Cover

Die Geburt




Ein grelles Licht blendete mich und eine Kälte, die ich niemals zuvor gekannt hatte, ließ mich erschaudern. Wo war ich?
Ich konnte nichts um mich herum richtig wahrnehmen und meine Sinne waren unterentwickelt. Ich war fast blind, konnte nur hell und dunkel erkennen und in meinen Ohren rauschte es. Ich hatte Angst.

Plötzlich spürte ich eine klebrige aber warme Zunge auf meinem nassen Fell und ich wusste, dass sie es war, die mich wärmte. Es war meine Mutter, die mir direkt eine Geborgenheit und Sicherheit vermittelte, die ich für einen kurzen Moment vermisst hatte. Noch tollpatschig und unkoordiniert, versuchte ich mich aufzurichten und mich an sie zu kuscheln. Plötzlich wurde ich in die Seite gestupst und bemerkte, dass ich nicht alleine war. Obwohl das Rauschen in meinen Ohren alle anderen Geräusche übertönte, spürte ich die Anwesenheit anderer Katzen, meine Geschwister. Ich musste sie nicht hören oder sehen, ich konnte sie fühlen. Diese vielen neuen Eindrücke verwirrten mich, die Gerüche, die ich nicht kannte, das schmerzende Gefühl in meinem Magen und etwas, dass in mein Fell pickste. Meine Mutter schubste mich sanft mit ihrem Kopf in Richtung Bauch und meine Geschwister, die ihren Körper ebenso schlecht kontrollieren konnten wie ich, traten mich in den Bauch und gegen den Kopf. Instinktiv schnüffelte ich mit meinem Näschen an dem Fell meiner Mutter und ein köstlicher Geruch zog mich in seinen Bann. Ich stupste mit meiner Nase gegen eine Zitze und der Rest ging wie von Geisterhand. Ich öffnete mein Mäulchen und sog kräftig daran und eine warme Flüssigkeit strömte in mein Magen und erwärmte mich.

In diesem Moment fühlte ich mich so glücklich, es war alles perfekt.



4 Wochen später



Das Rauschen in meinen Ohren wurde immer schwächer und ich konnte inzwischen das Miauen meiner Geschwister hören und auch meine piepsige Stimme tönte in meinen Ohren. Mit der Zeit waren meine Augen besser geworden und ich konnte richtig sehen. Das unerträgliche Gefühl in meinem Magen war auch völlig verschwunden. Unsere Mutter sorgte wirklich gut für uns. Die Neugierde ließ mich meinen Körper aufrichten, den ich inzwischen zu kontrollieren gelernt hatte und ich tapste über meine Geschwister hinweg. Dabei trat ich Kiara, die aufwachte und mich böse an funkelte.

“Was machst du Filou?“
„Ich will ein bisschen auf Erkundungstour gehen“
„Du weißt, Mama hat gesagt, wir sollen nicht weit weggehen.“
„Ich will ja gar nicht weit weggehen...“, gab ich meiner Schwester zur Antwort und tapste weiter.

Meine anderen Geschwister schliefen weiter, doch Kiara rannte mir hinterher und sprang mich von hinten an, sodass ich hinfiel. Sie biss mir ins Ohr und ich wehrte mich indem ich meine Tatzen gegen ihren Bauch stemmte und sie von mir weg drückte.
Unser spielerisches Gezanke wurde plötzlich unterbrochen. Ein Geräusch hatte unsere Aufmerksamkeit auf sich gelenkt.
Hinter einem Strohballen raschelte es hörbar.

