Cover

Undercover!

Undercover!

von 

Jean P. 

 

Esther arbeitet als Reporterin bei einem kleinen, aber erfolgreichen Indie-Mag. Eines Tages bekommt sie von ihrem Chef einen delikaten Auftrag. Sie soll sich undercover in eine ziemlich heikle Sache einschleusen, um darüber eine Enthüllungsstory zu schreiben. Doch die Sache hat einen Haken. Sie selbst fühlt sich magisch angezogen von dieser ominösen Gemeinschaft von Schloss B., in der es nicht gerade alltägliche erotische Gepflogenheiten geben soll. Wird sie es schaffen, berufliches und privates Interesse auseinanderzuhalten? Gelingt es ihr, unentdeckt zu bleiben? Welche Konsequenzen hat ihr Auftrag für ihre Beziehung zu ihrem herzallerliebsten Felix? Ist auch dabei Geheimhaltung angesagt? Und schließlich: wird sie den auf sie zukommenden erotischen Abenteuern und Gefahren gewachsen sein? 

Fragen, Fragen, Fragen....

Doch die Enthüllungsstory wird am Ende gewiss Antworten präsentieren! 

 

 

 

 

 

 

 

 

Undercover!

    Jean P.

 

Copyright: © Jean P. – publiziert von    

telegonos-publishing

www.telegonos.de 

(Haftungsausschluss und Verlagsadresse auf der website) 

 

Cover: © Beate Geng, Coverkiste

http://www.geschenkbuch-kiste.de/die-cover-kiste/ 

 

Lektorat: Nathalie Kutscher http://kutscher-lektorate.jimdo.com/ 

Korrektorat: Christa Fisch

Kontakt zum Autor:

http://www.telegonos.de/aboutJeanp.htm

 

 

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Das Buch ist eine überarbeitete Fassung der 'Undercover!' - Fortsetzungsserie, die als eBook-Version zwischen November 2014 und November 2015 bei KDP erschienen ist.

 

 

 

 

 

 

Ein Traum endet nicht dann, wenn man aufwacht,

sondern wenn er in der Wirklichkeit aufgeht.

In dieser Wirklichkeit.

1 - Undercover

1 - Undercover

 

 

Sie war schon einmal über diese Anzeige gestolpert und starrte nun just in dem Moment wieder ungläubig darauf, als ihr Chef, wie üblich ohne anzuklopfen, polternd in ihr Büro eindrang.

„Na Süße, Langeweile?“, zischte er sie in seiner freundlich-ironischen Art an. „Ich hätte da was für dich!“

Erschrocken legte sie die Zeitung zur Seite. Dieser Schuft! Flirtete andauernd, dass sich die Balken bogen, obwohl er genau wusste, dass er bei ihr keine Chance hatte. Die Gestik, mit der er seine Worte begleitete, war kaum misszuverstehen.

„Du weißt schon, was ich meine“, säuselte er süßlich, während er auf ihren Schreibtisch zukam. „Bist doch ansonsten auch keine Kostverächterin!“

Schon stand er vor ihr, duckte sich herunter, legte seine rechte Hand besitzergreifend auf das hastig von ihr geschlossene Magazin und flüsterte, geheimnisvoll tuend: „Ja, genau das. Das meine ich. Wär das nicht was für uns?“

Nun lief es ihr eiskalt den Rücken herunter. Konnte der gesehen haben, was sie da gerade gelesen hatte? Oje! Klar, der wusste mit einem Blick auf die aufgeschlagene Zeitung, was dort alles stand – selbst im Anzeigenteil. Der kannte jeden Buchstaben in seiner Zeitung! So etwas hatte sie, bevor sie bei diesem Indie-Mag als Reporterin angefangen hatte, noch nie erlebt. Der hatte die Dinge dermaßen im Griff! Der kannte jede Story, wusste über alle Recherchen Bescheid und manchmal schien es tatsächlich so, dass er auch noch den Anzeigenmarkt überwachte. 

Dachte der im Ernst daran, sie würde mit ihm dorthin gehen? Das konnte ja wohl nicht wahr sein! Oder witterte der möglicherweise wirklich eine Story und hatte bloß wieder sein Machogehabe heraushängen lassen?

„Was!?“

Mehr brachte sie idiotischerweise nicht hervor. Das Gefühl des Ertappt-worden-Seins lähmte sie und die Faszination über das Gelesene hing noch in ihren Gedanken.

„Na das da! Du weißt genau, was ich meine“, entgegnete er – nun etwas unwirsch. Schnell hatte er die Zeitschrift genommen, aufgeblättert und drückte seinen Zeigefinger demonstrativ auf die Anzeige, die sie am liebsten ins Reich der reinen Fantasie verdrängt hätte.

„Aber..., aber...“, geriet sie ins Stottern und merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg, worüber sie sich jedes Mal erneut maßlos ärgerte, was sie jedoch nicht zu verhindern wusste.

„Das ist doch nur für Frauen“, beeilte sie sich anzufügen, um ihre Unsicherheit zu überspielen, und ärgerte sich im nächsten Moment noch mehr über sich selber. Damit saß sie nun endgültig in der Sackgasse! Erwischt! Ertappt, gefangen und ziemlich wehrlos diesem Macho ausgeliefert. Wie lüstern der sie anstarrte! Hätte sie sich doch bloß nicht Felix' Wunsch gebeugt und ihr kurzes schwarzweißes Pepita-Sommerkleid angezogen, das er so mochte. Und dann trug sie auch noch ihre rotbraune Haarpracht offen anstatt sie wie üblich zu einem Pferdeschwanz zu binden. Toll war das ja und sie gefiel sich so auch selbst am besten, aber im Büro vermied sie das. Da waren normal Jeans und Turnschuhe angesagt.

 

Aber heute wollte Felix sie ja abholen, weil sie vorhatten, ins Theater zu gehen. Kam selten genug vor in letzter Zeit. Ziemlich geheimnisvoll hatte er getan, aber sie ahnte, dass es zur Aufführung der Lysistrata bei den Seefestspielen ginge und dass er zudem zwei Plätze im unweit gelegenen Parkrestaurant reserviert hatte, war ihr auch nicht entgangen.

Sie freute sich darauf, zumal sie an diesem Tag keine Außentermine hatte. Konnte sie da dieser Obermacho nicht einfach mal in Ruhe lassen?

