Wütend donnerte ich mit meinen Händen auf die Rezeption. Ich hatte mich schon lange auf dieses Wochenende gefreut, aber hätte ich gewusst, dass all diese Dramen auf mich zukommen würden, hätte ich der Idee sofort den Rücken zugedreht.
Wie hätte ich aber auch ahnen können, dass mein Freund Piet, es schon seit geraumer Zeit mit einem anderen Kerl trieb und ich die Reise alleine antreten durfte?
Ursprünglich sollte dies eine Überraschung für ihn sein.
Zwei Nächte im Hotel, um uns durch die Laken zu wälzen und zwei Tage, um die Stände der Role Play Konvention auszukundschaften. Zu sagen er wäre vernarrt in Rollenspiele, Fantasy und die verrückten Kostüme der Besucher, wäre untertrieben. Ich hatte mich zwar nie wirklich damit anfreunden können, aber Piet zu liebe hatte ich es versucht.
Umsonst, wie sich herausgestellt hatte.
Alleine für die Fahrt war eine hohe Summe an Geld drauf gegangen, da wir eine ganze Ecke weg wohnten. Es gab auch keine Rückerstattung, also hatte ich kurzfristig beschlossen, alleine zu fahren.
Woher hätte ich auch ahnen sollen, dass sich dies als Fehler erwies? Spätestens am Bahnsteig bemerkte ich mein Glück, als eine einstündige Verspätung bekannt gegeben wurde, sodass ich meinen Anschlusszug auch direkt verpasst hatte. Der Zug war anschließend Rappel voll gewesen und neben mir, hatte sich ein ungepflegter Mann gequetscht, welcher zu allem Übel auch noch stark nach Schweiß gerochen hatte.
Die gesamte Fahrt über stand er dicht an mich gepresst und ich hatte nicht einmal genug Platz, um wenigstens etwas Abstand zu nehmen. Angenehm war es gewiss nicht gewesen.
Zu dem Zeitpunkt dachte ich, dass es schlimmer gar nicht mehr kommen könnte.
Schon nach den ersten zehn Minuten, in der mir fremden Stadt, wurde ich etwas besseren belehrt.
Dachte ich erst noch, dass meine Kopfschmerzen an der frischen Luft verschwinden würden, wurden sie stattdessen noch aggressiver. Das Hotel, welches auf allen Websites für den guten Service, und vor allem für die gute Lage angepriesen wurde, war einfach nicht auffindbar gewesen.
Laut Handy Navi hätte es sich direkt vor meiner Nase befinden sollen. Stattdessen fand ich mich in einer nicht allzu freundlich aussehenden Umgebung wieder.
Fast eine halbe Stunde war ich herum geirrt, bis ich mich endlich dazu durch gerungen hatte, jemanden zu fragen.
>Falscher Stadtteil< lautete die nicht gerade freundliche Antwort.
Mein >Dankeschön< darauf, war mir nur ruppig über die Lippen gekommen.
Hätte nur noch gefehlt, dass ich in der falschen Stadt gelandet wäre.
Das Hotel aber, setzte dem allen noch die vermisste Krone auf. Meine Reservierung, die ich schon vor einen halben Jahr getätigt hatte, wurde anscheinend übersehen, oder besser gesagt: erneut vergeben. Das Zimmer wurde also zwei Mal belegt und ich stand blöd herum, weil alle anderen Zimmer schon belegt waren.
„Es tut mir wirklich leid! Ich habe keine Ahnung wie so ein Missgeschick passieren konnte!“, entschuldigte sich der Rezeptionist das tausendste Mal bei mir.
An meiner misslichen Lage änderte das trotzdem nichts. So lange ich nicht in mein Zimmer kam, sahen die Aussichten für die nächsten zwei Nächte nicht allzu prickelnd aus.
„Und was soll ich Ihrer Meinung nach jetzt machen?“, fuhr ich ihn an und baute mich zu meiner ganzen Größe auf. Womit ich leider nur die wenigsten Leute beeindrucken konnte. Der liebe Gott hatte sich bei mir anscheinend einen Scherz erlaubt, denn mit meinen 1,65 Meter ging ich den meisten Leuten gerade mal bis zu den Schultern.
Ich konnte mich auch so gesund ernähren, wie ich wollte und Sport treiben bis ich umfiel, aber von Muskeln konnte ich nur träumen.
Bartwuchs? Noch nie etwas davon gehört.
Bei Haaren auf der Brust konnte ich nur noch Lachen.
Sogar meine Beinbehaarung war so hell, dass es beinahe aussah als würde ich mich rasieren.
Ich sollte ein Mann von 25 Jahren sein? Mit ein bisschen Glück wurde ich auf 20 geschätzt.
Das Grinsen welches sich um die Lippen von dem Rezeptionist legte, bestätigte mir nur meine Vermutung.
Wieso konnte mich nicht einmal jemand ernst nehmen? Piet hatte dies auch nie getan. Wenn wir uns gestritten hatten, überging er mich einfach, sodass ich überhaupt nicht zu Wort gekommen war, oder er hatte mich ausgelacht und alles ins Lächerliche gezogen. In den meisten Fällen aber, hatte er mir einfach in die Wange gekniffen und gesagt wie süß ich doch sei.
Ich war nun aber mal nicht süß, knuffig, oder als was auch immer ich sonst so betitelt wurde! Ich war ein erwachsener Mann und da hörte man nicht gerne wie liebreizend man doch war. Nein, echt Männer wurden als stark, muskulös und groß beschrieben. Echte Männer beschützen ihre Frauen und standen immer an ihren Seiten.
In diesem Fall war ich es aber, der vor dem großen, bösen Wolf beschützt werden musste. Prügeleien und anderen Auseinandersetzungen ging ich lieber aus dem Weg und das war auch besser so, denn jede Einzelne verlor ich. Ausnahmslos.
Ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal ein Wortgefecht gewonnen hatte. Wahrscheinlich noch gar nicht, oder als kleines Kind, weil meine Eltern einfach keinen Nerv mehr hatten, mit mir zu diskutieren. Wenn man das denn als Gewinnen ansehen konnte...
Eigentlich hätte es mich gar nicht wundern dürfen, dass ich Piet alleine nicht mehr genügte. Wie sagte man so schön? Ein Mann braucht etwas zum Anfassen! Nun, an mir war leider nicht so viel dran.
„Es tut mir wirklich leid! Ich kann im Nachbar Hotel nachfragen, aber soweit ich weiß sind sie ebenfalls ausgebucht.“ Auf mein Nicken hin, fing er an flink auf die Tastatur zu tippen. Einen kurzen Augenblick später, schüttelte er verneinend den Kopf und blickte entschuldigend zu mir hinunter.
Genervt trommelte ich mit meinen Fingern auf den Tresen.
„Denken Sie sich etwas aus“, fuhr ich den Kerl an, woraufhin sich erneut ein Grinsen auf sein Gesicht stahl. „Und hören Sie gefälligst auf so Scheiße zu grinsen!“
Meine Geduld war langsam aufgebraucht. Ebenso wie meine Nerven. Wenn ich mich nicht bald in meinem Zimmer ins Bett werfen konnte, würden die mich hier noch kennen lernen.
Vielen Leuten war es peinlich laut zu werden und deutlich das zu fordern, was ihnen zu stand. Mir aber nicht. Vor allem nicht nach so einem anstrengenden Tag. Auch nicht in einem Nobel Hotel wie diesem.
Nun gut, Nobel Hotel war etwas hoch gegriffen, aber für meine Verhältnisse war es schon etwas Besonderes. Man könnte es vielleicht als Luxus in der Holzklasse sehen - und damit meinte ich nicht den leckeren, haarigen Pudding, den man immer kostenlos zugesteckt bekam. Wer wusste schon, was da drin steckte.
Eigentlich könnte man erwarten, dass alles ohne Probleme lief und das immer ein paar Zimmer freit standen, aber falsch gedacht. Wahrscheinlich lag es aber auch nur an der Pechsträhne, die mich schon eine ganze Weile verfolgte und die ich wohl in nächster Zeit auch nicht mehr loswerden würde.
Ein kurzer Blick auf das kleine Namensschild, welches an der Jacke des Rezeptionisten befestigt war, zeigte mir in einer schlichten Schrift seinen Namen: Denny Brokley. Meine Augen glitten wie von selbst von dem Schild auf seine Brust hinunter und das was ich erblickte, war sicher nicht von schlechten Eltern.
Daran konnte auch, dass absolut hässliche, grüne Shirt nichts ändern. Hoffentlich gehörte das zu seiner Arbeits-, und nicht Freizeitkleidung. Ich löste meinen Blick und sah ihn wieder abwartend an.
Das Grinsen auf seinen Lippen war noch breiter geworden und seine Augen, um welche sich Lachfältchen bildeten, funkelten amüsiert. Misstrauisch zog ich eine Augenbraue nach oben.
„Was ist?“, fuhr ich ihn barsch an, darauf bedacht ihm fest in die Augen zu blicken. Freundlichkeit war noch nie meine Stärke gewesen. Ich setzte aber auch nicht sonderlich viel daran, um dies zu ändern.
Er stützte sich mit seinen Armen auf dem Tresen ab und beugte sich so nahe zu mir rüber, dass ich überrascht nach hinten wich.
„Sind Sie immer so unhöflich, oder hat Ihnen jemand in Ihren süßen, kleinen Hintern gebissen?“, fragte er mich musternd, die Lippen zu einen angedeuteten Lächeln verzogen. Beleidigt zog ich meine Nase kraus. Er konnte meinen Hintern gar nicht gesehen haben.
Ohne auf seinen Kommentar einzugehen, schlug ich auf die silberne Tischklingel, woraufhin ein lautes Läuten durch die Eingangshalle hallte. Er blickte verdutzt auf meine Hand und ließ sich wieder nach hinten sinken.
„Ich fände es wirklich freundlich von Ihnen, wenn Sie sich jetzt um eine Unterkunft für mich kümmern würden“, sagte ich kalt und ignorierte den enttäuschten Gesichtsausdruck. Ich war nicht hier um Freundschaften zu schließen, ich war auch nicht hier um freundlich zu einem, mir völlig unbekannten Rezeptionist zu sein. Ich war hier, weil mein Freund mich betrogen hatte und ich einfach nur noch raus musste.
Ich hatte schon oft gehört, dass mein Charakter so gar nicht zu meinem äußeren Erscheinungsbild passte, aber was konnte ich schon dafür? Ich würde mich ganz sicher nicht verändern und immerzu ein gefälschtes Lächeln auf den Lippen tragen, nur um es anderen Leuten recht zu machen. Ich war nun mal nicht immer gut drauf. Ich hatte meine Macken, genau wie jeder andere auch. Nur das sie bei mir vielleicht etwas ausgeprägter waren.
Ich hatte gerne ein bisschen Spaß zwischendurch. One Night Stands waren mir nicht Fremdes, aber wirklich genießen konnte ich Sex erst in einer Beziehung, wenn man sich fallen lassen konnte, wenn sich starke Arme um einen schlangen und man wusste, dass sie am nächsten Tag auch noch da sein würden.
Ich mochte das Gefühl, von einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause zu kommen und mich in die Arme von meinen Freund zu werfen, ihn tief zu küssen und den gesamten Abend nicht mehr loslassen zu müssen. Bevorzugt im Bett, indem die Bettwäsche nach ihm roch und welche noch vom Morgen zerwühlt war.
