Dieses Buch möchte ich
3 besonderen Menschen widmen:
Björn, weil er mich auf die Idee gebracht hat
Kevin, weil er bei dem Buch mitgeholfen hat
und
Susi, weil sie immer für mich da ist!
Prolog
Dies ist eine Geschichte, die ich selber erlebt habe, als ich noch ein kleines Mädchen war. Sie ist meiner Mutter gewidmet. Sie ist die Erfinderin dieser Geschichten und ich erzähle sie so, wie ich sie als kleines Mädchen erlebt habe. Ich heiße Wendy und bin mittlerweile 30 Jahre alt. Heute gebe ich diese Geschichten an meine eigenen Kinder weiter. Denn mich haben sie geprägt. Und dafür möchte ich meiner Mutter danken.
“Erzähl uns eine Geschichte!” bitten mich meine Kinder. “Aber nur eine kurze zum Einschlafen.” Ich überlege kurz, über welche Geschichte sie sich freuen würden. Peter Pan und Glöckchen? Oder etwas anderes? “Was für eine Geschichte wollt ihr denn hören?” hake ich schließlich nach. “Eine Fantasiegeschichte mit Elfen und Feen.” plappert Alice los. “Okay, dann lasst mich mal kurz nachdenken.” sage ich und überlege kurz. Dann kommt mir die Idee. “Kuschelt euch in die Decke ein und hört gut zu. Es geht los.”
“Betrittst du als Kind den Wald, scheint es so, als gehst du in eine andere Welt, eine Traumwelt.
Eine Welt der Fabelwesen.”
- von mir -
Meine Kinder stehen neben mir im Wohnzimmer und wollen mal wieder eine schöne Gute-Nacht-Geschichte hören. “Setzt euch, ich erzähle euch eine Geschichte, die mir meine Mutter auch immer erzählt hat.” sage ich und deute Wendy und Alice an, sich neben mich auf die Couch zu setzen.
Lasst uns eine Welt betreten, die noch nie einer gesehen hat. Eine Welt voller Elfen, Feen, Zauberwesen und auch kleiner Leprechaun. Diese Welt kann man nur betreten, wenn man Fantasie hat. Wir müssen sie uns vorstellen können, denn nur dann können wir sie sehen. Reisen wir durch die Zeit, zurück in unsere Kindheit. Eine Zeit, in der alles noch ohne Sorgen war und wir jederzeit in diese Fantasiewelt eintreten konnten.
Wir durchlaufen einen wunderschönen grünen Wald mit vielen unförmigen Bäumen. Sie sehen aus, als würden sie lebendig sein und durch die Gegend laufen. Manche von ihnen sehen etwas furchterregend aus, aber die meisten haben ganz freundliche Züge. Doch Moment. Was ist das dort drüben zwischen den Blättern? Ein kleines Licht, das durch die Gegend schwirrt. Was es wohl ist? Sehen wir es uns mal an und folgen dem kleinen Lichtpunkt. Es ist eine Elfe. Singend schwirrt sie durch die Luft. Sie scheint uns bemerkt zu haben und versucht uns etwas zu sagen, doch wir können sie noch nicht verstehen. Wir müssen näher an sie heran treten, ganz vorsichtig, damit wir sie nicht erschrecken. Ein leises Klingeln ist zu hören. Jetzt können wir sie verstehen. Sie will uns den Wald zeigen und uns ihren Freunden vorstellen. Sie hat Vertrauen zu uns. Wir machen ihr keine Angst. Eine Elfe traut normalerweise niemandem, außer ihresgleichen. Sie haben Angst vor der fremden Welt draußen vor dem Wald, in der wir Menschen wohnen. Sie fliegt uns voraus und wir folgen ihr. Sie erzählt uns, dass sie noch nicht lange fliegen kann. Erst seit ein paar Tagen sind ihre Flügel komplett ausgewachsen. Endlich muss sie nicht mehr zu Fuß gehen und aufpassen, dass sie nicht von einem der anderen Waldbewohner versehentlich zertreten wird. Sie sagt, dass es in diesem Wald hier nur so vor Zauberwesen wimmelt. “Ich heiße übrigens Velania und ich möchte euch einiges über die Traumwelt erzählen. Die Traumwelt ist der Ort, an dem die Träume aller Kinder entstehen, egal ob es gute oder böse Träume sind. Hier gibt es Elfen, Feen, Zauberer, Leprechaun und andere Fabelwesen” sagt sie. “Alle leben sie hier in diesem einen Wald. In keinem anderen Wald der Welt gibt es Leprechaun. Sie reisen von diesem märchenhaft grünen Ort in die Welt hinaus um den Menschen ein kleinwenig Glück zu schenken! Nirgends wird die Magie so offen gezeigt und trotzdem kann kein Mensch dieser Erde sie sehen.” Sie sagt, dass kein Mensch dieser Welt die Magie sehen kann. Warum aber können wir es? Wahrscheinlich, weil kaum einer von uns noch soviel Fantasie hat wie wir Kinder, um diese kleinen Wesen zu sehen. Dass, so nehmen wir an, ist der Grund, warum wir die kleine Elfe und all die anderen Wesen sehen können!
Folgen wir ihr weiter. Der Wald wird nicht, wie erwartet immer dunkler und gruseliger, sondern immer heller und freundlicher. Hinter jedem Baum ist ein neues Wesen zu sehen. Dort hinten erscheint ein Regenbogen. Ein Leprechaun macht sich also gerade auf den Weg zu seinem Topf mit dem Glück, um es in der Welt zu verteilen. Hinter einem anderen sehen wir die Zwerge laufen, die sich gerade auf den Weg in ihr Bergwerk machen. Bepackt sind sie mit Hammer und Meißel, um den harten Stein im Gebirge bearbeiten zu können. Und dort hinten - könnt ihr es sehen? Ein Einhorn, wir finden es ist wunderschön. So weiß und herrlich glitzernd sieht es aus. Mit seinem Horn. Aus reiner Magie soll es bestehen - so haben wir es zumindest von einem weisen, gelehrten Mann gehört.
Wir sind angekommen, an dem Ort, an dem die Träume ihren Ursprung haben. Ein kleines Haus steht hier. Es ist schwarz und weiß - genau in der Mitte ist es geteilt. Wie ein Hexenhäuschen sieht es aus. Es hat zwei Schornsteine - einen auf der weißen und einen auf der schwarzen Seite. Aus beiden kommen Rauchblasen heraus. “Die schwarzen Blasen sind die Alpträume”, sagt die kleine Elfe “und aus den weißen Blasen bestehen die Träume, die fröhlich sind und keine Gewalt in sich tragen.” Es sind mehr weiße als schwarze am Horizont zu sehen. “Für jedes Kind gibt es eine Blase. Immerzu kommen hier Blasen heraus, denn ständig ist es irgendwo Nacht und die Kinder träumen.” Erwähnt sie. Die Tür des Hauses öffnet sich. Ein kleiner grauhaariger Mann kommt heraus. “Einer der Zauberer hier im Wald” erklärt uns die Elfe. Er sieht uns verwundert an und dann - nachdem er die Elfe bei uns erblickt hat - lächelt er. “Freunde von dir?”, fragt er die Elfe. Sie nickt und er deutet an, dass wir eintreten dürfen.
Von außen sieht das Haus klein aus, doch wenn man es betritt, dann erscheint es wie ein kleines Schloss. Alles sieht zauberhaft schön aus - auch wenn im hinteren Bereich des Hauses die Maschine steht, welche die Träume für jedes Kind der Welt erstellt. Eine kleine Fee ist gerade dabei eine neue Liste in die Mitte der Maschinen einzuführen. “Was machst du da?” wollen wir von ihr wissen. “Auf der Liste stehen die Kinder drauf, die jetzt schlafen sollen und die Maschine hat die Macht zu entscheiden, welches Kind gute Träume haben soll und welches nicht!” Wie kann die Maschine das unterscheiden? Das ist eine gute Frage. Vielleicht wird man es uns erklären. “Schon seit Urzeiten gibt es diese Maschine, einst hatte Gott persönlich sie bedient. Er hat sie erfunden, um damit die Menschen besser unter Kontrolle zu haben, denn nur wenn die Menschen träumen, können sie alles, was sie erlebt haben verarbeiten. Wenn es irgendwann einmal keine Träume mehr geben würde, dann würde es im schlimmsten Fall nur noch Krieg auf der Welt geben. Kein Mensch wüsste dann mehr, was Glück heißt. Die Leprechaun würden ihre Töpfe mit Gold verlieren und somit ihr leben. Wir Feen und Elfen könnten in keine Träume mehr schlüpfen, um darin mitzuwirken. Kein Kind würde mehr wissen, was Fantasie und Magie bedeuten. Es wäre einfach zu tragisch!” Der kleinen Fee ist anzusehen, welche grausame Auswirkung es haben würde, wenn die Maschine nicht mehr da wäre. Ihr macht es Spaß an der Traummaschine zu arbeiten. Durch ein kleines Fenster können wir sehen, wie die Maschine die Listen in einzelne Streifen schneidet und sie schnell auf die schwarze oder die weiße Seite transportiert. “Eigentlich”, sagt die kleine Elfe, die uns von Anfang an begleitet. “geht das in Sekundenschnelle, aber hier geht alles langsamer.” Hier scheint die Zeit fast still zu bleiben.
Die Traummaschine macht also die Träume und schickt sie an die Kinder, die sie dann träumen dürfen. Wir gehen weiter. Einen Raum weiter sehen wir eine große Kugel mitten im Raum stehen. Ein Zentaur läuft um sie herum und betrachtet das, was in der Kugel zu sehen ist. Lauter Gesichter - Gesichter von Kindern, sie lachen, weinen und spielen. Zentauren sind wunderbare Wesen - halb Mensch, halb Pferd. Sie sind die weisesten Wesen in der Fantasiewelt und können am besten in die Zukunft blicken. “Da drüben ist Anor, er ist ein Zentaur.” Wir gehen zu ihm und schauen ihm bei seiner Arbeit zu. “In dieser Kugel kann man alle Kinder auf der Welt beobachten, wie sie ihre Freude mit anderen teilen.” erklärt uns der Zentaur, nachdem er uns gesehen hat. “Sie bekommen die schönen Träume.” “Wie funktioniert das?” wollen wir wissen. “Die Kugel ist eine Art magisches Auge und blickt über die Welt. Sie ist ein Teil der Maschine, die ihr da drüben schon beobachtet habt. Diese Kugel hier ist so eingestellt, dass es nur die Kinder herausfiltert, die heute freundlich waren. Die Kinder, die böse waren, werden hier nicht aufgelistet. Er zeigt zu einem Tisch, auf dem eine Art Computer steht. “Der Computer erstellt eine Liste mit den Namen aller Kinder und hinter die guten wird ein kleiner, für uns unsichtbarer Vermerk, gemacht, den nur die Maschine erkennt. “Warum bist du dann hier, wenn doch die Kugel alles für dich erledigt?”, wollen wir wissen.“ Auch die Kugel kann sich mal irren und wir Zentauren sind die Weisesten hier in der Fabelwelt und können somit am besten erkennen, ob die Kugel falsch liegt.” antwortet er und beobachtet die Kugel weiterhin. Immer wieder schleicht er um die Kugel herum und beobachtet sie. “Was machst du, wenn die Kugel sich irrt?” wollen wir wissen. “Dann muss ich dies an dem Computer dort hinten ändern, bevor die Liste rauskommt.” erklärt er bereitwillig. Wir lassen Anor in Ruhe weiterarbeiten. Nicht, dass er noch etwas Wichtiges übersieht.
“Velania!”, ruft der Zauberer, den wir vorhin schon einmal gesehen haben. “Komm bitte einmal und bring unsere Gäste mit! Ich möchte euch mit den Anderen hier bekannt machen!” Der kleine Mann mit dem langen Bart und den blauen Umhang winkt Velania zu sich nach draußen. Draußen vor dem kleinen Haus haben sich viele der Waldbewohner versammelt. Dort sind Elfen, Feen, Zwerge, Zentauren, Leprechaun, Einhörner und noch andere Fabelwesen, die wir noch nie gesehen haben. “Ich bin Balda”, stellt sich der kleine Zauberer vor. “Das liebe Bewohner der Traumwelt, sind unsere Gäste. Sie sind hier, weil sie an uns glauben und genug Fantasie besitzen, um sich die verzauberte Welt hier vorstellen zu können.” “Entstehen hier mehr, als die Träume der Menschen?” fragen wir Balda. “Dies hier ist der Ort, der in der Fantasie aller Menschen existiert. Die Kinder begegnen uns gerne in ihren Gedanken und Träumen. Nur wenige Erwachsene haben heute noch Zugriff auf unsere Welt, weil sie nicht mehr an uns glauben. Hier ist aber nicht der Ort der Träume - Nein, hier sind auch die ganzen Märchen entstanden, wie die von den Gebr. Grimm zum Beispiel. Sie kamen uns oft besuchen, um über uns Geschichten an die Welt der Menschen weiter zu geben. Die Kinder lieben auch heute noch Märchen, aber leider erzählen die Menschen sie kaum noch ihren Kindern.” Während der Zauberer erzählt, können wir beobachten, wie einige Leprechaun auf ihrem Regenbogen verschwinden. Anscheinend haben sie einen Auftrag bekommen, um irgendwo auf der Welt einem Menschen Glück zu bringen. Ihr könnt euch hier in Ruhe umsehen, aber geht nicht über den Wasserfall am höchsten Berg, denn dort kommt ihr in die Welt, wo die Gefahr zu Hause ist. Noch ist unsere Welt hier größer, aber die Gefahr nimmt zu, denn immer mehr Kinder wollen kämpfen und lassen sich von der Gewalt leiten. Dies nährt die andere Welt und lässt sie wachsen.” erklärt uns Velania. “Ich muss hier bleiben, denn hier ist meine Arbeit, ich kann hier nicht weg. Aber wir werden uns wieder sehen und wenn ihr mich braucht, dann müsst ihr nur ganz fest an mich denken und ich werde euren Ruf hören.” Einer der Leprechaun kommt auf uns zu und fragt “Wollt ihr mal die Welt und Arbeit der Leprechaun kennen lernen?” Wir nicken. “Mein Name ist Wenda und ich würde euch gerne einmal zeigen, was wir Leprechaun alles leisten müssen und wie wir arbeiten.” “Wir würden gerne sehen, wie ihr arbeitet, um eure Leistung besser schätzen zu können.” Wenda nimmt uns an die Hand und klopft mit ihrem Stock zweimal auf den Waldboden. Ein Regenbogen erscheint.
