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Kapitel 1

Schnaufend schleppte Sunny die schwere Kiste die Treppenstufen zu Ihrer neuen Wohnung hoch. Warum mussten ausgerechnet heute die Wartungsarbeiten am Fahrstuhl vorgenommen werden?

Im Begriff, auf dem Treppensatz die Kiste kurz zum verschnaufen abzustellen, bemerkte Sunny aus den Augenwinkel, wie etwas zügig um die Ecke schoss und mit voller Wucht gegen sie prallte.

Aus dem Gleichgewicht geraten landete Sunny unsanft auf dem Hintern, die Kiste rutschte ihr aus den Händen und viel krachend herunter, wobei sich der größte Teil des Inhaltes auf den Boden verteilte. Fluchtend drehte sich Sunny nach dem Übeltäter um.

„Können Sie nicht aufpassen?“ blaffte Sunny auch sofort los.

„Was heißt hier ich?“ kam es genauso patzig von dem Unbekannten zurück. „Wer blockiert denn hier das ganze Treppenhaus?“

„Tja Sie können sich gerne bei den Handwerkern unten beschweren. Wenn die nicht wären, dann hätte ich den Fahrstuhl benutzen können und sie hätten das Treppenhause, gaaanz für sich alleine!“ erklärte Sunny mit zurücksüßer ironischer Stimme, worauf der Unbekannte augenblicklich schnaufte.

„Was kann ich denn dafür? ICH habe die Handwerker ja schließlich nicht bestellt!“

Während er sie von oben bis unten taxierte grollte er weiter: „Sicherlich hättest du für diese schwere Arbeit aber auch einen Handlanger finden können, bei deinem Aussehen.“
Jetzt fing er an zu grinsen: „Dann müsstest du dir deine kleinen süßen Hände nicht schmutzig machen.“

Sie wusste, dass sie gar nicht mal so schlecht aussah, mit ihren roten Haaren die in leichten Wellen über Ihre Schulter fielen, ihren grau-blau-grünen Augen und der doch annehmbaren Kleidergröße 34 bei einer Länge von ca. 170cm, aber irgendwie machte Sunny die Aussage und wie er es ausgesprochen hat, so voller Hohn, extrem wütend. Typisch Mann, immer nur aufs Äußere fixiert. Das gab Sunny den nötigen Anstoß sich endlich aufzurappeln.

„Dummerweise, stammen aber die Männer vom Planten Arschloch!“ „Da wird die Menschlichkeit im Weltraum abgebeben, aufgrund dessen Größe und dem bei euch geringfügig vorhanden IQ auch verständlich, dass ihr sie dann nicht wiederfindet!“

„Dem was?“ „Planeten Arschloch?!“ „Na herrlich, da freut man sich, dass so eine hübsche Nachbarin einzieht und dann entpuppt die sich auch noch als Kampflesbe.“
Sunny hatte genug.“Gut, dass wir das gleich zu Anfang geklärt haben“, antwortete sie mit eisiger Stimme „und jetzt gehen Sie auf die Autobahn spielen, oder was auch immer Sie vorhatten.“ „Vielleicht finden Sie auch irgendwo ein dummes Schäfchen, welches auf Ihren Charme hereinfällt.“ „Nur lassen Sie mich bitte in Ruhe, Sie haben schon genug Schaden angerichtet!“

Ein paar Sekunden verharrte der Unbekannte noch mit wütendem Blick, bevor er an Sunny vorbei, die Treppe hinunter stürmte.

Seufzend wandte Sunny sich um und fing an ihre Habseligkeiten einzusammeln. Während sie ein Teil nach dem anderem wieder in der Kiste verstaute, viel ihr Blick auf ein Bild, welches aus einem der Bücher gefallen war. Mühsam unterdrücke Sunny daraufhin ein Schniefen, während sie aber nicht verhindern konnte, dass eine Träne die Wange hinab lief. Marie, dachte Sunny seufzen, wie konnte ich dich nur verlieren. Nun konnte sie ihre Tränen nicht länger aufhalten, während Sunny auf das Ultraschallbild in ihren Händen schaute, das Bild ihres größten Lieblings. Zwei Tage bevor sie ihren kleinen Schatz verloren hatte, wurde es aufgenommen. An diesem Tag hatte Sunny auch das Geschlecht des Kindes erfahren, ein Mädchen, sie hatte sie Marie genannt.

Zur gleichen Zeit riss Kolja die Haustür auf und ging mit wütenden Schritten ins Freie. Was für eine anmaßende Person seine neue Nachbarin doch ist, na Halleluja! Er hatte schon gehört, dass eine Frau einziehen soll, aber das? Kolja fragte sich, ob dieser kleine Rotschopf wirklich lesbisch ist? Das wäre wirklich schade, gut sieht sie ja aus, nur leider bissig wie eine wütende Stute. Er mochte lieber anschmiegsamere Frauen, die zu ihm hinaufschauen, aber nicht um ihn anzufauchen. Na, das kann noch spaßig werden.

Kurz blitzte Kolja´s schlechtes Gewissen auf, weil er davon gestürmt ist, zum Teil war es auch seine Schuld, dass sie zusammengeprallt sind, er war einfach in Gedanken gewesen. Aber nein, die kleine Giftkröte hatte es nicht anders verdient, das kann sie Mal schön alleine aussitzen. Zufrieden, dass er mit sich selbst ins Reine gekommen ist ging er schnell weiter, Kolja wollte zu seiner Verabredung nicht zu spät kommen.

Kapitel 2
Zwei Wochen später



Fröhlich Pfeiffend lud Sunny ihre letzten Einkäufe in den Kühlschrank und schaute noch einmal nach, ob sie für heute Abend auch wirklich alles hatte. Sekt und Bier waren kalt gestellt, Chips und allerlei anderer Knabbersachen lagen bereit. Ja, das erste WM Spiel der Deutschen gegen Italien konnte kommen. Sie freute sich schon den ganzen Tag diebisch auf das Spiel. Zwar schaute Sunny auch die anderen WM Spiele wenn sie Zeit hatte, dennoch sind die Spiele des eigenen Landes immer noch etwas Besonderes. Etwas wehmütig erinnerte sich Sunny an die EM von vor zwei Jahren zurück. Da hatte sie diese Vorbereitung noch mit ihrem Ex- Mann getroffen. Als sie Steve kennen gelernt hatte, war ihr EX-Mann doch sehr überrascht gewesen, wie gut sie sich im Bereich des Fußballs auskennt. Zuerst dachte er nur, sie würde ihm etwas vorspiele, aber nachdem Steve erkannt hatte, das sie wirklich Ahnung hatte, fand er es großartig sich mit ihr darüber zu debattieren.

Energisch schüttelte Sunny den Kopf. Sie wollte nicht weiter darüber nachdenken und sich ihre gute Laune vermiesen lassen. Kaum hatte Sunny das zu Ende gedacht, schon landeten ihre Gedanken bei ihrem Nachbarn. Sunny hatte herausgefunden, dass er Kolja hieß, an sich ein schöner Name und daher so unpassend für so einen arroganten Mistkerl.
Seit dem Zusammenstoß vor zwei Wochen ist sie ihm hin und wieder begegnet, aber die Zusammentreffen endeten mehr oder minder immer in einer kleinen bis mittleren Katastrophe.
Zunächst hatte sie Kolja ein paar Tage nach ihrem ersten Zusammentreffen in der Tiefgarage wieder gesehen, seinem Blick nach zu urteilen, war er immer noch ganz schön sauer. Sunny ging mit zwei beladenen Einkaufstüten von ihrem Auto zum Fahrstuhl und sie war sicher, dass er sie gesehen hatte, dennoch fuhr er ihr einfach vor der Nase davon.
Einen Tag später, traf sie Kolja im Fahrstuhl aus dem sie gerade austeigen wollte. Aus einem Impuls heraus, drückte sie alle Knöpfe im Fahrstuhl, so dass Kolja beim herunterfahren in jedem Stockwerk halten muss, süffisant lächelte sie ihn an und schloss dann schnell ihre Wohnungstür auf. Sunny wusste das es kindisch war, aber sie war wegen dem Vortag noch sauer.