Ich setzte mein finsterstes Gesicht auf und starrte ihn an. Der Blick wurde zur Kenntnis genommen und brummend erwidert. Anstatt das er sich daran machte, mir endlich einen Ort zum Schlafen zu suchen, drehte er sich um und lief zu einem, an der Wand hängenden Holzkasten. In den vielen Fächern, von denen eine Menge leer stand, hingen ordentlich angeordnet mehrere Schlüssel. Er ergriff einen davon und hielt ihn mir klimpernd unter die Nase.
Zögerlich streckte ich meine flache Hand aus und er ließ den Schlüssel hinein fallen. Ich drehte ihn ein paar Mal wahllos in meiner Hand umher, aber es schien ein ganz normaler Schlüssel zu sein, welcher zu einem der Hotelzimmer passte.
„Sie können nach oben in Ihr Zimmer gehen und das mit Ihren 'Zimmergenossen' besprechen. Wenn Sie zu keiner Einigung kommen sollten, können Sie gerne noch einmal herunter kommen“, sagte er jetzt wieder vollkommen im Geschäftsmodus. Ohne ein weiteres Wort wandte ich mich ab und lief auf den Fahrstuhl zu. Was für eine Frechheit, der Geschäftsführer würde auf jeden Fall von mir zu hören bekommen! Es lag jawohl nicht an mir, seine Fehler wieder auszubügeln!
Der kleine Knopf war schnell betätigt und einen Moment später, kam der Fahrstuhl brummend vor mir zu halten. Das Letzte was ich sah, bevor sich die Fahrstuhltüren schlossen, war der Blick des Rezeptionisten, welcher anerkennend über meinen Körper glitt. Ich kniff die Augen zusammen, konnte aber nichts dagegen unternehmen, dass ich mich ein klein wenig geschmeichelt fühlte.
Schnellen Schrittes stiefelte ich durch den Gang und blieb anschließend vor einer Tür stehen, die genauso nichtssagend aussah wie alle anderen. Zögerlich klopfte ich an. Meine Hoffnung beruhte darauf, dass wer auch immer mein Zimmer zurzeit besetzte, es mir ohne Ärger zurückgab. Das ich mir das gleich abschminken konnte, war mir von Anfang an bewusst. Aber es hieß ja nicht umsonst 'Die Hoffnung stirbt zuletzt'.
Die Tür wurde aufgezogen und ließ einen großen, muskulösen Mann sichtbar werden, dessen breite Schultern den ganzen Türrahmen einzunehmen schienen. Als er mich erblickte, erschien ein freundliches Lächeln auf seinem außerordentlich hübschen Gesicht. Dabei wirkten die Gesichtszüge viel zu fein für seinen restlichen, muskulösen Körper. Obwohl er gerade durch die sinnlich geschwungenen Lippen, die geraden Nase und den vertrauenswürdigen Augen, gut aussah. Zusammen mit seinem Körper bot er einen mehr als angenehmen Anblick.
„Ja?“, fragte er kurzgefasst, allerdings schwang eine freundliche Note mit.
„Ich -“ Verlegen räusperte ich mich, als meine Stimme brach. „Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir mein Zimmer zurück geben“, kam es unfreundlicher aus meinem Mund, als gewollt. Mein Gegenüber sah mich überrascht an und zog die Augenbrauen zusammen.
„Was meinst du?“, fragte er und sprang direkt ins 'Du' über. Ich trat nervös von einen Fuß auf den Anderen und knetete meine schwitzigen Hände. Er würde mir das Zimmer doch nie im Leben überlassen. Erstens würde er dann selber ohne Zimmer da stehen und zweitens würde ich mir an seiner Stelle auch den Vogel zeigen. Er hatte dieses Zimmer genauso gebucht wie ich. Vielleicht nicht ein halbes Jahr früher - wie andere in diesem Haus - aber er hatte es auch bezahlt.
„Das Zimmer wurde doppelte gebucht“, klärte ich ihn nuschelt auf und blickte auf meine Füße. In Fünf Minuten stand ich doch bestimmt wieder unten an der Rezeption. Als ich wieder aufblickte, sah ich die Erkenntnis in seinem Blick aufflackern.
„Und du möchtest es auch für die zwei Nächte?“ Ich nickte bestätigend und erklärte ihm die gesamte Situation.
Mit finsteren Gesichtsausdruck betätigte ich erneut die Klingel, woraufhin der Kopf des Rezeptionist hinauf ruckte. Es hatte nicht Fünf Minuten gedauert, sondern immerhin 15. Dave, wie sich der Mann aus 'meinem' Zimmer vorgestellt hatte, hatte sich mein Klagen in Ruhe angehört, konnte mir aber leider auch nicht helfen. Er verbrachte das Wochenende mit seiner Freundin zusammen, welche wenige Minuten später auch noch zu uns gestoßen war. Und in diesem Fall hieß es leider 'wer zuerst kommt, malt zuerst'. Ich war nicht nur zu spät gekommen, meine Malstifte wurden mir auch noch aus der Hand gerissen und zerbrochen.
„Kein Glück gehabt?“, fragte der Rezeptionist unnötiger Weise, erwartete aber anscheinend auch keine Antwort, denn er beugte sich wieder über seine Blätter und arbeitete konzentriert weiter. Eine ganze Weile stand ich vor der Rezeption, die Arme auf das Holz gestützt und wartete darauf, dass er eine Bleibe für mich fand. Die tickende Uhr an der Wand trieb mich in den Wahnsinn und immer wieder wurde ich von Leuten angerempelt, die sich anscheinend nicht anständig anstellen konnten. Es kam doch jeder dran und die meiste Zeit stand hier sowieso keine Menschenseele.
Nun ja, zumindest außer mir.
Aus den Augenwinkeln schielte ich auf seine Unterlagen. Abermals schlug ich meine Hände empört auf den Tisch.
Kreuzworträtsel? Der Mann löste wirklich Rätsel, während ich hier stand und darauf wartete, dass er mir eine Unterkunft besorgte? Ein lautes Seufzen ertönte, die Zeitung wurde zur Seite geschoben, der Kopf gehoben und mein Blick erwidert.
„Ich kann dir leider nicht weiter helfen. Wir sind voll und solange nicht jemand freiwillig mit dir das Zimmer teilt, oder absagt, wird das heute auch nichts mehr.“ Man hätte den Blick beinahe tröstend nennen können, wäre da nicht dieses verfluchte Grinsen um seine Lippen.
„Dann schmeiß halt jemanden raus“, rief ich zynisch aus. Automatisch verfiel ich auch ins „Du“. Man konnte mir meine Verzweiflung wohl deutlich ansehen, denn ein mitleidiges Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Ehe ich mich versah, lief er um die Rezeption herum und blieb wenige Schritte vor mir stehen. Er hob den Arm als wolle er nach mir greifen, ließ ihn nach einigen Sekunden aber wieder sinken.
„Ich muss dich jetzt leider bitten zu gehen. So leid es mir auch tut. Ich kann mir keinen Ärger leisten und ich würde meinen Job gerne behalten“, sagte er und deutete zur Tür. Ich blickte ihn ungläubig an. Das Hotel hatte es mit der Buchung versaut! Das Mindeste was sie hätten machen können, wäre mir ein neues Zimmer zu besorgen und die Kosten zu erstatten. Stattdessen wurde ich wie ein Straßenköter vor die Tür gesetzt. Ich hatte genug davon mich immer wie ein Kleinkind behandeln zu lassen. Ich kannte meine Rechte und eines davon war, eine Unterkunft in diesem Hotel.
„Nein“, sagte ich stur und der Trotz war deutlich aus meiner Stimme hinaus zu hören. Die Augenbrauen des Rezeptionisten zogen sich zusammen und der Abstand zwischen uns verringerte sich. Jetzt fiel mir auch seine Augenfarbe auf. Ein leuchtendes Blau, welches nach Außen ins Grüne verfloss. Diese Augen funkelten mich jetzt herausfordernd an. Eine Herausforderung, die ich nur allzu gerne annahm.
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, lief ich rückwärts hinter die Rezeption und ließ mich auf einen der beiden Stühle sinken. Der Sitz war bequem und eine Wohltat nach dem ganzen Stress. Ich lehnte mich genüsslich zurück und konnte es nicht verhindern, dass ich dem Mann einen triumphierenden Blick zu warf. So kannte ich mich gar nicht, aber er weckte in mir das Verlangen mich zu beweisen.
Mit gemächlichen Schritten kam er auf mich zu und ließ sich auf den Stuhl neben mich sinken. Er überschlug die Beine und drehte sich so, dass er mich anblicken konnte.
„Denny“, stellte er sich vor, nachdem wir uns eine Weile ein stummes Blickduell geliefert hatten. Natürlich hatte ich verloren. Ich antwortete nicht, sondern starrte nur weiter vor mich hin. Die Anstrengende Reise machte sich langsam bemerkbar.
„Hör zu“, fing er an und stützte sich auf seine Knie. „Du kannst hier nicht sitzen bleiben. Ich bekomme Ärger mit meinem Boss und du auch. Hast du keine Freunde hier in der Nähe?“
Wenn ich nicht so erschlagen gewesen wäre, hätte ich mich wahrscheinlich darüber aufgeregt. So schüttelte ich aber nur den Kopf. Ich kannte niemanden in der Gegend. Wenn es so gewesen wäre, würde ich schon lange nicht mehr hier sein. Ich sollte das Hotel einfach verklagen und diesen blöden Rezeptionist gleich mit! Dann wäre ich alle meine Probleme los. Fast. Ein Zimmer für die zwei Nächte, hatte ich dann aber immer noch nicht.
„Nein“, fügte ich noch hinzu und drehte mich einmal im Kreis. „Du bist dir ganz sicher, dass es keine freien Zimmer gibt?“ Er nickte schlicht und raufte sich seufzend die Haare. Sie fielen ihm in weichen, brauen Wellen ins Gesicht und entschärften somit sein kantiges Gesicht. Hätte ich nicht gerade eine Trennung hinter mir und genug Stress um die Ohren, würde ich bestimmt nicht abgeneigt sein, ein bisschen durch sein Bett zu turnen. Am besten nackt, verschwitzt und mit einem ganz bestimmten Körperteil in meinem Hintern.
Ohne das ich es wollte, flog mein Blick wieder über seinen Körper. Die Hose, welche mir bis eben noch verborgen geblieben war, saß eng und überließ nichts den Zufall. Meine Augen scannten jeden Millimeter, bis mich ein Räuspern aus meinen Starren riss. Schnell hob ich meinen Blick und versuchte meine roten Wangen zu verbergen, indem ich mich noch einmal drehte. Ich hatte noch nie einen Mann derart auffällig angestarrt.
„Chris? Richtig?“, fragte er mich und redete auf mein Nicken hin weiter. „Es tut mir wirklich leid, aber ich kann keine Leute aus ihren Zimmern werfen. Ich würde meinen Job verlieren und dann könnte ich dir auch nicht mehr weiter helfen.“ Er zögerte kurz und blickte mir tief in die Augen. „Ich könnte dir höchstens mein Zimmer anbieten, aber -“
„Ich nehme es!“, rief ich rasch dazwischen. Mir war es egal in wessen Bett ich schlafen würde. Hauptsache ich hatte ein Bett. Denny hielt überrascht inne, dann blickte er mich skeptisch an.