„Was ist das?“
„Eine Maus“, gab Kiara besserwisserich von sich.
„Aber Mäuse machen doch keine Geräusche“
„Wenn sie leben schon, du hörst Mama aber auch nie zu“
„Heißt das die grauen Dinger, mit denen wir seit Kurzen spielen und an denen wir ein bisschen nagen...leben?“, ich schluckte.
„Natürlich leben die, du Trottel.“
Ich biss meiner Schwester ins Ohr.
„Hör auf mit dem Quatsch und guck zu“

Sie machte sich klein und ich tat es ihr gleich, dann machte sie einen Satz nach vorne und auch ich sprang ihr hinterher. Eine braun-graue Maus blickte uns erschrocken an und lief dann fiepend weg. Kiara und ich verfolgen sie. Die Maus war wirklich schnell und wir waren ihr unterlegen, da unsere Jagdinstinkte noch nicht stark genug ausgeprägt waren. Die Maus verschwand in einem kleinen Riss im Holzboden.

“Dieses Mal hast du gewonnen, aber wir kriegen dich noch“, gab Kiara in einem siegessicheren Ton von sich, doch ich war mit den Gedanken bereits woanders.

Ein kleines Loch in der Scheunenwand hatte meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Es war gerade groß genug für eine ausgewachsene Katze und sie Fellreste an dem abgesplitterten Holz verrieten mir, dass auch Mutter es häufig nutzte. Ich war in der Scheune geboren und hatte sie seither auch nicht verlassen. Ich hatte mich schon gefragt, was meine Mama macht, wenn sie uns für eine kurze Zeit verlässt, wohin sie geht. Nun könnte ich dieser Frage selbst auf die Spur gehen. Meine Neugierde trieb mich immer näher an den Spalt und mit meinem Näschen schnüffelte ich an dem Holz. Es roch, wie ich vermutet hatte, nach unserer Mutter, nach Stroh und etwas, was ich nicht kannte.

„Wo man da wohl herauskommt?“, fragte ich meine Schwester.
„Nirgends, wo wir sein sollten.“
„Bist du denn gar nicht neugierig?“
„Natürlich bin ich neugierig, Filou, aber Mama wird uns das alles zeigen, wenn es an der Zeit ist“

Kiara drehte sich herum und wollte wieder zurück gehen, um weiter zu schlafen, aber ich wurde von der Neugierde geplagt.

„Aber ich will es jetzt wissen“, quängelte ich.
Kiara drehte sich herum.
„Filou, nein.“

Doch ich war schon im Spalt verschwunden und unter meinen Tatzen spürte ich etwas Weiches, was nachgab. Es war genauso weiß, wie mein Fell und es war...kalt. Kiara tauchte neben mir auf.

„Filou, komm zurück. Das dürfen wir nicht“

Doch ich war fasziniert von dem weißen Etwas, das meine Spuren nachzeichnete. Ich sprang voraus und versank darin, dann ließ ich mich auf die Seite fallen und wälzte mich in dem fluffigen Unbekannten.

Kiara fand das weniger faszinierend. Sie hob angewidert ihre Tatzen und versuchte so gut, wie möglich dem weißen Zeug auszuweichen. Ich machte einen Satz und schmiss sie zu Boden.
„Ihhhh, lass das. Geh herunter“
Ich ließ sie los und sie kräuselte ihr Näschen und schüttelte den Kopf.

„Igiittt, lass uns zurückgehen.“
„Lass uns noch ein bisschen spielen“, bettelte ich.
„Nein, mir ist kalt“

Ich schüttelte den Kopf. Typisch Katzendamen.
Sie verschwand in dem kleinem Spalt und ich folgte ihr.
Kiara blieb abrupt stehen und ich stieß mit meinem Kopf gegen ihre Hinterbeine und plumpste auf meinen Popo.

„Aua, warum...“
"Shhh...", befahl sie mir und ich blickte an ihren braun-schwarz gestreiften Beinen vorbei und mir blieben die Worte im Halse stecken.

Ich sah, wie ein zweibeiniges Wesen mit seinen Tatzen nach unseren Geschwistern grabschte und sie in einen Sack steckte. Unsere Mutter fauchte und versuchte den Zweibeiner anzugreifen, doch er stieß sie mit seinen Hinterbeinen unsanft weg, sodass sie gegen die Wand geschleudert wurde und das Bewusstsein verlor. Unsere Geschwister maunzten kläglich und ich spürte ihre Angst.