Wie froh sie doch war, dass sie ihn einige Zeit danach nicht gesehen hatte, dennoch musste sie immer mal wieder über ihn nachdenken. Hätte sie in ihrer Ehe nicht so schlechte Erfahrungen gemacht, würde sie Koja durchaus attraktiv finden können, mit seinen braunen kurzen Haaren und den stechenden grünen Augen, bei denen man das Gefühl bekam, man könnte sich darin verlieren. Wenn er lächelte (was er bei Sunny so gut wie nie tat) erkannte man sogar ein kleines Grübchen. Sunny schätze ihn auf ca. 190cm, gut gebaut, muskulös mit breiten Schultern, dennoch…… er war und blieb er ein Mistkerl.

Das nächste Treffen verlief ähnlich unerfreulich. Sie hatte sich mit Lena, ihrer besten Freundin, fürs Kino verabredet und war spät dran. Ungeduldig tänzelte sie vor dem Fahrstuhl auf und ab, als ihre Nachbarwohnung aufging und Kolja hinauskam. Nervös fing Sunny an auf den Fahrstuhlknopf zu drücken, in der Hoffnung, dass dieser sich beschleunigte.
An sich war sie nicht erpicht darauf mit Kolja in ein und denselben Raum bzw. Fahrstuhl zu sein und überlegte deshalb, ob sie nicht die Treppe nahm, als just in Time die Tür aufging. Wenn sie jetzt die Treppe nahm, wusste er, dass sie vor ihm floh, diese Genugtuung wollte sie ihm nicht geben.
Doch Kolja war offenbar immer noch streitlustig, denn kaum gingen die Türen zu, da drückte er auch schon alle vorhandenen Knöpfe, scheinbar hatte Sunny ihre Ungeduld zu deutlich gezeigt und der Mistkerl wusste, dass sie in Eile war.

„Na, Herzlichen Dank!“ grummelte Sunny, wohl lauter als beabsichtigt, denn Kolja grinste und antworte trocken: „Immer wie gerne, ich hab neulich erst erlebt wie viel Spaß das macht.“ „Arschloch!“ polterte Sunny los. „Ich weiß, das sagtest du bereit mehrmals.“ sein grinsen wurde noch breiter. Arrrrrg….., dieser Mensch konnte ein echt zur Verzweiflung bringen, fluchte Sunny innerlich.

Der Fahrstuhl hielt im dritten Stock. Sobald die Türen sich geöffnet hatten rannte Sunny ohne zu überlegen hinaus und sprintete die Stufen hinab, es war ihr egal ob Kolja dachte, das sie vor ihm floh, obwohl es so war, sie floh, vor ihm, seinem unwiderstehlichem Duft und dem Bedürfnis sich an seine Brust zu schmiegen und zu spüren wie er die Arme um sie schlang.
„Oh Gott“, stöhnte Sie, das darf nicht wahr sein.

Die nächsten Tage versuchte Sunny Koja aus dem Weg zu gehen, doch als sie von einem gemütlichen Abend bei Lena nach Hause kam, fuhr Kolja wenig später auch in die Tiefgarage. Mit ihm stieg ein Püppchen aus, braune lange Haare, die Brüste hoch geschnürt und einen Rock den man besser als breiten Gürtel beschrieben hätte.
Sunny unterdrückte den Impuls, entweder die Treppe zu nehmen, oder aber einfach mit dem Fahrstuhl vor seiner Nase wegzufahren. Sie wusste, dass sie das Warten bereuen würde.

Kaum stiegen die beiden ein, da quietsche das Püppchen auch schon los: „Sag mal Schatz, passt der Nagellack wirklich zu meinem Oberteil?“ und fuchtelte mit ihren Klauen direkt vor seinem Gesicht umher. „Und danke für die neuen Schuhe, die sind wirklich sehr schööön.“ „Ich weiß auch schon wie ich mich bei dir bedanken kann.“ Sunny fand, das ihr der Versuch, dabei verführerisch auszusehen, deutlich misslang. Sie unterdrückte ein Lachen, obwohl sie sich nicht verkneifen konnte, verächtlich die Mundwinkel zu verziehen.

Oben angekommen, quietsche das Püppchen auch schon weiter: „Ohhh, das ist aber ein schöner Flur.“ Oh mein Gott ein Toastbrot auf zwei Beinen, dachte Sunny und schüttelte sich innerlich, es ist doch nur ein Flur. Mit einem leisen „Määääh“ welches nur für seine Ohren bestimmt war, ging sie an ihm vorbei in ihre Wohnung und murmelte, nachdem die Tür ins Schloss viel, „Vielleicht stimmt es ja doch, Dumm f… gut.

In Erinnerung schwelgend schüttelte Sunny den Kopf, jetzt reicht es aber, genug gegrübelt. Sie nahm sich ein Bier aus dem Kühlschrank und ging ins Wohnzimmer, um sich die Vorberichtserstattung zum WM Spiel anzuschauen, Lena müsste ja auch bald kommen.

In der Nachbarwohnung, saß Kolja mit drei Kumpels ebenfalls vor dem Fernseher, als es auf einmal laut PUFF machte und ein leichter Qualm aus dem Fernseher aufstieg.
„So einen Mist aber auch“, schimpfte Kojka, „was ist denn jetzt passiert?“
Ryan, erhob sich aus seinem Sessel uns schlenderte zum Fernseher hinüber. „Ich würde mal sagen, interner Kurzschluss“, mehrmals drückte er den An- und Aus Knopf und wackelte an den Kabel. „ich fürchte, hier ist nichts mehr zu machen.“

Sascha sprang vom Sofa auf und lief zum Fernseher um diesen mehrmals zu rüttelt und fluchte: „Fuck, NEIN, nicht jetzt!“ Er dreht sich fragen zu den anderen um: „und nun?“ „Das Spiel fängt gleich an, wir bekommen bestimmt keinen vernünftigen Platz mehr in einem Sportsclub mit Leinwand und außerdem wäre die erste Halbzeit vorbei, bis wir da sind.“ „FUCK!“

„Also, ich geht jetzt erst mal eine Rauchen“, brummte Nic und trat auf die Terrasse hinaus. Während er draußen genüsslich an seiner Zigarette zog, hörte er aus der offenen Terrassentür der Nachbarwohnung wie sich Günter Netzer und Gerhard Dellinger in alter Manier zankten.
Da wurde Fußball geschaut! Kaum zu Ende gedacht, schritt er schnellen Fußes zurück und brüllte: „Ich hab´s, nebenan wird auch Fußball geschaut!“ Wir gehen einfach hinüber und schauen dort!“ Stolz über seine Idee schnappte er sich einen Kasten Bier (für den Fall der Fälle) und stiefelte los.

„Stopp!“ rief Kolja, „bei dieser Hexe?“ „Nie im Leben!“

„Warum nicht?“ „Dort steht ein Fernseher und es wird Fußball geschaut.“ „Und hier?“ Nic´s Blick ging zum Fernseher der mittlerweile zwar aufgehört hatte zu qualmen, aber immer noch kein Bild zeigte. „ICH für meine Person, möchte gerne das Spiel sehen und daher gehe ICH jetzt auch rüber und frage.“ „So schlimm kann sie gar nicht sein.“ Sprachs und drehte sich auf dem Absatz um.

