Liebes Tagebuch,
eine Woche ist vergangen, seit sie gestorben ist. Ich bin jeden Tag an ihrem Grab, lege ihr eine weiße Rose hin und erzähle ihr, wie sehr ich sie vermisse. Ich glaube aber nicht, das sie mich hören kann. Sie ist nicht mehr hier. Sie kann mich weder sehen noch hören, dessen bin ich mir bewusst, aber wenn es einen Himmel gibt, dann wird sie auf mich warten. Ich bin mir sicher, dass sie dort ist, sie war der wundervollste Mensch, den ich je kennen lernen durfte.
Ich habe dich geliebt Kleine.
<Guten Morgen Deutschland! Nach einer kurzen Stau-Meldung geht es weiter mit den Top 100.>
Hä?
Ah genau.
Radio.
Wecker.
Schule!
Ich seufze genervt. Gekonnt drehe ich mich schnell in meinem Bett um und schlage auf mein Radio, damit es endlich aufhört mich am frühen Morgen zu nerven. Nach einem verschlafen gemurmelten:"Ich hasse Schule!", drehe ich mich wieder um und versuche weiter zu schlafen. Ich kuschle mich in meine Decke und schließe die Augen , bis ich höre wie eine piepsige Stimme schreit :"Auf in den Kampf" und kurz darauf höre ich auch schon Schritte, und meine Tür, die beim öffnen leicht quietscht. "Lass mich schlafen Jen!"
Jen ist meine kleine Schwester.Eigentlich heißt sie Jennifer, aber sie mag es nicht, wenn wenn man sie bei ihrem vollen Name nennt. Sie ist acht Jahre alt und somit "nur" acht Jahre jünger als ich.
"Aber Mami sagt ich soll dich wecken." Sie springt auf mich und ich brumme nur ein kurzes "Ja ja, ich steh schon auf". Zufrieden und mit einem lächeln auf den Lippen, geht sie wieder aus meinem Zimmer. Sie ist schon süß, auch wenn sie manchmal ziemlich nervig sein kann.
5 Minuten noch dann stehe ich auf. Ein Blick auf die Uhr und ich gerate in Panik. 5 Minuten. Von wegen, ich hab nur noch 20 Minuten Zeit. Das schaffe ich nie.
Ich springe förmlich aus dem Bett und renne ins Badezimmer, das hatte ich jedenfalls vor. Plötzlich steht der Freund meiner Mutter genau vor mir und ich renne in ihn. Wieso passiert so etwas immer mir? Ich verliere mein Gleichgewicht und,wie könnte es auch anders sein, falle die Treppe hinunter. Und um euch noch mal das peinliche an dieser Situation zu sagen, ich trage immer noch die Klamotten in denen ich geschlafen habe, das heißt : eine Boxershorts und .... sonst nichts. Okay das ist eindeutig der falsche Moment, um darüber nachzudenken, was ich im Moment anhabe. Würde ich nicht plötzlich diese unerträglichen Schmerzen in meinem linken Bein spüren, würden meine Gedankengänge wahrscheinlich weiterhin ohne Sinn sein, aber unter diesen Umständen wohl eher nicht! Ich kann nur noch an diese Schmerzen denken. Nebenbei bemerke ich, wie meine Mutter hysterische Schreie von sich gibt, da mein Bein in einem unnatürlich wirkendem Winkel von meinem Körper absteht. Am Rande bekomme ich noch mit wie eine verweinte Stimme immer wieder Anthony, mein Name, ruft, dann wird alles Schwarz.
Liebes Tagebuch,
Nie hat sie es geschafft, regelmäßig etwas rein zu schreiben. Ich werde es nun tun! Für sie!
Ich weiß nicht ob ich es schaffen werde, aber ich vermisse sie so sehr. Was kann ich bloß tun? Ich will sie wieder zurück!
Schon jetzt ist auf dem unteren Teil der Seite deutlich zu erkennen, das ich weine. Es heißt immer, man soll weinen und den Schmerz einfach raus lassen. Die, die das sagen, wissen nicht, wie es ist wenn man eine so wichtige Person verliert. Diese Schmerzen, die man fühlt sind unbeschreiblich. Sie sagen, man soll darüber reden, dann wird es besser, aber wie soll man darüber reden, wenn man es nicht einmal in Worte fassen kann? Keine Träne kann diesen Schmerz ausdrücken, keine Wörter können beschreiben, wie man sich fühlt. Man ist auf sich alleine gestellt und muss damit klar kommen.
Leise Schluchzer dringen in mein Ohr. "Mein Schatz du bist endlich wach!" Meine Mutter, wie immer sehr emotional. Allerdings versetzt es mir doch einen kleinen Stich in mein Herz, meine Mutter weinen zu hören.
Moment mal. Was ist das für ein Geruch? Das riecht ja wie......KRANKENHAUS! Mom hat es gewagt mich in ein KRANKENHAUS zu bringen?! Schlagartig reiße ich meine Augen auf und tatsächlich, ich liege in einem KRANKENHAUS. Ich hasse Krankenhäuser. Die Wände sind weiß, die wenigen Möbel die hier stehen sind weiß, die Bettdecke ist weiß. Einfach alles ist weiß. Ich hasse es. Ich meine, die Leute sind doch in einem Krankenhaus, um Gesund zu werden. Wie soll man in so einer eintönigen Umgebung gesund werden? Wieso streicht man die Wände nicht in fröhlichen, bunten Farben oder einfach irgendetwas anderes als weiß?
Wieso liege ich eigentlich im Krankenhaus? Nach diesem kurzen Schockmoment schaue ich meine Mutter an und frage sie was passiert sei. Sie schaut mich ungläubig an. "Du weist es nicht mehr?" fragt sie mich mit verweinter Stimme. Ich schüttle schwach mit dem Kopf, woraufhin sie mir erzählt, dass ich vor der Treppe mit George, ihrem Freund, zusammen gestossen bin, mein Gleichgewicht verloren habe und die Treppe runter gefallen bin. Okay, das klingt ja nicht sehr dramatisch, wieso weint sie dann? Vielleicht übertreibt sie auch einfach nur?
"Mom wieso weinst du?" "Schatz du hast eine Platzwunde am Kopf und dir dein Bein gebrochen" Oh ja mein Bein tut weh, das habe ich auch schon realisiert, aber gebrochen? Niemals. Ich versuche mich nicht mehr auf die Schmerzen in meinem Bein zu konzentrieren, aber das funktioniert nicht, da ich nun die pochende Stelle an meinem Hinterkopf bemerke. Reflexartig packe ich mir an die schmerzende Stelle und bereue es sofort. Ich zucke vor Schmerzen zusammen und meine Mutter schaut mich besorgt an. Moment mal da ist doch noch was außer den Schmerzen....seit wann fühlen sich meine Haare so komisch an?
Man hört ein zaghaftes Klopfen an der Tür und der Doktor kommt hinein. "Guten Tag Herr Prestone, da haben Sie uns ja einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Wie geht es Ihnen?" "Ich würde sagen, den Umständen entsprechend." "Nun gut, Sie haben eine leichte Gehirnerschütterung und Sie haben sich das linke Bein gebrochen." Er wendet sich zu meiner Mutter und sagt:" Ich werde einer Schwester sagen, sie soll Ihnen Krücken und Schmerztabletten bringen, dann können Sie mit Ihrem Sohn nach Hause. Den Verband am Kopf lassen Sie bitte noch eine Weile dran." Genau! Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was das auf meinem Kopf ist.... ein Verband! Ich habe ja keinen Spiegel da, um nach zu gucken was das ist.
Das ist doch so etwas von unnötig. Das bringt doch rein gar nichts, sobald ich zu Hause bin mache ich den Verband ab.
Den Gips an meinem Bein kann ich ja leider nicht ab machen.
Ihr dürft mich nicht verurteilen. Ich bin 16, das heißt ich mache genau das Gegenteil von dem was man mir sagt! Das ist bei jedem so! Ich versuche mir schon einmal eine Ausrede zurecht zu legen, damit ich mich später bei meiner Mutter rechtfertigen kann wieso ich den Verband nicht mehr trage, aber mir fällt einfach nichts glaubhaftes ein.
Mich hat es unter dem Verband gejuckt und ich bin nicht an die Stelle dran gekommen. Ich hab nach dem Duschen vergessen einen neuen Verband an zu legen. Ich wollte mir meine Haare stylen. Alles zu unglaubhaft.
Ein leichter Druck an meiner Schulter holt mich wieder aus meiner Gedankenwelt zurück in die Realität. Ich denke so viel unnötige Sachen, würde ich irgendwann mal ein Buch schreiben, würden es wahrscheinlich tausend verschiedene Geschichten zusammengewürfelt sein, weil mir immer wieder so viele neuen Ideen einfallen. Meine Gedanken schweifen immer von Thema ab. Vielleicht würde ein Buch von mir ungefähr so anfangen:" Hi mein Name ist Romeo ich gehe jetzt zu Julia, denn ich will sie heiraten. Ich habe Hunger also werde ich zuerst etwas essen!Ich sollte Koch werden!" Ok ich glaube das können wir abhaken. Ich hab nicht das Zeug zum Schriftsteller.
Schon wieder dieser Druck an meiner Schulter. Ich schaue meiner Mutter in die verweinten Augen und sie hat ein leichtes lächeln auf den Lippen, das allerdings nicht ihre Augen erreicht. Sie muss wohl gemerkt haben das ich, mal wieder, in meinen Gedanken versunken war."George wartet draußen mit Jen am Wagen, kommst du?" Meine Mutter reicht mir die Krücken und hat ein Päckchen Tabletten in der Hand, es scheint als wäre die Schwester auch schon da gewesen. War der Doktor nicht gerade eben noch da? Oh nein mein "Lebensretter" ist gegangen, ohne sich von mir zu verabschieden. Ich bin ja so enttäuscht von ihm. Ich sollte das mit dem Sarkasmus lieber lassen, bevor mich noch jemand falsch versteht und auf den Gedanken kommt ich finde Krankenhäuser nicht so schlimm, oder das ich ihm wirklich dankbar bin. Immerhin hat er ja nur seine Arbeit gemacht. Keine große Sache.
Ok, ich werde versuchen beim Thema zu bleiben. Also, zurück zu meiner Mutter. Sie reicht mit mal wieder die Krücken, da ich beim ersten mal ja mal wieder am träumen war. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen hole ich die Krücken und stehe aus diesem unbequemen Krankenhausbett auf. Kennt ihr das berühmte schiefe Lächeln das jedes Mädchen zum schwärmen bringt? Ob ihr es glaubt oder nicht, es funktioniert sogar bei meiner Mutter, nur mit dem unterschied das sie nicht schwärmt, sondern selbst automatisch lächeln muss. Und tatsächlich. Meine Mutter lächelt.