„Lass mich doch erst einmal ausreden. Ich bin nicht scharf darauf, mein Zimmer mit dir zu teilen, aber ich habe das Gefühl, dass wir sonst noch Morgen hier sitzen werden.“ Womit er zweifellos recht hatte, denn woanders konnte ich auch gar nicht hin. „Meine Schicht geht noch bis um Zwölf. Danach kann ich dich mit zu mir nehmen und nur damit das klar ist, dass Angebot gilt nur für zwei Nächte und weil ich das war, der das mit deinem Zimmer verhauen hat“, gab er leicht beschämt zu, zuckte aber direkt danach mit den Achseln, als wäre es ihm egal.
„Und woher weiß ich, dass du kein Serienmörder bist?“, fragte ich ihn misstrauisch und zog eine meiner Augenbrauen hoch.
„Weil ich dich dann schon längst umgebracht hätte“, nuschelte er in seinen nicht vorhandenen Bart und wandte sich wieder seinen Papierkram zu. „Nimm das Angebot an, oder lass es sein“, sagte er dann zu mir. Natürlich nahm ich es an. Wäre ja auch schön blöd wenn nicht. Den kleinen Teil meines funktionierenden Verstandes, der mich davor warnte zu einem völlig Fremden nach Hause zu fahren, schob ich ganz weit von mir weg.
Ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte mir, dass Denny in zwei Stunden Feierabend haben würde. Ganze zwei Stunden musste ich mich also noch auf den Beinen halten, dabei wollte ich mich einfach nur noch in ein kuscheliges Bett schmeißen, die Augen schließen und es bis zum Mittag nicht mehr verlassen. Eine warme Dusche wäre mir ganz recht. Mein Magen grummelte auch schon seit geraumer Zeit. Dies alles führte dazu, dass ich mich nach wenigen Minuten am Höhepunkt meiner schlechten Laune befand.
Nach einer ganzen Weile, in der ich eigentlich nur Denny angestarrt hatte, schloss ich meine Augen und lehnte meinen Kopf gegen die Lehne. Ich dachte daran zurück, wie ich meinen Freund beim Fremdgehen erwischt hatte. Das Traurige war, dass er sich nicht einmal groß Mühe gegeben hatte, es zu verbergen. Ich hatte die ganze Zeit über, einfach nur eine rosa rote Brille aufgehabt und meine Umgebung gar nicht wahrgenommen.
Die ganzen Termine die er gehabt hatte, die unverschämt langen Arbeitszeiten und das befriedigte Grinsen auf dem Gesicht, wenn er nach einem langen Tag nach Hause gekommen war. Nur beim letzten Mal hatte er es übertrieben. Einen nackten, stöhnenden Mann auf unserem Bett, konnte man nun mal nicht so gut ignorieren.
Das war auch der Moment, in dem mir die Brille aus dem Gesicht flog und ich ohne zu zögern einen Schlussstrich zog. Dabei hatte ich bei ihm wirklich das Gefühl gehabt, dass er der eine war. Zwei Jahre lang lebte ich in diesem Glauben, bis er mir ganz offen darlegte, dass ich mich die ganze Zeit getäuscht hatte. Etwas zu offen meiner Meinung nach. Ich war mir immer noch nicht sicher, ob er dies mit Absicht getan hatte, damit nicht er sich von mir trennen musste. Zuzutrauen wäre es ihm.
Er hatte auch nicht mit einem erschrockenem >Schatz, ich kann das erklären. Es ist nicht das wonach es aussieht!< versucht sich aus allem heraus zu reden. Sondern hatte lediglich noch einmal zugestoßen und seinem Lover gesagt, dass der Spaß nun vorbei sei. Ich schämte mich beinahe dafür, dass ich nicht früher hinter seien Fassade gekommen war.
Lautlos seufzend öffnete ich meine Augen. Denny war immer noch in seine Arbeit vertieft und ansonsten war gar nichts mehr los. Nicht eine einzige Person verirrte sich mehr in die Empfangshalle. Die Zeit verging im Schneckentempo und nach nicht allzu langer Zeit, schloss ich meine Augen erneut.
Diesmal war ich anscheinend eingenickt, denn das Nächste was ich mitbekam, war eine warme Hand, die sich auf meine Schulter legte und mich sanft aus meinem Traum rüttelte. Ich blinzelte ein paar Mal, bis Dennys Gesicht scharf wurde.
„Ich hab jetzt Schluss. Schnapp dir deine Sachen und komm mit.“ Schnell stand ich auf und sammelte mein Gepäck zusammen. Allzu viel war es nicht. Lediglich ein Rucksack und eine Sporttasche. Für zwei Tage brauchte man ja auch nicht einen ganzen Koffer mitzunehmen. Denny war schon losgegangen, sodass ich mich beeilen musste, um zu ihm aufzuholen. Im Laufschritt lief ich neben ihm her und hielt meinen Kopf stumm zum Boden gesenkt.
Wenn er sich nicht mit mir unterhalten wollte, würde ich ihn sicherlich nicht dazu drängen. Eine gute Viertelstunde liefen wir, ehe er endlich zielstrebig auf eine Haustür zuging. Ich folgte ihm erleichtert und lief die Treppen bis zum dritten Stock hinauf. Erst dann blieb er stehen und schloss die Tür zu seiner Wohnung auf. Er ließ mir den Vortritt und ich ging an ihm vorbei, streifte mir die Schuhe im Eingangsbereich von den Füßen und blieb dann abwartend stehen. Er tat es mir gleich und schob mich dann vorwärts in einen Raum, welcher nicht schwer als Küche identifizierbar war.
„Möchtest du was essen? Trinken?“, fragte er mich höflich. Dankend lehnte ich ab. Auch wenn ich Hunger hatte, wollte ich mich nur noch auf eine weiche Matratze fallen lassen.
„Ich möchte eigentlich nur noch ins Bett. Vielleicht noch kurz duschen, wenn das okay ist?“ Er schenkte sich selbst ein Glas Wasser ein und deutete auf eine der Türen.
„Geradeaus und dann die letzte Tür links. Ich hab kein Sofa das groß genug ist, damit man darauf schlafen kann. Unter meinem Bett ist aber eine Matratze, die kannst du dir raus ziehen. Mein Schlafzimmer ist auf der rechten Seite, falls du dich das gefragt hast“, sagte er freundlich.
Ich lächelte ihm dankbar zu und lief in das Badezimmer. Es war schön und groß. Helle Fliesen bedeckten den Boden und eine große Badewanne stand in der hinteren Ecke. Die Dusche direkt daneben. Ich schlüpfte schnell aus meinen Klamotten, ließ diese achtlos auf den Boden fallen und stieg unter die Dusche. Ein leiser Seufzer entkam mir, als das warme Wasser über meinen Rücken floss. Eine Wohltat nach diesem wirklich schief gelaufenen, anstrengenden Tag.
Normalerweise fühlte ich mich immer unwohl, wenn ich bei jemand Fremdes duschte. Dieses Gefühl nackt in einem Raum zu stehen und zu wissen, dass man nur durch eine Tür und eine dünne Wand von der anderen Person getrennt war, gefiel mir einfach nicht. Ich kam mir entblößt vor, obwohl mich niemand sehen konnte. Dieses Mal schien es mir erstaunlicherweise nichts auszumachen. Wahrscheinlich lag das aber nur an meinem erschöpften Zustand.
Während ich den Stress meinen Rücken runter laufen ließ, fragte ich mich, was einen jungen, anständigen Mann dazu brachte, einen völlig wildfremden mit nach Hause zu nehmen. War er sich der Gefahr gar nicht bewusst? Für mich war es auch nicht ganz ungefährlich, aber ich könnte ihm seine Wertsachen stehlen, die Wohnung verwüsten, oder noch schlimmere Dinge tun. War er wirklich so unvorsichtig? Nahm er sich oft fremde Männer mit nach Hause, oder war ich nur eine Ausnahme?
Ich hielt die Dusche kurz und stieg schon nach wenigen Minuten wieder hinaus. Wasser lief aus meinen Haaren, über meine Brust und tropfte schließlich von meinen Körper. Unter mir hatte sich schon eine kleine Wasserpfütze gebildet, die beständig anwuchs. Wäre ich bei mir zu Hause gewesen, wäre meine Dusche wesentlich länger ausgefallen. Vielleicht hätte ich mich auch in die Badewanne gelegt und meine Quietsche Ente durch die Wanne gepustet.
Ich nahm mir ein Handtuch von dem Stapel und band es mir gerade um die Hüften, als es an der Tür klopfte. Das „Ja“ verließ meinen Mund, noch bevor ich richtig nachgedacht hatte. Denny betrat das Zimmer, öffnete den Mund um zu sprechen. Statt einem anständigen Satz, brachte er aber nur ein überraschtes „oh“ zustande. Sein Blick glitt offen über meinen Körper und verweilte an dem viel zu knappen Handtuch. Peinlich berührt griff ich schnell nach meinem Oberteil und hielt es zusätzlich vor mich. Mit der freien Hand langte ich schnell nach dem Handtuch, als dieses drohte zu verrutschen.
„Ich wollte dir eigentlich ein Handtuch bringen, aber wie ich sehe, hast du sie schon entdeckt“, sagte er und deutete auf meine Hüfte. Ich nickte bestätigend und wand mich innerlich. Sein Blick hing an meiner Brust und drohte immer tiefer zu rutschen. Ich räusperte mich leise und wechselte den Stand Fuß.
„Brauchst du noch etwas?“, fragte peinlich berührt. Er wartete mein „Nein“ noch ab, ehe er Fluchtreif aus dem Zimmer stürmte und die Tür dabei aber offen stehen ließ. Eine Reaktion, die ich mehr mir zugetraut hätte, als ihm. Ich ließ das Shirt fallen, ging zu meiner Tasche und kramte meine Schlafhose raus. Das Shirt folgte direkt darauf.
Meine getragenen Klamotten landeten als Knäuel im Seitenfach. Ich würde sie sowieso nicht mehr tragen. Ich zog mich in Rekordzeit um, hängte das Handtuch über den Badewannenrand und trat mit gepackten Sachen wieder aus dem Bad. Meine nackten Füße tapsten über den Boden, als ich in das von ihm gezeigte Zimmer trat. Erst hatte ich noch überlegt, ob ich anklopfen sollte oder nicht. Letztendlich war ich einfach so eingetreten.
Der Raum war groß, gemütlich und wurde von einem riesigen Bett, mit Streben aus Metall eingenommen. Rote, glatte Bettwäsche thronte auf dem Riesen und brachte Farbe, in das sonst schlicht gehaltene Zimmer. Ich fühlte mich sofort wohl. Eine Sache die ich gar nicht leiden konnte, war wenn jede noch so winzige Ecke vollgestopft wurde und die Wände mit Bildern zu geklatscht wurden, die rein gar nichts miteinander zu tun hatten, oder zu der Einrichtung passten.
Piet war so ein Mensch gewesen. Einer dieser, die leider gar keinen Geschmack besaßen, einfach alles kauften, was ihnen vor Augen kam und dies dann völlig unpassend platzierten. Es war nicht nur einmal vorgekommen, dass ich mich nachts aus dem Bett geschlichen und unsere Wohnung wieder vorzeigbar gestaltet hatte.