„Warte!“ rief Ryan, „Sascha und ich kommen mit!“

„Elende Verräter.“ grollte Kolja, während er den andere folgte. Das kann ja ein heiterer

Abend werden.

Verwundert blickte Sunny zur Uhr, als es klingelte. Lena und pünktlich? Es geschehen wohl noch Zeichen und Wunder!

Mit Schwung öffnete Sunny die Tür: „Lena, mein Engel, heute fällt wohl Weihnachten und Ostern auf einen Tag!“

Doch vor der Tür stand nicht Lena. Sunny entdeckte zunächst nur einen Kasten Bier, welcher von zwei markanten Händen gehalten wurde. Sie musste den Kopf in den Nacken legen, um zu schauen zu welchem Geschöpf diese gehörten und blickte in zwei meerblaue Augen.
Sunny ließ den Blick über die weiteren Geschöpfe wandern die vor ihrer Tür standen und erkannte Kolja, der sie finster anschaute. Reflexartig wollte Sunny die Tür schon wieder zuschlagen, entschied sich aber anders, als sie die flehenden Blicke der anderen entdeckte.

„Ja, bitte?“ frage Sunny mehr oder minder freundlich.

„Ja, ähm…“ begann Nic „also, unser Fernseher hat den Geist aufgegeben und wir wollten fragen, ob wir uns das Spiel bei dir anschauen können?“

„Was für ein Spiel denn?“ fragte Sunny und hoffte, dass ihre Ausdruck wirklich so ahnungslos wirkte, wie sie es vorgab.

„Welches Spiel wohl?“ grollte Kolja, „heute ist das erste Weltmeisterschaftsspiel der Deutschen, das weiß doch jeder.“

Sunny, wollte schon verneinen, sie hatte absolut keine Lust, das Spiel mit Kolja und seinen wahrscheinlich genauso arroganten Kumpels anzuschauen, als die Fahrstuhltür aufging und Lena hinaustrat. Beim Anblick der vier stattlichen Männer vor Sunny´s Wohnungstür schnurrte sie entzückt: „Sunny, ich hab doch heute gar nicht Geburtstagstag!“ dabei bedachte sie die Männer der Reihe nach mit einem anmutigen Blick gefolgt von einem reizenden Lächeln.

Nein, bitte nicht, flehte Sunny innerlich, welches aber nicht erhört wurde, denn Lena schnurrte munter weiter: „Hab ihr Lust das Spiel mit uns anzuschauen?“

Kolja zog die Augenbrauen nach oben und wollte gerade etwas erwidern, als Sascha die Gunst der Stunde erkannte und ihm zuvorkam. Mit einem strahlenden Zahnpasta Lächeln wandte er sich an Lena: „Ja, das wäre grandios, denn unser Fernseher hat den Geist aufgegeben.“ „Des Weiteren, macht es bestimmt doppelt Spaß, das Spiel in Gesellschaft von solch hübschen Frauen anzuschauen.“

„Na dann“, mit einer einladenden Geste deutete Lena an, ihr zu folgen „kommt rein und fühlt euch ganz wie zu Hause.“

Sunny unterdrückte einen Würge Reiz und verdrehte die Augen. Klasse, nun kam sie wirklich nicht mehr aus der Sache raus. Schöne Scheiße, das Lena aber auch auf alles anspringen muss, was männlich, zwei Beine hat und einigermaßen manierlich ist. Doch letztendlich musste Sunny sich eingestehen, dass sie genau darauf ein wenig neidisch ist. Lena konnte unbekümmert mit dem anderen Geschlecht umgehen und flirtete drauf los. Das war auch nicht weiter schwierig, denn mit einer Größe von 175cm, langen blonden Haaren, blauen Augen und Maßen von ca. 90-60-90 war sie der Blickfang, sobald sie einen Raum betrat. Ungeachtet dessen war sie weder eingebildet noch arrogant. Sunny seufze, deshalb liebte sie Lena, sie war ihre größte Stütze in der schweren Zeit gewesen, Sunny wüsste nicht, was sie ohne sie gemacht hätte.

Kolja, dem Sunnys Reaktionen nicht entgangen war, nachdem Lena sie in die Wohnung geführt hat, unterdrücken ein leichtes Lächeln. Wollte das kleine Luder vorhin tatsächlich so tun als wüsste sie von nichts als sie miteinander sprachen, im Hintergrund liefen die Spieler ein und kurz danach wurde die deutsche Nationalhymne gesungen und die Hexe spielt die Ahnungslose. Als ihre Freundin die Einladung ausgesprochen hatte, lag ihm schon eine spitze Antwort auf den Lippen, glücklicherweise reagierte Sascha schneller. Vielleicht wird es ja doch noch ein lustiger Abend, interessant auf jeden Fall.
Während Kolja Sunny ins Wohnzimmer folgte schaute er sich neugierig in der Wohnung um und was er sah gefiel ihm, diesbezüglich hat sie wohl Geschmack. Der Grundriss von der Wohnung war anders, als in seiner. Der Flur war fast rechteckig, rechts vom Eingang in einer kleinen Nische, befand sich die Garderobe die lediglich aus mehreren Haken bestand, die in die Wand geschlagen wurden. Links an der Wand befand sich ein kleiner Apothekerschrank und gegenüber über ein Sekretär, beides im dunkeln Holz gehalten. Die Wände waren in einer dunklen Wischtechnik gehalten und die Fliesen auf dem Boden hell.
Das Wohnzimmer bestand aus einer hellen Ledercouchgarnitur und die Schränke waren ebenfalls dunkel. Die Fliesen waren dieselben wie im Flur, so dass es dem Ganzen eine einheitliche Note gab. Alles in einem strahlte es eine Gemütlichkeit aus, die er so nicht erwartet hatte.

Nic, Sascha und Ryan hatten es sich schon auf der einen Couch bequem gemacht, Lena saß im Sessel. Sunny und Kolja blieb nichts anderes übrig, als sich zusammen auf die andere freie Couch zu setzen. Sunny reichte ihm wortlos ein Bier, welches Kolja fast in einem Zug austrank, so hatte er sich das nicht vorgestellt.

Das Spiel ging irgendwie an Kolja vorbei. Seine Gedanken wanderten immer wieder zu der hübschen Nachbarin an seiner Seite.
Sie trug wieder den gleichen anmutigen Duft, den er schon einige Male wahrgenommen hatte.

Er dachte an ihre letzten Begegnungen, alle endeten mehr oder minder unerfreulich.

Dass er sie letztens geärgert hatte, war keine Absicht, es war einfach nur ein beschissener Arbeitstag gewesen und er war tief in Gedanken versunken. Zu spät sah er, dass sie mit 2 schweren Einkaufstüten ebenfalls zum Aufzug wollte, doch da gingen die Türen schon zu und er fuhr los.

Leicht musste er schmunzeln, als er an ihre Rache dachte, er hatte sich schon gewundert, warum sie ihn so bezaubernd anlächelte, als sie aus dem Fahrstuhl trat, verspätet sah er das Dilemma, von daher musste er leise lachen, als er dann an seine Retourkutsche dachte. An diesem Tag hörte er zufälligerweise wie sie aus der Wohnung kam und nutze die Gunst der Stunde um es hier heimzuzahlen.
Das sie im dritten Stock aus dem Fahrstuhl hüpft, damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet und war komischerweise enttäuscht, er hatte die wenigen Sekunden mit ihr alleine genossen.

Das letzte Mal sahen sie sich, als er mit seiner neusten Eroberung nach Hause kam.
Doch als er ihren angewiderten Gesichtsausdruck sah, mit dem sie seine Begleitung musterte, passierte etwas merkwürdiges, er schämte sich. Als sie dann auch noch mit einem „Määäh“ an ihm vorbeiging, dessen Bedeutung er durchaus verstand, hätte er sie am liebsten gepackt und…. ja, und dann? Er wusste es damals nicht, aber jetzt schon!