Am Auto angekommen springt mir schon meine kleine Schwester entgegen. Ich liebe sie, aber es ist doch ein bisschen schwer, sich auf den Beinen bzw. Krücken zu halten, wenn ein kleines Monster einen umarmt. Jetzt steigt auch George aus, kommt zu mir und drückt mir "brüderlich" die Schulter. " Anthony, wie geht es dir? Es tut mir leid ich konnte dich nicht mehr festhalten um zu verhindern das du fällst." "Ist schon in Ordnung. Ich meine, jetzt lässt sich nichts mehr ändern." Ja jetzt lässt sich nichts mehr ändern. Jen schaut mich mit einem Hunde-Blick an, weil Mom ihr sagte sie solle sich entschuldigen, da sie mich vorhin ja fast umgeworfen hat. Das wäre natürlich nicht nötig gewesen, aber ihre Schnute sieht zu süß aus. Ich drücke sie kurz schmunzelnd an mich und steige dann ins Auto. Außer dem Radio und Jen die bei den Liedern versucht mitzusingen, höre ich nichts. Komisch. Normalerweise redet Mom doch ununterbrochen? Wieso heute nicht? Ist sie vielleicht noch besorgt? Immerhin hat sie vorhin im Krankenhaus auch geweint. Nein, wenn sie besorgt wäre, würde sie sich nach meinem Wohlbefinden erkunden. Sie wirkt eher nervös. Anstatt sie zu fragen, lehne ich meine Stirn an die Fensterscheibe, versuche meine Gedanken einfach ein wenig schweifen zu lassen und schaue mir die langweilige Landschaft an. Nach kurzer Zeit sieht die Landschaft schon viel vertrauter aus, da wir in ca. zwei Minuten zu Hause sein müssten. Mittlerweile ist Mom noch nervöser und hüpft unruhig auf ihrem Sitz herum. Wieso ist sie so nervös?!
Zu Hause angekommen, steige ich sehr langsam aus. Diese Krücken waren wirklich für nichts zu gebrauchen. Jen hüpft im Kreis um mich herum, während ich versuche möglichst schnell ins Haus zu gelangen, und fragt mich so etwas wie:"Wie ist es so mit Krücken zu laufen?", oder "Ist das anstrengend?", oder " Wieso siehst du so genervt aus". Ok das reicht! Kaum im Haus angekommen, stürme ich, soweit es eben mit den Krücken möglich war, in mein Zimmer. Ich höre nur noch das leise meckern meiner Schwester, wieso ich den so schnell weg gehe. Oben angekommen setze ich mich auf den Stuhl vor dem Flügel. Musik, das einzige was mich jetzt ablenken könnte. Wenigstens ist der Gips an meinem linken Bein, so kann ich mit meinem rechten Fuß das Pedal benutzen.
Als ich in der Schule auf einer Aufführung gespielt habe, haben mich einige Leute gefragt, wozu den das Pedal gut sei. Ich mag so Leute nicht. Ich meine, es ist doch eindeutig, dass das Pedal dazu da ist um die Töne zu verlängern, damit die Töne nicht so abgehackt klingen. Also meiner Meinung nach sollte man mindestens das wissen, das gehört zum Allgemeinwissen. Während meine Gedanken mal wieder abschweifen, spielen meine Finger die Wunder der Musik. Die Wunder der Musik, das hört sich für einige wahrscheinlich komisch an, aber ich finde nicht das Musik nur Töne, Noten oder Pausen sind, mit Musik kann man viel mehr ausdrücken. Musik ist wirklich ein kleines Wunder. Wenn man über den tieferen Sinn nachdenkt, kann man meine Meinung vielleicht sogar verstehen. Seit ich sechs Jahre alt bin spiele ich Klavier. Seit ich Zwölf bin versuche ich eigenen Lieder zu schreiben. Das erste Lied das ich Komponiert habe und sich sogar gut anhört spiele ich sehr gerne. Es ist Jens Lieblingslied und jedes mal wenn ich es spiele, kommt sie in mein Zimmer um mit zu singen. Früher wollte Jen immer, das ich ihr das Lied jeden Abend vorspiele, da sie angeblich besser schlafen kann, nachdem sie das Lied gehört hat. Sie sagt das Lied beruhigt sie. Plötzlich sitzt meine Schwester neben mir und singt. Ein Grinsen erscheint in meinem Gesicht, als ich merke das ich ihr Lied spiele. Kaum habe ich darüber nachgedacht, wie sie sich immer freut wenn ich Ihr Lied spiele, haben meine Finger es automatisch angefangen zu spielen.
Als das Lied zu Ende ist,bedankt sie sich bei mir, gibt mir einen Kuss auf die Wange und sagt:" Mama und George sagen, wir sollen runter kommen. Sie sagten sie müssten noch irgendetwas mit uns besprechen." Ich gehe mit ihr die Treppe runter, am Ende der Treppe drehe ich mich kurz um, weil Jen mich ruft. Ca. drei Stufen vor Ende der Treppe ist sie stehen geblieben und breitet ihre Arme aus. Ich verstehe sofort was sie meint, breite ebenfalls meine Arme aus und fange sie auf als sie den Rest der Treppe runter springt. Da ich allerdings vergessen habe, dass ich ja einen Gips am Bein habe, landen wir beide auf dem Boden. Sie lacht und auch mir liegt ein Lächeln auf den Lippen.
Mom und George stehen im Türrahmen und beobachten uns, ebenfalls mit einem Lächeln im Gesicht, aber bei Mom erreicht es nicht ihre Augen und man erkennt, dass sie etwas bedrückt. Eine von allen bemerkte erdrückende Stille liegt in der Luft, aber keiner traut sich etwas zu sagen. Sogar Jen merkte das sie lieber leise sein sollte. George ergreift das Wort und sagt wir sollen lieber auf eine Tasse Tee in die Küche gehen, da das, was sie uns sagen wollen nicht sehr angenehm sei. Ich will Jen gerade wieder auf den Boden stellen, da klammert sie sich mit ihren kleinen Händen an meinem Hals fest. Mit Jen auf den Armen gehe ich in die Küche und wir setzen und an den Tisch, bevor Mom sich zu uns setzt macht sie sich und George einen Tee.
"Kinder, wir machen uns große Sorgen, wie ihr darauf reagieren werdet, aber wir können es nicht weiter vor uns her schieben und müssen es euch sagen! Ihr wisst ja, das George und Ich schon seit fast zwei Jahren zusammen sind, also haben wir beschlossen, das er nun offiziell bei uns einziehen sollte." Sie macht eine kurze Pause und schaut mir in die Augen, so als würde sie eine Antwort auf ihre nicht gestellte Frage erwarten. Sie zittert leicht, nimmt einen Schluck von ihrem Tee und George legt beruhigend seine Hand auf ihre. Ich schaue sie fragend an, sie erzählt weiter:"Das alles wäre ja nicht so schlimm, wenn es da nicht ein kleines Problem gäbe. Wie ihr ja wisst hat er vor einigen tagen seine Arbeit verloren. Und ihm wurde ein toller Job angeboten, aber da gibt es einen Haken.... er muss dafür nach McMinnville ziehen." Man sieht deutlich wie schwer es ihr fällt das zu sagen. Es muss wirklich sehr schwer für sie sein, von hier weg zu müssen, aber auch mir steht der Schock ins Gesicht geschrieben. Ich soll nach McMinnville? "Mami, was soll das heißen?" "Wir werden umziehen!" versucht sie entschlossen zu sagen, aber eine Träne rollt ihre Wange hinunter. "Heißt das ich muss auf eine neue Schule gehen?" fragt Jen. Mom nickt nur stumm. Ich dachte eigentlich nicht, das sie darüber glücklich sein würde, aber sie lächelt? "Ist ja Toll! Dann lerne ich ganz nette neue Leute kennen." Ihre Einstellung irritiert mich ein wenig. Im Gegensatz zu mir, bringt sie dieser Gedanke umzuziehen, nicht aus der Fassung. Sogar Mom schien etwas irritiert, erzählt dann aber weiter:" George wird am Montag, also in drei Tagen, nach McMinnville fliegen, um dort noch einige Angelegenheiten zu klären. Der Verkäufer des Hauses zahlt ihm die Flugtickets und hat den Preis für das Haus sehr niedrig gehalten. Das Haus ist Traumhaft, es ist schon fast eine Villa. Jeder von euch beiden hat sein eigenes Badezimmer und für dich, Anthony, haben wir zwei Zimmer einrichten lassen." Zwei? Wieso denn zwei? Ich schaue sie fragen an. "Ein Zimmer in dem du schlafen wirst, also dein Schlafzimmer, und ein Zimmer ist ausgestattet mit einem Mikrophon, einem Klavier, einer Gitarre und einer Geige. Ich hoffe es wird dir gefallen." Ich schaue sie fassungslos an. Ich will schon lange Geige spielen, aber habe es nie geschafft meine Mutter davon zu überzeugen mir eine zu kaufen und um mir selbst eine zu kaufen, fehlte mir immer das Geld. Also darauf freue ich mich schon. "Wir haben aber noch eine Überraschung für euch. Anthony, deine ganzen Freunde werden heute Abend hier sein. Sozusagen eine gute Besserung - und eine wir werden dich vermissen Party."
Meine Freunde wissen auch schon das wir umziehen? Wann hatte Mom die Gelegenheit, es ihnen zu sagen? Ok, nachdenken bringt nichts! Du musst sie fragen Anthony, wenn du eine Antwort willst! Also mache ich meinen Mund auf und sage:" Mom woher wissen sie schon, dass wir umziehen?" Sie sagt mir, dass sie mich alle besuchen waren, als ich im Koma lag und sie habe die Gelegenheit gleich ausgenutzt um sie einzuladen. Sie hätte die Party natürlich verschoben, wäre ich heute noch nicht wach gewesen. Lustiger Gedanke, eine Party für mich... ohne mich. "Mom? Ist es ok, wenn ich hoch gehe? Ich brauche einen Moment für mich." Schon an der Treppe angekommen, bejaht sie erst meine Frage. Ich gehe ruhig die Treppe hoch bzw. humple die Treppe hoch. Diese Krücken sind wirklich für nichts zu gebrauchen.
Wieso müssen wir umziehen? Soll George doch alleine fahren, würde mir nichts ausmachen. Das würde Mom sehr unglücklich machen, also bleibt mir wohl keine Wahl. Wenn mein Vater doch bloß noch leben würde, dann würden wir eine glückliche kleine Familie abgeben. Kennt ihr diese berühmte Frage: Was würdest du tun wenn du drei Wünsche frei hättest? Das ist sehr einfach zu beantworten, ich würde mir wünschen in die Vergangenheit reisen zu können, dann würde ich den Tod meines Vaters verhindern.
Ich brauche eindeutig ein wenig Ablenkung. Musik, dass einzige das mich in so einer Situation ablenken würde, hoffentlich. Ich hole mir meine Gitarre, setze mich auf mein Bett und spiele. Ich werde dich vermissen Jamestown. Meine ganzen Freunde. Soll ich jetzt einfach von hier weg? Dahin, wo ich niemanden kenne?