Hier war alles auf einander abgestimmt. Die Farben passten, kein Müll flog herum und bis auf das schwarze Bett, waren alle Möbel in einem dunklen Braun. Das Beste in diesem Zimmer, lag aber grade auf dem Bett. Mit einer absolut hässlichen Brille auf der Nase und einem dicken Schmöker in der Hand. Ein leichtes Grinsen schlich sich um meine Lippen. Dieses Bild passte so gar nicht zu dem, das ich mir in dem Hotel von ihm gemacht hatte. Mir war zwar nicht klar, was ich mir vorgestellt hatte, aber ganz gewiss nicht dies. Viel mehr eine sterile, neu moderne Wohnung mit ihm am Esstisch sitzend und einem Kaffee in der Hand, welchen er sich vorher mit einer überteuerten Maschine zubereitet hatte.
Auch war mir nicht entgangen, dass die besprochene Matratze bereits auf dem Boden lag. Bezogen und mit Bettwäsche ausgestattet. Mein Blick schoss dankbar nach oben. Ich konnte mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal nicht alles alleine machen musste. Für Piet war dies alles Frauenarbeit gewesen. Da ich im Bett unten lag, wurde ich von ihm Wortwörtlich in die Rolle der Frau gedrängt und durfte den Haushalt schmeißen. Je mehr ich über unsere gemeinsame Zeit nachdachte, umso mehr fragte ich mich, wie ich so blind gewesen sein konnte. Ich war ohne ihn wesentlich besser dran.
erwiderte meinen Blick schmunzelnd, ehe er sich wieder seinem Buch zuwandte. Ich nuschelte ein leises „Dankeschön“ und warf mich dann mit einem Stöhnen auf die Matratze. Mein Kopf versank im Kopfkissen und ein Hauch von Lavendel stieg mir in die Nase. Ich schnupperte überrascht erneut. Doch, eindeutig Lavendel. Entweder mein lieber Freund hatte eine Freundin und war doch nicht ganz so schwul wie ich angenommen hatte, oder er hatte einen fantastischen Geschmack bei Waschmitteln, oder Duschgel.
Mit einer Freundin konnte und wollte ich ihn mir nur nicht vorstellen. Ich vergrub meinen Kopf erneut im Kissen und schloss die Augen. Eigentlich sollte mich der Schlaf sofort übermannen, aber ich lag nur da, starrte an die Decke und lauschte s Atemzügen.
Sie waren tief, fest und beruhigend. Ab und zu hielt er die Luft an, als wäre er grade an einer besonders spannenden Stelle angelangt. Ich hörte das Rascheln, wenn er eine neue Seite aufschlug und das Knistern, wenn er sich einen Toffifee aus der Packung drückte. Die rhythmischen Geräusche und der anstrengende Tag gaben mir schließlich den Rest, und obwohl ich mir vorgenommen hatte, ihm wenigstens noch eine Gute Nacht zu wünschen, war ich schon nach wenigen Minuten im Traumreich versunken. Das Letzte was ich mitbekam, war wie er das Licht dämmte und die Lampe so drehte, dass ich möglichst wenig Licht abbekam. Piet war so etwas immer egal gewesen.
Trotz allem schlief ich nicht gut. Mitten in der Nacht wachte ich auf, weil die Federn der Matratze mir unangenehm in den Rücken drückten. Meine Hand landete unsanft auf dem Boden, als ich mich einmal herum drehte und mein restlicher Körper folgte wenige Augenblicke später. Verschlafen rappelte ich mich auf und zog mich wieder zurück auf die Matratze. Gerade als ich meine Augen wieder schließen wollte, drang ein Stöhnen an meine Ohren. Grinsend drehte ich mich auf die Seite. Da hatte wohl jemand gerade einen sehr angenehmen Traum. Das Stöhnen wurde lauter und nach einer Weile klang es mehr wie ein Winseln.
Als ein Schniefen erklang, richtete ich mich lautlos auf und schlich zu seinem Bett. Seine Augen bewegten sich unruhig unter seinen Augenlidern und seine Gliedmaßen zuckten in unregelmäßigen Abständen. Seine Haut glänzte feucht vom Schweiß und sein Atem ging rau und abgehackt. Der Traum schien keinesfalls Spaß zu machen, wie ich anfangs angenommen hatte. Viel mehr schien er ihn in Angst zu versetzen. Tastend wanderte ich durch den Raum und schaltete das Deckenlicht an.
Danach setzte ich mich vorsichtig an den Bettrand und wusste nicht was genau ich machen sollte. Wäre er ein langjähriger Freund von mir, würde ich ihn aufwecken und in den Arm nehmen, damit er wieder zur Ruhe kommen konnte, aber kannte ich nun mal erst seit einen halben Tag. Eine Weile lang blieb ich ruhig sitzend und betrachtete ihn. Die braunen Strähnen hingen ihm verklebt auf der Stirn und ich strich sie ihm sanft aus der Stirn. Selbst jetzt sah er immer noch unglaublich gut aus. Er war keine klassische Schönheit, aber er sprach mich an. Seine Hand begann zu zittern und als ein leises Schluchzen den Raum erfüllte, ergriff ich ohne nachzudenken seine Hände und rutschte neben ihn unter die Bettdecke.
Selbst wenn ich ihn aufwecken würde, wüsste ich nicht wie er reagieren würde, oder wie ich überhaupt reagieren würde. rutschte zu mir hinüber und schmiegte sich an die Wärmequelle heran. Seine Hände verkrallten sich in meinem Shirt und sein Kopf presste sich gegen meine Brust. Mein Oberteil wurde nass und das Schluchzen lauter. Ein Zittern durchlief seinen Körper. Wovon auch immer er geträumt haben musste, ein Zuckerschlecken war es bestimmt nicht gewesen. Mittlerweile war ich mir nicht mehr sicher, ob er noch schlief. Wie von selbst schlossen sich meine Arme um seinen trainierten Körper.
Er schmiegte sich förmlich in meine Umarmung und als er seine Hand von mir löste und sich über die Augen wischte, wusste ich, dass er wach war. Trotzdem sagte niemand von uns ein Wort. Allein einzelne Schluchzer durchbrachen die Stille. Ich strich ihm beruhigend über den Rücken und wartete bis er wieder eingeschlafen war. Erst dann schloss auch ich meine Augen und gönnte mir den Rest Schlaf.
Der Morgen brach viel zu früh an. Ich fühlte mich wie durch den Wolf gedreht. Wenn Schlaf etwas für Weicheier war, gehörte ich liebend gerne zu ihnen. Zu wenig Schlaf ließ mich unleidlich werden und ich fuhr Personen, die sich zufälligerweise im selben Raum befanden, gerne mal an. Auch wenn sie nichts anderes getan hatten als zu atmen. Vor meinen ersten Kaffee, war ich sowieso unausstehlich. Zumindest meiner Meinung nach. Meinem Ex zufolge, war ich nach dem Aufstehen - wie konnte es anders sein - süß. Aber auch nur so lange, wie er freien Zugang zu meinem Hintern gehabt hatte.
Gähnend streckte ich meine Arme und Beine weit vom Körper und dehnte mich ausgiebig. schien auch schon aufgestanden zu sein. Zumindest war der Platz neben mir leer. Nur noch sein Geruch haftete am Laken. Lavendel. Also war es wirklich er der danach roch und nicht die Bettwäsche. Mit der gesamten Kraft die man am frühen Morgen aufbringen konnte, schwang ich meine Beine über die Bettkannte und stand schwankend auf. Dann schlurfte ich mit nur halb geöffneten Augen über den langen Flur. Ich brauchte einfach nur dem lauten Fluchen zu folgen, um ihn ausfindig zu machen. Das lief ja leichter als erwartet.
Vor der Küchentür hielt ich aber inne. Ich spürte die altbekannte Unsicherheit in mir hochsteigen. Was wenn er gestern nur eine Kurzschlussreaktion erlitten hatte und mich gleich hochkant rauswarf? Zu verdenken wäre es ihm nicht. So ganz normal war es ja nicht, einen Fremden mit nach Hause zu nehmen. Und wie sah es mit der vergangenen Nacht aus? Wovon auch immer er geträumt hatte, Spaß hatte es ihm mit Sicherheit nicht bereitet. Ich war mir nur nicht ganz sicher, ob es schlau war ihn darauf anzusprechen. Vielleicht bekam er es in den falschen Hals und dann stand ich genau an derselben Stelle, wie gestern Abend. Alleine auf der Straße und ohne ein Dach über dem Kopf.
Letztendlich blieb mir nur eine Möglichkeit es heraus zu finden. Mit einem Lächeln auf den Lippen trat ich durch die Tür und wünschte dem wesentlich munter aussehenden einen guten Morgen. Überrascht hob er den Blick.
„Morgen. Ich hab mich schon gefragt, wann du aufstehst. Frühstück?“ Ein Blick auf den gedeckten Frühstückstisch ließ meinen Magen laut auf knurren. „Ich nehme das mal als ja“, grinste er. Nichts deutete mehr auf gestern Nacht hin. Er wirkte weder betrübt, noch traurig. Unter seinen Augen lagen auch keine Ringe, wie ich es erwartete hatte.
„Ja, ich nehme gerne was“, sagte ich überflüssigerweise und blieb blöd im Türrahmen stehen. Sollte ich mich jetzt einfach hinsetzten? Ein wenig unhöflich kam es mir schon vor, ihm die ganze Arbeit zu überlassen. „Soll ich dir helfen?“ blickte von seinem vollen Tablett zu mir auf.
„Gerne. Es fehlt noch Marmelade und Honig. Steht beides im oberen rechten Schrank.“ Ich schenkte ihm ein leichtes Lächeln und lief zu besagtem Schrank. Ich musste mich auf die Zehenspitzen stellen um an den Griff zu kommen und als ich die Marmelade erblickte, sackte mir das Herz in die Hose. Bitte nicht! Soweit es ging streckte ich mich nach oben, nutzte jeden Zentimeter aus. Mit dem Erfolg, dass ich das Glas mit meinen Fingerspitzen wenige Millimeter weiter nach hinten schob und somit komplett außerhalb meiner Reichweite. Trotzig ließ ich mich wieder auf die Ballen sinken. Ich war ja eine verdammt gute Hilfe!
Ich würde mir aber bestimmt nicht die Blöße geben und ihn fragen, ob er nicht doch die Marmelade holen konnte. Das wäre ja beinahe so, als würde ich ihm eine Flasche geben, damit er sie öffnete, weil mir die Kraft fehlte. Soweit würde ich es bestimmt nicht kommen lassen!
„Soll ich dir helfen?“, widerholte eine säuselnde Stimme, meine Worte. Finster zogen sich meine Augenbrauen zusammen. Wahrscheinlich sah er mich schon als Hilfloses Weib.
„Nein. Ich hab alles im Griff“, knurrte ich.
„Das sehe ich.“ Mit seinen Worten schob sich ein warmer Körper gegen meinen und er griff einfach über meinen Kopf hinweg. Er musste sich noch nicht einmal auf die Zehenspitzen stellen. Anstatt die Marmelade einfach mit zu nehmen, stellte er sie eine Reihe tiefer, sodass sogar ich Zwerg sie erreichen konnte. Machte er sich über mich lustig, oder was wollte er damit bezwecken? Dabei mochte ich noch nicht einmal Marmelade. Trotzdem griff ich danach und stellte sie zu den anderen Leckereien. Der Honig konnte bleiben wo der Pfeffer wächst. Da schon Platz genommen hatte, war die Frage mit den Sitzplätzen auch schon geklärt.
