Cover


Hallo, mein Name ist Katy. Ich wurde nach einer berühmten Sängerin benannt, dessen größter Fan meine Mutter war. Ich bin gerade 14 geworden. Ich bin ein Einzelkind und darum auch sehr verwöhnt. Mir gefällt mein Leben. In der Schule läuft auch alles sehr gut. Oh, da ich gerade von ihr spreche, ich muss so langsam los.

Der Kies unter meinen Designerschuhen knisterte. Ich musste mich etwas beeilen. Mein Bus wartete schon auf mich. Ich stieg ein.
“Na, zu spät aufgestanden heut?”, fragte er mich.
“Ja, Paps”, äußerte ich mich.
Ich suchte mir einen Patz. Ich hatte mir schon vor langem vorgenommen mich neben den Jungen im Bus zu hocken. Er ist sehr nett. Wir verstehen uns sehr gut. Er lächelte immer, wenn ich an ihm vorbeigehe. Heute aber traute ich mich immer noch nicht, leider. Der Bus bremste. Ich erhob mich nur schwer, da ich noch von gestern einen starken Muskelkater hatte. Als ich die Straße entlanglief, spürte ich ein leichtes rieseln auf meinem Gesicht. Der Regen machte meine Frisur kaputt. Die Schulglocke läutete. Ich merkte, dass ich nur noch die einzige auf dem Schulhof war. Ich rannte los. Ich erreichte noch rechtzeitig den Raum. Als ich hineintrat, sah ich den Jungen. Sein Name ist übrigens Marcell. Er ist ja eigentlich eine Stufe höher wie ich in der Klasse. Hm, dachte ich. Bestimmt fragt er nur, ob er den Overheadprojektor bekommt. Doch dann fing der Lehrer an zu erzählen, dass Marcell sich entschieden hat, eine Klasse runter gestuft zu werden. Ich freute mich. Neben mir war glücklicherweise ein Platz frei. Mich mochte leider niemand in der Klasse. Das Stummgespräch fing zwischen Schüler und Lehrer an. Dann zeigte der Lehrer auf den einzigen freien lehren Platz neben mir auf. Marcell lächelte mir im Gehen zu. Als er Platz nahm, sagte er ganz nervös:
”Hay”.
Meine Antwort war dieselbe. Der Lehrer auch von uns genannt Herr Rotzpult begann zu reden. Er bekam diesen tollen Namen, weil er im Winter irgendwelche angebliche Probleme mit der Nase und Nebenhöhlen bekommt. Dabei tropf ihm immer sein Rotz auf den Lehrerpult. Dass ist noch nicht alles. Er spuckt auch sehr häufig beim Reden, kratz sich solange am Kopf, bis der ganze Tisch voller trockenen Hautkrümeln voll ist und er riecht nicht gerade sehr angenehm.
“Katy? Katy??!”, rief es langsam im ungeduldigen Ton .Ich schaute auf. Herr Rotzpult schaute mich an. Unschuldig schaute ich ihn an. Er wiederholte alles, bevor er dies aber machte, musste er mich natürlich vorher vollschwafeln. Aha, er will also, dass sich die Schüler freiwillig an einem Projekt beteiligen. Die Gewinner konnten eine Reise nach Afrika machen. Ich dachte, heute würde ich mich trauen Marcell anzusprechen, wegen der Reise. Vielleicht würden wir ja eine Reise zusammen machen dürfen. Als ich mich umdrehte, wurde ich enttäuscht. Miranda war mir zuvorgekommen. Dieses Miststück. Ich schaute traurig zu den zweien rüber. Marcell drehte sich fast nicht sehbar zu mir um. Er schaute nach mir. Das heiterte mich etwas auf, nur etwas. Tja, dann mach ich eben nicht mit. Er tippte mich an. Ich drehte mich um und schaute ihm in seine tiefgrünen Augen.
“Möchtest du etwa nicht mitmachen, oder hast du keinen Partner”, fragte er. Ich war so sauer, dass ich sagte
“Etwas von beidem!”
“Hm”, begann er.