“So ist es beschlossen. Geht mit ihr.” hören wir Velania noch sagen, bevor wir am anderen Ende des Regenbogens in einem anderen Teil der Traumwelt landen. “Dies ist das Reich der Leprechaun. Hier verstecken wir unsere Töpfe mit dem Gold. Der Wald war nur die Grenze zu eurer Welt. Hier ist der einzige Ort, an dem normalerweise kein Mensch Zutritt hat, denn uns Leprechaun kann man normalerweise nicht sehen.” Der Ort, an dem wir uns befinden ist grün. Wenig Bäume stehen hier. Wir befinden uns also nicht mehr im Wald. Die Sonne strahlt vom Himmel herunter, aber es ist angenehm kühl. “Wozu brauchst du eigentlich genau diesen Stock?” fragen wir. “Der Stock ist das Werkzeug, mit dem wir durch die Welten reisen können. Von der Traumwelt in eure Welt und wieder zurück. Ohne ihn hören wir auf zu existieren, wir erstarren zu einem Baum, denn ohne sie können wir die Welten nicht mehr wechseln und finden unseren Topf mit Gold nicht mehr.” “Das heißt, ohne deinen Stock, würdest du keine Chance haben, zu überleben. Hast du schon einmal einen solchen Moment bei einem anderen miterlebt?” haken wir nach. “Erst vor ein paar Wochen. Mein Mann. Dort drüben”, Wenda zeigt auf einen großen Baum direkt an einem purpurnen Fluss. “ das ist sein Baum. Er konnte den Dämon bis dorthin verfolgen, dann auf einmal verließ ihn die Kraft und er blieb einfach stehen und ein paar Tage später spross dieser wunderschöne Baum an genau dieser Stelle.” Wenda ist den Tränen nahe. Sie vermisst ihren Mann sehr. “Das tut uns wirklich leid, Wenda. Es muss grausam für dich gewesen sein, dies mit anzusehen! Gibt es denn keine Möglichkeit ihn wieder lebendig zu machen?” “Nur wenn wir den Stab haben, aber er ist zerstört.” Ein leiser Gong ist zu hören. “Wir werden gerufen”, sagt Wenda und klopft wieder auf den Boden. Der Regenbogen erscheint.
“Auf zum Gold-Topf! Bevor wir gehen, müssen wir schnell einen Klumpen Gold holen, denn es wäre zu gefährlich, ihn immer dabei zu haben.” Wir steigen wieder auf den Regenbogen, der uns zum Topf bringt. Dort angekommen weist Wenda uns an, kurz zu warten und geht in die Höhle, die vor uns entsteht. Kurz darauf kommt sie wieder und steckt etwas in ihre Tasche. Dann geht die Reise weiter. Wir kommen in einer großen Stadt an. Dort sitzt ein Mann am Wegesrand, der so aussieht, als hätte er schon seit Wochen nichts mehr in den Magen bekommen. Sie pustet ihm ein bisschen von dem Goldstaub ins Gesicht und wartet darauf, was passiert, bevor wir weitergehen. Eine junge Dame läuft vorbei, sieht den jungen Mann an, der so verlassen dort sitzt und gibt ihm eine Geldnote in die Hand und sagt: “Kaufen Sie sich davon etwas zum essen. Sie sehen sehr hungrig aus.” Der junge Mann bedankt sich und steckt das Geld weg. “Ich hoffe, dass sie irgendwann auch mal Glück haben” hören wir die Dame sagen. “Danke, dass Glück hat mich gerade erst geküsst.” antwortete er, packt seine Sachen und geht. Dann erscheint vor uns wieder Wendas Regenbogen, der uns wieder in die Welt der Leprechaun zurückbringt.
Wenda zeigt uns weitere Bereiche ihrer Welt und erklärt uns, dass es hier nie dunkel wird. “Hier ist es egal, was man alles macht. Man wird einfach nicht müde!” Hier kann man also Tag und Nacht nur die Sonne sehen. 24-Stunden lang ist es hell, außer wenn es regnet natürlich. “Allerdings gibt es eine Zeit, in der wir die Sonne einfach nicht sehen können. Dann wird es kühl und wir haben Zeit uns auszuruhen. Man kann es mit der Nacht vergleichen, die es in eurer Welt gibt.” Wir sind am Gebirge angekommen und stehen vor einer kleinen Ansammlung von Lehmhütten. Von außen sehen sie sehr klein aus, aber als wir hinein gehen, erscheint alles riesig. Es ist wohl in dieser Welt so, dass der äußere Schein nicht der Wahrheit entspricht. Die Hütte ist wunderschön eingerichtet. Klar, alles ist zu klein für uns, denn Leprechaun sind nicht groß. Uns gehen sie gerade mal bis zu den Knien. “Wenn ich das richtig verstanden habe, überbringt ihr das Glück. Wie kommt es dann, dass manche Menschen großes Pech erfahren?” wollen wir wissen. Es ist schon eine Zeit her, seit wir hier in der Traumwelt eingetroffen sind. “Pech und Glück liegen nah bei einander. Wir sind nur die Überbringer und das Schicksal entscheidet, ob es zu Pech oder Glück wird.”, versucht Meta, eine andere Leprechaun-Frau unsere Frage zu beantworten, während sie zusammen mit Wenda ein großes Lagerfeuer entzündet. Es ist kühl geworden und die Sonne hat sich hinter einem wolkenbehangenen Himmel versteckt. Es scheint soweit zu sein.
Kurz darauf fängt das Feuer an zu prasseln. Ein paar andere Leprechaun bereiten das Essen zu. Hier sind alle wie eine große Familie. Einige fangen an zu singen, um die Zeit zu überbrücken, bis das Essen fertig ist. Es sind schöne Lieder. Es ist die Sprache der Leprechaun. Wir verstehen sie nicht, aber die Melodie erzählt von der fantastischen Welt, in der wir uns befinden. Und von den wundersamen Wesen, die darin leben. “Hier seid ihr.” ruft Velania. “Ich hab mir schon gedacht, dass ich euch hier finden werde. Wie hat euch die Welt der Leprechaun gefallen?” “Die Zeit hier war fantastisch. Aber warum bist du hier?” wollen wir wissen. “Es ist Zeit. Ihr müsst gehen. Der Tag bricht an. Heute Nacht sehen wir uns wieder. Dann werdet ihr eine andere Welt sehen!” sagt Velania. Wir verabschieden uns von unseren neuen Freunden und folgen der kleinen Elfe. Schneller als wir es uns vorstellen können, sind wir wieder an dem kleinen schwarz-weißen Haus angekommen. Der Himmel ist immer noch voller schwarzer und weißer Blasen. Die Kinder träumen noch immer. Balda erwartet uns. “Habt ihr es hier genossen?” fragt er uns. “Ja, wir würden sehr gerne heute Nacht wieder kommen, aber wir wissen nicht, ob wir den Weg wieder hierher zurück finden.” antworten wir traurig. “Ihr müsst euch einfach nur diesen Ort hier ganz fest vorstellen und die Traumfee Santyra wird euch finden und euch hierher führen.” “Wie werden wir sie erkennen?” “Sie ist wunderschön, weiß und ihr Licht wärmt eure Herzen.” hören wir den kleinen Zauberer noch sagen, während wir langsam aus dem Wald zurück gesogen werden. Wir wachen auf. Heute Nacht geht die Reise weiter in einen anderen unbekannten Teil der Traumwelt.
Meine Kinder liegen neben mir auf dem Bett, die Augen sind schon fast zu. Sie schlafen gleich ein. Liebevoll decke ich Alice und Wendy zu. Morgen soll die Geschichte, wie versprochen, weitergehen.
“Ich bin nicht tot.
Ich tauschte nur die Räume.
Ich lebe in Euch und
geh durch eure Träume.”
- Michelangelo -
„Mama, erzähl weiter.” Meine beiden Mädchen strahlen mich richtig an und freuen sich auf eine Fortsetzung der ‘Traumwelt’-Geschichten. Ausnahmsweise gehen sie mal gerne ins Bett.
“Gestern waren wir die Leprechaun besuchen. Wohin uns die Reise wohl heute führt?” Ich fange an zu erzählen.
Wieder einmal betreten wir in unserem Traum den selben Wald, wie in der Nacht davor - den Zauberwald. Es ist hell dort und trotzdem sehen wir ein noch helleres Licht. Das Licht ist wunderschön und so warm. Es schwebt auf uns zu. Sieht aus, wie eine Fee, nur viel größer.” Du musst Santyra sein?” fragen wir das Wesen. “Ja, das bin ich.” antwortet das Licht. “Wohin führst du uns?” “Heute sollt ihr den Wald und seine Bewohner näher kennen lernen. Seht ihr da drüben den hell leuchtenden Fleck?” fragt Santyra. Wir nicken. “Das ist bestimmt eines der Einhörner. Kommt mit und lasst es uns einmal ansehen.” Hinter ein paar Bäumen steht es. Ein Einhorn. Es sieht aus wie ein Pferd, ist weiß und glitzert. “Hallo Santyra. Wen bringst du denn heute mit?” fragt das Einhorn. “Das sind unsere Gäste. Gestern waren sie bei den Leprechaun. Heute sollen sie die Waldbewohner kennen lernen.” hören wir Santyra sagen. “Das ist Syra, das Oberhaupt der Einhörner.” Syra begrüßt uns, indem sie uns ihre warmen, weichen Nüstern ans Gesicht hält. Sie riecht an uns. “Was machst du da?” lachen wir. “Ich rieche an euch. Ihr seid noch jung und besitzt viel Fantasie. Ihr habt die Liebe in euch. Selten sieht man solch reine Wesen, wie ihr es seid in diesen Wald kommen. Ihr seid noch nicht von der Welt der Erwachsenen zerstört, in der es nur um Geld und Arbeit geht. Ihr könnt euch noch alles vorstellen, was ihr wollt. Behaltet das immer in euch.” antwortet sie uns und lacht leise auf. “Kommt, steigt auf. Ich zeig euch den Wald. Wir steigen auf und Syra läuft los. Santyra bleibt zurück und wartet auf unsere Rückkehr. Es scheint so, als würden wir schweben, denn wir spüren kaum den Boden unter uns. Drüben bei den Bergen sehen wir die Zwerge, die sich wieder auf den Weg in ihr Bergwerk machen. Hier und da sieht man eine Elfe durchs Unterholz fliegen. Wieder ein Stück weiter steht ein Rehkitz mitten auf einer von bunten Blumen übersäten Lichtung. “Warum hast du eigentlich ein Horn auf deiner Stirn?” fragen wir. “Das Horn besteht aus purer Magie. Selbst wenn in der ganzen Traumwelt keine Magie mehr vorhanden ist, können wir mit unseren Hörnern all die Wesen hier im Wald retten.” “Aber wie wird die Magie darin zusammengehalten?” “Magie besteht aus dem gleichen Staub, aus dem die Sterne sind, die ihr am Himmel sehen könnt.” “Unsere Sterne bestehen aus Magie?” fragen wir ungläubig. “Warum können die Erwachsenen sie dann noch sehen, wenn sie doch nicht an die Magie glauben?” - “Sie wissen nicht, dass es die Magie ist, die sie zum leuchten und strahlen bringt.”
