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Kein Selbstvertrauen



Das Getuschel und Gekicher hinter ihr in der Schlange ebbte nur langsam ab.
Sie merkte, wie ihre Wangen glühten und spielte nervös mit ihren Händen.
Der Imbissverkäufer fragte freundlich:“ Na Josi , wie immer ?“
Wie eine brechende Welle schwappte ihr Gelächter in Josi' s Ohren.
Trotzig , die Worte heraus pressend , antwortete sie : „ Ja , einen Salat bitte !“
Der Verkäufer zögerte einen Moment , das Lachen verstummte.
Josi zitterte und hatte Mühe , ihre vor Scham weich gewordenen Knie unter Kontrolle zu halten.
So würdevoll wie möglich nahm sie den Salat und ging hoch erhobenen Hauptes an der Horde Jugendlicher vorbei . Den Salat schmiss sie in die nächste Tonne , sie hasste Grünzeug .
Aber noch mehr ärgerte sie sich über ihre Feigheit .
Jetzt würde sie hungrig zu Bett gehen müssen.


Keine Standhaftigkeit



Es lachte sie an. Es schien , als würde dieses Tortenstück sie hämisch grinsend verspotten.
Nein , dieses Mal würde sie standhaft bleiben ! Sie riss Alufolie ab und stülpte sie über das Stück.
Mistvieh ,elendes! Wie zufällig streifte ihr Zeigefinger noch über den Sahnerand ,bevor sie die Torte in den Kühlschrank stellte. Zu schade um es ab zu waschen , dachte sie und schob sich den Finger in den Mund . Wie göttlich! Im Wohnzimmer warf sie sich auf die Couch und stellte den Fernseher an . Ihre Gedanken konnten dem Geschehen im Fernsehen nicht folgen , immer wieder schweiften ihre Gedanken zu diesem Stück Sahnetorte in ihrem Kühlschrank . Etwa 10 Minuten später hatte sie bereits die Folie von dem Kuchen gerissen und sich einen Löffel voll in den Mund geschoben . Gierig fuhr sie mit der Zunge über die Süße in ihrem Mund und fühlte sich augenblicklich glücklich.
Sie machte sich auch nicht die Mühe , den Rest wieder in den Kühlschrank zu stellen . Sie wusste ; sie würde erst Befriedigung verspüren und zur Ruhe kommen , wenn auch der letzte Krümel in ihr dieses Glücksgefühl ausgelöst hätte.


Keine Toleranz



Morgens saß sie massig auf dem Stuhl vor dem Spiegel . Sie betrachtete sich eingehend und fand , dass ihre zarte , weiche Haut und der warme Ton ihrer braunen Augen sie fast schon schön machten . Sie erinnerte sich an ein Märchen und erhob sich schwerfällig , um zu der kleinen Kommode am Fenster zu gehen . Dort irgendwo musste dieses Ding doch sein ! Ja , tatsächlich lag es schimmernd zwischen all den anderen Sachen , welche sie nie getragen hatte .
Sie ließ sich keuchend auf dem Stuhl nieder und steckte sich das Diadem ins Haar . Dann fragte sie , die Worte ob der Anstrengung der Bewegung heraus pressend : „ Spieglein, Spieglein an der Wand , wer ist die Schönste im ganzen Land ?“ Zunächst geschah nichts. Eine gefühlte Ewigkeit später antwortete der Spiegel : „ Dann musst Du mal zur Seite gehen , ich sehe ja nichts !“
Als es dunkel wurde , stand ein Spiegel abholbereit für den Sperrmüll am Straßenrand .

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 18.03.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Liefere Dich keinem Kompromiß aus : Du selbst bist alles , was Du hast .

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