Farben der Zeit
Ich selbst hatte mir dieses „grau“ zusammengemischt.
Die noch vorhandenen ,bunten Farbkleckse auf der Farbpalette des Lebens solange zusammengerührt, das ich jetzt auf ein wenig einladendes , tristes „grau“ starrte.
Ich war an einem Punkt, an dem der Regenbogen wie eine graue Sichel den Himmel in zwei Hälften teilte und wenn ich die Augen ganz fest zusammenkniff, konnte ich fast so etwas wie Stufen auf ihm erkennen.
Nein, ich war nicht vollgepumpt mit Drogen, ich war vollgepumpt mit Leben.
Mit Leben wie ich es nicht wollte, zuviel des Guten und zuwenig von dem, was sich gut anfühlte.
Es war so, als hätte ich in einem Restaurant meine Lieblingsspeise zum 5-ten Mal bestellt und säße jetzt, mit geöffnetem Reißverschluss, leicht nach hinten gebeugt und schnaufend wild jammernd auf meinem Stuhl und hätte dabei nur noch einen Wunsch: den Finger in den Hals schieben und alles Überflüssige los werden.
Beim Essen machte das vielleicht in solchen Momenten die Lösung sein, aber was machte man mit zuviel „ICH“?! Zuviel Leben, dass einem schwindelig wurde und man nicht mehr die Kontrolle über sich selbst hatte, weil man gar nicht mehr man selbst war, sondern nur noch eine Rolle spielte? Beziehungsweise Rollen? Schließlich wollte man es ja allen recht machen...
Es ist, im Nachhinein betrachtet, komisch, wie sehr man sich mit der Zeit daran gewöhnt, dass alles nur noch grau in grau erscheint und man dies als solches gar nicht mehr wahrnimmt.
Vielmehr sind in den letzten Monaten die Bilder dieser Momente wie schwarz-weiße Fotografien verblasst, als hätte man sie zu lange in der Sonne liegen lassen, achtlos.
Die Akkus waren leer, ich sah morgens im Spiegel eine Frau, die ich nicht kennen wollte, deren einst tanzenden Grübchen tiefe Schluchten bis zu den Tränensackbarrikaden geschlagen hatten.
Selbst Haut und Haare eine graue Botschaft an das Leben, welches sich irgendwie aufgegeben hatte.
Und das Schlimmste an allem war, dass ich es zu diesem Zeitpunkt nicht einmal bemerkte.
Diese graue, hässliche Brühe schwappte durch meine Gedanken, meine Träume und Ziele und ertränkte alles, wofür ich schon so oft hatte kämpfen müssen.
Heute, über ein Vierteljahr später, halte ich ein Palette in den Händen, auf denen sich zarte Farben aneinander schmiegen. Sanfte Pastellfarben, die auf der Leinwand meines Lebens zu einem Kunstwerk heranwachsen werden. Mit jedem Pinselstrich des Momentes werde ich mutiger, erscheinen die Farben kräftiger. Ich weiß jetzt, dass mein Bild trotzdem fertig wird,perfekt sein wird, für mich zumindest, auch wenn sich die ein oder andere Farbe nicht auf meiner Palette finden wird.
Tag der Veröffentlichung: 28.01.2011
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