Dort hinten ist ein Lichtfleck zu sehen auf den wir zureiten. Was uns dort wohl erwarten wird? Gleich werden wir es sehen. Wir kommen am Rand einer großen Lichtung an. Die unterschiedlichsten Blumen- und Pflanzenarten wachsen hier. Wunderschön und in den verschiedensten Farben. Am Horizont ist eine Gruppe tanzender Wesen zu sehen. Eine von ihnen sieht uns und kommt zu uns herüber. Es scheint als würde sie schweben, so fließend sind ihre Bewegungen. “Hallo Syra.” begrüßt uns die Nymphe. “Du hast Gäste dabei?” sagt eine der anderen beiden Nymphen. Sie kommen auf uns zu und umtanzen uns. “Ihr seid Nymphen, oder?” fragen wir nach. “Was genau sind eure Aufgaben im Wald?” Ein anderes Wesen taucht neben uns aus. Es hat eine Pan Flöte in der Hand und muss ihr Satyr sein. Ein Satyr ist eine Art Führer. “Die Nymphen bringen mit ihren Tänzen die Blumen, Bäume und Gräser zum wachsen und gedeihen.” antwortet er. “Ich spiele die Musik dazu und führe die Nymphen alle paar Tage zur Quelle des Lebens, damit sie die Kraft des Wassers an die Pflanzen weiter geben können. Denn ohne das Wasser kann keine Pflanze der Welt lange überleben. Ohne uns würde auch in eurer Welt nichts mehr blühen.” “Das wäre aber schade. Blumen sind so toll und dank euch wachsen und gedeihen die Blumen in der Welt.” “Aber ihr habt Glück und dürft die Quelle allen Lebens sehen. Wir waren gerade auf dem Weg dorthin. Wollt ihr denn mitkommen?”. „Ja, natürlich. Gerne.” antworten wir. “Wir sind übrigens Waldnymphen. Ich bin Mirveda. Das sind Shandrys und Staria und unser Satyr Melton.” stellt Mirveda uns die anderen vor. “Der Weg zur Quelle wird nicht leicht für euch sein. Ich schlage vor, das Syra uns begleitet und ihr auf ihr reitet.” “Das mache ich gern.”
Syra trabt los. Nach einer Weile lassen wir die große Lichtung hinter uns und befinden uns wieder im Zauberwald. Wir sind nah am Gebirge, welches den Traum vom Alptraum trennt. Man kann die Zwerge arbeiten und singen hören. “Schöner Gesang”, sagen wir. “Nicht wahr? Die Zwerge singen immer bei der Arbeit. Es macht Spaß, ihnen dabei zuzuhören, aber wir können nicht verweilen. Sonst ist die Wiese, auf der wir leben, zu lange ohne unsere Liebe und unseren Schutz.” Meltons Gesicht bedeutet nichts Gutes. Trotzdem wollen wir wissen warum. “Die Blumen und Pflanzen würden sonst langsam verdorren und kaputt gehen. Es geht zwar nicht so schnell, aber je länger wir sie alleine lassen, umso länger dauert es bis sie wieder gesund sind.” erklärt Staria. Wir sind nun schon eine Weile unterwegs, als wir ein leises Plätschern wahrnehmen. Der purpurne Fluss taucht vor uns zwischen den Bäumen auf. “So, jetzt ist es nicht mehr weit.” hören wir Shandrys singen und lachen. Die Nymphen tanzen und singen zur Musik ihres Satyrs durch den Wald. “Jetzt müssen wir nur noch dem Fluss bis zum Ursprung der Quelle folgen, dann haben wir es geschafft.” Wir folgen dem Fluss, der langsam von Purpur in schneeweiß übergeht. “Warum wechselt der Fluss seine Farbe?” haken wir nach. “Am Ursprung der Quelle ist die ganze Magie zu finden, deswegen ist der Fluss dort weiß. Je weiter das Wasser von der Quelle wegfließt, desto weniger Magie befindet sich darin. Deshalb müssen wir immer hierher kommen, wenn unsere Magie zu Ende geht.” “Woran merkt ihr, dass eure Magie immer weniger wird?” “Die Blätter der Bäume zum Beispiel werden dunkler und verfärben sich langsam. Ihr Menschen könnt so etwas nicht sehen, aber wir Nymphen haben ein Auge dafür und sehen das unseren Schützlingen sofort an.” meint Mirveda. Vor unseren Augen erhebt sich das große Gebirge, dass die Traumwelt schützt.
Der Ursprung der Quelle ist nahe. Wir können den Wasserfall sehen, der direkt aus dem Berg herausspritzt. Dort, wo das Wasser zum ersten Mal auf die Erde fällt, ist das Wasser blendend weiß. “Hier ist die Magie am Stärksten, da sie nicht einfach davon fließen kann.” erklärt Staria. “Aber ohne einen bestimmten Tanz kommen wir nicht an sie heran.” “Was bedeutet das genau - ihr kommt ohne einen bestimmten Tanz nicht ran? Woran?” fragen wir erstaunt. “Die Magie ist im Wasser eingeschlossen und kann nur dann entnommen werden, wenn wir eine bestimmte Schrittfolge tanzen. Das ist sozusagen der Schlüssel um die Magie für kurze Zeit freizulassen. Wenn die Magie einfach frei wäre in diesem Gewässer könnte sich jeder, der hier vorbei kommt, etwas davon nehmen.” Der Satyr stimmt mit seiner Pan Flöte eine wunderschöne Musik an, zu der die Nymphen tanzen. Ein paar Minuten dauert es, bis sie langsam zum Ende kommen. Eine nach der Anderen holt ein kleines Gefäß hervor und füllt es mit dem Wasser und der Magie des Flusses. Das Wasser ist jetzt noch heller. “Wie verschließt sich die Quelle denn wieder?” wollen wir wissen. “Wie ihr seht, ist das Gewässer jetzt noch ein wenig heller geworden. In ein paar Minuten wird es wieder so, wie es vor unserem Tanz war. Dann hat sich die Quelle von selbst wieder verschlossen.” antwortet Shandrys und Mirveda fügt hinzu: “Das ist sozusagen ein Schutzmechanismus. So vergisst keiner die Quelle wieder zu verschließen, bevor er geht.” “Wer hat denn alles Zugriff zu der Quelle?” fragen wir. “Nur wir Nymphen. Wir sind die einzigen Wesen des Waldes, die keine eigene Magie besitzen und sie doch benötigen.” Wir sind erstaunt. Langsam begeben wir uns auf den Weg zurück zur großen Lichtung.
“Wenn ihr wollt können wir einmal bei den Zwergen vorbeischauen und ihnen ein wenig beim arbeiten zusehen.” meint Syra schließlich. “Oh ja, das wäre eine tolle Idee. Das Bergwerk sieht bestimmt toll aus. Und bestimmt glitzert und funkelt dort alles!” rufen wir begeistert. So verabschieden wir uns von den Nymphen und ihrem Satyr und treten den Weg zum Bergwerk der Zwerge an. Sie sind nicht schwer zu finden. Der Berg kommt immer näher. Der Gesang der Zwerge wird immer lauter. Auch die Geräusche von Hammer und Meißel, die gegen das Gestein schlagen, wird lauter. Vor uns ist ein großer Höhleneingang. Wir sind da. Am Boden laufen Schienen in die Höhlen hinein. An den Wänden hängen Fackeln, die das Dunkel im Inneren der Höhle etwas heller machen. Weiter hinten verschwinden die Schienen in der Dunkelheit. Ein Rattern wird lauter. Im Dunkel der Höhle sieht man es glitzern. Immer näher kommt es. Kurz darauf können wir erkennen, dass ein Zwerg mit einem Waggon voller Edelsteine in unsere Richtung fährt. Ein Quietschen ist zu hören. Es muss die Bremse sein, denn der Waggon wird langsamer. Vor uns bleibt er stehen. Der Zwerg steigt aus. “Wer seid ihr denn?” quiekt er. Wir steigen von Syra ab, damit wir dem Zwerg besser in die Augen schauen können. Zwerge mögen es überhaupt nicht, wenn man größer ist als sie. “Das sind unsere Gäste hier im Zauberwald.” sagt Syra. “Dürfen sie euch etwas bei der Arbeit zusehen?” “Ja klar, gerne. Mich nennen hier alle nur Chef.” antwortet der Zwerg und deutet uns an, dass wir ihm in die Höhle folgen sollen. “Ich warte hier auf euch. Die Zwerge werden euch rechtzeitig vor Sonnenaufgang zurückbringen. “ sagt Syra. Wir folgen dem Zwerg in die Höhle. “Was passiert jetzt mit den Edelsteinen, die ihr aus dem Fels herausschlagt? Wohin bringt ihr die?” “Die werden hier in diesem Bereich der Höhle weiterverarbeitet.” Wir betreten eine Nebenhöhle, in der etliche Gleiszweige zu Ende gehen. Viele kleine Elfen sind dabei die Edelsteine mit Hilfe ihres Zauberstabs in die fantasievollsten Wesen der Traumwelt zu verwandeln. “Hier entstehen all diese Figuren, die ihr dort auf den Regalen seht. Ob sie nun echt sind oder nicht spielt keine Rolle. Wenn sich eins der Kinder eines von diesen Wesen ausdenkt und malt oder sogar davon träumt, dann verschwindet es von dieser Regalwand.” erklärt Chef weiter. “Gerade in dem Moment sehen wir, wie sich einer der Tier-Edelsteine in Luft auflöst. Wieder einmal zeigt ein Kind, dass es Fantasie besitzt. “Lasst uns mal in die Stollen runter fahren, bevor die Zeit um ist und ihr gehen müsst. Eine der Feen kümmert sich gerade um den Waggon, den wir hier her gebracht haben.
“Alles einsteigen!” ruft eine Stimme aus dem Nichts. “Was war das denn?” fragen wir erschrocken den Zwerg. “Das? Ach das war nur der Berg. Seht mal dort. Ein leerer Waggon ist angekommen, der uns nach unten bringt.” antwortet der kleine Mann. Tatsächlich. Direkt hinter unserem mit Edelsteinen beladenen Waggon ist urplötzlich ein leerer Waggon zu sehen. Wir folgen dem Chef, dem Zwerg, und steigen ein. Er scheint von außen viel zu klein zu sein, aber wieder einmal müssen wir feststellen, dass unsere Augen uns wieder einmal einen Streich spielen in dieser Welt. “Achtung” Los gehts!” dröhnt der Berg und unser Gefährt setzt sich in Bewegung. Langsam fahren wir zurück zum Höhleneingang, wo wir Syra sehen, die sich gerade frisches Gras vom Rand des Berges genehmigt. Wir winken ihr, bis wir um eine Rechtskurve fahren und sie nicht mehr sehen. Das hämmern und meißeln wird immer lauter. Ein Licht ist zu sehen. Es wird größer. Wir fahren in einen großen hell beleuchteten Raum. Er wird nicht, wie wir zuerst dachten von Lampen oder Fackeln erleuchtet. Das Licht, welches wir sehen, strahlt von den Felswänden wider. Die Kristalle und Edelsteine, die hier aus dem Inneren des Gebirges geschlagen werden, glänzen und glitzern nur so vor sich hin. Etliche Zwerge sehen wir arbeiten. Schnell und doch mit großer Vorsicht schlagen sie die Steine aus den Felswänden heraus und legen sie in die Waggons, die nur darauf warten, dass sie voll beladen den Weg nach oben zu den Elfen antreten können. Wie durch Zauberhand fahren sie auf den Schienen, gezogen vom Nichts. Alleine die Magie, die sich hier im Gebirge befindet, muss unglaublich mächtig sein.
“Ihr seid so vorsichtig damit!” sagen wir leise. Einer der anderen Zwerge, die dort im Bergwerk arbeiten, antwortet uns: “Wir sind nur vorsichtig, damit wir die Steine nicht kaputt machen. Denn dann wären sie unbrauchbar und jeder Stein hat einen unschätzbaren Wert. Jeder kaputte Stein bedeutet, dass irgendein Kind in eurer Welt sich das Wesen, welches daraus entstanden wäre, nicht mehr vorstellen kann.” Wir verstehen. “Aus jedem dieser Steine wird also etwas anderes?” fragen wir erstaunt. Der Zwerg nickt. Es ist also wichtig, immer mit Vorsicht an seine Arbeit zu gehen. Geht etwas schief, kann es schlimme Folgen mit sich ziehen, die man nicht immer rückgängig machen kann. Langsam füllen sich die Waggons mit Steinen und Kristallen und werden nach oben gezogen. Die letzten 3 Waggons sind für uns und die Zwerge gedacht. Es ist an der Zeit wieder ans Tageslicht zu kommen. “Für heute ist unsere Arbeit hier im Bergwerk beendet. Und eure Zeit ist gekommen. Ihr müsst wieder in eure Welt, um aufzuwachen.” Widerwillig steigen wir zu den Zwergen in die Waggons ein und eine unsichtbare Hand zieht uns nach oben. Ein Licht am Ende des Höhlenganges ist zu sehen. Die Fahrt nach oben ging genauso schnell vorbei, wie die nach unten. Dort steht Syra. Sie erwartet uns bereits. “Einen angenehmen Tag wünsch ich euch! Vielleicht sehen wir uns mal wieder!” grollt der Berg leise vor sich hin. “Danke, das wünschen wir euch auch allen.” wir verabschieden uns von den Zwergen und unserem Freund, dem Berg und steigen auf den Rücken des Einhorns. Schneller als der Wind reiten wir durch den Zauberwald. Vorbei an dem kleinen Schwarz-Weißen Haus aus dessen Schornsteinen immer wieder schwarze und weiße Traumblasen kommen. Der Wald um uns verwischt immer mehr. Es sieht so aus als hätte der Regen, der an die Scheiben klopft die Bilder in unserem Kopf verwischen lassen. Der Tag ist angebrochen.