Er will sie verführen, bei dem Temperamente kann er sich gut vorstellen, dass sie wohl sehr leidenschaftlich ist. Bloß bei dem Gedanken daran regte sich seine Männlichkeit, sie zog ihn körperlich an, dass steht außer Frage und wenn die Lust erst einmal gestillt ist, dann hat die Farce auch hoffentlich ein Ende.

Nur am Rande bekam er mit, wie Sunny neben ihm auf und ab sprang und entweder die Spieler bejubelte oder beschimpfte.
Nach und nach wurde Kolja hellhöriger, die fiebert ja ganz schön mit, eine Frau die sich für Fußball begeistert, das ist ja interessant.

Zunächst aber musste Kolja schleunigst zusehen, dass er seinen Plan umsetzt.

Sunny, war so in das Spiel vertieft, dass sie anfangs gar nicht mitbekommen hat, dass Kolja näher zu ihr heranrückte. Erst als er ihren Arm streifte und ihr bei der Berührung kleine Stromstöße durch den Körper wallten, bemerkte Sie, dass er nicht mehr an seinem ursprünglichen Platz saß.
Nervös sprang sie hoch und fragte in die Runde: „möchte noch jemand ein Bier?“
Ohne wirklich die Antworten abzuwarten marschierte sie Richtung Küche, erst einmal raus aus seinem Radar.

„Warte, “ rief Kolja „ich helf dir beim tragen.“

„Nein Danke, das schaffe ich schon allein.“ antwortete Sunny schroffer als beabsichtigt.

Kolja ignorierte den Einwand und folgte ihr in die Küche, wo er direkt hinter Sunny stehen blieb. Sein Atem streifte leicht ihre Wange als er in ins Ohr raunte: „Ich will aber.“

Sunny´s Herz begann zu rasen und tausend Ameisen tanzten Salsa in ihrem Bauch, als sie sein Gesicht so nah an ihrem fühlte.
Scheiße, scheiße, scheiße, wie kann man einem Menschen, den man hasst, nur so anziehend finden? Innerlich betete sie, dass er von ihrer Anspannung nichts mitbekam.

„Außerdem wollte ich sicher stellen, dass ich auch ein schön gekühltes Bier erhalte.“

Endlich gewann Sunnys Abneigung wieder Oberhand: „dann hol dir dein Scheiß Bier doch alleine!“

„Also für so eine kleine zierliche und hübsche Person, sagst du zu oft Scheiße.“ „Das Wort passt gar nicht zu dir.“

„So, was würde denn zu mir passen?“

„Hmm, ich weiß nicht.“ „Ich denke darüber nach und werde es dich bei Gelegenheit wissen lassen.“

Diese Stimme, sein Geruch, Sunnys Körper war in Alarmbereitschaft.

„Wolltest du nicht Bier holen?“ „Dann mach schnell, bevor der Kühlschrank noch abtaut, das ist kein Iglu.“ Fahrig griff sie hinein und nahm das erstbeste heraus, was ihr in die Finger kam, drängte sich an Kolja vorbei, welcher schmunzelnd zur Seite trat und eilte ins Wohnzimmer zurück.

Dort angekommen bemerkte Sunny erst, was sie eigentlich aus dem Kühlschrank mitgenommen hatte, eine Tube Senf. Sunny lies diese schnell hinter ein Sofakissen verschwinden, ein Glück haben die anderen nichts von ihrem Schlamassel mit bekommen.

„Ich dachte mir, dass du vielleicht Lust hast, ein Gläschen Sekt zu trinken?“ Kolja, der kurz nach Sunny das Zimmer betrat, reichte ihr ein volles Glas.

„Hmm, danke.“ „das wäre nicht nötig gewesen.“

„Ich denke doch….“ antwortete Kolja ironisch und schaute auf die Tube Senf, die leicht unter dem Kissen hervor lugte.

Das war zu viel, mit einem Ruck stand Sunny auf und ging zielstrebig zur Terrasse, sie brauchte jetzt dringend eine Zigarette.

„Wo willst du hin?“ flüstere Kolja, als sie an ihm vorbei ging.

Da war es wieder, das wohlige Kribbeln, wenn Kolja nahe bei ihr war.

„Raus.“ „Ich brauche frische Luft“

„Hmmm, das ist eine wunderbare Idee.“

Nein, nein, nein, konnte er sie nicht einfach in Ruhe lassen, was wollte er?

Draußen steckte Sunny sich eine Kippe an und lies sich auf einen gepolsterten Stuhl fallen, Kolja tat es ihr gleich.

„Was willst du?“ entfuhr es Sunny, die mittlerweile nur noch genervt war.

„Dich!“ antwortete Kolja grinsend.

„Warum?“

„Ich weiß nicht, es ist wohl vergleichbar mit dem Bedürfnis einen Kugelfisch zu essen.“ „Es kann tödlich enden, dennoch möchte man wissen wie er schmeckt.“

„Sauer.“

„Wie, sauer?“ fragte Kolja irritiert.

„Ich schmecke sauer.“ „Da deine Neugier jetzt befriedigt ist, kannst du mich auch in Ruhe lassen!.“

„Das ist sie ganz und gar nicht, ich denke ich möchte das gerne selber herausfinden!“ murmelte Kolja und beugte sich langsam zu Sunny vor.

„Wag es bloß nicht, ansonsten wirst du dir wünschen einen schlechten Kugelfisch essen zu dürfen!“

Obwohl Sunny´s Körper sich danach sehnte, von ihm geküsst und berührt zu werden, sagte ihr Verstand nein. Der alte Schmerz saß noch zu tief, auch für einen harmlosen einfachen Kuss, sofern es einer werden würde…..!

„Die zweite Halbzeit fängt an.“ mit diesen Worten ging Sunny ins Wohnzimmer zurück. Nur weg aus seiner Nähe.

45 Minuten und eine Flasche Sekt später hatte Deutschland mit 2:0 gewonnen.
So richtig freuen konnte Sunny sich aber nicht, sie hatte die letzten Minuten damit verbracht Abstand von Kolja zu halten, was sich als ein fast unmögliches Unterfangen herausgestellte, da dieser aufgrund seiner Körpergröße so gut wie die ganze Couch einnahm. Sicherlich hätte sie sich auch einen Stuhl aus der Küche holen können, aber Sunny wollte keine unnötige Aufmerksamkeit erregen.


„Und was machen wir jetzt?“ fragte Ryan, „Wollen wir noch in eine Bar, den Sieg feiern?“

Die letzte Frage war wohl hauptsächlich an Lena gerichtet, so wie Ryan sie ansah.
Sunny stöhnte innerlich, das hatte ihr gerade noch gefehlt, dass sich zwischen den beiden etwas anbahnt.

„Also, ich nicht.“ antwortete Sunny, die mittlerweile beschwipst war, „aber du kannst gerne mitgehen Lena, ich will nur noch ins Bett.“

„Allein!“ nuschelte Sunny nun leiser zu Kolja, der sie anzüglich ansah.

„Vorläufig.“ raunte er nur zurück

„Bist du sicher?“ fragte Lena.

„Ja, natürlich geh nur. Ich bin einfach nur müde.“

„Ok Jungs. Schnappt eure Sachen, dann gehen wir noch ein wenig den Sieg feiern.“ Lena strahle Ryan dabei freudig an, welcher das Lächeln ebenso freudig erwiderte.