Die letzten Töne erklingen, während es leise an meiner Tür klopft. "Kann ich rein kommen?" Fragt mich meine Mutter. Ich stelle die Gitarre weg und setze mich neben Mom, die sich mittlerweile auf mein Bett gesetzt hat. "Wieso müssen wir umziehen? George kann ja alleine fliegen. Was soll ich in McMinnville? Ich kenne da niemanden! Könnt ihr mich nicht hier lassen? Ich bleibe bei Oma." "Jetzt beruhige dich doch einmal. Wir werden dich nicht bei Oma lassen. Sie ist schon zu alt, um sich auch noch um dich zu kümmern. Wir würden dich viel zu sehr vermissen, besonders Jennifer." "Dann komme ich euch besuchen!" "Jetzt tu nicht so , als wärst du ein kleines Kind. Du bist schon 16 also benimm dich auch so! Du weißt genau so gut wie ich, das das nicht zur Auswahl steht. Du findest sicher neue Freunde." Ihr liegt ein zaghaftes Lächeln auf den Lippen, das aber sofort wieder verschwindet. " Mom, was ist mit Dad? Sein Grab ist hier, nicht dort!" Sie lächelt mir noch einmal aufmunternd zu und geht wieder.
Ich muss irgendwie versuchen mich abzulenken. Ich könnte ja gucken gehen was Jen so macht. Gesagt, getan. Jetzt stehe ich vor ihrer Tür und klopfe kurz an ihrer Tür, da ich ein paar Stimmen in ihrem Zimmer höre. Sind bestimmt nur Mom und George. Da ich mal wieder in Gedanken versunken war und nicht gehört habe, wie Jen mich herein bat, machte nun ein kleines Mädchen mit braunen lockigen Haaren die Tür auf. Kaum hat sie erkannt wer ich bin, umarmt sie auch schon meine Beine. Oh nein. Was macht Ashley den hier? Ashley ist in Jen's Klasse und immer wenn sie hier ist, gehe ich ihr gekonnt aus dem Weg. Als Ashley das erste mal bei uns war, habe ich mich zu ihnen gesetzt und mit ihnen gespielt. Seit dem freut sie sich immer, wenn sie mich sieht und umarmt mich. Da ich aber mit meinen 1,86m nicht gerade klein bin und sie auch nicht sehr groß ist, umarmt sie immer fast nur meine Beine. Sie lässt mich endlich los und Jen ruft mich schon. "Mom hat fast meine ganze Klasse zum spielen eingeladen. Ist das nicht Toll? Willst du mit spielen?" Ein Grinsen konnte ich jetzt nicht mehr unterdrücken." Ich gehe lieber wieder in mein Zimmer und lasse euch spielen. Ich wusste nicht das du Besuch hast." Einige riefen noch was ich denn am Bein am Kopf habe, was ich aber nicht mehr wirklich höre, da ich schon aus dem Zimmer raus gegangen bin. Die Ablenkung scheint nicht funktioniert zu haben, also muss ich mir was besseres einfallen lassen. Ich könnte mich natürlich einfach vor den Fernseher setzen, aber mir ist gerade nicht wirklich dazu zu mute. Ich gehe kurz runter und frage Mom wann die Party sein wird. Sie antwortet das die ersten Gäste um 20 Uhr kommen wollen, das heißt, ich habe noch 4 Stunden Zeit. Mom sagt auch, dass falls wir Alkohol trinken, sie mir das neue Leben zur Hölle machen wird. Mein Leben in Jacksonville wir auch ohne das sie es mir zur Hölle macht, die Hölle. Auf dem Weg nach oben in mein Zimmer klingelt mein Handy:" Ja hallo?" "Hey Anhony, hier ist Paul. Lust zu skaten?" " Man Paul, ich gehe auf Krücken, wie soll ich da skaten?" "Ja, weiß ich doch. Du kannst aber doch trotzdem mitkommen. In ein paar Stunden sind wir zwar alle bei dir, aber mir ist langweilig. Also, kommst du mit? Luke und Stefan sind auch dabei." "Ja ok, ich komme mit. Wo?" Komm einfach in einer viertel Stunde in den Park." "Gut, also bis gleich." Kaum habe ich aufgelegt, gehe ich nach oben und ziehe mich um. Ich kann ja nicht in Sporthose aus dem Haus gehen. "Mom ich gehe mit den Jungs raus" rufe ich ihr zu, hole mir meine Jacke und bin sofort danach verschwunden.
Innerhalb von ca. 8 Minuten, bin ich am Park angekommen und Luke, Stefan und Paul warten bereits schon auf mich. Luke und Stefans Freundinnen sind auch dabei, Megan und Samantha. Sam ist eine wahre Schönheit. Sie hat lange, blonde, lockige Haare, grüne funkelnde Augen und die perfekte Figur. Sie ist mit ihren 1,55m vielleicht ein bisschen klein, aber man erkennt schon auf den ersten Blick, wieso Luke sich in sie verliebt hat. Ihr Charakter passt perfekt ins Gesamtbild. Sie ist nett, freundlich und hilfsbereit. Ich hab in der Schule schon öfter mit ihr geredet, da sie ja immer zu Luke kommt. Ganz anders ist allerdings Megan. Sie gehört zu den "beliebtesten" in unserer Schule. Ich finde sie sieht mit ihren Pechschwarzen Haaren und ihrem viel zu stark geschminktem Gesicht eher albern aus, als hübsch. Ich verstehe nicht, wieso Stefan sich mit so einer abgibt. Diese Frau hat fast jede Woche einen neuen Freund und ist total eingebildet.
Samantha, die es sich in Luke's Armen bequem gemacht hat, sieht mich schon von weitem und winkt mir zu, wodurch die anderen, die in ein Gespräch vertieft waren, auch auf mich aufmerksam wurden. Megan verdreht nur genervt die Augen, als sie mich sieht, und murmelt irgendetwas, das sich stark nach "Was will der den hier?" anhört. Ich schaue Stefan bittend an, aber er sieht Megan nur genervt an und geht dann auf mich zu. Er begrüßt mich kurz und sagt dann, das ich mich ja mit Samantha oder Megan unterhalten könne, während Paul Luke und er skaten. Und schon ist er auf sein Board gesprungen und fährt auf die Rampe zu. Da Luke und Paul auch schon ihr Glück auf der Rampe versuchen, kommt Samantha tanzend zu mir und singt " Anthony is in the House!" Lachend umarme ich sie kurz zur Begrüßung. Ihre gute Laune ist wirklich ansteckend. "Na Sami, wie geht es dir?" frage ich sie, um ein Gespräch anzufangen. "Oh Gott, eure gute Laune ist ja kaum auszuhalten." sagt die eindeutig nicht angesprochene Megan und geht auf ihren viel zu hohen Schuhen weg. Samantha ignoriert sie nur und fängt an zu reden:"Ich habe gehört ihr werdet umziehen?" Schlagartig verfinstert sich meine Mine. "Leider ja!" Ist nur meine kurze Antwort und einen kleinen Seufzer kann ich mir nicht verkneifen. "Oh. Wohin zieht ihr den um?" Ich wünschte wir würden nirgendwohin ziehen. "Nach McMinnville." ist nur meine kurze Antwort. Ihr Gesicht fängt an zu strahlen, sie schaut mich lächelnd an und sagt:"Das schöne sonnige McMinnville?" Sie wendet sich ein wenig von mir ab, dreht sich zur Quarterpipe und ruft Luke zu, das er mal kurz zu ihr kommen solle. Kurze Zeit später steht er neben ihr und legt seinen Arm um ihre Hüfte. "Hast du gewusst, wohin die precious stones alias Prestone umziehen? Nach McMinnville! Wir müssen Anthony unbedingt mindestens jede Woche besuchen fahren!" Luke lacht kurz über die hysterische Art seiner Freundin und sieht dann zu mir runter, da ich mich auf eine Bank gesetzt habe. Er setzt sich neben mich und sagt, dass er das auch gerne machen würde und McMinnville ja so schön sei. Eine unangenehme Stille liegt in der Atmosphäre, Samantha stört das allerdings nicht und sie redet munter weiter. Sie fragt mich, wie ich mir eigentlich das Bein gebrochen habe. Ich lache auf und erzähle ihr mit tiefer, gruseliger Stimme:"Ich bin Abends noch zu Lucie gegangen, da ich ihr meine Liebe gestehen wollte, aber dazu kam ich nie. Ich wollte mit ihr ungestört reden können, also sind wir in den Wald gegangen. Es war eiskalt und ab und zu hörten wir hinter uns Äste knacken. Lucie hatte Angst und hat sich an meinen Arm gekrallt, ich wollte ihr gerade sagen, das sie keine Angst haben brauch da hörten wir ein Knurren hinter uns. Wir drehten uns um und da stand ein riesiger..." Sam schaut mir gebannt von meiner Geschichte auf die Lippen, Paul und Stefan sind mittlerweile auch dazu gekommen. Ich muss mir ein Lachen unterdrücken und erzähle weiter:"Hinter uns stand ein riesiger Wolf. Ich wollte nicht das er Lucie etwas antut, also habe ich mich beschützend vor sie gestellt und wollte den Held spielen. Der Wolf kam knurrend auf mich zu und ist auf mich losgegangen. Ich habe Lucie gesagt sie soll wegrennen und Hilfe holen. Das hat sie dann auch gemacht, während der Wolf mir das Bein zerfleischt hat. Ich habe mein Bewusstsein verloren und habe nur noch mitgekriegt wie ein Hubschrauber gelandet ist. Im Krankenhaus bin ich wach geworden und man sagte mir, das Lucie es nicht überlebt hat." Paul und Luke haben anscheinend gemerkt das ich nicht die Wahrheit sage und beißen sich auf die Unterlippe um nicht lachen zu müssen. Samanthas schockiertes Gesicht bringt das Fass zum überlaufen und wir fangen alle drei an zu lachen. Stefan und Samantha sieht man die Verwirrung an. Nach kurzer Zeit schien sie zu begreifen und schaut mich wütend an. "Sami ich mach doch nur Spaß. Ich bin die Treppe runter gefallen! Ich kenne gar keine Lucie." Die Stimmung war nun deutlich lockerer und wir unterhielten uns noch eine Weile.
Um 18:30 Uhr verabschiede ich mich von allen, sage ihnen, das ich sie um 20 Uhr erwarten werde und mache mich auf den Weg nach Hause.
Ich bin gemütlich nach Hause gegangen und habe mich nicht sehr beeilt, daraus folgte, das ich erst kurz vor 19 Uhr zu Hause war. Da ich nur noch eine Stunde Zeit habe, gehe ich duschen. Halt! Wie soll ich überhaupt duschen gehen? Den Verband an meinem Kopf habe ich ja schon abgemacht, bevor ich raus gegangen bin. Ich rufe durch das ganze Haus nach meine Mutter. Aus dem Wohnzimmer höre ich dann wie meine Mutter mir zurück ruft ich soll ins Wohnzimmer kommen." Mom wie soll ich mit dem Gips duschen gehen?" Sie lacht kurz und sagt ich solle mit ihr in die Küche gehen. Zielstrebig geht sie auf die Schubladen, in der die Müllsäcke liegen. Sie will mir doch nicht etwas einen Müllsack um mein Bein wickeln? Obwohl, es könnte ja funktionieren. Jetzt holt sie noch Frischhaltefolie. Auf die Idee hätte ich auch selbst kommen können.