„Klar Süße, deswegen sollst du ja auch dahin“, säuselte er wieder süßlich. „Würde dich ja gerne begleiten, wo du dich extra für mich so fein gemacht hast!“

„Ich hab mich fein gemacht, weil....“

Er ließ sie nicht ausreden, setzte sich dominant auf den Schreibtisch und murmelte, Beiläufigkeit vorschützend: „Weil die da entsprechende Garderobe erwarten und du sicher schon den gleichen Gedanken hattest wie ich: mal schauen, was da so passiert. Vielleicht gibt das 'ne Story!“

„Aber...!“

Entsetzt riss sie die Zeitung an sich. War sie so blind gewesen? Klar, da stand es, schwarz auf weiß. Die Veranstaltung war an diesem Abend! Da hatte sie diese Sache dermaßen fasziniert, dass sie die Details übersehen hatte. Sie war nur noch ihrer Fantasie nachgegangen!

Aber in ihrer Fantasie kam der da wahrlich nicht vor!

„Aber das geht nicht!“, schrie sie. „Felix hat Karten für die Festspiele am See!“

In Rage war sie aufgesprungen und suchte unbewusst der Situation zu entfliehen, indem sie zum Fenster ging und in den Nachmittagstrubel der Altstadt sah. Ohrfeigen könnte sie sich!

Wieder hatte sie es nur geschafft, eine Ausflucht zu formulieren und nicht klipp und klar zu sagen, dass sie mit dieser Sache nichts zu tun haben wollte.

„Du siehst klasse aus, wenn du zornig bist, mein Schatz!“ entgegnete er kühl. „Aber dein Felix wird heute den Kürzeren ziehen. Erfinde eine Ausrede. Lass dir was einfallen!“

„Nein!!“

„Aber ja doch, Schatz!“

„Ich bin nicht dein Schatz!“

„Klar bist du das. Du bist sogar mein größter Schatz, du bist mein bestes Pferd im Stall. Und deswegen gehst du dahin! Wenn nicht du, wer sonst? Undercover! Klar? Ich will wissen, was es mit diesem Verein auf sich hat! Ich will, dass du da hingehst und diesen Abend dazu benutzt, um dich da einzuschleichen. Du, ich bezahl dich und ich bezahl dir das alles auch, wenn da Kosten entstehen. Und du verdienst verdammt gut, oder?“

Jetzt hatte der sich aber etwas in Rage geredet. Offenbar musste er erst einmal Luft holen.

Es stimmte, sie verdiente ganz gut. Und es wäre nicht ihr erster Undercocer-Einsatz. Der Gedanke war noch ein zartes Pflänzchen, aber er wuchs schneller als sie dachte. Sie könnte ihre Neugier befriedigen und gleichzeitig....

„Kannst doch das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden“, stichelte der da schon weiter. Konnte der Gedanken lesen?

„So ein Quatsch, wieso soll das angenehm sein?“, entgegnete sie, immer noch wutschnaubend. In Wirklichkeit war sie schon wieder gefasst. Gleichzeitig mit ihrer Fassung war der Gedanke, dass sie das tatsächlich machen würde, schon erwachsen geworden. Aber wie um Himmels Willen sollte sie das Felix beibringen?

„Erzähl ihm einfach was von einem dringenden Auftrag, ist nicht mal gelogen“, ignorierte er ihre Entgegnungen und puschte ihre Gedankenflut. „Ich ersetze euch sogar die Theaterkarten.“

„Als ob es darum geht!“, täuschte sie noch Unentschiedenheit vor. „Wir haben uns beide so darauf gefreut.“

„Süße, du dich doch darauf auch, oder?“, umgarnte er sie weiter, mit der Zeitungsseite, auf der die Anzeige stand, in der Luft wedelnd.

„Ist doch Unsinn!“, wehrte sie sich und war sich der Vergeblichkeit ihrer Abwehr zugleich bewusst.

Durch eine Indiskretion von Felix hatte der das schon vor längerer Zeit spitz gekriegt, dass sie mal in dieser sogenannten Liebesschule gewesen war. Das war zwar wirklich nichts Anrüchiges gewesen, aber das hing nun an ihr und nicht nur ihr Chef nutzte es für gelegentliche Sticheleien. 

„Ich mach das nicht und damit basta!“

Ihr fiel nichts mehr Geistreiches ein. Sie wusste nun, dass sie es natürlich machen würde – und er auch.

„Klar machst du es, bist viel zu neugierig auf das Demonstrationsobjekt“, bohrte er weiter. „Dein Süßer kann dich ja hinfahren und solange aufpassen, bis es vorbei ist.“

Sein Unterton verriet, dass das nicht sonderlich ernst gemeint war.

„Na los, gib dir 'nen Ruck, das wird die Story!“ 

Er stand jetzt neben ihr und legte besitzergreifend den Arm um ihre Schulter.

„Keine Sorge, ich fahr dich natürlich. Brauchst deinem Liebsten gar nichts zu verraten!“

Selbst diesen wunden Punkt hatte er berührt. Nie könnte sie Felix von so einem Unterfangen erzählen. Das würde der niemals akzeptieren und durfte deshalb um keinen Preis der Welt davon erfahren.

„Wenn überhaupt, dann fahr ich da ganz allein hin“, reagierte sie hitzig und schob seine breite Hand von ihrer Schulter.

„Na also, Süße! Warum nicht gleich so!“

Jetzt boxte er ihr sachte mit Verschwörermine auf den linken Oberarm und fügte noch an: „Wusste doch, dass du den Mut dazu hast!“

 

Mut! Wenn der wüsste. Höllische Angst hatte sie! Aber sie war neugierig und irgendetwas kribbelte da in ihr. So was Blödes, dass sie übersehen hatte, dass das ausgerechnet heute war. Irgendwie musste sie das hinkriegen. Felix durfte davon auf keinen Fall erfahren.