„Hast du heute was vor?“, fragte er, nachdem er seine erste Brötchenhälfte verputzt hatte und durchbrach damit die unangenehme Stille, die auf uns gelastet hatte. Das lief alles ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Eigentlich verlief mein gesamtes Leben anders. Dabei hatte ich mir so einen schönen Plan zu Recht gelegt gehabt. Nach dem Abi wollte ich studieren, einen schönen Arbeitsplatz bekommen und mir gemeinsam mit meinem Mann ein Haus bauen. Vielleicht sogar Kinder adoptieren. Bis zum Studium hatte ich meinen Plan auch verflogt, aber danach ging alles den Bach runter. Trotz gutem Abschluss wollte mich niemand nehmen, ein Mann fürs Leben wollte mir einfach nicht vor die Füße fallen und für ein Haus hatte ich nicht genügend Geld. Immerhin hatte ich meine Katze an meiner Seite, was doch auch schon mal nicht schlecht war. Nein, eigentlich war es erbärmlich wie wenig ich geschafft hatte.
„Ich wollte auf die Roll Play Konvention“, erwiderte ich knapp. Er schaffte es von seinen Brötchen abzubeißen, die Zeitung umzublättern und mich trotzdem noch kritisch anzusehen. Das nannte ich mal Multitaskingfähig! Von wegen nur Frauen können so etwas.
„Und was willst du da?“ Das war eine gute Frage. Ich fand es erstaunlich, dass sich so viele Menschen an einem Ort versammelten und dort ihre Leidenschaft auslebten. Ihre verrückten und beeindruckenden Kostüme präsentierten und einfach den Mut zeigten, mal anders zu sein. Sie passten sich nicht der Gesellschaft an. Und es war ihnen auch vollkommen egal, wenn ein Außenstehender einen kritischen Blick über ihre Bekleidung streifen ließ. Aber ich gehörte nicht dazu. s Frage war mehr als berechtigt.
„Na was wohl? Spaß haben natürlich.“ Er sah mich noch einen Moment zweifelnd an, ehe er sich mit einem Achselzucken auf seine Zeitung konzentrierte.
„Nimmst du immer fremde Leute mit nach Hause?“, schoss es aus mir heraus, bevor ich mich stoppen konnte. Das verstand man wohl unter dem Spruch, mit der Decke ins Haus stürzen. Ich sollte wirklich lernen nicht immer alles zu sagen, was mir durch den Kopf sprudelte. Er verharrte in seiner Bewegung und sah mich mit einem verwirrten Blick an. Deutlich konnte ich seine Gedanken hinter der Stirn rattern sehen, wie er überlegte, mir die Wahrheit zu sagen, oder eine Lüge aufzutischen. Er schien sich entschieden zu haben, denn Sekunden später erschien das verruchteste Lächeln auf seinem Gesicht, das ich je gesehen hatte. Geschmeidig erhob er sich von seinem Stuhl und lief um den Tisch, wie eine Wildkatze, die ihr Ziel anvisierte. Mein Atem stockte, als mir aufging, dass das Tier definitiv ich war. Hinter meinem Rücken blieb er stehen, legte die Hände mit deutlich spürbarem Druck auf meine Schultern und beugte sich zu mir vor. Sein warmer Atem strich über mein Ohr und hinterließ einen wohligen Schauer. Als seine Zunge meine Ohrmuschel entlang fuhr, konnte ich ein erschrockenes Stöhnen nicht unterdrücken. Ein leises Lachen folgte auf meine Reaktion und dann bissen Zähne leicht in mein Ohrläppchen. Was zur Hölle tat ich hier? Ließ mir das Ohr von einem fast fremden lecken! Während mein Geist aufspringen und wegrennen wollte, hatte mein Körper ganz andere Pläne erstellt.
„Ich dachte schon du fragst nie“, raunte er tief und nun begannen auch seine Hände auf meinen Schultern ihre Wanderung über meine Brust hinweg. Durch den Stoff fanden sie zielsicher meine Brustwarzen und kniffen nicht gerade zimperlich hinein, und diese Verräter reckten sich ihm auch noch munter entgegen! Der Mann wusste, was er wollte. Und wie es aussah, wollte er mich. „Jeden Freitag suche ich mir den besten Kerl aus der Menge heraus und lade ihn geschickt in mein Haus ein. Nur um ihn hier zu vernaschen.“ Seinen Worten folgte ein weiterer Biss, diesmal in meine Halsbeuge. Wer hätte gedacht, dass ich dort so leicht erregbar war?
„Scheint, als hättest du bis lang ganz gut Erfolg damit“, presste ich angestrengt zwischen meinen Lippen hervor. Es ging mir gegen den Strich, dass diese einfallslose Art auch bei mir gewirkt hatte. Vielleicht hatte er mein Zimmer sogar mit Absicht doppelt belegt. Erneut ertönte ein Lachen, diesmal klang es allerdings ungläubig. Sein Mund wanderte wieder von meinem Hals zu meinem Ohr.
„Das mit dir war auch eine ganz einfache Nummer. Schon vor einem halben Jahr wusste ich, dass ich dich unbedingt haben wollte. Eigentlich weiß ich das immer so früh. Deswegen manipulier ich auch immer die Reservierungen, damit die Person gar keine andere Wahl hat, als mit mir nach Hause zu kommen.“ Das war wirklich das aller Letzte! Empört drehte ich mich zu ihm herum, um ihm meine Meinung ins Gesicht zu schreien, als ich die hochgezogene Augenbraue und den amüsierten Gesichtsausdruck bemerkte. Wie Schuppen viel es mir von den Augen.
„Du verascht mich!“, keuchte ich empört. Unschuldig hob er die Hände hoch und ging lachend zu seinem Platz zurück. Schwerfällig ließ er sich auf den Stuhl sinken und grinste amüsiert in mein hochrotes Gesicht.
„Du nimmst so gut wie nie jemanden mit nach Hause, oder?“ Das schlichte Nicken machte die Schande komplett. Ich spürte wie meine Ohren rot wurden. Das Eine kribbelte immer noch von seinen Berührungen. Wie hatte ich auf so einen billigen Scherz hereinfallen können? Das war so gar nicht meine Art. Obwohl, wenn ich so nachdachte, verstand ich gerne und häufig etwas falsch. Eigentlich war das ich in Person. Ich stieß einen theatralischen Seufzer aus und biss mit gesenkten Augen in mein Brötchen. Das Schlimmste daran war, dass es mir gefallen hatte. Erst jetzt bemerkte ich, wie ausgehungert ich nach Berührungen war. Nach sanften Necken und Kuschelstunden und natürlich nach Sex. Langen, heißen und unglaublichen Sex. Der Blick aus s Augen, versprach all dies. Vorsichtig blinzelte ich unter meinen Wimpern nach oben, nur um seinen Blick fest auf mich gerichtet zu finden. Unsicher erwiderte ich ihn, ehe ich wieder unglaublich interessiert die verschiedenen Maserungen im Holz betrachtete.
„Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein würde dir ganz gut stehen“, sagte er schlicht, als würden wir uns über das Wetter unterhalten.
„Ich hab genug, Dankeschön!“, fauchte ich und bemerkte selbst, wie bissig es klang.
„Wieso kannst du mir dann nicht in die Augen blicken?“, fuhr er fort. Trotzig hob ich meinen Blick an und erwiderte seinen Blick stur. Fest bohrte er sich in mich, schien in meine privatesten Gedanken aufzudecken und hielt mich gefangen. Ich fühlte mich blankgelegt und entblößt. Ruckartig wich ich aus und legte mein angebissenes Brötchen auf den Teller. Ich atmete tief ein, ehe ich meinen Blick erneut hob, fest entschlossen den seinen nicht auszuweichen. Das amüsierte Funkeln war verschwunden, stattdessen hatte sich eine Ernsthaftigkeit in seinen Augen festgesetzt, die ich nicht recht zu bestimmen wusste. Wie tausend Schwerte bohrte er sich in mich hinein und obwohl er mich nicht dominant niederstarrte, konnte ich seinem Blick nicht standhalten. Laut fluchend stand ich auf, schnappte mir mein Geschirr und legte es ruppig in die Spüle. Mit beiden Händen stütze ich mich an dem Metall ab. Er ging mir unter die Haut und ich hatte absolut keine Ahnung wieso und wie ich es abstellen konnte.
„Bis wann arbeitest du heute?“, rief ich über meine Schulter hinweg.
„Bis Fünf“, erklang die schlichte Antwort. Wie konnte er nur so verdammt ruhig bleiben?
„Gut, ich mach mich mal auf den Weg. Wir sehen uns heute Abend.“ In Windeseile räumte ich meine Tasche zusammen und verließ beinahe fluchtartig die Wohnung. Die Haustür fiel mit einem lauten Knall hinter mir ins Schloss und ich ließ mich tief seufzend mit den Rücke dagegen sinken. Blau, grüne Augen tauchten vor meinem inneren Auge auf und funkelten mich schelmisch an. Verwirrt schüttelte ich den Kopf und vertrieb das Bild somit. Was war nur los mit mir? Mehr als eine schnelle Nummer würde eh nicht herausspringen, wenn überhaupt wahres Interesse zeigen würde. Tief in meine Gedanken versunken, lief ich los und hoffte, dass ich mich in der großen Stadt zu Recht finden würde.
***
Mit einem enttäuschten Seufzen ließ ich mich auf das durchgelegene Sofa sinken. Es schien so, als wäre ich meine Pechsträhne immer noch nicht losgeworden. Immerhin wusste ich jetzt endgültig, dass ich auf Veranstaltungen wie der Role Play Konvention nichts zu suchen hatte. Es hätte mir wahrscheinlich besser gefallen den ganzen Tag auch der Couch zu sitzen und alte schwarz weiß Filme anzuschauen. Von den meisten Leuten hörte ich Ablehnung, wenn ich ihnen von meiner heimlichen Leidenschaft erzählte. Ich stand nun mal einfach nicht auf die ganzen Spezialeffekte und unglaubwürdigen Explosionen. Alte Filme entsprachen wenigstens noch ein wenig der Realität.
Als ich um Punkt fünf an der Tür gestanden hatte, hing dort ein Zettel. In schöner, klarer Schrift stand darauf geschrieben, dass er doch länger arbeiten musste, als geplant und ich bitte beim Nachbarn klingeln sollte, um mir den Schlüssel abzuholen. Es war lächerlich, doch der Zettel steckte nun tief vergraben in meiner Reisetasche. Er hatte nicht nur mit unterschrieben, sondern mit ‚dein‘ . Unter all den Möglichkeiten, hatte er ausgerechnet diese gewählt? Zufall? Wer wusste es schon. Ich wusste nur, dass der Zettel dort bleiben würde. Mittlerweile war es schon dunkel geworden und ein Blick auf die kleine Uhr an der Wand ließ mich wissen, dass es schon weit nach zehn war, als ich hörte, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte. Ein müde wirkendes Gesicht erschien im Rahmen. Angespannt ließ seine verkrampften Schultern kreisen und warf seine Tasche ungeachtet in die Ecke. Seine Jacke flog direkt hinterher und auch seine Schuhe wurden achtlos auf dem Boden liegen gelassen.