Mein Bein dick in Müllsäcke eingewickelt begebe ich mich ins Badezimmer und dusche mich schnell. Ein Blick auf die Uhr genügt und ich beeile mich. Ich habe nur noch 20 Minuten Zeit.
Fertig gestylt gehe ich wieder in mein Zimmer. Fast fällt vor Schock das Handtuch runter, das ich mir um die Hüfte gewickelt habe. "Ashley was machst du den hier?" Sie kichert nur und geht wieder aus meinem Zimmer. Schnell ziehe ich mich an, gehe schonmal runter und sehe noch wie Jen sich an der Tür von ihren Freunden verabschiedet. Ihr Freunde gehen, meine kommen. Perfekt! Mom kommt gerade mit einem Tablett voller Finger Foot aus der Küche und bringt es in den Keller. Das heißt, für Essen ist auch schon gesorgt. Allmählich meldet sich auch schon mein Magen und gibt mir zu verstehen das ich etwas essen sollte. Ich gehe in der Küche, schnappe mir einen Apfel und setze mich an den Küchentisch. Ich habe den Mund schon offen und den Apfel schon vor dem Mund, da klingelt es an der Tür. Abbeissen und an die Tür gehen, oder den Apfel wieder hinlegen und an die Tür gehen? "Jen machst du bitte die Tür auf." Meine Mutter ist wirklich die Beste. Ich beiße genüsslich in meinen Apfel und Samantha kommt mit einem Edding bewaffnet in die Küche und sagt:"Du darfst entscheiden! Entweder ich male dir einen Schnurrbart ins Gesicht, oder ich unterschreibe auf deinem Gips." Ich muss sofort anfangen zu lachen und erwidere ihr immer noch schmunzelnd:"Also ich bin mir sicher mir würde ein Schnurrbart sehr gut stehen, aber fürs erste bevorzuge ich deine Unterschrift auf meinem Gips."
Nach und nach kommen alle Gäste.
Mein langweilig weißer Gips wurde mit vielen Unterschriften geschmückt. Ca um 24 Uhr haben wir dann beschlossen, uns mal wieder ein wenig kindisch zu benehmen und Flaschendrehen zu spielen. Die Hälfte der Gäste sitzt mit mir auf dem Boden im Kreis und starren auf die in der Mitte des Kreises liegende, drehende Flasche. Sie dreht sich und dreht sich und dreht sich und bleibt genau bei mir stehen. "Okay Anthony, Wahl, Wahrheit, oder Pflicht?" Ich beantworte mit Wahrheit und der mir gegenübersitzende scheint wirklich noch kindisch zu sein, denn er fragt nur, in wenn ich verliebt sei. Alle Augen sind nun auf mich gerichtet, und ich schaue Samantha an. Ich schaue ihr genau in die Augen und ziehe meine Augenbrauen hoch. Sie macht die selbe Geste. Ich schmunzele und antworte:"Lucie". Sofort bricht Gemurmel in der Menge aus. Ich lache nur und drehe die Flasche erneut. "Marie, Wahrheit, Pflicht, oder Wahl?" Sie antwortet mir mit Pflicht. Mutig die Kleine. "300m Östlich von unserem Haus ist ein kleiner See. Traust du dich mit Jim nackt baden zu gehen?" Es ist deutlich zu erkennen, das jegliche Farbe aus ihrem Gesicht gewichen ist und auch Jim sieht leicht geschockt aus. Kurze Zeit herrscht eine Totenstille. Niemand sagt etwas, auch die, die nicht mit gespielt haben gucken uns nun an und warten auf Maries antworte. "Ok ich mach es! Jim?" "Ich auch!" Das hätten sie lieber nicht sagen sollen! Wir machen uns alle zusammen auf den Weg zum See.
Plötzlich fängt Marie an zu schreien. Sie steht relativ nah am Ufer und Jim hinter ihr. Sie schreit und will wegrennen, Jim hält sie aber auf und umarmt sie um sie zu beruhigen. Was ist denn da los? Langsam kommen die Beiden zu uns, wir stehen etwas weiter weg vom Ufer an einer Bank. "Hey was ist den los? Ihr seht so aus, als hättet ihr einen Geist gesehen." Jim antwortet stotternd:"Da....da liegt....eine Leiche im Wasser. Wir müssen die Polizei rufen!" Was? Eine Leiche? Das kann doch gar nicht sein! Ich gehe näher ans Ufer und tatsächlich! Dort ragen zwei Beine aus dem Wasser. Ich will es mir nicht genauer angucken und gehe wieder zu den anderen. Ich setze mich auf die Bank und hole mein Handy raus. "Hallo, hier ist Anthony Prestone. Wissen sie wo der kleine See im Wald in Jamestown ist? Hier wurde eine Leiche gefunden." "Ok wir schicken jemanden, der sich das ganze anschaut. Ich muss sie leider darum bitten, am Tatort zu bleiben". Ich sage noch kurz, dass wir hier bleiben werden und dann lege ich auf. "Die Polizei kommt gleich, aber wir sollen hier bleiben."
"Was meint ihr, wer das ist?" Fragt Marie in die Runde.
Sie erhält keine Antwort.
Alle sind ruhig.
Niemand traut sich etwas zu sagen.
Diese erdrückende Stille!
Nach einer langen Pause sagt Jim: "Vielleicht Mrs. Callist? Sie hat tausend Katzen und erscheint mir auch ein bisschen verrückt. Vielleicht hat sie den Verstand komplett verloren und hat Selbstmord begangen?" So Vermutungen sollte man nicht aufstellen.
Auch Jim erhält keine Antwort und die bedrückende Stille tritt wieder ein. Schon aus kleiner Entfernung höre ich schon die quietschenden Reifen des Polizeiautos. Am Waldrand bleibt das Auto stehen und ein älterer Mann steigt aus, kommt zu uns und sagt:"Ein Junger Mann hat vor einer viertel Stunde bei und angerufen und gesagt er habe eine Leiche gefunden. Ich nehme an das war einer von euch?" Ich stehe von der Bank auf und gehe zu ihm:"Ja, ich habe angerufen. Wenn man ein kleines Stück am Ufer entlang geht, sieht man, wie Beine aus dem Wasser ragen." "Ihr wartet bitte hier, ich werde nachgucken gehen." Ich setze mich wieder auf die Bank und wir alle beobachten den Polizist. Er geht ein wenig am Ufer entlang und bleibt genau bei der Leiche stehen. "Kinder könnt ihr mir kurz helfen? Kommt bitte kurz her." Ruft er uns plötzlich zu und lacht dabei ein wenig. Das ist eine Leiche wieso lacht er? Unsicher begeben wir und auf den Weg zu ihm. Er kniet sich hin und plötzlich nimmt er die Leiche am Fuß und zieht sie aus dem Wasser. Sofort bleiben wie alle ein wenig schockiert stehen. "Kommt ruhig her. Ihr solltet euch das genauer ansehen." Ich schaue Luke an und eine gewisse Aufforderung liegt in meinem Blick. Ich gehe mit ihm zum Polizist, der noch immer lacht. Als ich den Grund erkenne, kann auch ich mir kein lachen verkneifen. Luke schaut mich erst ein wenig irritiert an, lacht dann aber ebenfalls."Es ist zwar nur eine Schaufensterpuppe, aber trotzdem danke, das sie gekommen sind." Ich schüttle ihm kurz die Hand und er wünscht uns noch viel Spaß. Er geh zu seinem Auto und fährt mit quietschenden Reifen davon. Stefan versucht gerade Samantha mit dem Bein der Schaufensterpuppe zu verekeln und wedelt mit dem Bein vor ihrem Gesicht herum, aber sie schaut ihn nur gelangweilt an und schlägt es ihm aus der Hand.
Mittlerweile ist es schon drei Uhr nachts. Die ersten Verabschieden sich schon und übrig bleiben Stefan Luke und Samantha. Auf meine richtigen Freunde ist eben verlass.
Wir machen uns wieder auf den Weg zu mit nach Hause, räumen dort gemeinsam auf und setzen und danach noch an den Tisch und reden noch eine Weile, bis auch sie sich verabschieden.
Nach so einem Tag werde ich mir jetzt endlich ein wenig Erholung gönnen und mich schlafen legen.
Liebes Tagebuch,
Keine Sekunde vergeht, ohne das ich an sie denke. Ich habe sie so sehr geliebt und sie wurde mir aus den Händen gerissen. Ich wollte sie beschützen. Ich habe ihm gesagt, er soll mich töten und nicht sie, aber nichts hat geholfen.
Bin ich Schuld? Hätte ich es verhindern können? Aus welchem Grund hat er es getan? Wie kann man sich erklären, dass ein Mensch zu so etwas fähig ist? Kann man das überhaupt? Ein Verhalten wie dieses Erklären?
In meinen Gedanken herrscht das reinste Chaos.
Auch wenn er sein Verhalten erklären kann, niemand wird ihm je verzeihen können. Mehr als einmal hat er getötet. Er hat mir und meiner Mutter das wichtigste genommen. Egal, was er nun zu seiner Verteidigung sagen wird, so etwas ist unverzeihlich.
Der Samstag vergeht ohne besondere Ereignisse und nach einer traumlosen Nacht weckt mich meine kleine Schwester schon um neun Uhr morgens. Keine gute Idee, mich sonntags um neun Uhr zu wecken, Schwesterherz.
"Kleine, wir haben Sonntag und es ist erst neun Uhr morgens!" Sie klettert zu mir auf das Bett und macht es sich bequem. "Mir war so langweilig bei Mama und George und alleine in meinem Zimmer ist es auch langweilig. Spielst du mir was vor?" fragt sie mich zuckersüß und schaut mich lächelnd an. "Ich bin noch viel zu verschlafen, um jetzt die richtigen Töne zu treffen." wollte ich gerade versuchen mich raus zu reden, da schaut sie mich bittend an und mir bleibt nichts anderes übrig als nachzugeben."Darf ich zuerst duschen gehen?" Ich schnappe mir frische Klamotten und gehe zur Tür raus, als sie mir sagt ich soll mich beeilen.
Frisch geduscht und um einiges wacher, gehe ich wieder in mein Zimmer und finde Jen an meinem Flügel sitzend, wie sie ein sehr, sehr, sehr einfaches Klavierstück spielt.
"Soll ich dir was vorspielen, oder spielst du?"Sie springt sofort auf und sagt:"Spiel mir etwas vor. Bitte bitte." Lachend setze ich mich zu ihr und fange an, ein neu komponiertes Lied zu spielen.
Der Flug meiner Finger auf den Tasten wird immer schneller und ich spüre die Freude und die Dankbarkeit meiner Mutter gegenüber. Ich bin ihr so dankbar, dass sie es mir ermöglicht hat, Klavier spielen zu lernen. Nicht nur Klavier, sondern auch Gitarre und die wenigen Gesangstunden die ich hatte. Die kleineren Konzerte, die ich schon in verschiedenen Bar hatte, sie hat mich immer unterstützt. Danke Mom, für alles. Du hast mich zu diesem Lied inspiriert.