“Wenn du mitmachen wolltest und keinen Partner hättest würde ich mich freuen mit dir zusammenarbeiten zu dürfen.”
“Was ist mit Miranda?”, fragte ich schon fast neugierig. Er lächelte.
“Sie ist mir zu, ehm, aufdringlich”.
Ich lächelte zurück.
“Okay, aber nur weil du so lieb gefragt hast.”, sagte ich im Anschluss.
“Aber ich habe gar nicht ge...”. Es läutete. Als ich zum Bus laufen wollte, tippte mich etwas von hinten an. Ich drehte mich um. Marcell.
“Ehm, wegen dem Projekt. Hast du vielleicht einen Edding-Stift? Wegen den Plakaten, du weißt ja... “.
“Ja”, war meine kürzeste Antwort bis jetzt. Er verabschiedete sich in dem er lächelte und die Hand hochhob. Ich schrie ihm noch schnell zu:
“Du fährst doch mit meinem Bus, oder etwa nicht?”.
“Ich laufe heute zu meiner Mutter!”, schrie er mir zu. Seine Eltern waren also nicht mehr zusammen. Als ich wieder in die Realität zurückkehrte, starrte mein Vater mich im Bus schon ungeduldig an. “Mist”, flüsterte ich mir zu. Ich rannte los. Rechtzeitig. Mein Vater Harry Blickte mich boshaft an. Ich überzog das Ganze mit einem großen Grinsen. Ich setzte mich und entspannte, dachte über den ganzen Tag nach und fing an zu träumen. Ich träumte von Afrika, dann von einer Stimme, die mir sagte, dass ich auf keinen Fall bei meinem Projekt gewinnen sollte. Ich wachte wegen einer Vollbremsung auf, die mich nach vorne schmiss und gegen den vorderen Sitz krachen ließ. Vor Schmerz rieb ich mir mein rotes Kinn. Ich dachte nicht mehr weiter über meinen Traum nach. Meine Bushaltestelle nahte. Ich stand langsam auf, drückte unnötig den STOPP-Knopf und stieg anschließend aus. Ich bohrte meine Mp3 Stöpsel in meine Ohren und fing auf dem Nachhauseweg Shakira mit waka waka an zu hören. Mein absolutes Lieblingslied.
Die Projektwoche ist schon fast vorbei und wir zwei haben riesen Arbeit vollendet. Ich schaute noch mal über das Plakat drüber.
“Wunderschön? Oder einfach nur Traumhaft?”, fragte Marcell mich. Ich drehte mich zu ihm um.
“Fantastisch”, lächelte ich. Seit wir zusammenarbeiten müssen, verstehe ich mich super mit ihm. Wir sind wie Geschwister. Aber ich glaube, er meint es nur Freundschaftlich. “Wir werden die Reise schon gewinnen. Es ist ja nicht so, dass wir faul gewesen waren, oder?”.
“Nein”, sagte ich. Die Lehrerin Frau Hamswill rief uns nach der ersten Gruppe auf. Mein Herz raste wie verrückt. Wenn ich das jetzt gut mache, dann bekomme ich einen Monatelangen Urlaub mit Marcell. Das machte mich optimistisch. Wir werden siegen, rollten die Gedanken in meinem Hirn herum. So, jetzt gleich geht es los. Frau Hamswill blickte noch einmal streng in die Klasse, damit alle ruhig werden und dann traf ihr Blick mich. Ich erstarrte. Mist, ich muss doch den Anfang machen!
“Hallo”, stotterte ich.
“Wir stellen euch zu unserem heutigen Projekt das Land Ghana vor.”....
