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Ein Leben geht zu Ende



Lange pechschwarze Haare verbergen das Gesicht einer großen Frau, die gerade in ihrem Vorgarten Unkraut zupfte. Die Sonne stand am höchsten Punkt und sie schaute auf. Sie bedeckte mit ihren schmutzigen Händen die Augen und spähte zu den Nachbargrundstücken, die wie immer perfekt aussahen. Außer ihr Garten war doch irgendwie wilder, es störte sie nicht, denn so sah es natürlicher aus und nicht künstlich. Ihre strahlend blauen Augen, die man für kalt halten könnte, die aber Wärme ausstrahlten, sah auf einem Baum eine Krähe sitzen. Darunter kam gerade ein Nachbar zum Vorschein mit einem Besen in der Hand und fuchtelte wie wild damit herum, dass die Krähe endlich verschwand. Doch diese starrte unentwegt die junge Frau an. Der Nachbar gab es auf, lächelte beschämt seiner Nachbarin zu und verdrückte sich wieder in sein Haus. Doch Tier und Mensch schauten sich weiter an, dann nach fünf Minuten schoss die Krähe in die Höhe und war verschwunden. Kopfschüttelnd richtete sie sich auf und schaute die Blumenbeete ab, es war eigentlich noch viel zu tun, aber heute hatte sie genug erledigt und schlenderte mit dem Eimer voll Unkraut Richtung Komposthaufen. Da saß sie wieder, diese Krähe und starrte sie an, diesmal versuchte sie sie wegzuscheuchen, doch der Vogel bewegte sich keinen Millimeter und krähte zurück. Er breitete seine Flügel aus und mit einem lauten Flügelschlag, bei dem die Frau zusammenzuckte, raste der schwarze Vogel auf sie zu und über sie hinweg. Nun wankte die Frau hielt sich an einem kleinen Baum fest und fiel vornüber. Dunkelheit legte sich über sie und ihr letzter Gedanke war, dass sie nun sterben würde.

Zögernd öffnete sie ihre Augen, als kalte schwere Tropfen auf ihren Kopf fielen. Die Nacht war hereingebrochen und sie lag wie eine Obdachlose auf einer Parkbank, nahe eines kleines Waldes. Gegenüber erstreckten sich mehrere kleine Einfamilienhäuser, wo kein einziges Licht brannte. Die Straßenlaternen spendeten kaum genügend Helligkeit um die Häuser näher zu erkennen. Neben ihr war ein überfüllter Mülleimer mit einer Tageszeitung, doch diese war nicht auf Deutsch sondern auf Englisch, als Überschrift „New York Times“. Wie war sie soweit gereist? War sie mehrere Tage ohnmächtig? Plötzlich hörte sie wie eine Tür eines Hauses aufgemacht wurde und eine schemenhafte Gestalt von einem Mann stand im Türrahmen und sah sie an. Nach einigen Sekunden war er wieder verschwunden, doch die Tür war noch einen Spaltbreit offen. Sollte die Frau hineingehen? Schritt für Schritt bewegte sie sich in Richtung des Wohngebäudes, umso näher sie kam desto unwohler fühlte sie sich. Wurde sie entführt? Und wie war sie so schnell nach Amerika gekommen? Wo doch ihr Haus in Deutschland stand.
In dem mittelgroßen Foyer stand sie nun endlich im Trockenen. Sie hatte gar nicht bemerkt wie sehr ihre Kleidung durchnässt war. Leicht zitternd schaute sie sich um, es wurde nur spärlich von kleinen Petroleumlampen beleuchtet und überall lag eine große Staubschicht auch roch es leicht modrig, als ob hier seit Jahren niemand wohnen würde.
Sie betrat langsam den nächsten Raum, auf alles gefasst. Niemand war hier, in der Mitte stand ein riesiger schwerer Eichentisch und links und rechts der Wand entlang waren deckenhohe Schränke mit schwach beleuchteten Glaskästen. Der Raum wirkte ziemlich belebt, doch niemand war zu sehen. Dunkle dicke Vorhänge bedeckten das breite Fenster, nur leicht schien der Mond hindurch. Die einzige Lichtquelle waren zwei große Kerzenständer die jeweils auf einer Seite des Tisches standen. Langsam drehte sich der Sessel, welcher zuvor mit der Rückenlehne zur ihr stand um und ein Mann mit einem schwarzen langen Umhang saß darauf, die Kapuze verdeckte vollkommen sein Gesicht. „Setz dich bitte!“, seine Hand zeigte auf den kleinen bequemen Sessel, doch trotzdem blieb sie stehen. „Kenne ich Sie?“, sagte sie mit leiser, aber fester Stimme. „Ja du kennst mich. Doch dein Gedächtnis wurde gelöscht. Um die ganze Wahrheit zu erfahren, muss ich dich um etwas bitten!“ „Mein Gedächtnis gelöscht? Aber warum?“, fragte sie ihn aufgeregt. Doch er schmunzelte nur leicht, was sie nicht sehen konnte. „Du bist Mary Maga, aber du willst bestimmt alles erfahren. Ich brauche dein Einverständnis.“, seine ruhige Stimme wurde zunehmend schärfer. „Mein Einverständnis? Was soll das? Wie kann ich Ihnen vertrauen?“ „Du musst wohl!“ Zögernd nickte sie ihm zu „Ja, ich möchte es wissen“ Schon war er aufgesprungen und drückte seine flache, dünnfingrige Hand gegen ihre Stirn.

Ein kleines schwarzhaariges Mädchen saß auf dem Boden eines düsteren Kinderzimmers und spielte mit schwarzen Voodoo-Puppen die sie von ihrem Vater geschenkt bekommen hatte. Sie mochte nicht sonderlich ihren Vater, aber es war halt ihr Vater. Was sie aber nicht wusste, dass diese Puppen wirklich mit einem Voodoo-Zauber verhext waren und so einige Menschen nicht mehr Herr ihrer Sinne waren. Die Tür sprang auf und eine dürre ebenso schwarzhaarige Frau trat herein. Das Kind schaute kaum merkbar auf. „Mary, nun komm. Dein Vater wartet nicht gerne wie du weißt!“, sagte sie leise und behutsam zu der Kleinen. Sachte streichelte sie ihrer Tochter über die seidenen Haare. Sie liebte Mary über alles, denn es war das Einzige worauf sie wirklich stolz war. Langsam stand Mary auf und schaute die Mutter mit ihren kalten blauen Augen an. Dieser lief ein Schauer über den Rücken, denn ihr Kind hatte die bösen Augen von ihrem Vater geerbt, aber sie hoffte, dass sie nicht so wird wie dieser. Gemeinsam gingen sie in den Thronsaal, wo schon der Vater dasaß und sie keines Blickes würdigte. Vor ihnen waren Menschen, welche sich verbeugt hatten. Mary's Augen ruhten auf einen Jungen, der vielleicht fünf Jahre älter schien als sie. Er war schlank und kraftlos. Dynastes Maga brummte laut: „Unsere neuen Diener. Hoffen wir sie sind besser als die Vorherigen. Meine Tochter braucht einen neuen Beschützer, der alte hatte es nicht mehr geschafft und landete in der Skorpionengrube. Diese abscheulichen Abkömmlinge werden noch nicht mal so alt wie wir.“ Angewidert schaute er alle nacheinander an. Abkömmlinge war ein schlimmes Wort für Magier ohne Klanangehörigkeit. Das heißt, dass die ältesten Magierfamilien Klanen angehören, welche Tiere als Ansehen beherrschen konnten. Zu den Magas gehörten Skorpione, aber es gibt noch einige weitere solche Klane. Früher waren es Hunderte, aber durch Machtkämpfe außerhalb und innerhalb der Familien rotteten sie sich gegenseitig aus. Diese Kämpfe wurden heute noch ausgetragen und an der Spitze waren die Skorpione. Abkömmlinge werden versklavt oder getötet, wenn sie sich ihnen widersetzten.
Ein alter blinder Magier mit einem Verband um die Augen streckte seinen Zauberstab aus und richtete ihn auf einen Schmiedeofen, wo ein dreckiges altes Eisen lag. Dieses flog in die Luft und zeigte am Ende einen rotglühenden heißen Skorpion, welcher nun zwischen den Schulterblättern der Abkömmlinge eingebrannt wurde. Alle stöhnten leise auf, als das Mal die Haut berührte, außer dem Jungen, der keinen Mucks von sich gab. Dynastes schaute belustigt zu und freute sich innerlich soviel Macht zu haben. Er freute sich nicht nur an die Abkömmlinge sondern einige Klanführer und deren Angehörige waren dabei, welche den Kampf verloren hatten. Durch dieses Mal lief eine böse schwarze Magie und es verhinderte einen Ausbruch oder gar starke Zauber auszusprechen und sie gegen den Skorpionenklan einzusetzen.

Die Jahre verstrichen, Menschen wurden getötet, Klane vertrieben und die Macht ausgebreitet. Der Junge war nun dreizehn Jahre alt und führte die achtjährige Mary an der Hand. Sie schwiegen und liefen unter der schwarzglühenden Sonne. Das Schloss von dem Skorpionenklan lag am Rande der Roten Wüste des Todes. Niemand hätte in der Wüste alleine überleben können. Viele verloren dabei ihr Leben dieses trockene und tote Land zu durchqueren. Beide gingen auf einen schmalen Kieselweg Richtung eines kleinen Gebäudes, was an eine zu groß geratene Hütte erinnerte. Überall lagen Leichen von Menschen und Tieren, welche aus Spaß von dem Schwarzmagier, der in dem Gebäude lebte, umgebracht wurden oder einfach an Wassermangel verendet waren. Ater Obscuritas schaute hasserfüllt auf Mary hinab, ihr Vater hatte seine Familie ermordet und er musste sie anfassen. Sie lernten bei dem Magier die dunklen Sprüche und all das was man zum Leiden zufügen brauchte. Mary lernte schnell, schneller als Ater, aber sie wusste noch nicht richtig was das alles zu bedeuten hatte. Sie wusste nicht was der Tod war und was er für eine Bedeutung hatte. Auch kannte sie kein Leiden oder Schmerz. Ater durfte dies lernen, da er höher war als viele seiner Mitleidenden. Er musste diese Magie erlernen um Mary zu beschützen, auch wenn sie es alleine besser hätte können.

Eines Abends streifte Ater im Schloss umher und wiederholte mehrmals seinen Plan in Gedanken. Er wollte die junge Tochter eines Nachts umbringen um die nächste Generation der Skorpione auszulöschen. Leise kaum hörbar näherte er sich ihrem Schlafgemach. Er öffnete die Tür und sah auf das alte riesige Himmelbett. Es wimmerte jemand, es war Mary. Ater schloss die Tür leise hinter sich und stellte sich neben das Bett mit einem spitzen Gegenstand in der Hand, bereit zum Zustechen. Mary schlug die Augen auf, sie leuchteten noch mehr, denn sie waren mit Tränen gefüllt. Geschockt sah sie ihren eigentlichen Beschützer an. „Was machst du da?“ Ater suchte nach einer Ausrede, „Ich habe dich weinen gehört, ich dachte jemand tut dir weh!“ „Nein! Ich, ich habe schl... schlecht geträumt“, sie fing an zu stottern. Er ließ seinen Arm sinken, steckte den Dolch in seinen Umhang und setzte sich auf das Bett. Ein paar Sekunden eher und er hätte sie erledigt. „Um was ging es denn?“, fragte er teilnahmslos. „Um dich. Mein Vater hat dich umgebracht und ich habe schrecklich geweint, ich hatte so ein Schmerz in mir, als ob man mein Herz herausreißen würde. Ater was ist das für ein Gefühl?“ Er schaute erstaunt auf sie herab, hatte sie wirklich um ihn geweint? Hatte sie tatsächlich Gefühle wie jeder andere Mensch auch? „Aber wieso hast du dabei geweint?“ „Es war so schrecklich, wie du mich mit deinen toten Augen angesehen hast, so kalt und fern. Aber sag mir doch was das ist!“ „So etwas nennt man Trauer, Mary. Wenn man...“, eine längere Pause trat ein, „wenn man einen Menschen lieb hat!“ „Lieb hat?“ „Ja. Wie du deinen Vater oder deine Mutter lieb hast!“ „Aber ich habe so oft geträumt, dass ich nachts in das Zimmer meines Vaters kam und er tot war und ich war danach glücklich! Ist das schlimm?“ Etwas regte sich in Ater. Konnte es sein, dass Mary gar nicht böse war? „Meine Mutter habe ich lieb. Sie sieht aber immer so niedergeschlagen aus.“ Da hatte sie recht.

Zehn Jahre später war aus der kleinen Mary eine wunderschöne junge Frau geworden, welche nun mit einem silbergehornten geflügelten Pferd vor einer kleinen Baracke stand. Leicht angelehnt und schützend vor der schwarzen Sonne unter dem Dachvorsprung. Sie wartete auf jemanden. Sie schaute auf eine Stelle und kurz darauf, wie aus dem Nichts erschien ein junger Mann mit schwarzen Haaren. Unter seinen Augen lagen tiefe Augenringe, aber seine Augen strahlten vor Glück, als er Mary sah. „Das wird auch Zeit, Ater.“ „Tut mir leid Liebste, aber es war schwieriger als gedacht.“ Er lächelte ihr zu und gab ihr einen Kuss. „Wie das war schon alles?“, schmollte Mary. Er trat wieder näher an sie heran, nahm mit einer Hand sanft ihr Kinn und schob es nach vorne. Die andere schwang er um ihre Hüfte und zog sie zu sich und küsste sie leidenschaftlich. Sie vergaßen die Welt und die Tyrannei des Vaters, denn er hatte Ater von Mary getrennt, da sie alt genug war sich selbst zu verteidigen. Nun war er nur noch ein ganz normaler Diener, doch heimlich trafen die Verliebten sich.

Eine dunkle eisige Nacht lag über dem riesigen schwarzen Schloss. An der Grenzmauer bewegte sich ein dunkler Schatten. Seine Schritte konnte man nicht hören, denn er war geübt. Ater strich über die alte kalte Mauer und es schauderte ihn. Könnte er jemals dieses Schloss verlassen oder könnte er wenigstens seine geliebte Mary befreien? Er befolgte genau den Plan, ging genau den Weg entlang den er sich so oft vorgestellt hatte. Nun war Ater im Schloss angelangt und rannte leise zu den Schlafzimmern. Lautlos machte er die Tür auf und sah das riesige Bett vor sich. Er sah, dass die Königin die Augen auf hatte und leicht nickte. „Dynastes! Schnell! Eindringlinge!“ Laut zerbarst das Fenster und die Scherben flogen durch den ganzen Raum. Schreie ertönten von dem Hof in das Schlafzimmer. Dynastes war schnell aufgestanden und hatte sich seinen mannshohen Zauberstab genommen. „Was ist los?“, fragte er laut, dass man gar nicht geglaubt hätte, dass er gerade noch tief und fest geschlafen hatte. „Eindringlinge! Ich konnte sie nicht fern halten!“ Er trat an das Fenster und schleuderte Blitze hinab. Das war Marys Stichwort. Sie hatte lange am Fenster gewartet um das vereinbarte Zeichen schnell genug zu sehen. Schnell sprach sie eine Formel und nun waren auf dem Hof tausende schwarze Gestalten. Es war nur eine Illusion, aber hoffentlich fiel ihr Vater lange genug darauf herein. Sie hörte wie Dynastes das Zimmer verließ und schreiend durch das Schloss rannte. Die Wachen waren schon zur Stelle um ihn zu beschützen. Der Plan funktionierte sie sprang aus dem Fenster und ehe sie auf dem harten Boden aufkam, war ihr Pferd gekommen und sie flogen zu dem Fenster, wo Ater stand. Schnell schwang auch er sich auf den Rücken des Tieres, ihre Mutter winkte ihn traurig hinterher. Sie konnte und wollte nicht mit. Dynastes Fluch lag zu sehr auf ihr.

Die ganzen Erinnerungen sah Mary wie durch einen Fernseher, doch diesmal war sie an diesem Ort. Sie fand sich auf einer Ruine wieder, welche nur aus Schutt und Asche bestand. Leicht wehten ihre langen, pechschwarzen Haare im Wind und ihre Augen leuchteten kälter als zuvor. Ihre blutroten Lippen waren schmerzlich zusammengepresst und sie kniff die Augen zusammen, denn ein Windstoß wirbelte den jahrealten Staub und die Asche auf. Nun erinnerte sie sich und diesmal war es ihr Gehirn was diese Informationen gab.
Ein riesiges Feuer wütete hier vor Jahren, das diese kleine Villa bis auf die Grundmauern ausbrannte. Mary war hier, als die Flammen wüteten. Sie kletterte die kleine zerbrechliche Leiter in die Bodenkammer hinauf. Gefangen und keine Rettung in Sicht. Die seltsam blauen und roten Flammen schlugen wie Peitschenhiebe auf sie ein. Sie rutschte mit einem Fuß ab und konnte sich aber gerade noch festhalten. Mit letzter Kraft zog sie sich nach oben und kroch in die hinterste Ecke unter einem Fenster. Sie suchte ihren magischen Stock, doch sie fand ihn nicht. Tränen aus Zorn kamen in ihr hoch und die Augen funkelten böse und kalt, so dass sie ihrem Vater ähnlicher sah als zuvor. Ater hatte sie verraten, das wusste sie. Zusammen lebten sie drei Jahre in diesem Haus in der menschlichen Welt und versteckten sich vor der magischen Welt. Niemand wusste wo sie zu finden sind, doch in letzter Zeit war ihr Ater so unruhig und unnahbar vorgekommen und seit ein paar Tagen war er verschwunden. Jetzt wusste sie wo er war, er war in die Dienste ihres Vaters zurückgekehrt und wollte sie ausliefern. Das Fenster über ihr zerbarst laut und sie schreckte aus ihren Gedanken hoch. Ein Regen aus Scherben schoss auf sie hinab. Ungläubig stand sie auf und schaute hinaus. Eine kleine Menschenmenge rief immer wieder ihren Namen. Einige standen einfach nur da, hatten ihre Stäbe vorgestreckt und flüsterten eine Zauberformel. Langsam fing es an zu regnen, aber es war kein normaler Regen, denn dieser war nur über dem Haus und allmählich wurden die Flammen kleiner, erloschen aber nicht vollständig. Panik stand auf ihr Gesicht geschrieben, doch nicht länger als ein Augenzwinkern, schwebte ein schwarzes Pferd, mit silbernen Horn und schwarzen Flügeln neben ihr. „Oh, Hämatit“. Es war das Tier, welches ihr Vater, als sie noch ein Kind war, schenkte. Sie hatte ihm die Freiheit nach der Flucht wiedergegeben, denn sie konnte es zu den Menschen nicht mitnehmen. Geschwächt zerrte sie sich auf den Rücken des Tieres und krallte sich an der langen, schwarzen, seidenen Mähne fest. „Wie kommst du hierher?“, fragte sie. Natürlich wusste sie, dass Hämatit nicht antworten konnte. Als die anderen Magier merkten, dass Mary in Sicherheit war, kamen sie so schnell wie sie konnten auf sie zu. Die Kälte war angenehm und doch zitterte die junge Frau. Ein Zauberer streckte ihr einen verschnörkelten schwarzen Stab entgegen. „Hier Mary. Er fing an zu leuchten und schoss aus dem Fenster. Ich glaube er wollte nicht verbrennen.“, sagte ein alter weißhaariger Mann. „Meister, ich danke Ihnen!“ „Du weißt, dass du mich nicht mehr Meister nennen sollst. Du bist nun viel stärker als ich und ich bin eh alt und schwach!“ „Wissen Sie wer es war?“ Sie konnte ihn nicht mehr in die Augen blicken, sie wusste wer es war und Mane Sol, ihr guter Meister, nickte stumm. Ihr Herz wurde kälter als Eis und sie fühlte nur noch Hass und Trauer zugleich. Sie wurde in das Geheimversteck gebracht, wo man auf ihren Wunsch hin, ihr Gedächtnis veränderte und sie leben sollte wie ein normaler Mensch. Niemand sollte wissen wer sie ist und wo sie lebte. Nie wollte sie in diese Welt zurückkehren, obwohl sie den Verrat rächen wollte, es aber dennoch nicht über sich gebracht hätte.

Weitere Bilder wirbelten an ihr vorbei, doch ihre Gedanken waren nur auf eins gerichtet. Hass und Wut kam in ihr auf. Als sie ihre Augen wieder aufschlug, stand sie an derselben Stelle in dem kleinen Haus und schaute hasserfüllt auf ihr gegenüber. „Wie hast du mich gefunden?“ Ihr rechter Arm war ausgestreckt und sie umklammerte fest ihren zwei meterlangen Stab, woher sie ihn hatte wusste sie nicht, aber sie wollte keinen weiteren Gedanken daran verschwenden, solange diese Person vor ihr stand. „Es war nicht leicht das muss ich zugeben, aber ich war sehr bemüht dich zu finden.“ „Warum?“ Er hatte nun seine Kapuze abgenommen und schaute sie an. Seine schwarzen Augen trafen ihre blauen. Sie hatte ihn so sehr geliebt und nie gedacht, dass er sie verraten würde. Sie ausliefern würde in die boshaften Hände ihres Vaters. „Du fragst mich warum? Du weißt warum!“ „Nie hätte ich es von dir gedacht, ich dachte du würdest Reue zeigen oder was weiß ich was. Aber nie hätte ich gedacht, dass du mich wieder verraten würdest.“ „Du verstehst mich falsch Mary. Ich liebte dich sehr, doch das eingebrannte Mal war stärker. Am Anfang konnte ich es noch unterdrücken, als wir Mane Sol und die anderen kennenlernten, die uns in Sicherheit brachten. Ich war glücklich mit dir, aber dann brannte es schlimmer denn je. Ich versuchte mich dagegen zu wehren und wusste aber dass ich es nicht schaffen würde. Also entfernte ich mich von dir in der Hoffnung du würdest von mir weggehen und ein Leben ohne mich anfangen. Denn ich konnte nicht weggehen. Es sagte mir, ich solle bei dir bleiben. Es ist nicht das normale Mal, musst du verstehen, als er mich zu deinem Beschützer auserkoren hatte, hatte er noch einen weiteren Fluch über mich gelegt. Dass ich dich beschützen soll und nicht verlassen. Dass ich trotzdem nur auf ihn hören soll. Mein Verstand und Geist waren vernebelt und er schaute durch meine Augen. Er sah dich, aber nie konnte er entdecken wo wir waren. Er war noch nie in der Welt der Menschen, also befahl er mir eines Nachts zu ihm zu kommen. Natürlich war ich noch immer dein Beschützer und ich sollte bei dir bleiben, doch die Befehle von Dynastes sind ihm übergestellt und so machte ich mich auf.“ Er ging um den Tisch herum auf Mary zu. „Ich konnte nichts dagegen machen, als Befehl bekam ich dich auszuräuchern, aber dich nicht zu töten und so machte ich es. Doch der Plan schlug fehl, ein Spion teilte den Plan den Lichtwächtern mit und so waren sie rechtzeitig da um dir zu helfen und ich musste verschwinden, bevor sich mich erwischten.“ „Du bist ein widerlicher, abstoßender und stinkender Abkömmling, die Eingeweide sollte ich dir herausreißen.“, großer Zorn durchströmte sie. „Bevor du urteilst, lass mich ausreden.“ Kurz wartete er und als sie nichts sagte redete er weiter. „Als ich sah was ich angerichtet hatte, war es schon zu spät. Die Nebel über meinen Geist und Verstand lichteten sich. Ich kehrte nach dem Brand nicht zu deinem Vater zurück, sondern streifte umher. Das Brandmal spürte ich zwar noch und konnte auch die Befehle in meinem Kopf hören, doch ich konnte selbst entscheiden, ob ich sie ausführe oder nicht. Endlich nach mehreren Monaten traf ich auf Mane Sol, den ich die ganze Zeit suchte. Er war nicht sonderlich gut auf mich zu sprechen, lies mich aber ausreden. Er erklärte mir, dass du dein Gedächtnis gelöscht hast und jetzt irgendwo lebst. Niemand wusste wo, ich vermisste dich schrecklich und irgendwann glaubte mir Mane. Doch er hatte andere Pläne, die dich nicht inbegriffen hatten, denn du solltest dein ruhiges Leben weiterführen. Es kam zu einer großen Schlacht, leider waren wir weit in der Unterzahl und hätten nicht gedacht, dass Dynastes Macht sich schon so weit verbreitet hatte. Leider merkten wir es zu spät und viele kamen dabei ums Leben. Ich war auf der Seite deines Vaters, um von innen heraus zu zerstören, aber bevor ich anfangen konnte, ging ein Raunen durch die Mengen. Mane Sol war gefallen, durch die Hand seines blinden Bruders, Vesperi Sol. Er hatte ihn unterschätzt und nun waren die Lichtwächter gebrochen und flohen. In meinem Kopf arbeitete es schnell, ich wusste nur eines konnte helfen, Dynastes Maga zu stürzen. Nämlich dich wieder zurückzuholen. Dynastes war stolz auf sich, doch immer noch gehörte ihm nicht das ganze Reich und um mehr Macht zu bekommen, brauchte er dich. Der nächste Plan war es dich zu finden, was ich sehr willkommen hieß, denn ich wollte dich auch finden, nicht für Dynastes sondern für den Sturz des Königs.“ Als er geendet hatte schaute er tief in Marys Augen. „Und das alles soll ich dir glauben?“ Verwirrt schaute er sie an. „Ich glaube dir, dass es zur Schlacht kam, ich glaube dir auch das Mane Sol gefallen ist. Doch ich glaube dir nicht, dass du mich für die Lichtwächter geholt hast. Du wolltest mich nur so lange davon abhalten zu fliehen bis Vesperi hier ist.“ Ihre Stimme ist zum Ende nur noch ein Flüstern geworden, denn im unteren Stockwerk war eine Tür aufgegangen und Schritte waren zu hören. „Denke nicht, dass ich es dir noch einmal so leicht mache mich zu überwältigen.“ Die Schritte kamen näher und Ater wollte sie packen, doch er griff in die Luft. Sie war verschwunden. Eine Sekunde später ging die Tür auf und eine große dunkle Gestalt kam auf ihn zu.

Mary stand jetzt in einem dichten Wald in der Nähe der ukrainischen und russischen Grenze. Sie ging mit gezielten Schritten auf einen großen Felsbrocken zu und strich dicht gewachsenes Moos zur Seite. Dahinter war ein schmaler hoher Spalt, wo sie gerade so durch passte und kaum hineingegangen, fand sie sich in einer anderen Welt wieder.
Ihr Leben als Mensch war zu Ende und ihr neues und dennoch altes Leben als Magierin begann.

Die Lichtwächter


Ihr Blick streifte die trockene Wüstenebene. Sie war wieder in Katikara ihrer Heimatwelt. Beinahe wäre sie wieder in die Falle gegangen, doch ihr Gehör und Gespür waren sehr sensibel. Ein Rascheln neben ihr und leises Schnaufen war zu vernehmen. Mary schrak auf und stellte sich hin, zum Angriff bereit. Sie sah ein schwarzes Maul und einen großen Pferdekopf. „Hämatit!“, flüsterte sie zu ihm. Langsam hob das schwarze Einhorn seinen eleganten Kopf und schaute sie verwundert an. „Ich bin es. Erkennst du mich nicht mehr?“ Die junge Frau schritt auf Hämatit zu, doch dieser senkte seinen Kopf um ihr das Horn einzurammen. Erschrocken sah sie auf, eine kleine Träne huschte über ihre Wange. Langsam senkte sie wieder ihre Hand und hielt sie an ihr Herz. Der einzige dem sie vertrauen konnte, kannte sie nicht mehr. Das Einhorn bemerkte es und dann trat auf sie zu. Zögernd. Es stupste sein samtenes Maul an ihre Hand, als Zeichen der Wiedererkennung. Schnell schloss sie die Arme um Hämatits Hals und schluchzte in seine Mähne. Sie schwang sich auf seinen Rücken und zusammen ritten sie zu dem angrenzenden Gebirge. Nach einem zweistündigen Aufstieg legten sie eine Pause in der Nähe einer Höhle ein. Mary glitt elegant von Hämatit und schaute zurück. Viel war nicht zu sehen, die Wüste flackerte unwirklich in der prallen Sonne. Doch hier oben in dem Gebirge war es kühl und angenehm, aber auch trostlos. Kaum ein Baum wuchs hier, nur Gestrüpp und auch kein Tier war zu vernehmen. Ein Feuer wollte sie nicht machen, das hätte zu viel Aufmerksamkeit bekommen, auch wenn hier alles still war, konnte sie sich nicht darauf verlassen. Sie kauerte sich in die kleine Höhle und Hämatit zupfte ein paar spärliche Grashalme. Beide hatten Durst und Hunger den sie nicht stillen konnten. Mary beobachtete ihren Begleiter, so lange hatte sie ihn nicht gesehen, jetzt kam es ihr so vor, als ob es keine Zeit dazwischen gegeben hatte. Erschöpft lehnte sie sich gegen die Steinmauer und schlief kurz darauf ein. Es war kein tiefer Schlaf gewesen, doch sie hatte wieder viele Bilder im Kopf, von damals als die erste Schlacht vorbei war. Langsam öffnete sie die Augen und ihr blieb nichts anderes übrig als die anderen zu suchen und die Schlacht von vorn zu beginnen. Doch wo sollte sie anfangen? Sie musste die Lichtwächter suchen. Diese Gruppe war gegen Dynastes Maga und hatten nur ein Ziel: ihn zu stürzen und die Welt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Mary hatte sich vor vielen Jahren ihnen angeschlossen und war schnell zur Hauptfigur dieser Rebellion aufgestiegen. Wo sollte sie die Lichtwächter aber jetzt finden? Wie auf ein Zeichen kam mit einem schrill Schrei ein Falke vorbeigeflogen, sah sie an und landete nicht weit entfernt auf einem höheren Felsen. Bevor der Vogel wieder losflog, stieg Mary auf Hämatit und darauf hatte der Falke gewartet und sauste schon los. Eine kleine Strecke folgten sie parallel dem Gebirge bis er scharf nach links abbog und vor einem großen Berg mit glattem stabilen Stein sich wieder auf einen kleinen Felsen davor setzte. Entweder hatte sie sich in dem Vogel geirrt oder es gab einen Weg der in den Berg hineinführte. Sie versuchte es mit verschiedenen Zaubersprüchen, wie Unsichtbares aufdecken oder Versteckte Hebel entdecken. All dies half nichts. Also blieb ihr nichts anderes übrig als zu warten.
Kurz war sie eingenickt und auf einmal merkte sie, wie ein Schatten sie bedeckte. Schnell sprang sie auf. "Früher warst du vorsichtiger.", lächelte ihr ein junger Mann entgegen. "Piter!", rief sie aus und umarmte ihn. "Der letzte Tag war so anstrengend und ich bin ein bisschen aus der Übung. Du hast mich lange warten lassen." Er streckte sie von sich und begutachtete ihr Gesicht. "Die Kälte ist in deinen Augen zurückgekehrt. Was ist passiert?" Sie schlug ihre Lider nieder und flüsterte "Ater" Weiteres fragte er nicht, sondern zog sie durch eine Spalte, die vorher noch nicht da gewesen war. Als sie eine Höhle betraten, schloss sich auch sofort wieder der Eingang und an den Wänden flackerten Fackeln. "Es ist schön dich wiederzusehen. Viel Zeit ist vergangen, viel ist passiert. Wir sind weniger geworden und die Mehrheit hat die Hoffnung aufgegeben. Ich hoffe du kannst es wieder zurückbringen." Mary zuckte nur mit den Schultern und schaute sich noch einmal Piter an. Er hatte schulterlanges hellbraunes Haar, was jetzt in der Höhle dunkler erschien und dazu die passenden bernsteinfarbenen Augen. Er sah hübsch und wild aus. Ein Frauenschwarm, doch ließ er es nicht raushängen und war eher schüchtern. Mary und er hatten sich von vornherein immer gut verstanden. Er war der Clananführer der Falken und sein Falke, Rostrum, war immer an seiner Seite. Außer jetzt, da es nicht gut ist ein Tier das die Freiheit des Himmels liebte einzusperren, war er draußen geblieben. Nur Hämatit folgte den beiden, denn er war es gewohnt eingesperrt zu sein auch in den engsten Räumen. Doch an der Seite seiner Mary war er immer glücklich.
Nach ein paar Minuten kamen sie in eine sehr große Höhle, wo noch weitere Gänge abführten. Die Haupthöhle war voll mit Tischen und Stühlen, Betten, Holzschränken und Kisten. In der Mitte brannte ein magisches Feuer, was nicht qualmt, aber Essen braten und einen wärmen kann. Obwohl viel los war, herrschte eine große bedrückende Stimmung. Einige lungerten in Ecken, andere starrten in das Feuer. "Siehst du was ich meinte?" Mary sah es und es verschlug ihr die Sprache. So hatte sie es nicht erwartet. Eine Gänsehaut überkam sie, dabei war es nicht kalt. Sie kannte die Rebellion von früher und auch wenn sie mal gescheitert waren, so hatten sie nie aufgegeben. Diesmal war es anders. Man konnte die Hoffnungslosigkeit direkt spüren. Als sie weiter in die Höhle schritten, hörten auch die vereinzelten Gespräche auf. Dann schrie regelrecht eine Frau: "MARY MAGA!" Unwillkürlich zuckte diese zusammen und suchte nach dem Menschen. Bis ein roter Haarschopf auf zu zugestürmt kam und sie beinah zu Boden riss. Viele stimmten in das Echo, das von den Höhlenwänden zurückgeworfen ein und auch aus den Nebenhöhlen tauchten bekannten, aber auch unbekannte Gesichter auf. Ein kleiner Funken sprang über und die Spannung verstärkte sich, als ob jemand aus einem Ballon die Luft herausgelassen hätte. Einige hatten Tränen in den Augen, andere vielen sich in die Arme und wieder andere starrten sie wie eine Halluzination mit offenen Mündern an. Mary war es etwas peinlich als konzentrierte sie sich auf die Frau, die im Begriff war sie zu erwürgen. "Madlen, Madlen... Ich bekomme keine Luft mehr." Erschrocken ließ die rothaarige Frau mit den grünen Augen Mary los und starrte sie an, dann schaute sie verlegen auf den Boden. "Es tut mir leid, aber ich freue mich so dich wiederzusehen." Und Mary freute sich auch. Sie freute sich riesig andere Bekannte und Freunde wiederzusehen. Aber schnell merkte sie, dass viele fehlten. Schnell wurde eine große Tafel aus den ganzen Tischen hergerichtet, bevor sie sich aber setzen konnte, kam ihr eine alte Frau entgegen gehumpelt. "Agnes." Die alte Frau nickte und lächelte sie an. Sie hängte sich bei der jungen Frau unter und zog sie in eine weitere Höhle. Hier lagen Betten aufgereiht, wie in einem Krankenhaus. Und das stimmte auch. Viele Verletzten jammerten leise vor sich hin, ein paar starrten an die Höhlendecke, aber die restlichen richteten sich auf und schauten zu Mary Maga. Agnes flüsterte ihr zu "Es tut mir leid, dass ich dir das zeigen muss. Wir haben viele Schwerverletzte und Kranke, sie können nicht gesund werden, bis sie etwas zum Leben entdecken und du bist gerade die einzige die ihnen das wiedergeben kann." Schnell humpelte Agnes zu den hinteren Betten und Mary wollte gerade umdrehen als sie sich in ein paar Armen wiederfand. Derjenige grabschte ihr unverfroren an den Hintern und küsste ihren Hals. "Es ist wunderschön dich wiederzusehen." Schnell fing sich Mary wieder und wand sich aus der Umarmung raus. "Was sollte das?" "Meine liebste Mary. Endlich nach den Jahren bist du zu mir zurückgekehrt." Er wollte sie wieder umarmen, doch diesmal stieß sie ihn von sich. "Moks, hör mir zu und das sage ich zum letzten Mal oder Agnes brauch ein weiteres Bett für dich. Wenn du mich noch einmal anrühren solltest oder mich Liebste nennst, werde ich dich direkt wilden Tieren vorwerfen. Was fällt dir ein?" "Du bist durcheinander. Glaube mir, nur wegen mir bist du hier." Moks war der letzte Hinterbliebene des Löwenclans, die rachsüchtig, egoistisch und vollkommen überzeug von sich waren. Es war ein starker Clan bis sie eines Tages beschlossen sich gegenseitig umzubringen. "Wegen dir? Das ich nicht lache, ich bin wegen den Lichtwächtern hier und nicht wegen solchem Abschaum wie du es bist." Ihr Gesicht glühte vor Wut und ihre Augen funkelten ihn an. Noch bevor etwas schlimmeres passieren konnte, kam der Wirbelwind Madlen um die Ecke. "Ah, Mary, hier bist du. Das Fest kann nicht ohne dich beginnen." Und schnell zog sie Mary von Moks weg. "Warum ist er immer noch hier?" "Beruhige dich erstmal. Sonst bekommen alle noch Angst vor dir." Sie schaute Mary betrübt an. "Du weißt wie die Löwen sind oder besser gesagt waren. Sie fügen sich zwar nicht gerne, aber was hatte Moks für eine andere Wahl? Er wusste, wenn er zu dem Tyrannen geht, wird er versklavt oder getötet. Doch er will wieder Macht, versuchte schon paar Mal eine kleine Gruppe zu finden, die er mit irgendwelchem Geschwätz von sich überzeugen will. Einige trauen ihm, viele Frauen darunter, doch noch sind die Lichtwächter ihm im Weg. Ich vermute, wenn wir doch den Tyrannen schlagen sollten, stellt er sich gegen uns und dich will er, weil er denkt so seine Gruppe vergrößern zu können, denn dann wäre er einer der guten und mit viel Einfluss. Obwohl er der einzige von den Löwen übrig ist, sind die Tiere ihm untergeben und so leid mir das tut es zu sagen, es sind mit die stärksten Tiere und diese würde ich nicht auf dem Schlachtfeld missen wollen." Madlen zuckte mit den Schultern und schritt in die Haupthöhle, die jetzt nach Bier, Wein und gebratenem Fleisch roch. Die große Tafel war schon schwer beladen mit allen Leckereien, als Mary sich an ein Ende neben Madlen setzte. "Du muss nichts weiter tun, als anwesend sein, wir wissen doch, dass du keine Reden magst.", kicherte sie und nahm ein großes Stück Fleisch. "So etwas Gutes gab es lange schon nicht mehr. Es sind wohl einige rausgegangen um zu jagen und Früchte und Gemüse zu sammeln. Du hast wohl schon jetzt vieles bewirkt nur mit deinem Auftauchen." Es war einfach mit Madlen, denn diese redete, wenn ihr Gesprächspartner nichts sagte oder antworten konnte, und trotzdem war sie nicht nervig. Mary schaute sich noch einmal in der Höhle um und sah Hämatit in einer Ecke neben einem großen Bett. Man hatte für ihn Stroh und Heu ausgelegt und einen Eimer Wasser hingestellt. Dazu hatte wohl jemand frisches Gras gehauen, was er genüsslich aus einem großen Korb fraß.
Es stimmte was Madlen ihr gesagt hatte, niemand wollte eine Rede hören, es reichte, wenn sie da war und mit ihnen feierte. Doch dann gingen ihre Gedanken zu jenen Mann zurück, welchen sie als erstes nach ihrer langen Reise gesehen hatte. Sie dachte immer er wäre auf ihrer Seite gewesen und sie würden ein gemeinsames Leben führen, aber da täuschte sie sich, er wollte sie an ihren Vater ausliefern. Doch noch immer fühlte sie dieses warme Gefühl, wenn sie an ihn dachte. Ihr Verstand sagte: „Hasse ihn“, doch das Herz „Liebe ihn“! Sie wusste nicht was nun richtig war.
Nach langen Stunden des Feierns war sie müde und ging zu Hämatit, streichelte ihm kurz den Hals und legte sich auf das Bett. Es war größer als die anderen und sah auch bequemer aus. Zudem hatte sie eine Ecke bekommen, die nicht so schnell einsehbar war und somit genug Privatsphäre ließ.

Die ersten Wochen waren schnell vergangen. Sie hatte sich mit den oberen Lichtwächtern des Öfteren zusammengesetzt um neue Pläne zu schmieden, doch leider sind sie nicht wirklich weitergekommen. Die Stimmung die am ersten Tag herrschte war zwar etwas abgeebbt, aber die Leute waren wieder hoffnungsvoller.

Sie konnte nicht schlafen, wie die Tage zuvor. Sie stemmte sich ihre Ellenbogen und schaute sich um, obwohl sie in der Dunkelheit nicht viel sah. Die Wachen standen am Eingang und unterhielten sich leise und weiter hinten in der Höhle flackerte eine einzelne Kerze. Kurzerhand schwang sich Mary aus dem Bett und ging zu dem Licht. Davor saßen die zwei älteren Kräuterhexen, Agnes und Hilde, und unterhielten sich leise, bis sie Mary bemerkten. „Du kannst wohl auch nicht schlafen?“, Agnes schaute sie liebevoll an und Mary schüttelte den Kopf und setzte sich zu ihnen. „Es wird ernst! Nicht mehr lange und wir sind entweder tot oder lebendig. So viel bleibt uns nicht übrig. Doch wir müssen tun, was wir können. Hast du einen Plan?“ Wenn das doch so einfach wäre, dachte sich Mary. Die große Magierin mit dem mächtigen Vater schlug einfach einen Plan vor und der musste befolgt werden. Warum wurde ihr immer so eine Last aufgelegt, konnte sich nicht jemand anderes darum kümmern und sie würde auch mit dem Plan eines anderen in den Kampf ziehen? Aber im Inneren wusste sie, dass sie niemanden anderen vollends vertraut hätte, es war noch immer ihre Angelegenheit ihren Vater zu töten. Was anderes blieb ihr nicht übrig. Er konnte nicht am Leben bleiben auch nicht in Gefangenschaft. „Nein, leider noch nicht Agnes, es will mir nichts einfallen. Soviele Dinge die noch ungeklärt sind, müssen erst beiseite geräumt werden. Neue Fragen werden sich uns wieder entgegenstellen und erst müssen wir sie beantworten.“ Weise stimmte Agnes ihr zu. Mary war zwar jung für eine weise Magierin, doch um einiges klüger als alle alten Magier zusammen. „Doch wo sollen wir anfangen?“, fragte die Rothaarige Madlen, die aus den Tiefen der Höhle kam und zugehört hatte. Es war keine Frage die jemand beantworten sollte bzw. konnte. Doch sie musste beantwortet werden. Gedankenverloren starrten die vier Frauen die Kerze an, als sie Tumult am Eingang hörten. "Wie kommst du hier her? Wir dachten du bist tot.", sagte ein dicker kleiner Mann, der ein Teil der Wache war. "Dafür sehe ich noch ziemlich lebendig aus oder? Ich weiß nicht was passiert war, aber nach der letzten großen Schlacht war ich sehr schwer verletzt und Cataracta", er zeigte auf die Person hinter sich, "hat mir geholfen. Dann habe ich euch gesucht und eine halbe Ewigkeit nicht gefunden. Euer Versteck ist gut, nur ein so guter Spurenleser und Spion wie ich es bin, kann wohl euch finden." Er kratzte sich lächelnd am Hinterkopf und schaute in die Runde, bis sein Blick an Mary hängen blieb. Sein Körper war erstarrt, noch immer hielt er seine Hand am Kopf. "Nein, oder?" Er schaute zu dem kleinen dicken Mann. "Das ist nicht wahr?" Der Dicke lachte auf und nickte ihm zu, auch Mary fing an zu lächeln. "Markus, schön die zu sehen." Dieser starrte sie immer noch mit dem gleichen verwunderten Gesichtsausdruck an. Bis Cataracta sich an ihm vorbeischlängelte und ihr ihre Hand hinhielt. Kurz war Mary erstaunt, diese Hand sah nicht wie eine normale Menschenhand aus, sondern war ganz blau und hatte zwischen den Fingern Schwimmhäute. "Sei gegrüßt, Mary Maga. Ich bin Cataracta und ich freue mich sehr, dich endlich kennenzulernen. Leider kommen wir mit schlechten Neuigkeiten, aber diese sollten wir vielleicht woanders klären?" Mary nahm die Hand der Wasserfrau. Es gab sie nicht selten, diese Wassermenschen, doch meist lebten sie in den Tiefen der Ozeane und hielten sich aus allen Angelegenheiten der Magier und Menschen heraus.
Sie nickte der Wasserfrau zu und wollte schon sich umdrehen, als Markus aus seiner Starre kam und sie heftig umarmte. "Mary. Wie kommt... Was... Wie?" Er konnte es nicht in Worte fassen, so überwältigt war er von dem Anblick. "Ich freue mich auch die zu sehen Markus. Doch wir haben nicht viel Zeit dafür, wenn ihr wirklich schlechte Nachrichten habt." Doch er ließ sie nicht los. Markus war mit einer der engsten Freunde von Mary, auch wenn er nicht viel zu sagen hatte, war sie immer von seinem Rat angetan. Niemand wollte ihn an der Spitze haben, da er kein Magier war, sondern nur ein kleiner Dieb, der manchmal auch ein bisschen zaubern konnte, aber es reichte nur für eine paar Diebstähle. Sie hatten sich kurz nach Marys Flucht aus dem Reich des Tyrannen kennengelernt, er wollte sie bestehlen. Da sie viel Potenzial in ihm sah, nahm sie ihn mit zu den Lichtwächtern, wo er schnell als talentierter Spion heraustrat. Nach einer gefühlten halben Ewigkeit ließ er sie endlich los, die Frauen hatten schon an der Tafel, Platz genommen und unterhielten sich größtenteils über die Wassermenschen, weil sie viel von ihnen wissen wollten. Cataracta schlug sich durch das Fragenmeer gut und war sehr freundlich, obwohl man sagte, dass Wassermenschen, miesgelaunte Lebewesen waren. "Könnt ihr wirklich an beiden Orten leben? Also an Land und im Ozean?", fragte gerade Madlen neugierig, als Mary und Markus sich dazusetzten. "Würde ich sonst hier sitzen? Wir lieben das Wasser und es ist unsere Heimat. Am stärksten sind wir auch im Wasser, doch sollte man uns nicht an Land unterschätzen." Sie nickte Mary zu und lächelte in die Runde. Jetzt bei hellerem Kerzenschein sah man noch weitere Veränderungen zum Mensch. Die Augen waren nicht mit einem weißen Rand, sondern vollkommen blau, als ob man in den tiefen Ozean blicken würde. Mary hätte schwören können, Delfine in ihren Augen kurz springen zu sehen. Agnes hatte die anderen Oberhäupter aus ihren Betten geholt und diese setzten sich hin. Sie sahen nicht schlaftrunken, sondern hellwach aus. Gespannt was diese Wasserfrau und der Dieb zu sagen hatten.
Markus nahm ein Schluck aus dem Bierkrug und fing an. „Er rückt vor bis zur Blauen Stadt. Er will sie einnehmen und die Magierschule des Lichtes unter seinem Bann bringen. Die Schüler werden getötet oder versklavt, einige werden auch auf hoher See ausgesetzt. Doch vorher wird ihnen die Magie abgenommen. Mary!", er schaute sie schockiert an. "Er hat einen Weg gefunden allen Hexen und Magiern die Kräfte abzunehmen, aber er kann sie noch nicht verwenden, bis jetzt speichert er sie nur.“ „Was soll das heißen?“ „Er hat einen Magier gefunden der ausfindig machen kann, welche Kräfte ein anderer hat und wenn sie halbwegs mit seinen Kräften übereinstimmen dann kann er sie verwenden, doch er hat noch nicht herausgefunden wie er sie für sich benutzen kann. Bis jetzt hat er nur einen Diamanten wo er die Magie einspeichert und extern verbrauchen kann. Doch das nützt ihm nichts solange sie nicht in ihm ist.“ Das waren wirkliche schreckliche Informationen, wenn Dynastes Maga noch mehr Kräfte in sich hätte, würde er noch stärker werden und selbst alle Lebewesen auf dieser Welt könnten nichts dagegen ausrichten. Das Ende wäre nahe. "Was ist das für eine Magierschule von der Blauen Stadt?", fragte Madlen. "Es gibt zwei Magierschulen in Katikara. Einmal ist eine in der Blauen Stadt die Magierschule des Lichtes und die anderee in der Grünen Stadt, die Magierschule der Dunkelheit. Beide Schulen waren immer neutral, obwohl viele behaupten, die Schule der Dunkelheit sei Böse und die andere gut, ist es nicht so. Sie beschränken sich hauptsächlich auf Forschungen. Die Magie des Lichtes ist forscht die Elemente, wie Luft, Wasser, Feuer und Erde, also das Leben. Die Magie der Dunkelheit, ist nicht die schwarzmagische Magie an sich, sondern sie lehrt den Tod. Nekromantie und Seelenspaltung. Eigentlich sind diese beiden Gebiete sehr schwarzmagisch, aber es wird nicht gegen andere verwendet, es wird erforscht und teilweise praktiziert. Viele schwarzmagischen Magier kommen von der Grünen Stadt, doch auch ein Teil von der Blauen Stadt. Wie du dir denken kannst, kann man beide miteinander verknüpfen und viel Unheil anrichten. Es gibt auch eine Schule, die niemand kennt, diese ist für die natürlichen Veränderungen, sie will dagegen wirken mit allem was dazu gehört. Doch selbst mein Vater ist gegen diese Schule er hat Angst davor, denn sein größter Schrecken ist der Tod. Sie ist nicht groß, aber um sie herum ist alles ausgestorben, niemand erreicht sie, außer sie wollen es." Mary blickte in die verwirrten Gesichter. "Ich wurde in jede Art von Magie gelehrt. Mein damaliger Meister, der Bruder von Mane Sol, war ein Schüler an dieser Schule. Aber nicht lange, da selbst er es nicht dort aushielt. Viel mehr weiß ich nicht darüber." Sie schaute in die Kerzen dann kam ihr ein Gedanke. "Es ist möglich das dieser Magier, den Dynastes gefunden hat, wahrscheinlich von dieser abgeschiedenen Schule kommt. Denn, so wie du Markus es mir geschildert hast, ist der Entzug der Magie, sehr schwarzmagisch und ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht für uns ist. Diese Schule hat sich immer herausgehalten, weil sie denkt sie ist für etwas höheres bestimmt." Ihr schwirrte der Kopf, so schnell konnte sie ihre Gedanken nicht kontrollieren. "Das heißt, dass es sein kann, das die Schule sich mit dem Tyrannen zusammengetan hat?" Sie nickte. "Es kann aber auch sein, dass es genauso ein Schüler wie Vesperi Sol ist und sich einfach nur wichtig machen will, um mehr Macht zu bekommen." "Was glaubst du?" "Um ehrlich zu sein hoffe ich nur, denn nach deiner Aussage, hat dieser Magier nicht das vollständige Wissen, wie man diese Magie einverleiben kann. Also denke ich, er war nicht am Ende dieser Lektion angelangt und wurde vorher entlassen." "Sie entlassen einfach so Schüler, die sie nicht mehr brauchen und denken, diese können nichts über diese Schule erzählen?" "Das mit dem Erzählen ist nicht so einfach. Sie müssen einen Eid leisten, nie jemanden von dieser Schule zu erzählen und sie entlassen sie nicht einfach. So viel wie ich weiß ist diese Schule ganz im Norden, auf einer kleinen Insel vor dem Eisgebirge. Sie geben ihnen die Chance im Freien in der Kälte zu überleben ohne Nahrung. Viele schaffen es nicht, doch einige überleben und können ihre Magie bei uns praktizieren." "Dann hoffen wir mal alle mit dir." Ein großer kräftiger Mann brummte zu Mary. "Was ist nun der Plan?" "Barabas, liegt das nicht auf der Hand?" Er schüttelte seinen schweren Kopf. "Wir müssen diese ausgesetzten Magier aufsammeln. Nun da sie von Dynastes angegriffen wurden, müssen sie auf Partei ergreifen und ich denke, sie werden sich für uns entschließen. Sie hüten immer ihre Geheimnisse und vielleicht wissen sie mehr über diese Art von Magie." Er haute mit der Faust auf den Tisch, das dieser beinahe zusammenbrach. "HAH! Endlich ein Plan!" Laut lachte er, so dass es von den Wänden widerhallte. Obwohl noch die wichtigsten Fragen offenblieben, war es den anderen anzumerken, dass sie froh waren, endlich etwas zu tun. Eine fast genauso große kräftige Frau wie Barabas, schlug ihm auf die Schulter. "Aber nicht so schnell, wir brauchen ein paar Tage bis wir abmarschbereit sind." Er grummelte leicht in seinen dicken Bart. "Trolja, immer bist du die Spielverderberin." Mary lachte zu dem Ehepaar, sie hatte sie nicht vorher gekannt, denn das Bergvolk, die nur solche riesigen Menschen waren, lebte zurückgezogen und in kleinen Kolonien in den Bergen. Doch auch dort wurde gewütet und so schlossen sie sich den Lichtwächtern an. Barabas nahm sein Bierkrug und streckte ihn in die Luft "Auf die Lichtwächter." Doch kurz bevor er einen kräftigen Schluck nahm, schaute er in die Runde. "Wurden die Lichtwächter eigentlich nach dieser Schule benannt?" Jetzt lachte der älteste der Runde, Alfra, laut auf. "Du bist bei den Lichtwächter und weißt nicht warum wir so heißen? Nicht wegen den Schulen, sondern wir wollen alle Lebewesen wieder an das Licht bringen, das heißt sie in ihrer Freiheit leben lassen. Wir wachen über das Leben, das Licht was wir brauchen um zu existieren. " So hielt Barabas wieder sein Krug hoch. "Auf das Leben" Und jeder am Tisch stimmte mit ein.

In den nächsten Tage wurde es hektisch in den Höhlen. Alles wurde zusammengepackt was jeder tragen konnte. Denn Kutschen oder Lasttiere hatten sie nicht, also blieb ein Großteil in der Höhle zurück. Die schwerverletzten Leute mussten auf den schnell zusammen gebauten Barren vorlieb nehmen. "Es geht vielen schon viel besser. Einige sind aus ihrer Starre erwacht, andere haben ihren Lebensmut wiedergefunden. Leider konnten wir die schweren Fluchverletzungen nicht heilen, aber ich glaube, die Sonne und die frische Luft wird ihnen gut tun. Die Magier die wir finden müssen, werden wohl einige Heilzauber kennen." Agnes hatte sich neben Mary hingestellt um kurz zu verschnaufen, aber schon sah sie einen kleinen Fehler und die kleine Frau humpelte schnell davon. Jedem sah man es an, dass sie glücklicher als vorher waren, endlich wieder eine Aufgabe zu haben. Mary sah selbst Moks von vielen Frauen umgeben, der Anweisungen von sich gab. Nun trat auch Cataracta neben sie. "Ich bin froh endlich hier rauszukommen, und wieder fließendes Wasser zu sehen." Die Wasserfrau hatte noch nicht ihren Reisemantel, der sie verdeckte, umgelegt, und man sah ihr blaues Kleid, das sie umspielte wie sanfte Wellen. Mary wusste nicht aus welchem Stoff es war, aber selbst als sie es einmal kurz berührte, fühlte es sich wie Wasser an. "Wie kommt es eigentlich, dass du dich uns angeschlossen hast? Verzeih meine Neugier, aber ich dachte ihr wollt nichts mit den Landbewohnern zu tun haben." Cataracta lächelte sich an. "Es stimmt, viele wollen mit euch nichts zu tun haben. Aber einige kamen immer an Land um es zu studieren. Wir sind ein neugieriges Volk und einige blieben für immer an Land. Natürlich wohnten sie in der Nähe des Wassers. Auch wenn es komisch klingt, wir wussten nie etwas über die Menschheit und ihre Gefühle. Selbst untereinander kannten wir keine Liebe. Wir waren da, wir pflanzten uns fort, aber nie mit Liebe. Doch das änderte sich, als wir die Menschen kennenlernten. Einige von meinem Volk verliebten sich und deswegen blieben sie an Land. Was wir nicht wussten, wir konnten uns auch mit Menschen fortpflanzen. Es sind eigentlich Mischwesen, doch entweder entsteht ein Mensch oder ein Wassermensch. Ich weiß nicht warum." Eine kurze Pause trat ein. "Eigentlich wollte ich nie an das Land. Viele erzählten von Hass, Zerstörung und Krieg. Das kannte ich nicht und hatte Angst davor. Selbst Angst kannte ich bis dahin nicht. Für mich waren die Menschen unterentwickelt, denn wenn sie so gewesen wären wie wir, dann würde es keine Machtansprüche oder Kriege geben. Doch irgendwann änderte sich das. Auf einmal wurden Teile des Wassers rot. Viele bekamen Angst und dann brach auch bei uns der Krieg an. Einige die an Land waren, fanden es einfach überwältigend Macht zu haben. Denn du musst wissen, selbst wir haben viel Magie in uns. Sie ähnelt sich nicht mit eurer, aber sie ist auch mächtig. Sie wollten mehr, mehr Besitz, mehr Ansehen und mehr Liebe. Das letztere bekamen sie nicht mit Krieg, aber dafür steigerten sie sich immer weiter rein." Kurz unterbrach sie ihre Geschichte, weil Moks und noch jemand sich stritten. Moks wollte einfach sich einteilen lassen, einen Kranken zu ziehen. Doch dann kam Agnes und Barabas zu Hilfe und da wurde er kleinlaut. "Ich wusste es wurde Zeit für mich an die Oberfläche zu gehen, denn wie du wissen musst, bin ich die Nachfahrin unseres Königs. Obwohl wir nie einen gebraucht hatten. Ich wollte, dass wieder Frieden bei uns einkehrt und das konnte nur passieren, wenn auch hier Frieden ist. Dann sah ich wie jemand am Strand lag, mehr tot als lebendig. Schnell wurde mir bewusst, dass ich ihm helfen musste und gab ihm meine Medizin. Dank dieser kam er wieder schnell zu Kräften und erzählte mir über die Lichtwächter und über die große Magierin mit den gleichen Augen wie das Böse. Nur das ich mich nicht davon abschrecken lassen soll. Mein Entschluss war gefasst, ich wollte mich den Lichtwächtern anschließen." Nun schaute sie zu Mary auf. "Warum sprichst du unsere Sprache?" Nun lachte sie laut. "Du musst wissen, ich sehe zwar nicht so aus, doch ich bin viel älter als alle hier zusammen. Das was ich die im Schnellen erzählt habe, spielte sich über Jahrhunderte ab. Und diejenigen die zu uns zurückkehrten von der Oberfläche erzählten uns viel darüber. Wie gesagt, wir sind ein neugieriges Volk und obwohl ich nicht an die Oberfläche wollte, lernte ich alles was mit euch zu tun hat und dabei auch die Sprache." Hämatit kam auf Mary zugeschritten und legte sein Kopf auf ihre Schulter. "Ich hätte nie gedacht, dass es so wunderschöne Geschöpfe und Farben hier oben gibt."

Mary ritt auf Hämatit neben ihr lief Markus und Catracta. „Ist es das wert?“, fragte er Mary. Sie verstand die Frage nicht und bezog es auf die Magier. „Vielleicht können sie uns eine Antwort geben.“ „Das meine ich nicht Mary. Ist es wert uns zu unterstützen. Wir sind in der Unterzahl und auch nicht gerade stark. Sozusagen gehen wir in den Untergang.“ „Es ist es wert. Es ist ein Fünkchen Hoffnung, auch wenn es nur klein ist. Es heißt, dass nicht alle bereit sind sich einem Tyrannen zu unterwerfen. Viele haben ihre Häuser und Anwesen verlassen. Familien sind zu Bruch gegangen, aber es ist nicht alles. Du hast viel Schreckliches gesehen, doch es war nur ein Bruchteil was ich gesehen habe. Viele Menschen mussten sterben für nichts. Nur um einen Mann mächtiger werden zu lassen. Auch wenn wir nur eine kleine Gruppe sind, können wir siegen. Ich weiß, dass wir vielleicht in unseren Tod gehen, aber ohne Kampf werden wir nicht aufgeben. Ohne sich zu verteidigen hätten wir schon längst verloren und frage mich nicht, aber irgendwie weiß ich, dass sich das Blatt wenden wird, wenn nicht heute oder morgen, bald wird es so sein und ich bin froh neben solch tapferen Leute wie euch zu kämpfen, die mich, eine Schwarzmagierin liebevoll aufgenommen haben, obwohl sie nicht wussten wer ich bin.

Die Drachenreiter


Die erste Nacht nach dem Aufbruch kam über das Lager. Zusammen saßen sie um das kleine Lagerfeuer und schwiegen bis Cataracta zu ihnen kam und sich neben Mary setzte. „Sie haben jemanden gefunden. Er war so froh, dass er gerettet wurde, aber meinte dass jemand so schnell wie möglich die Drachenreiter finde müsste. Leider wisse er aber nicht wo sie sich aufhielten. Aber sie werden die ersten Antworten haben auf noch nicht gestellte Fragen. Mary du musst dich aufmachen in die Richtung, wo du denkst, dass du sie dort finden kannst. Wir werden dich über weitere Informationen in Kenntnis setzen.“ Mary schaute die wunderschöne Wasserfrau an und stand auf. Der Anfang war gemacht und sie musste ihn erledigen. „Ich werde gehen. Bitte seid vorsichtig und nichts ist so wie es scheint. Ich werde so bald wie möglich zurückkehren.“ Viele neue Fragen sah sie in den Gesichtern ihre Freunde, aber sie schwang sich auf Hämatit und war in der dunklen Nacht verschwunden. Cataracta übernahm die Führung. „Wir müssen schleunigst zum Ozean, denn die neuen Verbündeten werden bald eintreffen und uns viele Fragen beantworten und wir werden neue haben. Aber, wie Mary sagte, der Anfang einer langen Reise ist gemacht worden. Hoffen wir nur, dass es sich zugunsten für uns wenden wird.“ Und so ging die Reise der Zurückgebliebenen weiter und bald als sich der neue Tag dem Ende neigen wollte, rochen sie die salzige Meeresluft und wussten, dass sie ihr erstes Ziel erreicht hatten.

„Hämatit wir müssen die Rote Wüste durchqueren.“ Er schnaubte und flog in Richtung Süden. Es war eine lange Reise, aber sie machten kaum Pause. Schon an dem dritten Tag strahlte sie die Sonne heiß an und gingen zu Fuß in die Wüste. Sie bedeutete für viele der Tod. Kein Wasser, kein Leben. Doch Mary hoffte hier das zu finden wozu sie beauftragt wurde. Der Wasservorrat neigte sich langsam dem Ende zu und sie gingen schlaff nebeneinander her. Es brannte in ihren Kehlen, doch sie wollte nicht den letzten Schluck aufbrauchen. Hämatit ließ die Flügel hängen und Mary schleifte ihren Stab hinter sich her. Schon seit Tagen waren sie ziellos durch die Wüste gegangen und hatten nichts entdeckt. Plötzlich blieb Hämatit stehen und seine Nüstern weiteten sich. Als Mary in die Richtung schaute, konnte sie von weiten einen hohen Baum erkennen. Eine Oase oder doch wieder eine Fata Morgana? Doch ein kühler Windhauch streifte ihr Gesicht und es roch nach frischem Wasser. Schnell sprang sie auf Hämatits Rücken und er flog mit neuer Kraft in die Richtung eines Baumes. Sie sah das Wasser und ihre Zuversicht kam zurück. Hart landete Hämatit mitten in dem kleinen See und planschte wie ein Fohlen herum. Gierige Züge nahm er von dem kühlen Nass und Mary tat es ihm gleich. Bis sie einen hellen Pfeifton hörte. Ohne Nachzudenken hatten sie einen Schutzschild um sie beide gezaubert und ein großer Speer prallte von ihm ab und viel laut zu Boden. Sie schaute in die Richtung wo er herkam, aber konnte nichts entdecken. Wieder kamen surrenden Speere angeflogen, aber auch sie kamen nicht weit. Doch dann der letzte, ein goldener Speer mit silberner Spitze durchbohrte ihren Schutzschild und streifte ihren Arm. Sofort blutete die Wunde, die sehr tief war. Und schnell verlor sie Blut. Sie konnte nicht mehr auf den Beinen stehen und knickte weg. Langsam wurde ihr schwarz vor Augen und sie sah nichts mehr nur ihren treuen Freund der sich wütend neben sie aufbäumte. Zum Schluss sah sie wie ihm ein Seil um den Hals geworfen wurde und dann fiel sie in Ohnmacht. Tiefe schwärze. Sie konnte nichts mehr sehen. Nur von weiten hörte sie ein leises Wimmern. Ein kleines Mädchen weinte in einer Ecke. Taumelnd ging sie in diese Richtung, als das Mädchen aufsah und sie mit ihren eigenen leuchtenden blauen Augen anschaute. „Rette mich!“, sagte die Kleine schwach. Dann drehte sich wieder die Welt und Mary bemerkte den harten Boden unter sich und flüsternde Stimmen neben ihr. Sie traute sich nicht ihre Augen zu öffnen und wollte nicht wissen von wem sie gefangen genommen wurden war. Ein helles Wiehern schreckte sie auf. „Hämatit!“ Die zwei Personen konnten nicht so schnell reagieren wie Mary aufgestanden war. Sie war zwar schwach, aber hellwach. Sie merkte den Verband an ihrem rechten Arm, der rot glänzte. Die Blutung hatte noch nicht vollständig aufgehört und sie merkte wie sehr es schmerzte. „Die kleine Hexe ist wieder bei uns!“ Hörte sie eine süffisante Frauenstimme. Mary drehte sich ihr zu und sah eine braunhaarige große Frau. Sie hatte grüne Augen und volle geschwungene Lippen. Sie war sehr attraktiv, hatte aber ernste Gesichtszüge und ihre Augen blickten misstrauisch zu Mary. Mary kannte sie nicht, doch wahrscheinlich kannte die Frau Mary. Nun trat ein anderer neben die Unbekannte. Er war größer als die Frau und hatte braune Haare. Seine Statur war schön anzuschauen unter seiner engen Lederrüstung sah sie die Muskeln die angespannt waren. Sein Gesicht war überwältigend. Er hatte dieselben grünen Augen wie die Frau. Seine Augen waren freundlich aber auch aufmerksam. Mary starrte ihn an und er starrte zurück. Sie verlor sich einen kurzem Moment und atmete schnell. Doch das Atmen fiel ihr immer schwerer und sie röchelte. Sie musste sich an dem nahegelegenen Baum abstützen um nicht schon wieder in Ohnmacht zu fallen. Der Mann trat auf sie zu und sofort richtete sie sich wieder auf und ging in Angriffsposition, auch wenn sie schwach war, würde sie sich nicht kampflos ergeben. Er lachte sie an und Mary gab ihre Kampfstellung für weniger als einer Sekunde auf und das merkte die Frau, die sehr schnell hinter ihr stand und sie an den Armen grob festhielt. Erstaunlich wie stark sie war, so stark sah sie für den ersten Blick nicht aus. Eine schwere Fehleinschätzung von Mary. Die ihr Gesicht verzog, als sich ihre Wunde dehnte. „Azul, so grob brauchst du nicht zu sein.“ „Wissen wir was sie hier will? Hast du die Augen gesehen. Es sind die Augen des Bösen.“ Mary stöhnte auf als die Frau sie unwirsch vor sich hinschubste. Sie merkte wie der neue Grind wieder aufplatzte und das Blut stärker durch den Verband sickerte. „Azul!“ Der Mann kam zu ihr geeilt und hielt sie fest, seine Hände waren so sanft und doch stark. Er nahm sie hoch und sie wurde zurück zu dem Feuer getragen bevor die neue Schwärze über sich ergab sah sie ein Tier. Ein riesiges Tier eine Art Reptil. Sie hielt die Luft an und flüsterte: „Drachenreiter.“ Die bekannte Dunkelheit lag über sie. Sie konnte sich nicht bewegen und war wie gefesselt. Sie war in einem Kerker gefangen, sie kannte dieses Gewölbe. Der Folterkeller ihres alten zu Hauses. Vor ihr stand ein Mann. Ater. Er lachte über ihr und strich ihr durch das Haar. „Du musstest auch so ungezogen sein, aber bald wirst du wieder an meiner Seite sein, Liebste. Zusammen mit deinem Vater.“ Mary spuckte in sein Gesicht und schaute ihn angewidert an. Dann war der Traum verschwunden und sie erwachte wieder bei der Oase. Sie merkte wie ein kaltes nasses Tuch auf ihrer Stirn lag. Ihr war kalt und heiß zu gleich, ihr ganzer Körper war mit ihrem Schweiß gebadet und die Wunde brande höllisch. Zaghaft schlug Mary die Augen auf und die Sonne blendete sie. Vorhin war es noch dunkel. Hatte sie die Nacht verschlafen. In ihrem Fieberwahn sagte sie schwach. „Hämatit.“ „Er ist da und es geht ihm gut. Ich glaube er macht sich Sorgen um dich.“, die Männerstimme klang beruhigend. Wieder schloss sie die Augen und fröstelte, obwohl die Sonne heiß war. „Es war nicht unsere Absicht, aber wir dachten du wärst ein Eindringling. In den Gedanken deines Begleiters fanden wir aber die Wahrheit. Du hast so viel durchgemacht.“ Seine Augen ruhten auf ihr Gesicht und er ertappte sich dabei die roten Lippen und die langen Wimpern zu begutachten. Die pechschwarzen Haare hingen strähnig und nass herab. Doch das entstellte sie nicht. Im Gegenteil es machte sie verwundbarer und hilfloser. Und er musste sie beschützen egal wie. Wie konnte es sein? Er, der stärkste Drachenreiter seit langer Zeit. Verliebte sich bei dem ersten Blick in die schwarze Magierin. Natürlich sie war nicht mehr so Böse wie vorher. Sie hatte sich geändert, doch trotzdem hätte er sie verachten müssen. Genauso fühlen wie seine Schwester Azul, die fast Mary umgebracht hätte. Doch es war anders, er war wütend auf die junge Drachenreiterin, dass sie sie beinahe verbluten lassen hatte. Wie konnte er nur so denken? Es war falsch und das wusste er, aber er konnte nichts an seinen Gefühlen ändern. Marys Arm bewegte sich und sie nahm seine Hand in die ihre. Es war ein unglaubliches Gefühl. „Azul ist unterwegs und bringt Kräuter, die dich heilen sollen.“ „Mein Stab.“ Er wollte ihr in nicht geben, denn wenn sie nur vorgab so schwach zu sein, würde sie ihn mit einem Schlenker auslöschen könne. Doch er konnte ihr nicht widersprechen und gab ihn ihr. Der Stab leuchtete rot auf und danach blau. Sie bekam mehr Farbe im Gesicht und er merkte das ihre Muskeln sich nicht mehr so anspannten wie unter Krämpfen. Langsam setzte sie sich auf. Das Wasser lag still da und funkelte wie tausende Edelsteine. Das kleine Wäldchen war eher karg und hatte ein krankes Grün, aber es war voller Leben. Der sandige Boden war etwas feuchter als der außerhalb der Wüste. Die Luft war trocken genauso wie ihr Mund. Sie wollte aufstehen, doch ihre Beine gaben nach, schnell wurde sie von dem Mann aufgefangen. Sie traute sich nicht in sein Gesicht zu schauen, denn würde sie jemals wieder wegschauen können? „Wasser.“ Ihre Stimme klang brüchig und ungewohnt. Sie kam sich so schwach vor. Die starke Mary Maga war ein kleines Häufchen Elend. Wenn sie jetzt in die Fänge der Gegenseite geraten würde, sie hätten ein leichtes Spiel mit ihr. Obwohl das furchtbar war, fühlte sie sich sicher in dem Armen des fremden Mannes geborgen. Er gab ihr einen Wasserbeutel und sie nahm gierige Schlucke. Schon ging ihr es ein wenig besser. „Bist du geheilt?“ Er deutete auf den Zauberstab. „Nein. Vielleicht für einen Tag, aber ich habe nicht die Kraft mich selbst zu heilen. Das viele Blut, dass ich verloren habe hat mich geschwächt.“ Immer noch traute sie sich nicht in seine Augen zu schauen, also schaute sie an ihm herunter. Er hatte seine Rüstung durch ein Hemd und eine lockere Leinenhose getauscht. Doch selbst mit so einer Kleidung war er unbeschreiblich schön und dann tat Mary den Fehler und schaute in seine Augen. Er war auch nicht darauf gefasst und blickte in ihre. Man hörte richtig die Funken sprühen. Sie streckte eine Hand aus und strich an seinem starken Arm entlang. Leicht zuckte er von der ungewohnten Berührung zurück. Mary fand als erstes die Worte wieder. „Du hast dich noch nicht vorgestellt.“ „Verde.“ Wie peinlich, er hatte seine Sprache verloren und konnte nur noch seinen Namen sagen. Gerade war er nicht mutig genug, obwohl er liebend gern einen Schritt auf sie zugegangen wäre. Doch er stand da wie ein scheues Reh unfähig sich zu rühren. Mary ging es genauso, aber sie ging näher an ihn ran. Sie merkte seine Wärme und seinen männlichen Duft der ihr den Atem verschlug. So hatte sie sich noch nie gefühlt so hilflos und doch beschützt. „Ich bin Mary.“ Antworte sie auf eine ungestellte Frage. Verde lächelte leicht. „Ich weiß“ Natürlich wusste er es. Sie war ja nun berühmt und die meistgesuchteste Person zur zeit. Er nahm seinen Mut zusammen und trat nun ganz nah an sie heran. „Es ist so komisch, aber ich wusste nie das ich was verloren hatte.“ Verwirrt schaute Mary in seine Augen. „Wie konnte ich etwas so wertvolles finden ohne es verloren zu haben oder gar keine Ahnung gehabt haben, dass es so etwas wie dich gibt.“ Das wurde ihr noch nie gesagt. Sie war wertvoll? Und er meinte nicht ihre Herkunft und die Magie die in ihr war. Nein, er meinte sie als Mensch, als normale Frau. Sie streichelte seine Wange und drückte sich an seine Brust. Gleichmäßig atmete er, doch sie hörte sein Herz aufgeregt gegen den Brustkorb hämmern. Er nahm ihren Kopf zwischen beide Hände und kam ihren Gesicht näher. Seine Lippen waren so weich, als sie sich trafen, dass sie gar nicht wusste wie ihr geschah. Die Welt drehte sich, aber diesmal auf eine gute Weise. Sie erwiderte lustvoll seinen Kuss und umarmte ihn liebevoll. Es war gar nicht ihre Art, denn sie war sehr misstrauisch und vertraute fremden Personen erst nach langer Zeit. Bei ihm war es anders, sie kannte ihn schon viele Jahre lang und war erst jetzt vollständig. „Wie konnte ich nur ohne dich leben?“, fragte sie ihn an seiner Brust gelehnt. „Das habe ich mich auch gefragt. Ich wusste nie, dass ich so empfinden würde und dann auch noch für eine schwarze Magierin.“ Mary lachte, aber nun merkte sie wieder das Schwindelgefühl. Der Zauber ließ nach und sie sackte zusammen. „Ich kann nicht mehr. Ich werde sterben.“ „Nein!“, schrie Verde sie an. Doch dann lag sie leblos in seinen Armen und sein Drache brüllte laut in die vertrocknete Wüste. Das war das zweite Mal, dass sie dachte sie würde wirklich sterben.

Dynastes schrak auf. Er hatte einen Albtraum, neben sich hörte er wie seine Frau leise und regelmäßig atmete. Er, der mächtigste Mann, hatte Angst vor einem Albtraum. Schnell stand er auf und zog sich seine schwarze Rüstung an. Es war was passiert. Seiner Tochter war etwas zugestoßen und er musste herausfinden was. Polternd rannte er die Steintreppen nach unten und setzte sich auf den Thron. Gleich darauf erschienen zehn Sklaven bereit jeden Wunsch zu erfüllen, selbst wenn es ihren Tod bedeutete. Diese kleinen Larven, sind zu nichts zu gebrauchen, dachte er sich. Dann kam seinen Berater voran … Der alte grauhaarige Mann war leicht zu erkennen. Obwohl er wohl auch geschlafen hatte, war er sehr munter. „Meister? Was ist passiert?“ „Ich brauche einen Spion, es ist etwas passiert. Jemand muss Mary finden, es reicht nur das mehr will ich nicht wissen.“ „Meister, wir versuchen seit Monaten sie zu finden, doch keiner hat sie gesehen.“ Wütend stand Dynastes auf. Wie konnte er sich seinem Befehl widersetzten, als er ihn strafen wollte, flog ein roter und schwarzer Nebel auf ihn zu und genau in seine Kugel seines Zauberstabes. Er ließ sich auf den Thron fallen. Nein, das konnte nicht sein. Seine Tochter war tot und ihre Magie war zurück in den Kristall. Gespeichert und niemand konnte sie verwenden. Doch das war nicht das Einzigste was ihn ärgerte. Obwohl seine Tochter ihm den Rücken zugewendet hatte, war er ihr Vater und in ihm regte sich etwas. War es die Liebe? Oder doch die Wut nicht die starke Magie von ihr zu verwenden, da sie in dem Kristall gespeichert war und er noch nicht wusste, wie er sie verwenden konnte? Schnaufend stemmte er sich in die Höhe und sah seine Berater an. „Wo ist Ater?“ „Meister?“ Ater ging nach vorn und verbeugte sich vor ihm.

„Margolie, was ist los?“ Markus starrte den Neuankömmling erschrocken an. Ein junger Magier mit weißem Gewand und einer dunkelblauen Mütze stand vor ihm, obwohl er gerade noch locker mit Markus geredet hatte. Mitten in der Bewegung erstarrt. Nun sah man nur noch das Weiße in seinen Augen und seine Lider flatterten. Es sah aus wie ein schwerer Anfall, gerade wollte Markus auf ihn zugehen, als Margolie wieder zu sich kam. Er suchte Halt fand aber keinen und rutschte auf den Boden. Tiefe Angst stand auf sein Gesicht geschrieben. „Sie ist tot!“ „Wer ist tot?“ Markus kniete sich neben den weißen Magier und legte die Hand auf seine Schulter. „Mary! Ich habe es gesehen.“ „Wie?“ Brachte Markus gerade noch hervor. „Zuerst sah ich eine leblose Gestalt mit schwarzem Haar, aber dann veränderte sich das Bild, die junge Frau, die ich nicht erkannte, löste sich auf in eine Art Glitzernebel und dann stand ich vor Dynastes und der Nebel flog in seine neue Kugel. Es war die Magie von Mary Maga, seiner Tochter und alleiniger Erbe. Nun kann uns nichts mehr helfen. Wir sind verloren. Sie war die einzige Person, die es mit dem starken Magier aufnehmen hätte können. Niemand sonst kann sich Dynastes Maga, dem Herrscher, entgegenstellem.“ Markus rutschte zu Boden. Es konnte nicht sein, es durfte nicht sein. Seine gute Freundin, die ihn aufgenommen hatte, obwohl alle dagegen waren, war tot. Und nicht nur sie war tot, auch die Hoffnung starb mit ihr. Er zog die Knie an und umschlang sie mit den Armen und legte seinen Kopf darauf. Sein Blick ging ins Leere und er konnte keinen Gedanken fassen. Wie sollte es weitergehen? Vielleicht hatten sie nur noch ein paar Tage zu leben. Cataracta kam um die Ecke gerauscht und wäre fast in die beiden Männer gestolpert. „Was sitzt ihr hier herum? Es sind weitere weiße Magier angekommen.“ Sie schaute zu Markus und dann zu dem Margolie und wieder zurück. Dann erstarrte sie. Ihr sensibles Gefühl erriet die Situation, obwohl sie nicht richtig verstand um was es ging. „Markus?“ Er zuckte zusammen, wie unter einem Peitschenhieb. „Markus?“ Fragte Cataracta jetzt leiser. Er schaute zu ihr auf und ihre Blicke trafen sich, schnell schlug er die Augen nieder, denn er konnte die hübsche Wasserfrau nicht ansehen, wenn er ihr die schlechte Nachricht überbrachte. Schwerfällig stemmte er sich auf und ging einen Schritt vor ihr zurück. „Mary… Mary ist…“ Er konnte nicht weitersprechen und hielt sich den Kopf. “Was ist mit ihr?” „Tot.“ Er verschluckte sich bei dem Wort und es kam röchelnd heraus. „WAS?“ Sie schrie auf und wieder zuckte er zusammen. Noch nie hatte er eine solche Stimme gehört, sie klang so klar und doch so fern. Er wollte sich gerade die Ohren zuhalten, als sie sich herumdrehte und davon rauschte. Perplex stand er da. Wollte sie denn nicht wissen woher er es erfahren hatte oder konnte sie es sich denken? Er rannte mit Margolie in die Richtung und standen nun in der Ansammlung von Menschen. Cataracta hatte es den anderen Leute gerade gesagt und man hörte laute Schreie und leises Wimmern bis hin zu hysterischem Weinen. Markus ließ seinen Blick schweifen. Weitere zehn Personen waren hinzu gekommen, aber bei einer Person blieb sein Blick haften. Die Frau hatte nichts weißes an, sondern braune Kriegerkleidung. Ihr blondes langes Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und er erkannte spitze lange Ohren. Eine Elfe! Sie bemerkte seinen Blick und schaute zu ihm mit ihren grünen Augen. Es erinnerte ihn an einen warmen Frühlingstag und er fühlte sich ungewollt wohler. Dann war sie verschwunden um gleich darauf neben der blauen Frau zu erscheinen. War sie denn so schnell? Sie flüstere ihr etwas ins Ohr und Cataracta schaute zu Markus und nickte. Bevor er sich fragen konnte um was es ging, winkte sie ihn zu sich und zu dritt gingen sie ein Stück weit entfernt von ihrem neuen Lager. „Markus, dass ist Sarafina, eine Elfe. Ich konnte es auch kaum glauben, denn eigentlich sagt man, sie seien ausgestorben. Teilweise ist es wahr, denn sie ist eine der letzten Nachkommen ihrer Generation.“ „Seid gegrüßt Cataracta und Markus“ leicht verbeugte sich die Elfe vor den Beiden. „Ich war auf der Suche nach der letzten Hoffnung, die ihr Mary Maga nennt. Mein Volk wurde von dem Tyrannen Dynastes Maga heimgesucht und ausgelöscht. Doch einige konnten sich retten, leider wurden wir in alle Himmelsrichtungen verstreut. Die Sterne zeigten mir den Weg, den ich gehen musste und bin hier her gekommen. Zu meinem Bedauern zu spät.“ Sie setzte sich auf einen Stein und schaute in den Wald hinein, als ob dieser ihr Antworten geben könnte. Plötzlich schoss ihr Blick in den Himmel, ihre dünnen Augenbrauen runzelten sich zusammen. So als ob sie etwas verwirrte. Sarafina sprang auf um mehr von dem Himmel zu sehen. „Es kann nicht sein. Oder doch?“ „Was ist los?“, fragte Cataracta sanft. „Die Sterne sie sagen mir, dass etwas schlimmes passiert sei, aber kein Tod. Kein richtiger Tod. Ich verstehe es nicht.“ Fragend schaute sie zu den anderen, wie ob sie ihr eine Antwort geben könnte. „Aber Margolie hat es gesehen.“ „Er hat eine leblose Frau gesehen. Doch er war nicht dabei, er konnte nicht genau sehen, ob sie tot ist. ER hat nur einen Teil gesehen, dass was ihm das Schicksal zeigen wollte. Doch die Sterne sagen uns alles.“ „Wir haben hier sehr viele Schüler der weißen Schule, die langjährig ausgebildet wurden und haben uns aber nichts dergleichen berichtet.“, sagte Markus. Nun lächelte die schöne Elfe. „Die Weißen lernen viel. Auch sehr viel gute Sachen. Aber ihnen bleibt die Sternendeutung vorbehalten. Sie sehen es als Unsinn an. Doch wir Elfen, die einzigen wahren Naturverbundenen, geben seit Generationen das Wissen weiter. Wir können mit der Natur sprechen, wenn auch nur beschränkt und sie antwortet uns, wenn auch in rätseln. Die Sterne stehen zur zeit schlecht, aber sie sagen mir es ist niemand gestorben, der Hoffnung in sich trägt und seit vielen Monaten zeigen sie mir nur eine klare Hoffnung und zwar das Blut des schwarzen Magiers. Und nur Mary Maga trägt es in sich. Sie muss leben!“ „Um Gewissheit zu haben müssen wir sie suchen. Sie ist vor kurzem zu den Drachenreitern aufgebrochen.“, kaum vernehmbar war Cataractas Stimme. „Ich werde sie finden, aber bitte gebt allen die Hoffnung wieder.“ Damit war das Gespräch beendet und Sarafina verschwunden. Keiner der beiden sagte etwas und zusammen gingen sie zurück um die Nachricht zu verkünden. Erstaunen machte sich breit und Bewunderung. Nun hatten alle die Hoffnung bei der Elfe und hoffentlich würden sie Mary finden.

Verde beugte sich über die leblose Gestalt und versuchte es mit Wiederbelebungsversuchen. Hämatit stand nervös daneben und neben ihm der Drache. Er war groß, wenn nicht sogar riesig. Seine Schuppen glänzten grün im Feuer und seine Augen waren große Amethyste. Er blähte seine Nasenlöcher und beugte sich zu Verde. „Gib auf.“, brummte er zu ihm. „Nein!“, schrie sein Reiter. Knurrend legte sich der Drache auf den Boden. „Es ist zu spät.“ „Das kann es nicht und darf es nicht. Nicht jetzt und nicht heute.“ Lautes Flügelschlagen war zu hören und ein blauer Drache landete neben dem Feuer, das gefährlich flackerte und auszugehen drohte. Niemand achtete darauf. „Verde? Was ist los?“, Azul sprang leichtfüßig von dem Rücken des Tieres und rannte zu ihrem Bruder. „Das Gift hat sich zu schnell verteilt und dann ist sie…“ Er konnte den Satz nicht zu ende sprechen, denn ein dicker Kloß saß in seinem Hals. „Ihre Magie ist verflogen.“ „Die Magie? Wohin?“ Sie beugte sich über die leblose Gestalt und war schockiert. Die Leichenstarre hatte schon eingesetzt und die rechte Hand umgriff ihren Stab. Das Ende davon war zerbrochen und Glasspitter umringten ihn. Verde versucht es weiterhin mit der Wiederbelebung aber eine Tote kann nicht wiederbelebt werden. Sie umklammerte Verde um ihn davon abzuhalten. Er litt. „Es gibt nur noch eine Lösung.“ Der grüne Drache war hinter den beiden herangetreten und schaute auf Mary hinab. „Sam und ich, werden unser bestmöglichstes tun.“ Sie schaute den blauen Drachen an, der ein Stück kleiner war als sie selbst. „Misera, was meinst du damit.“ „Du bist noch ein junger Drache Sam, aber doch auch in dir steckt die alte Drachenkraft, die uns die großen Alten mitgaben. Nur im äußersten Notfall dürfen wir sie einsetzen und es können nur mindestens zwei Drachen.“ Den Rest teilte sie ihm in Gedanken mit, wie sich die Drachen meistens unterhielten. „Geht bitte zur Seite und egal was geschieht, kommt nicht näher. Hämatit du achtest bitte darauf.“ Das geflügelte Einhorn hatte verstanden und verscheuchte die zwei Menschen. Der große grüne Drachenkopf war kurz vor Marys offenen stehen geblieben und summte. Dabei kam grüner Rauch aus ihren Nüstern und Sam tat es ihr gleich, nur dass aus ihm blauer Rauch kam. Minuten vergingen und nichts tat sich. Dann plötzlich schwebte der Leichnam in die Luft. Meter für Meter, die Drachen hörten nicht auf zu summen und wurden sogar lauter. Der Körper fing an rot zu leuchten und wurde immer greller, als ob er glühte. Ein lauter schmerzhafter Schrei hallte durch die dunkle Nacht. Verde erschrak so sehr, dass es ihm durch Mark und Bein fuhr. Laute knackende Geräusche waren jetzt noch mehr zu hören als das helle Schreien. Es waren die Knochen von Mary. Sie machte verschiedene Verenkungen und es sah töricht aus. „LASST MICH STERBEN! NEIN, ICH WILL NICHT.“ Ihre Stimme zitterte und dann fuhr ihr Kopf herum und schaute traurig Verde an. „Liebster, ich bitte dich. Sie sollen aufhören es tut so weh. Ich war so glücklich, aber jetzt bringen sie mich noch einmal um. Siehst du es nicht? Sie verbrennen mich am eigenen Leib. Es brennt so sehr. Bitte, oh Verde, ich flehe dich an, wenn du mich lieben solltest dann hilf mir.“ Tränen traten Mary in den Augen und fielen leise zu Boden. Verde wollte zu ihr eilen. Was passierte hier? Sie taten ihr weh und er konnte es nicht zu lassen. Er musste sie beschützen. Gerade als er losrennen wollte und Mary vor dem Scheiterhaufen retten wollte, merkte er etwas blitzendes. Es war Hämatits Silberhorn gefährlich nah an seiner Brust. Er konnte damit leicht durch einen Körper hindurchdringen. „Siehst du nicht was sie machen? Es schmerzt ihr.“ Hämatit gehorchte den Drachen auch wenn es ihm wehtat dieses Schauspiel mit anzusehen, doch die Drachen wissen was sie tun. Als Mary merkte, dass er es nicht machen würde, sah sie Azul an. Diese sagte sogleich: „Hexe, bei mir kannst du es nicht schaffen.“ Der Blick von Mary verdunkelte sich und nahm den gleichen Ausdruck wie Dynastes an. „Ja du schaust zu wie eure zwei Drachen mich, die große Schwarzmagierin, wieder zum Leben erwecken. Vielleicht war ja dein Treffer genau richtig, als mich der Speer, den du geworfen hast traf. Du weißt genau wie ich, dass ich immer noch Böse bin. Ich habe das Blut in mir fließen, dass auch euch verderben gebracht hat und wenn ich zu meinem Vater zurückgehe, werden wir zusammen wiederkommen und endgültig eure Rasse vernichten und dazu eure geliebten Drachen. Du siehst hier zu, wie ich gerade zum Leben erweckt werde und später lasse ich dabei zusehen, wie deine Familie stirbt unter Qualen.“ Ein unheimliches Lachen drang aus Marys Kehle. Azul schäumte vor Wut und zog ihren kleinen silbernen Dolch um auf sie loszurennen. Diesmal hielt sie auch Hämatit auf und dazu Verde, der sich wieder gefasst hatte. Mary schlug ein paar Saltos wobei ihre Wirbelsäule gefährlich knackte und es ein paar mal aussah, wie ob sie gebrochen wäre. Dann ging ein letzter Ruck durch ihren Körper und sie war mit schwarzem Rauch umhüllt, der auch wieder sich schnell auflöste. Erschöpfte ließen die Drachen Mary auf den Boden sinken. „Böses hatte von ihr Besitz ergriffen, ihr habt nicht die wahre Mary gehört nur das Böse. Doch nun ist es weg und sie muss erstmal ausschlafen. So wie wir auch.“ Krachend legten sich die Drachen hin und fingen gleich darauf leise an zu schnarchen. Auch der Brustkörper der Magierin hob und senkte sich. Verde hatte sich neben sie hingesetzt und streichelte ihren Kopf. „Du liebst sie tatsächlich.“ Es war keine Frage sondern eine Feststellung.

Sarafina überschritt gerade die Grenze von dem blühenden dunklen Wald zu der Wüste. Kurz hielt sie inne um die Sterne zu deuten. Dann fiel eine große helle Sternschnuppe hinab und sie lächelte. „Ich wusste es.“ Und rannte weiter. Elfen waren so schnell wie galoppiernde Pferde, wurden aber nicht so schnell müde und auch spürten sie nicht so sehr Hunger oder Durst. Darum rannte sie weiter, dorthin wohin sie die Sterne führten. Wenige Stunden nach ihrem Lauf sah sie von weiten einen kleinen Lichtpunkt. Es war Feuer. Es war jetzt ungefähr Mittag und die Sonne prallte auf ihr herab. Sie war sehr müde und auch durstig. Sie musste sich eingestehen, dass auch sie einmal am Ende ihrer Kräfte war. Es hatte sich aber gelohnt. Es vergingen einige Minuten bis sie große sich bewegende Berge ausfindig machen konnte. Die Drachen. Mit neuer Kraft lief sie ihrem Ziel entgegen und sie blieb nicht unbemerkt. Der größere Drache schaute in ihre Richtung und eine Person sprang auf seinen Rücken. Zusammen erhoben sie sich und flogen ihr entgegen. Sarafina war stehen geblieben um ihnen zu zeigen, dass keine Gefahr drohte. Mit ein paar Metern Abstand landete der Drache und schaute sie an. Dann verbeugte er sich und sagte mit einer weiblichen tiefen Stimme „Willkommen Elfe. Schön dich hier zu sehen. Ich kann mir denken warum du hier bist und Mary ist wohlauf, auch wenn sie noch schläft, doch sie erholt sich schnell. Mein Name auf der mir von meinem Reiter gegeben wurde ist Misera und mein Reiter Verde.“ Sarafina verbeugte sich auch „Die Menschen und Magiekundigen nennen mich Sarafina. Es ist schön zu hören, dass die Hoffnung wieder lebt. Ein großer Schock machte die Kunde. Nun wird sich alles früher oder später zum Guten wenden.“ Verde sprang aus dem Sattel des Drachen und ging auf die Elfe zu. „Auch ich heiße dich herzlich Willkommen. Wundere dich nicht über meine Neugier, aber ich dachte Elfen seien ausgestorben.“ „Das denken viele, Drachenreiter. Da kann ich nur sagen: Ich lebe! Einige weitere auf der Welt gibt es noch, aber sie zu finden ich schwierig. Sie können gut ihre Spuren verwischen und ich zolle ihnen Respekt, dass ich sie trotz alldem nicht suchen werde.“ Gemeinsam gingen sie zu dem Lager. Niemand sprach. Nun stellten sich auch Azul und Sam vor, die mit Ehrfurcht die Elfe betrachteten. Auch wenn es eine magische Welt war, so ist es erstaunlich eine Elfe anzutreffen, auch wo sie noch nicht ausgestorben waren, versteckten sie sich in den Wäldern. Die schlanke junge Frau setzte sich neben Mary und fühlte ihre Stirn. „Das Fieber ist schon zurückgegangen.“ Sagte Verde schnell. Er kam sich so hilflos vor. Sarafina nickte und ging zu dem Wasser, sie hatte zwar sehr großen Durst aber verdrängte zuerst das Bedürfnis. Sie zog aus ihrem Gürtel einen kleinen goldenen Dolch und schnitt eine algenartige Pflanze ab. Diese legte sie in ihre Hände und murmelte einen Zauberspruch in einer fremden Sprache, das Gewächs veränderte seinen Zustand und wurde zu einer grellen weißen Kugel. Ein Augenzwinkern später hatte Sarafina ein kleines Fläschchen mit grünem Inhalt in der Hand und tröpfelte es in Marys Mund. Dann fühlte sie wieder die Stirn von ihr und nickte. Verde hob eine Augenbraue und legte die Hand an eine Wange von Mary. Sie hatte Normaltemperatur. Ungläubig wollte er die Elfe anschauen, diese war schon wieder an dem Wasser und schöpfte mit den Händen um etwas zu trinken. „Wie hast du das geschafft?“, fragte er als sie wieder bei ihm war. „Ein einfacher Zauber für mich. Die Pflanze ist heilend bei Fieber, doch mehr kann ich nicht für sie tun. Noch einige Zeit wird sie schlafen bis ihre Knochenbrüche verheilt sind. Aber ich kann dir versichern danach fühlt sie sich wie neugeboren, obwohl das ja irgendwie stimmt.“ Lächelnd streckte sie sich auf einer Decke aus. „Wenn ihr mich jetzt entschuldigend würdet, ich war die ganze Nacht auf den Beinen und bin geschafft.“ Schon war die Elfe eingeschlafen. Azul ging an die Seite von Verde und schaute abwechselnd auf Mary und Sarafina „Eine Elfe und eine Schwarzmagierin. Wir können sie beide nicht mitnehmen.“ „Wir können und wir müssen, Azul“ Fragend schaute sie zu ihrem Bruder auf. „Ich habe zwar noch nicht alles verstanden, aber es betrifft und weitgehend mehr als am Anfang gedacht. Wir können nicht tatenlos mehr zusehen. Durch diese, sagen wir mal, Verwandlung die unsere beiden Drachen vollzogen haben, ist sie nicht mehr ganz sie selbst. Wie du weißt ist ihre alte Magie fortgeflogen, wahrscheinlich zu ihrem Vater. Doch nun steckt in ihr die Drachenmagie ,uralt und sie muss sie lernen.“ „Das heißt, sie ist jetzt eine Drachenreiterin?“ Schnaubend drehte Misera, Azul den Kopf zu. „Als Drachenreiter wird man geboren, Azul. Das weißt du. Doch Drachenreiter haben eine andere Magie in sich, die sehr ähnelt mit den Drachen, doch ist die Drachenmagie älter und stärker. Ein Teil ihrer Seele ist jetzt ein Drache.“ Ungläubig schauten beide Misera an und Azul sagte: „Was heißt das jetzt genau? Drachen suchen sich doch Reiter, aber ich glaube nicht, das sie einen Reiter wählt.“ „Du hast da etwas vergessen. Nicht alle Drachen suchen sich Reiter, denn ihre Seele ist angreifbar. Wir haben uns mit den Menschen verbündet, weil wir sie am Anfang unterstützen wollten. Als die ersten Kriegen zwischen Magie und Mensch ausbrachen, weit vor Dynastes Zeit. Nach vielen Jahrzehnten, vielleicht sogar Jahrhunderten, wollten einige Drachen nicht mehr ohne die Menschen leben. Die ersten Reiter hatten nicht so eine Verbundenheit, wie wir jetzt, doch sie wollten nicht ohne sie sein. Und auch die Menschen, nicht alle, wollten ohne die Drachen leben. Und so waren die ersten Drachenreiter geboren. Die ersten Menschen hatten natürlich nicht diese Lebensspanne wie die Drachen und so wurde ihre Erben die wahren Drachenreiter. Mit der Zeit vergrößerte sich auch die Lebensspanne der Menschen und Magie färbte auf ihnen ab, die sich weiterentwickelte und etwas anders wurde. Doch andere Drachen gibt es immer noch. Freie Drachen, die so eine Liebe nicht kennen. Und ihr vergesst noch eines. Mary Maga ist eine Magierin, in ihr floss nie böses Blut. Blut kann nicht böse sein. Sie wurde nur schwarzmagisch aufgezogen und ihr wurde Hass bzw. Gleichgültigkeit anderer Lebewesen beigebracht. Doch das hatte sich verändert als sie jemanden kennenlernte, lernte sie auch zu lieben, was sie besser empfand und floh mit ihm von ihrem Vater. Nun beherrscht sie alle Seiten: Liebe, Hass, Trauer und Glück. Sie wurde verletzte, verraten, ihr Herz wurde zerbrochen und wieder zusammengefügt. Nur ihr Inneres allein, jetzt gestärkt mit einer Weisheit der Drachen, wird es schaffen können ihn zu erledigen. Auf jeden Fall hoffen wir es, dass sie es schaffen wird.“ Die Drachendame hatte sich hingelegt und ihren Kopf auf die Vorderpfoten gelegt. „Legt euch schlafen, wir werden bald aufbrechen und es wird nicht leicht werden. Und Mary muss viel neu dazulernen.“ Die Geschwister schauten sich noch leicht irritiert an. Einiges mussten sie in ihren Köpfen wiederholen und anderes war nicht klar. Viele Fragen waren noch offen, doch die Geschichte der Reiter und ihren Drachen sowie den freien Drachen, war lang und sehr alt. Alte Drachenreiter haben sie bis jetzt nur zum Teil durch und selbst viele Weisheiten noch nicht verstanden. Azul und Verde waren noch jung und erst am Anfang, wobei dies auch gleichzeitig schneller zu Ende sein kann. Der nächste Morgen brach an und Mary schlug die Augen auf. Es war noch sehr früh und die anderen schliefen, bloß Hämatit kam leise auf sie zu. Sie schaute sich um und sah ihren kaputten Magierstab. Was war passiert? Wenn ich ganz ruhig bin und mich ganz flach hinlege, kann mich diese Ziegenherde nicht sehen. … Ja genau kommt noch ein bisschen näher… Was für ein Festmahl…Sie schaute sich nach den Stimmen um, konnte aber niemand weiteren entdecken. Jedes Mal muss ich mich aufs Neue beweisen. Ich bin zwar ein Weibchen, aber viel stärker als viele Männchen. Doch eigentlich stört es mich nicht, sollen sie doch sehen wie klug, schön und stark ich bin. Irgendwann werde ich meinen Drachenpartner finden. Mit großen Augen schaute sie zu den Drachen, Sam zuckte mit seinem Maul und sah aus als ob er fressen würde im Traum und Misera sah leicht hochmütig und stolz aus. Mary konnte die Gedanken der Drachen hören. Ihr Kopf fing an zu brummen und dann merkte sie es. Etwas in ihrem Innern war anders. Ihr Geist größer, ihre Seele riesig und ihre Gedanken rasend schnell. Schneller als zuvor. Sie konnte sich schon neue Gedanken, wobei sie noch über ihre alten Gedanken nachdachte. Nun hatte sie auch das Verlangen auf eine Ziege zu springen und genüsslich zu essen. Doch etwas anderes fehlte in ihr eine große Leere, die langsam mit etwas neuem gefüllt wurde. Und jetzt sah sie wieder die Ziege und ihr Magen knurrte. Lachend stand Misera auf, in Wirklichkeit schnaubte sie, aber ihr Lachen war in Gedanken zu hören. Es ist am Anfang bestimmt noch sehr schwer das alles zu verstehen. – Seit wann kann ich euch hören? – Versuche dich zu konzentrieren und meinen Bilder zu folgen. Sie konzentrierte sich, obwohl die Ziege immer noch da war, aber jetzt kamen andere Bilder. Sie selbst war tot, doch dann schwebte sie in die Luft und sah sich sprechen. Und dann sah sie wieder Verde, so schön wie sie ihn in Erinnerung hatte. Sie sah ihn wie er sie retten wollte, aber Hämatit ihn aufhielt. Sah wie Azul wütend wurde und auf sie zustürmen wollte. Sah wie sie wieder zu Boden sank und tagelang schlief. Dann sah sie die Elfe und schaute auf die Stelle wo sie nun wirklich lag. Am Anfang wird es noch schwierig für dich sein, aber mit der Zeit und ich denke bei dir wird es schnell gehen, wirst du deine neue Magie sehr gut einsetzen können. Mary nickte und schaute jetzt nur noch auf einen Fleck. Dort lag Verde, tiefschlafend und immer noch so wunderschön, wie am Anfang. Die Gefühle für ihn waren noch da und sie wollte zu ihm. Zögernd ging sie ein paar Schritte auf ihn zu und ein grüner Lichtstreif nahm ihr kurz die Sicht. Es tut mir leid, aber du darfst ihn nicht lieben. Dein Teil deiner Seele ist nun ein neugeborener Drache und wenn du dich bindest, wird alles in die Brüche gehen. – Du meinst, für dich wird alles in die Brüche gehen? Wütend schaute Mary zu Misera hinauf. Die traurig, aber liebevoll auf Verde blickte. Er ist mein Reiter, Mary. Ich weiß, dass du ihn anders liebst als ich. Ich liebe ihn nicht als Mann, sondern als Sohn und doch will ich, dass er mein Reiter bleibt. Der Drache in dir ist sehr stark und wir müssen ihn erst bändigen, es könnte sein, wenn du dich an einen Reiter bindest du für immer verloren bist ihm zu folgen. Doch du musst Herr deiner Sinne bleiben, denn du bist die Einzige die uns retten kann. Nun ging es um ihr Wohl oder das Wohl tausender Menschen und anderer Lebewesen. Die Antwort auf die nicht gestellte Frage war einfach. Sie musste wieder ihre Liebe verlassen und sich dem Hass zu ihrem Vater hingeben. Sie musste ein lautes Brüllen unterdrücken, denn der Drache in ihr wollte laut schreien, bei dem Gedanken an ihren Vater. Oder war sie überhaupt noch die Tochter von ihm? Sie weiß, dass ihre Magie in seine Hände geflogen sind und das die alte Mary Maga wirklich gestorben ist. Die Mary die einen Verräter liebte, die einen Drachenreiter liebte, die die Herrin der Skorpione war und die Schwarzmagierin, die gut war, sie war hier in dieser Wüste gestorben und zum neuen Leben erwachte eine junge Frau, ein Teil Drache ein Teil Magierin, die Anführerin der Lichtwächter, Mary die Drachenfrau. Mary, die Drachenfrau. Sam war aufgestanden und brüllte. Mary die Drachenfrau. Auch Misera stimmte in das Brüllen mit ein. Mary wollte mitbrüllen, aber wusste, dass es bei ihr anders klingen würde. Drachenmensch du musst die freien Drachen aufsuchen und dich unterrichten lassen. Wir als gebundene Drachen können dir nichts beibringen, unsere Magie ist nicht so weitreichend und nur im Zusammenhang eines Reiters zu gebrauchen. Verde und Azul waren aufgesprungen und sahen Mary an. Verdes Blicke trafen sie und ihr Herz stach schmerzlich. Wieder einmal musste sie es brechen und diesmal war es ihre Absicht. „Mary.“, flüsterte Verde und war schon fast bei ihr als er ihrem neuen Blick begegnete. War es Verwunderung? Abneigung? „Kannst du dich an mich erinnern?“ Da wurde ihre Ausrede ihr gerade auf den Tisch gelegt. „Tut mir leid, aber ich kann mich nur noch an einen Angriff erinnern. Ein goldener Speer traf mich und dann war alles schwarz.“ Sie merkte wie sich der Drache bei seinen Augen regte. Du musst gehen, Mary. Am besten sofort. Mary schaute auf und in die Augen von Misera. „Das ist mein Drache, Misera. Erinnerst du dich wirklich an gar nichts mehr?“ „Doch verschwommen, an Schmerzen und an zwei summende Drachen. Ich verlor etwas und bekam ein Teil von etwas neuem wieder. Misera, dein Drache, hatte es mir vorhin erklärt. Ich muss aufbrechen.“ „Wohin? Was? Wieso musst du weg?“ „Ich muss zu den Drachenbergen und mich neu unterrichten lassen. Meine Kräfte übersteigen meine Fähigkeiten. Verde es tut mir leid.“ Der letzte Satz war ein Flüstern überrascht schaute er auf und jetzt lag Wut und Zorn darin. „Du lügst.“ Erschrocken schaute Mary in seine Augen. Wie hatte er es erfahren. „Azul! Wir reisen ab und können ihr nicht helfen.“ Seine Schwester sah genauso verwirrt aus wie Mary, doch schnell fasste sie sich wieder und packte ihre Sachen ein. In wenigen Minuten waren sie fertig und auf ihre Drachen gestiegen. Es tut mir leid, Mary, aber du hast einen Fehler gemacht. – Was soll das heißen? – Du hast seinen Namen erwähnt und du hättest ihn nicht wissen könne, so wie du es erzählt hast. – Du hättest ihn mir sagen können. – Dann wäre er früher aufgemacht, wenn Drachen den Namen ihrer Reiter laut sagen oder denken, dann sind die Reiter sofort hellwach oder zum Angriff bereit. Doch er ist erst aufgewacht bei unserem Brüllen. – Du wusstest es. Du hast gewusst, dass das passieren würde. – Es tut mir leid, Mary, aber es ist zu euch beider Sicherheit. – Und für dich ein Vorteil. „Fertig?“, fragte er laut seine Schwester. „Fertig!“ Sagte sie immer noch leicht verwirrt. „Mary, es lässt sich wohl nicht vermeiden, aber wir werden uns wiedersehen.“ Und schon stiegen die Drachen in die Lüfte. „Doch eines solltest du bedenken, belüge nie einen Drachenreiter und verletze nie seine Gefühle, denn das wirst du bereuen.“ „Verde, es tut mir leid“, flüsterte sie, natürlich konnte er sie nicht hören, denn die zwei Drachen waren schon mehrere Meter entfernt. Auf einmal legte jemand einen Arm um ihre Schultern. Sie zuckte zusammen bis sie erkannte, dass es die Elfe war. „Entschuldige, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt, ich bin Sarafina.“ „Mary.“ Freundlich lächelte die Elfe ihr zu. „Es wird schon wieder alles gut werden.“ „Was meinte er damit? Ich würde es bereuen?“ „Er war wütend, Mary. Ich weiß zwar nicht was zwischen euch gelaufen ist, aber du hast ihn sehr verletzt.“ Sie erinnerte sich an den innigen Kuss und er musste wohl Tag und Nacht an ihrer Seite gesessen haben und hatte sie nie aus den Augen gelassen. Woher sie das wusste? Weil sie es nicht anders getan hätte, wäre er verletzt worden. „Wir müssen los. Du bist schon zu lange an einem Ort und das wird nicht unbemerkt bleiben. Auch wenn die Wüste leblos erscheint, steckt sie voller Leben und Wundern. Und je früher du mit der Kontrolle deiner neuen Kräften anfängst desto schneller wird hoffentlich alles vorbei sein.“ Mary nickte und packte ihre Sachen zusammen. Viel war es nicht, doch dann viel ihr ein kleiner Gegenstand vergraben im Sand auf. Sie kniete sich hin und wischte den Sand beiseite. Zum Vorschein kam eine silberne Kette mit einem Drachen als Anhänger. Sie drehte ihn gedankenverloren in ihren Fingern und erkannte eine kleine Inschrift auf der Rückseite des Drachen. Für meinen Sohn Verde, den stärksten aller Drachenreiter. Es war seine Halskette, sie musste ihn die Kette heruntergerissen haben, als sie in Ohnmacht viel. Nein nicht in Ohnmacht, als sie starb. Sie war an einem Glied gerissen und konnte nicht mehr umgebunden werden. Leise und unauffällig kniete sich Sarafina neben ihr. „Darf ich mal?“ Widerwillig lies Mary die Kette in die Hände der Elfe gleiten. „Wunderschön.“ Dann glühte das Schmuckstück auf und gleich darauf war es wieder repariert. „Ich weiß du hättest es selbst machen können, aber du weiß noch nicht deine Kräfte einzusetzen. Darum sollten wir wirklich schnellstmöglich aufbrechen.“ Sie schaute in Richtung des Horizonts und bildete es sich Mary ein oder waren da tanzende Lichter zu erkennen? Der Abend war hereingebrochen und es wurde dunkler, aber die entfernten Lichter heller und größer. „Hämatit kann ein Stück uns beide tragen, aber ich glaube die letzten Kilometer müssen wir laufen.“ Die Elfe nickte eifrig und schaute weiter gebannt auf die Lichter und kurz hoch zu den ersten Sternen. Beide stiegen sie auf und Hämatit hob sich in die Lüfte. Schnell flogen sie von ihrem Lager weg und Sarafina benutzte ein paar Formeln um alle Spuren zu verwischen. Sie flogen der Nacht entgegen und ihre dunklen Punkte konnte man nicht erkennen. „Er wird nicht landen bevor wir das Vorgebirge erreicht haben.“, sagte Sarafina. Mary wusste, dass sie recht hatte, obwohl das geflügelte Einhorn schwer atmete, schlugen die Flügel weiter kräftig und brachten sie schnell nach vorn. Es gab ein Ruck und Hämatit sackte ab, schnell fing sich das Pferd wieder, aber es hatte keine Kraft mehr und langsam glitt es auf den Boden zu. „Wir haben es geschafft, da sind die Berge.“ Sarafina deutete auf die dunklen Spitzen Richtung Norden. Unter ihnen waren schon kleinere Berge und sie sahen den Mond in einem See funkeln. Keuchend krachte Hämatit auf und knickte ein. Schnell sprangen sie von seinem Rücken und halfen ihm so gut es ging wieder auf und gaben ihm zu Saufen. „Er ist müde, aber er hat sich schnell erholt. Ein sehr treuer Begleiter. Wusstest du, dass nur Elfen geflügelte Einhörner als Begleiter hatten und reiten durften?“ Mary schüttelte den Kopf. „Mein Vater hatte ihn mir als Fohlen geschenkt, als ich noch gar nichts wusste. Aber jetzt wird mir klar, dass Hämatit eine Trophäe des Sieges über die Elfen ist.“ Aufmerksam schaute sie die Elfe an. „Du vermisst Deinesgleichen.“ „Ja sehr. Immer wieder habe ich die Sterne gedeutet, doch nie sagten sie mir einen Weg. Den ersten richtigen Weg deutete ich als du wieder in unsere Welt kamst. Es gab einen großen Sternschnuppenschauer und da wusste ich, die Hoffnung ist wieder zurückgekehrt und machte mich auf die Suche nach dir.“ Unwillkürlich schaute die junge Drachenmagierin in den Sternenhimmel, wo er jetzt viel besser zu sehen war, da es schon tief in der Nacht war. „Ich kenne die Sternendeutung nicht, aber sie wissen wahrscheinlich mehr, als alles hier zusammen. Sarafina? Wieviel Vorsprung haben wir?“ „Vielleicht drei Tage. Wir sind sehr schnell vorangekommen, was mich doch ein wenig wundert. Doch trotzdem können wir nicht allzu lang hier bleiben. Die Wüste war das erste und richtige Reich deines Vaters überall Spione, du hast jetzt keine Macht mehr über die Skorpione und sie können nun alles Dynastes sagen, was dich betrifft. Doch wenn wir eine magische Grenze erreicht haben, wo nur Drachen und ältere Geschöpfe hindurch können, haben wir es vorerst geschafft.“ „Was ist mit den Lichtwächtern? Kannst du etwas über sie sehen?“ Sarafina lies sich Zeit mit der Antwort indem sie die vielen Sterne beobachtete. „Markus.“ Alarmiert schaute Mary auf. „Was ist mit ihm?“ Nun lächelte die Elfe. „Keine Sorge. Das hätte ich niemals gedacht. Er ist noch so jung. Markus hat die Führung übernommen zusammen mit Cataracta. Sein Weg wird auch bald meiner sein. Für immer.“ „Für immer? Wie meinst du das? Und warum haben sie die Führung übernommen?“ Sie lächelte immer noch, doch diesmal war es glücklicher. „Ich fand seine braunen Augen schon sehr faszinierend, aber ich hatte mir mehr Sorgen um die Hoffnung gemacht und erst jetzt verstehe ich es. Wenn wir die magische Grenze erreicht haben, trennen sich unsere Wege und ich schließe mich den Lichtwächtern wieder an. Warum sie die Führung übernommen haben, weiß ich nicht. Doch das brauchst du noch nicht zu wissen, du musst erst Lernen dich neu zu verstehen.“ Mary hatte verstanden, die Elfen drückten sich zwar seltsam aus, aber mit ihrem neuen Geist konnte sie schnell erkennen, dass die Elfe und Markus füreinander bestimmt waren. „Elfen und Menschen.“ flüsterte sie mehr zu sich selbst. „Markus ist kein normaler Mensch, aber das werden wir erst richtig viel später herausfinden. Doch etwas verstehe ich nicht ganz, was hat diese Krähe zu bedeuten?“ Ein Bild kam bei Mary hoch, eine Krähe saß auf einem Baum und dann in einem Komposthaufen. „Die Krähe hat keine Klanzugehörigkeit. Legenden sagen, wer die Krähe beherrscht, habe alle Macht in sich vereint. Intelligenz und Weisheit. Mein Vater hielt es immer für einen Aberglauben, doch ich weiß, dass er ein paar Leute darauf angesetzt hat, dem nachzugehen.“ Mary hatte alles über die Klane und verschiedenen Tiere gelernt, es sollte ihr helfen, diese zu unterdrücken. „Das ist sehr interessant. Ich glaube…“ Doch Mary lies Sarafina nicht zu Ende reden. „Nein. Ich glaube nicht, dass ich das Klanoberhaupt der Krähen werde. Kurz bevor ich in die magische Welt kam, hat mich eine Krähe angegriffen und ein Skorpion hatte mich nie verletzen wollen. Ich weiß wie es sich anfühlt ein Oberhaupt zu sein, doch nun habe bin ich keiner mehr. Glaube mir, Sarafina, ich wüsste es.“ „Ja, ich glaube dir. Dann hat sie eine andere Bedeutung, die uns jetzt noch nicht offenbart wird.“ Gemeinsam schauten sie in den Himmel, Marys Gedanken waren nicht bei den Sternen, ihre Gedanken waren weiter weg. Zuerst flogen sie auf einem Drachen und dann waren sie bei dem Verräter. Natürlich hatte die Krähe eine Bedeutung und sie wusste, sie würde sie bald erfahren. Denn umsonst war die Krähe nicht an diesem Tag aufgetaucht. An dem Tag als sie diese schwarzen Augen wiedersah, die so sehr verehrt und geliebt hatte. Dann verwandelten sich die schwarzen Augen in ein Paar grüne und sie lag an einer warmen und starken Brust. Sie fühlte sich so geborgen und alles war vergessen. Die Schmerzen, die Trauer und die Einsamkeit. „Mary… Mary… Mary… Wach auf!“ Geplättet wachte sie auf und schaute in ein langes grünäugiges Gesicht. Ihre langen glatten Blonden haaren fielen auf Mary hinab. „Was ist los?“ Noch immer was es Nacht, doch bald würde die Sonne aufgehen. „Wir sind nicht allein.“ Sofort schoss Mary in die Höhe und suchte ihren Stab bis ihr einfiel, dass Sarafina ihn in Sand verwandelt hatte, da Mary ihn nicht mehr brauchte. Hämatit lag noch tiefschlafend neben ihrem Nachtlager. Und wenn ihr Begleiter weiterschlief, konnte es nicht so schlimm sein. „Wo hast du wen gesehen.“ „Nicht gesehen, aber gespürt.“ Zusammen liefen sie die kleine Böschung hinunter zu dem kleinen See. Mary schaute hinein und sah zur Verblüffung nicht ihr, sondern das Spiegelbild von Cataracta. „Mary. Du lebst wirklich.“ „Ja so kann man es sagen.“ „Was ist passiert?“ „Eine lange Geschichte, aber wir haben dafür keine Zeit.“ „Warum hast du mich gesucht? Du weißt dass es gefährlich ist, diesen Weg als Verbindung zu benutzen?“ Denn wenn sie in verschiedene Seen, Sümpfe, Flüsse usw. nachgeschaut hätte, dann könnte es passieren sie wäre von jemanden anderen entdeckt wurden und man kann durch diese Verbindung Wassermenschen zwingen die Wahrheit zu sagen oder magisch ertrinken lassen. „Ich weiß, ich weiß. Aber es ist dringend. Wir brauchen dich. Man hat entdeckt, dass wir die ausgesetzten Magier wieder einsammeln und nun werden wir gesucht. Es wird wahrscheinlich zum Kampf kommen.“ Angestrengt überlegte Mary nach. Zum Glück hatte sie jetzt viel mehr Platz zum Denken und konnte mehrere Pläne auf einmal durch den Kopf gehen. „Die einzige und schnellste Möglichkeit sind die Spitzberge. Die Magier sollen euch schützen mit ihren Zaubern. Bei den Spitzbergen gibt es viele Mine in der Hoffnung Gold zu finden, aber dort kann nichts gefunden werden. Die Berge sind verflucht, aber nicht für alle. Und ich weiß, dass sie euch Eintritt gewähren lassen. Vertraue mir Cataracta und ich werde euch Sarafina schicken, sie wird euch eine große Hilfe sein. Ich kann leider nicht, wie gesagt es ist eine lange Geschichte und ich werde einige Zeit euch nicht unterstützen können. Ihr packt das, ich weiß das ihr es schafft.“ Zufrieden sah Cataracta nicht aus, aber sie sah hoffnungsvoller aus seit sie endlich Mary gesehen hat. „Ok, wir sehen uns dort, Mary und pass auf dich auf.“ „Du auf dich auch.“ Und schon war sie verschwunden, noch einige Minuten schaute sie hinunter. Bis Sarafina wieder zu ihr trat. Mary hatte gar nicht bemerkt wie sie überhaupt weggegangen ist. „Ich bin bereit. Es ist keine leichte Aufgabe für dich, aber gehe immer Richtung Norden, du wirst sehen, wenn du da bist. Leider werde ich einen großen Bogen durch das Dunkle Moor machen müssen, sonst laufe ich unseren Verfolgern in die Arme.“ Eine Traurigkeit überkam wieder Mary, schon wieder wurde sie allein gelassen. „Wir sehen uns bald wieder, Mary.“ Schnell umarmten sie sich und schneller als ein Blitz war Sarafina verschwunden. „Nun sind wir wieder zu zweit, Hämatit.“ Kurz stubste der Hengst Mary gegen den Arm und schlief dann weiter. Als beide aufwachten, war es schon später Nachmittag und sie mussten sich beeilen. „Über diese Berge kannst du nicht fliegen, Hämatit. Lass uns zu Fuß gehen, bis deine Flügel wieder einsatzbereit sind.“ Nachdem sie aufgewacht sind, wollte der Hengst in die Lüfte steigen, doch er hatte Schmerzen in seinen Flügel durch die anstrengende Reise über die Wüste. Nebeneinander liefen sie durch viel Gestrüpp und hohen Bäumen. Nur langsam kamen sie voran und als sie Pause machen sollten, sahen sie von weitem einen kleinen Rauchfaden, der sich den Weg in die Luft bahnte. Die Verfolger hatten aufgeschlossen und waren nicht länger als ein Tag entfernt. „Hämatit ich weiß, dass deine Flügel schmerzen, aber kannst du es probieren, nur dass wir wieder einen größeren Abstand haben.“ Zur Bestätigung schnaubte er und brummelte sie an. „Wir müssen in der Nacht fliegen, sonst sehen sie uns.“
Sie aßen schnell etwas und gingen vorerst, bis die Nacht hereinbrach, zu Fuß weiter.
Behutsam stieg Mary auf und Hämatit spannten seine Muskeln an und mit sehr viel Kraft stieg er in die Lüfte. Mary merkte, dass er immer noch sehr erschöpft war und ihm die Reserven ausgegangen waren, doch das geflügelte Einhorn wollte sich nichts anmerken lassen. Mit lautem Schnaufen glitten sie dicht über den Baumkronen dahin. Ein gutes Stück waren sie voran gekommen, aber immer mehr sackte Hämatit ab und seine Hufe stießen immer wieder gegen die Baumwipfel. „Hämatit es ist genug, lass uns landen und zu Fuß weiter gehen.“ Resignierend sank das Pferd und setzte auf den Boden auf. Mary sprang ab und schaute sich ruhig um. Der Wald hatte sich verändert. Als sie in den Wald eingedrungen waren, war es teils nur ein Wald, wie jeder andere, aber umso tiefer man in den Wald eindrang, desto stärker wurde seine Macht. Eine Macht wo man glaubte man könnte sie mit den Händen ergreifen. Die Bäume rauschten im Wind, doch es klang nach Flüstern, eine Sprache die Mary nicht verstand. Sie wurde nicht erzogen, der Natur zuzuhören oder gar sie zu verstehen.
Doch sie hatten einen leichten Vorsprung erhalten und gingen immer weiter. "Weißt du Hämatit? Es wäre doch lustig, wenn du mein Drachenreiter werden würdest, so könnten wir die Rollen tauschen.", kicherte sie leicht. Was waren das nur für absurde Gedanken, aber um ehrlich zu sein, sie hatte so viele neue Gefühle und wohl auch einen neuen Sinn für Humor. Immer dichter wurde der Wald und wenn sie dachte es ginge nicht weiter, tat sich auf einmal ein neuer Weg auf und wenn sie sich umdrehte war der alte Weg verschwunden. Als ob der Wald sie leiten würde und was konnte sie anderes tun, als weiterzugehen. Nach einem langem Marsch ließen sich die zwei erschöpft in der Nähe eines glitzernden Baches nieder. Schöpfend über dem Wasser gebeugt hörte sie leises Kichern. Schnell blickte Mary auf, konnte aber nichts sehen. Wieder ein Kichern, doch jetzt hinter ihr und so drehte sie sich blitzschnell um. Nichts. Nun drang von überall ein Kichern an ihre Ohren und es nervte sie langsam. "Wer bist du?" Sie stemmte ihre Hände in den Hüften und zog ihre Augenbrauen zusammen. "Die Frage lautet wohl eher: Wer bist du?" Wisperte eine leise glockenklare Stimme an ihrem Ohr. Sie drehte ihren Kopf und sah ein zierliches Geschöpf. Gerade mal so groß wie ihre Hand. Ein menschlicher Körper mit spitzen Ohren wie bei den Elfen und transparente Regenbogenflügel. "Dann weiß ich schon mal mehr als du. Denn ich weiß was du bist, aber du weiß nicht wer ich bin und was ich will." Mary kannte persönlich keine Feen, aber sie hatte viel darüber gelesen, auch das man nicht direkt fragen sollte, sondern es etwas verzwickter machen, daran hatten die kleinen Geschöpfe ihren Spaß und wenn sie keinen Spaß hatten, wurden sie ziemlich zickig und bissig. "Falsch kleine Magierin. Du bist die neue, mit der Drachenseele und ich soll dich zu ihnen führen." Schon schwirrte die kleine Fee voran und Mary mit Hämatit folgten ihr durch ein regenbogenfarbenes Portal.

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Tag der Veröffentlichung: 19.10.2012

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