"Für wen ist das Lied? Es ist so wunderschön." Flüstert eine leise Stimme neben mir. "Weißt du noch, als Mama uns mal gesagt hat, das sie uns liebt, egal was je passieren wird?" Sie schaut mich traurig an und nickt leicht. Nach einer kurzen Pause erzähle ich weiter:"Noch am selben Tag ist Papa gestorben. Als wir alle zusammen an seinem Grab standen, hat sie uns das selbe gesagt. Erinnerst du dich?" Wieder nickte sie nur stumm. Ein verwirrtes Gesicht schaut in mein trauriges. Ich konnte spüren wie Tränen mir in die Augen steigen, als ich mich daran erinnere. Reiß dich zusammen! Vor ihr darfst du nicht weinen!
Nach Vaters Tod habe ich sehr viel geweint. Natürlich, ich war nicht der einzige, der weint, aber bei mir war es am schlimmsten. Ich habe nichts gegessen, oder getrunken, nur wenn Mom mich gezwungen hat, aber viel konnte ich nicht herunter würgen. Einige Monate nach seinem Tod bin ich alleine ans Grab gegangen und bin zusammengebrochen. Auf dem Weg nach Hause habe ich, so gut ich konnte die Tränen zurück gehalten. Zuhause allerdings brachen alle Gefühle auf mich ein und ich ließ meinen Gefühlen freien lauf. Jen hatte mich weinen gehört, kam in mein Zimmer und umarmte mich. Sie war zwar noch sehr jung, aber auch sie litt sehr unter seinem Tod und so spendeten wir uns gegenseitig Trost.
"Mom weiß, dass ich sehr ungern mit nach McMinnville komme." Kurz sah sie mich geschockt an, sodass ich schnell weiter erzähle."Ich werde natürlich trotzdem mitkommen." Jetzt sieht sie mich erleichtert an und ich schenke ihr mein schönstes Lächeln. "Solange würde ich doch nicht ohne dich überleben Kleine. Tut mir leid, das ich dich gerade an Dad erinnert habe, aber Mom sagte letztens das selbe wie vor Dad's Tod zu mir <Ich werde dich immer lieben, egal was geschieht.>" Damals hat sie es gesagt, weil Dad im Krankenhaus lag, wegen eines Verkehrsunfalles und ich mir so viele Sorgen machte. Ein Tag danach verschlimmerte sich sein Zustand und er musste sofort operiert werden. Er hat die Operation allerdings nicht überlebt.
Ich habe, während meiner Überlegungen, meinen Kopf abgewandt und drehe mich nun wieder zu Jen. "Das Lied ist für Mom. Ich liebe sie und sie liebt uns, deswegen musste ich mich daran erinnern. Es tut mir leid Kleine." Ich sehe ihr in die Augen. Eine Träne macht sich auf den Weg und gleitet, ja fast schwebt, ihre Wange hinunter. Leicht geschockt wiche ich ihr schnell die Tränen weg und umarme sie ganz fest. "Du bist unfair." murmelte sie an meine Schulter gelehnt. Ich drücke sie vorsichtig von mir weg und schaue sie fragend an." Du solltest nur etwas vorspielen, damit ich nicht mehr gelangweilt bin und stattdessen bringst du mich zum weinen." Sie gibt mir einen Kuss auf die Wange und wicht sich die Tränen weg. Sie schmunzelt und ich biete ihr als Handel an, das ich ihr Lied spiele und sie nicht mehr weint. Sie strahlte über ihr ganzes Gesicht und nickte heftig. Ich lachte ein wenig und setze sie dann auf meinen Schoss, nehme ihre Hände und lege sie auf meine, die nun auf der Tastatur meines Flügels ruhen."So sieht es aus, als würdest du spielen." Sie lächelt mich begeistert an und ich spiele. Da das Lied nicht sehr schnell ist, hat sie keine Probleme ihr kleinen Hände auf meinen zu lassen.
Als das Lied zu Ende ist springt sie auf und rennt runter zu Mom und George. Ich lache kurz und gehe ihr hinter her. Schon auf der Treppe höre ich wie Jen Mom zuruft, das sie das eben gespielt hat, ihr dann aber doch erzählt hat das es nur so aussah.
Ich gehe in die Küche, hole mir einen Apfel und gehe dann zu den anderen. Als Mom mich entdeckt sagt sie mir, dass sie und George heute fein essen gehen wollen und ob ich nicht mit Jen etwas unternehmen wolle, da sie sich ja schon so früh am Morgen langweilt und ihre beste Freundin auch nicht da ist. Ich frage Jen, ob sie mit mir auf den Jahrmarkt gehen möchte. Eine Antwort bekomme ich allerdings nicht, sondern nur eine Gegenfrage: "Kommen deine Freunde denn nicht mit?" Hoffnungsvoll schaut sie mich an. "Nur ich und meine kleine Schwester. Abgemacht?" Sie nickt hastig und strahlt übers ganze Gesicht.
Wenn man sie so glücklich sieht, denkt man ein kleiner Engel schwebt vor einem durch die Luft. Es ist erstaunlich, mit welch Kleinigkeiten man sie schon beinahe zum glücklichsten Mensch der Welt macht.
Nun hüpft sie mit ihren blonden Korkenzieherlocken, die sich hoch und runter bewegen, auf mich zu und umarmt mich. Meine Mutter schaut mich lächelnd an und ich meine in ihren Augen den Stolz zu erkennen, den sie im Moment mir gegenüber empfindet. "Du hast ja noch deinen Schlafanzug an. Du gehst dich schnell umziehen und dann gehen wir ok?" Sie geht zu Mom, die gerade einen Schluck von ihrem Kaffee getrunken hat und zieht sie an der Hand raus aus der Küche und wahrscheinlich hoch in ihr Zimmer. Ich setze mich zu George an den Tisch und beiße von meinem Apfel ab. "Wie geht es deinem Bein? Deinem Kopf scheint es ja gut zu gehen da du den Verband nicht mehr anhast." Sein herablassender Ton lässt mich aufhorchen. "Hättest du mich nicht die Treppe runtergeschubst hätte ich den Verband erst gar nicht gebraucht." antworte ich ihm schnippisch. Er macht gerade den Mund auf um mir wahrscheinlich eine Standpauke zu halten, da kommen Mom und Jen schon wieder in die Küche. Jen hat sich eine grüne Hose, ein weißes Langarm-Shirt mit Rüschen und eine Kette mit einer Erdbeere als Anhänger angezogen. Ihr Blonden Locken hat sie offen gelassen und sie sieht so richtig hübsch aus. Mom setzt sich wieder zu George an den Tisch und wünscht uns noch viel Spaß. Ich zieh mir meine dunkelblau Jacke auf mein weißes T-Shirt an und meine weißen Schuhe unter meine grüne Hose. Jen zieht sich ebenfalls ihr dunkelblaue Jacke und ihre cremefarbenen Schuhe an. Lachend schaue ich sie an. "Du musst noch ein wenig wachsen und dir deine Haare abschneiden um so auszusehen wie ich, aber das mit den Klamotten hast du super hingekriegt." Sie schaut mich kurz verwirrt an, lässt ihren Blick dann von meinem Kopf bis zu den Füssen gleiten und bricht in schallendem Gelächter aus. "Seit wann habe ich den Zwillinge?" Fragt nun auch Mom die zu uns gekommen ist. Ich lache kurz und verabschiede mich. Ich gehe auf meinen Krücken die ca. 10 Minuten, die wir zum Jahrmarkt brauchen, währen Jen fröhlich neben mir herum hüpft. "Zuerst gehen wir auf das Riesenrad, dann auf das Kettenkarussell, dann kaufst du mir Zuckerwatte und dann..." "Ganz ruhig Jenni, wir machen alles worauf du Lust hast. Guck mal da hinten hinter dem Haus sieht man das Riesenrad." "Beeil dich doch mal ein bisschen du Schnecke." Und wie sie mich mit ihrem Hundeblick anschaut, während sie das sagt. "Du hast auch immer was zu meckern, du kleines Monster oder?" Frage ich sie lachend. Sie haut mir spielerisch auf den Arm und lacht.
Mittlerweile sind wir auch schon am Jahrmarkt angekommen und Jen zehrt mich schon an der Jacke in Richtung Riesenrad. Kaum sind wir fünf Meter über dem Boden sagt Jen:"Guck mal die kleinen Ameisen da unten." Ohne zu zögern lache ich und sie guckt mich schon beleidigt an und sagt ich solle sie nicht auslachen. "Vergib mir Jen, aber wir sind doch noch gar nicht oben. Da ist noch niemand so klein wie eine Ameise." Ich lasse meinen Blick über die "Ameisen" schweifen. Plötzlich fällt mir ein Mädchen auf. Sie scheint genau in meine Richtung zu gucken. "Wenn starrst du den so an?" Fragt Jen mich auf einmal. Ich war so in Gedanken, das ich schon vergessen habe, das sie neben mir steht. Wissend, grinst Jen mich nun an und sagt:"Du guckst auf das Mädchen da unten oder?Die mit den schönen langen Haaren." Ich tippe ihr mit einem Finger auf die Nase und sage ihr sie solle nicht so neugierig sein. Nach einer kurzen Pause, als wir uns schon wieder langsam dem Boden nähern fällt mir allerdings noch etwas an ihr auf. Etwas entfernt hinter ihr steht ein älterer Mann komplett schwarz gekleidet und die Kapuze seiner Jacke bis an die Augen zugebunden. Er schaut zu mir und Jen hoch, wendet sich aber schnell wieder ab und geht auf das Mädchen zu. Er stellt sich ganz dicht hinter sie und flüstert ihr irgendwas zu, als er so nah hinter ihr steht, dass er sie schon berührt zuckt sie zusammen und in dem selben Moment ruft Jen:"Guck mal da unten ist George. Der mit der schwarzen Jacke." Und tatsächlich! Der Mann hinter dem Mädchen, das ich beobachte, sieht fast so aus wie George. Ich bin mir zwar nicht sicher, aber er hat Ähnlichkeiten mit ihm. Ein weiteres mal guckt er zu Jen und mir, wendet sich noch einmal kurz an das Mädchen und sucht dann das Weite.