„Sag ihm, du übernimmst die Reportage über die Schlösser, die noch in Privatbesitz sind“, gab er ihr den letzten Schubser. „Wirst ihm doch sicher schon davon erzählt haben. Die werden wir dann zeitnah zu deiner Undercover-Geschichte schalten und ich vermute, dass es da sogar eine Verbindung gibt!“

Sie erwiderte nun seinen bohrenden Blick, musste jedoch nach einer Weile unwillkürlich zu Boden schauen. Erneut ärgerte sie sich über ihr mädchenhaftes Verhalten, aber seiner Dominanz konnte sie kaum etwas entgegen halten. Das war diese Mischung aus Macht, Erfolg, dem richtigen Riecher und dem manchmal jungenhaften Charme, der doch – das musste sie zugeben – schon das eine oder andere Mal in ihrem gelegentlichen Gedankenchaos eine Rolle gespielt hatte. Ein wenig davon könnte Felix gebrauchen!

„Ich weiß nicht, Roy“, versuchte sie ein letztes Ausweichmanöver, das eigentlich gar keines mehr war, sondern nur der Ordnung ihrer eigenen Gedanken diente. Dass sie ihn mit seinem Vornamen ansprach, was sie sonst selten tat, verriet die Vertrautheit ihrer Reporterseele. „Ich kann doch da so nicht hingehen und außerdem hätte man sich da anmelden müssen.“

Sie nestelte etwas unschlüssig an dem seidigen Stoff des weiten Rockteils ihres Kleides herum. In Gedanken war sie schon bei der Organisation.

„Klar kannst du“, riss er sie daraus. „Du siehst hinreißend aus und dein Kleidchen ist für diesen Anlass bestimmt bestens geeignet!“

Den Klaps auf den Po, mit dem er was auch immer zum Ausdruck geben wollte, deutete er dieses Mal nur an. Es ging ihm also wirklich um die Sache.

Vor einigen Wochen, als sie ihren kurzen schwarzen Faltenrock angehabt hatte, war ihm wirklich mal die Hand ausgerutscht. Das Schlimme war, der schaffte es, dass sie ihm nichts entgegenzusetzen hatte und nicht wirklich böse sein konnte. Das noch Schlimmere war, dass es dabei ziemlich gekribbelt hatte. Wenn doch nur Felix....

„Und das mit der Anmeldung kriegst du schon hin“, fügte er noch an. „Wenn die dich sehen, lassen die dich bestimmt nicht wieder weggehen!“

Sie ließ ihn am Fenster stehen, ging  wieder zum Schreibtisch, setzte sich in ihren Stuhl und tat immer noch unentschieden.

In Wirklichkeit dachte sie schon nicht nur darüber nach, wie sie das mit diesem Abend Felix schonend beibringen, sondern wie sie es bewerkstelligen sollte, ihre damit ja wohl unweigerlich weiterhin folgenden Außeneinsätze zu erklären. 

„Geil übrigens, deine roten Schuhe“, trieb er es noch weiter. „Sieht toll aus zu den grauen Strümpfen! Halterlos oder Strapse?“

Sie hatte sich wohl ein bisschen zu schwungvoll hingesetzt. Oder hatte der gar nichts gesehen und bluffte wieder? Manche Typen rochen so was ja. Er gehörte mit Sicherheit zu ihnen.

„Das reicht jetzt!“, zischte sie, so böse sie konnte, zurück. „Lass mich in Ruhe!“

„Ist ja gut, mein Schatz!“, murmelte er beschwichtigend und war schon auf dem Weg zur Tür. „Ich geh ja schon. Bist wohl keine Komplimente von deinem Liebsten gewöhnt, was?“

Wie der Schuft mit seinem Arsch wackelte! Klar war das jetzt ironisches Gehabe, aber der wusste ganz genau, dass sie ihm nachsah – und das nicht zum ersten Mal. Hatte ja auch wirklich einen Knackarsch und wenn der dann noch wie heute seine Obermacho-Kombination aus schwarzer Lederhose und weißem Oberhemd trug, riskierte sie schon den einen oder anderen Blick – und schämte sich stets innerlich, weil sie doch Felix von ganzem Herzen liebte.

„Vielleicht macht der die ja anderen“, warf er ihr noch zu, als er die Türklinke schon in der Hand hatte.

„Raus!“, schrie sie nur.

Das reichte jetzt aber wirklich. Er hatte sein Ziel doch wahrlich erreicht! Oder glaubte der immer noch, er könne sie zu mehr herumkriegen, als dass sie seine gelegentliche Flirterei akzeptierte?

 

Die Tür fiel mit Wucht hinter ihm ins Schloss – und ging im nächsten Moment wieder auf. Klar doch, der musste das letzte Wort haben! Lausbübisch steckte er seinen dunkelbraunen Lockenschopf noch einmal zur Tür hinein, warf ihr eine Kusshand zu und säuselte süßlich lächelnd: „Fällst du sonst über mich her?“

Sie wollte gerade nach einem Kuli greifen, um ihn ihm an den Kopf zu werfen, da fügte er – nun ganz sachlich – an: „Selbstverständlich kannst du mein Auto nehmen! Hol dir den Schlüssel, wenn du gehst.“

Sie hatte schon zum Wurf ausgeholt.

Aber verdammt noch mal, der dachte ja wirklich an alles! Sie hatte ja heute gar kein Auto. Da Felix sie abholen wollte und sie keine Termine hatte, war sie halt mit dem Bus gefahren.

Nun gut, sie würde also mit dem schwarzen Cabrio ihres Chefs zum Einsatz fahren, getarnt als neugierige Besucherin eines Events, das ihr gar nicht geheuer war, sie jedoch magisch anzog. Wo sie da bloß hineingeriete?  

Sie zitterte innerlich vor Aufregung. Als ob sie sich Gewissheit verschaffen müsste, ob sie nicht in Wirklichkeit träumte, lenkte sie ihren Blick noch einmal auf die vor ihr liegende Anzeige. Äußerlich war sie recht unscheinbar gestaltet, doch die eindeutige Mehrdeutigkeit des Textes ließ nichts zu wünschen übrig, was die Erweckung von Fantasien anbelangte. Sie las es noch einmal und noch einmal – bis der letzte Hauch von Abwehr in ihr verweht war.

 

Die Gemeinschaft von Schloss B. lädt ein zur

zweiten Ladies-Night.