Wendy und Alice liegen Arm in Arm auf der Couch neben mir. Sie sehen aus wie kleine Engel, wenn sie so da liegen. Eine nach der Anderen trage ich in ihr Bett. Jetzt sollen sie ihre Freunde wieder sehen. In ihren eigenen Träumen. Morgen wird es eine neue Geschichte geben, die sie bestimmt genauso fesselt.
“Nur wer erwachsen wird
und Kind bleibt, ist ein Mensch!”
- Erich Kästner -
„Mama!” höre ich Alice rufen. Es ist wieder Zeit eine Gute-Nacht-Geschichte zu erzählen. “Ich komme schon!” rufe ich und laufe die Treppen hoch in den 1. Stock unseres kleinen Hauses. Erwartungsvoll sitzen die Beiden vor mir auf der Couch in der Kuschel-Ecke. “Jeden Tag erzählen wir im Kindergarten, was du uns für Geschichten über die Traumwelt erzählst.” strahlt Wendy. “Mal überlegen, in welche wir heute gehen werden. Worüber würdet ihr gerne mehr hören?” Die Augen meiner Kinder fangen an zu strahlen. Es ist schön, in solche Augen sehen zu können. “Erzähl etwas von Velania. Ich will Velania wieder sehn.” mault Alice und Wendy fügt hinzu. “Aber wir müssen auch mal die Meerjungfrauen kennen lernen. Einmal mit einer im Meer schwimmen, das möchte ich schon.” “Okay, dann werden wir Velania besuchen. Und ein anderes Mal im großen Meer mit den Meerjungfrauen und König Neptun schwimmen, okay! Ich verspreche es euch.” Ein Jubel-Schrei hallt durch das Haus. Schön, wenn man Kindern mit Kleinigkeiten eine solche Freude machen kann. Ich fange an zu erzählen.
Wieder einmal beginnt die Geschichte am Rand vom Zauberwald. “Hallo.” werden wir freudig von einem kleinen Licht empfangen. Es ist Velania. “Hallo Velania! Zeigst du uns heute etwas vom Wald?” Sie nickt. “Heute zeige ich euch einmal meine Welt, damit ihr seht, wie ich lebe.” “Oh ja, endlich erfahren wir mal, wo du wohnst.” freuen wir uns. “Dafür müssen wir aber ein großes Stück des Waldes durchqueren. Ich schlage vor, dass wir mal nachsehen, was Syra macht und ob sie uns begleitet. Dann müsst ihr den ganzen Weg auf die Feenwiese nicht zu Fuß gehen.” “Feenwiese? Aber du bist doch eine Elfe?” “Ja, ich bin eine Elfe, aber wir haben den gleichen Lebensraum, wie die Feen, deswegen teilen wir uns eine Wiese.” Wir laufen durchs Unterholz des Zauberwaldes, vorbei am Traumhaus. Die Tür geht auf und der kleine Zauberer kommt raus. “Hallo! Ihr seid ja schon da!” begrüßt er uns erfreut. “Hast du Syra gesehen? Wir brauchen sie, da wir auf die Feenwiese wollen!” Er schüttelt den Kopf. “Vielleicht findet ihr sie am Fluss und lässt sich die herrliche Sonne aufs Fell scheinen.” “Gute Idee, da mal nach ihr zu sehen.” Sie schaut uns an und redet weiter. “Keine Angst, der Weg bis zu der Stelle, wo sie immer liegt, ist nicht weit.” Erleichtert atmen wir auf. “Dann lasst uns mal gehen, sonst schaffen wir es nicht alles zu sehen!” “Viel Spaß. Ich muss nämlich auch weiter. Vielleicht kommt ihr mich mal wieder besuchen. Ich würde mich freuen.” “Ja, das wäre echt toll. Dann würden wir mal sehen, was du so die ganze Zeit hier machst.” rufen wir ihm erfreut nach. Er geht in die Richtung, aus der wir gerade eben gekommen sind. Wir selber laufen am Haus vorbei auf eine kleinen Pfad zu. “Da müssen wir lang. Aber passt gut auf. Wir kommen nämlich bei den Kobolden und Klabautermännern vorbei. Die sind für jeden Scherz zu haben.” lacht Velania. “Ach das sind dann also die, die immer die Anderen reinlegen und ihre Scherze mit ihnen treiben.” stellen wir fest. “Genau, die sind das. Da schaut mal dort neben bei dem Busch. Da steht ein Klabautermann. Er wartet nur darauf, dass er irgend jemanden reinlegen kann. “Legt er dich auch rein?” “Nein, bei mir traut er sich das nicht. Ich weiß auch nicht, warum!” lacht sie weiter und klingelt fröhlich vor sich hin. Wir gehen an ihm vorbei und grüßen ihn. Er grinst uns nur schelmisch an. Wahrscheinlich stellt er sich gerade vor, wie wir in eine seiner Fallen treten. Man kann sich gar nicht vorstellen, dass ein so kleines Wesen, so gemeine Streiche spielen kann. Sie bauen gerne Fallen in den Waldboden, die man nicht sehen kann. “Sogar an die Kinder in eurer Welt geben sie gerne mal einen fantasievollen Streich ab. Es macht ihnen wahnsinnig viel spaß die Erwachsenen damit zu ärgern, weil die nicht mehr an uns glauben.” “Wir werden immer an euch glauben. Selbst wenn wir schon ganz alt sind. Wir werden unseren Kindern und Enkeln von euch erzählen. Denn eine so schöne Welt, wie diese hier, sollte man nicht für sich behalten. Die muss man einfach jedem zeigen.” “Danke, ihr seid wirklich toll.” Seht mal, wir sind gleich am Flussufer angekommen.” “ Da vorne ist sie doch, oder?” Am Flussufer liegt ein weißes, glitzerndes Wesen mit einem Horn auf der Stirn. Es ist Syra. Die Sonne strahlt auf ihren Körper und es sieht so aus, als würde sie aus tausend glitzernden Steinen bestehen. Überall funkelt es an ihr. “Hallo Syra” rufen wir von Weitem. Ihr Kopf, der im weichen Gras liegt, dreht sich in unsere Richtung. “Hallo ihr Lieben. Ihr seid es. Was führt euch zu mir?” “Würdest du uns mit begleiten. Wir wollen zur Feenwiese und der Weg ist noch so weit zum laufen.” Velania sieht das Einhorn bittend an. “Ja natürlich! Steigt auf!” Syra steht auf und lässt uns auf ihr reiten.
Der Wald ist groß. Und sehr schön. Wir kommen an einem großen See vorbei. “Dort unten wohnen König Neptun und seine Kinder. Meerjungfrauen und -männer.” “Können wir sie auch einmal besuchen?” fragen wir. “Ein anderes Mal! Zu unserer Wiese ist es noch ein weiter Weg.” piepst Velania vor sich hin. “Vielleicht geht Balda mit euch dort hin, wenn ihr in besucht. Denn ihr müsst schwimmen können und braucht Luft zum atmen.” meint Syra nebenbei. “ Dort hinten ist die Wiese, auf der die Waldnymphen leben. Dort müssen wir nur noch vorbei und dann sind wir da.” Die Lichtung kommt immer näher und ganz leise hören wir den Klang der Pan Flöte. Die Nymphen sind also wieder am Tanzen und Singen. Kurz darauf reiten wir an ihnen vorbei. Es ist toll sie wieder zu sehen und faszinierend, wie sie sich um die Pflanzen kümmern. Sie wachsen und gedeihen in ihrer Gegenwart. Ein Stück weiter bleiben wir stehen. Eine große Blumenwiese ist vor uns zu sehen. Wir steigen ab. “Hier wohnst du?”, fragen wir erstaunt. “Ja, das ist das zu Hause von uns Elfen und Feen.” Die Wiese ist wunderschön und mit vielen bunten großen Blumen nur so übersät. “Kommt, ich zeig euch meine Blume!” ruft Velania uns entgegen. Vorsichtig laufen wir ihr nach, um auf keine Pflanze zu treten. Vor einer großen rote Tulpe bleiben wir stehen. Ein Blütenblatt bewegt sich in Richtung Boden. “Kommt rein, das ist meine Blume!” Vorsichtig treten wir ein. Wunderschön sieht sie von innen aus. “Sie heißt Fiona.” erklärt sie uns. Ein Art Bett steht mitten im Raum. Die Decke besteht aus Blütenblättern. “Hier schläfst du also?” fragen wir und zeigen darauf. “Kommt setzt euch! Fiona macht uns was zu trinken!” Wie aus dem Nichts erscheinen direkt vor uns drei Becher mit Blütensaft. “Hmmmmm lecker!” Velania fragt uns über das Leben in unserer Welt aus. “Du bist ganz schön neugierig!” entgegnen wir. “Interessieren sich alle so für unsere Welt?” “Naja, uns interessiert es einfach, warum ihr anfangt, uns alle zu vergessen!” antwortet sie uns traurig. Nach einer Weile gehen wir nach draußen zurück. “Hier draußen ist es doch ein bisschen schöner, als in der Blume. Kommt mit, ich möchte euch meinen Lieblingsplatz zeigen!” Wir verabschieden uns von Fiona, Velanias Zuhause und folgen ihr nach draußen. “Es war sehr schön, dich kennen gelernt zu haben und danke für den leckeren Blütensaft.” Wir laufen an den unterschiedlichsten Blumen und Pflanzen vorbei. Jede von ihnen sieht einzigartig aus. Sie sind rosa, blau, lila und auch hellgrün. Mitten auf der Wiese fängt ein Baum zu wachsen an. Groß ist er noch, aber dennoch hoch genug, um von dort eine zauberhafte Aussicht auf die Blumenwiese zu bekommen. Neben Velania sitzen wir auf einem der kleinen Äste und genießen die leichte Brise, die uns umweht. So sitzen wir da und schauen in die Welt, die nur die Kinder sehen können. Kinder, denen es nicht zu sehr an Fantasie mangelt. “Es wäre schön, hier mal wieder einen Dichter oder wahren Geschichten-Erzähler zu treffen. Schon seit Langem sind nur noch wir und die Kinder hier. Selten verirrt sich mal ein Erwachsener in unsere Traumwelt!” erzählt Velania traurig. “Eigentlich sehr schade. Die Welt hier ist so schön. Jeder sollte sie immer sehen können und wann immer er Lust dazu hat, in diese Welt eintreten können!” pflichten wir ihr bei.
Die kleine Fee aus dem Traumhaus fliegt an uns vorbei. Sie scheint nach Hause zu wollen. Doch Moment, da kommt sie wieder. “Ach hier seid ihr!”, sagt sie. “Fiona hat mir erzählt, dass ich euch hier finde!” redet sie weiter. Sie ist ganz außer Atem. “Was ist denn los, Tali?” will Velania wissen. “Der Zauberer - Er möchte euch sehen!” antwortet diese. “Wir müssen uns beeilen, denn die Nacht ist bald vorüber.” “Und wie sollen wir den ganzen Weg so schnell schaffen? Wir haben ewig gebraucht, um überhaupt hierher zu kommen?” Velania überlegt kurz und redet mit Tali in einer Sprache, die wir nur als leises Klingeln hören können. “Ganz einfach”, antwortet sie uns und fügt ein “Ihr werdet mit uns fliegen.” hinzu. “Wir werden fliegen? Wie?” wollen wir wissen. “Mit Traumstaub.” Kaum hat Tali diese beiden Sätze gesprochen, rieselt auch schon ein wunderschöner weißer Staub auf uns nieder und die Welt um uns wird größer. Plötzlich sind die Elfe und die Fee genauso groß, wie wir. Oder soll ich besser sagen, wir sind jetzt so klein, wie die beiden? “Nehmt unsere Hände” sagen Velania und Tali wie aus einem Munde. “Ihr dürft uns nicht loslassen. Den Rest erledigen wir. Wir mussten euch leider auf unsere Größe schrumpfen, sonst würden wir es nicht schaffen euch mitzunehmen. Wie nehmen uns an den Händen und schon spüren wir den Boden unter uns immer weniger. Die Blumen werden immer kleiner. Und schon gehts los - eine Flugreise durch den Zauberwald beginnt. Wir können es gar nicht glauben, dass es so schnell geht durch den Wald zu fliegen. Der Weg zur Wiese war sehr weit und jetzt sind wir im Nu am Traumhaus angekommen.
Der Zauberer erwartet uns bereits. “Schön, dass ihr so schnell noch kommen konntet.” “Wir lassen euch dann mal alleine.” rufen Tali und die Elfe. “Morgen werdet ihr mit mir reisen. Ich hab gehört, dass ihr euch für die Welt von König Neptun und seinen Kindern interessiert?” Wir nicken. “Was haltet ihr davon, wenn wir morgen eine Runde schwimmen gehen und Neptun besuchen gehen? Er freut sich bestimmt, wenn ihr ihn besuchen kommt.” “Oh Balda, die Idee wäre super.” Wir freuen uns schon auf die nächste Reise in den Zauberwald. Doch vorerst ist es wieder so weit und wir müssen ein weiteres mal die Welt der Fabelwesen hinter uns lassen.