“Wir müssen ihnen helfen“
„Aber das Wesen ist stark, wir können nichts tun.“
„Unsere Geschwister sie haben Angst, der Zweibeiner tut ihnen weh.“, jammerte ich.

Ich wollte in den vorderen Teil der Scheune rennen, doch Kiara versperrte mir den Weg.

„Wenn wir dahin rennen, werden wir auch in dem Sack landen.“

Sie sah mich mit ihren großen blauen Augen an und ich sah die Trauer und die Verzweiflung in ihnen.
Dann hörten wir einen metallischen und doch dumpfen Schlag und die hohen Schmerzensschreie unserer Geschwister. Das Wesen schlug mit einer Schaufel auf den Beutel und wir hörten, wie die kleinen Knochen knackten und unsere Geschwister starben. Das Wesen wiederholte die grausame Bewegung ein paar Mal bis unsere Geschwister vollständig verstummten. Kleine Wassertropfen liefen vom Fell des Zweibeiners herunter über seinen nackten Kopf und tropften an seiner Nase herunter auf den Boden. Er schnaubte und griff mit seiner Hand nach dem Sack.
Ich konnte mich nicht mehr länger zurückhalten, Angst, Wut und Trauer wollten nach draußen.

„Nein“, schrie ich. Oliver, Kitty, Jasper, Ruby. Alle tot. Ich konnte es nicht glauben, doch diese Totenstille und die roten Verfärbungen an dem grau-braunen Stoff der Todesfalle, wuschen alle meine Zweifel weg.

Mein kläglicher Schrei lenkte die Aufmerksamkeit des Zweibeiners auf uns und unsere Mutter, die wieder ihr Bewusstsein erlangte, blickte uns erschrocken und verzweifelt an.
„Lauft“, schrie sie.

Das Wesen ging im schnellen Schritt auf uns zu und ich blieb wie angewurzelt stehen, unfähig auch nur eine Faser meines Körpers zu bewegen. Die Schmerzensschreie meiner Geschwister tönten in meinen Ohren und überdeckten die schrillen Rufe meiner Mutter. Dann stupste mich Kiara in die Seite.

“Lauf Filou, lauf, sonst werden wir sterben. Beweg dich endlich, du Idiot“

Plötzlich hatte ich die Kontrolle über meine Glieder zurück und ich rannte zusammen mit Kiara durch den Spalt ins Freie. Wir rannten und rannten, so weit unsere kleinen Beine uns tragen konnten, ohne uns um zu blicken. Die Kälte in unseren Lungen schmerzte und meine Beine taten unendlich weh. Das weiße Zeug erschwerte uns das Laufen noch zusätzlich und immer wieder versanken wir darin, sodass nur noch unsere kleinen Köpfe heraus lugten. Der Untergrund veränderte sich. Das weiße Etwas war verschwunden, es war nass unter unseren Tatzen und hart. Wie hielten kurz inne und schauten uns um.
Der Zweibeiner war nicht zu sehen. Erschöpft ließen wir uns nieder und ich kuschelte mich an Kiara, die fürsorglich den Kopf auf meinen nieder sinken ließ.

„Es wird alles gut“, versuchte sie mich zu trösten, doch ich war völlig verstört.