Kapitel 3

Sunny erwachte mit einem leichten brummen im Kopf. Das war wohl doch ein bisschen zu viel Sekt gewesen. Sunny war so viel Alkohol nicht mehr gewöhnt, bis auf die Ausnahme ab und an ein Gläschen Wein zum Essen oder ein Bierchen zum Fußball, trank sie keinen mehr. Nach ihrer Trennung und dem Verlust ihres Kindes, hatte sie versucht den Schmerz mit Alkohol zu betäuben, als Sunny jedoch merkte, dass dieser dadurch nur größer wurde, unterließ sie es. Bis auf gestern und daran ist nur der verflixte Mistkerl schuld!

Müde ging Sunny in die Küche und schaute sich frustriert um, sie hatte gestern einfach keine Lust mehr gehabt aufzuräumen und war augenblicklich ins Bett gefallen.
Nein, erst einmal eine Dusche und eine Tasse Kaffee, dann würde sie das Chaos beseitigen.

Frisch geduscht und in bequeme Sachen geschlüpft, trank Sunny ihren Kaffee und fing an, die Küche aufzuräumen, als es an der Tür klingelte.

Augenblicklich nachdem sie die Tür geöffnet hatte, wünschte Sunny sich, dass sie endlich lernen würde, durch den Spion zu schauen, bevor sie die Tür öffnete, denn vor ihr stand kein anderer als Kolja.

„Was willst du hier?“ herrschte Sunny ihn ungehalten an.

„Nur schauen wie es dir geht?“

„Danke der Nachfrage, wie du siehst, geht es mir blendend.“

Kolja reagierte kaum auf ihre Antwort und schlängelte sich an Sunny vorbei in die Wohnung, „hmm, rieche ich hier Kaffee? Den kann ich jetzt gut gebrauchen, danke für die Einladung.“

Ich habe dich nicht eingeladen, wollte Sunny gerade erwidere, doch Kolja plauderte schon munter weiter. „Außerdem wollte ich schauen ob ich dir noch beim Aufräumen helfen kann, sozusagen als Revanche für deine Gastfreundschaft gestern.“

„Nein danke, wie du siehst bin ich fast fertig.“

„Wo stehen denn die Becher?“ fragte Kolja „oben rechts im Schrank“ antwortete Sunny automatisch. Shit, jetzt hat sie ihn quasi doch eingeladen, soviel zum Thema schnellstmöglich loswerden.

„Und hast du gut geschlafen?“

„Ja, danke. War es bei euch noch nett?“

Was tat sie hier, sie stand mit ihrem Hassobjekt in der Küche, trank Kaffee und hielt Smalltalk. Dennoch hatte Sunny schon wieder das Bedürfnis, sich in seine Arme zu werfen, ihn zu küssen, zu berühren.

Anscheinend hatte Kolja gemerkt, was in ihr vorging, denn er kam immer näher, mit jedem Schritt wich Sunny einen zurück, bis sie gegen ihren Küchentisch stieß.

„War ok, aber es wäre schöner gewesen, wenn du mitgekommen wärst, du hast mir gefehlt.“

„Ja sicher“, erwiderte Sunny ironisch, „als ob nicht genügend Schäfchen da gewesen wären, die dir liebend gern die Zeit vertrieben hätten.“

„Das mag sein, “ raunte Kolja, „aber sie sind nicht Du.“

Kolja stand jetzt dicht vor Sunny und ihr lief wieder das gewohnte Kribbeln durch den Körper.

„Außerdem stellen sie keine Herausforderung dar.“

Noch während Kolja sprach, nahm er sanft aber bestimmt Sunny´s Hände und führte sie auf ihren Rücken, jetzt stand sie eingekeilt zwischen ihm und dem Tisch und konnte seine Wärme durch den Stoff hindurch spüren. Leicht und sanft fing er an sie zu küssen, unbewusst entfuhr Sunny ein kleines Stöhnen wobei sich ihre Lippen leicht öffneten, Kolja nutze dies und drang zärtlich mit seiner Zunge vor. Nach und nach merkte er, wie Sunny sich entspannte.

Dadurch ermutigt ließ er ihre Hände los, zog sie noch näher an sich heran und vertieften den Kuss. Sunny schlang ihre Arme um seinen Hals und zog ihn ebenfalls näher zu sich heran. Seit langem hatte sie sich nicht mehr so geborgen und begehrt gefühlt, bis.... blitzartig kam die Erkenntnis, wann dieses der Fall war. Das letzte Mal hatte sie sich bei Steve so gefühlt. Die Erinnerung drang mit voller Macht in ihr Bewusstsein und dazu auch der Schmerz.
Steve… ihr Baby….Julia…. Kevin.

Überfordert löste Sunny den Kuss und stieß Kolja von sich zurück.

„Nein, ich kann nicht!“

„Warum?“ frage Kolja verärgert darüber das sie den Kuss unterbrochen hatte.

„Geh!“

„Was?“

„Geh einfach, GEH!“ Sunny war nahe dran zu schreien. Sie musste jetzt alleine sein und Kolja war der letzte, den sie gegenwärtig in ihrer Nähe ertragen konnte.

Erschöpft ließ Sunny sich auf den Küchenstuhl sinken, „geh…. bitte“ flehte sie fast.

Kolja war unentschlossen ob er Ihrer Bitte Folge leisten oder bleiben sollte, letztendlich entschloss er sich fürs ersteres.

Im Türrahmen blieb er dennoch kurz stehen, da Sunny in der Küche anfing zu weinen. Unschlüssig überlegte er was er tun sollte, auf der einen Seite war er sauer, dass sie ihn abgewiesen und quasi aus der Wohnung geworfen hat und auf der anderen Seite verspürte den Wunsch zu ihr zu gehen, sie in den Arm zu nehmen und ihre Tränen fort zu küssen.
Ihm wurde unbehaglich bei dem Gedanken, dass er vielleicht der Grund ihrer Trauer war.

Zögernd schloss er die Tür von außen und lehnte sich dagegen, kurze Zeit später hörte er aus Ihrer Wohnung Musik. Sleep von Poets of the Fall, den Song hatte er schon öfters aus Ihrer Wohnung klingen hören, anscheinend legte sie ihn ein, wenn sie traurig ist.

Gedankenverloren saß Kolja bei sich im Wohnzimmer, irgendwie läuft alles aus dem Ruder. Im gefiel die Vorstellung das Sunny bei sich in der Wohnung saß und weinte überhaupt nicht, das schlimmste daran war, dass er sich so hilflos fühlte, irgendwas hatte Sunny bei ihm geweckt.

Zum Abend hin hielt er es nicht mehr aus. Kolja schnappte sich eine Flasche Wein und klingelte bei Sunny. Die Musik hatte zwar aufgehört, aber er wollte dennoch schauen ob es ihr besser ging.

Sunny öffnete die Tür und schaute ihn mit verweinten Augen an, Kolja grinste verlegen und hielt die Flasche Wein hoch. Wortlos trat Sunny zur Seite und lies ihn eintreten. Im Wohnzimmer reichte sie ihm immer noch wortlos den Korkenzieher. Er öffnete die Flasche und reichte ihr ein Glas, Kolja spürte, dass Sunny jetzt nicht darüber reden würde. An sich war es ihm recht, er hätte aktuell nicht gewusst, was er ihr sagen würde bzw. könnte.

Sunny hatte eine DVD eingelegt, einen Horrorfilm, was Kolja verwunderte, aber Sunny schaffte es in letzter Zeit ja immer wieder ihn zu überraschen.

Kolja konnte es nicht mehr aushalten Sunny wie ein Häufchen Elend dort sitzen zu sehen, sie hielt ihr Glas in der Hand und verfolgte mit stumpfen Augen dem Film. Kolja ging zu ihr, setze sich neben Sunny und legte den Arm um ihre Schultern.
Kolja hatte nicht damit gerechnet das Sunny es zuließ, aber sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter und er zog sie näher zu sich heran. Aneinander gekuschelt schauten sie sich den Film an, bis Kolja merkte, dass Sunny eingeschlafen war. Kurz überlegte er, ob er gehen sollte, entschied sich dann aber anders. Nach dem Film schlief auch er ein.

