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Auf Donuts verzichte ich überhaupt nicht gerne. Wenn man aber über zwei Kilo von den Dingern zunimmt und einfach nicht mehr in das Abschlusskleid passt, sollte man sich es doch noch anders überlegen. ,,Komm schon! Das Ding muss doch zu gehen!“, Mir blieb schon fast der Atem stehen, aber das Kleid war noch lange nicht zu. ,,Es geht nicht!“, rief Tamara und versuchte mühsam den kleinen, zierlichen Reißverschluss zu fassen. ,,Warum musst du immer so viele Donuts essen!? Du siehst ja was sie mit dir anstellen.“, sagte sie und deutete auf meinen Rücken. ,,Von wegen“, murmelte ich etwas verlegen. Wie soll man nur so einer feinen Schokokruste wiederstehen können? Mit den vielen Streuseln und… ,,ROSALINDE! Hör auf von Donuts zu träumen, sondern zieh den Bauch ein!“ Trotz gequetsche und Luft anhalten blieb das Kleid hartnäckig. Tamara und ich waren beste Freundinnen seit dem Kindergarten. Sie ist lustig, spontan und mit ihren blonden Locken ein Engel. Ich hingegen bin total das Gegenteil. In Witzen machen bin ich echt mies, aber wenn ein anderer etwas blödes erzählt muss ich mir ein Lachen richtig verkneifen. Bei mir muss alles klappen und wenn nicht, ticke ich aus. (Tamara müsste es wissen!) Meine orangenen Haare nerven total-was auch daran liegt das mich alle Troll nennen-und die verwaschene Jeans mit dem schon etwas verblassten roten Blumen T-Shirt sehen neben Tamaras Klamotten richtig unelegant aus. Sie trägt heute eine dunkle Designer-Jeans mit einem knallroten Top auf dem in weißer fetter Schrift ,,Zicke“ steht. ,,Woher weißt du das?“, fragte ich mit wütender aber auch gleichzeitig fragender Stimme. ,,Du fängst an zu sabbern.“, sagte sie und begann an zu grinsen. ,,Grinsekatze“ nannte sie meine Mutter dann immer. ,,Gar nicht wahr“, verteidigte ich mich. ,,Vergiss es“, sagte Tamara dann aber, nachdem sie sich wieder eingekriegt hat. ,,Das Kleid ist zu eng geworden. Entweder du nimmst bis zur Feier ab oder du bestellst es größer. Aber als Mobbi-Dick willst du ja nicht auftauchen.“ Und schon wieder konnte sie sich das Grinsen nicht verkneifen. In ungefähr sieben Wochen beginnt der Abschlussball der Klasse wo sich jeder besonders hübsch machen wollte. Eigentlich finde ich mich ganz o.k., aber mit den Kilos die ich zugenommen habe, gebe ich Tamara recht. Ich bin wirklich etwas dick geworden. ,,Nein!“ sagte ich hartnäckig. ,,Bis zur Feier passt mir das Kleid.“ Tamara sah mich an als ob ich zum ersten mal einen vernünftigen Witz gemacht hätte. Lies einen Kommentar dann aber lieber doch. ,,Na gut“, sagte sie dann und mir begann es zu frösteln. War es ihr gerade wirklich egal? ,,dann probier die mal an.“ Für eine Weile kramte sie in ihrer Tasche, während ich auf meinem Bett saß und durch die Gegend schaute. Die paar wenige Fenster strahlten ein total helles Licht aus, was aber auch an den drei weißen Wänden liegen könnte. Die vierte war in einem sanften und beruhigten Rot-Ton gestrichen. Mein Bett stand unter der Dachschräge und man hatte einen perfekten Blick auf den Balkon. Die Schränke waren dunkelbraun und der Schreibtisch war weiß mit rot-gelben Blumen drauf. Tamara zückte eine kleine Tüte. ,,Hier“ sagte sie und rieb sie mir unter die Nase. ,,Was ist das?“, meine Neugier war zu spüren. Ich faste hinein und…,,Hää?“, fragte ich und nahm es aus der Tüte. ,,High-Heels“, sagte Tamara. ,,Die schmücken dein Outfit komplett.“ Ich war nicht gerade begeistert als ich diese mörderischen Waffen in meiner Hand hielt, probierte sie aber trotzdem an. Mit wackeligen Beinen stackselte ich einen kurzen Weg. ,,Ah“, schrie ich und folg in hohem Bogen auf die Nase. ,,Oh mein Gott, wer kann in diesen Dingern laufen?“