“Träume sind da, um geträumt zu werden.
Mit ihnen verarbeitet man den Tag - egal wie
gut oder schlecht er war!
Träume... denn nur mit ihnen kannst du leben!”
- von mir -
Ich sitze auf meinem Lieblingssessel und überlege mir mit geschlossenen Augen, was ich meinen Kindern heute über die Meerjungfrauen und König Neptun erzählen könnte. Ich habe es ihnen schließlich versprochen. Meinen Kindern gefallen die Geschichten über die Traumwelt. “Wer weiß denn schon, ob es die Traumwelt und all ihre Bewohner nicht wirklich gibt. Keiner kann es beweisen.” denke ich mir. Jemand stupst mir den Finger ins Gesicht. Ich öffne meine Augen und blicke in vier kleine Äuglein. Es sind die Augen meiner Kinder. Ich muss wohl beim überlegen eingeschlafen sein. “Mama? Bist du wach?” will Alice wissen. “Ja, bin ich mein Schatz. Wollt ihr wissen, wie die Geschichte weiter geht?” frage ich sie. “Jaaaaaa!” rufen beide mit Begeisterung. “ Die Geschichte beginnt an einem Ort, den wir noch nie in der Traumwelt betreten haben.” beginne ich. Wendy und Alice sitzen auf meine Schoß und schauen mich ganz gebannt an.
Vor uns liegt ein großer See. Der kleine Zauberer steht am Rande des Gewässers und unterhält sich mit komisch aussehenden Wesen - in einer Sprache, die wir wieder einmal nicht verstehen. Das Wesen sieht uns heran kommen und spricht zu Balda. Dieser dreht sich um. “Da seid ihr, wir haben euch schon erwartet.” Wir können unseren Blick nicht von diesem wundersamen Wesen abwenden. “Das ist Lenila. Sie ist eine Nixe. Bei euch heißen sie auch Meerjungfrauen.” Ein Platschen ist zu hören. Ihr Schwanz ist gerade eben im Wasser gelandet. “Was ist das für eine Sprache, in der ihr redet?” wollen wir von Balda wissen. “Das ist meerisch.” antwortet Lenila. Sie hat eine bezaubernde Stimme. So ruhig und klar, wie das Wasser, indem sie lebt. “Kommt und macht einen Schritt ins Wasser. Ihr werdet nachher genauso trocken wieder hier ankommen, wie ihr jetzt geht.” verspricht Lenila. “Wie ist das möglich? Das Wasser ist doch nass?” fragen wir verwundert. “Das liegt nur da dran, dass ihr euch das Wasser in der Traumwelt nur vorstellen könnt. Es existiert eigentlich überhaupt nicht.” antwortet Balda. Die Nixe winkt uns begeistert in ihr Reich. “Wie können wir dort denn atmen?” “Ihr könnt ganz normal Luft holen, da das Wasser hier ja nicht wirklich existiert.” Langsam gehen wir auf die Nixe zu. Wir stehen im Wasser, es fühlt sich nicht nass an. Eher wie eine Art Pudding, der uns umgibt. “Brauchen wir denn nicht auch noch eine Schwimmflosse?” fragen wir weiter. “Die bekommt ihr, wenn wir weit genug im Wasser sind. Seht, ich habe gerade im Moment auch keine Flossen!” sagte Lenila und streckt uns ihre nackten Füße entgegen. Zusammen mit dem Zauberer folgen wir der Nixe weiter ins Wasser. Der Boden unter unseren Füßen verschwindet. Wir müssen immer mehr schwimmen. Ohne etwas davon zu merken, sind unsere Füße zu Schwanzflossen zusammengewachsen.
Die neue Welt um uns herum ist wunderschön. Vielen Fischen begegnen wir hier unten im Meer der Träume. Überall sind mit Korallen bewachsene Steine zu sehen. Die verschiedensten Farben können wir erkennen. Dort drüben schwimmt gerade ein kleiner Clownfisch vorbei zu seiner Anemone im Korallenriff. Dort ist sein zuhause. Vor uns sehen wir eine Herde Seepferdchen mit ihren Reitern vorbei schwimmen. Die Seepferdchen sind größer, als wir. “Das hier ist also dein Reich?” Es ist ein wunderschöner Ort. Überall sind Muscheln - alles besteht aus Muscheln und Steinen. Das Sonnenlicht schimmert golden im Wasser. Wir schwimmen mit unseren Schwanzflossen durch diese verzauberte Unterwasserwelt. “Seht mal da drüben ist das Schloss von König Neptun, dem Herrscher aller Weltmeere.” Lenila zeigt auf ein atemberaubend schönes Schloss. Es glitzert und funkelt überall. “Ist er das nicht?” fragen wir. Unser Blick haftet auf einer Statue. Ein großer, starker Wassermann sitzt auf einer großen hellblauen Riesenmuschel und hält einen großen Dreizack in der Hand. Die Haare sind lang und grau. Auf seinem Kopf trägt er eine große goldene Krone. “Diese Statue ist schon über 1000 Jahre alt. Ich habe sie damals geschaffen.” erklärt Balda. “Du hast diese Statue gezaubert?” Wir sind begeistert. “Sie sieht so lebendig aus.” Die Unterwasserwelt verzaubert uns völlig. “König Neptun erwartet uns.” sagt Lenila und wir schwimmen auf das große Schlosstor zu. “Warum sind hier keine Wachen, die auf das Schloss acht geben?” wollen wir wissen. “Hier sind alle friedlich, deswegen brauchen wir keine . Keiner ist auf Gewalt aus, so wie es in eurer Welt ja oft der Fall ist.”
Wir betreten das Schloss. Es sieht von innen noch viel bezaubernder und schöner aus, als von außen. Wir laufen durch einen Gang. Alles sieht aus, wie aus Marmor gemeißelt. Viele Türen, an denen wir vorbeilaufen. Hinter jeder Türe verbirgt sich ein anderes Geheimnis. An den Wänden hängen Bilder - Bilder von Wassermännern und Meerjungfrauen. Jede auf ihre eigene Art bezaubernd. Am Ende des Ganges gehen wir durch eine große Flügeltüre. Sie ist überall mit Gold verziert. Die Türe öffnet sich und ein älterer Wassermann mit langen grauen Haaren, einer Krone auf dem Kopf und einem großen Dreizack in der Hand kommt heraus. “Das sind meine Kinder.” sagt er zu uns und gibt jedem von uns die Hand. Er ist höflich. Eben so, wie es sich für einen Herrscher der Weltmeere gehört. “Ich werde dann wieder gehen. Mein Auftrag euch her zu bringen ist hiermit erledigt.” lacht Lenila und schwimmt nach einem dankenden Gruß des Königs davon. “Tretet ein!” sagt er und macht eine Handbewegung, die in Richtung Kronsaal zeigt, dem Raum, aus dem er gekommen ist. Ein großer Saal mit vielen Bildern der Vergangenheit sind zu sehen. Er erzählt uns viel über die Vergangenheit, wie er König wurde, über seine Kinder und die Geschichten, die sie erlebt haben. Eine seiner Töchter, so sagt er, hat einen Prinzen geheiratet. “Arielle.” rufen wir freudig aus. “Bei euch heißt sie so, ja! Aber ihr richtiger Name ist Merina. Und sie hat auch keine roten Haare, sondern kohlschwarze. Seht da drüben auf dem Foto, dass ist sie.” Er zeigt auf ein Bild an der Wand, auf dem eine wunderschöne Meerjungfrau zu sehen ist. “Das ist das letzte Bild, das ich von ihr habe.” “Danach ist sie mit dem Prinzen in seine Welt gegangen und wurde ein Mensch.“ “Sie wollte es so!” hören wir den Zauberer sagen. Aber wisst ihr was?” fragte Neptun. Wir schütteln die Köpfe. “Was sollen wir denn wissen?” “Jeden Tag geht sie ans Meer und erinnert sich an die Zeit hier unten und die Geschichten, die sie hier mit ihren Freunden erlebt hatte. Was haltet ihr davon, wenn wir mal nachsehen, ob sie da ist?” Er sieht uns fragend an und seine Augen fangen an zu strahlen, weil wir freudig mit dem Kopf nicken. Wir ziehen los und verlassen das Schloss. Wieder schwimmen wir durch den Gang zurück zum Tor. Wieder vorbei an den Bildern, die uns die ganze Zeit angrinsen. Wieder durch das Schlosstor, das keine Wachen braucht. Die Herde Seepferdchen von vorhin reitet wieder an uns vorbei. Sie scheinen zurück zu reiten in die Richtung, aus der sie gekommen sind. Wir schwimmen zurück an das Ufer, aber einen ganz anderen Weg. Wir kommen an Höhlen und tiefen Schluchten vorbei, in die das Licht der Welt keinen Einfluss mehr hat. Dort unten ist alles dunkel. Man würde dort die Hand direkt vor Augen nicht mehr sehen. Aber da müssen wir ja nicht runter tauchen. Die seltsamsten Fische schwimmen an uns vorbei. Gelbe, grüne und lila-farbene sind keine Seltenheit hier. Dort vorne schwimmt etwas durchsichtiges. Man kann nur die Bewegungen sehen, die es im Wasser hinterlässt. “Was ist das dort vorne?” fragen wir den Wassermann. “Das ist eine Qualle.” antwortet er. Erschrocken blicken wir auf. “Eine Qualle?” fragen wir beängstigt. Das unsichtbare Wesen kommt auf uns zu. “Keine Angst. Sie ist nicht gefährlich. Sie ist nicht so, wie manche Quallen in eurer Welt. Vor ihr braucht ihr wirklich keine Angst zu haben. Sie ist eine meiner Boten und berichtet mir täglich, was es hier Neues gibt. “Ist etwas besonderes passiert?” fragt er die Qualle, die näher kommen ist. “Nein, Herr! Nichts neues!” Er dankt ihr. “Bist du wirklich nicht giftig?” wollen wir von der Qualle wissen und als ob sie uns antworten würde, schwimmt sie an uns vorbei und berührt uns. “Fühlt sich wie Wackelpudding an” lachen wir. Wir sind uns sicher, dass diese Qualle nicht gefährlich ist. Fröhlich und erleichtert schwimmen wir weiter, dem Zauberer und König Neptun hinterher. So viel haben wir bereits hinter uns gelassen und sind dennoch nicht müde. Das Schwingen mit der Schwanzflosse macht einen nicht müde. “Da seid ihr jetzt aber ganz schön erleichtert, dass die Qualle wirklich nicht giftig war, hab ich recht?” lacht der kleine Zauberer. “Oh ja und wie.” Wir sind wirklich erleichtert. “Dauert es noch lange?” fragen wir voller Neugier. “Nein, wir sind gleich da.” hören wir Neptun rufen, der etwas weiter vor uns ist. Er hat Recht. Dort vorne können wir sehen, wie der Boden immer näher kommt. “Schade” murmeln wir. Wir könnten noch viele Kilometer weit schwimmen. Kurz darauf durchstoßen wir mit unseren Köpfen die Wasserdecke.