„Du bist da“, sagte ich wenig einfallsreich. Als Antwort erhielt ich lediglich ein erschöpftes Nicken, dann verschwand er in der Küche und lärmte einige Minuten herum. Mit einem mit Brot belegten Teller erschien er zurück und ließ sich mich einem lauten Seufzer neben mir auf das Sofa sinken. Sein Blick fiel auf den Fernseher und er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Casablanca“, sagte ich und zuckte entschuldigend mit den Achseln.
„Danke, ich kenne den Film! Wusste nicht das du so alte Schinken guckst“, lächelte er und ich musste einfach zurück grinsen.
„Heimliche Leidenschaft. Hätte mich aber auch gewundert, wenn du es gewusst hättest.“ Er nickte schlicht und breitete sich aus. Alles an seiner Körperhaltung zeigte deutlich, dass das hier sein Revier war. Die langen Beine wurden auf den Tisch vor uns gelegt, der freie Arm auf die Lehne hinter mir und die Fernbedienung war schneller aus meiner Hand verschwunden, als ich gucken konnte. Er schaltete den Fernseher lauter und biss dann genüsslich von seinem Brot ab.
„Anstrengender Tag?“, fragte ich mitfühlend und erntete einen frustrieten Blick. Er schluckte sein Essen herunter, ehe er anfing zu sprechen.
„Du glaubst gar nicht wie sehr. Manche Kunden denken auch, dass sie sich alles erlauben können. Verdammt, ich bin Portier, kein Allwissender. Woher soll ich denn wissen, ob ausgerechnet heute Quallen im Wasser sind und im welchen Zimmern sich die Putzfrauen gerade befinden!“ Genervt blickte er mich an. „Kannst du mir mal verraten o hier in der Nähe ein Meer sein soll?“ Er verputze den Rest seines Brotes und stellte den leeren Teller auf den Boden.
„Klingt als hättest du oft anstrengende Kunden“, sagte ich grinsend und dachte dabei an mich. An seiner Stelle, hätte ich mich wahrscheinlich genervt aus dem Hotel werfen lassen. Scheiß auf den guten Ruf. Er schien meine Anspielung zu verstehen, denn ein leises Lachen verließ seine Lippen. Wie von selbst, klebte mein Blick an ihnen. Sie waren voll, freundlich geschwungen und luden nur dazu ein, die eigenen darauf zu pressen. Außerdem waren sie für mich tabu! Ich riss mich los und sah gespielt interessiert auf den Fernseher. Wen machte ich hier etwas vor? Wären wir uns an einem anderen Ort und zu einer anderen Zeit begegnet, hätte ich wahrscheinlich nicht einmal gezögert und ihn ohne weitere Umschweife in mein Bett gezerrt.
„Wie war dein Tag?“, fragte schließlich. Er hielt den Kopf fest auf die freie Hand gestützt und seine Augen waren geschlossen.
„Toll“, sagte ich schlicht und gab der Versuchung nach, aufzustehen und hinter ihn zu treten. Das Sofa war im Weg, trotzdem ich, legte so gut es eben ging, meine Hände auf seine Schultern und übte leichten Druck aus. Sofort verspannte sich der Körper unter meinen Finger. war sogar kurz davor auszuweichen, doch dieses Mal blieb ich beharrlich. Dieses eine Mal, würde ich meinen Willen durchsetzen. Vielleicht hatte ich nicht so viel Kraft im Körper, wie andere Männer, Massieren konnte ich trotzdem ganz gut.
„Entspann dich“, sagte ich sanft und begann den Druck langsam zu erhöhen. Erst als ich spürte wie die Muskeln unter meinen Händen langsam weicher wurden, begann ich gezielt zu massieren. Meine Finger ertasteten einen Knoten nach dem anderen und drückten sie geschickt weg. Er stöhnte leise auf, als ich an einer besonders großen Verspannung ankam. Sein Kopf sackte nach vorne, als ich mich auf den Übergang von der Schulter zum Nacken konzentrierte.
„Gott, du hast magische Hände“, brummte er leise und saß inzwischen vollkommen entspannt vor mir. Der Film, sowie der anstrengende Arbeitstag schienen vollkommen in Vergessenheit geraten zu sein. Die Haut unter meinen Fingern war weich und die darunter liegenden Muskeln nicht zu verachten. Jedes Mal, wenn ich einen der größeren Knoten weg rieb, verließ ein tiefes Stöhnen seine Lippen und schoss mir direkt zwischen die Beine. Verdammt, so war es aber nicht geplant gewesen! Mein Schwanz zuckte verlangend in meiner Hose und lechzte nach Aufmerksamkeit. Fest strich ich über jeden Fetzen Haut, den ich unter die Finger bekam. Sein schlichtes Shirt verdarb die Hälfte des Spaßes.
„Wenn du…“ Ich räusperte mich, als meine Stimme brach. „Wenn du dich hinlegst, kann ich dich richtig massieren.“ Ich war komplett verrückt geworden! Es war schon verwunderlich, dass er sich überhaupt von mir, jemanden den er eigentlich so gut wie gar nicht kannte – auch wenn es sich anders anfühlte – die Schultern massieren ließ, aber er würde doch bestimmt nicht weiter gehen. Deswegen war es auch keine Überraschung für mich, als er vom Sofa aufstand und mich kritisch musterte. Zum Glück blieb alles unterhalb meiner Rippen von der Lehne verborgen! Doch dann nickte er zögerlich und auf einmal sah er verdammt schüchtern aus. Hatte ich etwas verpasst, oder fand hier gerade ein Rollentausch statt? Er deutete mir an ihm zu folgen und wenige Sekunden später fand ich mich in seinem Schlafzimmer wieder. Einen Augenblick lang stand er unschlüssig im Raum, dann warf er sich auf sein Bett und rollte sich auf den Bauch. Die Arme lagen locker neben seinem Körper und sein Oberteil entblößte ein Teil seines Rückens. Vielleicht sollte ich es wagen und ihn zu fragen, ob er sein Oberteil ausziehen könnte? Obwohl nein! Damit würde ich wahrscheinlich zu weit gehen. Ungeschickt kroch ich neben ihn auf die Matratze und legte meine Hände wieder auf seine Schultern. Die Muskeln unter meinen Fingern hatten sich erneut verkrampft und es dauerte eine ganze Weile, bis ich ihn wieder entspannt auf dem Bett liegen hatte. Langsam wanderte ich weiter nach unten, massierte ihn gründlich durch und erkundete seinen Körper. Kein Gramm zu viel lagerte an diesem Körper. Unsicher sah ich an mir selbst hinunter. In letzter Zeit hatte ich es mit dem Sport nicht zu hoch genommen und auch wenn ich nicht dick war, hatte ich doch eine deutlich bessere Figur besessen. Als meine Hände am Ende des Stoffsaumes angekommen waren, schoben sie es einfach ein Stück nach oben, drückten kräftig seinen unteren Rücken. Seine Haut fühlte sich nicht mehr glatt und geschmeidig an, sondern rau und uneben. Überrascht richtete ich mich gerade auf und strich sanft über seine Haut. Ohne auf seine Protestlaute zu achten, zog ich das Shirt weiter nach oben und blickte entsetzt auf die großflächig vernarbte Haut. Sein halber Rücken war von ihnen bedeckt. Verbrennungen, schoss es mir durch den Kopf. Das waren eindeutig Verbrennungsnarben und nicht welche von der leichten Sorte. Zischend zog ich die Luft zwischen meinen Zähnen ein.
„Du hast… du bist…“ Ich unterbrach meine kläglichen Versuche und starrte ihn einfach nur an. Er begann sich unbehaglich zu regen und zog das Shirt wieder herunter.
„Ich weiß“, seufzte er tief und machte Andeutungen sich aufzurichten. Schnell legte ich meine Hand gegen sein Schulterblatt und drückte ihn nach unten. Zu meinem Erstaunen beugte er sich meinem Befehl du ließ sich wieder auf den Bauch sinken. Erstaunt hielt ich inne. Seit wann hörte jemand auf mich? Zog nicht alles ins Lächerliche was ich tat oder sagte? Piet hätte mich grob von sich geschubst und dann mit Beleidigungen um sich werfend, oder ohne ein weiteres Wort aus dem Raum gestürmt. Tiefe Befriedigung durchströmte mich, als ich bemerkte, dass ich dieses Mal die Zügel in der Hand hielt und ich würde sie nicht so leicht wieder abgeben. Ich musste unbedingt damit aufhören alles und jeden mit meinem Exfreund zu vergleichen. Piet war ein unverwechselbares Arschloch gewesen, warum sollte sich jeder so wie er verhalten? Ich konzentrierte mich wieder auf den kräftigen Körper unter mir und hielt wenige Zentimeter vor dem Saum seines Shirts inne.
„Darf ich?“, fragte ich ruhig und zog ihm das Oberteil, mit seiner Hilfe vom Körper, als er nickte. Vorsichtig ließ ich meine Hände über die beschädigte Haut gleiten. So konnte ich ihn nicht massieren, die trockene Reibung würde die Haut noch mehr spannen und wer wusste, ob er noch Schmerzen hatte.
„Hast du Creme da?“, fragte ich rau, während meine Hände weiter seinen Rücken erkundigten. Trotz der Vernarbung, sah er noch gut aus. Sie tat seiner Schönheit keinen Abbruch und ich würde einen Scheiß tun, mich deswegen abhalten zu lassen, ihn zu erkundigen. Auch wenn er es wahrscheinlich anderes bezeichnen würde. Zum Beispiel als Massieren. Zittrig griff er nach der Kommode zu seiner rechten Seite und zog nach einigen Versuchen die Schublade auf. Er wühlte einen Moment herum, ehe er eine kleine Tube Bodylotion zum Vordergrund brachte. Als er sie nach hinten reichte, entglitt sie ihm seinen zittrigen Fingern und landete mit einem dumpfen Geräusch auf der Matratze. Ich griff nach ihr, ließ mir einen großzügigen Klecks auf die Handflächen laufen und wärmte sie in meiner Hand an. Vorsichtig, um ihn nicht noch weiter zu verunsichern, massierte ich die Creme in seine Haut ein. Es fühlte sich merkwürdig an. Merkwürdig, aber keineswegs schlecht oder widerlich. Wahrscheinlich war es einfach nur gewöhnungsbedürftig. Nach einer Weile wurde meine Position unbequem, also schwang ich mich kurzerhand über seinen Hintern und ließ mich darauf nieder. Dabei raste mein Herz so schnell, dass ich befürchtete, dass er es hören würde. Natürlich hätte ich mich auch einfach auf seine andere Seite setzten können, doch alleine der Gedanke ihm so nahe zu sein, ließ mein Gehirn auf Leerlauf laufen und vertrieb jeden anständigen Gedanken. schien auch nichts dagegen zu haben. Würde er nicht ab und zu ein wohlwollendes Geräusch von sich geben, hätte ich gedacht, dass er eingeschlafen war. Ich massierte, drückte, knete ihn ordentlich durch, doch langsam machten meine Finger schlapp. Wäre da nicht dieser langsam immer stärker werdende Schmerz in ihnen, hätte ich mich stundenlang seinen Rücken widmen können. Stattdessen wurde ich immer langsamer und am Ende strich ich nur noch über die Muskeln, anstatt sie zu massieren. Ein zustimmendes Grummeln folgte meinen Brührungen. Es schien, als würden auch sie Anklang finden. Ehe ich mich versah, war ich derjenigen, der die Initiative ergriff und mich an den Mann unter mir heran machte. Zärtlich knabberte ich an seinem Hals, setzte einen kleinen Weg aus Bissen zu seinem Ohr und erntete ein leises Stöhnen. Diesmal klang eindeutig Erregung mit. Davon angestachelt, ließ ich meine Scheu fallen und leckte, knabberte und küsste was das Zeug hielt. Erst als meine Hand sich unter den Bund seiner Hose schlich, erhielt ich eine richtige Reaktion. Er richtete sich so ruckartig auf, dass ich quietschend von ihm herunter geworfen wurde und neben ihm im Bett landete. Zwei Sekunden später lag ein schwerer Körper auf mir und küsste mich, dass mir Sehen und Hören verging. Seine Lippen waren warm, fest und schmeckten unglaublich gut.