Am Abend nachdem Tamara gegangen war, ging ich in die Küche um zu schauen was noch essbares vorhanden war. Mama war wie üblich auf der Arbeit um unser Geld einzutreiben. Nachdem sie sich von meinem Vater getrennt hat, weil er immer nur noch im Puff war, geraucht und getrunken hatte, musste sie sehen wie sie mich ernährt. Manchmal ist es öde, weil es auch langweilig sein kann, aber meistens ist Tamara ja da. Gerade als ich den Kühlschrank öffnen wollte, sah ich einen Zettel auf dem Küchentisch liegen. ,,Hallo Schatz“, stand dort oben. ,,ich bin auf Spätschicht und schlafe danach bei Sabrina. Im Kühlschrank stehen noch die Nudeln von gestern. Oder Vorgestern? Hab dich lieb. Mama.“ Von wegen von gestern. Die stehen schon seit Monaten dort. Aber zu meinem Glück hatten wir noch Brötchen von heute Morgen. Die mit etwas Salat und Käse, perfekt zu Salami passten. Mama war nicht da also konnte ich in Ruhe meine Serien gucken. Bis plötzlich das Telefon klingelte. ,,Ja hallo?“, fragte ich mit genervter und gereizter Stimme. Wenn man die Chance nutzen will um die TV-Shows zu sehen, dann kann man das nicht in Ruhe machen. ,,Ach Luzie, ich bins Oma Otti. Du hörst dich genervt an?! Was ist los?“ Typisch Oma, rief immer in ungünstigen Situationen an. ,,Du weißt genau das ich den Namen Luzie nicht leiden kann. Außerdem heiße ich Rosalinde. Nenn mich aber trotzdemRosa. Ja?“, meine Wut konnte man mir anhören. Aber dennoch versuchte ich ruhig zu bleiben. ,,Ach dann eben Rosalinde!“
,,Oma! Rosa! Rosa verdammt nochmal, ist das so schwer? Wie auch immer. Was willst du?“
,,Das hast du von deiner Mutter“, begann sich Oma Otti schließlich zu beschweren. ,,Wenn du genervt oder wütend bist schreist du rum. Eigentlich wollte ich mit deiner Mutter reden. Ist sie da?“
,,Worum geht’s?“
,,Das muss ich nicht sagen.“, mal wieder tat Oma Otti sehr geheimnisvoll. Als sie dies letztes mal gemacht hatte, war es in Wahrheit ein Geschenkgutschein zu Mam´s 30. Geburtstag. ,,Gut dann ist sie nicht da.“, sagte ich. Natürlich war alles nur gelogen. ,,Na gut. Also,…ich habe mir überlegt da du immer so alleine bist in den Ferien…“, weiter kam sie nicht, denn da funkte ich dazwischen. ,,WAS?“
,,Weil du in den Ferien immer alleine bist.“
,,Bin ich nicht!“, protestierte ich. ,,Bist du wohl! Darf ich aber erstmal aussprechen?“
,,Meinetwegen“, nuschelte ich dann in meinen Pullover hinein. Wie kann sie behaupten ich wäre allein, wenn SIE, ja ausgerechnet SIE-fünfhundert Kilometer weit weg von uns ist? ,,Da habe ich mir überlegt das du vielleicht zu mir kommst. Tagsüber bist du bei meiner Freundin im Pferdehof und abends kommst du zu mir.“
,,NEIN!“, nun schrie ich sie komplett an. Meine Geduld war am Ende. Wie kann dieses alte schrumpelige Tier nur behaupten ich würde mich mit diesen Mistviechern von Gestank kümmern? ,,Oh doch. Ich werde mit deiner Mutter darüber sprechen. Also bringt es dir nichts ihr kein Wörtchen davon zu erzählen. Schönen Tag!“, beendete sie dann den Satz und legte auf. ,,Ja schönen Tag!“, schrie ich und schmiss das Telefon zurück auf den Ständer.