 

Haben Sie schon einmal davon geträumt, an einer erotischen Veranstaltung der ganz besonderen Art teilzunehmen? Sie wollen in ungezwungener und zugleich geschützter Umgebung ihren Fantasien nachgehen, die möglicherweise die Geschichte der O, 50 Shades of Grey oder ähnliche Bücher in ihnen geweckt haben? Ohne Angst, Grenzen überschreiten zu müssen, die Sie (noch) nicht überschreiten wollen?  

Dann kommen Sie vertrauensvoll zu unserer Ladies-Night. Im Kreise gleichgesinnter Frauen erfahren Sie ein wenig über die Regeln und Gepflogenheiten unserer Gemeinschaft – und bekommen Lust auf mehr!

Es gibt bei diesem Kennenlern-Abend nur einen männlichen Gast und er fungiert ausschließlich als Demonstrationsobjekt!

Machen Sie sich fein, lehnen Sie sich zurück und lassen Sie sich verwöhnen!

Weitere Infos, Wegbeschreibung und Anmeldung unter

http://www.telegonos.de/SchlossB.htm 

 

Der Klick auf die website kam ihr wie ein erster Schritt auf einem langen, ungewissen Weg vor. Hieß es nicht aber, der Weg entsteht erst dadurch, dass man ihn geht?

Jedenfalls gab es noch eine Menge Reisevorbereitungen zu treffen. 

 

 

 

 

 

 

 

 

2 – Felix allein zuhaus

2 – Felix allein zuhaus

 

 

Erstens war er stinksauer gewesen, zweitens hatte er den ganzen Abend lang nur herumgehangen, weil auch sonst niemand Zeit gehabt hatte, irgendetwas zu unternehmen und drittens gelang es ihm nicht einzuschlafen, auch nachdem er die Flasche Rotwein fast ganz allein ausgetrunken hatte.

Wo blieb die nur? Wenigstens eine SMS hätte sie schicken können! Stattdessen stellte die ihr Handy ab!

Stopp! Innehalten! Das waren böse Gedanken. Warum nur neigte er immer wieder dazu? Der naheliegende Gedanke, dass sie halt keinen Empfang hatte, blieb ganz weit unten liegen.

Doch wenn er nach oben kam: warum hatte sie keinen Empfang? Nun ging es schon auf zwei Uhr zu. Wer weiß, was das wieder für eine merkwürdige Sache war, die sie da übernommen hatte. War es nicht ganz normal, sich da irgendwann Sorgen zu machen?

 

Er wälzte sich hin und her. Da war die Wut über den verpatzten Abend und die Sorge über ihren Verbleib. Verdammt warm war es außerdem, fast schon wie im Hochsommer.

Das hatte doch keinen Zweck. Nachdem er wieder aufgestanden war, ging er durch die geöffnete Verandatür auf die Dachterrasse. Es war schon recht ruhig geworden. Die Altstadt begab sich zur Nacht. Außer der Straßenbeleuchtung war da nicht mehr viel an Lichtern zu sehen. Zu seiner Beruhigung trug das auch nicht gerade bei.

Erst vor zwei Wochen war eine Frau am alten Marktplatz überfallen worden. Okay, Esther konnte Judo und Taekwondo und war ja eigentlich ziemlich taff. Aber trotzdem war ihm mulmig zumute. Den letzten Rest des Rotweins kippte er herunter, als sei es Wasser.

 

Zu diesem Schloss musste sie fahren, ausgerechnet heute. Wegen der Reportage! Weil da irgend so ein Empfang war. Benefizaktion zugunsten der Erhaltung von Schlössern in privater Hand oder so etwas in der Richtung hatte sie gemurmelt. So ein Quatsch! Sollten die doch ihre Schlösser selbst bezahlen!

Und außerdem: so was geht doch nicht bis mitten in die Nacht! Und viel mehr als eine halbe Stunde Autofahrt konnte sie eigentlich nicht brauchen. Letztes Jahr waren sie bei einem Ausflug mal da vorbei gekommen. Ziemlich gerätselt hatten sie, ob das wohl noch bewohnt sei. Besichtigen konnte man das nicht, aber es war sehr gut erhalten gewesen. Alles barock und perfekte Gärten ringsum. Irgendjemand hatte da schon eine Menge Geld hineingesteckt.

Warum nur hatte sie nicht gewollt, dass er sie hinfuhr? Stattdessen kurvte sie mit dem Schlitten von ihrem Chef durch die Gegend!

Dieser Hallodri! Versuchte dauernd, sie anzubaggern. Allmählich wurde es Zeit....

Ob sie wohl mit dem Typ zusammen dahingefahren war? Und ihm etwas vorgeflunkert hatte?

Quatsch! Warum bloß mussten ihn gelegentlich diese Eifersuchtsattacken heimsuchen? Hatte sich doch immer alles als völlig gegenstandslos herausgestellt. Sie war halt 'ne tolle Frau und bei dem Job, den sie hatte, blieb das halt nicht aus, dass sie da gelegentlich Avancen bekam. Außerdem hatte sie ihm ihre Liebe doch tausendmal bewiesen. Gelegentlich benahm er sich wie ein kompletter Vollidiot!

Anstatt zu handeln und dem Typen von der Zeitung mal richtig eine zu zischen, beließ er es bei vorsichtigen verbalen Drohungen – wobei Drohung eher ein Euphemismus war. Aber bei der nächsten Gelegenheit.... 

 

Verdammt, alles ist gut. Du hast die tollste Frau von der ganzen Stadt. Lass endlich gut sein!

 

Seufzend inhalierte er die klare Nachtluft und wollte gerade wieder hineingehen, als er die Stille der Nacht durchbrechende Schritte heraufschallen hörte – Frauenschritte!

Schnell und doch bedacht, nicht gesehen zu werden, beugte er sich über die mit breiten Pflanzenkübeln eingefasste Brüstung ihrer Dachterrasse, blickte in die Straßenschlucht hinunter und konnte eben noch ausmachen, wie sie unten im Eingang  ihres vierstöckigen Altstadthauses verschwand. Ein Auto hatte er gar nicht gehört. Wahrscheinlich hatte sie in einer Nebenstraße um die Ecke geparkt.

Jetzt aber schnell ins Bett! Keinesfalls sollte sie glauben, dass er auf sie gewartet hatte und lange benötigte der Aufzug nicht!