„Finger weg von meinem Hintern“, knurrte er, als er sich von mir löste. Der Saum meines Oberteils wurde gepackt und umständlich von meinem Körper gezogen. Lachend richtete ich mich etwas auf, um ihn behilflich zu sein.
„Warum?“, fragte ich neugierig. Begierig sah ich auf seine Lippen, wollte, dass sie sich wieder auf die meinen senkten. Von oben sah er auf mich hinab, ließ seinen Blick gierig über meine entblößte Haut wandern und leckte sich über die Lippen. Leise stöhnte ich auf, griff fest in seinen Nacken und zog ihn einfach zu mir herunter. Zu meiner Freude folgte er meinen Bewegungen und ließ sich auf einen feurigen, aber kurzen Kuss ein. Dann begann er sich seinen Weg meinen Körper herunter zu bahnen. An meinen Brustwarzen hielt er inne, ließ ihnen einer besonderen Behandlung zukommen, ehe er weiter wanderte, kein Stück Haut ausließ und schließlich am Bund meiner Hose ankam. Kompromisslos öffnete er den Gürtel, zog den Reißverschluss herunter und blinzelte auffordernd zu mir nach oben. Wie auf Befehl hob ich meine Hüfte an und ließ sie mir, samt Unterhose herunter ziehen. Nun lag ich hier, entblößt und geil bis zum geht nicht mehr. Einen Augenblick lang kam in mir Scham hoch, ließ mich beinahe meine Hände vor meinem Schwanz verschränken, doch dann setzte er sein Mund wieder an meinem Bauchnabel an und die Scham verschwand im Nichts.
„Du auch“, keuchte ich leise und versuchte ihn zu mir hochzuziehen. Ich erreichte lediglich, dass er mir fest in die Augen sah und sich in Zeitlupe an mir herunter arbeitete. Keuchend folgte ich seinen Bewegungen. Seine Hand umschloss fest meinen Schaft und rieb kräftig auf und ab, während er mit seiner Zunge um die Spitze kreiste. Laut stöhnend warf ich meinen Kopf in den Nacken. Das war gut. Das war verdammt gut. So gut, dass ich es mit Sicherheit nicht lange aushalten würde. Eine Weile ließ ich mich verwöhnen, doch dann ließen die Berührungen nach. Verschwitzt blickte ich an mir hinab.
„Was ist los?“, fragte ich atemlos und blickte sehnsuchtsvoll auf meinen pochenden Schwanz. Ein Tropfen sonderte sich von der Spitze ab, wurde aber von einer geschickten Zunge aufgefangen.
„Warte“, hauchte er leise, stand auf und kam wenig später mit Kondomen zurück. Einer ganzen Menge Kondomen. Grinsend blickte ich zu ihm hoch.
„Hast dir ja ganz schön was vorgenommen“, sagte ich und nickte auf die Vierecke. Er lachte verlegen und zuckte mit den Achseln.
„Lieber zu viele, als zu wenig“, grinste er optimistisch und öffnete den ersten Knopf seiner Hose. Schnell richtete ich mich auf und übernahm für ihn. Der Reißverschluss hakte leicht, als ich ihn nach unten zog, doch als er unten war, rutschte die Hose fast wie von selbst auf den Boden. Ich musste nur ein wenig ziehen und das was sich unter der Hose offenbarte, war mehr als ich mir erhofft hatte. Mit funkelnden Augen griff ich nach seinem Schwanz, ließ das große Stück sanft durch meine Hand gleiten und streckte zögerlich meine Zunge heraus. Normalerweise stand ich nicht auf Blowjobs. Zumindest nicht darauf welche zu geben. Ich mochte es nicht wenn sich mir jemand so weit in den Hals schob, dass ich würgen musste. Doch meine Intuition sagte mir, dass es diesmal anders werden würde. Zögerlich ließ ich meine Zunge fest über die Unterseite seines Schwanzes gleiten und wurde mit einem tiefen Stöhnen belohnt. Eine große Hand verkrallte sich in meinen Haaren und ehe ich versah blies ich dem Mann, welcher längst mehr als ein Fremder für mich geworden war, seinen Schwanz. Er schmeckte gut, viel besser als Piet. ließ mich meinen eigenen Rhythmus finden stöhnte hin und wieder auf. Dann schien er genug zu haben. Sanft wurde ich nach hinten aufs Bett gedrückt und spürte wieder seinen Mund an meinen Schwanz. Seine Finger wanderten jedoch weiter, kneteten meine Hoden, ehe sie sanft, aber mit Druck über meine Rosette strichen. Als sich der erste feuchte Finger in mich schob, drückte ich mich ihm wohlig entgegen und kreiste mit meinen Hüften, als er ihn nicht sofort bewegte. Ich hatte zwar keine Ahnung, wo er das Gleitgel so schnell her hatte, aber es war mir auch egal. Der Finger stieß ein paar Mal in mich, ehe er sich krümmte und gezielt den Punkt in mir fand. Sterne tauchten vor meinen Augen auf und ein tiefes Stöhnen, welches ich noch nie von mir gehört hatte, kroch meine Kehle hinauf.
„Wie magst du es gerne?“, raunte , fügte einen zweiten Finger hinzu und spreizte sie.
„Was?“, keuchte ich und drückte mich ihm entgegen.
„Vorlieben?“, fasste er sich lachend kurz und kroch zu mir nach oben um mir einen festen Kuss auf den Mund zugeben. Sofort ließ ich mich darauf ein und erkundete seufzend seinen Mund.
„Nein. Doch. Mach einfach“, stöhnte ich, als der dritte Finger sich seinen Weg bahnte. Kurz stieß er zu, ehe er seine Finger zurück zog und mich leer zurück ließ. Ein Knistern ertönte, dann wurden meine Beine ruckartig nach oben gezogen und an den Kniekehlen festgehalten. Gleichzeitig forderte etwas hartes, großes Einlass. Stöhnend gab ich dem Druck nach und hieß seinen Schwanz in mir willkommen. Langsam, aber stetig bahnte er sich einen Weg in mich hinein, ließ meinen Körper zittern und vor Lust zergehen.
„Bereit?“, flüsterte er, beugte sich zu mir hinunter, um mir einen Kuss zu geben, wobei sein Schwanz nur noch tiefer in mich fuhr.
„Bitte“, ächzte ich und kniff meine Muskeln zusammen. Er ließ es sich nicht zweimal sagen, zog sich weit zurück, nur um wieder fest zuzustoßen. Ein Stöhnen hing in der Luft, es roch nach Schweiß und Sex und ich fühlte mich so gut wie schon lange nicht mehr. Seine Stöße wurden schneller und fester. Gierig griff ich mir an meinen eigenen Schwanz und rieb ihn im Takt. Lange hielten wir beide nicht durch. Mit einem befreienden Stöhnen traf mein Sperma mit mehreren Schüben meine Brust und auch ließ sich schwer atmend auf mich sinken, ehe er sich zurückzog, das Kondom fest verknotete und es achtlos auf den Boden warf. Befriedigt grinste ich ihn an und kroch nur zu gerne in seine Arme, als er sich wieder neben mich legte und diese einladend aufhielt. Mein Sperma klebte unangenehm auf meiner Haut. Jetzt auch auf seiner, dachte ich schmunzelnd und schloss gähnend die Augen. Ich spürte noch wie seine Hand ruhig und konstant über meinen Rücken strich, da war ich auch schon eingeschlafen.
***
Als ich am nächsten Morgen erwachte, war ich nicht alleine, wie ich vermutet hatte, sondern lag fest zwischen verschiedenen Gliedmaßen gebettet. Vorsichtig, um nicht zu wecken, kämpfte ich mich unter den Armen und Beinen hervor und rollte mich ungeschickt aus dem Bett. Er lag auf dem Bauch und erst jetzt konnte ich das ganze Ausmaß seiner Verletzung erkennen. Nicht nur sein unterer Rücken war vernarbt, sondern ebenfalls sein linker Oberschenkel und ein Teil seines Hinterns. Der Unfall musste wahrlich grausam gewesen sein. Ich wollte mir die Schmerzen, die er gehabt haben musste, gar nicht erst vorstellen. Leise ging ich aus dem Zimmer und sprang unter die Dusche, wusch mir das getrocknete Sperma vom Körper und bekam das Grinsen einfach nicht mehr aus dem Gesicht heraus. Wer hätte damit gerechnet? Hätte ich von Anfang an den Ausgang dieser schrecklichen Reise gewusst, hätte ich sie ohne zu klagen über mich ergehen lassen. Sauber und mit meiner Boxer bekleidet trat ich aus dem Bad und lief direkt in die Küche. Ein bisschen Essen könnte mein Magen vertragen. Tüchtig handwerkte ich in der Küche und belegte gerade ein Brötchen, als sich warme Arme um meine Hüfte schlangen und ein feuchter Kuss in meinen Nacken gedrückt wurde.
„Bekomme ich auch was?“, brummte er tief und vergrub seine Nase in meinen Haaren. „Du riechst gut.“
„Und du nach Sperma und Sex.“ Seine Hand fuhr ohne Umwege direkt in meine Boxer und griff nach meinem Schwanz. Keuchend ließ ich mein Brötchen fallen.
„Hmm. Nach deinem Sperma“, raunte er, pumpte mich kurz und zog seine Hand dann zurück. „Marmelade bitte.“ Ungläubig lachte ich auf und reichte ihm mein Brötchen nach hinten. Dankend nahm er es entgegen, machte aber nicht die Anstalten mich loszulassen.
„Gut geschlafen?“, fragte ich beiläufig, wartete aber gespannt auf seine Antwort. Vielleicht konnte ich ja unauffällig aus ihm herauskitzeln, ob ihm die gestrige Nacht gefallen hatte.
„So gut wie schon lange nicht mehr“, sagte er ehrlich. „Wie geht’s deinem Hintern?“ Grinsend kniff er mir in eben diesen und ich sprang empört in die Höhe.
„Iss erstmal dein Brötchen auf, bevor du anfängst zu grabbeln“, neckte ich und strich über den bekleideten Rücken.
„Ich kann aber beides.“ Wie zur Bestätigung lenkte er sein Knie zwischen meine Beine und drückte sie leicht auseinander.
„Ich hab aber Hunger“, keuchte ich und deutete auf das verbliebene Stück Brot, welches ungeschmiert vor mir lag.
„Ich auch. Auf dich!“, raunte er und presste seine Lippen verlangend auf die meinen. Es blieb aber nur bei dem einen Kuss, dann ließ er mich los und trat einen Schritt nach hinten, sodass ich genug Platz hatte, das Brot zu belegen.