*
Natürlich erfuhr Mam nichts von dem Gespräch mit Oma Otti. Eigentlich war alles perfekt:
Tamara half mir täglich bei meinen Abnehme versuchen (obwohl ich zugeben muss, dass ich mir immer noch am Tag mindestens einen reinwürge), Mama war happy und ich war es auch, weil sich Oma Otti (zum Glück) nicht nochmal gemeldet hatte. Heute Nachmittag hatte sie frei bekommen und wir wollten mal wieder etwas zusammen kochen. Ich schnippelte Kartoffeln und sie kämpfte mit der Tüte Hackfleisch. Doch dann klingelte es unerwartet an der Tür. ,,Rosa, gehe du bitte mal an die Tür“, schnell wischte ich mir die Hände ab und stampfte zur Tür. Doch vor mir stand…,,OMA!“, sagte ich fassungslos. ,,Was machst du hier?“ dieses mal sprach ich leiser und trat einen Schritt hinaus damit mich Mam nicht hören konnte. Dabei zog ich die Tür ran. ,,Siehst du doch“, sagte Oma Otti und schaute mich mit ihrem tja-da-staunst-du-was? Blick an. ,,Ich besuche meine Familie. In ein paar Tagen sind die Ferien und ich sagte doch ich will mit meiner Mutter reden. Und da du mir am Telefon jede x-beliebige Geschichte erzählen kannst, dacht ich, ich komme persönlich vorbei.“
,,Rosa, wer ist denn da? Ist es Tamara?“, rief meine Mutter aus der Küche. ,,Nein! Ich…“, wollte Oma Otti gerade sagen, doch da platzte ich dazwischen. ,,Ja ist sie. Ich komme gleich.“ Um nicht weitere Fragen von Mam zu hören, zog ich jetzt komplett die Tür zu. ,,Oma“, sagte ich dann. ,,Oma! Das geht nicht. Außerdem fahre ich an einem Wochenende zu Tamara.“
,,Das ist mir aber egal. Die Ferien dauern zwei Wochen, und kein Wochenende. Außerdem warum hast du gerade gelogen? Ich bin doch hier und nicht Tamara.“ Na super, jetzt dachte sie auch noch ich wäre eine Lügnerin. Besser konnte es ja nicht laufen. ,,Oma! Egal wo du herkommst. Such dir ein Hotel, geh deine Freundin besuchen, aber bitte, ja bitte, halte dich von unserem Haus fern. Außerdem kommt Ma doch auch Abends.“, der letzte Satz klang irgendwie gefleht, was eigentlich nicht so sein sollte. ,,Nein!“, das ist das dumme an Oma. Sie ist und bleibt hartnäckig, egal in welchen Thema. ,,Du bleibst nicht alleine. Dafür werde ich sorgen. Deine Mutter könnte auch mal wieder Abstand gebrauchen.“ Nun schob sie mich zur Seite und mein Schicksal ereilte mir. Ich hörte meine Mutter schon schimpfen, aber als die Tür offen war, verstummte sie. ,,Rosa, du sollst nicht immer die Tür schließen. Wenn es etwas peinliches gibt höre ich weg und…Mama! Was machst du denn hier?“ Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken. ,,Tja, dass sollte dir eigentlich deine schludrige Tochter erzählen, aber nein! Man musste ja wieder selber vorbeikommen!“, Oma Otti schaute mich mit einem –na-siehst-du-ich-setz-mich-durch Blick an. Man konnte es förmlich sehen wie rot ich war. Natürlich schaute mich jetzt auch noch Mam komisch an. ,,O.K. Mama komm doch rein und…wir reden noch mein liebes Fräulein!“

Oma und Mam unterhielten sich stundenlang und ich wüsste nur zu gern über was die beiden tuschelten. Nach dem Essen musste ich nach oben rennen, um nicht von das-hast-du-davon oder wir-reden-noch Blicken angestarrt zu werden. Ich lag faul auf meinem Bett und las in einer Teeny-Zeitung den neusten Klatsch und Tratsch. Mein Fall war das eigentlich nicht, aber das war mir egal. ,,Euer neuer Promi-Star…Schmink Tipps für jeden Typen…Wie bekomme ich ihn am besten?...“. Obwohl ich mich überhaupt nicht auf die Zeitung konzentrieren wollte, erschrak ich mich zu Tode als es an der Tür klopfte. ,,Rosa? Bist du noch wach?“
,,Na klar, ich gehe doch nicht um neun ins Bett wenn Wochenende ist.“, sagte ich mit beleidigter und gleichzeitig wütender Stimme. ,,Rosa!“, Mam zog hinter sich die Tür wieder zu. ,,Ich weiß du bist von der Idee mit den Ferien nicht begeistert. Aber sehe es doch mal positiv. Du findest neue Freunde, sammelst Erfahrung und ich habe auch mal Ruhe.“