Als wir aus den kleinen Wagons vom Riesenrad aussteigen, sagt Jen sie will auf das Kettenkarussell. "Wo ist den George? Ich wollte doch auch mit ihm auf das Kettenkarussell." schmollt sie etwas, hüpft dann aber wieder aufgeregt neben mir. Plötzlich fällt sie hin und eine junge Frau kniet sich neben sie und hilft ihr beim aufstehen."Kleine, ist alles in Ordnung? Nicht weinen süße."sagt das Mädchen, das ihr aufgeholfen hat. Sie steht nun auch auf und guckt mit an und reicht mir freundlich die Hand "Hallo ich bin Julie. Ist das deine Schwester?" Jetzt, wo sie sich zu mir umgedreht hat erkenne ich, das es das Mädchen ist, die ich eben so angestarrt hatte. "Hallo, ich bin Anthony und das ist meine kleine Schwester Jennifer." "Sie hat mich angerempelt und ist daraufhin gestürzt. Ich habe ihr nur aufgeholfen." Sie lächelt mich an und schaut mir mit ihren grünen Augen in meine. Jen hüpft wieder aufgeregt zwischen uns hin und her und bedankt sich bei Julie, die mir immer noch gebannt in die Augen sieht. Ein kleiner Junge, in etwa so alt wie Jen, vielleicht etwas älter, stellt sich schüchtern hinter sie. Jetzt schaut sie den kleinen Jungen an und sagt:"Und das ist mein kleiner Bruder Sam. Er ist 10 Jahre alt. Wie alt ist den die kleine Schönheit hier?" Fragt sie meine kleine Schwester, die ihr ganz stolz antwortet das sie in vier Tagen am 19. Oktober schon neun wird. Jen wendet sich nun auch an Sam und fragt ihn ob er mit ihr auf das Kettenkarussell kommt, weil ich wegen meiner Krücken ja verhindert sei. Sam allerdings wendet sich an Julie und fragt ob sie auch mitkommt. Sie schüttelt allerdings den Kopf, schaut lächelnd zu mir und sagt, dass er ruhig mit Jennifer gehen soll, sie unterhalte sich solange mit mir. Nachdem sie das sagt fügt sie nach einer kurzen Pause noch ein geflüstertes "natürlich nur wenn er das auch will" hinzu. Ihr schönen grünen Augen richten ihren Blick nun verlegen auf den Boden und das Lächeln, das bis vor kurzem ihre rosaroten Lippen zierte, wirkt nun gar nicht mehr so selbstsicher, sondern eher schüchtern. So als würde sie erwarten, ich würde mich nicht mit ihr Unterhalten wollen. "Es wäre mir ein Vergnügen, Julie." antworte ich ihr höflich. Leicht überrascht schaut sie abrupt wieder hoch und als sie das Lächeln auf meinen Lippen sieht, das nur ihr gilt, zaubert sich ein wundervolles zartes Rosa auf ihre Wangen.
Sam und Jen setzen sich bereits ins Kettenkarussell und warten darauf, dass es sich anfängt zu drehen. "Wenn ich fragen darf, wie alt bist du eigentlich?" Julie lächelt mich schüchtern an und kriegt mit einem ebenso schüchternen Lächeln auch eine Antwort. Mit einem Zwinkern frage ich sie dann noch wie alt sie ist. Ein kurzes "14." verlässt ihr Lippen bevor sie wieder verlegen auf den Boden guckt. Ich nehme beide Krücken in meine linke Hand und lege zwei Finger meiner rechten Hand unter ihr Kinn und hebe es leicht an, sodass sie mir in die Augen gucken muss. Mit weicher Stimme sage ich:"Es tut mir Leid, aber wenn du die ganze Zeit nur verlegen auf den Boden guckst, kann keine anständige Unterhaltung zustande kommen.". Das zarte Rosa, das ich vor einigen Minuten schon einmal sehen durfte, legt sich nun wieder auf ihre Wangen. Unsere Gesichter sind nicht mehr weit von einander entfernt. Eine kleine Bewegung und ich könnte... Halt! Du darfst nicht so denken, du kennst sie doch kaum! Ermahne ich mich selbst in Gedanken.
Sie weicht einen Schritt zurück, schien aber auch nicht gerade abgeneigt, von der Vorstellung eines Kusses zu sein, so wie sie mir vor kurzem noch auf die Lippen geschaut hat. Sie schüttelt einmal kurz den Kopf und wollte gerade etwas sagen, da klingelt mein Handy. "Geh ruhig ran." sagt sie dann doch lächelnd. Mit einem schnellen Handgriff ist das Handy auch schon aus meiner Hosentasche in meine Hand gewandert. Ein kurzer Blick verrät mir, das Paul gerade anruft. Ich melde mich mit einem einfachen "Hallo" und er fragt ob ich Lust hätte mit auf den Jahrmarkt zu gehen. "Wenn ihr da seid, sagt mir Bescheid. Ich bin schon mit Jen da." Nachdem er noch ein kurzes "Ok" sagt legt er schon auf. "Tut mir Leid, das war ein Freund von mir. Bist du alleine mit Sam hier? Wenn ja, kannst du ja noch ein Wenig bleiben und was mit uns Unternehmen?" wende ich mich nun an Julie. "Wenn ich mit Sam nicht störe?" "Jen ist ja auch da, er kann ja mit ihr spielen und du bleibst bei mir." Ich Lächele ihr zu und werde mit einem Lächeln ihrerseits belohnt. "Was wollt ihr den machen?" Als Antwort sage ich ihr, das er nur fragte ob ich mit ihnen auf den Jahrmarkt gehe, aber wir danach wahrscheinlich noch zu mir gehen. "Sag mal Julie wo kommst du her? Ich habe dich hier noch nie gesehen." Ertappt schaut sie mich an, ihr bleibt eine Antwort erspart, da Jen und Sam wieder kommen. Jen stellt sich neben Julie und zeigt mit ihrer Hand, dass sie sich zu ihr herunter beugen soll. Sam steht neben mir und macht genau das selbe. Irritierte und verwirrte Gesichtsausdrücke schauen auf Sam und Jen. "Vermassle es nicht!" Flüstert er mir ins Ohr. Was Jen Julie zu flüstert, kann ich allerdings nicht verstehen.
Jen hält sich an meiner Jacke fest und zieht mich in eine mir noch unerklärliche Richtung. Sam nimmt Julies Hand und zieht sie in die selbe Richtung.
Vor einem sogenannten "Tunnel of Love" bleiben wir stehen. Zu Pink, zu verliebt und viel zu kitschig. Sam und Jen setzen sich in einer der Schwäne, die dort in einem kleinen "Fluss" schwimmen, aber nicht ohne uns beiden noch warnende Blicke zuzuwerfen. Leicht geschockt schauen Julie und ich uns an, bis ich plötzlich meine Hand ausstrecke und höflich frage:"Darf ich bitten?" Von mir selbst überrascht, bin ich doch etwas irritiert, als sie tatsächlich meine Hand ergreift. Sie lächelt mich mit rot gefärbten Wangen an und setzt sich ebenfalls in einen dieser Schwäne. Erst fahren wir durch ein riesiges, rosafarbenes Herz, viel zu kitschig. Julie schaut mich doch leicht nervös an und beißt sich auf ihre schöne Unterlippe. Sie will gerade etwas sagen, da klingelt mein Handy. "Warte mal kurz." Sage ich ihr mit einem Lächeln. Leichte Endtäuschung legt sich auf ihren Gesichtsausdruck und ich fische mein Handy aus der Hosentasche und schalte es sofort aus. Verwundert schaut sie mich an und fragt mich:"Was hast Sam zu dir gesagt?" "Er sagte ich soll es nicht vermasseln. Und was hat Jen dir gesagt?" "Sie sagte ich soll jetzt die Chance nutzen und das sie uns vom Kettenkarussell aus beobachtet haben." "Naja ist ja auch egal, ob wir uns hier besser kennen lernen, in einem Tunnel der Liebe inmitten von Rosen, Herzen und Pink, oder draußen, mit weniger Pink." Sie schmunzelt kurz, nickt mir aber zustimmend zu. Der Tunnel ist nun komplett mit grün Zeug bewachsen und ab und zu sieht man Rosen, oder andere rote oder rosa Blumen. Ich lehne mich aus dem Schwan und schnappe mir eine der Rosen. Überreiche sie Julie und sage ihr:"Eine wunderschöne Rose für ein wunderschönes Mädchen. Wenn ich fragen darf, woher kommst du? Ich habe dich hier noch nie gesehen." Sie erzählt munter, dass sie aus McMinnville kommt und hier ihre Tante besuchen ist. Leicht geschockt schaue ich sie an. Vielleicht habe ich mich ja verhört? Wenn sie wirklich aus McMinnville ist, dann.... wäre das einfach perfekt. "Wieso schaust du so schockiert?" "Ich dachte gehört zu haben, dass du aus McMinnville kommst." "Was ist so schlimm daran? Das ist eine schöne Stadt." "Nun ja, die Sache ist die, ich fliege am Mittwoch nach McMinnville." Das zarte Rosa legt sich wieder auf ihre Wangen, bevor sie sagt, dass wir uns dann ja treffen könnten, da sie morgen schon wieder zurück fliegt. "Wie lange bleibst du denn dann?" "So schnell wirst du mich nicht mehr los Süße." Bei dem Satz schaut sie verlegen auf die Rose, die sie in der Hand hält und ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Ich erzähle ihr, das ich und meine Familie dort hin ziehen werden. Immer noch schaut sie auf die Rose, mit dem kleinen Unterschied, das ihre Augen regelrecht funkeln und ihr ein bezauberndes Lächeln auf den Lippen liegt.
Vor uns ist nun eine pinke Wand, mit einer Herzförmigen Öffnung, durch die wir durchfahren. Wieder an der frischen Luft, besorgt sich Julie wieder festen Boden unter den Füßen. Ich versuche ebenfalls auszusteigen, was sich als sehr schwierig mit den Krücken erweist. Plötzlich droht die Gefahr, ins Wasser zu fallen, doch Julie hält mich fest. "Danke meine Retterin." Lächle ich sie an und ihre Wangen färben sich ein weiteres Mal rosa-rot.
Erst jetzt bemerke ich Paul, Stefan, Luke und Samantha. Paul und Stefan haben sich hingekniet und reden mit Sam. Samantha spielt mit Jen fangen und Luke schaut Samantha verliebt an. Als erstes bemerkt Luke mich und Julie und zwinkert mir zu, da Julie mich immer noch festhält und verlegen auf den Boden schaut. Sie hat anscheinend auch meine Freunde bemerkt, denn sie lächelt mich an und bewegt sich auf die kleine Gruppe zu. Jen sieht mich und kommt schnell angerannt um sich hinter mir vor Samantha zu verstecken. "Keine Angst, Süße. Erst begrüße ich deinen Bruder, dann fange ich dich." sagt Samantha gespielt Böse. Eine kurze Umarmung, und schon packt sie Jen und kitzelt sie einmal durch. "Hilfe! Hilfe! Sami hör auf! Anthooooooony, rette mich!" "Da musst du selber durch Schwesterherz." erkläre ich ihr schmunzelnd. Samantha hat Jen Hucke Pack geholt und kommt nun auch zu uns. Sam, der sich mit Paul und Stefan unterhalten hat, zeigt mit dem Finger auf Julie und sagt stolz, dass sie seine Schwester sei. Grinsend schauen Paul und Stefan sich an und sagen beide nickend:" hübsche Schwester." Sam nickt bestätigend und ergänzt schüchtern:"Anthony hat auch eine hübsche Schwester.". Ruckartig liegen alle Blicke auf ihm und Paul hält ihm seine Hand für ein High five hin. "Das ist übrigens Julie und jetzt ratet mal wo sie herkommt?" sage ich mit einem Grinsen im Gesicht. Samantha ruft ein glückliches "McMinnville", was mit einem nicken von Julie bestätigt wird. Luke fragt mich was wir im "Tunnel of Love" gemacht haben und schaut dabei auf die Rose in Julies Händen. Bei diesen Worten wird Jen hellhörig und schaut mich auffordernd an. Mit einem strengen Blick signalisiere ich ihr mit meiner Hand, dass sie kurz zu mir kommen soll. Da Jen immer noch auf Samanthas Rücken sitzt, kommen beide nun zu mir. Jen beugt sich zu mir, damit ich ihr etwas ins Ohr flüstern kann. "An deinen verkupplungs Künsten müssen wir noch arbeiten, Schwesterherz." flüstere ich ihr zu und gebe ihr einen kurzen Kuss auf die Wange. Ihre braunen Reh-Augen schauen mich erleichtert an, sie springt von Samantha rücken, fasst sie am Arm an und schreit:"Fang mich doch!". Noch schnell die kleine rote Zunge raus strecke und schon rennt sie weg. Luke geht auf Julie zu, reicht ihr dir Hand und stellt mit einem charmanten:"Hallo ich bin Lukas und die verrückte, die mit seiner Schwester fangen spielt, ist meine Freundin Samantha." sich und seine Freundin vor. Paul und Stefan machen es ihm nach.
"Leute, was wolltet ihr eigentlich hier?" frage ich in die Runde. "Luke war langweilig, als er zu Sam gehen wollte waren wir zwei da, da hat Sam vorgeschlagen auf den Jahrmarkt zu gehen.", erklärt mir Paul. "Was habt ihr zwei eigentlich bei MEINER Freundin gemacht?", fragt Luke gespielt eifersüchtig. "Hausaufgaben.", sagt Stefan ihm grinsend mit einem zwinkern. Luke schlägt ihm auf den Hinterkopf, scheint aber nicht sehr eifersüchtig. "Wie wäre es, wenn wir einfach zu mir gehen?" kommt ein Vorschlag meinerseits. Niemandem scheint an diesem Vorschlag etwas auszusetzen zu haben, bis auf Julie. Sie schaut mich unsicher an. "Können Sam und ich mitkommen? Ich will nicht zurück zu meiner Tante." "Ich wäre beleidigt wenn nicht."
Auf dem Weg nach Hause geht Samantha mit Julie etwas weiter vorne. Sie verstehen sich ja anscheinend sehr gut, da sie die ganze Zeit lachen. Samantha flüstert ihr etwas ins Ohr, worauf hin sie mich kurz an sieht und in schallendem Gelächter ausbricht. "Dich hat es ja ganz schön erwischt, so wie du die ganze Zeit zu ihr siehst.", sagt Luke mit einem wissenden Ausdruck im Gesicht.
Ok.
Warte!
WAS?
Hat er gerade wirklich gesagt ich bin in Julie verliebt?
NEIN!
Ich meine nicht, dass sie nicht attraktiv sei, aber ich kenne sie doch erst seit Heute.
Mein geschockter Gesichtsausdruck lässt ihn ebenfalls in schallendem Gelächter ausbrechen. "Ich gebe euch noch einen Monat, höchstens. Sag mal von wem hat sie den die Rose?" fragt mich Stefan. Verwirrt antworte ich ihm:"Von mir?", doch es hört sich mehr wie eine Frage an. Jetzt mischt Paul sich auch noch ein und sagt zu Stefan:" Vergiss es Stef, ein Monat ist zu viel." "Ok Leute, habe es verstanden. In ein paar Tagen bin ich vergeben. Können wir jetzt über etwas anderes reden?"
Bei mir zu Hause angekommen sehe ich weder Mom noch George. Perfekt.
"Wollen wir ein Film gucke ?", frage ich die anderen.
Keine Antwort.
"Ok, Schnulze oder Horror?" Julie gibt ein leises "Schnulze" von sich. Der Rest allerdings ist für einen Horrorfilm. "Tut mir Leid, Julie. Ich beschütze dich auch.", sage ich ihr zwinkernd.
Jen ist mit Sam nach oben gegangen und wir sitzen nun zu sechst auf dem Sofa vor dem Fernseher und essen Popcorn. Als die Hauptperson, ein Psychopath, aus einer Frau alle Gedärme einzeln raus holt, wird es Julie doch zu eklig und sie verbirgt ihren Kopf an meiner Schulter. Paul und Luke, die das mitkriegen halten beide die Hand hoch und geben sich ein stummes High five mit einem Zwinkern in meine Richtung, was von mir nur mit einem Augenrollen kommentiert wird. Als die Frau endlich aufhört zu schreien (im Fernseher) traut sich Julie auch wieder auf den Fernseher zu gucken.
Als der Film zu Ende ist, verabschieden sich alle, bis auf Julie. "Wo ist Jen's Zimmer? Dann gehe ich Sam rufen." sagt sie ein wenig traurig. Oder bilde ich mir das vielleicht nur ein? Ich gehe mit ihr die Treppe hoch, nach rechts und schon stehen wir vor einer rosafarbenen Tür. Ich öffne die Tür und gehe vorsichtig ins Zimmer, da überall kleine Bauklötze verstreut liegen. "Sam wir müssen langsam gehen.", sagt Julie. "Können wir noch unsere Burg fertig bauen? Anthony freut sich bestimmt, wenn du noch ein bisschen bleibst.", sagt Jen, die sich genau vor Julie gestellt hat. "Ich weiß nicht, wir sind doch schon so lange da.", kommt ein Widerspruch von Julie. "Wir bauen noch die Burg zu Ende und dann gehen wir, ok?" versucht nun auch Sam seine Schwester zu überreden. "Anthony, wäre es ok wenn die zwei noch ihre Burg zu Ende bauen? Ich kann auch bei Jen bleiben.", fragt mich Julie und Jen guckt mich mit ihren Hundeblick an. "Klar kein Problem. Jen wir sind in meinem Zimmer, sagt bescheid, wenn ihr fertig seid."
In meinem Zimmer lege ich mich aufs Bett und werfe die Krücken in die Ecke. "Pass bloß auf, das du dir nie das Bein brichst! Es ist gar nicht so einfach mit Krücken zu gehen." Sie lächelt mich nur an, also frage ich sie einfach das erst Beste was mir einfällt:"Auf welche Schule gehst du eigentlich? Vielleicht habe ich ja Glück und kann dich täglich sehen?" sie setzt sich neben mich und ich richte mich auf, so dass ich neben ihr sitze. "Wie viele Privatschulen gibt es in McMinnville?", frage ich sie, woraufhin sie mich verwirrt ansieht. "Nur eine, wieso fragst du?" "Wäre es möglich, das du auf diese Schule gehst?" Sie scheint nicht sicher zu sein, ob sie diese Frage wirklich beantworten soll, antwort dan aber mit einem vorsichtigem "Ja". Dieses einzige kleine Wort lässt mich übers ganze Gesicht strahlen. Verwirrt sieht sie mich an und fragt:"Du wirst auch auf die Schule gehen? Nein, das wäre ein viel zu schöner Zufall." "Das Schicksal meint es gut mit uns." sage ich ihr immer noch grinsend. Sie errötet leicht und sieht sich im Zimmer um. "Du spielst Klavier?", fragt sie mich mit einem schwärmerischen Unterton, während ihr Blick auf meinem Flügel ruht. Ich stehe vom Bett auf und hüpfe auf einem Bein zum Flügel, setze mich auf den Stuhl und lege meine Finger auf die Tastatur. Interessiert schaut Julie mich an.
Meine Finger liegen auf der Tastatur, ohne sich zu bewegen.
Nach einer halben Ewigkeit drücke ich leicht die ersten Tasten und die süße Melodie füllt die Stille. Zaghaft. Vorsichtig, so als würde ich Angst haben auch nur bei der kleinsten falschen Bewegung würde ich alles zerstören. Julie lässt sich nach hinten auf mein Bett fallen und schließt die Augen. Leicht drücke ich mit meinem Fuß das Pedal ein bisschen runter. Summe mit Samtweicher Stimme einzelne Töne mit und lasse den letzten Ton langsam ausklingen.
Julie sagt, mit so weicher Stimme wie ich es noch nie gehört habe :"Du spielst wunderschön. Mit so viel Gefühl und Emotionen, einfach nur perfekt. Das ist wahre Musik für die Sinne. Wie lange spielst du schon?" "Viel zu lange, kann ich dir so nicht sagen. Spielst du auch?" "Ja aber noch nicht lange, und ich bin auch nicht wirklich gut." "Sag doch nicht so etwas, jeder ist auf seine eigene Art und Weise gut. Würde ich dich dazu überredet kriegen, mir was vorzuspielen." "Nur wenn du ganz nett fragst", antwortet sie mir lachend. "Wie du willst, ich bin der beste Gentlemen der Welt. Bezaubernde Julie, würdest du mir die Ehre erweisen und mir, mit deinen wunderschönen Fingern, ein Lied auf meinem Flügel vorzuspielen, aber bedenke bei deiner Antwort, dass man einem so netten Gentlemen nichts abschlagen darf." "Na schön du "bester Gentlemen der Welt". Für dich mache ich fast alles." antwortet sie mir zwinkernd, murmelt allerdings noch etwas, dass sich stark nach "Spinner" anhört. Lächelnd setzt sie sich an den Flügel.
Ohne Zweifel, sie spielt gut, aber ohne Gefühl. Ich stelle mich hinter sie und beobachte ihre Finger. Kein Finger kommt auch nur in die Nähe einer falschen Note.
Als das Lied zu Ende ist, fragt sie mich nach meiner Meinung. "Du spielst gut, keine Frage, aber mir persönlich ist es zu Auswendig gelernt. Man Hört keine einzige Abweichung von den Noten, was im Prinzip ja nicht schlecht ist, aber es sind eben nur diese Töne die in den Noten stehen, da fehlt eine eigene Interpretation. Nur eine kleine Kritik, du spielst trotzdem sehr gut." ,antworte ich ihr lächelnd. "Warte ich zeige es dir." ich setze mich neben sie und spiele mit der rechten Hand eine kurze einfach Melodie und sage dazu:" So spielst du es. Streng nach Noten. Keine Pause darf länger sein, wie sie sein sollte. Und so spiele ich es..." ich spiele die selbe Melodie. Erst nur die Rechte Hand, dann spiele ich mit der linken Hand zerteilte Akkorde dazu und an den Stellen, an denen man die Töne, von den Note her, halten muss, bringe ich eine ganz kurze schnelle Melodie, die der richtigen ähnlich ist, auf drei verschiedenen Tönen zustande. Man hört die Richtige Melodie noch, aber man merkt auch das verspielte in der Melodie. "Du hast in der Melodie nur drei Töne dazu gespielt und mit der linken nur Akkorde, oder? Das hört sich viel besser an.", stellt sie fest. Ich wende mein Gesicht zu ihr. Ihre Wangen färben sich in ein zartes Rosa. Nur wenige Zentimeter trennen unsere Gesichter voneinander. Als ich mein Gesicht wieder abwenden will, macht Jen die Tür auf. Sie guckt zwischen mir und Julie hin und her."Sami und ich sind fertig mit der Burg." sagt sie leise und guckt weiter zwischen uns hin und her. Julie steht auf, um aus der unangenehmen Atmosphäre zu gelangen. Ich gehe kurz an meinen Schreibtisch, hole ein kleines Stück Papier und schreibe meine Handynummer darauf. Ich begleite Julie und Sam nach unten. "Julie, warte kurz." sage ich eher schüchtern, als sie gerade zur Tür rausgehen will, und drücke ihr den kleinen Zettel in die Hand. "Wenn dir mal langweilig wird, ruf mich an." Sie umarmt mich kurz als Abschied und sagt:"Wir sehen uns am Mittwoch. Ich ruf dich an.", dann geht sie mit Sam zur Tür raus.