Wohlig erwachte Sunny am nächsten Morgen. So gut hatte sie seit langer Zeit nicht mehr geschlafen, kein Alptraum hatte sie geplagt, aus dem sie schweißgebadet aus dem Schlaf hochschreckt.
Gähnend wollte sie sich austrecken, als sie den Arm bemerkte, der quer über ihrem Bauch lag. Vorsichtig späte Sunny zur Seite und bat innerlich, dass dieser Arm nicht demjenigen gehörte, den sie vermutete….. aber es war so. Rasch wollte Sunny sich aus seiner Umarmung lösen, als Kolja sie sogleich wieder an sich zog und ein verschlafenes „Guten Morgen“ murmelte.
„Morgen“: antwortete Sunny leise, während sie fieberhaft überlegte wie sie der Situation am besten entfliehen konnte, aber etwas besseres als „möchtest du einen Kaffee?“ fiel ihr spontan nicht ein.
Erleichtert hörte sie sein „Ja, gerne“, welches ihr ermöglichte, in die Küche zu fliehen.
Bei dem Versuch ihre Gedanken zu ordnen, atmete sie ein paar Mal tief durch.

Wie hatte sie es denn jetzt schon wieder geschafft, sich in solch eine Situation zu manövrieren? Grübelnd ließ Sunny den Tag Revue passieren.

Nach dem Kuss mit Kolja war sie vollkommen aufgelöst gewesen, alte Gefühle die sie erfolgreich verdrängt hatte, sind mit einem Schlag hochgekommen. Sie wusste nur noch, dass sie eines ihrer Lieblingslieder auflegte und sich ihrem Schmerz hingab. Nachdem sie sich einigermaßen beruhigt hatte, wollte sie sich mit einem Horrorfilm ablenken, das tat sie immer. Liebesfilme und Komödien lügen einem mit ihren Happy Ends doch eh immer nur was vor. Dann stand Kolja auf einmal vor der Tür. Sunny wunderte es immer noch, dass sie ihn einfach so gewähren ließ, als er sie ihn den Arm nahm, sie hatte wohl einfach nicht mehr gewusst, wie sehr sie das Gefühl von Geborgenheit vermisste … bis gestern.

Noch in Gedanken bemerkte Sunny nicht wie Kolja leise die Küche betrat und sie umarmte. Kurz gewährte sie sich noch einmal das herrliche Gefühl in seinem Armen zu liegen, als sie sich abermals aus ihnen entwand.

„Wie trinkst du deinen Kaffee?“ fragte Sunny. „Schwarz bitte“ antwortete Kolja.

Auf einmal kam Sunny ihre Küche viel zu klein vor, irgendwie schien Kolja diese komplett auszufüllen. Die Luft knisterte vor Spannung und drohte jeden Augenblick sich zu entladen, aber das durfte es nicht, nicht bevor sie über den Schlamassel nachgedacht hat und das was schwer möglich wenn Kolja so nah bei ihr war. Von daher seufzte sie fast erleichter auf, als Kolja auf einmal sagte
„Danke für den Kaffee, aber ich muss jetzt los.“

Sunny konnte kaum reagieren, da war Kolja auch schon aus ihrem Sichtfeld verschwunden und sie hörte die Wohnungstür zuschnappen.

Kapitel 4

Müde schloss Kolja die Wohnungstür auf. Seit Tagen war er schon sehr gereizt, genau genommen seit er Sunny Wohnung vor fast einer Woche verlassen hatte.

Er wusste, sie hatte die Spannung den Morgen ebenso gespürt wie er, doch jedes Mal wenn er einen Schritt auf sie zugehen wollte, ist sie wie ein verschreckte Reh zurückgewichen und hat ihn aus großen Auge angeschaut.

Verdammt, er hatte gewollt, das sie ihn voller Verlangen anschaut und nicht als wäre er Jack the Ripper persönlich. Aus dieser Frau wurde man einfach nicht schlau, die Nacht hatte sie sich noch eng an ihn gekuschelt und dabei so friedlich ausgesehen. Die Anspannung, die er oft in ihrem Gesicht sah, war völlig verschwunden.
Verflucht, warum hatte es sich nur so wunderbar angefühlt sie im Arm zu halten. Diese Frau musste einfach aus seinen Gedanken verschwinden, er würde einmal sein Verlangen stillen und hoffen, dass er danach in sein altes Leben zurück kehren kann.
Grummelnd begab sich Kolja in die Küche um nach etwas essbarem zu suchen, als es klingelte.
Verwundert ging er zur Tür und seine Laune besserte sich schlagartig…. Sunny!

Nervös tänzelte Sunny vor Kolja´s Haustür. Sie wusste nicht, wie viele Anläufe sie gebraucht hatte, um zu ihm zu gehen und noch immer wusste sie nicht, ob es eine gute Idee war. Wahrscheinlich nicht, denn wenn es um ihn ging, war irgendwie alles anders. Kurz verzog Sunny ihr Gesicht, bevor sie endlich den Mut fand und klingelte.

Fast hätte Sunny auf dem Absatz kehrt gemacht, als sie Koljas mürrisches Gesicht sah, doch Sekunden später hellte es sich auf.

„Sunny, was verschafft mir die Ehre?“

„Ja…. ich…. ähm…“ oh Gott, warum musste sie sich in seiner Gegenwart immer wie ein Kind am ersten Schultag fühlen?

„Also….naja…also, ich habe gerade Lasagne gemacht und ich dachte, dass du eventuell mitessen möchtest?“ Sunny hielt ihm die Form direkt unter die Nase. „So als Dankeschön für letzte Woche, als du bei mir warst.“ „Naja, wenn du nicht willst…. das ist auch ok.“ kaum das Sunny ihre Stimme wieder gefunden hatte, sprudelten die Worte auch nur so hinaus.

Koljas Lächeln wurde noch eine Spur breiter, als er die Tür weiter öffnete, um Sunny hinein zu bitten.
„Ja, sehr gerne.“ „Ich habe so eben überlegt was ich esse und Lasagne klingt perfekt.“ „Komm doch rein.“

Vorsichtig betrat Sunny die Wohnung. Verwundert merkte Sie, dass diese anders geschnitten war, als ihre. Aber nicht schlechter. Dunkles Parkett verzierte den Flur bis hin zum Wohnzimmer, wie Sunny im vorbei gehen bemerkte. In der Küche angekommen, stellte Kolja die Lasagne auf den Tisch um die Teller zu holen.

Sunny ging ebenfalls zum Schrank

„Warte ich helfe dir.“

Als sich ihre Hände berührten wusste Sunny, dass es dieses Mal kein Zurück geben würde. Dieses Mal WOLLTE sie auch gar nicht zurück, instinktiv hatte sie gewusst, dass es passiert wenn sie zu ihm geht.

Beinah hätte Sunny die Teller fallen gelassen, doch Kolja nahm ihr diese aus der Hand und legte sie auf die Ablage. Sachte nahm er Sunnys Hände in die Hand um sie sanft an sich zu ziehen. Als sich ihre Lippen endlich berührten, gab es für Sunny kein Halten mehr. Leidenschaftlich schlang sie die Arme um seinen Nacken, so dass er seinen Kuss noch vertiefen konnte. Es fühlte sich so gut an, so richtig.
Das Essen wurde zur Nebensache als Kolja Sunny hochhob und sie Richtung Schlafzimmer trug.

Glücklich öffnete Sunny am nächsten Morgen die Augen. Kolja und sie hatten sich in der Nacht mehrmals leidenschaftlich geliebt. Fast konnte sie noch seine Lippen und Hände auf ihrem Körper spüren, wie er diesen immer und immer wieder erforschte, um sie dann auf die Woge der Lust zu führen. Lächelt drehte Sunny sich um, doch der Platz neben ihr war leer.

Tapsig stand Sunny auf, schnappte sich eins von Koljas Hemden und ging auf die Suche nach ihm.
Jäh, blieb sie im Türrahmen stehen, als sie im Wohnzimmer fand, er telefonierte.

„Nein, jetzt ist es ganz schlecht“ hörte sie ihn ins Telefon sprechen „ich habe Besuch“.

„Nein, du kennst sie nicht“

„ Nein es ist auch nichts Ernstes und jetzt hör auf zu nerven“

„Ja, ich schmeiß sie gleich nach dem aufstehen raus.

„Du kennst mich doch, über Nacht ja, den Morgen nein, denn dieser bring Kummer und Sorgen.“

Sunny wollte sich schon leise zurück ziehen, als Kolja sie erblickte.

„Du, ich muss jetzt auflegen, wir telefonieren später noch einmal“.

„Was?“ „

„Ja Nic, mach ich!“

„Ok, bis dann Tschüss.“

Als Kolja auflegte ging er sogleich zu Sunny um ihr einen guten Morgen Kuss zu geben. Doch Sunny Schritt zurück und funkelte ihn aus bösen Augen entgegen.

„Der Morgen bringt Kummer und Sorgen?“ „Gut, das ich das gleich erfahren habe, das erspart mir eine Menge Ärger!“

„Sunny, das hast du falsch verstanden“ raunte Kolja und wollte Sunny in seine Arme ziehen.

„Was gibt es denn da falsch zu verstehen?“ „Deine Worte waren klar und deutlich!“

„Ja, schon“ stimmte Kolja zu „das war mein guter Freund Nic“

„Glaubst du wirklich, dass ich nach dieser phantastischen Nacht gleich bei meinen Kumpels hausieren gehe, ohne vorher mit dir gesprochen zu haben?“

„Was wäre denn, wenn du uns anders siehst als ich?“

„Ich komme zwar vom Planeten Arschloch, dennoch habe auch ich meinen Stolz“ erklärte Kolja verschmitzt.

„So, wie siehst du UNS denn?“ fragte Sunny schon etwas versöhnlicher.

„Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht genau.“

„Irgendwas hat sich seit letzter Nacht verändert, aber was…? Ich kann es nicht zuordnen.“

„Mir geht es genauso“ Sunny hatte sich mittlerweile gänzlich beruhigt.

„Was hältst du davon, wenn wir es gemeinsam herausfinden“ raunte Kolja während er Sunny an sich zog und küsste.

„Das ist glaube ich eine wunderbare Idee“ murmelte Sunny zwischen den Küssen.


Kapitel 5

Gedankenverloren saß Kolja auf der Terrasse und rauchte eine Zigarette. Sunny war zwar erst vor 10 Minuten gegangen, dennoch vermisste er sie jetzt schon. Seit jener Nacht vor 3 Wochen war viel passiert. Als er den Morgen erwachte und Sunny neben sich liegen sah wurde ihm schlagartig klar, dass er diese Frau nicht gehen lassen konnte und was noch bedeutender war, er wollte das auch gar nicht. So viel zum Thema, danach in sein altes Leben zurück kehren…..

Beinah hätte er es dennoch ruiniert, als Sunny sein Gespräch mit Nic mit anhörte, aber zu diesem Zeitpunkt war er noch nicht bereit gewesen, allen von seiner Beziehung zu erzählen. Er wusste bis dato noch nicht einmal, ob er überhaupt eine führte.

Nachdem sie sich den Morgen noch einmal leidenschaftlich geliebt haben, hatten sie über ihre „Beziehung“ gesprochen und sind beide zu dem Entschluss gelangt, dass sie das was sie fühlten nicht ignorieren wollten und auch nicht konnten. Nur wollten sie es langsam angehen lassen und sich erst einmal besser kennen lernen und schauen wohin das Ganze führte. Seitdem hatten sie sich fast täglich gesehen und es gefiel beiden, was sie von einander erfuhren.

Leicht schmunzelt dachte Kolja an den gestrigen Abend. Aneinander gekuschelt saßen Sunny und er auf dem Sofa, als sie wie aus dem nichts plötzlich sagte, dass sie mittlerweile ihre Meinung über ihn geändert hat und er doch ganz annehmbar wäre. Erheitert konnte er daraufhin nur erwidern, dass er dieses nach 3 Wochen sehr großzügig von ihr findet.

Man konnte wirklich sagen, dass es zwischen ihnen gut lief. Dennoch gab es den einen oder anderen Moment, immer wenn Sunny sich unbeobachtet fühlte, dass sie abwesend wirkte. So als wären ihre Gedanken sehr weiter weg und es legte sich ein Schleier über ihre Augen, den er nicht zuordnen konnte. War es Wut, Trauer, Verzweiflung? In jenen Momenten, wollte Kolja sie einfach nur in den Arm nehmen und sie küssen, bis sich ihre Augen vor Verlangen verdunkeln. Diese Momente gewährten bei ihr jedoch nie lange und im nächsten schaute sie ihn wieder so freudestrahlend an, dass er überlegte ob er sich das Ganze nur einbildete.

Sunny stand im Bad um sich für den Abend fertig zu machen. Während sie an Kolja dachte, verspürte sie am ganzen Körper das vertraute Kribbeln. Wie am ersten Tag gestand Sunny sich ein, obwohl sie es damals noch nicht zuordnen konnte. Zu diesem Zeitpunkt hätte sie auch nie damit gerechnet, jemals wieder so glücklich zu sein.
Wozu Lasagne nützlich sein kann. Sunny schmunzelte innerlich. Seit diesem Abend ist nichts mehr wie es war. Der nächste Morgen war zwar ein wenig betrübt und Sunny dachte für ein paar Minuten, dass ihre Welt nun zum zweiten Mal in Stück bracht, aber Kolja konnte das Missverständlich glücklicherweise aufklären. Von da an, waren Sie wie ein Herz und eine Seele.

Sunny schüttelte sachte den Kopf und lächelte, als sie die Romantik in ihren Gedanken bemerkte. Ach, was heißt Romantik… Kitsch.
Immer noch lächelnd wendete sich Sunny ihren Haaren zu um diese zu glätten, es war an sich auch egal was es war, die Hauptsache war das sie glücklich ist.

Heute würde sie Koljas Freunde kennen lernen. Ein Paar waren damals auch beim Fußballspiel, aber da hatte sie nicht wirklich auf die Jungs geachtet. Gespannt war sie auf… ach sie kam einfach nicht auf seinen Namen.

Sunny und Kolja standen an der Bar vom Luzifer und unterhielten sich angeregt mit seinen Kumpels Nic, Ryan und Sascha. Lena war auch anwesend, sie war mittlerweile mit Ryan zusammen und Sunny freute sich für sie. Vor allem freute es sie, da sie von nun an zu viert etwas unternehmen konnten.

Die Tür vom Luzifer ging abermals auf um Gäste einzulassen und Sunny traute ihren Augen nicht….. Steve! Schnell blinzelte sich mehrmals hintereinander in der Hoffnung, dass es sich hierbei nur um eine Halluzination handeln konnte. Ihre Hoffnung wurde jäh zerstört, als Steve vor ihnen zum stehen kam. Als Kolja ihn bemerkte hellte sich sein Gesicht auf und er umarmte freudig seinen alten Freund.

„Sunny“ Kolja drehte sich zu ihr um „das ist …….“
„Steve…“ Sunny konnte den Namen nur noch flüstern. Zu schnell drehte sich die Welt um sie herum.
Jetzt nur nicht durchdrehen, versuchte Sunny sich gedanklich zu beruhigen. Mit ihm hätte sie als allerletztes gerechnet, was macht er hier? Er sollte doch im Ausland sein, weit, ganz weit weg von ihr.

„Hallo Sunny“ die Stimme die jetzt mit ihr sprach, kam ihr auch sehr vertraut vor.
Julia! Ihre ehemalige beste Freundin und Steves jetzige Frau! Konnte der Abend noch schlimmer werden? Sie hatte sie gar nicht reinkommen sehen, das lag wahrscheinlich daran, dass sie von Steves auftauchen einfach so geschockt gewesen war. Sunny rang um Ihre Fassung. Was machten die beiden hier und vor allem woher kannten sie Kolja? Immer mehr Fragen stürmten auf Sunny ein. Während sie verzweifelt versuchte nicht in Tränen auszubrechen, hörte sie am Rande wie Steve sie kühl begrüßte „Hallo Alessandra.“
Kolja verfolgte verwirrt das Geschehen, während er sich mehr und mehr um Sunny sorgte, deren Farbe nun komplett aus dem Gesicht gewichen ist. Dennoch hörte er sich Fragen „Wer ist Alessandra?“
„Oh, stimmt“ wandte sich Steve mit spöttischem Tonfall an Kolja „Sie hat es dir bestimmt nicht erzählt.“
„Kolja, das ist meine Ex-Frau Alessandra, auch Sunny genannt.“
Jetzt war Kolja ganz verwirrt. Sunny, seine Sunny soll die Ex-Frau von Steve sein? Steve hatte ihm damals in den Staaten, als sie dort zusammen gewohnt habe, von seiner Frau erzählt die er verlassen hat. Alessandra, der Name kam ihm bekannt vor, aber er hätte ihn nie in Verbindung mit Sunny gebracht. Steves Ex-Frau war eine notorische Fremdgeherin, die ihn fast auch noch mit seinem Geschäftsfreund betrog, wenn Steve sie nicht erwischt hätte. Zu guter Letzt hatte sie noch versucht, ihn mit einem Kind zu halten, wobei Steve schwor, dass es nicht seins sein konnte!
Kolja starte Sunny an, während die Verwirrung immer mehr der Erkenntnis wich, um wen es sich bei seiner Sunny handelte. Diese Erkenntnis war auch Sunny nicht entgangen, sie kam sich vor wie in einem schlechten Film als ihr klar wurde, dass soeben ihr mühsam wiedererbautes Leben in Stück brach.
Auch Lena sind die beiden Neuankömmlinge nicht entgangen, sie stürmte sofort zu Sunny.
„Alles gut bei dir?“
„Nein“ konnte Sunny nur antworten „Bring mich hier raus, bitte…“

Zu Hause angekommen kramte Sunny sogleich einen Whisky aus dem hintersten Winkel ihres Schrankens hervor, goss sich einen großen Schluck ein und trank diesen in einem Zug aus. Toll, kaum ist Steve wieder im Lande und schon greife ich zum Alkohol. Seufzen ließ sich Sunny auf die Couch sinken und vergrub das Gesicht in ihren Händen. Lena setze sich neben sie und reichte ihr wortlos ein weiteres Glas Whisky, welches Sunny dankbar annahm.

„Was ist damals eigentlich genau passiert?“ fragte Lena, „ich meine, ich habe Bruchstücke mitbekommen, aber du hast nie darüber gesprochen. Warum verschreckt dich Steves und Julias Anblick immer noch so sehr?“

„Ich habe Steve vor ca. 3 Jahren auf einer Party von einem Bekannten kennen gelernt“, zögernd begann Sunny zu erzählen. Ob vom Alkohol ermutigt, oder ob sie einfach keine Kraft mehr hatte, sie wusste es nicht. Sunny spürte aber, dass es ihr gut tun würde, vielleicht wurde es wirklich Zeit, dass sie darüber sprach.

„Für mich war es Liebe auf den ersten Blick“, Sunny blinzelte eine Träne hinfort, als sie sich an den Moment zurückerinnerte. „Ich dachte, ihm ginge es genauso. Wir kamen schnell zusammen, genau genommen noch am selben Abend.“

„In meiner Verliebtheit wollte ich die Dinge wohl nicht sehen, wie sie sind. Ein halbes Jahr später war ich Schwanger.“

„Sunny, du kannst nichts dafür“, Lena legte tröstend den Arm um Sunny. „Ihr wirktet damals sehr glücklich.“

„Ich dachte ja auch, dass wir dieses wären“, Sunny starrte gedankenverloren in ihr Glas.

Sunny räusperte sich bevor sie weiter sprach: „Wir haben sehr schnell nach Bekanntgabe der Schwangerschaft geheiratet. Erst später habe ich erfahren, dass Steve es nicht aus Liebe, sondern rein aus Pflichtgefühl gegenüber dem Baby tat. Er hatte mich schon damals mit Julia betrogen.“

Jetzt konnte Sunny die Tränen nicht mehr zurückhalten. Schweigend reichte Lena ihr ein Taschentuch.

„Etwa 5 Monate später, ich war das Wochenende zu Besuch bei einer Freundin“, Sunny lachte freudlos „wie das typische Klischee. Ich kam früher heim, weil ich es kaum erwarten konnte Steve das neue Ultraschallbild zu zeigen, welches am Freitag aufgenommen wurde. Des Weiteren hatte ich auch das Geschlecht des Kindes erfahren, ein Mädchen.“

Bei der Erinnerung daran kam Sunny ins Stocken. „Nachdem ich zu Hause ankam dachte ich zuerst, dass Steve gar nicht zu Hause wäre, weil das Haus so still war. Ich ging ins Schlafzimmer um mich umzuziehen und da erwischte ich Steve und Julia, wie sie sich leidenschaftlich liebten. In unserem Schlafzimmer!“
„Wie erstarrt konnte ich nur dastehen und die beiden anschauen. Erst als sie mich entdeckten, kam so was wie Leben in meinen Körper und blind vor Tränen drehte ich mich um und wollte fliehen. Doch am Treppenabsatz blieb ich hängen und stürzte die Treppe herunter. „
„Im Krankenhaus haben sie bei mir nur Prellungen und eine leichte Gehirnerschütterung festgestellt, doch mein Kind konnten sie nicht retten, sie hatte den Sturz nicht überlebt.“

Lena nahm Sunny in dem Arm und strich ihr beruhigend über den Kopf.

Leise sprach Sunny weiter, „ Steve ist in dieser Zeit nicht mehr von meiner Seite gewichen. Im Nachhinein war es wohl sein schlechtes Gewissen. Er schwor mir, dass die Geschichte mit Julia nur ein einmaliger Ausrutscher gewesen sei und es ihm nichts bedeutete. Ich wusste nicht, ob ich ihm verzeihen konnte, ich hatte mich einfach zu sehr im Schmerz über den Verlust von Marie vergraben.“

Sunny seufzte: „Zum Eklat kam es dann ca. 4 Monate später. Wir waren auf einer Geburtstagsparty von einem Geschäftsfreund eingeladen. Zuerst wollte ich nicht hingehen.“

„Oh nein“, stöhnte Lena „war das etwas die Party, zu der ich dich überredet habe?“

„Ja“, antwortete Sunny „aber mach dir bitte keine Vorwürfe. Du kannst von allen am wenigsten dafür.“

„Aber….“, Lena wollte gerade etwas erwidern doch Sunny unterbrach sie sogleich „nein, bitte! Ich denke dieser Streit war unausweichlich, er wäre früher oder später sowieso gekommen, Steve hat einfach nach einem Grund gesucht. Auch wenn er sich diesen an den Haaren herbeiziehen musste.“

„Was genau geschah denn auf der Party?“ fragte Lena nach.

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Tag der Veröffentlichung: 15.09.2010

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