,,Das ist für dich positiv, aber nicht für mich, und ja klar, ich werde neue Freunde finden. Nämlich die Drecks Viecher vom Bauernhof höchstpersönlich.“, mit beleidigtem Blick nahm ich die Zeitung wieder in die Hand und schaute weiter gierig hinein. Da fing meine Mutter plötzlich an zu grinsen. Natürlich prustete sie auch los: ,,Girls-Trends von heute! Ich wusste gar nicht dass du so einen Müll liest.“ Wieder schaute ich sie grimmig an: ,,Ich kann mich auch mal von der Mädchenseite zeigen, was ist daran so schlimm?“, nun wurde sie wieder von der einen Sekunde zur nächsten ernst: ,,Na gut, dann lies diesen Quatsch doch!“, Zum Glück wollte sie gerade gehen, drehte sich in der letzten Sekunde aber noch mal um. ,,Und Übrigens“, fing sie an. ,,Das mit den Ferien steht fest! Ich habe keine Lust mehr auf diese Diskussionen. Und nächstes mal Fräulein, sagst du mir Bescheid wenn der Anruf an MICH geht!“ Wut entbrannt stürmte sie aus dem Zimmer und knallte die Tür zu. Ich verdrehte nur die Augen. Wenn sie wirklich glaubt, ich fliege nach Wolfsthal, dann hat sie sich geschnitten! Da bringen mich keine zehn…Mist! Der Spruch sollte mal von Pferden zu Autos oder Bussen geändert werden!


*
,,Rosa! Komm endlich! Du verpasst sonst noch den Flug!“, brüllte Mam vom Wohnzimmer aus. ,,Ja-ha! Ich komme gleich!“, es ist kaum zu glauben, aber ich fliege tatsächlich zu meiner Oma nach Wolfsthal. Es ist ein Albtraum! Das ist der Punkt für Mam: Sie kann sich immer durchsetzen! Während ich dumm aus der Wäsche schaue. Das Treffen mit Tamara musste ich natürlich absagen, weil Mam es so wollte. Wie soll ich ohne sie das Abnehmen schaffen? In Wolfsthal kontrolliert mich keiner und ich werde sehr schnell weich, ohne eine starke Hand. Aber ich muss ja zwei Wochen mit diesen Drecksviechern verbringen! Was lerne ich denn daraus? Außer dass ich die Dinger dann noch mehr verabscheue. ,,Rosa!“, schrie meine Mutter erneut. ,,Rosa! Komm jetzt! Der Flug geht in einer Stunde!

Nach einem anstrengendem Flug bin ich jetzt mit einem muffigen, stinkendem Taxi unterwegs. Noch eine Stunde, dann sehe ich das wahrscheinlich, verlassende Dorf Deutschlands. ,,Und woher kommst du?“, fragte mich die Taxifahrerin freundlich. Anstatt ihr nett zu antworten, schmiss ich ihr nur die gemeinsten Sachen an den Kopf: ,,Lassen sie mich doch in Ruhe! Haben sie nichts besseres zu tun? Haben sie ihre Eltern nicht erzogen?“, danach wandte ich mich wieder der verlassenden Aussicht. ,,Entschuldigung das ich frage!“, sagte sie und es sah so aus als ob sie mich nachäffen wollte. ,,Tut mir leid, aber…“, besser konnte es nicht werden. Jetzt erzählte ich schon einer Frau die ich nicht kenne, meine Lebensgeschichte. ,,Meine Mutter zwang mich zu meiner Oma zu fahren die hier wohnt. Wegen den Ferien, weil sie ja nie da ist! Tagsüber bin ich bei einer Freundin von ihr, auf einem Gestüt. Abends schlafe ich dann bei Oma Otti! Es ist so schrecklich, vor allem, weil es keine Donuts gibt.“ Die Taxifahrerin sah mich verwundert an: ,,Donuts?“, sagte sie mit etwas zu freundlicher Stimme die mir unheimlich vorkam. ,,Ja, ich liebe sie! Leider habe ich auch zugenommen und muss in fünf Wochen abnehmen, um nicht als Mobbi-Dick aufzutauchen. Meine beste Freundin Tamara hat mir bisher geholfen und jetzt ist sie weg. Da fresse ich mich doch nur durch!“


klagte ich der Taxifahrerin mein gesamtes beschissenes Leben. ,,Ich kann dich verstehen“, sagte sie. ,,Ich bin früher hier auch aufgewachsen. Und jetzt muss ich hier auch noch arbeiten!“ Ich schaute sie verwirrend an. ,,Und was ist mit Schule? Wo lag die?“, fragte ich und setzte mein Grübel-Gesicht auf. ,,Schule? Pff…Kenn ich nicht. Deshalb arbeite ich ja auch nur als Rum Kutschiererin. Keine Schule, Kein Abschluss…Nichts. Ich wollte immer studieren, aber das war nicht möglich.“ Ich überlegte. War sie deshalb so dick? Die Taxifahrerin hatte kurze, gelockte Haare. Sie waren sehr dünn, aber in einem hübschen blond gefärbt. Dazu trug sie einen blauen Anzug: Dunkles Jackett (dadurch lugte eine hellblaue Bluse) und dunkle Hose. ,,Ah schau mal“, sagte sie erfreut. ,,Da vorne ist die Corneebell Street. Wir sind gleich da.“ Wow, am liebsten hätte ich Luftsprünge gemacht, vor lauter ,,Freude“.