Es ist warm da oben. Wir versuchen den restlichen Weg aus dem Meer zu laufen, aber unsere Füße sind es nicht mehr gewohnt, uns zu tragen. Wir spüren, wie unsere Füße immer mehr Gewicht tragen müssen. “Seht dort drüben sitzt sie mit ihren Kindern und Prinz Charly.” flüstert uns Neptun ins Ohr. Tatsächlich. Am Strand liegt eine wunderschöne Frau mit ihrem Mann und zwei Kindern. Sie alle haben schwarze Haare. Langsam und etwas unsicher treten wir an den Strand. Wir blicken an uns herunter und stellen verblüffend fest, dass wir tatsächlich trocken sind. Kein einziger Tropfen Wasser rinnt an uns herab. Wir sind an einem kleine See mitten im Wald angekommen, der von einem wunderschönen und schneeweißen Sand umgeben ist. “Kuck mal, Mama. Opa ist da! Er hat den Zauberer und ein paar andere Wesen mitgebacht.” ruft ein kleines dunkelhaariges Mädchen und reißt uns aus unseren Gedanken. Sie hält uns wahrscheinlich für andere Zauberwesen aus dem Zauberwald. Die Kleine läuft auf den König der Weltmeere zu und lässt sich von ihm in die Arme nehmen und durch die Luft wirbeln. “Hallo mein kleiner Engel!” ruft Neptun und nimmt nun auch den kleine Jungen in die Arme, der gekommen ist, um seinen Opa zu begrüßen. Die schwarzhaarige Frau blickt zu uns und läuft nun auch los, um ihren Vater zu begrüßen. “Hallo” sagt sie nun auch zu uns. “Ihr seid mit meinem Vater hier? Ihr müsst der Besuch sein, den er heute erwartet hat.” lacht sie. “Das ist mein Mann, Charly.” Der junge Prinz steht neben ihr und begrüßt jeden von uns mit einem Handschlag. “Eure Kinder?” wollen wir wissen, obwohl wir es eigentlich schon gemerkt haben. Merina und Charly nicken alle beide. “Das sind Stevina” Der Prinz zeigt auf das kleine Mädchen. “ und unser Sohn Sayden.” Wir folgen den beiden zu ihrem Sitzplatz, während die Kinder einen Sandkucken nach dem anderen backen. “Eure Liebesgeschichte ist bei uns weltbekannt. Aber sagt, wie habt ihr euch wirklich kennengelernt?” wollen wir wissen. “Was erzählt man denn über uns in eurer Welt?” fragt der Prinz. “Du hast ihn an Bord seinen Schiffes gesehen und ihm das leben gerettet, als er über Bord ging. Und weil du dich in ihn verliebt hast, ist dein Vater König Triton ausgeflippt und hat dein Geheimversteck zerstört. Du hast die Meerhexe aufgesucht und ein 3-tägiges Leben als Mensch gegen deine wunderschöne Stimme getauscht. Hätte er dich in dieser Zeit nicht geküsst, dann hättest du deine Stimme für immer verloren und wärst jetzt wieder eine Meerjungfrau. Dann hättest du vielleicht jetzt keine Kinder. Naja, ihr habt auf jeden Fall geheiratet. Das war die Kurzfassung.” antworten wir. “Genauso war es auch, nur dass eben die Namen, welche Walt Disney erfand, nicht stimmen.” lachte die junge Frau und streichelte über ihren Bauch. Erst jetzt fällt uns auf, dass er etwas rundlich ist. “Bekommst du ein Kind?” haken wir nach. “Ja,” sie strahlt förmlich. “Wisst ihr was,” lacht Merina los. “Lasst uns alle eine Runder schwimmen gehen.” Die Kinder quieken begeistert auf und machen sich sofort daran ihre Kleidung auszuziehen. Stevina hat einen wunderschönen mit Perlen bestickten, blauen Badeanzug an. Der kleine Junge, Sayden, eine schwarze Badehose. Merina und Charly sind schon im Wasser. Wir haben gar nicht gemerkt, dass die beiden aufgestanden sind. Nun machen auch wir uns wieder auf den Weg. Vor uns verschwindet gerade eine kleine Schwanzflosse im See. Es muss die des Mädchens sein, da sie genauso blau und voller glänzender Perlen ist, wie ihr Badeanzug. Neptun und der Zauberer bleiben am Strand stehen.
“Kommt ihr nicht mit?” fragen wir die beiden. “Nein, nein. Geht nur. Ihr habt nicht mehr so viel Zeit und ich denke, Merina möchte euch etwas zeigen.”
Wir laufen hinterher und tauchen so bald wie möglich unter Wasser. “Wie ist es eigentlich möglich, dass man hier in diesem Wasser Schwanzflossen bekommt?” wollen wir wissen und schauen Merina fragend an. “Naja genau genommen haben wir keine Schwanzflossen. Das ist die einmalige Magie der Traumwelt, die uns Sachen sehen lässt, die gar nicht existieren. Jedes Wesen der Traumwelt, egal ob es ein Zwerg, eine Fee oder ein Einhorn ist, könnte hier im Wasser schwimmen. Die Einhörner würden Seepferdchen werden, da ihnen keine Flossen wachsen können.” sang Merina vor sich hin. In den Tiefen des Meeres sind wir angekommen. “Wir bringen euch zurück zu dem Strand im Wald, von dem ihr los geschwommen seit.” Die Welt ist anders, als die, die wir gesehen haben, als wir zu Merina geschwommen sind. “Wo schwimmen wir hin?” “Ich zeige euch noch mein Geheimversteck, bevor wir euch zurückbringen. Wir sind gleich da!” Merina strahlt. “Ich bin schon lange nicht mehr hier unten gewesen. Langsam wird es um uns herum dunkler. Wir tauchen immer weiter nach unten. Endlich taucht vor uns eine Höhle auf. Wir schwimmen Merina, Charly und den Kindern hinterher durch einen kleinen Gang an deren Ende eine große Höhle war. Lauter Regale sind an der Wand und die verschiedensten Gegenstände befinden sich darauf. Gabeln, Messer, Spiegel, Blöcke, Spielfiguren, Karten und vieles mehr. Nicht einmal ein Souvenirladen ist so gut ausgestattet wie diese Höhle. Merina steht vor dem Regal, auf dem sie das Besteck niedergelegt hat und nimmt eine Gabel in ihre Hand. “Früher, als ich noch nicht wusste, was das hier ist, habe ich es für einen Kamm gehalten.” lachte sie. “Aber Mama, das ist doch eine Gabel, damit isst man doch!” schimpft Sayden los, als er sieht, wie seine Mutter sich mit der Gabel zum Spaß die Haare kämmt. “Das weiß ich doch, mein Schatz!” lachte sie los. “Es ist nur immer wieder schön zu sehen, wie er reagiert, wenn ich mir mit einer Gabel die Haare kämme.” “Und das alles hier hast du gesammelt, als du noch eine Meerjungfrau warst?”” fragen wir beeindruckt. ”Damit hab ich mir immer wieder versucht vorzustellen, wie es ist, als Mensch durchs Leben zu gehen. Ich habe mir das Leben als Mensch zwar ganz anders vorgestellt, aber so wie es ist, ist es viel schöner.” lacht sie weiter.
“Kommt, gehen wir! Ihr müsst bald wieder in eure Welt gehen!” Wir machen uns also alle auf den Weg zurück in die sonnendurchdrungenen Gewässer auf den Weg nach Hause. Nach einer langen Reise sind wir wieder am Schloss von König Neptun angekommen. “Wo er wohl gerade ist?” fragen wir. “Er unterhält sich bestimmt noch am Strand mit Balda. Die beiden könnten stundenlang miteinander reden über Gott und die Welt.” antwortet uns Charly. “Es ist an der Zeit.” Merina verabschiedet sich von uns. “Jetzt haben wir es doch nicht mehr geschafft, euch zum Strand zurück zu bringen.” sagt die kleine Stevina traurig. “Ich hätte ihn zu gern gesehen, den Wald aus dem Balda kommt. Noch nie bist du mit uns dorthin geschwommen, Mama!” Die beiden Kinder sind traurig darüber. “Wir werden dort auch noch hingehen, Sayden! Das verspreche ich euch.” hören wir den Prinzen sagen. Ein helles Licht saugt uns aus dem Wasser. Wir werden in die Lüfte empor gezogen. Wie durch eine unsichtbare Hand, die nach uns greift. Es wird immer heller und wir verlassen das Wasser und landen trocken am Strand. Santyra wartet auf uns. “Ich bringe euch zurück in eure Welt!” sagt sie und streckt uns ihre Hände entgegen. Wir greifen danach und fliegen mit ihr los in die Lüfte. Wir blicken nach unten und sehen nichts. Auch die Traumfee ist nicht mehr bei uns. Unter uns ist alles schwarz. Wir sehen auf und sehen unsere Mutter da sitzen, wie sie uns ihre Geschichten erzählt.
“Oh Mama, das war eine tolle Geschichte.” jubelte meine Tochter los. Wendy ist bereits eingeschlafen. “Komm Alice, jetzt gehts ins Bett. Du bist auch schon ganz müde.” antworte ich und sehe, wie sie gähnend aufsteht. “Ja, ich bin auch schon ganz müde.” sagt sie und läuft ganz schläfrig neben mir die Treppen hoch ins Kinderzimmer. Wendy trage ich ins Bett, weil ich sie nicht aufwecken möchte. Vorsichtig lege ich die Kleine in ihr Bett, drücke ihr einen Kuss auf die Stirn und decke sie ganz behutsam zu. “Gute Nacht”, murmelt Alice und schließt die Augen. Auch sie bekommt einen Kuss von mir. Dann verlasse ich das Zimmer, mache das Licht aus und lass die Tür einen Spalt weit offen, so dass ein kleiner Lichtschimmer im Zimmer bleibt. “Gute Nacht, ihr Süßen!” murmele ich leise und gehe die Treppen wieder hinunter zu meinem Sessel.
“Höre nie auf zu träumen,
denn in einem Traum verbergen
sich oft die wahren Werte des Lebens.”
Es ist der 23. Dezember. Wir schmücken gerade den Weihnachtsbaum. Alice ist dieses Jahr dran, den Engel auf die Spitze des Baumes zu setzen. “Mama, erzählst du uns etwas über Engel? Wie leben die und was machen die, wenn es nicht Weihnachten ist und sie keine Geschenke verteilen müssen?” fragt Wendy. “Wenn wir den Baum zu Ende geschmückt haben, dann erzähl ich euch etwas über die Engel.” antworte ich, während ich Alice gerade hochhebe, damit sie an die Spitze des Baumes kommt. Jetzt sind wir fertig, der Engel sitzt auf der Spitze und schaut auf uns herab. “Da morgen Weihnachten ist, werden wir heute die Engel besuchen gehen.” Wir sitzen auf der Couch und ich fange an zu erzählen.
Ein helles Licht holt uns zurück in die Welt der Träume. So, hell, dass wir die Augen schließen müssen. “Hallo!” Die Stimme klingt glockenhell aus dem Licht heraus. Ein kleines, weißes Wesen kommt uns entgegen. Kleine Flügel tragen es durch die Lüfte. Wie ein Engel sieht es aus. Es muss ein Engel sein. “Hallo!” antworten wir voller Freude. “Du bist ein Engel?” fragen wir es trotzdem. “Ja, das stimmt. Ich bin ein Engel und zeige euch heute das Himmelsreich. Ich heiße übrigens Neela.” flatterte der kleine Engel vor uns auf und ab. “Kommt nun mit!” Wir folgen ihr eine unsichtbare Treppe hinauf ins Wolkenreich.
Am Ende der Treppe angekommen, stehen wir vor einem großen goldenen Tor. “Jeder, der an uns glaubt, tritt irgendwann über diese Schwelle und wird ein Engel.” sagt sie und zieht an einer Schnur. Eine Glocke läutet hell durch das Himmelsreich. Das Tor öffnet sich. “Wie wird man ein Engel?” wollen wir von ihr wissen, während wir durch das Tor schreiten. “Man muss Gutes tun und an das glauben, was man tut. Das, was man macht, muss einem spaß machen und man darf es nicht nur tun, weil man denkt, dass man dann später einmal in den Himmel kommt.” Vor uns erstrahlt ein Himmel, so wie wir ihn noch nie gesehen haben. Alles ist hell und leuchtet und strahlt in den schönsten Regenbogen-Farben. Nur die Engel sind perlweiß. Manche fliegen so schnell an einem vorbei, dass man nur einen weißen Schweif erkennen kann. “Wie ihr seht, herrscht pure Hektik, weil morgen der Abend der Bescherung ist und wir noch einiges zu tun haben, damit der Weihnachtsmann die Geschenke ausliefern kann.” “Machen das nicht die Weihnachtselfen?” fragen wir nach. “Es wird immer erzählt, dass nur die Weihnachtselfen helfen, den Schlitten fertig zu machen, aber so ganz stimmt das nicht. Wir Engel zum Beispiel, erstellen jeden Tag eine aktuelle Liste der Kinder, die ein Geschenk verdient haben. Jeden Tag kann sich etwas ändern und ein Kind, das heute noch lieb und anständig war, kann morgen schon etwas getan haben, um doch kein Geschenk zu bekommen.” antwortet sie geduldig.
Die Wolken unter uns sind weich, wie Watte fühlen sie sich an. “Warum können wir hier eigentlich gehen und fallen nicht herunter?” “Das liegt daran, weil ihr zu leicht seid, um fallen zu können. Leicht, wie Federn seid ihr und weil ihr ganz normal lauft, könnt ihr euch einfach so fortbewegen und braucht keine Flügel.” Alles, was wir sehen besteht aus Wolken. Dort direkt vor uns, sehen wir eine Werkstatt. “Hier entstehen doch bestimmt die Geschenke?” “Nein, eigentlich nicht. Hergestellt werden sie beim Weihnachtsmann am Nordpol. Hier werden sie anschließend getestet, ob sie auch funktionieren und nichts kaputt ist. Jedes einzelne Geschenk wird ausprobiert. Egal, ob wir so eines schon mal hatten. Es kann sich immer wieder ein Fehler einschleichen und das Geschenk funktioniert dann nicht mehr richtig.” Viele Engel probieren Flugzeuge aus, spielen mit Puppen, oder bauen Türme aus Holzsteinen oder gar eine ganze Stadt mit den altbekannten Lego-Steinen. “Dürfen wir etwas dabei zuschauen oder stören wir da nur?” wollen wir wissen. Es interessiert uns sehr, wie die Engel arbeiten. “Ich denke schon, dass das in Ordnung geht, aber vorsichtshalber werde ich einmal die Aufsicht fragen.” hören wir Neela sagen, die bereits davon schwirrt.
Kurz darauf kommt sie wieder mit einem zweiten Engel. Er sieht schon ziemlich alt aus. “Das ist Dena, die Aufsicht. Er hat nichts dagegen, dass wir etwas zuschauen.” Erfreut jubeln wir auf. Ein paar der Engel in der Werkstatt schauen uns ganz erschrocken an. “Hört mal zu.” Dena dreht sich zu den anderen Engeln um. “Das sind unsere Gäste aus der Welt der Menschen. Sie werden uns eine Weile über die Schulter schauen. Also lasst euch nicht aus der Ruhe bringen und macht einfach ganz normal weiter, wie sonst auch.” Dann dreht er sich wieder in unsere Richtung und fügt leise lachend hinzu. “Sie werden immer sehr nervös, wenn ihnen jemand über die Schulter schaut.“ Wir haben spezielle Abteilung zum Testen der verschiedensten Spielzeuge. Hier werden die Flugzeuge - egal ob es die ferngesteuerten, die aus Plastik oder die aus Holz sind - auf ihre Flugtauglichkeit getestet.” Wir sehen ein paar Engel, die nebeneinander stehen und jeweils eines der Flugzeuge durch die Lüfte schweben lassen. Weiter drüben fliegen die Elektrischen durch die Lüfte. Ein lautes Brummen ist zu hören. “Dena, hier stimmt irgendwas am Motor nicht - hör dir das mal an.” ruft einer der Engel und der Aufsichts-Engel schwebt auf ihn zu. In diesem Moment sehen wir einen schönen blau-gelben Flieger auf dem watteweichen Boden aufkommen. “Ja, da ist was dran. Hier hat die Maschine vom Weihnachtsmann mal wieder nicht richtig gearbeitet. Schick es mit einem Neuauftrag dafür zurück. Für die haben wir hier nämlich keinen Ersatz, den wir stattdessen verschenken können.” hören wir Dena sprechen. “Alles klar, Chef!” Kaum ausgesprochen flitzt der kleine Engel durch die Lüfte auf ein Wolkenhaus zu und verschwindet darin. “Dort, wo der kleine Engel gerade reingeflogen ist, ist unser Büro. Später können wir dort auch einmal rein schauen, wenn wir noch Zeit haben.”
Wir gehen ein Stück weiter und bleiben bei den Puppen stehen. “Was genau machen die Engel denn da?” Wir sehen ein paar Engel, die den Puppen an den Armen, Haaren und Füßen ziehen. “Da wir Engel stärker sind als ihr Kinder, können wir damit testen, ob Arme, Beine und Haare auch halten und kein Kind zu schnell enttäuscht wird, weil die Puppe kaputt ist.” “Ach so ist das!” Kommt uns eigentlich nur zu Gute, wenn solche Tests für unsere Geschenke durchgeführt werden. Ein Stück weiter wird getestet, wie lange Stifte malen können, ohne dass die Mine dabei bricht. Dazu werden sie in Maschinen eingespannt, die den Druck von Kindern simulieren können. Eine kleine Anzeige neben jedem Stift zeigt an, wie viele Stunden er sich schon in der Maschine befindet.
Ein glockenheller Gesang hallt durch den Himmel. “Der Engelchor übt noch einmal die Lieder, die am Weihnachtsabend durch die Lüfte schallen sollen.” sagt die kleine Neela. “Kommt lasst uns ihnen etwas zuhören, wir können ja nachher noch einmal wieder kommen, oder?” fragt sie Dena. “Natürlich könnt ihr das. Kein Problem. Geht etwas singen.” Los geht die Reise durch den Himmel. Der Gesang wird immer lauter, wir kommen immer näher ran. Vor uns erscheint ein Chor, der so groß ist, dass wir nicht einmal grob schätzen können, aus wie vielen Engeln er besteht. “So viele Engel, wie ihr hier seht, leben hier im Himmel.” sagt Neela, als würde sie unsere Gedanken lesen können. “Wow!” Mehr können wir vor lauter Staunen nicht sagen. Wo wir auch hin sehen, stehen sie und singen. Lieder, wie “Kling, Glöckchen kling” oder “Leise rieselt der Schnee” werden in allen Sprachen der Welt gesungen. Eine kleine Engeldame leitet den großen Chor. “Ari, sing bitte etwas lauter, man hört dich kaum.” ruft sie durch den lauten Gesang. Direkt danach hört sich der Chor anders an, weil ein Engel etwas lauter singt. Wir setzen uns auf den Wolkenboden und hören zu. Wie Glocken klingen ihre Lieder durch die Lüfte.
Ein Duft nach Zimt, Vanille und Lebkuchen schwebt an uns vorbei. “Hmmm, riecht das wieder mal lecker.” schwärmt Neela. “Ein paar Engel haben wieder ihre Backöfen angeworfen und backen Weihnachtsplätzchen! Auch wir genießen den Duft in unseren Nasen. Nach einer Weile fragen wir, ob wir nicht einmal zusehen dürfen, wie die Engel ihr leckeres Weihnachtsgebäck herstellen. “Na klar!” Neela packt uns an den Händen und schwirrt mit uns los in die Richtung, aus der dieser wundervolle Duft in unsere Nasen strömt. “Dort ist unsere Bäckerei drin.” sagt der kleine goldblonde Engel und zeigt auf eine Tür, die wie ein großer Lebkuchen mitten in einem watteweichen Wolkenhaus aussieht. Wir öffnen die Türe und ein warmer Dampf schlägt uns entgegen. Es riecht nicht nur nach Lebkuchen, sondern auch nach Zimtsternen, Vanille-Kipferln und anderen Weihnachtsnaschereien. Viele kleine Engel mit Kopfbedeckung fliegen durch die große Backstube. An den Wänden stehen Unmengen an großen Backöfen. Wir gehen daran vorbei. Aus jedem der Öfen riecht es anders. In der Mitte des Raumes stehen Tische mit Backblechen, auf denen die Plätzchen und Kekse darauf warten, gebacken zu werden. Auf weiteren Tischen werden die Teige hergestellt und die Formen ausgestochen.
An der Wand neben den Öfen liegen sie zum Abkühlen auf großen Rosten und werden in kleine Tütchen verpackt, von denen jedes der Kinder eine bekommt. “Wir wissen immer ganz genau, welches der Kinder welche Plätzchen am liebsten hat und packen diese in eine Tüte hinein, die wir an den fertig eingepackten Geschenke befestigen. Die Kinder freuen sich immer wieder über unsere Weihnachtsbäckerei.” erklärt Neela. “Leider denken manche Kinder, dass diese Kekse von den Eltern sind und wissen gar nicht, dass es uns gibt und wir die ganze Arbeit machen.” pflichtet ein anderer Engel bei. “Das ist aber echt traurig.” Es ist schade, dass viele Kinder die Engel nicht mehr kennen und nicht wissen, was sie leisten. Eine Weile schauen wir den Engeln beim backen zu, bevor wir weiter gehen und uns einen weiteren Teil der Himmelswelt ansehen.
Unsere Reise geht weiter durch die Welt der Engel. Der Gesang des großen Engelschors ist überall zu hören. Wo wir auch hingehen - der Duft der Weihnachtsbäckerei ist überall. Wir sehen Engel, die mit Harfen durch die Lüfte schweben und zum Takt des Chors musizieren, die Weihnachtskarten malen, oder mit langen Listen, auf denen die Namen aller Kinder dieser Welt stehen, hektisch durch die Gegend schwirren. “Leider ist eure Reise heute schon zu Ende!” Traurig kucken wir Neela an. “Aber keine Angst ihr Lieben. Morgen kommt ihr ja noch einmal und dann seht ihr den Rest. Dann könnt ihr sogar den Weihnachtsmann einmal kennen lernen und vielleicht nimmt er euch ein Stück in seinem Schlitten mit, wenn die Zeit ausreicht.” Unsere Gesichter erhellen sich und wir freuen uns auf den nächsten Tag. Wir sind an der großen Treppe angekommen, die wir am Anfang hinauf gestiegen sind. Jetzt geht es nach unten. Der Weg fällt uns nicht leicht. Gerne wären wir noch etwas länger dort geblieben, aber morgen kommen wir ja noch einmal. Das macht es zumindest etwas leichter.
Wir gehen durch den Nebel, der vor uns auftaucht und befinden uns wieder auf der Couch. “Oh Mama, das war so toll!” schwärmt meine Tochter Wendy mit leuchtenden Augen. Auch Alice scheint begeistert davon zu sein. “Mama, werden wir morgen dann wirklich den Weihnachtsmann sehen?” fragt sie mich. “Er hat bestimmt mal kurz Zeit für euch.” antworte ich und das Strahlen in den Augen meiner Kinder wird immer heller und leuchtender. “Aber jetzt geht es ab ins Bett. Ihr wollt doch morgen fit sein für den zweiten Teil der Weihnachtsgeschichte.” So schnell kann ich gar nicht zuschauen, wie meine beiden Mädchen aufspringen und die Treppe hoch stürmen, um sich bettfertig zu machen. Beide bekommen noch einen Kuss auf die Stirn von mir, bevor sie die Augen schließen und schließlich in ihren süßen Träumen dahin schlummern.
"Die schönste Zeit im Jahr
ist die Weihnachtszeit.
Überall liegt Schnee
und ein Geruch von leckerem Gebäck liegt in der Luft."
- von mir -
Es ist Weihnachten. Wendy und Alice sind den ganzen Tag schon so aufgekratzt, weil sie heute den zweiten Teil ihrer ganz persönlichen Weihnachtsgeschichte hören. Ich habe es den beiden schließlich versprochen. Und eine Mutter muss ihre Versprechen halten. "Dürfen wir erst unsere Geschichte hören, bevor wir unsere Geschenke auspacken?" fragt meine Tochter Alice mit einem Leuchten in den Augen. "Natürlich!" antworte ich und wir setzen uns wieder auf die große Couch im Wohnzimmer.
"Heute werden wir den Weihnachtsmann besuchen. Zieht euch warm an, es geht an den Nordpol!" warne ich Alice und Wendy vor. "Dort ist es kalt und dunkel. Schnee fällt vom Himmel. Am Horizont ist ein heller, rot leuchtender Strahl zu sehen. Er kommt immer näher." beginne ich zu erzählen.
Was ist das für ein roter Lichtstrahl? Wo kommt er her? Und wo sind wir überhaupt? Am Himmel sehen wir viele Lichtstreifen. Sie sind blau, grün, gelb und lila. Das müssen wohl die bekannten Nordlichter sein. Vor uns landet der rote Lichtstrahl und kommt immer näher an uns heran. Erst, als es vor uns stehen bleibt, können wir sehen, dass es ein Rentier ist. Und der Nase nach zu urteilen, muss es Rudolph sein, das Rentier mit der roten Nase. "Wo sind wir hier genau?" fragen wir Rudolph. "Ihr seid am Nordpol und werdet heute die Werkstatt des Weihnachtsmannes sehen, wo all die wunderbaren Spielzeuge für die Kinder hergestellt werden." erklärt er. "Aber dafür müsst ihr erst einmal aufsteigen." "Haben wir denn alle Platz auf dir?" "Natürlich habt ihr das. Ihr seid so groß, wie die Elfen, die immer auf mir reiten." lacht er. Beruhigt steigen wir auf. "Festhalten. Es geht los." warnt er uns vor. An seinem weichen Fell halten wir uns fest und schon geht es los. Die Reise durch die Weihnachtswelt beginnt. Rudolph läuft so schnell, dass wir den Boden unter seinen Füßen nicht mehr spüren. "Seht dort vorne, da steht die Werkstatt des Weihnachtsmannes." sagt Rudolph. Noch können wir nichts erkennen. "Wo soll sie denn genau stehen?" fragen wir nach. "Dort unten. Gleich werdet ihr sie erkennen. Schaut einfach genau auf den Boden dort vorne, wo mein Lichtstrahl hin leuchtet. Dort müssen wir landen." antwortet er. Dass wir fliegen, spüren wir gar nicht. Wir beobachten den Flecken Eis, auf dem der Lichtstrahl endet. Plötzlich tut sich etwas. Ein Haus wird immer deutlicher. Dann tauchen neben dem Haus ein Stall und eine Landebahn auf. Das Ende der Landebahn hört genau beim einem Gatter, welches in den Stall führt, auf.
Wir gehen in den Landeanflug. Am Horizont geht langsam die Sonne auf. Dann spüren wir den Boden unter Rudolphs Beinen wieder und sind heilfroh, dass wir den Flug überstanden haben. Langsam geht er mit uns in den Stall und lässt uns dort absteigen. "Du hättest uns ruhig vorwarnen können, dass wir fliegen werden. Jetzt konnten wir das gar nicht richtig genießen." lachen wir. "Oh entschuldigt bitte! Das nächste Mal werde ich dran denken." stimmt er in unser Lachen mit ein. "Das ist unser Stall, hier wohnen wir Rentiere.
Wir stehen in einem großen Stall mit vielen Boxen. Jeder von ihnen hat eine eigene. Manche sind mit Stroh ausgelegt, in anderen liegen Federn auf dem Boden und wieder andere sind komplett leer. An jeder Box hängt ein Schild, auf dem der Name des Rentiers steht. Außerdem findet man dort die Namen der Eltern und das Geburtsdatum. "Oh, unsere Gäste sind da!" ruft eine kleine Weihnachtselfe. "Ihr werdet schon erwartet. Ich bin Tay." redet sie weiter. "Kommt mit, ich begleite euch durch die Fabrik und zum Weihnachtsmann." "Hat er denn Zeit für uns?" wollen wir wissen. "Natürlich hat er Zeit für euch. Da gehts lang." Tay zeigt durch einen großen Torbogen und geht hindurch.
Wir folgen ihr und bleiben staunend stehen. Vor uns erstreckt sich eine wunderschöne Stadt. Hier stehen Lebkuchenhäuser nebeneinander. Eines schöner als das andere. Wir laufen durch die Straßen. Überall sind Elfen und Rentiere unterwegs. Elfen-Kinder spielen mit einem Rentier-Kitz verstecken, andere lernen den kleinen Tieren das Fliegen, damit sie irgendwann einmal den Schlitten des Weihnachtsmannes ziehen können. Von oben sah das alles aus, als würde es direkt nebeneinander stehen. Aber vielleicht haben uns unsere Augen einfach wieder etwas vorgemacht. Alles ist weiß und mit zentimeterdickem Schnee bedeckt und trotzdem ist es nicht kalt. "Dort vorne ist die Fabrik und direkt im Anbau wohnt der Weihnachtsmann. Kommt wir schauen uns die Fabrik mal genauer an." sagt Tay und wir folgen ihr durch die Straßen. Ein kleiner Chor von Elfen probt gerade "Winter Wonderland". "Jedes Jahr zum Schlittenstart singen ein paar Elfen Weihnachtslieder, um dem Weihnachtsmann viel Glück und einen ruhigen Flug zu wünschen. Noch ein paar Meter und wir kommen in der Spielzeugfabrik an. Dann sehen wir endlich, wie all das schöne Spielzeug hergestellt wird, dass die Kinder jedes Jahr zu Weihnachten bekommen.
Ein großer Torbogen aus Zuckerstangen mit Türen aus Lebkuchen trennt die Spielzeug-Fabrik des Weihnachtsmannes von der Weihnachtsstadt. In der Fabrik tummeln sich die Elfen an den Maschinen. Malen die Geschenke in letzter Minute, oder nehmen letzte Änderungen vor, weil eines der Spielzeuge nicht richtig funktioniert hat. In einer Ecke sehen wir eines der Flugzeuge, das wir bei den Engeln vorher gesehen haben. Hier werden die Spielzeuge nicht nur hergestellt, sondern auch repariert, falls die Engel merken, dass es kaputt ist. "Einmal am Tag bekommen wir die überprüften Geschenke von den Engeln zurüück mit einem Vermerk, ob sie repariert werden müssen. Wenn sie in Ordnung sind, dann machen sie keinen Zettel ran. Die werden dann direkt von uns eingepackt und eine Tüte Plätzchen der Engel hängen wir mit ran!" erklärt Tay."Was machen die Elfen dort an den Tischen?" wollen wir von Tay wissen. Alles sieht so aus, als wäre es aus Zucker, Plätzchen und Weihnachtsgebäck - Tische, Bänke, Treppen, Geländer, einfach alles ist aus Nascherei gemacht. "Da werden die Spielzeuge in allen Einzelheiten entworfen, damit die Elfen dort drüben." Tay zeigt auf eine Tür, hinter der sich ein neuer Bereich der Spielzeugfabrik befindet. "sie zusammenbauen können. Es soll ja schließlich genauso aussehen, wie es gezeichnet wurde. "Kommt, lasst uns eine Tür weiter gehen, dann könnt ihr euch einmal ansehen, wie die Spielzeuge gebaut werden." Wir folgen der Weihnachtselfe durch das Tor aus Zuckerguss. Im ganzen Raum stehen Tische, auf denen Pläne verschiedenster Spielzeuge aufgemalt sind. Elfen soweit das Auge reicht, basteln Eines nach dem Anderen zusammen und schicken es zum Test in einem Rohr in den Himmel. "Was machen die da drüben denn mit den fertigen Spielsachen?" fragen wir neugierig und zeigen auf ein paar Elfen, die ihre fertigen Flugzeuge und Puppen in ein Rohr stecken und in den Himmel schießen. "Sie schicken die Spielsachen mit einer unsichtbaren Rohrpostleitung nach oben zu den Engeln, die ihr Reich genau über unserem haben. Die müssen heute noch einen Test machen und vor dem Schlittenstart heute Abend um 20 Uhr wieder hier sein, damit wir sie noch einpacken können und in den großen Weihnachtssack legen können.
"Ist das unser Besuch, Tay?" fragt ein anderer Elf. "Ja, das sind sie. Warum fragst du?" "Der Weihnachtsmann möchte euch sehen." sagt er und geht weiter. "Okay, dann lasst ihn uns in seinen Räumen einmal besuchen." hören wir sie sagen. Wir folgen ihr durch eine weitere Tür in einen langen Gang. An der Wand hängen Portraits von vielen verschiedenen Weihnachtsmännern. "Warum hängen hier so viele verschiedene Weihnachtsmänner an den Wänden?" "So viele Weihnachtsmänner, wie ihr hier an den Wänden seht, gab es bis jetzt." antwortet Tay. "Wie kommt es, dass es nicht nur einen Weihnachtsmann gibt?" "Die Tradition wird immer von Vater zu Sohn weitergegeben. Würde nicht jeder Weihnachtsmann-Frau einen Sohn zur Welt bringen, würde die Tradition zu Ende gehen und es würde keinen Weihnachtsmann mehr geben!" Der Gang, durch den wir laufen, nimmt kein Ende. Die Wände scheinen aus purem Marzipan zu sein, an denen die ganzen Bilder hängen. "Dort vorne ist es. Gleich sind wir da." Am Ende des langen Ganges erscheint eine große rote Tür."
Tay klopft an. Wir hören nichts. Lautlos springt die Tüüre auf und ein großer, dicker Mann in einem roten Mantel und einer Weihnachtsmannmütze sieht uns an. "Ach da seid ihr ja!" brummt er und bittet uns herein. "Schatz, mach uns doch einen heißen Kakao." Es gibt nur ein einziges Zimmer. Küche, Wohnzimmer, Esszimmer, Büro und Schlafzimmer sind in diesem Raum vereint. In der Küche wuselt eine ältere Dame vor dem Herd herum und schüttet gerade literweise Milch in einen Kochtopf. "Tay, bring mir doch bitte die Tasse vom Schreibtisch meines Mannes, damit ich keine Neue für ihn schmutzig machen muss." sagt sie. Wie ihr Mann, ist sie ganz in rot gekleidet. Er selbst sitzt an seinem Schreibtisch und studiert eine lange Liste, während Tay die Tasse in die Küche trägt und mit einem Tablett mit heißem Kakao und Plätzchen zurück kommt. "So viele Kinder, die keine Geschenke bekommen!" schüttelt er mit dem Kopf. "Von Jahr zu Jahr werden es mehr. Aber ihr - ja ihr ward brav. Ihr braucht keine Angst zu haben, dass ihr keine bekommt. Euch werde ich nicht vergessen." lächelt er uns an. "Weihnachtsmann, dürfen wir heute in deinem Schlitten ein Stück mitfliegen? Wir würden so gern mitfliegen." Mit Engelsaugen schauen wir ihn an. "Natürlich dürft ihr bis zur ersten Station mitfliegen. Dann muss ich euch nach Hause schicken." Jubelnd fallen wir dem alten Herrn und Tay um den Hals. Seine Frau gesellt sich zu uns. "Wie gefällt es euch hier?" "Oh, es ist wunderbar. Wir würden gerne wieder hier vorbei kommen, wenn wir dürfen." "Selbstverständlich dürft ihr wieder kommen. Solange ihr an den Weihnachtsmann glaubt, dürft ihr jederzeit wieder kommen." antwortet uns seine Frau und der Weihnachtsmann fügt hinzu: "Außer zu Pfingsten. Da spiel ich mit dem Osterhasen Golf auf der Osterinsel." "Der Osterhase hat seine eigene Insel?" Wir sind erstaunt. "Der Kakao ist sehr, sehr lecker!" stellen wir fest. "Ja, da habt ihr recht!" sagt der Weihnachtsmann. Eine Glocke ertönt. "Kinder, es ist soweit. Der Schlitten ist gepackt und die Reise geht bald los." Er steht auf, bedankt sich bei seiner Frau für den leckeren Kakao und packt sich die Kekse für die Reise ein.
"Danke für den leckeren Kakao!" bedanken wir uns und folgen dem Weihnachtsmann zurück durch den langen Gang. Kurz vor dem Ende des Ganges gehen wir rechts durch eine braune Lebkuchen-Türe und befinden uns im Stall der Rentiere. Das große Stalltor ist offen und ein großer, roter Schlitten mit einem noch größeren Geschenkesack stehen davor. Gerade werden die Rentiere angespannt und für den langen Flug fertig gemacht. Nun ist die Zeit gekommen und wir müssen uns auch von Tay verabschieden. "Danke, dass du uns hier soviel gezeigt hast." sagen wir und drücken die kleine Elfe an uns. "Wenn ihr wieder einmal vorbeischaut, zeig ich euch noch viel mehr." verspricht sie uns. "Hier Weihnachtsmann, damit du nicht frierst!" sagt sie und streckt ihm ein großes rotes Bündel Strickware entgegen. "Den hab ich selbst gestrickt, weil deiner doch letztes Jahr während der Reise an einem Schornstein kaputt gegangen ist." Mit viel Sorgfalt entfaltet er das Wollpäckchen. Heraus kommt ein langer und breiter roter Schal. "Oh vielen lieben Dank, Tay. Der ist wirklich schön." sagt der Weihnachtsmann und legt ihn sich direkt um den Hals. "Kommt, es ist an der Zeit loszufliegen." hören wir eines der Rentiere - der Reihe nach zu urteilen muss es „Dancer“ sein, der sich gerade wieder wegdreht. "Dancer hat recht, wir müssen los!" sagt der Weihnachtsmann und wir folgen ihm zum Schlitten. Nacheinander hilft er uns auf den Schlitten. Dann setzt er sich auch dazu und nimmt die Zügel in die Hand. "Dasher, Dancer, Prancer und Vixen, Comet, Cupid, Donner und Blitzen" ruft er und mit jedem Namen, den er nennt, schlägt er einmal mit dem Zügel. Die Reise geht los und die Rentiere beginnen zu laufen.
An den Seiten stehen alle Elfen und Rentier-Kitz mit ihren Eltern. Wir werden immer schneller und bevor wir abheben, singen alle den Refrain von "Winter Wonderland" mit, um uns viel Glück auf der langen Fahrt zu wünschen. Lange dauert unsere Zeit im Schlitten nicht. "Bald haben wir unser erstes Landeziel erreicht und ihr müsst gehen." "Es ist schön mit dir zu fliegen, vielleicht können wir irgendwann wieder mit dir reisen." "Bestimmt ergibt sich irgendwann wieder einmal die Möglichkeit dazu." Der Schlitten unter uns wird langsamer. Wir steuern auf ein Dorf zu und landen auf einem der Dächer. Ein heller, weißer Strahl umfasst uns und zieht uns nach oben. Es ist die Traumfee Santyra. "Ich bringe euch nach Hause." sagt sie und kaum eine Sekunde später sitzen wir wieder auf der Couch.
"Oh Mama, das war eine tolle Geschichte." jubeln meine beiden Kinder los. "Morgen dürfen wir endlich unsere Geschenke aufmachen?" "Morgen dürft ihr das tun. Jetzt geht es ab ins Bett." sage ich und freue mich, dass ihnen die Geschichte gefallen hat. "Mama, der Weihnachtsmann mag doch immer gerne Kekse und Kakao. Dürfen wir ihm einen Teller Kekse und Kakao auf den Wohnzimmertisch stellen?" fragt mich Wendy. "Das ist eine gute Idee. Da freut er sich bestimmt drüber." antworte ich und begleite die beiden in die Küche, wo sie mit einer Freude die Kekse auf einen Teller legen und den Kakao anrühren. "Jetzt aber ins Bett mit euch, ich bringe die Sachen ins Wohnzimmer und komm euch gleich Gute Nacht sagen." So schnell können meine Augen gar nicht folgen, wie die zwei Krümel die Treppe hoch rennen, während ich Teller und Tasse ins Wohnzimmer trage und auf den Tisch stelle. Dann laufe ich leise die Treppe hoch und gebe jedem meiner Kinder einen Kuss auf die Stirn. "Mama, ich träum bestimmt vom Weihnachtsmann!" höre ich Alice sagen. "Ich auch!" nuschelt Wendy und schläft daraufhin ein.
Epilog:
An diese Zeit erinnere ich mich, als wäre alles erst gestern gewesen. Tatsächlich hatte ich in dieser Nacht vom Weihnachtsmann geträumt. Als meine Schwester und ich am nächsten Morgen, den 25. Dezember, ins Wohnzimmer kamen, war die Tasse leer getrunken, die Kekse bis auf den letzten Krümel gegessen, vor dem kleinen Kamin eine Rußspur und viele Geschenke für uns unter dem Weihnachtsbaum.
Seit diesem Abend haben wir jedes Weihnachten Kekse und Kakao für den Weihnachtsmann bereitgestellt. Und diese Tradition führe ich heute noch mit meinen Kindern fort.
Tag der Veröffentlichung: 10.07.2009
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