"Soll ich dir beim aufräumen helfen Jenni?" "Du weisst, dass du der einzige bist, der mich so nennen darf?" "Ich weiss und jetzt komm hoch, ich helfe dir.", antworte ich ihr grinsend.
Genau wie vermutet, als ich ihre Tür öffne sind überall kleine Bausteine verteilt. Ich gehe vorsichtig in die hinterste Ecke in ihrem Zimmer, hole die Kiste aus der Ecke und werfe alles hinein. "Wo hast du deinen Drache? Jen wieso spielst du überhaupt mit Drachen." "Das ist ein spiel für Mädchen. Habe ich dir doch schon so oft erklärt, erst muss man eine Burg bauen, dann kommt der Drache und entführt die Prinzessin, und dann kommt der Prinz auf dem weißen Pferd, tötet den Drache, und befreit die Prinzessin." "Ich entführe dich auch gleich, so wie der Drache." sage ich lachend und beuge mich zu ihr, um sie zu kitzeln. Jen ist nach hinten umgekippt und liegt nun auf dem Boden, während ich sie noch immer kitzle. Plötzlich fällt eine Tür schwer ins Schloss. Sofort herrscht totenstille.Jen und ich gucken uns an, bis ich aufstehe und nach unten gehe. Jen ist etwas verängstigt hinter mir. Ich öffne die Tür in die Küche und dort sitzt Mom am Küchentisch. Jen stürmt sofort zu ihr und umarmt sie, da sie ziemlivh fertig aussieht. Was mag im Restaurant vorgefallen sein, das sie so aufgebracht nach hause kommt. Noch dazu alleine, ohne George. Ich schalte den Wasserkochen an und setze mich gegenüber von Mom. "Mom was ist los?" Der Wasserkocher gibt ein kurzes Geräuch von sich, das signalisieren soll, dass das Wasser heiß ist. Mom steht auf und macht sich eine Tasse mit Tee.
Immer wenn sie aufgebracht, oder besorgt ist,trinkt sie Tee. Mir ist nicht klar wieso, oder was das bringen soll, aber wenn sie es als gut empfindet soll es mir auch recht sein.
Sie setzt sich wieder an den Tisch und erzählt:"Kurz nachdem ihr auf den Jahrmarkt gegangen seit, hat George zu mir gesagt er müsse etwas an deiner Erziehung ändern, da du so frech und ungezogen bist. Ich habe ihm gesagt, dass das Schwachsinn ist. Plötzlich meinte er ihm sei das alles zu stressig er gehe kurz eine rauchen. Als er nach einer viertel Stunde immernoch nicht wieder da war, wollte ich nach ihm sehen, ob alles ok sei, aber auf dem Gelände vor der Haustür lag nur seine leere Zigarettenpackung und ein Feuerzeug. Ich wollte ihn anrufen, aber er hat sein Handy hier liegen gelassen. Da wir eh kurz darauf ins Restaurant gehen wollten, dachte ich er ist vielleicht nur kurz in seine Wohnung. Was aber auch nicht ins Gesamtbild gepasst hat, da sein Auto bei uns in der Auffahrt steht. Jedenfalls bin ich trotzdem ins Restaurant gegangen und habe dort auf ihn gewartet. Er ist nach einer halben Stunde verspätung kurz gekommen und hat gesagt <Ich hab keine Zeit. Wir sehen und Mittwoch in McMinnville.> und hat mich dort einfach sitzen lassen. Es kann gar nicht sein das er keine Zeit hat, bei seiner Arbeit hat er nämlich schon gekündigt." "Mom jetzt beruhige dich doch erst einmal. Er wird sich schon melden." "Ich bin so sauer auf ihn. Ab Mittwoch werde ich wahrscheinlich nie wieder hier sein und er kriegt es nicht hin ein einziges mal mit mir essen zu gehen." "Er meldet sich bestimmt, spätestens bevor er fliegt." "Ich hoffe es... Anthony, bevor ich es vergesse, im Wohnzimmer stehen Umzugskartons. Kannst du deine Sachen schon einpacken?" "Ist gut.". Ich lächel ihr nocheinmal aufmunternd zu und mache mich auf den Weg nach oben.
Mit zwei Kartons bewaffnet trete ich in mein Zimmer. Wenn ich jetzt diese Kartons fülle ist das ein endgültiges Urteil, das ich mit diesem Umzug einverstanden bin, aber was bleibt mir anderes übrig? Also, wo soll ich anfangen? Ich gehe zu meinem Regal und packe meine Bücher ordentlich in die Kartons. Ich glaube ich bin der einzige Junge, der gerne liesst. Wie auch immer, als nächstes lege ich sorgfälltig meine Notenbücher hinein, dicht gefolgt von .... ja, von was? Ich gehe zu meinem Schreibtisch und stelle den Karton ab. Über meinem Schreibtisch hängen Fotos von mir, meinen Freunden und von vergangenen Ereignissen aus meinem bisherigen Leben. Da wäre zum Beispiel ein Foto auf dem man einer meiner Videos im Internett sieht und die fast eine Millionen Klicks die darunter stehen, oder mich vor drei Jahrem am Flügel sitzend mit einer 2.-Platz Urkunde. Gleich nebendran hängt auch die Urkunde. <Anthony Prestone, der zweit beste Komponist aller Teilnehmer aus ganz Amerika.> zitiere ich in Gedanken von der Urkunde. Vorsichtig trenne ich die Bilder von der Wand und lege sie sorgfälltig in den Karton. Kurz bevor die Bilder im Karton landen halte ich inne. Soll ich diese Bilder wirklich mitholen, oder es einfach alles hinter mir lassen? Ein neuanfang.
Nein! Das kann ich nicht tuen. Das sind meine Freunde und ich kann sie ja immernoch mit meinem Handy kontaktieren und meine alte Heimat besuchen. Und so landen auch die Bilder im Karton. Mehr brauche ich heute auch niht weg zu packen. Fehlen noch meine Klamotten und meine Schulsachen. Ranzen, Mäppchen usw., das kann ich erst am Dienstag einpacken. Mom sagte in dem Haus stehen schon Möbel und in meinem anderen Zimmer stehen auch schon die Instrumente. Meinen Flügel verkaufen wir und meine Gitarre hole ich mit.
Nachdem ich noch etwas Gitarre gespielt habe, lege ich mich ins Bett und versuche einzuschlafen.
Am nächsten Morgen klingelt mein Wecker schon um sechs Uhr. Wieso habe ich mir das angetan und meinen Wecker eine halbe Stunde früher gestellt? Ah genau! Damit ich mir mein Bein wieder mit Müllsäcken einwickeln kann um zu duschen. Welch ein Glück ich doch habe mit meinem Gips.
Verschlafen schleppe ich mich aus dem Bett und gehe ins Badezimmer, dieses Mal zum Glück ohne nicht angebracht zusammenstoße. Im Badezimmer betrachte ich mich im Spiegel. Meine braunen, leicht gelockten Haare hängen mir verwuschelt auf der Stirn und meine grünen Augen scheinen sich noch nicht an das Licht gewöhnt zu haben, da sie leicht zusammen gekniffen sind. Durch meine leicht hervorstehensen Wangenknochen und meine perfekt geschwungenen Lippen, die sie zu einem Grinsen verzogen haben, wuerde ich behaupten, ohne mir dabei arrogant vor zu kommen, dass ich durchaus hübsch bin. Da ich auch weder zu dick, noch zu dünn bin ist es auch berechtigt, dies zu behaupten. Versteht mich nicht falsch, ich bin nicht eingebildet, ich denke lediglich, das ich nicht gerade der hässlichste bin. Schnell dusche ich mich und putze mir die Zähne.
Wieder in meinem Zimmer gehe ich zum Schrank und suche mir eine dunkle Jeans, ein weißes T-shirt mit V-Ausschnitt, das meine Muskeln betont und eine dunkelblaue Weste herraus. Schnell packe ich noch meine ganzen Schulsachen in den Ranzen und gehe nach unten. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich noch genügend Zeit für ein ordentliches Frühstück habe. Also gehe ich zum Kühlschrank, hole Eier, suche noch eine Pfanne und stelle mich an den Herdt.
Noch etwas Salz und Pfeffer eh voila! Verschlafen kommt Jen in die Küche und schaut mich mit großen Augen an. "Träume ich noch, oder hast du wirklich Rühreier gemacht?" murmelt sie müde, holt Brötchen und zwei Gläser aus dem Schrank und setzt sich zu mir an den Tisch. Mit einem Grinsen kneiffe ich ihr in den Arm. "Ey! Das war gemein.", schmollt sie. "Du wolltest doch wissen, ob du träumst." antworte ich ihr schmunzelnd. Ich stelle meinen Teller in die Spülmaschine und gehe wieder zu Jen. "Ich muss los, bis später.", sage ich und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn. Ich schnappe mir noch schnell meinen Ranzen und mache mich auf den Weg.
In der Schule angekommen versammelt sich sofort eine Menschenmasse um mich. "Anthony, wie gehts dir?" "Wieso zieht ihr um?" "Kommst du uns besuchen?", rufen einige. Sichtlich überfordert mit der Situation, ist auch meine Erleichterung erkennbar, als das Klingeln ertönt. Richtig erleichtert bin ich aber nicht. Der Tag fängt natürlich mit meinem Lieblingsfach an. Schön wäre es. Ich hasse Mathe.
Im Klassenraum angekommen, setze ich mich auf meinen Platz neben Luke und kurz darauf kommt auch unsere Lehrerin in die Klasse. Wie gewohnt beginnt Sie nach einem kurzen "Guten Morgen, Klasse." Ihren Unterricht. Sie versucht gerade uns irgendein neues Thema zu erklären, da schaue ich Luke an, der mich mit einem wissenden Grinsen anguckt. "Du verstehst genauso wenig wie ich oder?", fragt er mich. Kurz nickt ich und versuche dann wieder Ihr zuzuhören. Sie schreibt gerade irgendwas an die Tafel, da fange ich an überhaupt nichts mehr zu verstehen.
Stop.
Zu viele Ziffern.
Zu viele Wörter.
Zu viele Zahlen.
Da ich nichts mehr verstehen werde, wobei ich mir ziemlich sicher bin, kritzel ich auf der Rückseite meines Heftes.
Am Ende der Stunde ist auf meinem Heft eine Zeichnung von einer Klaviertastatur, aus der einige Rosenblätter liegen. Ziemlich kitchig, aber die Zeichnung ist mir wirklich gut gelungen.
Tag der Veröffentlichung: 06.11.2012
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