,,Rosalinda!“, begrüßte mich Oma Otti auch schon. ,,Schön dass du gekommen bist!“
,,Ja, ich wurde gezwungen.“, flüsterte ich in meinen Pulli hinein. ,,Wie auch immer, bringe deine Sachen ins erste Stockwerk, da ist dein Zimmer. Komm danach sofort runter, ich möchte dir jemanden vorstellen.“, Na ganz große Klasse. Ich komme total erschöpft mit Übergepäck an, und darf nicht mal mehr entspannen. Dennoch kämpfte ich mich mit zwei Trollis und einer großen Reisetasche außer Atem in den ersten Stock. Mit Ach und Krach kriegte ich die Tür auf und schmiss das Gepäck in eine beliebige Ecke. Das Zimmer war sehr dunkel. Die Tapete war Beige mit dunklen roten Rosen darauf. Der Teppich war grau und gefiel mir überhaupt nicht. Als einzige Möbel dienten ein grauer Kleiderschrank, ein Nachtisch, ein Bett und ein paar wenige Sessel. ,,Rosa!“, schrie Oma Otti schon von unten. ,,Gepäck kannst du später auspacken, komm erst mal runter!“, ohne zu wiedersprechen, stand ich mit einem Seufzer auf und marschierte die knarrende Holztreppe herunter ins Wohnzimmer. Dort saß eine rothaarige Frau und unterhielt sich mit Oma. Als sie mich sah erstarrten sie beide. ,,Also“, begann Oma Otti dann aber. ,,Das hier ist Michelle, meine Freundin. Ihr gehört das Pferdegestüt indem du dann jeden Tag bist. Sie ist vorbeigekommen um hallo zu sagen und mit dir über morgen reden.“, mit einem Handzeichen überreichte sie der Michelle das Wort. ,,Ja hallo,“ sagte sie und streckte die Hand hin. Unsicher schüttelte ich für drei Sekunden die Hand und zog sie hastig wieder weg. ,,Also, ich erwarte dass du morgen um acht Uhr bei mir bist. Otti wird dich bringen.“, sagte sie streng. ,,dann werde ich dir die Grundlagen verraten und danach putzen wir die Pferde und misten den Stall aus. Alles klar?“, um einen Streit zu vermeiden nickte ich brav. ,,Michelle,“ unterbrach Otti sie aber. ,,Sie war schon mal reiten und kennt die Grundlagen.“
,,Gut, dann werde ich sie prüfen. Am besten gehst du ins Bett du hast morgen viel vor.“ Jetzt tut diese Michelle sie tatsächlich als meine Mutter auf. Das wollte ich eigentlich nicht durch gehen lasse und rumzicken, aber gegen ein Schläfchen war nichts einzuwenden.