Kaum hatte er sich in seine Schlaf-vortäusch-Stellung begeben, hörte er auch schon dessen rumpelndes Gesurre, das die Nachtruhe des alten Hauses störte. Eigentlich gut, dass die Modernisierungsaktion zur Schalldämmung des Aufzugsschachtes noch nicht wie angekündigt durchgeführt worden war. So war ihm klar, dass er nur noch wenige Sekunden zum Einschlafen hatte. 

Er versuchte, sich ganz zu entspannen und alle bösen Gedanken wegzuschieben. Schon war ein leises Knacken zu vernehmen, das vom behutsamen Verschließen ihrer Wohnungstür verursacht wurde. Klar, sie wollte ihn nicht wach machen. Wenn es darauf ankam, konnte sie sich katzengleich bewegen. Sicher hatte sie die Schuhe schon vor der Tür ausgezogen und schlich nun auf Strümpfen durch die Diele.

Jetzt, jetzt musste es irgendwann kommen. Das konnte sie nicht verhindern. Ganz hatte er das auch nach der Renovierung und Schalldämmung des Holzfußbodens nicht eliminieren können. Jetzt!

 

Knarr.... Sie hält inne. Lauscht. Auch das nächste Knarr kommt. Sie ist müde, will sich endlich ausstrecken. Langsam drückt sie die Türklinke der Schlafzimmertür herunter. Durch die sich öffnende Tür fällt das Licht der Dielenbeleuchtung ins Zimmer, das sie zur Orientierung noch einen kurzen Moment eingeschaltet lässt. Dann tritt sie ein. Das nächtliche Dunkel umgibt nun auch sie. Es hüllt sie beide ein, doch es trennt sie. Es ist kein schützendes Dunkel. Es ist ein gelogenes Dunkel, ein verbergendes Dunkel. Sie haben beide etwas zu verbergen. Er stellt sich schlafend und sie tut so, als sei nichts.  

Ist nichts?

Es knistert. Knistert es nach Betrug? Es knistert nach Verlangen!

Es knistert, wie sie sich langsam und heimlich entkleidet – bemüht, dass er nichts merkt. Doch er hört alles! Das Leder ihrer kurzen schwarzen Jacke knarzt ein wenig, während sie sie abstreift. Lässt sie die Jacke einfach zu Boden gleiten? Ein gedämpftes, verschluckendes Plöp deutet daraufhin. Wenn sie die Jacke über den breiten Korbsessel gelegt hätte, wäre das ein anderes Geräusch gewesen. 

Nun zieht sie den Rückenreißverschluss des Kleides langsam herunter. Ihre Behändigkeit sieht er förmlich, obwohl er nichts sieht. Zieht sie das Kleid über den Kopf aus, wie sie es gewöhnlich tut?

Nein, das streichelnde Knistern des seidigen Stoffes verrät ihm den Weg. Bedächtig streift sie es von den Schultern, zieht es herunter, schiebt es über die Hüften. Er kann sehen, wie sie sich dabei leicht windet und wie dann der Stoff ihre knackigen Arschbäckchen freigibt.

Jetzt fällt das Kleid zu Boden. Er hört es nicht, aber er weiß es. Der dicke, weiße Teppich hat es geräuschlos aufgefangen. Sie steigt heraus. Lässt sie es liegen? Natürlich lässt sie es liegen, genau wie die Jacke. Sie liebt es, alles immer einfach liegen zu lassen. Das ist ja manchmal durchaus nett. Hat was. Aber oft nervt das auch. Ein bisschen ordentlicher könnte sie schon sein!

 

Mensch Alter, denk nach! Es ist dunkel. Die denkt, du schläfst. Die macht das aus lauter Rücksichtnahme, um dich nicht aufzuwecken.

 

Er merkt, wie er schlucken muss und hat das Gefühl, dass das nun seinerseits so laut war, dass sie es gehört haben könnte.

Blöde Gedanken! Woher kommen die?

Sie hat sich auf die Bettkante gesetzt. Was nun? Sucht sie nach ihrem Seidennegligé? Das hat er doch wie stets ordentlich auf ihr Kopfkissen gelegt, nachdem es wieder sonst wo herumlag.

Nein, die Matratze deutet auf eine andere Bewegung hin. Sie sitzt dort und..., ach ja, die Strümpfe. Sie zieht sich die Strümpfe aus, diese wunderschönen, hellgrauen Nylons mit dem breiten, selbsthaltenden Spitzenabschluss, die er ihr neulich geschenkt hat. Die fand sie selbst so toll, dass sie sich ein paar Tage später dann mit einigen Packungen von dieser Sorte förmlich eingedeckt hat. Ein bisschen übertrieben hatte er das gefunden. Es hinterließ das Gefühl der Abwertung seines Geschenkes.

 

Alter! Dieses Grau steht ihr einfach klasse! Die rotbraunen Haare, die roten High-Heels! Das passt doch. Und als sie letzte Woche dazu auch noch mit nichts anderem als der roten Korsage bekleidet in dein Zimmer kam, während du immer noch vor deinem Computer hocktest? Sind dir da nicht beinahe die Augen aus dem Kopf gefallen?

 

Und auch jetzt fallen ihm die Augen aus dem Kopf, obwohl er sie weiterhin geschlossen hat und nichts sieht. Ist das geil! Er kann genau beobachten, was sie tut – und das, was sie tut, ist nicht gerade dazu angetan, dass er entspannt bleibt! Im Gegenteil, es entlarvt seinen Entspannungszustand als Farce. In Wirklichkeit ist er in hohem Maße verkrampft!

Aber die Anspannung verlagert sich. Sie strömt ins Zentrum. Schon beginnt es da unten zu pochen. Wie sie langsam und lasziv einen Strumpf nach dem anderen herunterschiebt.

Nein! Sie rollt die Strümpfe – Zentimeter um Zentimeter. Mensch, ist das geil! Das macht sie immer, wenn sie.... Macht sie das nicht dann, wenn sie ihn 'rumkriegen will, damit er nicht mehr böse mit ihr ist? 

 

Alter! Die denkt, dass du schläfst!

 

Verdammt, wie soll er sich schlafend stellen, wenn er allmählich vor Begierde zu platzen beginnt? Hätte er doch bloß nicht mit diesem Versteckspiel angefangen! Es hätte doch gereicht, wenn er ihr bloß mal ordentlich die Leviten gelesen hätte.