„Hast du heute schon was vor?“, fragte er interessiert, doch als ich mich zu ihm umdrehte, blickte er gespeilt desinteressiert nach Draußen. Als ich nicht antwortete, sah ich, dass er nervös wurde. „Weißt du, ich weiß, dass es wahrscheinlich nur eine einmalige Sache war, aber vielleicht hättest du ja trotzdem Lust etwas mit mir zu unternehmen. Zumindest so lange, wie du in der Stadt bist.“ Er zuckte unsicher mit den Schultern und sah mich jetzt doch an. Konnte das wirklich sein? Konnte es sein, dass ich einen Mann traf, der an mir interessiert war, mich ernst nahm und in einer völlig anderen Stadt wohnte? Hasste mich das Schicksal so sehr? Ich nahm mir vor die Zeit, die ich noch hatte zu genießen, also nickte ich lächelnd, wohl wissend, dass es umso schmerzhafter werden würde, wenn ich Morgen abreisen musste.
„Klasse, es gibt die Straße runter ein kleines Restaurant, es ist zwar nicht das edelste, aber das Essen ist wirklich gut.“
„Klingt fantastisch“, freute ich mich und gab ihm einen kleinen Kuss auf den Mundwinkel. Wie konnte es sein, dass es sich so anfühlte, als würde ich ihn schon Jahre lang kennen? Kopfschüttelnd setzte ich mich zu ihm an den Tisch und aß mein Brot. Währenddessen unterhielten wir uns über alles Mögliche und ich stellte fest, dass wir sogar einige Dinge gemeinsam hatten. reservierte einen Tisch um acht Uhr und die Zeit dahin vertrieben wir uns abwechselnd auf dem Sofa und Bett mit Kuscheln und Sex.
Der Tag verging viel zu schnell und ehe ich mich versah, ging die Sonne unter und wir standen wieder vor seine Haustür. hatte recht gehabt, dass Essen hatte fantastisch geschmeckt und der Abend war traumhaft gewesen. Sie hatten geredet und gelacht. Sich Geschichten aus ihrer Kindheit erzählt und peinliche Erlebnisse. Umso unangenehmer war es zu wissen, dass ich morgen um diese Uhrzeit schon lange wieder zu Hause sitzen würde. Ich vermisste ihn jetzt schon, obwohl ich an ihm gekuschelt saß und die Hände sachte über die vernarbte Haut gleiten ließ. Das Verlangen in ihn hineinzukriechen zerriss mich beinahe und ich stellte meinen Verstand wirklich in Frage. Wie konnte ich mich so schnell neu verlieben, denn ich hatte mich in ihn verliebt. Eindeutig!
„Was ist los?“, ertönte es leise neben mir. Seufzend spielte ich mit seinen Fingern.
„Wie machen wir das mit morgen?“ Verwirrt sah er mich an.
„Was ist denn morgen?“ Unsanft schnippste ich ihm gegen die Brust.
„Ich muss wieder nach Hause fahren.“ Erst erstarrte er, dann richtete er sich blitzschnell auf.
„Morgen schon? Kannst du nicht noch ein paar Tage warten?“ Ich konnte deutlich sehen, wie er nach Auswegen suchte.
„Und dann? Nach den Tagen muss ich auch wieder fahren“, sagte ich bedrückt, nicht gewillt diesen Mann so schnell gehen zu lassen. Eigentlich wollte ich ihn gar nicht gehen lassen. Das war mein Glück und langsam hatte ich es satt immer das Schicksal darüber entscheiden zu lassen. Es wurde Zeit, dass ich mich selbst diesem annahm und endlich mal den richtigen Weg folgte, anstatt dauernd in kleine Sackgassen zu laufen. Er stieß ein tiefes Seufzen aus.
„Möchtest… Magst du mich denn überhaupt?“, fragte er leise und unsicher. Verblüfft drehte ich mich in seinen Armen herum. Wie konnte er so eine überflüssige Frage überhaupt stellen.
„Natürlich mag ich dich. Ich-“
„Ich meinte nicht als Kumpel“, unterbrach er mich schüchtern.
„Ich hab dich schon verstanden“, grinste ich während mein Herz in meiner Brust bollerte. Stellte sich die Welt ausnahmsweise doch nicht gegen mich? Ein Lächeln erstrahlte sein Gesicht und ehe ich mich versah, wurden meine Lippen wieder in Beschlag genommen.
„Du musst morgen aber nicht gehen. Du kannst doch einfach hier bleiben!“ Flehend blickte er mich an. Sanft ließ ich meine Hand unter sein Shirt gleiten und strich über die vernarbte Haut.
„Das geht nicht. Ich habe einen Job. Genauso wie du. Lass uns lieber den Abend genießen, anstatt über Morgen nachzudenken.“ Ich reckte mein Kinn nach oben, verlangte nach einem neuen Kuss. gewährte ihn mir, doch ich konnte den Schmerz in seinen Augen lesen, als er sich löste. Ich war mir sicher, dass sich dieselben Gefühle auch in meinen wiederspiegelten. Er seufzte, als ich erneut über seine Narben strich.
„Darf ich dich fragen was passiert ist?“ Ein wehmütiger Blick legte sich auf sein Gesicht. Dann stieß er ein verzweifeltes Lachen aus.
„Es war meine Schuld. Ich war einfach ein Idiot der auf nichts und niemanden hören wollte.“ Stumm wartete ich ab und hörte ihm zu. „Ich bin nach einer meiner Partys nach Hause gekommen und wollte mir anscheinend noch etwas zu Essen machen.“ Verzweifelt fuhr er sich durch die Haare. Dann traf mich ein entschuldigender Blick. „In meiner Jugend war ich alles andere, als ein leichter Umgang. Ich hab den Herd angelassen. Das nächste an das ich mich erinnere ist das ich im Krankenhaus aufgewacht bin. Der Herd hat Feuer gefangen. Meine Nachbarin hat die Feuerwehr gerufen, gerade noch rechtzeitig wie man erkennen kann. Da war ich Achtzehn.“ Jetzt wurde mir so einiges klar. Davon musste er auch geträumt haben, als er in der Nacht angefangen hatte zu weinen.
„Mich stören sie nicht“, flüsterte ich und grinste, als sein Kopf erstaunt zu mir hinaufruckte.
„Das sollten sie aber“, krächzte er und blickte mir verzweifelt in die Augen. Erneut verlor ich mich in ihm und ohne meine alten Ängste, warf ich mich auf seinen Schoß und tat genau das, was ich ihm vorgeschlagen hatte. Ich genoss den Abend.
Am nächsten Morgen standen wir schon eine halbe Stunde zu früh am Bahnsteig. Seufzend lehnte ich meine Stirn gegen seine Brust und vergrub mein Gesicht an ihm. Konnte man sich wirklich so schnell verlieben? Seine alten Zweifel von einem Tag auf den anderen hinter sich lassen? Bevor ich kennengelernt hatte, hätte ich definitiv nein gesagt, doch jetzt war ich mir nicht mehr ganz sicher.
Die komplette halbe Stunde standen wir aneinandergeschmiegt da, keiner sagte etwas, oder bewegte sich. Ich wollte ihn nicht loslassen und trotzdem fuhr der Zug ein und er würde mit Sicherheit nicht extra auf mich warten. Wehmütig ließ ich mich ein letztes Mal von ihm küssen, dann stieg ich in den Zug, ohne mich noch einmal umzublicken. Als ich jedoch im Zug stand und sich die Türen hinter mir schlossen, konnte ich nicht widerstehen und warf einen Blick aus den verdunkelten Scheiben. Ich erwartete in das Gesicht eines traurigen Mannes zu blicken, stattdessen fand ich einen leeren Bahnsteig vor. Das Leben war nun mal nicht wie aus einem Märchenbuch und die Märchenprinzen lebten oft hunderte Kilometer entfernt und konnten ihren Job auch nicht einfach aufgeben.
Niedergeschlagen bahnte ich mir einen Weg durch den engen Gang und ließ mich in einen der leeren Zweier nieder. Mit trübem Blick sah ich nach Draußen. Der lächerliche Wunsch keimte in mir hinauf, dass ich im letzten Moment aus dem Zug sprang und direkt in seinen Armen landete. Als der Zug sich aber in Bewegung setzte, verblasste aber auch der letzte Hoffnungsschimmer.
Die gute Stimmung in den letzten Stunden löste sich in Luft auf und hinterließ nichts als Bedrückung. Ich wollte ihn wiedersehen und ich wollte es jetzt. Unbewusst beantwortet ich mir meine Frage von vorhin selbst. Ja, man konnte sich von einen Tag auf den Anderen Hals über Kopf in jemanden verlieben. Nur mussten für eine Beziehung zwei Personen bereit sein. Es reichte nicht aus, wenn nur ich mich verliebt hatte. hatte zwar angedeutet das er mich mögen würde, aber er hatte es nie direkt ausgesprochen. Müde lehnte ich meinen Kopf gegen die Scheibe und schloss die Augen. Wer auch immer dort oben saß und die Fäden zog, war ein riesengroßes Arschloch.
***
Drei ganze Wochen waren vergangen, seit ich das letzte Mal von gehört hatte. Inzwischen hatte er sich so tief in mein Herz gebohrt, dass es jedes Mal wehtat wenn ich an ihn dachte. Das erste freie Wochenende lag vor mir und ich hatte ganz sicher nicht vor es alleine zu Hause zu verbringen. Heute würde ich erfahren, ob er mich wirklich wollte. Sicher, eine Fernbeziehung war nicht leicht und wir würden definitiv einige Hoch- und Tiefpunkte haben, aber ich war mir sicher, dass es sich lohnen würde. Ich würde es nicht nur heute erfahren, sondern in wenigen Minuten. Mit zitternden Händen stand ich draußen vor dem Hotel und wagte mich nicht hinein. Was war, falls er mich nur als Wochenendspaß gesehen hatte? Als kurzen Fick zwischendurch? Ich würde es wohl nie erfahren, wenn ich weiter draußen in der Kälte herum stehen würde. Ich kratzte den Rest meines Muts zusammen und trat durch die große Tür. Sofort wurde ich von wohliger Wärme umfangen. Das Foyer war deutlich besser besucht als im vergangenen Monat. Mit feuchten Händen stellte ich mich hinter einen etwas stämmigeren Mann in die Schlange. Vorsichtig linste ich an ihm vorbei. Da saß er. Mit einem gezwungenen Lächeln auf den Lippen und ausdruckslosen Augen. Ich war schlecht, wenn es darum ging andere Menschen einzuschätzen. Aber jeder der auch nur annähernd Gefühle erkennen konnte, sah dass es miserabel ging. Die Schlange wurde viel zu schnell kleiner und bevor ich die Chance hatte zu verschwinden, stand ich auch schon vor ihm. Wie zuvor bei den anderen Kunden, hob er kaum den Kopf um mich anzusehen.
„Hi“, flüsterte ich. Langsam hob er den Kopf und erstarrte. Ungläubig huschten seine Augen über mein Gesicht. Gefühlte Minuten starrte er mich an, dann erhellte ein Strahlen sein Gesicht. Sein Augen funkelten und sein Körper schien an Haltung zu gewinnen. Das reichte mir aus um zu wissen, dass er mich genauso vermisst hatte, wie ich ihn. Solange wir uns liebten, würde sich der Rest schon finden.
„Ich hätte gerne ein Zimmer für zwei Personen“, sagte ich, bevor er mich zu sich hinunter zog und küsste.
Tag der Veröffentlichung: 27.12.2015
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