*
Wie immer war Oma Otti pünktlich. Und mit von der Partie, ich. Nachdem Frühstück brachen wir sofort auf und es war sehr warm. ,,Rosalinda! Schön dass du da bist.“, sagte Michelle gleich als Begrüßung. ,,Im Hof wartet Sandra. Die zeigt dir das Pferd. Es ist eine Blondine in weißer Reithose. Sie hat das Donath schon gesattelt und geputzt. Sie bringt dich zum Reitplatz. Dort wartest du auf mich, ich will noch mit deiner Oma reden.“
,,Könntest du mich Rosa nennen?“, um Stress zu vermeiden sagte ich es in einem ordentlichen Ton. Denn ich mag diesen Namen Rosalinda überhaupt nicht. Ich musste mich schon zusammenreißen um nicht los zu schreien. Wie gesagt ging ich in den Hof und das Mädchen winkte mir nicht gerade begeistert zu. ,,Ich bin Sandra. Komm einfach mit ja? Und rede kein Wort mit mir, klaro?“, dieses Mädchen, dachte ich, das könnte mir noch ernsthaft Sorgen bereiten. Als der Stall sich öffnete konnte ich meinen Augen nicht trauen. Vor mir stand ein klitzekleiner Haflinger und beschnupperte mich fröhlich. ,,Das soll ein Scherz sein oder?“,fragte ich hoffnungsvoll. Sandra schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen. Na klasse, dachte ich. Besser konnte es nicht werden. Schweigend folgte ich dem Mädchen mit diesem Donath. Oder war es eine Sie? ,,Viel Spaß“, sagte sie grimmig und verschwand hinter der Wand die von einem Haus stammte. Der Reitplatz war groß, in der Mitte lagen Stangen aufgebaut, am Rand gingen Eisenstangen entlang die den Platz begrenzten. Sonst waren nur Bäume außerhalb -die für mich-etwas zu nahe waren. Ich wartete eine ganze Weile und niemand kam, also beschloss ich wenigstens schon mal Schritt zu reiten. Mit mulmigen Gefühl im Bauch, stieg ich auf und trieb an. Doch als ich meine Fersen leicht in den Bauch des Pferdes drückte erschrak es, drückte mir den Rücken unter dem Hintern weg und galoppierte mit hoch erhobendem Kopf davon. ,,Brrr…Steh…Ruhig…“, versuchte ich es panisch. Doch es wurde nur noch schlimmer. Irgendwann rutschte ich zur Seite und flog fast auf die Stangen in der Mitte der Reitbahn. Plötzlich kam Michelle angelaufen. ,,Oh Gott“, rief sie und stellte sie mit wedelnden Armen vors Pferd. Dies beruhigte sich und schließlich kam sie mit grimmiger Miene zu mir. ,,Was fällt dir ein!“, schimpfte sie los. ,,Hier einfach so zu galoppieren und das ohne meine Erlaubnis! Du spinnst ja wohl!“
,,NEIN!“, rief ich um mich zu verteidigen. ,,Ich wollte nur Schritt reiten weil du nicht gekommen bist. Ich habe meine Fersen ein kleines bisschen gedrückt und dann ist SIE oder ES los gerannt wie ein irrer!“, Ohne ein weiteres Wort sprang ich auf und rannte zu dem Eingangstor. ,,Du bleibst hier!“, rief mir Michelle zu. Doch das Ignorierte ich. Mir stiegen die Tränen in die Augen. Am liebsten wollte ich gleich den nächsten Flug zurück nehmen. Doch wie soll ich zum Flughafen kommen? Meine Tränen flossen schon und ich wollte weg. Aber wohin? Ich kannte mich hier ja nicht aus? Da entdeckte ich ein Holztür. Mit Neugier und Kraft schob ich es auf und sah einen Fluss wo vieles grünes darum wuchs. Mit einem lauten Seufzer schmiss ich mich auf den Boden und starrte wütend ins Wasser. ,,Hallo?“, fragte eine Stimme plötzlich. Sofort schrak ich auf und wischte mir die Tränen weg. ,,Wer ist da“ ,fragte ich zurück. Aus dem Wald der neben dem Fluss lag, kam ein Mädchen mit kurzen, braunen Haaren heraus. ,,Wer bist du“, fragte sie. ,,Ich bin Rosa!“, sagte ich und schaute das Mädchen genauer an. Es sah aus wie in meinem Alter, nur mit schwarzer Reithose und einer roten Weste. ,,Ich bin Mona!“, sagte sie und kam näher. ,,Du siehst verweint aus.“, stellte sie fest und reichte mir ein Taschentuch. ,,Ja kann sein“, murmelte ich und nahm es freundlich an. Kaum zu glauben, aber auch ihr erzählte ich alles. Das ich zu meiner Oma musste, Michelle total streng ist, ich Mist gebaut hatte und runtergefallen bin…Einfach alles. Wir saßen dort und schaute in den Fluss hinein. Natürlich während ich ihr alles erzählte.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 30.04.2010

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Widmung:
hiermit widme ich diees Buch meiner besten freundin und allen Pferdefreunden...^^

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