Nichts war gut und es würde niemals wieder gut werden. Unsere Geschwister waren tot und unser Zuhause war keins mehr. Wir waren alleine und verängstigt. Kaum, dass wir uns wieder erholt hatten, schien das nächste Unglück an zu rollen. Wirklich zu rollen. Helle Lichter bewegten sich auf uns zu und der Boden vibrierte unter uns.
Wir bewegten uns nicht, denn Licht kann uns schließlich nicht verletzen, uns nicht wehtun, wie dieser Zweibeiner. Trotzdem pochte mein Herz vor Angst. Dann quietschte es und ich hörte das Schnurren einer anderen Katze. Doch diese Katze musste krank sein, da das Schnurren sich wirklich alles andere als gesund anhörte. Doch ich war von dem Licht zu sehr geblendet, um irgendetwas zu erkennen und so kuschelte ich mich verängstigt an Kiara und ich spürte, wie auch ihr Herz vor Angst raste. Dann packte mich etwas am Nacken und riss mich von meiner Schwester weg. Ich hörte, wie auch sie gepackt wurde und fauchte. Doch unser Fauchen klang alles andere als bedrohlich. Das Wesen drückte mich an seinen warmen Körper und instinktiv kuschelte ich mich an es. Obwohl ich Angst hatte, war ich so durch gefroren, dass ich die Wärme suchte. Eine seltsame Tatze streichelte mir über den Kopf und ich fühlte mich wieder geborgen. Doch ich war immer noch zu sehr geblendet, um zu erkennen, was mich da gepackt hatte und wärmte. Ich kannte den Geruch, den das Wesen umgab nicht. Es war neu für mich. Eine Tür wurde geöffnet und warme Luft umgab mich. Wo war ich? Meine Augen gewöhnten sich langsam an das grelle Licht. Ich
äugte nach rechts und sah, wie auch Kiara sich an den Oberkörper eines Zweibeiners kuschelte.
Ich erschrak. Ein weiterer Zweibeiner!. In diesem Raum waren vier Stück. Ich hatte Angst und versuchte mich mit meinen Tatzen weg zu drücken, doch das Wesen ignorierte meinen Fluchtversuch und drückte mich wieder an sich. Ich war zu erschöpft, um es noch einmal zu versuchen. Also gab ich auf und bereitete mich darauf vor, in einen schmutzigen Sack geworfen zu werden und dann würde mich das Wesen töten. Ich hatte Angst vor den unerträglichen Schmerzen und kniff meine Augen zu. Ich wartete auf meinen Tod, auf den dumpfen Schlag, der meinen Kopf zerschmettern würde, aber nichts geschah. Als ich die Augen wieder langsam öffnete, bemerkte ich, dass diese Zweibeiner anders waren, als der aus der Scheune. Diese Wesen waren gut zu uns, sie streichelten uns und kraulten mich hinterm Ohr.

„Papa, können wir die beiden Kätzchen behalten?“, fragte mein Zweibeiner die Anderen.
„Bitte....“, flehte nun auch das Wesen, das meine Schwester den Nacken kraulte.

Ich blickte nach vorne und sah, wie die beiden anderen Wesen sich in die Augen schauten und an den Blick auf uns richtete. Dann nickten sie.

Vielleicht hatte Kiara wirklich Recht und alles würde besser werden, ich konnte es nur hoffen.


Dieser Teil gehört nicht mehr zur Geschichte.




Mit dieser Geschichte möchte ich auf die grausame Tatsache aufmerksam machen, dass viele Menschen unerwünschte Katzenbabys immer noch grausam ermorden und ungestraft davon kommen.
Es kann nicht sein, dass sie diese unschuldigen und hilflosen Geschöpfe vergiften, ertränken und erschlagen können, ohne das sie bestraft werden. Deshalb möchte ich etwas dagegen tun und ich hoffe, dass ich mit eurer Hilfe Ideen sammeln kann, wie man so etwas zukünftig verhindern kann.

Nachtrag 22.09.2011

Heute lese ich in der Zeitung Folgendes:



Ich könnte wirklich heulen vor Wut =(
Es gibt so viele Monster auf der Welt, zum Glück gibt es auch noch Menschen, die sich um die armen Tiere kümmern und die brauchen gerade Hilfe. Ich kann nicht viel machen und deshalb unterstütze ich diese Menschen mit einer Spende. Viel geben kann ich zwar nicht, aber ich denke/bin mir sicher, dass es ihnen trotzdem hilft. Wenn Ihr auch spenden wollt:
Kontonr. 286 233 200
BLZ: 570 400 44 Commerzbank Neuwied
Verwendungszweck: Neues Katzenschutzheim

Vielen Dank für Eure Unterstützung und Kommentare =)

Impressum

Texte: Das Cover ist komplett von mir. Copyright by me.
Tag der Veröffentlichung: 03.09.2011

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /