Cover

Vorwort


Das Leben ist kurz, weniger wegen der kurzen Zeit, die es dauert, sondern weil uns von dieser kurzen Zeit fast keine bleibt, es zu genießen.

Jean-Jacques Rousseau


Prolog


Ihre Haare waren so rot, wie frisches Blut; die Augen blau, wie der Ozean und die Haut von einer Vollkommenheit, die jeden Bildhauer vor Neid erblassen ließe. Doch es war ihre außergewöhnliche, sehr unkonventionelle Kleidung, die ihm zusätzlich den Atem raubte.
Sie trug eine enge Hose, die nicht einmal bis zu den Knie reichte. Damit zeigte sie viel mehr Haut, als eigentlich gut für sie war. Es gehörte sich einfach nicht, solche aufreizende Kleidungsstücke zu tragen. Das einzige, was den Mann in dieser Zeit an einer Dame erfreute, war ein Mieder. Das den Oberkörper engumschließende Kleidungsstück drückte jeden Busen üppig nach oben verlieh zugleich der Frau eine schöne S-förmige Figur. Der mit Spitzen und Rüschen verzierte Jupon wurde durch das Raffen des Oberkleides sichtbar gemacht und passte somit hervorragend zu der Tournüre und dem Cul de Paris. Dieses gepolsterte Gesäß verlieh den Damen der Gründerzeit zwar einen leicht entenhaften Gang, doch er selbst hatte es trotzdem immer als äußerst reizvoll empfunden. Bis zu jenem Moment, in dem Sie aus dem nichts aufgetaucht war. Diese Frau, die ihr Haar nicht zum Chignon hochgesteckt hatte und die niemand, außer ihm, zu bemerken schien. Er musste sie einfach haben. Sie besitzen. Sein erigierte Schwanz drückte flehend gegen seine Stoffhose und ließ nur erahnen, welch bezaubernde Wirkung sie auf ihn hatte. Vor seinem inneren Augen blitzten Bilder von ihren nackten engumschlossenen Körpern auf. Ihre roten Haare klebten an den heißen und geröteten Wangen ihres ovalen Gesichtes. Die hellblauen Augen funkelten vor Verlangen und ihre sinnlichen roten Lippen waren leicht geöffnet. Er wollte in ihr sein, sie erfüllen, sie schmecken und zum Schreien bringen. Aber dann verschwand die Dame einfach. Als wäre sie nichts weiter gewesen, als ein wunderschöner Tagtraum. Wut und Ungläubigkeit breiteten sich in ihm aus. Mit schnellen Schritten näherte er sich dem hellen Pflasterstein, auf dem sie gestanden hatte. Er ging in die Hocke, um den Ort zu berühren, um einen Beweis dafür zu finden, dass er sich all das nicht eingebildet hatte, doch vergebens. Nichts war da, was ihm den Beleg dafür hätte liefern können, dass er nicht bloß nur geträumt hatte. Seine Schönheit war verschwunden.

Kapitel 1


Paris, 2012.

Ein laues Lüftchen wehte über die Spitze des dreihundertvierundzwanzig Meter hohen Eiffelturmes hinweg. Der warme Sommerwind blies Emalia die Haare ins Gesicht und streichelte sanft ihre von der Hitze geröteten Wangen. Sie genoss das Gefühl, wie die weichen Strähnen ihre Wangen kitzelten und schloss für einen Moment die Augen. Sie konnte die Hitze der wärmenden Sonnenstrahlen auf ihrer nackten Haut spüren und ihre geschlossenen Augenlider waren in den verschiedensten Rot-, Gelb- und Orangetönen getaucht. Davon beeinflusst, ob eine der vielen Tauben, die über ihren Kopf hinweg flog, oder eine der wenigen Wolken am Himmel, das Sonnenlicht für eine kurze Zeit verdunkelten. Die Klänge der vielbefahrenen französischen Straßen drangen nur gedämpft an ihre Ohren. Störten keineswegs das entspannte Gefühl in ihrem Inneren. Sie durfte diese anhaltende Ruhe nicht verlieren, musste die Konzentration wahren. Nur so, würde ihr der Sprung in eine andere Welt gelingen. Emalia Lefort gehörte zu den wenigen Zeitspringern auf dieser Welt. Nur eine Handvoll von ihnen, hatten ihre Gabe noch nicht verloren. Je weiter sich ihr besonderes Blut mit dem der Gattung Homo sapiens vermischte, desto geringer war die Wahrscheinlichkeit, dass die Gabe, die jeder Abkömmling in sich trug, erwachte. Bei Emalia hatte es schließlich auch sechs Jahre gedauert, bis sie selbst von ihrer überrascht worden war. Glücklicherweise hatte sie sich aber nur in eine Nebengasse, zwei Jahre zuvor, katapultiert.
Das junge Mädchen hatte damals an eine Murmel gedacht, die sie dort als Vierjährige verloren hatte. Ihre Mutter hatte ihr nicht erlaubt das runde Spielzeug suchen zu gehen. Nur ihr Besuch in der Vergangenheit hatte ihr die geliebte Kugel zurück gebracht, die ihr Großvater Emalia kurz vor seinem Tod geschenkt hatte. Seine Leiche war zwar niemals gefunden worden, doch das Kind hatte spüren können, wie sein Lebensgeist die Welt verlassen hatte. Sie vermutete, dass er in eine andere Zeit gesprungen war, als er den Sensenmann an der Tür hatte klopfen hören. In eine Zeit, die er geliebt und zum Sterben auserwählt hatte. Emalia hatte kaum noch Erinnerungen an ihn, doch das Gefühl in ihrem Herzen ließ sie wissen, wie sehr ihn gemocht hatte. Nur vage konnte sich daran erinnern, wie er sie auf seine Schulter gehoben hatte und wiehernd ein Pferd nachahmte. Ihr Großvater Helmut war mit genau fünfundsiebzig Jahren verstorben.
Es geschah selten, dass ein Diver, wie man die Zeitspringer häufig auch nannte, es über dieses Alter hinaus schaffte. Das Springen stahl etwas von der eigenen Lebenszeit. Zwar waren es nur wenige Minuten, doch summiert konnte das bereits mehrere Jahre ausmachen. Dem außergewöhnlichen Geschenk jedoch zu widerstehen, hatte laut Emalias Kenntnis noch keiner geschafft. Die Versuchung war einfach zu groß. Auch Emalia hatte hart mit sich kämpfen müssen. Immerhin verkürzte sie mit jedem Sprung ihr eigenes Leben. Aber auch sie war zu dem Entschluss gekommen, dass es das wert war. Für die Erfahrungen und Kenntnisse, die sie in solchen Reisen sammeln konnte, nahm sie die schwindenden Jahre gerne in Kauf.
Auch heute wollte sie wieder von ihrer Gabe Gebrauch machen und eine längst vergangene Zeit besuchen. Der Sommer des Jahres 1888. Ein Jahr bevor das Monument, das vor ihr lag, fertiggestellt wurde. Es war kein Zufall, dass ausgerechnet diese Zeit nach ihr rief. Vor einem Monat ungefähr, war ihr ein winziges Polaroidfoto in die Hände gefallen, das den Eiffelturm in diesem Jahr zeigte. Aber irgendetwas an dem schwarz-weißen Bild hatte Emalia nicht mehr losgelassen. Sie nahm an, dass ihr Urururgroßvater das Bild damals selbst geschossen hatte. Schließlich war er Franzose gewesen und welcher Franzose hätte sich in der Zeit nicht das Wahrzeichen angesehen, das sein Land schließlich repräsentieren sollte. Es war erstaunlich, wie gut das Bild eigentlich für sein stolzes Alter von hundertvierundzwanzig Jahren noch erhalten war. Emalia hatte es in einem der vielen Fotoalben gefunden, die ihr Großvater als sein einziges Erbe hinterlassen hatte. Ihre Mutter war ausgerastet, da sie – wie üblich – nur Geld und Dinge, die man zu Geld machen konnte, als wertvoll ansah. Doch ihr Großvater Helmut hätte ihr nichts Schöneres und Wertvolleres hinterlassen können. Als sie dann dieses alte, vorsorglich eingeschweißte Bild in einem der Alben entdeckt hatte, war Emalia völlig aus dem Häuschen gewesen. Die Faszination hatte angehalten, war sogar mit jedem Tag noch gewachsen. Sie konnte es sich nicht erklären, was sie so sehr in seinen Bann gezogen hatte. Schließlich zeigte das Bild, im Gegensatz zu den anderen Fotografien, keinen ihrer Verwandten. Lediglich der große Platz und der halbfertige Eiffelturm waren zu sehen. Auf dem weißen Stück des Polaroids hatte jemand in Schönschrift das Datum vermerkt: 25.08.1888. Alles, was sie für einen Sprung brauchte, war gegeben: Datum und Ort. Es war, als riefe etwas nach ihr. Sie konnte dieses Gefühl einfach nicht in Worte fassen. Schließlich hatte sie es nicht mehr länger ausgehalten und ihre Koffer gepackt. Zeitspringer konnten nämlich nur an den Ort der Vergangenheit springen, wenn sie sich in der Gegenwart dort aufhielten. Somit war ihr nichts anderes übrig geblieben, als ihr Sparkonto um mehrere Euro zu erleichtern und ein verlängertes Wochenende in der Stadt der Liebe zu buchen.
Nun war sie hier, ihrem Ziel nur einen Atemzug weit entfernt. Ihr Magen kribbelte, die Spannung in ihrem Körper machte sich langsam deutlich. Es war eigenartig, seit ihrem sechsten Lebensjahr war sie schon so häufig gesprungen, dass sich eigentlich eine gewisse Routine hätte einstellen müssen, doch trotzdem fühlte sich jeder Sprung an, wie ihr erster. Emalia dachte daran zurück, wie sie damals auf dem Kopfsteinpflaster der schmalen Gasse gestanden hatte, in Gedanken an die schöne Murmel, deren Glas mit Strichen in den Farben des Regenbogens überzogen waren. Sie hatte ein plötzliches Kribbeln im Magen verspürt, kurz bevor sie in der Zeit gesprungen war. Dieses Kribbeln hatte sie an einen Jahrmarktbesuch erinnert. Es war dasselbe Gefühl, das sie verspürt hatte, als sie das erste Mal mit einem Kettenkarussell gefahren war. Sie hatte anfangs schreckliche Angst gehabt, aber gleichzeitig war sie auch von der Neugierde und der Vorfreude gepackt gewesen. Dann, hoch oben in der Luft, hatte sie sich herrlich frei gefühlt. All diese Gefühle kamen nun mit einem Mal zurück, nur um einiges intensiver. Emalia konnte spüren, wie sich ihr Magen kurz zusammen zog. Sie fühlte, wie die Luft um sie herum kälter wurde und sich wie ein Mantel um ihren Körper legte. Das Herz klopfte ihr lautstark in den Ohren, untermalt von dem Rauschen ihres eigenen Blutes. Dann löste ein Gefühl der Schwerelosigkeit die Anspannung in ihr und ihr Körper beruhigte sich wieder. Das Getrampel einiger Pferde hatte die Verkehrslaute ihrer eigenen Zeit ersetzt. Sie konnte das Raunen einiger Menschen hören, die beeindruckt auf den im Bau befindlichen Eiffelturm starrten. Auch Emalias helle Augen huschten über das eiserne Gebilde, das bereits zur zweiten Etage vorangeschritten war. Es würde nur noch ein Jahr dauern, bis auch die dritte Etage sowie die Turmspitze fertiggestellt werden würde und als Wahrzeichen Frankreichs fungiere. Aber sie konnte auch Frauen tuscheln hören, die sich im feinsten Französisch darüber beklagten, wie hässlich und teuer dieses „Ding“ doch sei. Das Stöhnen der unzähligen Arbeiter, die die beeindruckende Eisenfachwerkkonstruktion vorantrieben, drang ebenfalls an ihre Ohren. Ohne eine Absicherung kletterten sie an den Pfeilern hoch, um Stück für Stück den Eiffelturm an Höhe wachsen zu lassen. Schweißtropfen perlten an dem Eisen ab, vermischt mit Blut, das aus den vielen Hautabschürfungen tropfte. Dieses Werk zu erbauen, ohne die Maschinen und die Technik von Heute, machte es noch beeindruckender, als es ohnehin schon war. Selbst mit nur circa einhundertsechszehn Metern Höhe, überragte die Baut die Gebäude der Stadt. Nur die vielen Rauchwolken aus den Kaminen der Häuser und Fabriken, konnten das Werk von Gustave Eiffel übertrumpfen. Emalia versuchte sich so viel einzuprägen, wie sie nur konnte. Die Menschen aus der anderen Zeit konnten sie nicht sehen und so musste die junge Frau keinen Gedanken daran verschwenden, sich um ihr Aussehen zu sorgen. Sicherlich hätte sie mit ihrer neumodischen und engsitzenden Hotpants sowie dem trägerlosen blutroten Top für Aufsehen gesorgt. Wehmütig drehte sie das Handgelenk, um einen Blick auf die silberne Uhr zu erhaschen, die ihr verriet, dass ihr Besuch sich langsam dem Ende neigte. Sie hatte sich selbst eine zeitliche Begrenzung von fünf Minuten gesetzt, um nicht zu viel ihrer Lebenszeit zu opfern. Es war genug, um ausreichend Eindrücke zu sammeln, aber dennoch zu kurz, um Emalias unendliches Verlangen zu stillen. Als ihrer Augen in den letzten Sekunden, über die Passanten huschten, fiel ihr ein etwa 1,80m großer Mann auf. Einige blonden Strähnen, lugten unter dem Canotier, einem Strohhut mit schwarzen Band, hervor. Er trug eine dunkle ins Schwarz gehende lange Stoffhose sowie ein ärmelloses hochgeschlossenes weißes Hemd, das seine Muskeln hervorragend zur Geltung brachte. Bevor sie sich jedoch mehr auf ihn konzentrieren konnte, sowie dieses seltsame Gefühl von ihm beobachtet zu werden - was völlig unmöglich war - wurde sie von dem krampfenden Gefühl in ihrer Magengrube gepackt, das ihre Rückkehr ankündigte. Emalia konnte den kalten Wind fühlen, der die Wärme des Sommers vertrieb und das Verklingen der Schwerelosigkeit, ließ sie wissen, dass sie in die Gegenwart zurückgekehrt war. Der Eiffelturm vor ihr hatte seine vollständige Höhe erreicht. Keiner tuschelte mehr über die entstanden Kosten von fast acht Millionen Francs, keiner betitelte ihn als hässlich – im Gegenteil - viele sprachen nur von seiner überragenden Schönheit. Doch das Gefühl, dass ein Paar dunkler Augen auf ihrem Körper lag, ließ sie nicht los. Trotz der wiederkehrende Wärme des Sommers, war ihr plötzlich eiskalt. Eine Gänsehaut hatte sich über ihren Körper gelegt und das flaue Gefühl im Magen sagte ihr, dass etwas nicht stimmte. Immer noch brannten diese fast schwarzen Augen auf ihrer Haut. Auch wenn die Regeln des Raum- und Zeitkontinuums nicht erlaubten, dass eine Zeitreisende gesehen werden konnte, hatte Emalia nicht den geringsten Zweifel daran, dass genau das gerade geschehen war. Dieser Mann hatte sie gesehen, die Frage war nur warum?

Sie war gesprungen. Er hatte seinen Beweis. Die Person, die er seit Monaten observierte, gehörte zu den wenigen noch übrigen Divern dieser Welt. Sein Meister würde begeistert sein. Hunter hatte schon daran gezweifelt, dass Emalia Lefort das aktive Gen in sich trug, doch nun waren all seine Bedenken beseitigt. Die Sekunde, die sie in der Gegenwart verschwand, um einige Minuten in der Vergangenheit zu kosten, war für einen normalen Menschen nicht zu erfassen. Für alle anderen, hatte diese Frau niemals den Platz auf der Bank verlassen. Doch er hatte den Sekundenbruchteil ihres Verschwindens bemerkt, der ihre Gabe verraten hatte.
Nervös bewegte sie den Kopf in die verschiedenen Richtungen, ihr Blick ging auch in seine Richtung. Doch dies beunruhigte den Jäger nicht. Er war es schließlich gewohnt, dass seine Beute ihn bemerkte. Doch niemand war bisher klug genug gewesen, das unruhige Gefühl richtig zu deuten. Mit seiner verwaschenen Jeans und einem einfachen T-Shirt unterschied er sich äußerlich nicht von den leicht zu beeindruckenden Touristen, die sich rund um den Eiffelturm versammelt hatten. Hunter hatte ein dunkles Base-Cap tief ins Gesicht gezogen und nur hinter den verspiegelten Gläsern seiner Brille konnten seine Augen, die Bestie in ihm verraten. Seine Instinkte hatten die Pupillen zu schmalen, raubtierhaften Schlitzen geformt. Die sonst dunkelbraune – fast ebenso schwarze – Iris, war in ein kräftiges Rot getaucht. In diesen Augen gab es nichts Menschliches mehr. Vielmehr erinnerten sie an eine hungrige Kobra, die ihre Beute anvisierte. Auch seine rasiermesserscharfen Zähne, die bereits durch das rosige Zahnfleisch brachen, hatten etwas von diesem königlichen Tier. Wie alle Mitglieder seiner Art, liebte er die Jagd. Er genoss die Wirkung, die er bereits auf diese Entfernung auf seine Opfer hatte.
Seine Beute war zwischenzeitlich aufgestanden und beeilte sich die Avenue Gustave Eiffel herunterzugehen. Emalias Schritte wurden immer schneller und je näher er ihr kam, desto nervöser wurde sie. Immer wieder blickte sie sich aufgeregt um. Doch er war zu schnell, als das sie ihn hätte entdecken können. Er konnte fühlen, wie sie sich selbst einredete, dass dieses ungute Gefühl sich auf eine bloße Einbildung stütze. Doch er war kein Hirngespinst, er war ein blutrünstiger Jäger. Der Beste, den sein Meister jemals engagiert hatte. Deswegen besaß er auch Privilegien, von denen die anderen Jäger nur träumen konnten. Es war ihm erlaubt von seiner Beute zu kosten.
Ihr schneller Schritt ließ kleine Schweißperlen auf ihrer leicht gebräunten Haut entstehen und verstärkte somit ihren natürlichen blumigen Duft. Der Geruch ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Seine Zähne drückten schmerzhaft gegen seine Lippen. Er musste sie schmecken. Mit einem Sprung war er bei ihr und drückte sie in eine der vielen schmalen Gassen der Pariser Innenstadt. In einer Schnelligkeit, die keiner außer Angehörige seiner Art, mit den Augen erfassen konnten, riss er sie herum und erstickte mit der flachen Hand ihren angsterfüllten Schrei. Ihr Herzschlag war stark und laut. Die Halsschlagader füllte sich in Sekundenschnelle mit der köstlichen Flüssigkeit. Es war ihm nicht mehr möglich, das Tier in ihm weiter zurückzuhalten. Mit einem kräftigen Biss stieß er seine Fangzähne durch die zarte Haut ihres Halses. Sofort schoss ihm ihr köstlicher Lebenssaft in die Mundhöhle. Sie schmeckte nach süßem Nektar, das Getränk der Götter. Ein wenig Blut lief ihr den Hals entlang und verschwand in demselben roten Ton ihres Oberteils. Sein Biss löste in ihr eine angenehme Trance aus, die ihr ein leichtes Stöhnen entlockte. Noch gab es andere Triebe in ihm, die unbefriedigt waren. Leider war es ihm nicht erlaubt, auch in dieser Weise von der süßen Frucht zu naschen. Es kostete ihn viel Überwindung rechtzeitig von der Frau abzulassen und nicht ihren Lebensgeist aus den süßen Adern zu saugen. Er hielt sie fest in seinen Armen, damit sie durch die Erschöpfung nicht zu Boden ging. Der Jäger machte sich nicht die Mühe die blutenden Wunden zu verschließen. Er genoss den Neid der Anderen, wenn er seine Beute in diesem Zustand bei seinem Meister ablieferte. Gerade wollte er sich mit seiner Errungenschaft forttranslozieren, als etwas Großes ihn an die gegenüberliegende Wand schleuderte. Völlig unerwartet traf er gegen das steinerne Gemäuer, konnte fühlen, wie unter der Wucht des Aufpralls einige seiner Knochen brachen. Nur wenige Wesen waren stark genug, um derartige Verletzungen bei einem Unsterblichen hervorzurufen. Fauchend blickte er den Angreifer an, der sich nun über seine Frau beugte, die er vorher fallen gelassen hatte. Ethan Leroy, sein bereits zu Lebzeiten verhasster Erzfeind. Es wunderte ihn, dass dieser Mistkerl noch am Leben war, doch dies würde sich bald ändern. Schnell zog er seine schwere Basilard, die er immer in einem Gürtelhalfter mit sich führte. Der Jäger bevorzugte den Kampf mit richtigen Waffen, die noch wirkliches Geschick erforderten. Mit dem Dolch in der Hand translozierte er sich unmittelbar hinter seinen Feind. Doch der Überraschungseffekt reichte nur für einen schmalen Kratzer an dem rechten Oberarm seines Gegners. Bevor er zu einer erneuten Attacke ansetzen konnte, war Ethan auch schon wieder verschwunden und mit ihm die Zeitspringerin.

Impressum

Texte: © Patricia Bellasie. Alle Rechte liegen bei der Autorin.
Bildmaterialien: Der Eiffelturm im Hintergrund stammt von der Seite www.lehrerfreund.de. Es handelt sich um eine Aufnahme aus dem Jahr 1888. Die restlichen Materialen stammen von mir. Copyright by me.
Tag der Veröffentlichung: 11.08.2012

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /