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Mitte des 16 Jahrhundert ereilte Europa die Kunde über das göttliche Auge des Sehens, das im Osmanischen Reich existieren soll. Ein kostbares Kleinod, bestehend aus einer faustgroßen diamantenen Kugel. In reinen Händen wird sie lebendig und zum Orakel. Das Licht der Weisheit, wie es die Menschen nennen, wird von einem Eremiten - einem heiligen Mann bewacht.
Als der Burgherr und Ritter Adalbert von Burghofes von dieser Kunde hörte, auch dass der, der das Auge besitzt die Herrschaft über alle Länder in den Händen hält, will er es unbedingt in seinen Besitz bringen, so gierig und machtbesessen wie er ist. Die Menschen in seiner Umgebung stöhnen unter seinem Joch. Sie nennen ihn den grauen Grafen oder den Raubritter des Teufels. Mit jedem seiner Raubzüge sterben Männer, Frauen, Kinder und er steht mit hoch erhobenem blutigen Schwert über ihnen und stößt sein schreckliches Lachen aus bevor er sie meuchelt. In seinem Kopf reift auch schon ein Plan. Er ruft seine Männer zusammen und erläutert ihnen seinen Plan das Auge des Sehens zu erobern und somit auch die Herrschaft über die Königshäuser. Alle sind sie begeistert und die Zusammenkunft artet in ihrer Vorfreude zu einem Gelage aus.
Acht Tage später macht er sich mit seinen Mannen, 25 an der Zahl auf den weiten Weg zum Osmanischen Reich.
Das Osmanische Reich, ging 1299 aus den Resten des Sultanats der Rum - Seldschuken hervor, war mehrere Jahrhunderte die entscheidende Macht. Die Hauptstadt war seit 1453 Kostantiniyye. Die Machthaber, die Sultane stellten seit 1517 die Kalifen. Und die Menschen in den Städten lebten nach Sippen, Gruppen oder Konfessionellen Zugehörigkeit!
Nach Wochen erreichen sie die Grenze zum Osmanischen Reich. Sie verkauften zehn ihrer Reitpferde, erstanden Wagen und Handelsware, verkleideten sich als Händler und Kaufleute um so ohne Aufsehen durchs Land zu ziehen. Die übrigen Reiter eskortierten sie. Mit dieser Übermacht wollten sich die Wegelagerer nicht anlegen, da diese meist aus kleineren Gruppen bestanden. Nachts stellten sie die Wagen im Kreis zusammen, in dessen Mitte sie ihr Lager aufschlugen.
So fahren sie Tag für Tag quer durch das Land der Hauptstadt entgegen, preisen ihre Waren in kleinen Orten und Gehöften an. Die einsamen Gehöfte sind von hohen Mauern umgeben. Dahinter leben Menschen und Tiere zusammen. Die Menschen freuen sich über die Händler und heißen sie willkommen. Selten genug kommen welche her. Bei ihnen bekommen sie all das was sie nur in der weit entfernten Stadt kaufen können und der Weg in die Stadt ist für sie immer mit Gefahren verbunden, viele kehren nicht wieder. Sie sind Wegelagerer zum Opfer gefallen.
In den größeren Städten füllen sie ihre verkauften Waren immer wieder auf. Nach einigen Wochen erreichen sie an einem Nachmittag die Hauptstadt. Sie begeben sich auf den Basar und mischen sich unter die Menschen. Hören hier und dort den Märchenerzähler zu. Da lässt sie einer aufhorchen, als er den Menschen sagte: Heute erzähle ich euch die Geschichte vom Licht der Weisheit. Sie setzten sich in die Menschenmenge und lauschen dem Erzähler.
Vor mehr als vierhundert Jahren beginnt dieser, als Aschera die große Mutter und Schöpferin der Götter mal wieder wohlwollend zur Erde herab sah, sich an der Liebe der Menschen erfreute, fiel ihr das dritte Auge, ihr Orakel, das sie in einem goldenen Stirnreif trägt zur Erde herab. Es fiel in die Felsen des Taurusgebirges, für die Göttin unerreichbar. Den Himmel konnte sie nicht verlassen, denn ohne eine menschliche Gestalt anzunehmen kommt sie an das göttliche Auge nicht heran und als Mensch konnte sie nicht mehr zurück in den Himmel. Einen der anderen Götter konnte sie nicht beauftragen, denn das Licht der Weisheit bedeutet unendliche Macht für jeden der es besitzt und alle wollen es besitzen. Auch wenn sie dafür in menschlicher Gestalt als Unsterbliche für immer auf der Erde wandeln müssten. So beauftragt sie heimlich sechs der kleinen geflügelten Götter es zu bewachen. Seitdem sind viele Jahre ins Land gezogen.
Eines Tages kam ein heiliger Mann auf der Suche nach einer einsamen Höhle in ihre Nähe. Er sah die geflügelten Götter, die kichernd umher flogen und sich neckten. Eine ganze Weile schaute er ihnen zu und erfreute sich an ihren Spielen. Nach einiger Zeit fragte er sie verwundert was sie hier tun - aus welchem Grund sie hier sind. Bevor sie antworten konnten öffneten sich die Wolken, strahlendes goldenes Licht hüllte ihn ein und eine gütige Stimme sprach zu ihm. Ich bin Aschera, die Mutter aller Götter. Sie wurden von mir beauftragt diesen Platz zu bewachen. Vor langer Zeit ist mir das göttliche Auge des Sehens, das Licht der Weisheit auf die Erde gefallen. Es ist das Orakel der Götter und die Geflügelten bewachen es. Nur ein reiner Geist sieht uns Götter. Du bist so einer, zu dir wird das Orakel sprechen. Darum nimm das göttliche Auge des Sehens, bewahre es gut, denn viele wollen es in ihren Besitz bringen. Du kannst mit ihm Gutes tun, doch gib es nie aus deiner Hand, wenn unreine Hände es berühren erlischt sein strahlendes Licht und es verstummt.
Er fiel auf seine Knie und dankte der Göttin für ihr Wohlwollen. Und mit Hilfe der Geflügelten baute er sich eine Eremitage, einen großen Raum direkt in den Felsen. Innen errichtete er der Göttin Aschera einen Altar mit einer großen Standfigur von ihr und um ihre Stirn legte er einen goldenen Reif in den er das göttliche Auge des Sehens, das Licht der Weisheit einarbeitete und gab somit der Göttin ihr drittes Auge zurück. Von nun an bewachte er das Orakel und jeder der aufrechten Herzens zu ihm kommt und um Hilfe bittet, dem ist sie gewährt, bis in die heutige Zeit. Mit diesen Worten schließt der Märchenerzähler.
Ritter Adalbert hatte genug gehört, er stand auf und gab seinen Männer einen heimlichen Wink ihm zu folgen. Sie setzten sich in einem Han - einem Gasthaus - bei einem Kaffee zusammen. Das Taurusgebirge liegt im Norden Kurdistans sagte Adalbert, obwohl es noch zum Osmanischen Reich gehört ist es gefährlich sich dorthin zu begeben, vor allem für Kaufleute. Überfälle auf Karawanen sind dort an der Tagesordnung. Wir müssen wieder beritten werden.
Noch im Morgengrauen verlassen sie die Hauptstadt. Sie haben vor bis in die Nähe des Taurusgebirges noch als Händler zu fahren und solange als möglich ihre Tarnung aufrecht zu erhalten.
Zwei Wochen ist es her seit ihrem Aufbruch aus der Hauptstadt. Die Entfernungen zwischen den Städten werden immer größer, das Land einsamer und unwegsamer. Vier Tage ist es her seit sie das letzte Gehöft besuchten. Diese Raubeinigen Gesellen die weder Tod noch Teufel fürchten sind von der Gastfreundschaft dieser einfachen Menschen sehr beeindruckt. Seither haben sie keinen Menschen mehr getroffen - auch keinen räuberischen Beduinen. An diesem Abend fahren sie die Wagen zu einer Burg zusammen, zünden ein Feuer an und beim Essen beschließen sie die nächste Stadt aufzusuchen und sich Reitpferde zu beschaffen. Danach legen sie sich schlafen, nicht ohne vorher noch die Wachen einzuteilen. Am nächsten Morgen sehen sie im klaren Licht der aufgehenden Sonne das Taurusgebirge. Noch weit entfernt und doch schon näher als sie dachten. Davor kleine bunte zusammen gewürfelte vier und rechteckige Gebilde - eine Stadt!
Nach dem Frühstück spannten sie die Pferde ein und ziehen los. Beim näherkommen sehen sie die glänzenden Dächer der Stadt. Es ist die Stadt Diyarbakir, mit einer hoch in den Felsen gebaute Burg. Die Burg war kein feudaler Sitz von lokalen Machthabern, sondern eine als Festung zeitbefristete Residenz des Osmanischen Militärkommandanten samt seinen Truppen. Schon 1526 schrieb Sultan Süleyman in einem Brief dem französischem König Franz I und benennt darin Kurdistan als Teil seines Herrschaftsreiches. Und die erste Teilung Kurdistans zwischen dem Osmanischen Reich und Persien wurde 1634 besiegelt, so gehörte der Norden Kurdistans mit dem Taurusgebirge, das diese Landschaft prägt zum Osmanischen Reich.
Am Mittag ziehen sie in die Stadt ein. Der Mittelpunkt ist ein großer Basar, der von kleinen bunten Läden umgeben ist. Fliegende Händler preisen schreiend ihre Waren an. Märchenerzähler sitzen vor Teestuben und Kaffeehäuser. Es ist das bunte Treiben einer typischen orientalischen Stadt, das die Männer empfängt und doch ist es diesmal anders. In dieser Stadt bewegen sich viele Soldaten in der Menschenmenge, die ihre Augen und Ohren überall haben. Vor Jahren war die Stadt mit Wegelagerer und Bettler überfüllt. Ja es bildeten sich regelrechte plündernde Banden, so dass die normalen Bürger sich immer mehr verbarrikadierten oder abwanderten. Das hat sich mit der Einführung des Militärs geändert. Die Soldaten säuberten die Stadt mit einem eisernen Besen. Viele der Banden haben sich in die Berge zurück gezogen und starten von dort ihre Überfälle auf Reisende. Seit etwa einem Jahr reisen Kaufleute nur noch mit militärischer Eskorte durch die Berge.
Nachdem Graf Adalbert die Wagen mit der Ware und den Zugpferde verkaufte und gute Reitpferde erstanden hat, begeben sie sich in die Stadt und mischen sich unter das bunte Völkchen. Vor einem Hammam, einem Badehaus bleiben sie stehen, - jetzt ein Bad nehmen sagte sein Freund und Adjutant, doch Adalbert schüttelt den Kopf. Nein antwortet er, wir sind zwar im Gesicht und an den Händen gebräunt doch unsere Körper nicht, wir würden sofort als Fremde auffallen mit unserer hellen Haut. Also schlagt euch das aus dem Kopf. Wir suchen uns ein Wirtshaus zum Essen und Zimmer zur Übernachtung. Nachdem jeder ein Bett in einem Han -ein Wirtshaus, einer Herberge - gefunden hatte sehen sie gegenüber ein Lokanta - ein Restaurant. Beim betreten schlägt ihnen der würzige fruchtige Rauch des Shisha Tabaks entgegen. Männer mit Wasserpfeifen, die Shisha Couch Nargile genannt, sitzen rauchend, die Tänzerinnen des Raks Sharki des Bauchtanzes, auch die Kunst des anmutigen Schleiertanzes beobachtend an den Tischen. Die raubeinigen Männer sind begeistert. Sie bestellen sich ein Mahl das sich über zwei Stunden hin zieht.
Nachdem die Männer gesättigt und die Tanzvorführungen beendet sind, setzt sich Hassan der Pferdehändler zu ihnen. Ja sagt er hier ist es sehr gemütlich und es sind die schönsten Tänzerinnen der Stadt die hier auftreten. Bleibt ihr länger hier fragt er? Adalbert schüttelt den Kopf, nein antwortet er, wir wollen in die Berge. Wir haben von dem Orakel und dem heiligen Mann gehört und möchten zu ihm. - In die Berge wollt ihr fragt Hassan entsetzt, das ist sehr gefährlich. Überall lauern räuberische Banden! Laut lachen die Männer, sie sollen nur kommen, antwortet einer von ihnen, wir werden sie das Fürchten lehren! Wenn sie sich da nur nicht täuschen erwidert Hassan, das sind Meuchelmörder, die schrecken vor nichts zurück. Die kommen nicht im hellen, nein, sie kommen in der Nacht und morden leise im Schutze der Dunkelheit. Sehr viele Soldaten und Kaufleute verloren auf diese Art ihr Leben. Diese Räuber sind gnadenlos, denn sie wissen wenn man sie erwischt, erwartet sie die Todesstrafe - ohne großen Prozess. Nach diesen Worten verabschiedet sich Hassan und auch die Männer brechen auf und begeben sich in ihre Schlafgemächer.
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück machen sie sich auf den Weg in die Berge. Außerhalb der Stadt schickt Adalbert zwei Reiter als Vorhut voraus und zwei bleiben als Nachhut zurück. Nachts suchen sie sich eine Höhle oder ein enges Seitental, das sie mit wenigen Männer
bewachen können.
Fünf Tage sind sie nun schon unterwegs und nichts ist bisher geschehen. Einige kleinere Banden kreuzten in der Ferne ihren Weg. Auch sahen sie den einen oder anderen Kopf zwischen den Felsen, doch mit diesem großen Pulk grimmig aussehender bis an die Zähne bewaffneter Männer will sich keiner anlegen.
An diesem Abend schlagen sie ihr Lager wieder in einem engen Seitental auf. Die Männer sind müde und schlafen schnell ein. Am Morgen des sechsten Tages beschließen sie heute einen Ruhetag einzulegen. Auch die Pferde brauchen unbedingt eine Rast. Den ganzen Tag über lungern die Männer herum, nur Graf Adalbert ist voller Unruhe. Immer wieder kreisen seine Gedanken um das Orakel. Hat er etwas übersehen, wo ist dieser heilige Mann mit seiner Eremitage nur. Er muss dieses Licht der Weisheit unbedingt haben, koste es was es will. Viele Täler haben sie schon ergebnislos durchsucht. Er läuft durch das Tal und schaut sich um, doch er kann nichts entdecken.
Gedankenversunken geht er wieder zum Lager zurück.
Seine Männer trainieren sich im Schwertkampf. Eine Weile schaut er ihnen zu, dann ist das Essen fertig. Heute gibt es Wildbraten und die hungrigen Männer langen kräftig zu. Es gibt nur ein Thema bei ihnen, das Orakel und die Eremitage.
Langsam senkt sich die Dunkelheit über das Tal. Ein wunderschöner tiefdunkler samtener Himmel mit unzähligen Silberglänzenden Sternen übersäht, wie aus einem Märchen. Heute haben die Männer Zeit diesen herrlichen Sternenhimmel zu bewundern. Plötzlich durchbricht ein gleißend heller Lichtstrahl wie ein mahnender Finger die Wolken und tanzt über die Felsen.
Ein authentischer Strahl steigt aus der Felswand und tanzt auf den anderen zu. Sie umschlingen einander, vereinen sich und erstrahlen jetzt in einem puren Gold. Wie eine riesige bis in den Himmel reichende Feuerfontäne stehen sie aufrecht umgeben von einer Kaskade sprühender goldener Sterne. Dann setzt sich diese herrliche Säule in Bewegung und sie tanzt - den Tanz der Götter.
Staunend mit offenem Mund sehen die Männer dem mystischen Ereignis zu. Einem göttlichen Schauspiel das nur der Himmel inszenieren kann. Das ist es flüstert der Graf, ganz im Banne dieses Schauspiels, das Licht der Weisheit.
Zwei Stunden dauert der Tanz des Lichtes schon. Mit einem Mal richtet es sich wieder zu einer strahlenden Säule auf mit ihren abertausend golden sprühende Sterne. Fest umschlungen steht sie kurze Zeit ganz ruhig da, dann bricht der eine Strahl nach unten in den Felsen weg, der andere schnellt in den Himmel und ist hinter den Wolken verschwunden. Sogleich ist es stockfinster.
Still stehen die Männer noch ganz im Banne des Lichts der Weisheit. Wunderbar flüstert der Graf, das muss ich haben. - Nach und nach schütteln sie den Bann des göttlichen Schauspiels ab und setzen sich um das herunter gebrannte Feuer. Schnell legen sie Holz nach, die Nächte hier sind sehr kalt. Nach einiger Zeit hebt der Graf den Kopf und schaut in die Gesichter seiner Männer. Er sieht Verblüffung, Verwirrung ja sogar Angst in ihnen. Laut mit dröhnender Stimme sagt er: Ihr Burschen, freut euch wir haben das Licht der Weisheit gefunden. Unsere Suche ist beendet. Morgen in aller Frühe werden wir es uns nehmen und unendlich reich werden. Mit ihm werden uns alle Königreiche zu Füssen liegen. Legt euch jetzt schlafen, morgen in aller frühe werden wir aufbrechen.
Ein paar Stunden früher in der Eremitage. Das Orakel spricht zum Eremit, - In tiefer Nacht, die Mutter sich freut und lacht. Des Himmels Kund als Wahrheit kommt sie aus meinem Mund. Die Wege sich verschlingen - der Menschen, der Götter laut übelster Dinge. Der Eremit schaut zum Orakel hin und fragt: Ist es nun soweit, ist sie vorbei die Wartezeit? Du Mensch, spricht das Orakel weiter, die Zeit bleibt heute in der Nacht stehen, du Mensch die Zeit wird weiter gehen. Die Morgenzeit macht das Herz der Göttin weit.
Der Eremit steht auf und kniet sich vor dem Standbild der Göttin nieder. Ehrfürchtig betet er zur ihr. Da hört er ihre liebliche Stimme die da sagt: Du hast das Orakel gehört, fürchte dich nicht ich bin bei dir. Ein letztes Mal werde ich heute Nacht mit dem Licht der Weisheit tanzen. Ein letztes Mal wache über uns heute Nacht. Unreine Hände strecken sich nach dem göttlichen Auge des Sehens aus.
Noch immer kniet er vor der göttlichen Figur. Er schaut das Orakel an, das sein Aussehen verändert. Seine bunte Strahlen treten immer stärker aus ihm hervor, sie werden heller und heller, bis hin zu einem grellen weißen Licht. Langsam bündeln sie sich zu einem einzigen dicken Strahl, den es durch die Felsendecke nach oben schickt. Wie ein pulsierendes Herz das Blut durch die Adern pumpt, - pumpt das Orakel seine Strahlen nach oben dorthin wo es sich mit denen der Göttin vereint. Während dieser Vereinigung teilt das Orakel der Göttin seine Weissagungen mit. Ehrfurchtsvoll wacht der Eremit über das göttliche Ereignis.
Nachdem der Tanz vorbei war, hört er wieder die Stimme der Göttin. - Du mein treuer ergebener Wächter. Seit über vierhundert Jahren wachst du über das göttliche Auge des Sehens. Mein Dank an dich ist die Unsterblichkeit. Doch heute sind die Häscher nahe. Nimm im ersten Morgengrauen das göttliche Auge an dich und tritt vor dein Haus. Dort werden dich die Geflügelten erwarten und zum höchsten Gipfel tragen. Nur so können wir das göttliche Auge schützen und harre dort der Dinge die da kommen.
Die ganze Nacht betet er und im ersten Licht des Tages tritt er mit dem göttlichen Auge ins Freie. Die Geflügelten erwarten ihn schon, nehmen ihn auf ihre Arme und tragen ihn zum Gipfel. Dort setzen sie sich zu ihm und warten.
Mit dem ersten Tageslicht erwacht auch Graf Adalbert. Er kann es kaum erwarten den Eremiten aufzusuchen. Nach dem Frühstück machen sich die Männer voller Erwartung auf den Weg. Eine Stunde brauchen sie, dann haben sie die Eremitage gefunden.
Die Tür steht offen, sie treten ein, doch hier ist niemand. Kein Eremit und kein Orakel. Wütend befehligt der Graf seinen Männern die ganze Umgebung zu durchkämmen. Am Mittag treffen sie sich ergebnislos wieder. Der Graf ist wütend, so dicht vor dem Ziel und nichts erreicht. Er muss hier irgendwo sein brüllt er, sucht weiter. Da sieht einer, eine blitzende Bewegung auf dem Felsen - schaut genauer hin und ruft mit ausgestrecktem Zeigefinger, da - da oben ist er. Alle schauen sie hoch und da steht er, der heilige Mann, hoch aufgerichtet in den erhobenen Händen das strahlende Licht des Sehens. Auf ruft der Graf, holen wir es uns. Sie klettern so schnell sie können den Felsen hinauf.
Der Eremit sieht sie kommen und ruft: Aschera - Aschera du Mutter der Götter hörst du mich, das göttliche Auge ist in Gefahr, dabei kniet er sich nieder und streckt seine Hände zum Himmel. Sogleich heben ihn die Geflügelten hoch und tragen ihn in die Wolken hinein.
Wütend und voller Hass schreit der Graf seine Enttäuschung hinaus. Doch da kommt der heilige Mann auch schon wieder zurück, aber was ist das, seine Hände sind leer. Und wieder steht er auf der Spitze des Berges. - Sein Gesicht ist verklärt, sein Körper mit goldenen Strahlen umhüllt. Er schaut zum Himmel, die Wolkendecke öffnet sich und das liebliche Gesicht der Göttin schaut zu ihm herunter. Auf ihrer Stirn das Diadem mit dem strahlenden göttlichen Auge - das Licht des Sehens. Glücklich faltet der heilige Mann seine Hände. Die Wolkendecke schließt sich wieder und der heilige Mann zerfällt zu Staub.
In diesem Augenblick hebt sich der Berg von der Erde ab und fällt in sich zusammen, alles Leben unter sich begrabend was sich darin befindet.
Als nach einer Stunde der Berg wieder zur Ruhe kommt, hat er die steinerne Gestalt eines knienden Mannes mit zum beten erhobenen Händen und dem Gesicht des Eremiten. Lieblich lächelnd schaut die Göttin vom Himmel auf ihren Diener herab. - So lebt er weiter, der Eremit, bis hin in alle Ewigkeit!


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Tag der Veröffentlichung: 02.09.2010

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