Wie könnte ich ihn nicht…“, ich lasse den Satz einfach in der Luft hängen und hole den inzwischen fertigen Brokkoli aus dem Kopf. Dann beginne ich die Röschen abzutrennen und in die Auflaufform zu geben. Lexy schüttet währenddessen die Nudeln dazu. „Ach Süße…das zu hören ist so - erleichternd. Weißt du, ich hatte Ritchie damals erzählt, dass du ihn magst, weil ich dachte, dass er auch irgendwie etwas für dich empfindet. Und dann hat er dir so das Herz gebrochen. Ich hatte solche Schuldgefühle. Dabei wollte ich nur das du glücklich bist.“ Ich lächele ihr aufmunternd zu. „Das bin ich.“
Zuletzt schütte ich die Brühe in die Auflaufform, streue Käse hinüber und, schiebe sie dann in den Ofen. Wir setzen uns an den massiven Küchentisch. „Also wie geht’s deiner Mom?“ Ich presse die Lippen zusammen und wende den Blick ab. „Gut, also…den Umständen entsprechend, schätze ich.“ Sie sieht mich mitleidig an. „Was ist passiert?“
Ich spinne mir irgendetwas von einem Autounfall aus, dass man meine Mutter jedoch mit einer Notfalloperation retten konnte. Ich erkläre ihr, dass ich dort geblieben bin um ihr bei der Genesung unter die Arme zu greifen, mit der Haus- und Hofarbeit und allem was sonst so anfällt. Es ist immer viel zu tun. Nervös kaue ich auf meiner Unterlippe, ich fühle mich unglaublich schlecht dabei mir so etwas auszudenken. Das ist nichts worüber man Scherze macht, könnte es doch tatsächlich irgendwann passieren. Zum Glück bekommt Lexy von meinem Inneren Zwiespalt nichts mit, schiebt sie meine gequälte Miene darauf, dass mich das noch immer mitnimmt.
„Das tut mir so leid, Nevi. Ich hoffe sie kommt wieder in Ordnung. Was ist mit dir? Wie geht’s dir? Du musst unglaublich viel Stress gehabt haben und dann auch noch dein Zusammenbruch…und das Koma. Sie wollten mir nicht sagen was mit dir ist, weil ich keine angehörige der Familie bin.“
Und schon wieder muss ich lügen. „Ich glaube, dass lag an dem ganzen Stress, ich habe mich selbst, sehr unter Druck gesetzt. Mein Examen, Ritchie, meine Mutter und dann noch die alltäglichen Probleme. Das war wohl alles etwas viel. Aber alles halb so schlimm, mache dir keine Sorge. Ich bin wieder vollkommen gesund.“ Das ist zwar nicht wirklich die beste Erklärung, denn etwas mehr Stress kann einen vielleicht durchdrehen lassen, aber nicht ins Koma versetzen, allerdings gibt sich Lexy damit zufrieden. Teils weil ich tatsächlich vollkommen gesund aussehe und mich auch so verhalte, teils wahrscheinlich weil sie das einfach glauben will. Und das ist auch besser, denn sie stellt keine weiteren Fragen dazu, während ich den Auflauf aus dem Ofen nehme und uns auftische.
Beim Essen, frage ich sie was sie in der Zwischenzeit so erlebt hat. Sie erzählt mir, dass sie gerade ihre neue Herbstkollektion fertig gestellt hat, die ein voller Erfolg ist und ab nächste Woche in den Läden zu kaufen sei. Außerdem erzählt sie mir von Brant und was er nicht für ein wahnsinnig charmanter und toller Mann sei und das er sie schon auf so viele romantische Dates ausgeführt hat. Einen kurzen Augenblick bin ich neidisch, denn Ritchie und ich hatten nie ein richtiges Date. Irgendwie bezweifle ich, dass er der Typ dafür ist. Aber das ist okay, so lange ich ihn nur haben kann. Für mich ganz allein.
„Nevi…ich glaube ich habe mich wirklich in ihn verliebt. Ich wollte eigentlich nichts festes, aber wenn ich bei ihm bin, sehe ich nur noch rosa Wölkchen.“ Ich kichere, denn ich kann genau nachvollziehen wie sie sich fühlt. Ich freue mich wahnsinnig für sie, dass sie jemanden gefunden hat der sie glücklich macht. Zwar kenne ich ihn nicht besonders gut, aber ich mochte ihn von Anfang an und es hört sich an, als wäre er ein wirklich ordentlicher Typ. Lexy verdient jemanden, der ihr gut tut.
Wir spülen zusammen das Geschirr und ich tue die Reste auf einen Teller, den ich abgedeckt in den Kühlschrank stelle. Für Ritchie, ich habe extra die doppelte Menge gemacht, ich habe ja heute früh gesehen dass er einen gesunden Appetit hat, denke ich schmunzelnd und führe Lexy dann ins Wohnzimmer, wo wir uns auf der großen Couch niederlassen.
„Jetzt erzähl mal Nevi.“ Lexy sieht mich verschwörerisch grinsend an. „Wie weit seid ihr bisher gegangen?“ Ich werde knallrot. Wie soll ich ihr denn das bitte erklären? „Ähm…“, setze ich an, absolut planlos wie ich das in Worte fassen soll. „Oh mein Gott, habt ihr etwa…“
„Nein!“, unterbreche ich sie bestimmt. „Wir haben…naja, wir haben uns geküsst. Und er hat mich berührt – überall und geküsst, auch dort…mit seiner Zunge.“, hauche ich und mein Atem geht schneller, versuche ich doch die Hitze die in mir aufsteigt zu unterdrücken, doch das klappt nicht so ganz. Leider bin ich mir jetzt vollkommen dessen bewusst, dass Ritchie das alles mitbekommt.
„Wie dort?“, fragt Lexy mich auch noch zum allen Überfluss. „Na dort halt.“, erwidere ich mit etwas mehr Nachdruck. Und dann macht es Klick bei ihr und sie sieht mich mit einem fetten Grinsen im Gesicht an. „Ahh dort meinst du. Du meinst er hat dich geleckt?“ Ich verziehe entrüstet das Gesicht, wenn Ritchie so redet ist das eine Sache, das gehört irgendwie einfach zu ihm. Aber ich muss das nicht auch noch von Lexy hören.
„Ach Nevia, jetzt sei doch nicht so pikiert, das ist doch was ganz normales. Ein Mann der nicht das Bedürfnis hat die Frau die er leibt zu lecken, ist kein wahrer Mann. Und glaub mir Brant leckt wie Lessie.“ Kurz entgleiten mir die Gesichtszüge, als sie die letzten Worte sagt. Sie hat schon von anderen Männern behauptet sie würden wie Lessie lecken. Nur habe ich mir nicht mal im Traum vorstellen können, dass sie das gemeint hat. Meine Freundin die selbstverständlich genau weiß, was in meinem Kopf vorgeht beginnt herzhaft zu lachen. „Was dachtest du denn was ich damit meinte?“ Ich schüttele den Kopf, versuche die Bilder vor meinen Augen zu verscheuchen. Kopfkino! „Na zumindest nicht das.“, erwidere ich. Sie kichert noch immer. „Wie war es?“
Ich atme kurz durch, bevor ich zu sprechen beginne. „Es war…unbeschreiblich. So intim, ich habe mich ihm so nah wie noch nie gefühlt.“ Sie zieht die Augenbrauen hoch und schmunzelt frech. „Kein Wunder, näher als das kann er dir ja auch fast gar nicht mehr kommen. Ja und weiter? Hast du ihn auch angefasst?“ Ich schlucke einmal, nicke dann jedoch.
„AHH!“, ruft sie einen Freudenschrei aus und springt mir überschwänglich um den Hals. Überrumpelt reiße ich die Augen auf. Oh bitte lass ihn das nicht gehört haben. Wenn er jetzt hochkommt und mich sieht mit hochroten Wangen, wird er sofort wissen worüber wir gesprochen haben. Und das würde er ganz sicher irgendwann noch ausnutzen. „Nicht so laut. Vergiss nicht er ist unten.“
„Ja und wenn schon, er war doch dabei, also nichts was er nicht schon weiß. Oh Mann, du hattest sein bestes Stück in der Hand. Ist er groß? Hast du ihm einen runtergeholt? Erzähl schon Nevi, oh ich platze gleich vor Neugier.“ Warum muss Lexy immer alles bis ins kleinste Detail wissen wollen? Ich seufze auf, tue ihr dann jedoch den Gefallen, denn ich weiß, dass sie nicht aufhören wird bis sie eine Antwort bekommt. Also nicke ich erneut. „Ja ich habe…“, ich kann einfach nicht dieselben Worte wie sie benutzen, „…ihn gestreichelt. Und ja er ist groß – wirklich groß.“
Ich kann nicht verhindern, dass mein Herz schneller schlägt und meine Gedanken abdriften, während Lexy sich immer noch wie ein kleines Kind freut, dass ich endlich meine ersten sexuellen Erfahrungen gemacht habe. Ich bin mir zu hundert, nein sogar zu tausend Prozent sicher, dass ich unbedingt mit Ritchie schlafen will. Und trotzdem habe ich ein bisschen Bammel. Ich kann mir einfach absolut nicht vorstellen, wie er in mich reinpassen soll mit so einer ungeheuren Größe. „Lexy?“
„Hm?“, fragt sie. Ich weiß nicht so ganz wie ich mich ausdrücken soll und es ist vielleicht sogar komisch, dass ich meine beste Freundin danach frage, sollte doch eigentlich eine Mutter, ihre Tochter darüber aufklären. Aber ich muss es einfach wissen. „Tut es…doll weh?“
Kurz runzelt sie die Stirn, doch als sie versteht worauf ich hinaus will lächelt sie liebevoll. „Hab keine Angst, Nevi. Nicht jede Frau hat beim ersten Mal Schmerzen. Das ist unterschiedlich. Wenn doch, dann ist es nur ein ganz kurzer Augenblick, aber was danach kommt entschädigt diese allemal.“ Sie nimmt meine Hand und drückt sie ermutigend und ich lächele ihr dankbar zu. Wir hörten ihn nicht kommen, doch plötzlich erklingt seine Stimme schneidend scharf von der Tür her. Oh nein, hoffentlich hat er nicht gehört worüber wir gerade noch geredet haben.
„Du musst gehen. Sofort!“ Beide sehen wir ihn an. Lexy ziemlich verärgert, ich aufgerüttelt, meine Alarmglocken läuten. „Was fällt dir ein mich einfach rausschmeißen zu wollen? Das kommt gar nicht in die Tüte“, beschwert sich Lexy lautstark. Ich hingegen mustere Ritchie nur fragend, mit geöffnetem Mund und leicht zitternden Lippen. „Mein Haus, meine Regeln.“, erwidert er und kommt langsam auf uns zu, endlich sieht er mich an. Und mir ist sofort klar, dass das hier kein Spiel ist, sondern bitterer Ernst. Uns steht ein erneuter Angriff bevor. Ebenfalls ist mir klar, dass er sie eigenhändig aus dem Haus zerren wird, wenn ich nicht einschreite. Ich springe auf, gehe Ritchie entgegen und lege ihm eine Hand auf die Brust, um ihn aufzuhalten. Dann wende ich mich wieder meiner Freundin zu. „Lexy, vielleicht solltest du wirklich gehen.“
„Warum? Was soll das Nevi? Hör auf ihm auch noch zu zustimmen.“ Ich winke ab. „Bitte Lexy, ich erkläre dir das später. Jetzt musst du gehen.“ Sie erhebt sich nun ebenfalls und stemmt die Hände in die Hüften. „Nein, ich erwarte jetzt eine Erklärung. Ist das eines deiner perversen Sexspielchen, Ritchie? Denn ganz ehrlich, ich finde wirklich, dass du noch die ganze Nacht Zeit hast um über sie herzufallen. Wir haben uns sechs Wochen nicht gesehen und wir haben uns verdammt viel zu erzählen. Ich lasse mich nicht…“ Weiter kommt sie nicht. Blitzschnell ist Ritchie vorgestürmt und baut sich in seiner vollen Größe vor ihr auf, ich konnte nicht einmal reagieren. „Letzte Chance Barbie.“ Doch Lexy sieht ihm nur entgegen, eingeschüchtert aber trotzig, rührt sich nicht von der Stelle.
„Drei…, zwei…, eins…“
Er packt sie, wirft sie sich über die Schulter und geht an mir vorbei, Richtung Haustür. Lexy schlägt wild auf seinen Rücken und kreischt ihm wüste Ausdrücke entgegen, verlangt er soll sie runter lassen. Hilflos folge ich ihm, ich weiß das nichts was ich jetzt noch sage die Situation retten könnte. Er würde nicht auf mich hören, denn jetzt ist er weder der emotionslose, noch der liebevolle Mann. Jetzt ist er der Jäger, der Krieger…der Gott.
Draußen angekommen lässt er sie vor ihrem Auto runter. „DU BIST EIN NEANDETRALER. DAS LASSE ICH NICHT MIT MIR MACHEN.“, schreit sie ihn an, völlig außer sich. „Beruhig dich Lexy, bitte. Ich verspreche dir ich rufe dich morgen an und erkläre dir alles.“, versuche ich noch irgendwie anzusetzen. Doch es hilft nichts. Unerwartet blinken die Lichter ihres Wagens auf, die anzeigen, dass es aufgeschlossen wurde. Weder Lexy, Ritchie haben einen Schlüssel in der Hand, als nehme ich an seine Fähigkeiten sind dafür verantwortlich. Wortlos schiebt er sie auf den Wagen zu und öffnet ihr sogar die Tür. Doch anstatt sie endgültig ins Auto zu schieben, hält er inne, fixiert eine Baumreihe links von uns. Dann zieht er Lexy ruckartig von dem Auto weg und schlägt die Tür zu. „Hey!“, beklagt sie sich wütend.
Unsere Blicke treffen sich. „Ins Haus. Sofort!“ Mir rutscht das Herz in die Hose, jetzt erst bemerke ich die Angst die sich wieder heimlich von hinten angeschlichen hat und meine Glieder lähmt. Doch Ritchie ist hochkonzentriert. Er kommt auf mich zu, schiebt die protestierende Lexy mit einer Hand vor sich her, greift mit der Anderen nach meiner und holt mich somit auf den Boden der Tatsachen zurück. Ins Haus. Sofort!
Ohne zu zögern setze ich mich in Bewegung, als ein hämisches Lachen hinter mir ertönt und dann diese Stimme. „Widar, alter Freund. Wie schön dich wiederzusehen. Oder soll ich dich jetzt lieber Ritchie nennen?“
Ein bedrohliches Knurren, vibriert in meiner Brust. Diese Stimme…sie kommt mir bekannt vor, aber irgendwie auch wieder nicht. „Geht ins Haus, schließt die Vorhänge. Egal was ihr hört, seht unter gar keinen Umständen aus dem Fenster, hast du mich verstanden Nevia? Das ist keine Bitte!“, sage ich an Nevia gewandt, bevor ich von den Frauen ablasse, mich umdrehe und unerschrocken meinem Feind entgegen gehe. Ein Mann, seltsamer Vogel, lang und schmächtig in einer aufwendig mit Gold bestickten Weste, die Hose ist aufgebläht wie ein Ballon, ich glaube gehört zu haben, dass man das Haremshose nennt. Die Schuhe spitz nach oben gebogen. Um die Handgelenke hat er zwei protzige goldene Armreifen und er trägt einen Hut der aus sieht wie ein um den Kopf gewickeltes Handtuch. Alles komplett in Rot. In der Hand hält er ein goldenes Zepter, an dessen Spitze und fetter roter Rubin prunkt. Ein tödliches Schmunzeln tritt auf meine Lippen, als ich erkenne wer das ist.
Djinn. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, aber meine alten Meister erzählten mir, dass ich ihm schon einmal gegenüber stand. Eigentlich hatte er die Aufgabe, die Frauen der Krieger zu entführen, allerdings war er übermütig. Als er sah wie ich nachts alleine draußen unterwegs war, griff er mich an. Er hatte keine Chance, angeblich soll ich mir einen Spaß mit ihm erlaubt haben, indem ich das unvermeidbare Ende absichtlich hinausgezögert habe. Ihn in dem Glauben ließ, er könnte mich eventuell bezwingen, bevor ich ihn mit einem gezielten Schlag den Kopf von den Schultern schlug. Er hat alles vermasselt, bevor er überhaupt mit der Arbeit beginnen konnte. „Sieh einer an. Hat Herrchen dich noch einmal von der Leine gelassen? Hübscher Hut übrigens.“, sage ich spottend und bleibe ungefähr zehn Meter von ihm entfernt stehen.
Er setzt ein überhebliches Grinsen auf. „Das mein Guter, ist ein Kalif kein Hut. Und ja, ich schätze ich habe mich erneut bewährt.“, erwidert er übertrieben freundlich. Ich freue mich schon darauf, wenn ich ihm diese Freundlichkeit aus dem Gesicht schlagen kann. „Und da dachtest du, du stattest mir einen kleinen Besuch ab. Großartig.“, ich halte kurz inne und schnaufe verächtlich. „Ich belehre dich gerne erneut eines Besseren. Aber dieses Mal nicht schnell und schmerzlos.“
Djinn beginnt gehässig zu lachen. „Unterschätz mich nicht. Mir ist durchaus aufgefallen wie spät du mich erst bemerkt hast. Ich habe geübt. Jahrtausende in denen ich nichts anderes tun konnte, als mich auf diesen Kampf vorzubereiten. Jahrtausende, die ich alleine ohne Gesellschaft verbringen musste, als Strafe für mein Versagen. Er hat sie mir genommen. Jede einzelne von ihnen. Aber nun ist es soweit. Der Tag ist gekommen, an dem sich mein Schicksal endlich wenden wird. An dem ich meinen Meister stolz machen werde und meine Einsamkeit endlich ein Ende hat. Ich nehme an, du weißt worauf ich hinaus will.“ Er wendet den Blick ab, sieht an mir vorbei.
Verdammt noch mal kann sie nicht einmal tun was ich sage, wenn es wirklich wichtig ist? Komischerweise wiedersetzt sie sich mir dann, besonders oft. Zu ihrer Verteidigung muss man sagen, dass Barbie auch absolut nicht klein beigibt. Ununterbrochen höre ich ihr wütendes Gemecker – ‚Hör auf damit Nevia, lass mich los!‘, ‚Ich gehe keinen Schritt weiter, bevor ich nicht weiß was hier abgeht.‘ und ‚Wer zum Teufel ist dieser schlecht gekleidete Zirkusclown? Solche Modesünden sollten verboten werden.‘ Wenigstens sind sie inzwischen hinter den Wall getreten, also in der sicheren Zone. Und doch wird es wirklich langsam Zeit, dass sie reingehen, denn hier wird es gleich ziemlich ungemütlich. Und Nevia darf das auf gar keinen Fall mitansehen, ich lasse nicht zu das dasselbe wie beim letzten Mal passiert. Und Barbie soll erst recht nicht mitbekommen. Die hat sowieso schon viel zu viel gehört und gesehen.
Ich wende den Blick hinter mich, fixiere meine wunderschöne Frau. „Bring deine Freundin endlich ins Haus Nevia!“, sage ich. Ich sage das nicht nett, nicht liebevoll oder nicht voller Sorge. Es ist einfach nur ein bellender Befehl eines Kriegers. Und ich kann in ihren Augen sehen, dass der Ton in dem ich mit ihr spreche, sie regelrecht anblaffe, ein bisschen verletzt. Doch es ist keine Zeit für Mitleid oder nette Floskeln. Das weiß sie auch, nickt deshalb nur und beginnt wieder leise auf Barbie einzureden und an ihr zu zerren, die sich noch immer heftig wehrt.
„Na na na, wo sind denn deine guten Manieren geblieben? Willst du sie mir nicht vorstellen? Gleich zwei zum Preis von einer. Ich bin ein Glückspilz.“, wendet er ein, während er Nevia von oben bis unten abcheckt. Langsam werde ich wütend, verenge gefährlich die Augen. „Freu dich nicht zu früh Vogelscheuche. Hier ist Endstation.“ Doch er starrt Nevia weiter verrückt grinsend an. „Sie sieht so lieblich aus, so zart. Es wird sehr viel Spaß machen dieses süße Mäuschen zu meiner kleinen Sklavin zu machen und sie…“
„Wage es nicht sie weiter so anzusehen oder ich steche dir die Augen aus!“, knurre ich nun wirklich angepisst. Ich muss mich wirklich zusammen reißen ihm nicht direkt sein großes Maul einzuhauen. Aber ich spüre die beiden Frauen noch immer in meinem Rücken. Undeutliches Gebrabbel klingt an mein Ohr, dann ein erschrockenes Aufkeuchen von Nevia, gefolgt von einem wüsten Fluch von Barbie. Ich wende mich zu den Frauen um, sehe gerade noch wie Nevia zu Boden fällt, die Blondine einige Schritte vorprescht und mit dem Finger anklagend auf Djinn zeigt. „Das ist ja unerhört! Für wen hältst du dich, wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert du verrückter Psycho, hier wird niemand deine Sklavin!“
Mir platzt der Kragen mit diesem Weib. „FUCK! Verzieh dich verdammte scheiße in das beschissene Haus, Barbie!“, brülle ich sie an und fixiere sie mit meinem Blick. Ich weiß genau, dass der Blick des Jägers meine Augen ausfüllt und endlich kapiert sie es, weicht zurück. Nevia hat sich inzwischen erhoben, nimmt ihre Hand und sieht mich ein letztes Mal ängstlich an, ich erwidere ihren Blick starr ohne irgendeine Regung. Dann zieht sie Barbie, die es jetzt bereitwillig zulässt, hinter sich her ins Haus. Endlich!
„Hm…temperamentvoll die Blonde. Aber die bekomme ich schon gezähmt.“, gibt Djinn amüsiert von sich. Ich wende mich ihm wieder zu, lege den Kopf schief. „So weit wird es nicht kommen, vorher schlitze ich dich auf.“, zische ich, ziehe im selben Moment beide Schwerter und drehe sie todbringend in den Händen. Gerade als ich mich in Bewegung setzen will spüre ich den dunklen Energiestrom näher kommen, vor dem mich Hati vorhin gewarnt hat. Pixies. Er sagte es wäre eine ganze Horde dieser abstoßenden Biester auf dem Weg hierher, ich hätte mir schon denken können, dass ihr Auftauchen nichts Gutes zu verheißen hat. Allein schon deshalb, da sie als ausgestorben galten. Der Magier muss sie ebenfalls mit einem Zauber belegt haben, der ihre Energie verschleiert. Allerdings nicht komplett. Der Wolf konnte einen Teil von ihnen in einen Kampf verwickeln, aber bei weitem nicht alle.
„Wie du sicherlich schon bemerkt hast bin ich nicht alleine gekommen. Vor langer Zeit habe ich mir ein paar Haustiere angeschafft, man durch sie ist man weniger einsam. Sagt hallo meine kleinen Rotschöpfe.“ Er hebt das Zepter in die Höhe und der Rubin beginnt hell zu leuchten, als die ersten Viecher zwischen den Bäumen auftauchen. Verdammt die sehen wirklich so abartig aus, wie gesagt wird. Sie sind vielleicht einen halben Meter groß, mit schmuddeligem rotem Haar und grünen schielenden Augen. Da sie quasi das böse Pendant zu Feen sind, haben diese Kreaturen auch noch Flügel, die an die einer Fledermaus erinnern. Ein dutzend davon stellen kein Problem dar, aber eine kleine Armee von denen kann ganz schön lästig werden.
Und verdammt es werden immer mehr und sie fliegen geradewegs auf mich zu mit weit aufgerissenen Mäulern in denen nur verschimmelte Stümpfe, anstelle von Zähnen klaffen. Abartig. „Das nennst du üben, jemand anderen deine Arbeit machen lassen? Ich werde erst jedem einzelnen deiner Tierchen den Schädel einschlagen und dann knöpfe ich mir dich vor, Schwächling.“ Er lacht und es klingt wirklich wie ein Geistesgestörter, doch ich habe keine Zeit weiter darauf zu achten.
‚Hati, Lagebericht!‘ Der Wolf antwortet umgehend. ‚Siebenunddreißig weitere haben sich abgewandt, insgesamt sind jetzt dreiundachtzig auf dem Weg zu euch. Die vierundzwanzig übrig gebliebenen habe ich erledigt. Treffe ein in sechs Minuten und achtundfünfzig Sekunden.‘
Ein Lagebericht der an Perfektion grenzt. Allein schon deshalb ist mir der Wolf eine große Hilfe und Stütze geworden und irgendwie zu so etwas ähnlichem, wie mein Partner. Alles klar, sieben Minuten muss ich die Mistviecher irgendwie alleine abwehren. Das Blut in meinem Körper beginnt zu kochen, der Jäger ist bereit loszulegen und seinem liebsten Hobby, abgesehen von Nevia, nachzugehen. Krieg, Gewalt, Blutvergießen, Tod.
Das hier wird kein Kampf, sondern ein Gemetzel. Ein wahres Blutbad und ich spüre wie sehr er sich an dem bevorstehenden Vergnügen ergötzt. Ich renne los, auf die Masse von Biestern zu die mir entgegen kommt. Der Erste fällt, der Zweite – kurz darauf Nummer drei, vier und fünf. Die leblosen Körper gehen in Rauch auf. Warum in Rauch? Was hat das jetzt wieder zu bedeuten? Keine Zeit zum Nachdenken. Das Blut spritzt. Sie beginnen mich zu umzingeln, sind überall, vor mir, hinter mir – über mir. Fauchend und knurrend versuchen sie mir ihre scharfen Klauen ins Fleisch zu rammen. Ich kann nicht alle abwehren. Es fühlt sich an wie tausend kleine Messerstiche. Doch der Schmerz raubt mir nicht die Kraft, im Gegenteil. Er spornt mich nur noch mehr an.
Schnell und gezielt verteile ich meine Schwerthiebe überall um mich herum um die Viecher fern zu halten, der Kreis um mich wird enger, aber ich lasse nicht nach. Links von mir schlitze ich einem den Bauch auf, sodass die Eingeweide platschend zu Boden fallen, gleichzeitig schlage ich einem über mir erst die Flügel ab und trete ihm, als vor mir am Boden liegt, den Schädel ein. Währenddessen verkrallt sich eines dieser Biester von hinten in meine rechte Schulter, reißt tiefe Wunden in mein Fleisch. FUCK!
Ich strecke meinen linken Arm aus, die Klinge des Schwertes in der Hand leuchtet tiefblau. Blitzartig drehe ich mich um mich selbst, gehe dabei in die Knie und stecke mein zweites Schwert zurück in die Scheide. Die blaue Scheide zerteilt unterdessen mindestens acht dieser Missgeburten in zwei Hälften und das Blut regnet geradezu auf mich hinab. Mit meiner nun freien Hand greife ich diesen verdammten Bastard an meiner Schulter am Genick und breche es mit einer gezielten Bewegung, schleudere den leblosen Körper auf einen der mir gerade an die Kehle springen will.
Einundzwanzig erlegt, noch zweiundsechzig übrig. Noch knappe vier Minuten bis der Wolf eintrifft, dann nimmt er mir die restlichen ab und ich kann mich ganz auf Djinn konzentrieren. Diese Vorstellung versetzt mich in Hochstimmung, animalisch grinsend, schlachte ein Mistvieh nach dem anderen ab. Ich werde diesem Speichellecker ordentlich den Arsch aufreißen.
„Lexy, bitte komm von dem Fenster weg.“, sage ich völlig verzweifelt, weil sie einfach nicht auf mich hören will und ich nicht stark genug bin um mich gegen sie durchzusetzen. „Bist du völlig übergeschnappt? Da draußen geschieht gerade irgend so ein verrücktes Science Fiction Spektakel und du sagst ich soll nicht hinsehen? Nevia das ist wie ein Unfall, man kann nicht weg sehen!“, erwidert sie ziemlich verschoben.
Ich antworte nicht. Direkt als wir ins Haus gegangen sind, hat sie sich einen passenden Ort gesucht, um auch ja nichts zu verpassen. Deshalb bin ich erneut in dem Gästezimmer, aus dem ich schon den ersten Kampf beobachtet hatte. An dem Tag, an dem sich mein Leben komplett geändert hat, die Angst zum ersten Mal von mir Besitz ergriff. Meine Freundin hingegen wirkt sie mehr so, als würde sie einen spannenden Kinofilm verfolgen, als die grausame Realität. Wie schafft sie es so ruhig zu bleiben? Niedergeschlagen wende ich mich ab, setze mich auf das Bett und ziehe die Beine dicht an meinen Körper. Oh Lexy, kannst du nicht einfach auf mich hören und die Vorhänge zu ziehen?
Ich habe nicht die Kraft, um mit ihr zu diskutieren. Ritchie ist da draußen und eine ganze Armee merkwürdiger fliegender, kleiner Monster hat es auf ihn abgesehen. Er schafft das, du weißt wie stark er ist, was er wirklich ist. Er muss es einfach schaffen, versuche ich mir selbst gut zu zureden. Doch es hilft nicht. Eisern hält die Furcht mein Herz in seinen Klauen gepackt, unzählige Bilder tauchen vor meinem inneren Auge auf, wie Ritchie von diesen Monstern niedergerungen wird und schließlich…
Ich darf das nicht zu Ende denken. Auf gar keinen Fall. „Ah, dieser widerliche, perverse Psycho.“, beschimpft Lexy sauer, ich nehme an diesen merkwürdig gekleideten Mann und hält ihren Mittelfinger an das Fenster. „Ja, da brauchst du gar nicht so schäbig zu Grinsen, du…“, sie hält inne. „Äh…Nevia, was macht der da?“, fragt sie mich, hört sich ziemlich verunsichert an. Doch ich kann mich nicht von meiner Angst losraffen, reagiere nicht weiter auf sie. „Ey Süße, ich glaube wir bekommen ein dickes Problem, das solltest du dir ansehen.“
Ansehen? Nein, das geht nicht. Ritchie hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass ich das nicht tun darf. Und es fällt mir unglaublich schwer mich seiner Autorität zu widersetzen. Erst recht, weil ich noch ganz klar vor Augen habe, was beim letzten Mal passierte. Weil ich ihr keine Antwort gebe, kommt sie zu mir rüber und setzt sich neben mich aufs Bett. „Nevia, jetzt reiß dich mal zusammen. Verdammt der macht da irgendetwas Verrücktes. Du musst dir das ansehen!“ Ich sehe sie nicht an schüttele nur den Kopf. „Nein, das geht nicht. Er…er hat es verboten.“
Meine beste Freundin entgleiten die Gesichtszüge, sieht mich mit offenen Mund an wie ein Auto. Ich kauere mich zusammen, mache mich noch kleiner, in der Hoffnung, dass sie mich dann einfach in Ruhe lässt. Doch stattdessen schnauft sie verärgert auf, greift nach meinen Schultern und schüttelt mich unsanft durch. „Ist das gerade dein ernst? Man Nevia was ist los mit dir? Du hast all die Jahre gekämpft dich nicht von irgendjemandem beherrschen zu lassen. Du bist deswegen von zu Hause geflüchtet, damit du tun kannst was du willst und was du für richtig hältst. Wo ist diese Frau jetzt? Süße, wir stecken hier gerade in einer ziemlich abgespacten Situation und es ist äußerst wichtig, dass wir jetzt nicht die Nerven verlieren, wir müssen eine Lösung finden. Ich brauche dich jetzt. Bitte Nevia, sieh dir das an!“
Nun sehe ich sie doch endlich an. Sie ist so stark, ich wünschte ich wäre nur ein kleines bisschen mehr wie sie. Anstatt durchzudrehen behält sie einen klaren Blick für das Geschehen und schafft es sogar die Menschen um sie herum zu motivieren. Wirklich eine Powerfrau. Und sie hat Recht. Ich darf jetzt auf keinen Fall die Nerven verlieren und einfach nur zu Gott beten, dass alles gut geht. Mal ganz davon abgesehen, dass Ritchie einer derjenigen wäre zu denen ich bete würde. Vielleicht…vielleicht kann ich helfen. Nein, ich bin sogar sicher, dass ich es kann. Ich tat es schon einmal. Und vielleicht kann ich es wieder tun. Aber wenn es dieses Mal nicht so glimpflich ausgeht? Doch es ist zu spät. Ich breche aus, aus dem Kokon den die Angst um mich geschlungen hat. Und spüre wie in mir eine Mauer einstürzt. Diese Macht…
Sie erfüllt mich erneut, doch dieses Mal, ist es anders. Irgendwie vertrauter und irgendwie…als könnte ich es beherrschen. Jeder Zentimeter meines Körpers beginnt erwartungsvoll zu kribbeln, ich sehe auf meine Hände hinab – und weite erstaunt die Augen. Ich kann das Licht auf meiner Haut umher tanzen sehen. Es sieht wunderschön aus. Ich sehe wieder meine beste Freundin an, die mich inzwischen zutiefst besorgt mustert. Offensichtlich sieht sie nicht dasselbe wie ich, sie wirkt eher als würde sie denken, dass ich jetzt komplett den Verstand verliere. Die Angst ist noch immer da, doch ich finde neuen Mut um irgendwie…weiterzumachen. Ich atme einmal tief durch und erhebe mich dann. Lexy seufzt erleichtert auf. „Nevia?“
„Ja. Alles gut. Tut mir leid.“, erwidere ich um sie wirklich davon zu überzeugen, dass ich es bin. „Schon okay. Puh, ich dachte schon du verfällst in alte Muster.“ Ich schüttele schmunzelnd den Kopf und gehe dann zum Fenster hinüber. Überrascht atme ich auf und runzele die Stirn. Was ist das?
Es sieht aus wie eine unsichtbare golden, schimmernde Wand. Und dieser seltsame Mann steht einige Meter davon entfernt, das Zepter hält er auf diese Wand gerichtet, der Klunker leuchtet blutrot. Murmelt ununterbrochen irgendetwas vor sich hin. Als er mich sieht setzt er ein schäbiges Grinsen auf, hört allerdings nicht auf zu reden. Und da fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Ritchie würde ihn nicht unbeaufsichtigt lassen, wenn er einfach so ins Haus spazieren könnte. Ein Schutzschild!
Oder so etwas Ähnliches. Auf jeden Fall können diese Monster hier nicht rein. Allerdings sieht es so aus, als würde dieses Schild bröckeln, es entstehen Risse in dieser Wand. Ein Zauber?! Er versucht es zu zerstören. Mein Blick fällt auf den im Hintergrund stattfindenden Kampf. Es sind so viele von diesen Biestern die überall um Ritchie herum schwirren, dass man ihn nicht einmal mehr sehen kann. Wo ist überhaupt Hati? Es spielt keine Rolle, er ist alleine aber ich weiß er lebt, ich fühle es. Und ich spüre auch in welcher Hochstimmung er befindet, als würde er das regelrecht genießen. Als bräuchte er das…
„Lexy, ich glaube das ist ein Schutzschild und es bekommt Risse.“ Sie erhebt sich vom Bett und stellt sich neben mich ans Fenster. „Ja, habe ich gesehen. Wir sollten hier besser verschwunden sein, bevor es zusammenbricht.“ Ich sehe sie von der Seite an. Verschwinden? Das ist das letzte woran ich denke. Ohne ihn werde ich hier nicht weg gehen. Gerade als ich ansetzen will ihr das auch zu sagen, plappert sie schon los. „Okay ich habe einen Plan. Ich schleiche mich hinten raus und flitze von der Hauswand zu meinem Auto, fahre dann vor die Haustür. Du kommst runter gerannt wenn, ich das Auto starte. Und dann machen wir uns aus dem Staub. Alles verstanden?“ Ich sehe sie verständnislos an und schüttele den Kopf. „Nein, ich gehe hier nicht weg. Ritchie…“
„Nevia, wenn der Typ hier reinkommt, sind wir buchstäblich am Arsch. Und ich werde nicht hier einfach rumsitzen und abwarten bis es so weit ist. Das ist eine Chance, Nevia. Wahrscheinlich unsere Einzige.“, damit dreht sie sich um und rennt aus dem Zimmer. Ich renne ihr hinterher versuche sie aufzuhalten. „Lexy! Lexy, warte – das ist keine gute Idee! Das wird nicht funktionieren!“
„Das wissen wir erst, wenn wir es ausprobiert haben.“, ruft sie zurück. Schließlich hole ich sie an der Terrassentür ein und halte sie am Arm fest. „Lexy, Ich gehe nicht ohne ihn. Er wird das regeln.“ Sie schüttelt den Kopf. „Nein Nevia, darauf verlasse ich mich nicht. Hast du gesehen, wie viele das sind? Außerdem…“, sie hält inne und ein Schauer läuft ihr über den Rücken. „…da war etwas in seinen Augen Nevia. Ich bin mir nicht sicher, ob wir ihm vertrauen können.“
„Ich schon und das können wir. Bitte vertrau mir.“ Sie reißt ihren Arm los und hat sich schon abgewandt. „Ich ziehe das durch Nevi und ich lasse dich nicht hier. Also halt dich bereit.“, und weg ist sie. So ein Mist, denke ich und raufe mir die Haare. Wenn der Zauberer sie bemerkt, dann ist sie geliefert. Ich weiß, ich soll nicht aus dem Haus gehen. Aber hier geht es um meine beste Freundin, ich muss ihn ablenken. Zielsicher renne ich zur Haustür und gehe ins Freie.
Einundfünfzig, noch Fünfzig. Nach und nach fallen sie. Noch drei Minuten. Da dringt ein Ruf an mein Ohr. „Hey du. Hier bin ich!“ Ich presse fest meine Kiefer aufeinander. Nevia! Ich sagte – bleib im Haus, sieh nicht hin. Mehr habe ich nicht verlangt. Unbändige Wut über ihren Ungehorsam nimmt mich in Besitz. Ich will sie dafür bestrafen, diesmal werde ich es tun. Ich habe sie gewarnt. „Ja sieh mich nur an, sieh dir genau an was du niemals haben wirst.“ Djinns verrückt verzerrtes Lachen bringt mich noch mehr in Rage. „Was für ein vorlautes süßes Ding du doch bist. Warts nur ab.“
Ich kann nicht sehen was passiert, weiß nicht was außerhalb dieses Gemetzel vor sich geht. Verdammt er soll seine verdammten Wichsgriffel von ihr lassen. Ich sehe rot, stecke eines meiner Schwerter zurück in die Scheide, stoße das Zweite in den Boden, lasse die Hand am Griff und knie mich daneben. Mit der anderen Hand vergreife ich mich im Erdboden. Ich muss sie sehen, muss sehen, dass es ihr gutgeht. Meine Hand vergräbt sich tief in die Erde und ich brülle – einen Kampfesschrei.
„Endlich wird er wirklich wütend.“, höre ich Djinn verzückt sagen, während sich um mich herum eine Druckwelle aus Feuer ausbreitet wie eine Explosion, röstet mehrere dieser Missgeburten, den Rest lässt sie auseinander stoben, setzt sie einen Moment außer Gefecht und ich kann mir endlich einen Blick über die Situation verschaffen. Da ist sie, nahe der Haustür, hinter dem Wall, in Sicherheit und starrt mich fassungslos an, wie versteinert. Tja, ich schätze sie hat nicht erwartet, dass ich zu so etwas fähig bin. Gut so, sie soll nur sehen, dass ich keine Hilfe benötige, ich komme gut alleine zurecht. Aber fuck, was passiert da? Der Speichellecker hat einen Weg gefunden, den Wall zu umgehen. Thor, warnte mich davor. Ich dachte nicht, dass es so schnell geht. Die Risse breiten sich kontinuierlich weiter aus.
„NEVIA!“, rufe ich wirklich angepisst und sie erwacht endlich aus ihrer Starre und ist sich genau dessen bewusst wie wütend ich bin. Verunsichert weicht sie einige Schritte zurück. Ich will mich gerade in Bewegung setzen, als ich im Augenwinkel etwas leuchten sehe. Etwas ziemlich Blondes.
Verdammte Scheiße! Barbie! Sie pest hinter der Hauswand hervor, auf ihr Auto zu. Doch ich bin nicht der Einzige der sie bemerkt hat. Die ersten der kleinen Biester rappeln sich schon wieder auf und haben Blondie schon längst entdeckt. FUCK OFF!
„BARBIE INS AUTO!“, rufe ich und renne ihr entgegen. Sie sieht sich einen Moment um, bemerkt diese Spatzenhirne die sie längst entdeckt haben und rennt dann so schnell sie kann zu ihrem Auto. Sie wird es nicht schaffen. Wild fluchend setze ich mich in Bewegung. Fünf vor mir, der Rest hinter mir, durch die Röstaktion habe ich den Überblick verloren, wie viele es sind. Und noch zwei Minuten bis Hati eintrifft.
Den Ersten hole ich locker ein, gebe ihm eine Breitseite mit dem Schwert. Ich setze zu einem Hechtsprung an, werfe beide Schwerte hoch in die Luft und erwische den Zweiten mit meiner Hand am Hinterkopf. In der Hocke landend, lasse ich das Vieh mit dem Kopf im Boden einrasten, zerschmettere seinen Schädel mit der bloßen Hand. Ruckartig stoße ich mich vom Boden mit einer Drehung ab, fange die Schwerter auf und trenne dem Dritten Kopf und Beine vom Rumpf ab. Noch zwei. Die Blondine erreicht das Auto, öffnet die Tür, doch anstatt sofort einzusteigen, sieht sie sich ängstlich nach den Biestern um, während ich den Vierten erreiche ihm eines meiner Schwerter in den Rücken ramme. Der Letzte ist zu weit weg, ich schaffe es nicht rechtzeitig.
„STEIG EIN!“, brülle ich der Blondine zu, die starr vor Angst diesem Vieh entgegenblickt. Mein bellender Befehl rüttelt sie wach, bringt sie endlich in Bewegung und steigt ins Auto, versucht die Tür zu schließen. Doch sie ist zu langsam. Mit einem heftigen Aufprall knallt das Spatzenhirn gegen die Tür, schüttelt sich kurz. Ich hole weit aus. Blondie beginnt zu schreien, unglaublich hoch, unglaublich laut, unglaublich nervig. Und ich werfe das Schwert, es durchbohrt den Kopf der Kreatur und bleibt mitsamt dieser in den Armaturen der Autotür stecken. Ich erreiche Barbie, ziehe das Schwert im selben Moment heraus, als sich die Kreatur vor ihren Augen in Rauch auflöst. Und sie kreischt immer noch.
„Halts Maul, und bleib ja im Wagen!“, fahre ich sie ungehalten an drehe mich um, da die restliche Horde uns nun erreicht. Wie wild gewordene Tiere beginnen sie uns und den Wagen zu umzingeln, rütteln an ihm, fliegen gegen die Scheiben um diese zu durchbrechen. Noch eine Minute. Ich schirme Barbie mit meinem Körper vor den Missgeburten ab, das bedeutet aber auch, dass ich zeitweise immer wieder meine Deckung fallen lassen muss um zu verhindern, dass einer von ihnen an mir vorbei huschen kann. Hinter mir höre ich die Scheiben gefährlich splittern und knarren. Shit, die Zeit wird knapp. Sechsundzwanzig Sekunden. Einer verkrallt sich in meiner Seite, ein weiterer krallt sich in meinen rechten Oberarm. Ich ignoriere sie, wehre weiter die Masse ab. Zwölf Sekunden. Ein dritter krallt sich in meinen Oberschenkel. Barbie hinter mir kreischt erneut erschrocken auf, als die erste Scheibe klirrend nachgibt. Vier Sekunden…, drei…, zwei…
„HATI!“, brülle ich aus vollem Halse. Ein ohrenbetäubendes Wolfsgeheul ertönt, dass Auto erschüttert, als der gigantische Wolf auf dem Dach landet und es ordentlich einbeult. Naja die Karre ist eh schon für den Schrott reif und die Horde wurde aufgescheucht. Ich packe die Blondine um die Taille, die erst mich dann den Wolf, der vor uns vom Dach des Autos springt und mit gefletschten Fängen um sich schnappt, dabei einige dieser Viecher reißt, mit angstgeweiteten Augen mustert.
Blödes Balg, erst wild auf dem Bett rumhüpfen und dann rumheulen, wenn sie runterfällt und sich den Kopf aufschlägt. Das, verfluchte Scheiße, war eine verdammt knappe Sache und es wäre sicher nicht für mich schlecht ausgegangen. Etwas Gutes hat es, wenigstens hält sie endlich mal den Mund. Ich greife das Fell des Wolfes im Nacken und springe mitsamt Barbie auf seinen Rücken. Mit langen Sprüngen setzt der Wolf sich in Bewegung, innerhalb von Sekunden sind wir in der sicheren Zone, schon wieder verfolgt von den Mistviechern. Einige von ihnen sind tatsächlich so dämlich und fliegen gegen den Wall und prallen daran ab, wie eine Taube an einer Scheibe. Ich sag ja, Spatzenhirne. Noch während des Laufs springe ich mit Barbie von Hatis Rücken, lande mit ihr vor mir in der Hocke und lasse sie achtlos im Gras sitzend zurück, während der Wolf schon längst kehrt gemacht hat und motiviert diese fliegenden Biester jagt. Er hat sichtlich Freude dabei.
Hastig sprinte ich zum Rand des Walls, lasse mich fallen und schlittere den letzten Meter auf den Knien dorthin. Berühre dort die Erde mit beiden Händen, wo die Energie den Boden berührt. Sie schwindet. Er versucht nicht ihn zu zerstören, nein er absorbiert die Energie. Aber nur einer wäre, dazu fähig, einer der selber einen Teil göttlicher Magie in sich trägt. Und dieser Verräter macht sich nicht die Hände schmutzig. Also woher hat Djinn so viel Macht? Analysierend mustere ich ihn von oben bis unten.
Der Rubin! Das ist es. Er muss darin einen winzigen Teil von Lokis Macht mit sich führen, aber das reicht aus. Er kompensiert es mit seiner dunklen Magie, gelangt somit an die unbeschränkte Macht von dem Verräter. Also wenn ich den Rubin zerstöre – schwäche ich auch gleichzeitig ihn. Ein schadenfrohes Schmunzeln ziert mein Gesicht. Ja solche unerwarteten Wendungen machen mir Spaß. „Was heckst du schon wieder für einen Plan aus?“, fragt der Speichellecker, der meinen inspizierenden Blick durchaus mitbekommen hat. Und ich kann in seinen Augen sehen, dass er verunsichert ist. Das gibt mir nur noch mehr Genugtuung und ich grinse breit. „Zu dir komme ich gleich Vogelscheuche.“ Denn zuerst muss ich sicherstellen, dass mein Mädchen in Sicherheit ist und auch bleibt. Hati, der Wall.
Ich erhebe mich, ramme das Schwert vor mir in den Boden, konzentriere mich auf das Feuer in mir. Es brennt lodernd, alles verzehrend. Und ich leite diese Kraft über meine Hand hinein in das Schwert – bis es Feuer fängt. Im selben Augenblick erreicht der Wolf mich ohne zu stoppen. Im richtigen Moment greife ich mich mit einer Hand fest in sein Fell, schwinge mich auf seinen Rücken und ziehe mit der anderen Hand das Schwert neben uns her, hinterlasse eine tiefe, brennende Furche in der Erde. Hati beschleunigt, folgt der Energie des Walls in maximalem Tempo einmal um das Haus. Das alles geschieht innerhalb von zwölf Sekunden. ‚Kümmere dich um das Ungeziefer‘, teile ich Hati mit, springe von seinem Rücken und rolle mich ab. Langsam richte ich mich auf, ziehe mein zweites Schwert, die Klinge leuchtet hellgrün, während der Wolf mir die Viecher vom Leib hält.
„Du kannst dein Schutzschild so oft erneuern wie du willst, ich durchbreche es wieder. Du hast keine Chance, ich kenne deine Kampftechnik in und auswendig.“, giftet der Speichellecker mich an, so langsam ziemlich gereizt. Ich lege den Kopf leicht schief, beginne zu schmunzeln. Todbringend beginne ich die Schwerter in meinen Händen zu drehen. Ich weiß, dass die Frauen nicht wieder ins Haus gegangen sind, ich kann praktisch spüren wie ihre Blicke mich durchbohren. Aber ich bin voller Adrenalin, habe nur noch den qualvollen Tod dieses Bastards vor Augen. „Auch ich habe dazu gelernt Pissnelke.“
Dann setze ich mich in Bewegung, auf ihn zu, werde mit jedem Schritt schneller. Dabei umgreife ich die Griffe der Schwerter fest, hebe sie kurz vor ihm über den Kopf und lasse sie mit aller Kraft auf sie niedersausen. Er hebt sein Zepter, wehrt meinen Angriff ab, indem er es quer vor seinen Körper hält. Mit voller Wucht prallen die Schneiden der Schwerter darauf, doch er hält dagegen. Die Kraft von Loki macht ihn nicht nur mächtiger, sondern auch stärker. Ich lasse ab und hole erneut aus, dieses Mal tiefer, ziele auf seine Beine. Geschickt weicht er aus und holt mit dem Zepter aus. Doch bevor er mir einen heftigen Schlag gegen den Kopf verpassen kann, wehre ich das Zepter mit einem Schwert ab, drehe es, versuche ihm es somit aus den Händen zu schlagen und hole gleichzeitig mit dem anderen Schwert aus. Er springt zur Seite, hält das Zepter fest umschlossen und pariert meinen Versuch, stößt mich von sich. Ich gönne ihm keine Verschnaufpause.
Sofort gehe ich wieder auf ihn los und beginne nun richtig zu kämpfen. Ich lasse die Klingen durch die Luft wirbeln, immer wieder auf ihn zu, weiche seinen Kontern aus, drehe mich um mich selbst um wieder auszuholen, analysiere seine Art zu kämpfen. Bis ich seine Schwachstelle finde. Vielleicht hat er meine Kampftechnik studiert, aber ich bin nicht mehr derselbe wie vor tausenden von Jahren. Ich war ein gnadenloser Kämpfer, bin ich immer noch. Aber heutzutage gibt es Kampfsportarten die es damals nicht gab. Und ich habe sie alle perfektioniert. Er konzentriert sich zu sehr auf meine Schwerter. Ihm ist allerdings nicht klar, dass ich diese nicht brauche um ihn fertig zu machen.
Er stößt mich erneut von sich und ich nutze die Gelegenheit. Ich nehme Anlauf, hole mit den Schwertern weit aus, er hält das Zepter wieder quer von vor sich um die Wucht meines Angriffs abzuwehren. Doch anstatt auf ihn einzuschlagen, stecke ich die Schwerter zurück in die Scheiden, greife blitzschnell nach dem Zepter und stoße mich vom Boden ab. Ich mache einen Salto über ihn rüber, drehe mich in der Luft, sodass ich ihn direkt von hinten ergreifen kann, ihm das Zepter an die Kehle drücke. „Zwei zu null für mich du Bastard.“, sage ich dicht an seinem Ohr und beginne ihm brutal die Luft ab. Er röchelt irgendetwas undeutliches, wehrt sich mich aller Kraft.
Plötzlich beginnt der Rubin auf dem Zepter sich gefährlich zu verdunkeln. Es sieht fast so aus, als würde ein pechschwarzer Wirbelsturm in ihm toben. Wie eine Explosion bricht sich dieser Bahn und schleudert mich knapp zehn Meter weg von dem Speichellecker. Ich fange mich mit einer Hand ab und lande schließlich in der Hocke. Fuck, ich hatte ihn fast.
Djinn ist zu Boden gegangen hält eine Hand um seine Kehle, die andere umgreift das Zepter. „Du verdammte Nachgeburt. Du besiegst mich nicht ein zweites Mal!“, ruft er wutentbrannt mit kratziger Stimme. Dann richtet er sich wankend auf und hält das Zepter über den Kopf. „NIEMALS!“
Der Rubin ist inzwischen nicht mehr rot, sondern tiefschwarz und aus seiner Spitze dringt die Dunkelheit hinaus hoch in die Luft und formt über uns eine schwarze Wolke. Diese beginnt sich aufzuteilen in viele kleine Wolken, die sich verdichten und schließlich beginnen Körper zu formen. Die Dunkelheit bekommt Farbe, blasse Haut, rote Haare – grüne Augen. Pixies! Also ist es war diese Mitsviecher sind tatsächlich ausgestorben. Das sind Klone! Deshalb gehen sie in Rauch auf. Verdammte Scheiße und er hat gerade nochmal eine ganze Armee von ihnen erschaffen. Hati, wie viele sind es?
Insgesamt hundertsechsundvierzig. Und sie beginnen gerade richtig zum Leben zu erwachen und haben den Wolf und mich schon ins Visier genommen. Shit, verfluchter Bastard. Schnell springe ich auf, ziehe meine Schwerter und kämpfe mir einen Weg zu dem Wolf durch, die Viecher schießen von oben auf uns herab. Djinn hat sich inzwischen wieder dem Wall zugewandt entzieht ihm erneut die Energie, als ich den Wolf erreiche. Ich stelle mich hinter ihm, sodass wir uns gegenseitig den Rücken decken können, denn die Schar hat uns eingekesselt. Der Rubin enthält Lokis Macht.
Hati schnappt sich ein Vieh, nach dem anderen, ich tue es ihm gleich ohne inne zu halten, schlage wie wild geworden mit den Schwertern um mich, zerteile und köpfe die Biester. Wir könnten ewig so weitermachen, aber es bringt nicht er kann jederzeit mehr von ihnen erschaffen. Und wir haben keine Zeit. Dann musst du ihn zerstören. Ich kann den Wolf geradezu in meinem Kopf knurren hören.
Das ist der Plan. Ich brauche deine Geschwindigkeit. Aber zuerst muss ich diese Biester für einen Moment ablenken. Der Wolf versteht was ich damit meine. Ich werde sie erneut paralysieren, aber da es so viele sind, haben wir nur ein sehr kurzes Zeitfenster um zu reagieren. Der Wolf ist bereit, ich ebenso.
Ich hole aus trenne einem der Viecher den Kopf ab und stecke das Schwert dann in die Scheide. Das Andere hebe ich hoch über den Kopf und – fühle plötzlich diese Kraft in mir. Sie ist so vertraut und doch so fremd. Wie beim letzten Mal. Als Nevia…sie tut es wieder! Diese Kraft vereint sich mit meiner eigenen, gibt mir eine ungeahnte Power, lässt das Feuer in mir wild und ungezähmt auflodern. Dieses Mal ist es anders, ich kann kein Licht sehen und auch den Geruch von verbranntem Fleisch nicht wahrnehmen. Und doch schließt sich eine unglaubliche Angst um mein Herz. Ich muss mich beeilen.
Ich ramme das Schwert in den Boden, greife mit der Hand tief ins Erdreich. Die Energie fließt hinüber und die brennende Druckwelle bricht aus wie ein Inferno um mich herum, vernichtet mindestens die Hälfte dieser Mistviecher. Doch ich habe keine Zeit mich darüber zu wundern, nehme das nur am Rande war, denn ich bin schon auf dem Rücken des Wolfes gesprungen, der sich im zick zack blitzschnell auf Djinn zubewegt, welcher vergebens versucht uns mit den Augen zu folgen. Der Wolf setzt zum Sprung an. Ich stelle mich auf seinen Rücken und als er am höchsten Punkt angelangt ist, stoße ich mich ab, springe noch einige Meter höher und lande dann direkt neben dem Bastard. Er hat es nicht kommen sehen, kann nicht reagieren und ich schlage ihm die Hand ab in der er das Zepter hält. Er schreit schmerzerfüllt auf, taumelt zurück und hält sich verstört den Stumpf, wo bis gerade eben noch seine Hand war. Ich greife mir sofort das Zepter, zerbreche es in zwei Teile. Dann umfasse ich den Rubin mit einer Hand, lasse die Hitze des Feuers in mir in meine Hand fahren, sodass der Stein in meiner Hand zu schmelzen beginnt und die dunkle Macht in ihm einfach verdunstet. Und mit ihr löst sich auch das verbleibende Ungeziefer in Rauch auf.
Meine Augen suchen nach Nevia. Sie blickt mir entgegen, ihre Unterlippe zittert noch immer verängstigt, jedoch auch erleichtert. Sie ist wohlauf und die Angst, die ich bis gerade verspürt habe, verflüchtigt sich und mich packt wieder die rasende Wut die ich für diesen Speichellecker verspüre. Ich werfe ihm die Überreste seiner Wunderwaffe vor die Füße. Erst jetzt kann er sich von seiner nicht mehr vorhandenen Hand abwenden und sieht erst auf das zerbrochene Zepter und dann angsterfüllt zu mir. „Nein, nein. Wie hast du das gemacht? Solche Kräfte hast du nicht!“ Er weicht einige Schritte zurück, doch ich lasse ihn nicht entkommen, gehe unerbittlich auf ihn zu und ramme ihm mein Schwert in den Bauch. Er reißt die entsetzt die Augen auf, sieht mir wie der Feigling der er ist entgegen. „Ich hoffe dein Meister merkt jetzt, dass du noch immer nur ein armseliger kleiner Arschkriecher bist und sperrt dich für immer weg.“ Er versucht etwas zu sagen, verschluckt sich an seinem eigenen Blut und beginnt zu husten. „Ich habe gesagt du wirst leiden.“
Ich stoße ihm mein Schwert bis zum Anschlag in den Körper, er stöhnt undeutlich auf, seine Augen beginnen sich nach innen zu verdrehen vor Schmerzen. Dann ziehe ich das Schwert nach oben, zerteile seinen Oberkörper brutal in zwei Hälften, hole mit dem zweiten Schwert aus und schlage ihm auch noch den gespaltenen Kopf von den Schultern.
Ich stecke die Schwerter weg und bleibe reglos stehen. Das hätte ich nicht tun müssen. Sicher hat meine Unbarmherzigkeit die beiden Frauen nur noch mehr erschreckt. Für Nevia ist das hier zwar kein Neuland, aber ich weiß wie sehr ihr das zu schaffen macht. Und Barbie, tja…mal sehen wie sie damit zurechtkommt. Der mächtige Wolf tritt an meine Seite und ich wende ihm meinen Blick zu. Sein Fell ist voller Blut der Mistviecher, ich kann mir vorstellen wie ich in etwa aussehen muss. Das Hemd ist nur noch ein Fetzen Stoff und die Hose ist ebenfalls zerrissen. Und alles ist voller Blut. Aber trotzdem stehen wir hier, haben dieses Übel bezwungen. Ich weiß nicht warum, aber die Bindung die ich Hati aufgebaut geht irgendwie tiefer. Er ist nicht nur eine Art Partner, sondern irgendwie zu einem Freund geworden. Ich schätze ich sollte ihm das auch mal zeigen. Wir sind ein gutes Team, Hund.
Er stupst mich mit seinem Kopf von der Seite an, zeigt mir damit, dass es ihm gar nicht gefällt wenn ich ihn Hund nenne. Jedoch angesichts der Tatsache, dass ich ihm gerade auf meine verdrehte Art und Weise gesagt habe, dass ich ihn irgendwie gern hab, nimmt er mir das nicht krumm. Im Gegenteil er wedelt aufgeregt mit dem Schwanz und es sieht sogar fast so aus als würde er lächeln. Und irgendwie bringt das auch mich zum Schmunzeln. Ich strecke die Hand aus und streichele den Wolf kurz hinter den Ohren, so wie Nevia es vorhin tat.
„Ritchie?“, abrupt wende ich mich zu ihr um. „Was habe ich dir gesagt?“, meine Stimme klingt scharf und ich mustere sie mit verengten Augen. Sie weicht eingeschüchtert einige Schritte zurück, spielt nervös mit ihren Fingern. „Ich weiß, ich wollte auch nicht…also ich meine, ich konnte Lexy nicht aufhalten, ich…ich hatte Angst er bemerkt sie…ich musste sie doch irgendwie decken. Ich hatte nicht vor – mich zu wiedersetzen.“, versucht sie sich irgendwie zu erklären. Und desto länger ich ihr zuhöre, desto mehr komme ich zur Ruhe. Ihre liebliche Stimme bringt mich runter. Mein Blick wird weicher. „Geht es dir gut?“ Sie sieht mich mit großen Augen an, als könnte sie gar nicht fassen, dass ich sie jetzt nach ihrem Wohlbefinden frage. Schließlich nickt sie. „Ja und – dir?“
Ich ziehe sarkastisch eine Augenbraue hoch. Sie macht sich Sorgen, obwohl ich lebendig vor ihr stehe. „Mir geht es hervorragend Prinzessin.“ Sie atmet auf, als wäre es außerordentlich wichtig für sie gewesen, diese Worte zu hören. Dann kommt sie auf mich zu, bleibt dicht vor mir stehen und sieht mich an, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Ihr Blick ist liebevoll und ich kann deutlich Bewunderung ausmachen. Sie will geküsst werden und wie gerne würde ich sie jetzt in meine Arme schließen und genau das tun. Doch stattdessen lege ich ihr nur einen Finger unters Kinn. „Ich bin voller Blut. Ich würde dich einsauen.“ Sie sieht an mir hinab und findet dann wieder meinen Blick. „Das ist mir egal.“
Ich beginne zu schmunzeln. Sie ist so süß, aber ich werde sie nicht mit dem Blut dieser Mistviecher besudeln. „Lass mich zuerst duschen Babe.“ Sie seufzt auf, nickt dann jedoch und sieht dann an mir vorbei. „Ist mit dir auch alles in Ordnung Hati?“ Der Wolf wedelt noch immer aufgeregt mit dem Schwanz und schnauft dann. Mir ging es nie besser. Ich will nur baden. Bin gleich zurück. Damit macht er sich aus dem Staub. Er läuft allerdings nicht zu dem nahe gelegenem See, sondern sucht sich ein fließendes Gewässer. Auch ich setze mich nun in Bewegung, Nevia folgt mir. Ungerührt werfe ich einen Blick auf Barbie, die noch immer im Gras hockt. „Alles klar mit ihr?“
Nevia zögert kurz, bevor sie nickt. „Ja, ich schätze schon. Sie hat einen Schock, aber wenn man die Umstände betrachtet, geht sie damit ziemlich cool um. Allerdings kann der Ausbruch auch einfach nur auf sich warten lassen. Ich sollte sie unter Beobachtung halten.“ Wunderbar. Ich weiß was Nevia damit andeuten will. Das hat mir gerade noch gefehlt. Doch ich werde Nevia nicht verweigern, sich um ihre beste Freundin zu kümmern. „Okay. Kümmere dich um sie.“, ist alles was ich sage, wende mich ab und verschwinde dann im Haus.
Wir sitzen wieder im Wohnzimmer auf der Couch. Lexy hat die Beine an den Körper gezogen und starrt vor sich hin. Ihre Augen sind leer und sie wirkt abwesend. Sie sieht nicht aus, als würde sie gleich ausrasten eher so, als wäre sie tief in Gedanken versunken. Ich habe ihr neue Klamotten gegeben, da ihre eigenen ziemlich viel Blut abbekommen haben. Seitdem Ritchie sie gerettet hat, hat sie nicht ein Wort mehr gesagt. Und ich habe inzwischen aufgegeben auf sie einzureden, ich bin mir nicht einmal sicher ob sie mich überhaupt gehört hat. Also sitze ich einfach schweigend neben ihr und warte...
Sie hätte das alles nicht mit ansehen dürfen. So ein Mist, es ärgert mich so sehr, dass ich sie nicht aufhalten konnte. Das ist alles meine Schuld. Ich weiß noch genau, wie schlimm es für mich war, davon zu erfahren. Von diesen Monstern. Und welche Angst ich hatte, noch immer habe. Allerdings war das Schlimmste daran, dass ich niemanden hatte mit dem ich darüber reden konnte. Niemand hätte mir geglaubt oder mich vielleicht sogar sofort in die Klapsmühle eingewiesen. Deswegen kann ich Lexy auf gar keinen Fall alleine lassen. Wenigstens kann ich ihr seelischen Beistand geben, wenn sie ihn braucht.
Hinter mir höre ich Schritte und drehe mich schleunigst zur Tür. Ritchie betritt gerade das Wohnzimmer, bekleidet mit Jeans und Muskelshirt, wie immer komplett in schwarz. Das nasse Haar hat er lose im Nacken zusammen gebunden. In den Händen hält er das Bündel seiner blutigen, zerrissenen Klamotten, die er achtlos zu Boden fallen lässt, als ich aufspringe und ihm entgegen gehe. Diesmal schließt er mich ohne zu zögern in seine Arme, ich vergrabe mein Gesicht an seiner Brust und genieße kurz seinen starken Körper an meinem zu fühlen. Lebendig und in einem Stück. Er wartet ab, lässt mich gewähren, weiß wie sehr ich das jetzt brauche, wirkt trotzdem noch kalt und distanziert, da wir nicht alleine sind. Allmählich beruhigt sich mein angespannter Körper und ich seufze leise auf. Erst dann sehe ich zu ihm auf. Unsere Blicke treffen sich und er handelt ganz zuwider seiner Art. Er beugt sich zu mir hinab und küsst mich, nicht zart, aber auch nicht ungestüm, sondern innig und voller Liebe. Er steckt in diesen Kuss alles was er mir jetzt nicht zeigen kann.
Als er den Kuss beendet, lehnt er seine Stirn gegen meine sieht mir tief in die Augen. Und ich laufe rot an, vor Verliebtheit. Wow, er ist so ein toller Mann. So mysteriös und geheimnisvoll. Und stark und vor allem so unglaublich attraktiv – so sexy. Mir werden die Knie weich und sein Mund verzieht sich zu einem ganz leicht angedeuteten Schmunzeln. Aber er hält mich weiterhin fest. Unfassbar das er, nur mit zwei Schwertern bewaffnet und Hati an seiner Seite, gegen diese Masse von Monstern ankommen konnte. Er hat gekämpft wie ein Tier, war grausam, gnadenlos, tödlich. Er hat sie schließlich alle zur Strecke gebracht. Und hat dabei Fähigkeiten eingesetzt, von denen ich bisher noch nichts wusste. Ich habe ihn vorher unterschätzt, ich dachte kein Mensch kann gegen diese Biester kämpfen und überleben. Aber er ist kein Mensch, also zumindest nicht wirklich. Er ist ein Gott!
Ich kann es noch immer kaum fassen, dass dieser Mann tatsächlich mich wollen könnte. Aber so ist es. Am liebsten würde ich ihn nicht wieder loslassen, aber ich weiß, dass das gerade eine ziemlich ungünstige Situation ist um im Glück zu schwelgen. Immerhin sitzt Lexy noch immer lethargisch auf der Couch und ich sollte für sie da sein. Also reiße ich mich zusammen und löse mich aus seinem Bann. Ich lege meine Hände auf seine Brust und schiebe ihn sanft von mir. Doch dann fallen mir die blutigen, tiefen Kratzer an seiner Schulter und an seinen Armen auf. Mein Herz setzt einen Moment aus und ich keuche erschrocken auf. „Das sieht nicht gut aus.“, sage ich und inspiziere die Wunden näher. Er lässt mich. „Das verheilt.“, gibt er nur gelangweilt zurück. Ich sehe ihn mit großen Augen an. Ja ich weiß, dass das verheilt aber…er muss doch höllische Schmerzen haben. Außerdem sind die Wunden wirklich tief, es wird etwas länger dauern. Aber ich weiß, wie ich den Heilungsprozess beschleunigen kann.
„Das sollte…bitte Ritchie, lass mich das nähen.“ Er sieht mich an, sein Blick ist unbeteiligt, aber ich kann spüren, was für eine Flut von Gefühlen meine Worte ihn ihm auslösen. Zu viele um sie richtig zuordnen zu können, es ist fast überwältigend. Äußerlich merkt man ihm davon jedoch überhaupt nichts an. Er wirkt reglos wie immer. „Okay.“, ist alles was er schließlich sagt.
Ich lächele dankbar und drehe mich zu Lexy um. Die nicht mehr Löcher in die Luft starrt, sondern uns mit offenem Mund beobachtet. Ich gehe auf sie zu. „Lexy?“ Endlich, sie sieht mich an. Und nickt. Ich nehme sie in die Arme. „Hey Engelchen. Ich bin für dich da.“, flüstere ich, denn ich weiß nicht was ich sonst sagen soll. Ich habe Angst, dass ein falsches Wort in ihr eine Hysterie auslöst. Deswegen überlasse ich es ihr, den Anfang zu machen. Doch sie sagt nichts. Schließlich lasse ich sie wieder los, nehme ihre Hände in meine. Sie sieht mich nur an. Doch dann höre ich hinter mir etwas poltern und sehe mich um. Ritchie stapelt ein paar Holzscheite in dem prächtigen Kamin und zündet sie an. „Ich komme sofort wieder, Lexy.“
Flink springe ich auf und flitze ins Bad, hole alles was ich brauche. Desinfektionsmittel, Nadel und Faden, Tücher und Verbände. Vollständig ausgerüstet gehe ich wieder runter. Ritchie ist gerade dabei die blutigen Klamotten ins Feuer zu werfen, entsorgt sie so, als hätten sie nie existiert. Ich baue mein Material auf dem Couchtisch provisorisch auf. Blicke dann erwartungsvoll Ritchie entgegen, der auch schon zu uns rüberkommt und sich auf der Couch niederlässt.
Ich tränke eines der Tücher mit Desinfektionsmittel und widme mich zuerst den tiefen Kratzern an seinem Arm. „Das wird jetzt brennen.“ Er erwidert nichts, zuckt nicht mal zusammen, als ich mit dem scharfen Mittel über die Wunden fahre. Ich schätze, dass meine Warnung nicht nötig war, denn der Schmerz beeindruckt ihn nicht. Er hatte schon sehr viel schlimmere Schmerzen. Achtsam setze ich die Nadel an und nähe die Wunden jeweils mit vier Stichen. Dann widme ich mich seiner Schulter, bedeute ihm sich etwas seitlich zu drehen. Diese Kratzer sind um einiges tiefer, als die an seinem Arm und ziehen sich über die Schulter, seinen Rücken hinab. Um das komplette Ausmaß der Wunden zu sehen, muss das Shirt weg. Ich wappne mich kurz, vor meinen nächsten Worten und zwinge mich selbst meine Konzentration aufrecht zu erhalten. Immerhin bringt mich der Anblick von seinem nackten Oberkörper, jedes Mal wieder aus dem Konzept.
Ich räuspere mich, bevor ich beginne zu sprechen. „Bitte zieh dein Shirt aus.“, fordere ich ihn dann leise auf und er kommt dem nach ohne jegliche Hemmungen oder zu zögern. Und natürlich kann ich nicht verhindern, dass mein Blick hinunter wandert, er hat einfach einen absoluten Adoniskörper. Doch anstatt verbotenen Fantasien nachzuhängen weite ich erschrocken die Augen. An der Taille hat er noch viel mehr blutige Verletzungen, die furchtbar aussehen. Sofort mache ich mich an die Arbeit und beginne ihn zusammenzuflicken so gut es geht.
Es zerreißt mir beinahe das Herz ihn so zu sehen. Ich wünschte ich könnte ihn irgendwie davor bewahren, solche Schmerzen erleiden zu müssen sowohl körperlich, als auch seelisch. Im Endeffekt weiß ich so gut wie gar nichts darüber was er durch gemacht hat. Das ist ein Thema bei dem er zu macht. Aber ich bin fest entschlossen ihn solange ich kann glücklich zu machen. Denn er verdient es glücklich zu sein. Wahrscheinlich mehr als jeder andere Mensch den ich je getroffen habe. Sicher ist er kein Engel, nein ganz im Gegenteil. Ein Bad Boy durch und durch. Aber er ist derjenige der alles aufgeben musste um das zu tun, was er tut. Der Beschützer des Lebens. Nacht für Nacht im Kampf gegen das Böse. Er gab sein Leben auf um seine Bestimmung zu erfüllen.
Ob er während der Zeit seiner Ausbildung, je wirklich Kind sein durfte? Wahrscheinlich nicht, ich bezweifele es zumindest stark. Noch schlimmer, muss die Einsamkeit gewesen sein. Jedes Kind braucht eine Mutter oder einen Vater. Hatte er irgendjemanden an den er sich wenden konnte, wenn er es gebraucht hat? Auch das bezweifele ich, denn wenn wir mal ehrlich sind, woher sonst sollte Ritchies verschobene Art wohl kommen? Kalt, emotionslos, zurückweisend und undurchschaubar. Man könnte sagen er ist der Meister des Pokerfaces, der niemanden an sich heran lässt. Gepaart mit seinem guten Aussehen macht ihn das zu einem Frauenmagneten. Er ist ein Herzensbrecher und ich bin mir sicher schon tausende Frauen haben gehofft und versucht zu ihm durchzudringen und zu zähmen. Doch in all den Jahren konnte ihn keine halten. Hat er überhaupt schon jemals eine Frau geliebt? Oder irgendeinen anderen Menschen? Seine Mutter hatte er sicher einmal geliebt, heute allerdings bin ich mir da nicht mehr so sicher. Wurde er schon einmal von einem Menschen richtig geliebt?
Mein Herz schwillt an, denn in diesem Moment spüre ich sehr stark was ich für ihn empfinde. Und am liebsten würde ich mich gerade einfach nur in seine Arme werfen, ihn festhalten und zeigen, dass es jemanden gibt der ihn wirklich liebt. Denn das tue ich, das weiß ich und das von Anfang an. Ich wollte es nur nicht sehen, aus Angst ich könnte verletzt werden. Aus Angst er könnte mit mir spielen. Dabei hat er sich um mich bemüht, auf seine ganz eigene komische Art und Weise, auch wenn er manchmal einfach nur ein unheimliches Arschloch war. Er ist halt kein normaler Mann, daran habe ich mich inzwischen gewöhnt. Endlich weiß ich, dass nicht bei ihm zu sein, mich viel mehr verletzt hat. Und ich werde nicht mehr davor zurückschrecken, dass auch zuzugeben.
Denn wie ich schon sagte, ich werde jetzt alles dafür geben ihn glücklich zu machen. Denn auch wenn seine Vergangenheit hinter ihm liegt, er wird ihr niemals wirklich entkommen können. Er wird niemals wirklich frei sein. Um seine Handgelenke wird immer eine unsichtbare goldene Kette liegen, die er nicht abstreifen kann und ihn dazu zwingt der zu sein, der er ist. Ob er das nun will oder nicht. Und ich kann ganz deutlich spüren, dass er das hasst. Ich habe gefühlt, was während des Kampfes vorhin in im vorging. Er war berauscht, voller Adrenalin und hat es…genossen. So sehr als würde er es regelrecht brauchen, das Blut spritzen zu sehen, Körper zu verstümmeln und zu töten. Grausam zu sein. Es war der Jäger, wie er ihn nennt. Es sollte mich Abschrecken, mir zumindest Angst machen. Ich weiß, der Jäger ist auch hinter mir her, ich bin mir dessen bewusst, dass Ritchie den Schalter auch gestern Nacht umgelegt hatte. Allerdings wollte er mir nicht wehtun. Er wollte mich beherrschen und unterwerfen. Und ich habe ihn machen lassen, weil…es mir gefallen hat.
Wie sehr wird mir erst jetzt wirklich klar, denn allein bei dem Gedanken an seine alles beherrschende Dominanz wird mir ganz warm und mein Bauch beginnt ganz aufgeregt zu kribbeln. Ich atme langsam ein und aus, versuche den Gedanken zu vertreiben und lasse mich auf dem Boden zwischen Ritchies Beinen nieder um mich der Verletzung an seiner Taille zu widmen. Doch der Anblick seiner durchtrainierten Bauchmuskeln macht es nur schlimmer und sie Wärme entlädt sich hitzig in meinem Unterleib. Ich weiß nicht warum er mir so unter die Haut geht, normalerweise zählt er genau zu der Sorte Mann von denen ich mich fernhalte, aber er…ich kann nichts dagegen tun und erst recht nicht mehr dagegen ankämpfen. Ich begehre ihn.
Er ist sich dessen bewusst. Äußerlich lässt er sich nichts anmerken, sieht nur auf mich herab ohne jegliche Regung. Das Einzige was ihn verrät ist das Feuer in seinen Augen, welches auflodert, als er spürt was in mir vorgeht. Ich wünschte so sehr ich könnte es verbergen, es ist mir wirklich unheimlich peinlich, da wir weder alleine sind, noch der Zeitpunkt kaum ungünstiger sein könnte. Noch schlimmer daran ist, dass er genau weiß wie sehr ich ihn anhimmele, dass ich mich noch nicht mal in einer Situation wie dieser zusammenreißen kann. Mir steigt die Röte in die Wangen, vermeide es ihm in die Augen zu sehen und konzentriere mich dann auf seine Verletzungen.
In der ganzen Zeit herrscht Stille, Lexy beobachtet uns nur und Ritchie, ist halt Ritchie, stumm wie immer. Langsam beginne ich mir ernsthafte Sorgen um meine Freundin zu machen. Momente in denen sie mal den Mund hält sind selten, eigentlich nur dann wenn sie schläft. Sicher liegt es an der Situation, aber sie zeigt absolut keine Anzeichen, als hätte sie einen wirklich schlimmen Schock. Bis auf diese Apathie aus der ich es nicht schaffe, sie herauszureißen. Ich muss warten, bis sie von alleine da hinausfindet und hoffen, dass sie dann wieder die Alte ist.
Als ich alle Wunden erfolgreich genäht habe, naja ist ja auch eigentlich eine Kleinigkeit, greife ich zu den Verbänden und will gerade beginnen die Wunden darin einzuwickeln, doch Ritchie greift nach meinen Händen und hält mich davon ab. „Nicht nötig.“ Sein Blick ist eindringlich, da wird er sich nicht reinreden lassen, egal was ich noch sage. Keine Verbände. Ich seufze ergeben auf. Verstanden, General!
Er erhebt sich, zieht sich sein Shirt wieder über und wendet sich ab. Doch er hält inne und dreht sich noch einmal zu mir, als ich ebenfalls aufstehe. Er streckt den Arm aus streicht einmal zart über meine Wange. „Danke Prinzessin.“ Ich beginne zu lächeln, denn auch wenn er wirklich kurz angebunden klingt, spüre ich seine ehrliche Dankbarkeit. Und ohne weiter darüber nachzudenken überwinde ich einfach die Distanz zwischen uns, stelle mich dicht vor ihm auf die Zehenspitzen und küsse ihn zart auf die Wange. Warum sollte ich mir auch Gedanken darüber machen, er ist mein Freund! Ich habe ja wohl das gute Recht dazu ihn zu küssen wenn ich das möchte. „Gern geschehen mein Held.“, hauche ich verträumt.
Einen Augenblick scheinen wir beide zu vergessen nicht alleine zu sein, denn er schlingt einen Arm um mich und drückt mich an sich. Ein Schmunzeln liegt auf seinen Lippen, wahrscheinlich nur deshalb, weil Lexy es nicht sehen kann, da er mit dem Rücken zu ihr steht. „Ich bin kein Held, Nevia.“, sagt er und sieht mir fest in die Augen. Verzaubert von diesem Mann, kann ich den Blick nicht abwenden, nicke allerdings um meine Aussage zu unterstützen, auch um ihn zu zeigen, dass er meine Meinung absolut nicht ändern kann. „Doch für mich bist du das.“ Er verengt leicht die Augen und senkt den Kopf. Verführerisch flüstert er mir ins Ohr: „Babe vergiss nicht ich bin der böse Junge.“ Dabei wandert seine Hand hinunter zu meinem Po und greift einmal fest zu. Ich unterdrücke krampfhaft ein überraschtes aufstöhnen. Doch dann lässt er schlagartig von mir ab, setzt wieder seine Maske auf und wendet sich zum Gehen ab, Richtung Terrasse.
„Warte – bitte!“, durchschneidet Lexys Stimme aufgeregt den Raum. Überrascht sehe ich sie an, sogar Ritchie bleibt stehen, sieht sich jedoch nicht um. Sie räuspert sich und spricht dann weiter. „Ich ähm…“, sie hält inne, starrt Ritchies Rücken an und wirkt extrem unsicher, so habe ich sie noch nie erlebt. „Das vorhin war dumm von mir. Das tut mir leid.“ Ihre Stimme klingt fester, schon ein bisschen mehr so wie sie selbst. Und ihre Worte bewirken tatsächlich das Ritchie sich umdreht und sie mustert. Sein Blick ist weder freundlich, noch verärgert, sondern teilnahmslos. „Ist nochmal gut gegangen.“, erwidert er und will sich schon wieder abwenden. „Ja, ich äh…wollte danke sagen.“ Er sieht sie nur an und nickt und will sich schon wieder direkt abwenden. Er ist eindeutig an keinem Gespräch interessiert und das strahlt er auch offen aus. Doch Lexy lässt sich nicht beirren. „Bitte…was war das?“
Und er wartet erneut. Sieht allerdings nicht sie sondern mich an. Er will wissen, was ich für das Richtige halte. Sagt mir damit, dass sie meine Freundin ist und er es mir überlässt ob sie alles erfahren soll oder eben nicht. Aber mir ist klar, dass er nicht begeistert davon ist, alles preiszugeben. Aber Lexy hat so viel gesehen, ich bezweifele, dass sie locker lassen wird. Und ich denke auch, dass es richtig wäre, es ihr zu erzählen. Was könnte ich ihr sonst sagen? Was könnte ich ihr erzählen um das alles was vorgefallen ist zu erklären, außer der Wahrheit? Ja so sieht‘s aus, ich habe absolut keine Ahnung. Ritchie scheint auch nicht so, als würde er mir helfen eine Erklärung zu finden, er mustert mich nur unbeteiligt. Egal wie ich mich entscheide, er steht hinter mir, ob es ihm gefällt oder nicht. Das bestärkt mich darin und ich setze mich neben Lexy auf die Couch.
„Das ist eine lange Geschichte.“, beginne ich. Ihr Blick wandert von Ritchie zu mir und sie mustert mich abwartend. Nur um mir nochmal die Bestätigung zu holen, dass es okay ist, wenn ich sie aufkläre, suche ich Ritchies Blick. Er nickt einmal unmerklich, macht jedoch keine Anstalten irgendetwas zu sagen. Also bleibt es wohl tatsächlich an mir hängen alles zu erklären, obwohl ich doch selbst vielleicht gerade Mal einen kleinen Teil von dem erfahren habe, was hier wirklich vor sich geht. Ich atme einmal tief durch und beginne zu erzählen. „Lexy, was heute geschah ist Teil von etwas was Großem. Es wird verrückt klingen und du wirst mir zuerst bestimmt kein Wort glauben, dass macht es jedoch nicht weniger wahr.“
Als ich endlich geendet habe, ihr alles über Ritchie, seine Aufgabe und Geschichte, diesen Monstern oder besser gesagt Dämonen, Loki und seine heimtückischen Pläne mich zu entführen und auch über mich und diese Sache mit dem Licht erzählt habe, lehne ich mich erschöpft zurück. Natürlich musste ich ihr dann auch gestehen, dass ich nicht einfach am Flughafen zusammen gebrochen bin, sondern durch dieses helle Licht. Diesen ganzen Kram mit den Gefühlen und so weiter, lasse ich vorerst einfach mal weg. Lexy würde keine Ruhe geben bis sie alles weiß und ich bezweifle das Ritchie das gefallen würde. Ebenfalls bleibe ich bei der Geschichte mit dem Autounfall meiner Mutter. Ich will ihr nicht wirklich erzählen, dass Ritchie mich verschleppt und eingesperrt hat, um mich zu beschützen. Ich könnte natürlich behaupten, dass es meine Entscheidung gewesen wäre, doch das würde sie mir niemals glauben, egal wie sehr ich es bekräftigen mag. Sie kennt mich einfach zu gut, sie weiß ich würde niemals freiwillig nicht meiner Arbeit nachgehen.
Ritchie, der mit vor der Brust verschränkten Armen lässig gegen die Wand gelehnt dasteht, war mir tatsächlich keine große Hilfe, nur hin und wieder hat er mich verbessert und das auch nur nach Aufforderung. Ansonsten war er still wie immer. Lexy sieht von mir zu Ritchie und starrt ihn mit offenem Mund an. Dann schüttelt sie ungläubig den Kopf. „Ich wusste immer das mit dir irgendwas nicht stimmt, aber das…“, sie lacht sarkastisch auf, „…darauf wäre ich nie im Leben gekommen.“ Ritchie zieht gelangweilt eine Augenbraue hoch erwidert jedoch nichts. „Das ist echt hammerhart. Also war dieser schräge Vogel vorhin kein Mensch, sondern ein Dämon. Das erklärt natürlich einiges.“, fährt sie unbeirrt fort.
Ich will ihr gerade zustimmen, zögere dann jedoch. War er denn tatsächlich ein Dämon? Die die ich sonst gesehen habe, sahen alle absolut nicht menschlich aus. Wieso also er? Vielleicht war er also ein Mensch, der irgendwelche Zauberkräfte hatte. „Ich weiß nicht ob er ein Dämon war.“, spreche ich meinen Gedanken laut aus und sehe fragend zu Ritchie. Meine Güte in Gesellschaft ist er echt ein schwieriger Fall, ich spüre deutlich wie sehr es ihm widerstrebt überhaupt irgendetwas zu sagen. Er mustert mich und verengt leicht die Augen. Dann stößt er sich von der Wand ab und steckt die Hände in die Hosentaschen. „Er ist ein Dämon.“
Mir ist aufgefallen, dass er nicht in der Vergangenheitsform spricht, denn dieser merkwürdige Zauberer ist nicht wirklich tot, sondern schmorrt einfach nur wieder in der Hölle. „Ein dreister Mistkerl war das, am liebsten hätte ich ihm eine verpasst als er da vor sich her palavert hat von wegen versklaven. Wie kann er nur denken das er damit durchkommt?“, regt sich Lexy schon wieder über diesen schmierigen Zauberer auf. Ritchie fixiert sie und sein Blick ist alles andere als freundlich. „Er wäre damit durchgekommen, auch ohne diese Horde Spatzenhirne, wäre ich nicht da gewesen.“
Lexy zieht eine Schnute, erwidert jedoch nichts, da sie weiß, dass er Recht hat. Ritchie spricht von dem Zauberer, als wüsste er genau wer er ist und da fällt mir ein worüber die beiden sprachen, bevor der Kampf losging. Als würden sie sich kennen. „Du weißt wer er ist.“, stelle ich fest. Sein Blick wandert wieder zu mir. „Djinn.“, sagt er dann lediglich.
Ich runzele die Stirn. „Djinn, wie Djinni aus der Wunderlampe?“, frage ich weil ich mich zwangsläufig an den alten Disney-Klassiker erinnert fühle. Auch wenn er es nicht zeigt, ich fühle, dass ihn mein Vergleich amüsiert. „Mehr oder weniger.“ Erwartungsvoll sehe ich ihn an, warte darauf, dass er weiter spricht. Aber er bleibt stumm. Man ey, jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen. „Aber ist Djinni nicht eigentlich gut?“, frage ich um ihm auf die Sprünge zu helfen. Er sieht mich eindringlich an, die Flammen um seine Pupillen nehmen etwas zu. Er fühlt sich von mir herausgefordert, doch ich weiß solange Lexy bei mir ist, wird er nichts machen um mich zum Schweigen zu bringen. Das nutze ich jetzt einfach mal aus. „Mythos. Djinn war nie gut.“, gibt er zurück.
Ich seufze theatralisch auf und verdrehe die Augen. „Nun mach es nicht so spannend. Wer ist er?“ Ich spüre, dass sich etwas in ihm verändert und weiß genau, dass er mir in diesem Moment liebend gerne eine Lektion für mein Verhalten erteilen möchte. Doch er tut nichts, sieht mich nur mit leicht verengten Augen an und gibt schließlich tatsächlich nach, innerlich feiere ich eine Party über diesen Sieg, lasse mir das jedoch nicht anmerken, denn ich weiß, dass das ein Nachspiel haben wird. Das wird er nicht auf sich sitzen lassen.
„Er ist ein Versager. Hat nie eine Frau abbekommen. Und weil keine freiwillig auch nur in seine Nähe will, zwingt er sie einfach. Entführt sie, sperrt sie ein, misshandelt und missbraucht sie. Er hat sich freiwillig der Dunkelheit hingegeben und ist einen Pakt mit dem Teufel eingegangen. Dadurch hat er Kräfte bekommen, die es ihm erleichtern Frauen zu entführen. Er lässt sie einfach einschlafen. Der Typ hat keine Eier, es ist doch viel interessanter wenn die Frau sich schließlich doch freiwillig hingibt.“, er macht eine Pause und mustert mich eindringlich, versucht mich mit seinen Worten aus dem Konzept zu bringen und es klappt. Mein Herz setzt einen kurzen Moment aus, da er mir eindeutig mitteilen will, wie sehr er es genießt, dass ich ihn begehre. Ich versuche dagegen anzukämpfen rot zu werden, was ich natürlich nicht schaffe. Typisch!
Und Lexy hat alles mitbekommen, denn sie grinst mich schelmisch an, weiß sie doch genau wovon er redet. Ich habe ihr schließlich alles erzählt. Einfach nur peinlich. Auf Ritchies Lippen liegt ein ganz leicht angedeutetes Schmunzeln, man könnte es glatt übersehen. Doch ich nicht, weiß ich doch, dass er mir gerade knallhart eins ausgewischt hat. Wenigstens feiert er seinen Sieg nicht lange, sondern beginnt weiter zu erzählen. „Er hat seine Seele an einen dunklen Gegenstand oder Ort gebunden, über den Loki die Macht hat. Er kann nur hinaus, wenn sein Meister es erlaubt. Und das wird wohl lange nicht mehr geschehen.“
„Ganz sicher nicht du hast ihm ja auch ordentlich den Arsch versohlt.“, wirft Lexy ein und schluckt als sie daran zurückdenkt, was genau Ritchie mit dem Körper von Djinn angestellt hat. Absolut brutal, wie aus einem Horrorfilm. Das werde ich sicher nie vergessen und sicher werde ich davon träumen. Aber ich habe trotzdem keine Angst vor Ritchie. Djinn ist kein Mensch und egal was Ritchie mit ihm macht, er wird ihm niemals wirklich umbringen. Ich habe kein Mitleid mit ihm, auch wenn es grausam klingt, erst recht nicht nachdem ich weiß, was er getan hat. Das meinte er dann wohl damit, als er vor dem Kampf zu Ritchie sagte, er hätte sie ihm alle weggenommen. Er meinte die armen Frauen die er entführt und missbraucht hat. Loki hat sie ihm weggenommen. Was wohl mit ihnen geschehen ist? Ein Schauer läuft mir über den Rücken und ich verscheuche den Gedanken, kann ich doch überhaupt nichts gegen ihr trauriges Schicksal tun.
„Und das hast du auch nicht das erste Mal getan, stimmt‘s?“, frage ich ihn dann geradeheraus. Er nickt einmal knapp. „Stimmt. Ist lange her, ich hörte nur davon.“ Also war es tatsächlich in seinem…ersten Leben. Das klingt so merkwürdig, es so zu nennen, aber genau das ist es doch. „Was ist damals passiert?“ Ich weiß, dass er nicht gerade kommunikationsfreudig ist, aber ich bin wirklich neugierig was damals war. Und seine Stimmung ändert sich erneut. Anstatt sich herausgefordert zu fühlen, akzeptiert er es irgendwie einfach, er weiß, dass ich nicht aufhören werde. „Er sollte die Frauen der Krieger entführen, fand es aber wichtiger seine Kräfte mit mir zu messen. Ich habe ihn wohl einige Zeit in dem Glauben gelassen er hätte eine Chance, bevor ich es zu Ende brachte. Das hat ihn offensichtlich gekränkt.“, erzählt er, die letzten Worte mit einer Spur Sarkasmus. Und ich beginne zu lächeln. Natürlich hat er sich einen Spaß mit ihm erlaubt, nachdem ich ihn heute kämpfen sehen habe und gefühlt habe wie es ihm dabei ergeht, würde ich ihn auch tatsächlich genauso einschätzen. Ich nehme an, er hat auch heute keine Sekunde daran gezweifelt, Djinn fertig zu machen. Als ich sah, wozu er fähig ist, ich ebenfalls nicht.
„Ich wusste nicht, dass du so etwas kannst. Dieses Schutzschild und diese Feuerexplosion. Das ist wirklich beeindruckend.“, sage ich dann bewundernd und bin gerade mächtig stolz diesen Mann meinen Freund nennen zu dürfen. Ich bin wirklich die glücklichste Frau auf Erden. „Offensichtlich hast du mich unterschätzt, Nevia. Ich mache das alles schon ziemlich lange. Ich weiß was ich tue. Und ich brauche keine Hilfe von dir. Was war das? Ich konnte es spüren.“ Wie schnell die Stimmung dieses Mannes um schwingt ist wirklich erstaunlich. Denn er ist im Moment eindeutig verärgert und ich weiß auch genau warum. Weil ich meine neuen Kräfte eingesetzt habe. Er macht sich Sorgen, ich könnte erneut zusammenbrechen. Ich kann nicht erklären wie, aber dieses Mal war es anders. „Mir geht es gut. Irgendwie…konnte ich es kontrollieren. Ich weiß nicht wie ich das gemacht habe. Ich habe mich einfach nur konzentriert auf das was geschehen soll und es hat geklappt.“, sage ich zur Verteidigung.
Ritchie mustert mich eindeutig nicht überzeugt, nimmt meine Antwort natürlich nicht einfach so hin. „In Zukunft wirst du dich darauf konzentrieren, das nicht mehr zu tun.“ Ich mustere ihn etwas verdutzt und auch Lexy sieht ihn entrüstet mit hochgezogenen Augenbrauen an. Die Art wie er das sagt, lässt keine Zweifel. Das war keine Bitte. Das dieser Mann einfach in jeder erdenklichen Situation so ein dominanter Macho sein muss. Unmöglich. Wenn ich Ritchie mit meiner Macht helfen kann, dann werde ich es tun. Daran wird er mich niemals hindern können, ich werde nicht zulassen, dass er irgendwann vielleicht doch mal unterlegen ist. Das könnte ich nicht. Ich seufze auf und als ich das tue setzt sich Ritchie sofort in Bewegung, auf mich zu. Er greift nach meinem Kinn, zwingt mich ihn anzusehen. „Das ist kein Spiel Nevia. Es ist zu gefährlich.“
Ich weiß genau, dass dies kein Spiel ist. Und doch…ich kann helfen. Ich muss nur lernen es richtig zu kontrollieren. Heute war ein guter Anfang. Allerdings ist mir klar, dass er nicht locker lassen wird, bis ich ihm zustimme. Und weil ich jetzt wirklich keine Lust auf eine hitzige Diskussion habe, in der er mich höchstwahrscheinlich sowieso niederringt, nicke ich schließlich, kreuze aber die Finger hinter dem Rücken. Ich weiß, dass klingt kindisch, aber irgendwie fühle ich mich dadurch, weniger schuldig durch diese Lüge. Zum Glück kann er im Moment nicht fühlen was in mir vorgeht. Sonst wäre ich sofort aufgeflogen. Er ist aber auch so ein Sturkopf. Aber ich weiß ja, dass aus ihm nur die Sorge um mich spricht, deshalb macht ihn das auch irgendwie direkt wieder liebenswert.
Er sieht mich noch einige Sekunden eindringlich an, bevor er nickt und von mir ablässt. Wortlos wendet er sich ab und hält auf die Terrassentür zu. „Wo gehst du hin?“, frage ich ihn, bevor er einfach verschwinden kann. Er hält inne, wendet sich mir jedoch nicht zu. „Meine Schwerter reinigen.“ Und dann geht er hinaus ohne eine Antwort abzuwarten.
„Du weißt gar nicht wie viel Respekt ich davor habe, dass du diesen Mann aushältst.“, wirft Lexy ein und sieht mich schmunzelnd von der Seite an. „Ich halte ihn nicht aus Lexy.“, sage ich abwehrend, denn jede Sekunde die ich mit ihm zusammen bin, fühle ich mich wie ein anderer Mensch. Sie lacht leise und schüttelt dann den Kopf. „Ich weiß Nevia. Ich kann es sehen. Er macht dich glücklich. Und du ihn.“
Ich sehe sie leicht verwundert an. Ist das so offensichtlich? Als könnte sie Gedanken lesen, antwortet sie mir auf meine Frage. „Jeder Blinde könnte sehen, dass das zwischen euch beiden, etwas ganz Besonderes ist.“ Ich werde leicht rot. Ist das so? Er ist doch immer so abweisend, wie kann man da auf die Idee kommen, da wäre mehr von seiner Seite aus? Ich meine mir sieht man garantiert zu hundert Prozent an, wie sehr ich ihm verfallen bin. Aber ihm? Eher nicht.
„Vor ein paar Stunden warst du noch anderer Meinung.“, sage ich und versuche somit einfach das Thema zu beenden. Doch sie lässt das nicht so im Raum stehen. „Ja schon. Aber wenn man euch länger zusammen sieht, ist es unverkennbar. Er ist anders in deiner Gegenwart. Was ich heute hier gesehen habe...“, sie hält kurz inne und lächelt mich aufrichtig erfreut an, „…er ist verrückt nach dir. Zwar ist und bleibt er in jeglicher Hinsicht Jack Frost persönlich, aber du bringst zumindest einen kleinen Teil des Eises in ihm zum Schmelzen. Irgendwie schaffst du es ihm Leben einzuhauchen, das verwirrt ihn und überfordert ihn auch teilweise das konnte man ihm deutlich ansehen.“ Sie kichert auf bei dem Gedanken, wie schwer er sich tat, überhaupt irgendetwas zu sagen. Und auch ich beginne zu schmunzeln.
Ich hatte ganz vergessen, was für eine gute Menschenkenntnis meine beste Freundin doch hat. Sie hat von Anfang an gesagt, dass Ritchie etwas für mich übrig hat. Ich wollte ihr nur nicht glauben. Hätte ich es getan, wäre alles so viel anders gelaufen. Einfacher vielleicht, mit weniger Kummer. Aber ich musste es wohl auf die harte Tour erfahren. In Zukunft werde ich mehr auf die Meinung meiner Freundin vertrauen, bevor ich auf stur schalte. „Er ist gesprächiger wenn wir alleine sind. Er ist es nicht gewohnt so viel von sich preiszugeben.“, erkläre ich ihr sein Verhalten.
Sie nickt. „Merkt man. Was ihn wohl dazu gebracht hat, so zu werden wie er ist?“ Ich sehe sie nur an und zucke die Schultern. Ich werde nicht so weit gehen und ihr von seiner Kindheit erzählen. Immerhin kann auch ich nur spekulieren, was damals mit ihm geschah, hat er doch auch mit mir noch nicht darüber gesprochen. Und ich schätze, dass er das auch noch immer nicht vor hat zu ändern.
„Er ist sozusagen der Herkules der Neuzeit. Wirklich abgefahren. Er muss wohl schon ziemlich viel Scheiße durch haben. Jetzt kann ich es wenigstens ein bisschen besser nachvollziehen, warum er so ist. Jetzt kann ich ihn irgendwie besser einschätzen.“ Ritchie einschätzen? Ich bezweifele, dass irgendwer das tut, denn er hat einfach so viele Facetten, da blicke selbst ich noch nicht durch. Ich ziehe die Augenbrauen hoch und schmunzele amüsiert. „Man kann Ritchie nicht einschätzen.“ Meine beste Freundin kichert leicht vor sich hin, bevor sie mir nickend zustimmt. „Da hast du wohl Recht…“, sie hält einen Moment inne, bevor sie weiterspricht. „…Nevi ich freue mich wirklich sehr für dich.“
Dankbar sehe ich meine beste Freundin an. Ich weiß genau wie aufrichtig sie ihre Worte meint und es bedeutet mir wirklich viel, dass Lexy voll und ganz hinter mir und meinen Entscheidungen steht. Aber am wichtigsten ist mir, dass sie Ritchie, trotz all seiner Macken und der Tatsache das er ein brutaler Killer ist – im guten Sinne, als den Mann an meiner Seite gutheißt und sich ehrlich freut. Ein schwarzer Schatten in meinem Augenwinkel, lässt mich aufblicken. Ich sehe an Lexy vorbei in den Garten und entdecke den riesigen Wolf vor der Glastür sitzen. Lächelnd springe ich auf, greife Lexys Hand und ziehe sie hoch. Als sie erkennt was ich vorhabe, stemmt sie sich mit ihrem ganzem Gewicht nach hinten, sodass ich sie nicht mitziehen kann.
„Hey Nevia, nichts für ungut, aber das ist ein wirklich monströser Wolf. Ich bin mir nicht sicher ob ich dem zu nah kommen will.“ Ich kichere vor mich hin und mustere Lexy herausfordernd. „Was denn? Hati ist zwar riesig und ein Wolf, aber er wird uns nichts tun. Du willst mir doch nicht sagen, dass du Angst hast?“ Ich ziehe sie auf, weil Lexy sonst in wirklich jeder erdenklichen Situation einen klaren Kopf behält. Aber in diesem Moment, sehe ich sie zum ersten Mal etwas eingeschüchtert und das finde ich einfach urkomisch. Nagut, sieht man es von der Seite, dass sie gerade erst aufgeklärt wurde was wirklich abgeht, ist sie wirklich noch sehr locker. Wenn ich bedenke wie ich reagiert habe. Lexy bedenkt mich ihrerseits nur mit einem sarkastischen Grinsen und streckt mir die Zunge raus.
„Vertrau mir. Er ist eigentlich ein kuschliger Teddybär in Übergröße.“, sage ich und öffne die Tür ohne weiter darüber nachzudenken. „Naja, so sieht er aber nicht aus, mit den spitzen Zähnen und den langen Krallen…“, ich unterbreche sie, bevor sie sich noch mehr Angst einreden kann. „Hör auf zu spinnen Lexy.“ Ohne einen weiteren Blick zurück trete ich hinaus und lege die Arme um Hatis starken Hals. „Geht es dir gut?“, frage ich in sein Fell hinein, das noch etwas feucht ist.
Ich verstehe die Frage nicht. Ich löse die Arme von ihm und sehe aufmerksam in das Gesicht des Wolfes. Das Feuer seiner Augen lodert beständig und dieses typische wölfische Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus. Ich lache leise und kraule den Wolf hinter dem rechten Ohr, der den Kopf senkt und genießerisch die Augen schließt. Ich sehe zu Lexy und lächele ihr aufmunternd zu. Noch immer stutzig tritt sie einen Schritt näher. Augenblicklich öffnet Hati die Augen und mustert sie. Nicht bedrohlich oder angsteinflößend, sondern einfach nur neugierig. Lexy tut es ihm gleich und so verharren sie eine Minute, bevor Hati mich ansieht und ich die unausgesprochene Frage in seinen Augen sehe. „Es ist okay.“, gebe ich ihm grünes Licht. Und er zögert auch nicht lange. Hab bitte keine Angst vor mir.
Lexy reißt überrascht die Augen auf und sieht den Wolf mit offenem Mund an, sagt jedoch nichts. Man nennt mich Hati. Die Augen meiner besten Freundin werden noch größer. „Nevi, ich glaube der Wolf hat gerade mit mir gesprochen.“, gibt sie aufgeregt und völlig überrumpelt von sich. Ich wusste, dass sie so reagieren wird und auch das finde ich einfach nur zum todlachen. Ich grinse über beide Ohren und spreche Lexy gut zu. „Jetzt sei nicht so ein Angsthase. Auch Hati hat dir das Leben gerettet. Er ist auf unserer Seite.“ Kurz sieht sie mich abschätzend an, bevor sie ihren Entschluss fasst und langsam näher kommt. Vorsichtig streckt sie die Hand aus, der Wolf lässt den Kopf gesenkt und hält still um sie nicht zu erschrecken. Und dann berührt sie ihn an der Stirn und lässt die Hand dort. Aufmerksam sucht sie Hatis Blick. Und als sie merkt, dass er tatsächlich nicht vorhat zu zuschnappen und ihr die Hand abzubeißen, wird sie mutiger und beginnt sanft über Hatis Kopf zu streicheln. Erstaunen huscht über ihr Gesicht. „Wow, sein Fell ist ganz weich.“
Ich nicke zustimmend. Langsam breitet sich ein Lächeln auf Lexys Gesicht aus und sie beginnt Hati hinter dem linken Ohr zu kraulen, während ich dasselbe mit dem rechten tue. Die Augen des Wolfes schließen sich wie automatisch. So lässt es sich leben. Meine beste Freundin und ich fangen zeitgleich an zu lachen und es fühlt sich so normal und so befreiend an so heiter und ausgelassen mit ihr zu lachen, dass ich am liebsten gar nicht aufhören würde.
Aus Hatis Kehle kann ich deutlich eine Art Schnurren hören, sodass ich ein wenig zweifele ob er tatsächlich ein Wolf ist und keine Katze. Fehlt nur noch das er anfängt zu miauen. Lexys und mein Blick treffen sich und ich kann sehen, dass sie dasselbe denkt. Was uns nur noch einmal heftig zum Lachen bringt. Hati hat recht: So lässt es sich wirklich leben. Trotz allem was vorgefallen ist, haben wir unseren Humor und Spaß nicht verloren. Besser ist es auch. Im Endeffekt können wir nichts daran ändern, dass diese ganzen Mythen und Legenden gar nicht so viel Mythos und Legende ist. Dass an ihnen so viel mehr Wahres dran ist, als wir uns jemals zu träumen gewagt haben. Und das diese Wahrheit unglaublich gefährlich und unheimlich ist. Wir machen einfach das Beste daraus. Darüber bin ich wirklich froh. Ich könnte mir Lexy auch nicht als zusammen gekauertes Nervenbündel vorstellen.
Die Ohren des Wolfes beginnen unkontrolliert zu zucken unter unseren Streicheleinheiten. Da öffnet Hati die Augen und hebt den Kopf. Ich werde euch jetzt alleine lassen. Ritchie ruft mich zu sich. Lexy runzelt perplex die Stirn. „Achja? Ich habe gar nichts gehört.“ Ich kann mir ein Kichern nicht verkneifen, bevor ich sie aufkläre. „Dummerchen, sie reden telepathisch miteinander.“ Lexys Blick erhellt sich, als sie versteht und nickt. „Klar!“ Hati gibt noch ein amüsiertes Schnauben von sich, bevor er sich erhebt und von dannen zieht.
Ich seufze und strecke entspannt die Arme in die Luft und lasse mich dann einfach ins Gras plumpsen. Lexy grinst und tut es mir gleich, während wir dem Wolf hinter sehen. Es ist so wunderbar, dass ich endlich keine Geheimnisse vor Lexy haben muss. Ich habe mich mit der ganzen Geheimnistuerei wirklich nicht wohl gefühlt, merke jedoch erst jetzt welch ein Luxus Ehrlichkeit doch ist. „Weißt du Lexy, ich bin unheimlich froh, dass ich nicht mehr lügen muss. Also ich meine, dass ich endlich mit dir darüber reden kann.“
„Ja, das kann ich mir vorstellen. Ich könnte so eine Sensation glaube ich nicht so leicht für mich behalten.“ Alle meine Alarmsirenen springen an. Ich muss Lexy unbedingt zu Recht weisen. „Du darfst niemanden davon erzählen. Auch nicht Brant. Das musst du mir versprechen Lexy, bitte.“ Lexy seufzt ergeben auf. Doch dann nickt sie. „Ich habe schon befürchtet, dass sowas kommt. Ich verspreche das ich nichts sage Nevi. Aber das wird mir unheimlich schwer fallen, da kannst du dir sicher sein.“ Ich muss schmunzeln. Das ist typisch für meine beste Freundin. Ein wahres Plappermaul. Aber ich liebe sie dafür. „Tut mir leid Darling, aber niemand außer Ritchie hat das Recht dazu die Leute darüber aufzuklären. Zumal es vielleicht nicht so ratsam wäre durch die Straßen zu laufen und zu rufen: Achtung Leute, die Monster sind unter uns. Verriegelt nachts die Fenster, versperrt die Türen und kommt erst dann wieder raus wenn die Sonne aufgeht.“
Lexy krümt sich vor Lachen und ich steige heiter mit ein. Wir lachen so lange das mir sogar schon der Bauch wehtut Tränen meine Wangen hinab laufen und ich das Gefühl habe, dass ich morgen einen heftigen Muskelkater in meinen Gesichtsmuskeln habe. Aber es tut so gut. Als wir uns langsam wieder beruhigen, lasse ich den Tag noch einmal Revue passieren. Ich kann mich nur immer wieder darüber wundern, das Lexy alles so leicht weg steckt. „Lexy, geht es dir wirklich gut?“ Sie schmunzelt und zuckt die Schultern. „Klar, warum auch nicht?“ Ich ziehe argwöhnisch die Augenbrauen hoch. „Naja, ich war ein halbes Wrack als ich das alles erfahren habe. Wie kannst du nur so cool bleiben?“
Sie zuckt erneut die Schultern. „Weißt du, ich habe ehrlich keine Ahnung. Vielleicht liegt es daran, dass Ritchie auf unserer Seite ist. Er scheint alle im Griff zu haben. Vielleicht bin ich aber auch einfach ein bisschen bescheuert.“, sagt sie dann und ich komme nicht umhin ihre Lockerheit zu bewundern. Manchmal wäre ich gerne nur kleines bisschen mehr wie sie. Bevor ich weiter darüber grübeln kann, reißt mich ein merkwürdig fiepender Ton aus meinen Gedanken. Klingt fast ein bisschen wie Walgesänge, aber wirklich auch nur ein bisschen. Das kann ja eigentlich nur Ritchie auf seiner Gitarre sein. Auch Lexy spitzt neugierig die Ohren und sieht mich dann aufgeregt an. „Oh mein Gott, ist das Ritchie?“ Ich nicke, doch bevor ich etwas erwidern kann ist Lexy schon auf den Beinen und zieht mich hoch. „Hey, jetzt sei doch nicht so hektisch.“, rufe ich harsch aus. Doch Lexy überhört mich mal wieder gekonnt zerrt mich geradewegs auf den Pavillon zu hinter sich her und flötet fröhlich: „Juhu, jetzt bekomme ich auch noch ein Privatkonzert. Das nenne ich mal einen gelungenen Abend.“
Ein letztes Mal streiche ich mit dem Mikrofasertuch über die Klinge und begutachte dann mein Werk. Meine Schwerter glänzen wieder, sehen aus wie neu, als hätte nie das räudige Blut dieser Missgeburten an ihnen geklebt. Zufrieden stecke ich sie in die Scheiden um meine Hüfte zurück und nehme mir meinen Laptop zur Hand. Vor einer halben Ewigkeit habe ich einen Song komponiert zu dem ich einfach keinen passenden Text gefunden habe. Doch jetzt sehe ich ihn quasi bildlich vor mir. Schnell sind die Zeilen nieder geschrieben und ich gehe nochmal alles in Ruhe im Kopf durch.
Ich überlege ob ich den Song einmal durch spielen soll, doch entscheide mich dagegen, möchte ich doch lieber auf diesen dummen Hund warten der mich überhaupt erst dazu inspiriert hat. Doch es wird wahrscheinlich noch ein paar Minuten dauern bis er zurück ist. Also lasse ich die Gedanken schweifen, natürlich muss mir zwangsläufig Blondie in den Sinn kommen. Ich bin ehrlich nicht begeistert, dass ausgerechnet sie nun zum Kreis der Wissenden gehört. Die Tratschtante Nummer eins. Ich hoffe, dass sie in dieser Hinsicht den Mund halten wird. Ich glaube nicht, dass die Jungs sehr angetan davon wären zu erfahren, dass der Kerl von dem sie dachten ihn schon Jahre zu kennen plötzlich ein ganz anderer ist. Und das noch von jemand anderem. Nein, auf diese Auseinandersetzung kann ich wirklich verzichten. Ich hoffe das Nevia ihr in dieser Hinsicht in Kopf wäscht. So wie ich sie kenn, hat sie das sicher. Also kann ich nur darauf vertrauen das Barbie Stillschweigen bewahrt. Wunderbar. Aber wenn Nevia ihr vertraut, dann werde ich das wohl auch tun müssen.
Ich kann spüren, dass sich Hati inzwischen in der Nähe befindet, um es besser zu sagen sitzt er vor der Terrasse und lässt sich von den beiden Ladies verwöhnen. Blöder Köter, viel lieber hätte ich Nevias zarte Hände überall auf mir, sie unter mir und meinen besten Freund endlich in ihr. Doch das wird mir wohl heute Nacht nicht vergönnt sein, da Miss ich bin blöd, blond und aufdringlich die Nacht hier verbringen muss. Und das nur, weil diese Frau so unfassbar stur sein muss und nicht geht wenn ich es ihr sage. Ach fuck off, es bringt ja doch nichts sich darüber aufzuregen außer Kopfschmerzen. Ich werde mich auf jeden Fall nicht von ihr einschränken lassen. Auch wenn ich nur ungerne meine Musik mit anderen außer Nevia und Hati teile, werde ich gleich spielen. Ob sie es hört oder nicht. Hoffentlich kann Barbie wenigstens einmal ihre Neugier in Zaum halten und bleibt wo sie ist. Ich habe wenig Lust jetzt auch noch den Rest des Abends mit ihr zu verbringen.
Langsam werde ich allerdings etwas ungeduldig, da der Wolf so gar keine Anstalten macht, sich von den Frauen zu lösen und seinen Arsch hier rüber zu bewegen. ‚Wolf tanz an sofort!‘ Ich weiß ich könnte etwas netter zu ihm sein, aber das ist einfach nicht meine Art. Wird sich wohl nie ändern ob Freund oder nicht. Hati antwortet nicht, stattdessen ist er kurz darauf auch schon am Start. „Wurde aber auch Zeit.“, beklage ich mich gespielt. Hati zeigt mir sein wölfisches Grinsen. ‚Tut mir leid, ich ziehe die Gesellschaft zweier hübscher Damen deiner eben vor.‘ Ich verenge die Augen, schmunzele jedoch leicht über seine Antwort. Eigentlich kann ich es ihm ja nicht verdenken, aber eben nur eigentlich. „Reiß das Maul besser nicht zu weit auf, sonst stopfe ich es dir, versprochen.“ Hati gibt nur ein amüsiertes Schnauben zurück geht dann aber nicht weiter darauf ein. ‚Also Meister, was genau kann ich für dich tun?‘ Er weiß genau wie er mich provozieren kann, ich sage ihm ja nicht zum ersten Mal, er soll mich nicht Meister nennen. Doch jetzt gerade will er mich einfach nur Ärgern. Ich beschließe es einfach zu überhören. „Da wüsste ich was. Schaff mir Barbie vom Hals.“, sage ich während ich mich erhebe und nach meiner Gitarre greife. ‚Wieso? Magst du sie nicht? Ich finde sie ganz nett.‘
„Nett. Dir ist klar, das nett die Schwester von scheiße ist?“, erwidere ich mit einer Spur Sarkasmus in der Stimme. Der Wolf verzieht leicht sein Gesicht und verdreht die Augen. ‚Witzbold.‘ Ja,ja ich weiß das ich keinen Humor habe, wenn überhaupt schwarzen, so wie meine Seele, aber das ist mir auch herzlich egal. „Wie auch immer. Schnauze zu, Lauscher auf!“, beende ich somit dieses Gespräch, setze mich wieder auf die Stufen des Pavillons und starte das Instrumental auf dem Laptop. Noch dringt kein Ton aus den Lautsprechern, da hier zuerst ein kurzes Gitarrensolo das Intro einleitet. Beziehungsweise eher ein paar Schrille Töne, die richtig gespielt jedoch sehr melodisch klingen. Dafür lasse ich meine Finger sanft verschiedene Saiten auf dem Gitarrenhals hinabstreichen. Dabei verharre ich an einigen Stellen und lasse meinen Finger auf der Saite zittern, bringe sie somit meine Lady somit zum Singen. Das Instrumental setzt ein erst sanft das Keyboard, kurz darauf beginnt das Schlagzeug, gibt den Takt vor und zuletzt der Bass. Ich streiche noch einige Male über die Saiten, höre auf zu spielen, schließe die Augen und beginne zu singen.
„Follow through
Make your dreams come true
Don't give up your fight
You will be alright
'Cause there's no one like you in the universe
Don't be afraid
What your mind conceives
You should make a stand
Stand up for what you believe
And tonight
We can truly say
Together we're invincible”
Als es in den Refrain über geht, beginne ich auf meiner Lady zu spielen, ruhig passend zur Melodie und Stimmung des Songs.
„During the struggle
They will pull us down
But please, please
Let's use this chance
To turn things around
And tonight
We can truly say
Together we're invincible“
Der Refrain endet, dabei spiele ich nun etwas energischer lasse den Song langsam aber sicher aufgehen wie eine Blüte. Kurz öffne ich die Augen um Hati zu mustern und er hat auch schon längst verstanden was die Message dieses Songs ist und das ich ihn sozusagen für ihn geschrieben habe. Er wedelt freudig mit seinem Schwanz und nickt den Kopf zum Takt der Musik. Es gefällt ihm. Doch leider muss ich auch feststellen, dass er nicht mehr mein einziger Zuschauer ist. Nevia und Barbie stehen neben ihm. Die eine mustert mich begeistert und liebevoll die andere völlig aus dem Häuschen. Sie hat wohl nicht erwartet, dass ich singe. Ich lasse mich nicht von der Blondine beirren und mache einfach im Text weiter.
„Do it on your own
It makes no difference to me
What you leave behind
And what you choose to be
And whatever they say
Your soul's unbreakable
During the struggle
They will pull us down
But please, please
Let's use this chance
To turn things around
And tonight
We can truly say
Together we're invincible
Together we're invincible”
Genug mit dem Vorspiel, nun berühre ich die Saiten meiner Lady hart und bringe sie klangvoll zum Schreien, wie es sich gehört bei einem ordentlichen Instrumental Break. Auch Bass, Schlagzeug und Keyboard geben Vollgas. Dabei geht Barbie richtig ab, beginnt zu tanzen und ruft immer wieder: ‚Das ist der hammer‘ und ‚Oh mein Gott ich krieg mich nicht ein‘. Nevia lehnt sich leicht gegen Hati, mustert abwechselnd amüsiert ihre Freundin und mich bewundernd. Fuck liebend gerne würde ich sie so tanzen sehen, aber so wie ich sie kenne würde sie sich bestimmt genieren. So ganz ohne Alkohol. Ich verscheuche den Gedanken und haue nochmal kräftig in die Saiten bevor ich das Solo mit einem hellen Ton ankündige. Sanft klimpere ich mit der linken Hand auf den Saiten des Gitarrenhals während ich mit der rechten Hand bestimmte Saiten auf dem Gitarrenhals antippe und somit meine Lady diese Strophe für mich singen lasse. Mit viel Getöse gehe ich wieder in den Refrain über.
„During the struggle
They will pull us down
Please, please
Let's use this chance
To turn things around
And tonight
We can truly say
Together we're invincible
Together we're invincible”
Noch ein paar Mal kräftig in die Saiten hauend, lasse ich den Song letztendlich ausklingen und mustere dann Hati. Der zeigt mal wieder sein wölfisches Grinsen. ‚Wahre Worte. Schön, dass du es auch endlich einsiehst. Ich fand es klasse. Vielen Dank Ritchie.‘ Ich wie, dass er mich mit seinen ersten Worten wieder nerven wollte, aber er ist ehrlich dankbar, deshalb lasse ich es noch einmal so durchgehen. Außerdem hat er ja irgendwie Recht. Hat lange gedauert bis ich eingesehen habe, dass ich mit ihm noch viel stärker bin. Und somit auch Nevia viel effektiver beschützen kann. Sicher wäre ich heute auch alleine klargekommen. Djinn und seine Meute Spatzenhirne waren stark, jedoch nicht stark genug. Aber man muss ja keine unnötigen Risiken eingehen. Außerdem gewinne ich sowieso viel lieber haushoch, als nur knapp.
„Wow! Das gibt’s doch gar nicht.“, beginnt Barbie laut und schrill und vor allem nervig und beginnt zu kichern. „Wer hätte das gedacht? Du bist auch immer wieder für Überraschungen gut. Ritchie, das war toll. Ich meine ich wusste, dass du ein mega Songwriter bist, aber das war eindeutig ein Meisterstück. Hast du das alles selber gemacht? Und dann aufgenommen? Und über die Boxen wiedergegeben. Oh man, das ist so cool. Warum habt ihr das nie veröffentlicht? Das hätte Rekorde gebrochen, dass versichere ich dir. Und wahrscheinlich wochenlang Platz eins in den Charts gehalten. Und wenn Brant das erst einmal singt. Also nichts für ungut Ritchie, du hast eine hammer Stimme, aber Brants, hach, die bringt mich jedes Mal zum Schmelzen. Naja vielleicht liegt es auch daran das ich bis über beide Ohren in den Jungen verschossen bin, aber…“
Fuck, ich verenge angepisst die Augen, möchte am liebsten in ein Loch kriechen, nichts sagen, nichts sehen und nichts hören wie diese bekloppten drei Affen. Oder es soll mich einfach einer erschießen aber bitte, BITTE, bringt dieses Weib dazu endlich still zu sein. Wie zum Teufel hält Brant diese Frau nur aus? Hier trifft wohl eindeutig das berühmte Sprichwort zu. Liebe macht blind. Hilfesuchend wende ich meinen Blick zu der Frau die jede Faser meines Körpers im Sturm erobert hat. Trotzdem bin ich mir sicher, dass so ein dummes Klischee nicht auf mich zu treffen kann. Nevia ist nahezu perfekt. Ihre weiblichen, weichen Rundungen, die in dem Stück Stoff, was sich angeblich Kleid schimpft, wunderbar zur Geltung kommen. Ihre sanfte, melodiöse Stimme, der ich den ganze Nacht lang zuhören könnte. Und ihr einzigartig zurückhaltender, jedoch charmant naiver Charakter der mich immer wieder um den Finger wickelt. Sie ist ganz und gar perfekt es gibt absolut nichts was mich an ihr stören könnte. Shit, Liebe macht mich nicht blind, sondern zum Romantiker. Ich und ein Romantiker, wer hätte das Gedacht? Alles für mein Mädchen, aber auch nur für sie. Andere Frauen sind nur Plastikpüppchen, doch sie ist eine der wenigen aus edlem Porzellan und muss besonders vorsichtig behandelt werden. Fuck Junge, das war einer zu viel. Das ganze Romantiker-Ding nimmt jetzt schon ein kleines schwules Ausmaß an und soweit werde ich es auch für sie nicht kommen lassen.
Meine Göttin, die mich erst mitleidig und entschuldigend ansieht, wird plötzlich ganz rot im Gesicht und findet plötzlich irgendetwas an Hatis Ohr extrem interessant, hinter dem sie ihn schon die ganze Zeit gedankenverloren gekrault hat. Der Wolf genießt einfach wortlos und mit geschlossenen Augen die Streicheleinheiten. Glücklicher Mistkerl. Ein leichtes Schmunzeln stiehlt sich mit trotzdem auf meine Lippen. Ich habe mich noch nicht daran gewöhnt, dass sie fühlen kann was in mir vorgeht. Nicht, dass es mich stören würde. Es erleichtert vieles, sie versteht mich ohne, dass ich etwas sagen muss. Das bedeutet nicht, dass ich nicht mehr mit ihr sprechen will, aber ich fühle Dinge, die ich nicht so richtig in Worte zu fassen weiß. Ich bin halt leicht gefühlsamputiert. Außerdem kann jetzt auch nicht gerade behaupten, dass es mir leid tut sie in Verlegenheit zu bringen. Ist genau das, doch eines meiner neuen und liebsten Hobbys.
Eher um sich selbst, als mich aus dieser Situation zu retten gebietet sie Barbie dann doch endlich Einhalt. „Lexy ist gut jetzt. Komm mal wieder runter und kau dem armen Mann nach diesem harten Kampf kein Ohr ab. Du siehst doch das ihn das überfordert.“ Ich hebe sarkastisch eine Augenbraue. Da will das freche Biest mir doch tatsächlich eins auswischen. Ich und überfordert? Ich finde ich habe mich dann doch ganz gut aus der Situation gerettet, indem ich mich in Fantasien zu ihr verloren habe. Barbie erfolgreich ausgeblendet. Also wer hier überfordert ist, bin ganz sicher nicht ich und das wissen wir auch beide. Barbies Blick wandert von Nevias roten Gesicht zu mir und zurück und runzelt dann die Stirn.
„Also ich weiß ja nicht was da gerade zwischen euch vorgefallen ist, was mir entgangen ist, aber überfordert siehst hier eigentlich nur du aus Nevi-Schätzchen.“ Genial! Wären wir unter uns, würde ich jetzt lachen, aber da ich Barbie nicht zu uns zähle unterlasse ich das mal, lasse meine Augenbraue wieder sinken und sehe abwartend meine Prinzessin an die nur noch röter wird. Einfach herrlich. Da weder ich noch Nevia irgendetwas erwidern, reißt Blondie einfach wieder das Wort an sich. „Ja, ja wie auch immer. Also Ritchie bitte, spiel noch einen Song. Ich muss unbedingt mehr davon hören. Das ist wie eine Droge. Ich bekomme einfach nicht genug davon. Ich könnte…„
Durchzug! Mehr will und kann ich mir von dem Gequatsche nicht anhören. Soweit kommt es noch, dass ich für Madame Blondie auch noch etwas spiele. Nevias leises Räuspern lässt mich aufschauen. Sie sieht mich mit ihrem unschuldigen Blick an dem ich nichts abschlagen kann. Das ist absolut nicht fair. „Möchtest du nicht noch einen Song spielen?“ Ich mustere sie noch einen Moment undurchdringlich, sie hatte mich schon bei ihrem Hundeblick, aber sie soll nicht denken, dass ich so leicht nachgebe. Doch an dem Glitzern in ihren hübschen Augen erkenne ich, dass auch sie schon längst die Antwort weiß. Tja, manchmal ist dieses Gefühls-Ding eben doch nicht so vorteilhaft. „Und außerdem habe ich Lust zu tanzen. Und Nevi auch, wir sind beide ganz scharf darauf.“, versucht mich Blondie immer noch zu überreden.
„Barbie, halt endlich die Klappe. Sonst mache ich gar nichts.“ Und ach sieh da, schon hält sie den Schnabel. Wurde ja auch Zeit. Immerhin weiß sie gute Musik zu würdigen und weiß wofür es sich lohnt kostbare Zeit zu opfern in der sie nicht pausenlos vor sich hin plappern kann. Absolut anstrengende, nervige Alte. Die würde ich nicht mal mit der Kneifzange anfassen. Zum Glück muss ich das auch nicht. Lieber, ja viel lieber würde ich jetzt meine wunderschöne Frau tanzen sehen zu meiner Musik. Auf dieses Angebot komme ich sehr gerne zurück. „Also wie war das mit dem tanzen?“ Mein Blick sucht ganz automatisch den ihren. Und schon wieder ist sie rot wie eine Tomate. „Das habe nicht ich – also ich meine, ähm…ich will doch gar nicht tanzen.“ Ich liebe es wenn sie sogar über ihre eigenen Worte stolpert vor Verlegenheit.
„Ach jetzt hör doch auf zu spinnen Nevi, lass den Mann seinen Song spielen und dafür tanzt du ein bisschen für ihn. Ist doch nichts dabei. Du sollst dich doch nicht gleich dabei ausziehen.“ Mit glühenden Wangen keucht Nevia erschrocken auf. Die Blondine runzelt verwirrt die Stirn und schüttelt dann energisch den Kopf. „Man Schätzchen jetzt mach dich mal locker, sei mal ein bisschen sexy. Zeig mal deinem Macker was du so zu bieten hast und schwing die Hüfte für ihn.“
Jetzt kann ich mir ein Schmunzeln nicht mehr verkneifen, das ist einfach zu köstlich. Da muss ich noch einen drauf setzen. „Ja Schätzchen schwing die Hüfte für mich. Ich bin ganz scharf drauf.“ Blondie klatscht theatralisch in die Hände und spielt das Spiel weiter. „Da hast du’s Nevi. Sei ein braves Mädchen und mach deinen Mann scharf.“ Nevia versteckt das Gesicht in ihren Händen und wimmert leise, gequält dahinter auf. Zeitgleich grummelt Hati mürrisch vor sich hin und öffnet wieder die Augen, weil Nevia ihn nicht mehr streichelt. „Lexy bitte, hör auf damit.“
„Nevia, mein Liebstes Kind. Das ganze wäre gar nicht so weit gegangen wenn du dich nicht so anstellen würdest. Also pass auf: Ich möchte noch einen Song hören und unser guter Ritchie hier, würde auch noch einen spielen. Aber nur unter einer Bedingung. Er möchte das du tanzt, habe ich Recht Ritchie?“ Auch wenn mir diese Frau gewaltig auf den Zeiger geht, jetzt gerade ist sie meine wichtigste Schachfigur auf dem Brett. Wenn ich mich an sie halte, sehe ich Nevia bestimmt noch tanzen. Und ich will sie tanzen sehen. Also zögere ich nicht lange und nicke zustimmend.
„So Nevia alles hängt von dir ab, ob ich heute noch einen Song hören darf oder nicht. Also?“ Meine wunderschöne Prinzessin sieht von Blondie, zu mir und wieder zurück. Das wiederholt sie einige Male kaut dabei auf ihrer vollen Unterlippe. Irgendwie tut sie mir ja ein bisschen leid. Aber der Wunsch sie tanzen sehen zu wollen ist eindeutig größer. Nun beteiligt sich auch der Wolf mal an dem Gespräch. ‚Das bringt doch alles nichts. Eine richtige Lady muss man ordentlich zum Tanzen auffordern. Also Nevia, möchtest du mit mir tanzen?‘ Nun völlig überrumpelt schnalzt sie mit der Zunge und mustert Hati mit offenem Mund. „Das kann doch nicht wahr sein, jetzt du auch noch? Habt ihr euch gegen mich verschworen? Okay, okay, ihr habt gewonnen. Ich werde tanzen. Auch wenn drei gegen einen total unfair ist. Und ich mich komplett zum Affen machen werde.“
Barbie beginnt schallend zu lachen und auch Hati grinst schwanzwedelnd vor sich hin. Doch ich kann sie nur mit leicht verengten Augen ansehen. Wo denkt sie hin? Zum Affen machen? Sie? Ich bezweifele, dass das überhaupt möglich ist. Jede ihrer Bewegungen ist anmutig, elfenhaft. Trotzdem sie fühlt was ich fühle, will sie offensichtlich immer noch nicht glauben wie anziehend sie tatsächlich auf mich wirkt. Da werde ich ihr mal auf die Sprünge helfen. Ganz ungeniert denke ich an den Abend zurück als ich von Odins Tempel zurückkehrte und wir auf der Party im Apartment der Jungs waren. Wie sie getanzt hat auf der Party und auch danach bei sich zu Hause. Wie sehr es mich angemacht hat, als sie ihre Hüfte geschwungen hat. Und wozu es mich letztendlich gebracht hat. Nämlich in ihr Bett und fast auch in sie. Ein Zittern geht durch ihren Körper, als sich wohl eine wohlige Hitze in ihrem Unterleib entlädt, denn ihre vielen unterschiedlichen Gefühle strömen auf mich ein. Es ist einfach überwältigend zu spüren was in ihr vorgeht. Allerdings sollte ich mich nicht daran gewöhnen, denn sobald Nevia nicht mehr geil ist, hört es wieder auf. Schade eigentlich. Dieses Glück das dauerhaft zu haben bleibt dann wohl nur ihr vergönnt.
„Du – du kannst jetzt anfangen.“, sagt sie dann etwas atemlos. Ich mustere sie, erhebe mich dann lasse den Blick nicht von ihr ab. Sie soll merken wie sehr ich sie begehre, nicht nur wissen. Mutig hält sie den Blickkontakt, was man schon fast als Seltenheit betrachten kann. Ich lecke mir anzüglich über die Unterlippe und genieße den Ausblick ihres Körpers. Dann sehe ich ihr wieder in die Augen, die mich frech anfunkeln, denn sie weiß genau, dass ich sie versuche herauszufordern. Doch sie bleibt Standhaft, lässt sich nicht darauf ein. Schließlich gebe ich nach und belasse es dabei, wir wissen immerhin beide wenn ich es darauf anlege gewinne ich immer. „Okay Prinzessin.“
Zum Glück beinhaltet der Deal keine bestimmten Songwünsche, sodass ich mich in der Auswahl frei entfalten kann. Denn ich möchte ganz sicher keine Ballade spielen. Das ist nur Nevia vorbehalten. Außerdem habe ich jetzt Lust auf harten Heavy Metal. Da fällt mir ein Song ein den ich geschrieben da war ich noch in dem zarten Alter von zwölf Jahren. Ein pubertierender Bengel, der nichts weiter außer kämpfen und töten kennen gelernt hat und extremen Hass auf jeden hatte. Nun gut letzteres hat sich nicht wirklich verändert, abgesehen von einigen Ausnahmen. Doch der Hass der mich damals trieb, ist heute immer noch da. Der Hass auf meinen sogenannten Vater. Nur damals war er nur viel alles verschlingender. Inzwischen habe ich gelernt damit zu leben. Ich starte das Instrumental auf dem Laptop, trete einige Schritte zurück und schließe die Augen als die Bassgitarre sanft beginnt eine ruhige Melodie zu spielen. Warte darauf, dass das Schlagzeug einsetzt und mir den Takt vorgibt einzusetzen. Ich lasse einen schrillen Ton erklingen und beginne mit einem Schrei.
„NAHAHHHHHH!”
Ich beginne einen kurzen Übergang zum Vers zu spielen, öffne wieder die Augen und erblicke Barbie die mich begeistert anstrahlt und auch sofort anfängt zu tanzen. Sogar Hati bewegt sich so im Takt der Musik, das man sagen könnte er tanzt tatsächlich. Und dazwischen Nevia die mich verunsichert, jedoch auch schon wieder beeindruckt mustert. Diese Seite kennt auch sie noch nicht von mir. Aber es scheint ihr zu gefallen. Ich schmunzele ihr zu stelle mich leicht breitbeinig hin und bewege auch die Hüfte zum Takt der Musik um sie etwas zu ermutigen. Und tatsächlich es scheint zu funktionieren, denn vorsichtig tut sie es mir nun gleich. Und allein schon das sieht unglaublich sexy für mich aus.
„Three sons have I
And they ride by my side
The fierce, the black
And the wicked are their names
We ride down my enemies
On their half-hearted flight
No voice of mercy
No evangels of light
Mighty messengers
Demons FLY!
Witness are coming
Gods of the dead
I ride through the air
I laugh as I die
With powers of evil
Dark knowledge is mine
The wry are the wicked
The first sin was trust
Kill without warning
For blood now I lust
Strong winds, magic mist
To Asgard the Valkyries fly
High overhead, they carry the dead
Where the blood of my enemy lies.”
Doch dabei soll es nicht bleiben, denn umso mehr Nevia hört, umso mehr taut sie auf und bewegt ihre scharfen Kurven immer sinnlicher zur Musik lässt mich dabei aber, ebenso wenig wie ich sie, keine Sekunde aus den Augen. Ich weiß sie liebt es mir dabei zu zusehen wenn ich spiele. Aber verdammt ich bin wirklich ein Masochist. Sie ist so verdammt sexy. Am liebsten würde ich Lady einfach von mir schmeißen, sie in meine Arme reißen und ins nächste Bett tragen, damit sie dort ihre Hüften weiter so weiblich kreisen lassen kann. Auf mir. Zu viele Gedanken, ich muss mich zusammen reißen sonst dauert es nicht lange und meine Schwanz steht hart wie eine eins in meiner Hose.So gehe ich in den zweiten Vers über.
„Three sons have I
And they ride by my side
The fierce, the black
And the wicked are THEIR NAMES!
We ride down my enemies
On their half-hearted flight
No voice of mercy
NO EVANGELS OF LIGHT!”
Als das mein Solo beginnt schließe ich die Augen und verlasse mich ganz auf mein Gefühl, welches meine Finger über die Saiten leiten wird. Dabei lasse ich meinen Körper von der Musik treiben und wippe mit der Hüfte im Takt mit. Ich weiß, dass Nevia auch das unfassbar heiß macht, ich kann es gerade deutlich wahrnehmen. Das spornt mich an, ich stehe drauf wenn sie mich so sehr begehrt, wie ich sie. Ich vergelte halt gerne gleiches mit gleichem. Ich öffne die Augen während ich noch immer voll in meinem Solo bin und meine Finger geschickt und flink über die Saiten fliegen. Dabei beobachte ich ihren schönen Körper schmunzelnd und gehe wieder in den Refrain über.
„Strong winds, magic mist
To Asgard the Valkyries fly
High overhead, they carry the dead
Where the blood of my enemy lies
Strong winds, magic mist
To Asgard the Valkyries fly
High overhead, they carry the dead
Where the blood of my enemy lies
Strong winds, magic mist
To Asgard the Valkyries fly NANANA!
HIGH OVERHEAD THEY CARRY THE DEAD
WHERE THE BLOOD OF MY ENEMY LIES!
AU! AU! AAAUUU!”
Ich haue noch einmal kräftig in die Saiten und der Song ist vorbei. Barbie schreit jubelnd auf. „WUHUU! Das war so krass! Ich meine der Text, ist wirklich dunkel und düster Kampf, Krieg, Tod und so weiter und so fort. Aber das passt wie die Faust aufs Auge zu dir. Also, ich denke aus diesem Grund hast du das sicher auch geschrieben, aber ich musste unbedingt diesen Gedanken loswerden. Ich bin begeistert, hin und weg. Das Stück fand ich sogar noch besser als das erste. Ehrlich Weltklasse, endlich verstehe ich warum immer alle sagen du bist die Band. Du lässt sie ja erst richtig zum Leben erwachen…“
Und erneut Durchzug. Man die Frau kann echt ohne Punkt und Komma vor sich hin quatschen. Nevia kichert vor sich hin und beobachtet amüsiert ihre beste Freundin. Mir scheint als denkt sie gerade dasselbe wie ich. Und dieses Mal zeigt sie um meinetwillen Gnade und unterbricht sie. „Lexy wir haben es verstanden. Ritchie ist der der hammer.“ Und an mich gewandt fügt sie hinzu: „Das war wirklich toll. Trotz diesem ganzen Blut deiner Feinde und so.“ Natürlich hat sie die verstecke Message verstanden, konnte sie das aber auch nur, weil sie den Abscheu spürt, den ich gegenüber meinen Erzeuger hege. Dagegen kann sie rein gar nichts tun, auch wenn ich ihr ansehen kann, dass sie das nicht als Richtig empfindet. Allerdings ist sie gleichzeitig wirklich begeistert und ich kann in ihrem Blick sehen, dass sie mich gerade innerlich einfach nur anhimmelt.
„Ja das musste jetzt aber mal wirklich gesagt werden. Zumindest was die Musik betrifft.“, erwidert die Blondine nun auch belustigt durch ihr pausenlose Plapperei. Währenddessen schwinge ich mir Lady von der Schulter und stelle sie wieder an ihren rechtmäßigen Platz, sowie auch den Laptop, bevor ich mir eine der Flaschen Whisky schnappe die hier als meinen Vorrat gebunkert habe, als das mit mir und Nevia irgendwie nicht so lief. Milde ausgedrückt. Doch ich denke, dass ich mir einige Schlucke durchaus verdient habe, solange es nicht über das Limit hinausgeht. Außerdem muss ich doch irgendwie einen Weg finden Barbe auszuhalten. Also setze ich mich wieder auf die Stufen und nehme einen kräftigen Schluck. Als ich aufblicke mustert mich Nevia schmunzelnd mit leicht gerunzelter Stirn, woraufhin ich ihr die Flasche hinhalte. „Nein, danke.“, gibt sie Nase rümpfend zurück. Ich zucke die Schultern und mein Blick trifft auf den Wolf, der es sich inzwischen auf dem Boden mit geschlossenen Augen gemütlich gemacht hat. Dem brauche ich meinen Whisky nicht anbieten. Zwar mag ich ein Arschloch sein, aber ich bin ganz sicher kein Geizhals. Somit biete ich auch der Blondine meinen guten Whisky an.
Leicht verwundert über diese Geste zwinkert sie ein paar Mal, will erst abwinken entscheidet es sich dann jedoch anders. „Ach was soll’s.“, sie greift nach der Flasche, setzt sich zu mir auf die Stufen, setzt die Flasche an und trinkt einen großen Schluck. Als sie die Flasche absetzt, verzieht sie etwas angewidert das Gesicht, schüttelt sich einmal und reicht mir die Flasche zurück. „Verdammt, das ist guter Stoff.“ Ich schnaufe nur einmal belustigt, erwidere aber sonst nichts.
„Da giften sie sich erst immer so an und dann trinken sie ganz entspannt einen zusammen. Wer hätte Gedacht, dass ich das jemals erlebe?“, erzählt Nevia an Hati gewandt, als wären wir beide gar nicht da. Dieser stimmt ihr nur brummend zu und Barbie ergreift wieder das Wort. „Warum?“, fragt sie sichtlich verwirrt. Nevia zieht sarkastisch die Augenbrauen in die Höhe. „Ihr beide seid die zwei größten Sturköpfe die ich kenne. Da fragst du noch?“ Sie sieht mustert ihre Freundin als könnte sie die Frage nicht verstehen. „Hey, wir haben nur einen getrunken, wir sind jetzt keine Freunde fürs Leben oder Blutsbrüder oder so. Zumal ich auch kein Bruder sein kann.“, verteidigt sich Barbie dann.
Die Frauen beginnen zu lachen und Nevias Lachen klingt so lieblich, dass ich augenblicklich das heftige Verlangen verspüre sie in den Arm zu nehmen und zu berühren. Unsere Blicke treffen sich und in ihren Augen liegt ein freudiges Glitzern, während sie auch schon auf mich zukommt, sich zwischen meinen Beinen auf den Stufen niederlässt und sich an mich schmiegt. Ein Hoch auf dieses Gefühls-Dings. Wie automatisch, als wäre es nie anders gewesen leget sich mein Arm um ihre Schultern, einfach nur um sie zu halten. Nie hätte ich erwartet, dass mich so eine simple Geste so sehr befriedigen kann. Aber so ist es, liegt sie in meinem Arm kann ich mir zu hundert Prozent sicher sein, dass es ihr gut ist, so warm und lebendig. Und ich fühle mich wie ein verdammter Glückspilz, dass mir dieses Privileg zuteilwird, sie beschützen zu dürfen als die meine.
In diesem Moment sieht sie zu mir auf, lächelt so wunderschön wie ein Engel und drückt ihre vollen Lippen sanft auf meine, fast keusch. Doch ich kann in dieser leichten Berührung die Liebe spüren die darin mitschwingt. Sie hat so viel davon für mich übrig. Ich sag ja, ich bin ein verdammter Glückspilz.
„Was für ein wunderschöner Sternenhimmel heute Nacht. Hier draußen kann man so viel mehr davon sehen, als in der Stadt.“ Nevia schmiegt sich wieder an meine Brust und sieht ebenfalls hinauf zu den Sternen. Dann stimmt sie nickend zu. „Ja, ich habe ihn hier schon viele Nächte bewundert. Wirklich wunderschön. Erstaunlich oder? Man könnte denken, sie sind zum Greifen nah.“, philosophiert meine Prinzessin ehrfürchtig vor sich hin. „Dabei sind die Meisten in Wahrheit von ihnen so weit entfernt, dass wir sie niemals lebend erreichen könnten.“
„Schade eigentlich. Ich würde so gerne sehen, was da draußen noch so alles ist. Ob es wohl Außerirdische gibt? Und wenn ja, wie sehen sie wohl aus?“, fragt Nevia sich eigentlich mehr selbst und uns. Doch Blondie antwortet ihr trotzdem. „Sicher gibt es die. Das Universum ist doch unendlich, da muss es doch irgendwo noch intelligentes Leben geben. Ich denke sie müssen uns irgendwie ähnlich sehen, also zwei Arme, zwei Beine. Für den Rest sind allerdings keine Grenzen gesetzt.“ Sie hat gar nicht mal so Unrecht. Es gibt Außerirdische, wie die Leute sie so schön nennen tatsächlich, denn der Sinn des Universums ist das Leben. Und immer sind diese Außerirdischen humanoid, bedeutet menschenähnlich. Die äußeren Merkmale sind unterschiedlich, sie können zum Beispiel spitze Ohren haben wie Elfen oder auch grüne Haut wie ein Marsmännchen. Es gibt viele unterschiedliche Arten. Aber ich beschließe mich bei dem Gespräch raus zu halten. Es gibt Dinge, die die Menschheit einfach noch nicht wissen soll, sie werden sich weiterentwickeln und es irgendwann erfahren. Das ist der Lauf der Evolution. Bis dahin ist die Fantasie gefragt. Wer weiß vielleicht werde ich es Nevia ja irgendwann mal erzählen wenn das Thema nochmal aufkommen sollte und wir alleine sind.
„Du könntest Recht haben. Das wäre zumindest plausibel.“, erwidert Nevia schließlich etwas schlaftrunken und schließt vertrauensvoll die Augen. Und das kann sie auch, denn wenn ich bei ihr bin ist sie in Sicherheit immer und überall. Ich werde nicht zulassen, dass ihr etwas passiert und immer dafür sorgen, dass sie in Ruhe schlafen kann ohne sich um irgendetwas Sorgen zu müssen. Zwangsläufig muss daran zurück denken, als ich sie zum ersten Mal sah. Die Anziehungskraft die sie auf mich ausgeübt hat und noch immer tut. Ich konnte mich von Anfang an nicht dagegen wehren und noch immer bin ich erstaunt darüber, was genau sie an sich hat um mich so weit zu kriegen. Mal ganz davon abgesehen, dass sie nahezu perfekt ist. Etwas Besonderes. Einzigartig, geboren um mir zu gefallen und den Kopf zu verdrehen. Wie eine Droge die allein dafür geschaffen wurde um mich high zu machen.
Ich beschwere mich nicht, ganz im Gegenteil. Ich genieße jeden Augenblick davon in vollen Zügen, mir ist bewusst, dass sie für mich zu gut ist um wahr zu sein. Ich bin der letzte der eine Frau wie sie verdient hat und deshalb bleibt mir eigentlich gar nichts anderes übrig, als alles anzunehmen was sie mir zu geben hat. Solange sie es mir geben kann und will. Ich habe schon so viele fast perfekte Frauen gesehen und auch flachgelegt. Zum Beispiel Barbie hier. Wenn sie denn Mal den Mund hält wie jetzt. Lange Beine, schmale Taille, hübsches Gesicht. Für viele eine Traumfrau. Aber ich kann mir noch sehr versuchen vorzustellen wie es wäre sie zu vögeln, da regt sich gar nichts. So war es schon immer, keine hat es bisher geschafft nur durch den Gedanken daran wie es wäre, scharf zu machen. Bis auf sie.
Gleichmäßig atmend hat sie das Gesicht an meiner Brust vergraben, sie ist eingeschlafen. Ich drücke sie noch etwas fester an mich, bevor ich erneut nach der Flasche greife, einige Züge davon trinke und wortlos weiterreiche. Wortlos wechselt die Flasche den Besitzer. Apropos, da gibt es etwas was ich noch klar stellen sollte. Zwar liegt mir wirklich wenig an einer Konversation mit Blondie, aber was sein muss, muss eben sein. „Ich wäre dankbar wenn du die Vorkommnisse dieses Abends für dich behältst, inklusive der Songs die du hier gehört hast.“
Im Augenwinkel kann ich sehen, dass Barbie mich neugierig mustert. Sie scheint ehrlich überrascht darüber, dass ich sie angesprochen habe. „Ich weiß, Nevia hat mich schon aufgeklärt. Ich werde kein Sterbenswörtchen sagen, versprochen.“, erwidert sie dann und ich kann spüren, dass ihr das ernst ist. Das rechne ich ihr hoch an und nicke ihr einmal zum Dank zu. Sie räuspert sich. „Eine Frage hätte ich aber noch. Warum darf ich den Jungs nichts von den Songs erzählen? Ich meine, du schreibst doch ständig Songs.“ Erneut nicke ich. Und weil sie es nicht besser wissen kann, weil sie mich so gut wie gar nicht kennt und außer der Tatsache, dass ich ein Gott bin und mein Hobby Missgeburten schlachten. Also erweise ich mich als gnädig und antworte ihr. „Diese Songs sind persönlich. Ich schreibe sie unabhängig von der Band. Der Großteil davon, entstand vor der Zeit der Band.“
„Hm…okay das kann ich verstehen. Aber wenn du sie noch nicht mal ihnen gezeigt, warum dann mir?“, fragt sie dann. Mein Blick fällt auf den Wolf der sich vor uns zu einer Kugel zusammen gerollt hat und genau wie Nevia tief und fest schläft. Sein tiefschwarzes Fell glänzt gräulich im Mondlicht und seine helle Fellzeichnung in Form eines Drachen hebt sich deutlich ab von dem schwarzen Untergrund. „Du steckst sowieso schon zu tief drin.“ Kurz denkt sie über meine Worte nach und nickt dann zustimmend. „Tja, das ist wohl wahr. Na dann zum Wohl.“, erwidert sie und setzt dann die Flasche an den Mund. Sie ist nicht zimperlich, zwar lässt sie der Alkohol das Gesicht verziehen, aber trotzdem genehmigt sie sich einen ordentlichen Schluck, bevor sie mir die Flasche zurück reicht.
Das war es jetzt aber auch von meiner Seite aus mit Konversation, was ich geklärt haben wollte, ist geklärt, ich sehe keinen weiteren Grund noch weitere Worte zu wechseln. Und glücklicherweise scheint Barbie ausnahmsweise dasselbe zu denken die offensichtlich ihren Gedanken nachhängt anstatt mir, wie ich eigentlich befürchtet hatte, ein Ohr abzukauen. Besser ist es. So könnte ich ihre Gesellschaft, sogar fast als angenehm betrachten. Zusammen sitzen, einen Trinken und nur das Nötigste sprechen, einfach zusammen die Ruhe genießen. Das ist eigentlich eher so ein Ding, was ich mit Tony teile. Gerne denke ich an die Abende zurück an denen wir uns von den anderen abgekapselt haben uns einen Platz gesucht haben, meist irgendwo im Grünen oder am Wasser und dort schweigend unsere Joints geraucht haben und eins mindestens zwei Flaschen des besten Whiskys den wir auf die Schnelle auftreiben konnten gekillt. Dabei sind nie viele Worte gefallen, deshalb ist Tony einer der liebsten Personen mit denen ich abhänge, wenn ich mal eine Pause brauche. Naja, er war diese Person, jetzt habe ich jemanden gefunden mit dem ich am liebsten jede einzelne Minute meines elenden Daseins zusammen verbringen möchte. Auch wenn ich mit Nevia wahrscheinlich niemals ein paar Joints rauchen und Whisky trinken werde.
Plötzlich keucht Barbie erschrocken auf. Ich mustere sie kritisch von der Seite während sie hektisch auf ihr Handgelenk blickt, wahrscheinlich auf der Suche nach einer nicht vorhandenen Armbanduhr. Na super, zu früh gefreut. Das war es mit meiner Ruhe. Wie lange hat das jetzt gedauert? Keine zehn Minuten. Verdammt. Was hat das Blondchen den jetzt wieder für ein Problem? Hat sie ein super wichtiges Date mit Brant vergessen? Oder gehört sie irgendeinem schrägen Satankult an, die um Mitternacht rituell den Mond anheulen wollen? Okay, jetzt geht meine Fantasie mit mir durch. Was auch immer es ist, ich will es eigentlich gar nicht wissen. Ich reagiere einfach nicht weiter dann übersieht sie mich vielleicht in ihrer Panik.
„Mist, wie spät ist es?“ Naja man wird ja wenigstens noch hoffen dürfen. Pech gehabt. Ich sehe hinauf zum Mond und sage dann: „Circa dreißig Minuten vor zwölf.“ Sie blickt mich skeptisch an. „Woher weißt du das jetzt?“ Ich könnte ihr erklären, dass ich das an der Stellung des Mondes abgelesen habe, aber dann möchte ganz sicher, dass ich ihr das alles erkläre und darauf habe ich wirklich kein Bock. „Ich weiß es einfach, okay?“ Mein Glück, dass sie diese Antwort einfach so hinnimmt, zweifelt sie nach allem wohl nicht an meinen Kenntnissen. Dann atmet sie erleichtert auf, bevor sie antwortet. „Puh, ich dachte schon wir hätten es verpasst.“ Das ist absolut typisch Frau. Ich weiß genau, dass sie jetzt von mir erwartet nachzufragen wovon sie denn redet. Aber den Gefallen werde ich ihr nicht tun. Und warum eigentlich wir? Aber ich widerhole mich nur ungerne, ich habe kein Interesse an Barbies Problemen. Also bekommt sie meine typische Reaktion, nämlich gar keine.
„Ich hatte in dem ganzen Chaos heute noch gar nicht die Möglichkeit sie danach zu fragen. Habt ihr morgen etwas Bestimmtes vor oder bleibt es bei meiner Planung?“ Nun komme ich nicht umhin sie anzusehen. Perplex runzele ich die Stirn. Ich habe mich wohl getäuscht, sie scheint zu denken, ich wüsste genau wovon sie spricht. Hat Nevia sich mit ihr verabredet ohne mir etwas davon zu sagen? Vielleicht sogar zu so einem bescheuerten Doppeldate? Irgendwie bezweifele ich, dass sie so etwas über meinen Kopf hinweg entscheidet, zumal sie sich garantiert denken kann, dass ich darauf alles andere als scharf wäre. Also wovon genau redet Barbie da zum Teufel? Aber da es wohl oder übel mit ihr zusammen hängt, will ich es eigentlich schon fast lieber doch nicht wissen. Vielleicht, aber nur ganz vielleicht, wenn ich nicht weiter drauf eingehe, belässt sie es dabei.
Natürlich nicht. „Hey, Erde an Ritchie, wie wäre es denn mal mit einer Antwort?“, fragt sie und verdreht genervt die Augen. Da ich immer noch keinen blassen Schimmer habe, was sie von mir will, aber um eine Antwort wohl nicht drum herum komme, da sie sicher nicht locker lassen wird, sage ich das einzig mögliche was mir den Arsch retten kann. „Wir werden den Tag alleine verbringen.“
Blondie runzelt erst verdutzt die Stirn, bevor sich ihr Blick klärt und sie in Gelächter ausbricht. Was ist daran jetzt bitte so amüsant? Zumindest ist sie darauf bedacht, leide genug zu lachen, damit sie Nevia nicht aufweckt. Gerade als ich fragen will was ihr verdammtes Problem ist, kommt sie mir zuvor. „Du Scherzkeks. Du glaubst doch wohl nicht etwa, dass du mich von meiner besten Freundin fernhalten kannst und das auch noch an ihrem Geburtstag? Glaub mir das wird nicht funktionieren und das würde Nevia auch nicht zulassen. Also bitte kläre mich darüber auf was ihr wirklich geplant habt, okay?“ Ich höre nur dieses eine Wort, alles klingt wie ein fernes Rauschen in meinen Ohren. Geburtstag?
FUCK! Nevia hat morgen Geburtstag. Oder besser gesagt in einer halben Stunde. Warum erfahre ich das erst jetzt? Warum hat sie mir nichts davon gesagt? Verdammte Scheiße! Jetzt komme ich mir wie ein Idiot vor, dass ich es erst gar nicht wissen wollte. Gut, klasse! Und was mache ich jetzt? Sie hat nichts mit mir besprochen, somit weiß ich nichts über ihre Pläne, über die sie durchaus hätte informieren können. Nein, sogar müssen. Dass sie das nicht getan hat macht mich gerade ziemlich wütend. Sie weiß genau, dass ich gerne über alles Bescheid weiß. Ja, ich bin schon ein ziemlicher Kontrollfreak. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass sie sich mir indirekt schon wieder widersetzt hat.
„Boah Ashbourne. Muss ich dir das jetzt echt aus der Nase ziehen?“ Nur am Rande nehme ich wahr, dass Blondie irgendwas gesagt hat. Ich steigere mich gerade viel zu sehr in meine Wut rein und verliere mich in Gedanken wie ich sie am besten dafür bestrafen könnte. Bis mich etwas gegen mein Bein trifft. Erst Blick schnellt zu der betroffenen Stelle und kann noch sehen wie Barbies Bein sich gerade wieder zurückzieht. Ich hoffe sie hat mich gerade wirklich getreten? Erstaunlich, dass sie so viel Mut beweist, nachdem sie mit eigenen Augen gesehen hat wozu ich fähig bin.
„Sag mal, willst du mich ärgern? Oder findest du das einfach nur lustig wie blöd Löcher in die Luft zu starren und so zu tun als wäre ich nicht existent? Denn ich kann dir versichern das ist es nicht. Also Jack Frost, würdest du bitte endlich erbarmen und mich aufklären?“ Ich sehe sie aus verengten Augen an, mache keine Anstalten ihr diesen Gefallen zu tun. Ja, trotz allem hat sie ihre große Fresse nicht verloren. Liebend gerne würde ich sie ihr stopfen. Vor allem weil ich absolut keine Ahnung habe was ich ihr antworten soll. Weil ich eben gerade selbst erst davon erfahren habe.
Doch ich muss auch nichts weiter sagen, denn Barbies Gesicht hellt sich langsam auf, hat sie es doch endlich erkannt. „Du weißt es nicht. Du hast es gar nicht gewusst.“ Und erneut beginnt sie herzhaft zu lachen. „Ich glaube es ja nicht. Na du bist ja ein toller Freund.“, presst sie während des Lachens hervor.
„Sie hat mir nichts davon gesagt.“ Ich weiß nicht warum, aber ich empfinde das starke Gefühl mich vor ihr verteidigen zu müssen. Es ist ja auch ein Armutszeugnis für einen Mann nicht zu wissen, wann seine Frau Geburtstag hat. Aber es gab wichtigere Dinge zu besprechen und zu klären, da ist mir nicht mal im Ansatz in den Sinn zu kommen sie zu fragen wann sie Geburtstag hat. Und ihr ja offensichtlich auch nicht. Aber ich verstehe nicht warum sie mir das nicht gesagt hat wenn er doch so unmittelbar bevor steht. Obwohl das auch zu ihr passen würde. Vielleicht war sie einfach zu bescheiden und wollte sich in Anbetracht der derzeitigen Situation nicht in den Mittelpunkt drängen. Oder sie wollte vermeiden, dass ich ihr etwas Teures schenke, aber das kann sie sich gleich abschminken. Ich werde sie mit den Geschenken überhäufen, alles nur das edelste. Etwas anderes verdient sie nicht und damit sollte sie sich abfinden. Und das besser früher als später.
„Jetzt rede dich nicht raus. Du hättest ja auch mal fragen können. Aber okay, du hast es ja zum Glück noch rechtzeitig erfahren. Danke, liebe Lexy das du mir den Arsch gerettet hast.“ Sie glaubt doch wohl nicht im Ernst, dass ich mich dazu herablasse diese Worte auszusprechen. Stattdessen gebe ich nur ein selbstgefälliges Schnauben von mir. Denn sie hat mir das zwar noch rechtzeitig sagen können, aber den Arsch hat sie mir nicht gerettet. Sagen wir mal so, ich bin nun wirklich kein Frauenversteher. Und habe erst recht nicht, jemals eine beschenkt. Also was mache ich nun?
„Ja dann eben nicht.“, frech streckt sie mir die Zunge aus und redet dann direkt weiter. „Also gut, dann werde ich dich mal aufklären. Jedes Jahr zu ihrem Geburtstag treffen wir uns erst bei meinen Eltern zu Hause zum Anstoßen und Essen mit ihren engsten Freunden. Danach geht es in einen Club den ich extra gemietet habe zur großen Party, mit Live Band und allem Drum und Dran. Da sie mir nichts anderes gesagt hat, habe ich schon alles organisiert. Glaub mir das wird ein riesen Spaß. Nachmittag und Abend sind also verplant. Die Jungs haben auch schon zugesagt. Keine Sorge du stehst natürlich auch auf der Gästeliste.“ Eine Party? Nevia und eine Party? Freiwillig? Das kann ich mir schon fast gar nicht vorstellen. Aber aus welchem Grund sollte Barbie mich jetzt anlügen? Und vor allem, wie die Jungs haben schon zugesagt? Wäre da nicht mal eine kleine Warnung angebracht gewesen? Dreckige Penner. Nun gut, aufregen bringt mir jetzt gar nichts. Okay erst essen, dann eine Party. Ist ja alle schön und gut. Aber was soll ich in der Zeit davor mit ihr anstellen? Ich muss mir was Gutes einfallen lassen, etwas grandioses was sie richtig aus den Socken haut.
„Ich weiß echt nicht warum, wir wissen beide, du bist echt ein Arschloch. Aber irgendwie tust du mir leid mitanzusehen wie du dir halb verzweifelt den Kopf zerbrichst. Also ich helfe dir.“ Unsere Blicke treffen sich und langsam bekomme ich das Gefühl diese Frau, etwas unterschätzt zu haben. Ich habe mir in keiner Hinsicht anmerken lassen, dass ich mir Gedanken darüber mache. Doch scheint es mir fast, als könne sie sogar aus meinem emotionslosen Gesicht lesen. Nicht schlecht. Sie ist wohl doch nicht nur blond und blöd. Und das ist es auch schließlich, was mich dazu bringt sie anzuhören. „Und was schlägst du vor?“
Sie lächelt, erfreut darüber, dass ich ihre Hilfe annehme. „Nevia, ist eigentlich recht einfach gestrickt. Sie mag kein großes Tamtam um ihre Person. Also wenn du sie wirklich richtig überraschen willst, solltest du es vermeiden viel Geld auszugeben. Aber das weißt du sicher schon.“ Gut erkannt Barbie. Ich habe mich schon gefragt wann sie mir etwas erzählt was ich noch nicht weiß. „Okay, lass mich kurz überlegen.“ Ich kann nahezu hören wie es in ihrem Kopf rattert, bis sie endlich die zündende Idee hat. Doch bevor sie mir diese anvertraut, vergewissert sie sich noch einmal ob Nevia wirklich schläft, rüttelt sie sie an der Schulter. Nevia regt sich nicht. Zufrieden über das Resultat spuckt sie es endlich aus. „Ich hab’s. Vielleicht hast du schon mal von den Gärten der Welt gehört? Nevia liebt die Natur und liebt Blumen. Sie hat mir schon oft erzählt wie gerne sie dort mal hingehen würde. Und mit dir zusammen wäre, dass für sie wahrscheinlich das schönste Geschenk das du ihr machen kannst. Für mich wäre das ja nichts. Aber unsere Nevia ist eben eine hoffnungslose Romantikerin.“
Kurz lasse ich mir dieses Szenario durch den Kopf gehen. Nicht das mich irgendwelche bescheuerten Gärten interessieren würden. Aber wenn ich mir vorstelle inmitten dieser ganzen prächtigen Farben, Nevias Wangen vor Freude und Aufregung gerötet und ihre Augen leuchten zu sehen, sehe ich mir auch langweilige Blumen an. Obwohl ich wahrscheinlich keine Zeit haben werde ihnen viel Beachtung zu schenken, denn egal wie schön einige von ihnen sind, keine von ihnen kann es mit Nevias Schönheit aufnehmen. Und diese Schönheit wird wahrscheinlich meine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Ich muss wirklich sagen: Alle Achtung Blondie. Deine Idee ist wirklich gut.
Abwartend beobachtet die Blondine mich, lässt mir geduldig die Zeit mir alles durch den Kopf gehen zu lassen. Also werde ich sie mal nicht weiter zappeln lassen. „Finde ich gut.“ Bei meinen Worten beginnt sie bis über Beide Ohren zu grinsen und klopft sich selbst auf die Schulter. „Natürlich ist das gut. Ist ja auch meine Idee.“, erwidert sie dann überheblich. Und so sehr mir diese Frau auch ständig auf meinen Nerven herumreitet ich komme nicht umhin über ihre Reaktion zu schmunzeln, da ich ehrlich zugeben muss, dass hinter den blonden Haaren, doch ein recht kluger und aufmerksamer Geist steckt.
„Ist nicht wahr! Ist das – ist das etwa ein Schmunzeln? Ich glaub es ja nicht. Er kann lachen.“, stellt Blondie mit Worten fest die geradezu in Ironie getränkt wurden. Manche Dinge ändern sich nie. Und dieses Weib wird immer eine Nervensäge bleiben so viel steht fest. Aber sie ist auch die beste Freundin meiner Prinzessin, also muss ich mich wohl irgendwie mit ihr arrangieren. „Fühl dich geehrt. Du bist gerade in den Kreis der Menschen aufgestiegen die es wert sind, nicht nur ignoriert zu werden.“
Gespielt empört schnalzt sie mit der Zunge und setzt dann auch schon zum Gegenschlag an. „Oh ehrwürdige Gottheit! Ich bin so dankbar eine der glücklichen Auserwählten zu sein, die sich in eurem heiligen Antlitz baden dürfen. Welches Opfer muss ich dafür erbringen? Soll ich niederknien und eure Stiefel küssen? Oder besser, ich gehe nach Hause und geißle mich für jede kostbare Minute die ihr mir von eurer Aufmerksamkeit schenkt selbst vor meinem Schrein im Keller.“
Ich mustere die beste Freundin meiner Frau kopfschüttelnd und beginne leise zu lachen, dem sie sich sofort anschließt. Die Alte hat sie doch wirklich nicht mehr alle. Die ist doch wirklich komplett durchgeknallt, dass ist spätestens jetzt klar. Aber auf eine merkwürdige Art und Weise macht sie mir das irgendwie langsam sympathisch. „Dann weißt du ja, was du zutun hast.“, gebe ich schließlich zurück.
„Das hättest du wohl gerne.“, bringt sie immer noch kichernd hervor. Es dauert noch einen Moment bis sie sich endgültig beruhigt hat, aber dann sieht sie mich lächelnd an. „Weißt du Ashbourne, es wundert mich selbst, aber man könnte fast sagen, dass ich beginne dich zu mögen.“ Ich ziehe eine Augenbraue ungläubig hoch und schmunzele schief. „Belassen wir es bei dem fast.“ Blondie kichert erneut vor sich hin. Dann seufzt sie zufrieden auf. „Wir sollten uns auch langsam schlafen legen. War ein langer ereignisreicher Tag.“ Ja da stimme ich ihr voll und ganz zu. Ein letztes Mal für heute greife ich nach dem Whisky, erhebe sie wie zum Tost, nicke Barbie dabei zu und setze die Flasche an. Und auch dieses Mal lehnt Blondie nicht ab und gönnt sich auch noch einen letzten Schluck.
Dann erhebt sie sich. Vorsichtig tue ich es ihr gleich mit Nevia in meinen Armen. Barbie stellt die Flasche dorthin zurück wo ich sie her geholt habe, löscht das Licht und schließt die Türen des Pavillons. Ihr Blick fällt auf Wolf der immer noch zusammengerollt schläft. „Sollen wir ihn hier lassen?“ Ich nicke einmal knapp und sage noch: „Der wird sich schon nichts weg holen.“, bevor wir uns gemeinsam auf den Weg zurück ins Haus machen.
Texte: Die Handlung und die Charaktere gehören mir und sind fiktiv, sowie die Schauplätze. Eine Übereinstimmung mit existierenden Werken ist keine Absicht. Bitte kein unerlaubtes verwenden oder klauen.
Tag der Veröffentlichung: 04.09.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Copyright Lieder: Alle zitierten Liedtexte im Buch gehören den Autoren und Bands. Ich leihe sie mir lediglich aus.
Einen riesen Lob an ultranumb, für das tolle Cover. Das hätte ich im Leben nicht so toll hinbekommen. Vielen Dank nochmal. :D