 

Mensch Alter, stop thinking! Noch ist Zeit, es zu beenden. Pack sie dir, die ist bestimmt ganz heiß!

 

Was denn nun? Greift sie nach ihrem Negligé? Wieso zieht sie ihr Höschen nicht aus? Macht sie doch sonst immer, bevor sie ins Bett geht. Hat er was verpasst? Nein, auch das hätte er gespürt. Die Bewegung der Matratze hätte ihm das signalisiert. Sie hätte sich ein wenig hochgedrückt, um es dann abzustreifen. Aber die Matratze sagt anderes.

Sie liegt schon! Auf dem Rücken, ganz lang ausgestreckt! Ihr Atem! Ist darin nicht Erregung? Oder ist es der Versuch, sich zu entspannen?

Das Negligé hat sie sich nicht angezogen, ganz sicher! Sie liegt da nackt, ausgestreckt, bereit.... Es ist zum Wahnsinnig-werden!

Mensch Alter, dreh dich um! Nimm sie! Die wartet darauf!

 

Verdammt, warum hat sie kein Höschen an? Er kann sich nicht irren. Selbst wenn sie sich mit Höschen hingelegt und es sich dann erst ausgezogen hätte, wäre ihm das doch aufgefallen. Wieso kommt die nach Hause und hat kein Höschen an? Das kann doch nicht wahr sein! Hatte sie nicht außerdem an diesem Tag dieses tolle schwarze Spitzenhöschen an, das er ihr neulich aus dem teuren Dessousladen mitgebracht hatte?

Die hat..., die hat....

Verdammt noch mal! Und er selbst hängt hier den ganzen Abend herum und macht sich Sorgen!

Die Spannung wandelt sich in Rumoren. Das Grummeln beginnt ihm, den Atem zu nehmen! Riecht die nicht auch anders?

Er muss das jetzt wissen! Das Pochen ist jetzt im Kopf. Krampf, Wut, Entsetzen, Lähmung. Er könnte....

 

Mensch Junge, die hat das Höschen im Hausflur ausgezogen, es in ihre Tasche gesteckt und ist dann so – nackt unter ihrem Kleid – hereingekommen, weil sie dachte, du bist vielleicht wach. Die wollte dich antörnen! Ist doch sonnenklar. Die Braut ist heiß. Die ist heiß auf dich!

 

Er ist wie gelähmt, kann sich nicht rühren. Dieser Geruch! Wenn dieser Geruch nicht wäre. Da liegt zwar ihr Parfum darin, aber da ist noch was anderes.

 

Die hat einen anstrengenden Abend hinter sich! Das Schloss, tausend Leute, es ist heiß. Vielleicht hat sie ein bisschen getanzt. Na und? Gönn ihr das doch. Die war im Einsatz, die hat geschwitzt. Ist doch normal, oder? Jetzt gib dir endlich einen Ruck.

 

Da ist ein Ruck, aber nicht von ihm. Die Matratze wackelt.

Auffällig und bewusst geräuschvoll hat sie sich auf die Seite gewälzt. Das sollte er merken! Wach werden soll er. Der Gedanke, dass sie sich von ihm weg gewälzt hat, weil sie sauer ist und ihn ihren Unmut spüren lassen will, hat keine Zeit mehr an Raum und Bedeutung zu gewinnen. Sie hat sich zu ihm herübergedreht – eindeutig!

Schon ist ihr Körper an seinem. Sanft schmiegt sie sich an ihn. Ihr Atem kitzelt auf seiner Schulter. Sehnsucht berührt ihn.

Jetzt tastet ihre linke Hand nach seiner Hüfte und hilft, das Seidenlaken herunterzuschieben, dieses Hindernis, das sie schon mit ihren Füßen gekrallt hat.

Wie warm sie ist! Warm und weich, ihr Schoß, ihre Brüste. Begehrendes Verlangen wölbt sich da an seinem Rücken!

 

Alter! Dabei kannst du nicht schlafen! Jeder würde dabei wach werden. Das geht nicht!

 

Nein, das geht nicht. Lust zuckt. Wächst. Pocht. Die Begierde kriecht höher und höher. Nun lässt sie ihren Arm über seine Taille wandern und ihre Hand gleitet langsam nach unten. Ihr linkes Bein erklimmt den Berg seines Körpers.

 

Wenn nicht jetzt, wann dann!

 

Ihre Hand, ooh! Gleitet in seine Boxershorts. Er reckt sich ihr entgegen. Sich recken, sich dehnen. Verräterisch unauffällig den noch Schlafenden geben. Sich allmählich zu ihr....

Nein! Runter mit den Shorts. Sich in sie hineinwälzen. Sie auf sich ziehen. Sie inhalieren. Ihre Täuschung ignorieren. Ihre Täuschung? Quatsch! Jetzt ist jetzt!

Ihr Gesicht zwischen seinen Händen. Ihr Leib auf seinem. Der klebrige Schweiß der Begierde verbindet sich. Er verbündet sich. Er schweißt sie zusammen. Seine Lust drängt ihrer entgegen. Spießt sie auf. Dringt tief in die Höhle ein – die Höhle, die zum Himmel wird!

Der Himmel über ihm, der Himmel, der ihn bedeckt. Der heiße sich über ihm bäumende Himmel. Der Himmel, der in Wirklichkeit die Erde ist, die Erde, in die er sich vergräbt, die er durchpflügt, die er beackert.

Seine Erde, auf der er seinen Acker bestellt. Seine keuchende, schwitzende, aufgewühlte Erde! Seine Erde, die er fest gepackt sich auf ihn herabgleiten lässt, die er sich heben und senken lässt, die sich seinen Spieß in balsamierendem Rhythmus einverleibt.

Der Himmel erdet sich in Gaias wildem Ritt.

 

3 – Ladies Night

3 – Ladies Night

 

 

Das mit der fehlenden Anmeldung war in der Tat kein Problem gewesen und nicht einmal, dass sie zu spät gekommen war, was sie im Prinzip selber hasste, war wirklich schlimm.

Die Probleme begannen danach – und schon bald wurde ihr klar, dass sie im Laufe des Abend nicht kleiner werden sollten.

Schon auf der Fahrt zum Schloss hatte sie auf den vereinzelten Hinweisschildern, die hier und da in dem das Schloss umgebenden Waldgebiet als Wegweiser aufgestellt waren, dieses merkwürdige Symbol wahrgenommen. Richtig erkannt hatte sie es erst auf dem riesigen Plakat, das über dem Hauptportal des Schlosses prangte.

Es handelte sich um einen großen Kreis, in dem wie auf dem Ziffernblatt einer alten Uhr zwölf kleinere Kreise mit Zeichen darin angeordnet waren. Spontan hatte sie an die astrologischen Tierkreiszeichen denken müssen, doch bei näherem Hinsehen hatten sie sich als Symbole für mythologische Göttinnengestalten herausgestellt. Athene hatte sie als Erste erkannt und auch noch Aphrodite und Demeter.

Weiter war sie nicht gekommen, denn plötzlich, während sie noch rätselnd auf der großen Freitreppe vor dem Eingangsportal gestanden und auf diese überdimensionale Uhr gestarrt hatte, waren die Schwingtüren des Portals von zwei Dienstmädchen geöffnet worden, die sie mit einer einladenden Armbewegung hereingebeten hatten.

 

Nein, mit so einem Empfang hatte sie nicht gerechnet und nichts von dem, was dann passierte, war in den kühnsten ihrer Phantasien vorgekommen. Zwar war das Outfit dieser und weiterer Dienstmädchen, die den Abend säumten und für allerseits beflissentliche Bedienung sorgten, noch keines, das ihren Erwartungshorizont gesprengt hätte.

Doch hatte die akzentuierte Knappheit der Dienstmädchen-Accessoires und der gesamten Uniform in diesem Falle etwas Hervorstechendes. Was das war, konnte sie nicht einmal so genau sagen. Es erinnerte sie an ein Cosplay-Event, über das sie einmal berichtet hatte. Die Kürze des rüschenverzierten Satinkleidchens mit der obligatorischen, niedlichen Schürze darüber war es jedenfalls nicht. So etwas tauchte ja allenthalben häufiger in gewissen Kreisen auf. Schon eher mochte es der ungewohnte Kontrast sein. Unter dem kurzen, weißen Miederkleid blitzte ein schwarzer Spitzenunterrock hervor, der beinahe die Ränder der von Strapsen gehaltenen hauchfeinen, schwarzen Nahtstrümpfe berührte.

Möglicherweise jedoch hatte sie von Anfang an auch nur das schwarze Halsband der Dienstmädchen irritiert, an dessen Vorderseite ein silberner Metallring angebracht war. An diesem Ring baumelte deutlich erkennbar der Buchstabe G.

 

Spätestens allerdings, als sie von der freundlichen, ihr ein wenig gespielt devot und zugleich irgendwie bekannt vorkommenden Empfangsdame im Foyer des barocken Palastes begrüßt wurde, gelangte in ihr die Ahnung an die Oberfläche, dass ihr an diesem Abend, in diesem Schloss und in dieser sogenannten Gemeinschaft, in die sie sich einschleusen sollte, einige skurrile Dinge begegnen würden.

Gehört hatte sie wohl auch davon schon, aber gesehen hatte sie das hier noch nie. Die Dame, deren rote Haarpracht sie an die Zeit erinnerte, als sie ihr eigenes Haar in diese Richtung nachgehübscht hatte, war mit einem wahren Traum von Kleid angetan. Nein, das war kein Kleid, das war ein Robe! Ein bodenlanges Prachtgewand aus dunkelgrünem, schimmerndem Samt. Ein Ballkleid war das, aber....

Sein augenfälligstes Merkmal verdrängte diesen Eindruck wieder. Das eng geschnürte Miederoberteil des Kleides ließ nämlich nicht nur die Brüste der Frau völlig frei, sondern presste sie gerade zu präsentierend nach vorn!

Das Verblüffende war, dass das ganze Arrangement, zu dem nicht nur der Schnitt des Kleides, sondern auch die gesamte stolze Haltung seiner Trägerin einschließlich ihrer offen getragenen, üppigen Haarpracht beitrugen, keinesfalls den Charakter einer Zur-Schau-Stellung erzeugte. Dort stand vielmehr eine atemberaubend schöne Frau vor ihr, die auftrat als das, was sie war und als das, was sie mit Bewusstheit lebte. Das war unmittelbar spürbar. Wenn sie doch nur wüsste, woher sie die kannte! Oder unterlag sie da einer Täuschung?

 

„Herzlich willkommen auf Schloss B.“, begrüßte sie die Empfangsdame, die gut und gerne auch als Schlossherrin hätte durchgehen können, mit sanfter, aber entschiedener Stimme. „Wir haben auf dich gewartet! Schön, dass du angerufen und Bescheid gesagt hast, dass du später kommst. Verlässlichkeit ist eines der Grundprinzipien unserer Gemeinschaft.“

War das schon eine indirekte Werbung oder enthielt das auch eine Warnung? Ihr Herz klopfte zum ersten Mal, warum auch immer.

„Nimm dir das letzte verbliebene Symbol“, fuhr die Empfangsdame fort. „Es wird dich durch den Abend begleiten.“

Sie wies auf einen runden, weißen Marmortisch, auf dessen Platte ähnlich wie auf dem Plakat über dem Schlosseingang kleine Bilder mit Göttinnensymbolen angeordnet waren. Immerhin verwiesen hier neben den Bildern kleine Hinweistafeln auf den Namen der jeweiligen Göttin und aus der Tatsache, dass nur neben einem der Bilder auch ein entsprechender Button lag, schloss sie, dass alle anderen Teilnehmerinnen schon da waren.

Sie hatte also keine Wahl. Übrig geblieben war nur Gaia.

„Wenn du die Plakette nicht an deinem Kleid befestigen willst, kannst du sie auch am Saum deiner Strümpfe anbringen“, erläuterte die Rothaarige weiter und verblüffte sie dabei mit einer weiteren Finesse ihres Kleides.

Als ob sie es raffen wollte, ergriff sie die Rockschöße, schob sie ein wenig zur Seite und teilte das Kleid, von dem niemand angenommen hätte, dass es geschlitzt war. Dann streckte sie ihr linkes Bein ein wenig vor, sodass zu sehen war, wie sie ihre eigene Plakette in der Tat in dem breiten, bestickten Saum ihres Strumpfes eingeklipst hatte.

Ob es ein Versehen war, dass sie, bevor sie das Kleid wieder ordentlich richtete, es für einen kurzen Moment so weit auseinanderraffte, dass ihre Betrachterin unschwer erkennen konnte, dass sie nackt darunter war?

Eher nicht, denn ohne eine verbale Entgegnung oder eine entsprechende Handlung ihres Gastes abzuwarten, verlieh sie der nächsten Ungeheuerlichkeit mit weiterhin ganz sanfter und unaufgeregter Stimme Gestalt und Geltung, so als ob sie das Normalste von der Welt sei.

„Und nun zieh dein Höschen aus und gibt es mir. Das ist hier verboten. Du wirst im Laufe des Abends erfahren warum und ich vermute mal, es wird dir gefallen.“

Ihr Gesichtsausdruck musste von verdutzter Sprachlosigkeit geprägt gewesen sein, denn die Rothaarige lächelte und ergänzte: „Keine Angst, du kriegst es auch hinterher wieder zurück.

Als ob das all ihre Befürchtungen, die ihr nun mit Lichtgeschwindigkeit durch den Kopf schossen, auch nur im Entferntesten berührt hätte!  Aber immerhin, es barg einen Trost in sich und zwar nicht nur den, dass sie keine Angst zu haben brauchte, dass Felix' Geschenk verloren ginge. So abstrus es war, das überhaupt zu denken, so beruhigend war es doch, als sie sich dabei ertappte, wie schnell sie der sanftmütigen Autorität dieser Frau erlegen war und schließlich ganz folgsam ihr Höschen ausgezogen und abgegeben hatte. Das Erschrecken über sich selbst entspannte sich in der Gewissheit, dass es ein Zurück gäbe. Das Symbol für dieses Zurück, ihr schwarzes Spitzenhöschen, steckte einstweilen in einem kleinen, mit ihrem Namen beschrifteten Plastiktäschchen, das eines der Dienstmädchen dafür bereitgehalten hatte.

 

Nachdem dieses sich artig knicksend verabschiedet hatte, wurde ihr auf einmal bewusst, dass sie, die sonst Wortgewandte, noch keinen einzigen Ton gesagt hatte. Sie beschloss, dies durch eine Frage zu kompensieren, aber ihr fiel nichts Gescheites ein. Die tausend Fragen, die sich ihr stellten, in Worte zu fassen, war schier unmöglich.

Brennend interessierte sie zum Beispiel, wieso die Rothaarige ihr so bekannt vorkam und ob dies auf Gegenseitigkeit beruhte. Natürlich war auch das mit den Buchstaben an diesen Lederhalsbändern etwas ihre Neugier Anstachelndes. Die Rothaarige trug nämlich ebenfalls eins, bloß baumelte daran ein goldenes S.

„Wie lange geht das denn heute Abend?“, brachte sie stattdessen lediglich die ihr selbst ziemlich dämlich vorkommende Frage über die Lippen.

„Kindchen, keine Fragen“, gab die Rothaarige lächelnd zurück, während sie ihrerseits ihre Verlegenheit dadurch zu kaschieren suchte, dass sie sich bemühte, einen Platz für diesen Button zu finden. Hätte sie doch bloß nicht ihre Lederjacke im Auto gelassen! „Gewöhne dich rechtzeitig daran. Es ist nur zu deinem Besten!“

 

Kindchen? Und überhaupt, wieso duzte die sie schon die ganze Zeit? Außerdem war in der letzten Bemerkung doch indirekt schon wieder die Antizipation der Möglichkeit enthalten, dass sie über den heutigen Abend hinaus an dieser geheimnisvollen Gemeinschaft interessiert sein könnte. Ahnte die Rothaarige etwas?

Oder verstand die es einfach, auf simple, aber geniale Art und Weise, die Leute einzulullen? Regelrecht ohnmächtig kam sie sich vor. Doch was hatte sie für eine Wahl? Entweder sie spielte mit oder sie konnte gleich wieder gehen.

Außerdem war da diese prickelnde Neugier, die es zwischen ihren Schenkeln kribbeln ließ.

Sie beschloss also, sich in ihr Schicksal zu fügen, das einstweilen darin bestand, dass ihr die Rothaarige liebevoll und autoritär zugleich die Plakette aus der Hand nahm, vor ihr in die Hocke ging und sie am Saum ihres Kleides festklipste.

„Wird schon halten“, kommentierte sie, griff dabei wie zufällig, aber mehr, als es notwendig gewesen wäre, unter ihr Kleid und fügte noch an, während sie sich wieder erhob: „Ein süßes Kleidchen hast du da. Würde mir auch gefallen!“

 

Nach einem kurzen Moment der schweigenden Betrachtung, die ihr beinahe neidvoll erschien, wobei die Ursache des Neides wohl in anderem als ihrem Kleid lag, schnipste die Rothaarige nach dem zweiten Dienstmädchen. Das kam sofort artig auf kleinen Schritten angetrippelt und vollführte den wohl obligatorischen Knicks.

„Geleite sie hinaus“, befahl sie dem Dienstmädchen. Wieder an sie gewandt erläuterte die Rothaarige: „Sie ist dein persönliches Dienstmädchen für diesen Abend. Du kannst jederzeit über sie verfügen. Schnipse einfach mit den Fingern, wenn du etwas willst. Sie ist allerdings dazu erzogen, den Gästen die Wünsche von den Lippen abzulesen. Wenn du nicht mit ihr zufrieden bist, sag Bescheid. Sie erhält dann eine Strafe!“

Oje! Wo war sie da nur hineingeraten!

Ihr Schädel dröhnte regelrecht und sie war keiner Entgegnung fähig. Sie brachte nicht mal ein Danke hervor, als die Rothaarige ihr noch einen Schönen-Abend-Wunsch mit auf den Weg gab. Das Irreale der Situation hatte einen Bann auf sie gelegt, dem sie sich ohnmächtig und gleichzeitig von Neugier getrieben hingab.

Da ging sie in Begleitung ihres persönlichen Dienstmädchens, über das sie

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Bildmaterialien: Beate Geng
Lektorat: Nathalie C. Kutscher
Tag der Veröffentlichung: 25.02.2016
ISBN: 978-3-7396-3934-5

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