Schwindel ließ mich nicht mehr verstehen wo ich war. Mir wurde schwarz vor Augen. Meine Speichel war verbraucht und mein Mund somit völlig trocken. Ich hörte lautes Klatschen und Rein rufe. Dann wurde mein Name gesagt und ich blickte wieder durch. Wir waren fertig. Gut, dass ich den Anfang machte, sonst würden wir eine sechs kassieren. Ich schaute zu Marcell rüber, dem ein Schweißtropfen über die Stirn lief. Ich war also nicht alleine, mit der Nervosität. Ich wollte mich setzten. Ich versuchte meine Füße zu bewegen, aber vergeblich. Ich schaute Marcell panisch an. Ich glaube er verstand. Mir wurde wieder übel, doch dann spürte ich eine warme etwas nasse Hand. Diese griff nach meiner. Ich sah Marcell, der mich zu meinem Platz zog. Ich wurde rot und meine Hand wurde nass. Das war mir peinlich. Er hält also meine Hand. Wow, das Gefühl ist klasse.
Ich setzte mich hin und hörte dem nächsten Plakat zu. Marcell schaute mich die ganze Zeit an. Ich wurde erneut nervös. Als diese mit dem Plakat fertig waren, läutete es gerade für die erste Pause. Er beugte sich zu mir.
“Brauchst du wieder Hilfe, oder geht es?”, lachte er. Ich wurde noch roter als dass ich es schon war.
“Nein, tut mir Leid. Mir wurde voller Aufregung übel.”
“...und darum, finden wir, dass wir es verdient haben die Reise zu gewinnen”, sprach diese Ziege Miranda. Marcell sah wie ich meine Faust ballte, während sie noch sprach. Er kicherte leise. Dann nahm er meine Faust und entfaltete sie. Ich grinste rüber.
“Die Plakate von den anderen sind echt lahm, wir werden gewinnen.”, sagte er. Plötzlich schallten mir die Worte durch den Kopf. Gewinnen, ihr dürft auf keinen Fall gewinnen. Mein Traum. Marcell brachte mich aus dem Konzept. Er steckte gerade meinen Edding in mein Mäppchen. Dabei lächelte er, weil er wusste, dass ich ihn ansah. Morgen wird auch also der Gewinner festgelegt. Mir war mein Traum jetzt völlig egal, ich wollte mit ihm diese Reise gewinnen. Und wenn es das Letzte ist was ich da tue.
Es läutete erneut. Aber diesmal war es Schulende. Ich hatte heute nur und zum Glück vier Stunden. Diesmal fuhr Marcell mit meinem Bus. Ich stieg zuerst ein, dann er. Ich setzte mich und schaute aus dem Fenster heraus. Dann geschah es, er hockte sich neben mich. Ich war Baff. Ich drehte meinen Kopf zu ihm und grinste. Ich grinse sehr häufig, weil mein Paps gesagt hat, dass mir das sehr gut steht.
“Und heute noch was vor?”, fragte er mich.
“Ne, heute nicht.”
“Biken?”, fragte er.
“Was, ich? Ich bin sehr lahm was das angeht.”, antwortete ich ihm ein wenig lächelnd.
“Na, dann bring ich dir eben bei schnell zu sein.” Er lachte.
“Ehm, okay. Um halb drei?”
“Jep, geht klar”
Ich musste mithalte, damit ich nicht als Vollpfeife dastehe. Verkrampft stieg ich von meinem Fahrrad. Marcell hatte mich begleitet, dass er sowieso machen musste, da er vier Straßen weiter wohnt.
“Na dann, ich gehe ins Haus, war irgendwie lustig heute”, sagte ich etwas zittrig und atemlos.
Er wollte gerade etwas sagen, dann klappte er seinen Mund abrupt zu und sah mich an. Ich spürte sein zittern. Es war so weit, dachte ich mir. Langsam wurde es peinlich, als wir uns ungefähr schon fünf Minuten anstarrten. Jetzt komm, küss mich! Dann ergriff sich eine Gelegenheit, diese Situation zu stoppen.
“Eeehm, ich habe versprochen, heute das Essen zu machen. Also dann, danke, für eben heute und so”, lächelte ich unsicher. Sein Gesicht veränderte sich.
“Ja, natürlich. Sorry, ich wusste nicht,...”
Aha, er hat keine Antwort. Gut oder schlecht? Ich verabschiedete mich nochmal von ihm und ging. Der Abend verlief schlecht, ebenso wie die Nacht. Ich wachte jede zehn Minuten auf. Eine leise zarte Stimme, die immer und immer wieder sagt und immer und immer lauter wurde, bis sie schrie: Meldet euch noch ab, nicht gewinnen, nicht gewinnen!
Der Wecker klingelte. Aggressiv nahm ich den Wecker und schmiss ihn gegen die Wand. Erschrocken kam meine Mutter in ihrer Morgenmaske, grauenvoll, hinein.
“Katy! Aufstehen! Sofort! Das ist jetzt dein dritter Wecker in dieser Woche! Was ist bloß los mit dir?!” Stampfend ging sie ins Badezimmer und schaltete den Wasserhahn an. Mühsam stand ich auf. Ich hatte gerade alles fertig gepackt, da klingelte es plötzlich an der Tür. Wer ist das denn? Ich hüpfte schnell die dreiundzwanzig Treppen runter. Eiskalter Wind durchfuhr mich. Da sah ich ihn, Marcell Schallbach. Er stand mit einem Lächeln auf den Lippen vor mir. Seine gegelten Haare glänzten im Laternenlicht. Als er an mir runter schaute grinste er.
”Heut zu spät aufgestanden? “ Ich schaute panisch an mir runter.
“Ou mann, bin gleich wieder da”. Ich war wohl doch noch nicht fertig. Mein peinlicher Schlafanzug mit kleinen Herzchen Muster und ganz in Pink, ich musste ja verschlafen. In Blitzesschnelle zog ich meine Designerklamotten an. Ich zog das extracoole Ethardy Sweatshirt an, um das von gerade eben zu überspielen. Hektisch nahm ich meine Tasche und raste zu Marcell.
“Sorry”.
“Ist schon in Ordnung, wusstest ja nicht, dass ich dich heut abhole. Überrascht?”. Er schaute mich neugierig an.
“Ja irgendwie schon, wie du gesehen hast.” Er kicherte. Mein Vater steht noch nicht da, Gott sei Dank.
“Ich glaube dein Vater ist zu spät, ist heute auch sehr hoher Schnee”. Er schaute sich um. Ich fing an zu zittern. Ich habe voller Aufregung meine dünne Jacke übergezogen. Oh je, das wird heute Ärger geben, dachte ich mir. Unkontrolliert schlotterten meine Knie, meine Zähne klapperten und ich musste immer wieder meine Nase hochziehen. Marcell merkte es. Er schaute an sich herunter.
“Möchtest du vielleicht meine Handschuhe? Ich bin zu warm angezogen, du kannst sie haben, ich sehe doch wie du dir die Hände reibst.” Bevor ich etwas sagen konnte, zog er seine Handschuhe aus und nahm meine Hand. Er schob jeden einzelnen Finger meiner Hand zärtlich in seinen Handschuh. Ich konnte mir ein verlegenes Lächeln nicht
verkneifen.
“Dankeschön”
“Keine Sache, hey, da vorne ist dein Vater! Komm”, sagte er. Ich stieg zuerst ein, mein Vater starrte sofort auf meine Hände, er wusste sie sind nicht von mir. Er schaute mit verkniffenen Augen in meine. Ich sah schamlos weg. Ich lief extraschnell, diesmal setzte ich mich in den hinteren Teil des Busses. Marcell folgte mir auf Tritt und Schritt. Mein Vater würde nie wollen, dass ich so früh einen Freund habe. Ich setzte mich, Marcell nebendran.
“Und, bist du schon aufgeregt? Wegen heute?”, fragte er.
“Ja”, ich konnte mich nicht gescheit konzentrieren. Der Blick meines Vaters, der jedes Mal bei einer roten Ampel in den Rückspiegel schaute, störte mich, mich normal mit Marcell unterhalten zu können. Die Haltestelle nahte, Marcell hatte anscheinend nichts mehr zu sagen. Ich bekam ein schlechtes Gewissen wegen meiner kurzen Antwort. Sie machte ihn bestimmt so verlegen. Der Bus hielt an, ich und Marcell stiegen aus. Als ich mich am Kopf kratzte fiel mir auf, dass ich ja noch seine Handschuhe anhatte.
“Oh, sorry. Du hast bestimmt schon eiskalte Finger bekommen. Hier, ich gebe sie dir wieder.” Als ich sie langsam auszog, legte er seine Hand um meine und sagte mir im Flüsterton:
“ Behalte sie, ich habe zuhause noch drei Paar. Ich schenke sie dir.” Ich schaute runter. Obwohl die Temperaturen unter null standen, und die winzigen Schneekügelchen in mein Gesicht flogen, wurden meine Backen rot. Er grinste. Als wir die Schulglocke läuten hörten, fingen wir an zu rennen. Marcell rannte vor mir. Ich, lahme Ente, rutschte auf einem glatten eingefrorenen Streifen aus. Ich flog und konnte dabei ein Schreien nicht verhindern. Marcell bemerkte dies und hatte Gott sei Dank einen echt guten Reflex. Er breitete seine Arme aus, war aber nicht stark genug. Wir rutschten zusammen weiter, bis Marcell ins Schwanken kam und mich mitriss. Wir schleuderten durch den ganzen Pausenhof. Ich bekam einen Lachanfall. Marcell steckte ich sofort damit an. Wir konnten schon gar nicht mehr damit aufhören, bis wir das zweite Klingeln gehört haben. Marcell stand in blitzeseile auf und streckte mir die Hand aus. Ich nahm sie und hievte mich hoch. Wir klopften, entschuldigten uns schnell und setzten uns. Als Ausrede war praktisch, da nur ich und Marcell in demselben Dorf wohnten, dass der Bus viel zu spät kam.
“So liebe Schüler und Schülerinnen. Ich verkünde nun die zwei Sieger. Die Entscheidung war wahrhaft schwierig für mich und die anderen Lehrer. Wir mussten uns aber Entscheiden und haben uns zwischen zwei Paaren entscheiden müssen, dessen Referate uns besonders gut gefallen haben. Miranda und Judie und Marcell und Katy.” Mein Herz raste und ich bekam Panik, aber auch gleichzeitig Freude. Marcell sah mich mit einem Gesicht an, dass mir sagte: Hab ich es dir nicht gesagt? Aber, gewonnen haben wir noch nicht. In den Sekunden, in den die Lehrerin kurz inne hielt, damit wir es verarbeiten konnte, wurde mir übel. Ich schwankte etwas. Da kam die Stimme wieder. Nein! Nein! Nein! Du darfst nicht! Geh nicht auf die Reise. Da überlegte ich mir, ob es etwas mit Marcell zu tun hatte. War er der Böse? Muss ich von ihm Fliehen? Verdammt, hoffentlich nicht. Marcell und Katy, Marcell und Katy, Marcell Schallbach und Katy Schallbach, Ma...
“Marcell und Katy”, sagte die Lehrerin und unterbrach mich. Wir starrten sie an. Ich merkte, wie Mirandas böser Blick mich traf.
“Ich denke euer Plakat war sehr ausführlich gestaltet und erklärt. Ich finde ihr zwei solltet die Reise gewinnen. Ihr...”
Mir wurde schwarz vor Augen. Ich spürte einen kleinen Klaps auf den Hinterkopf. Ich wachte auf, Schweißgebadet. Ich hatte verdammtes Kopfweh. Ich machte die Augen auf. Ich sah einen verschwommenen Marcell. Er hielt meine Hand mit einem nervösen Blick in meine Augen. Als ich ihn sah, musste ich lächeln. Ich vergaß die Schmerzen. Er hielt meine verschwitze, nasse Hand. Ich schämte mich und zog sie unter die Decke. Dabei machte er ein irritiertes Gesicht.
“‘Tschuldige. Ich wusste nicht, dass...”, fing er an.
“...nein, ist schon gut. Meine Hand wurde so kalt, da hab ich sie zurückgezogen.”, sagte ich.
“Wo bin ich eigentlich?”,
“Im Krankenhaus”, murmelte er.
“Oje, habe ich mir das mit dem Gewinnen nur eingebildet?”, fragte ich etwas angespannt.
“Gewinnen? Wir? Nein, wir haben nicht gewonnen. Wir haben den Sieg nur Haarscharf verpasst.”, flüsterte er. Ich schaute weg, zum Fenster, damit er nicht meine Augen sah, die sich langsam mit Salzwasser füllten. Er bemerkte es und griff schnell ein.
“Katy, ja, wir haben doch gewonnen. Ich wollte mir nur einen kleinen Spaß erlaube, bitte verzeih mir.”, sagte er lachend. Ich starrte ihn böse an. Er lachte umso mehr. Ich konnte nicht mehr lange so schauen. Ich musste mitlachen.
“Tut mir leid, ich wollte mir einen Spaß erlauben. Du bist sehr aggressiv, habe ich herausgefunden”, er grinste.
“Kann ich hier raus? Mir geht es gut, außer das bisschen Kopfweh.”
“Ich weiß nicht, der Arzt sagte, er komme bald nochmal vorbei. Aber ich glaube zwei Stunden sind schon verstrichen.” Ich war erstaunt, als ich über seine Worte nachdachte.
“Wie bitte?! Wie lange bist du hier schon?” Er schaute etwas beschämt, wieso wusste ich nicht.
“Nun ja, du bist in der ersten Stunde ohnmächtig geworden. Das war so um acht Uhr. Nun jetzt haben wir, Moment, halb zwölf.”
“Hast du die ganze Zeit hier gehockt? Schwänzt du nicht?”
“Nein, Frau Beber hat gesagt, dass ich bei dir bleiben soll.” Ich nickte. Ich wurde müde. Einfach so. Das ist komisch. Als ob mich jemand kontrollieren würde: Schlaf jetzt! Werde ohnmächtig, jetzt! Ich war schon in den Träumen versunken, da spürte ich Marcells warme Hand mein Gesicht zart runterstreichen. Dann kam ein schwarzes Bild. Worte erschienen in grellem, leuchtenden weiß. Ich konnte sie kaum lesen. Ohne den ganzen Satz lesen zu müssen, wusste ich worum es ging. Um die Reise. Ich konnte die Worte lesen: Fell, Gefahr, Einsam. Und am Schluss stand Ende mit einem Fragezeichen am Ende. Ich wachte erschrocken auf. Marcells Kopf lag auf meinem Bauch. Er ist wohl auch eingeschlafen. Ich sah mich um und sah eine Runde mit eisblauer Farbe umrandete Uhr. Es war zwei Uhr. Armer Marcell. Warum geht er nicht nach Hause und wo bleibt dieser blöde Arzt!!! Ich musste niesen. Marcells Augen öffneten sich zaghaft. Als er mich sah, hob er seinen Kopf sofort hoch. “Entschuldigung.”, stotterte er.
“Was denn? Hast du was schlimmer gemacht? Ich finde nicht. Kannst du bitte irgendwie den Arzt rufen? Langsam habe ich keine Lust mehr.”, wurde ich immer lauter. Er lächelte.
“Ja, ich geh ihn mal suchen.” Er stand auf, streckte sich kurz und trottete los. Ich bemerkte dass meine Mundwinkel oben waren. Nach wenigen Minuten standen Marcell und der Arzt da.
“Darf ich bitte gehen?”, sagte ich etwas mit gereizter Stimme. Der Arzt kam näher und betastete meinen Hinterkopf.
“Ja, solange du keine starken Schmerzen hast, kannst du gehen.” Ich stand blitzschnell auf.
“Vielen Dank. Auf Wiedersehen”. Ich schupste Marcell etwas an, dann ging er auch los. Als wir draußen waren, durchströmte mich kalter Wind. Er nahm meine Hände in seine. “Also, wenn das so weitergeht, dann hab ich bald keine Handschuhe mehr.” Ich lächelte.
“Brauchst sie mur ja nicht zu geben, das geht auch so.”
Der Wecker klingelte. Ich stand auf und stolperte über die gepackten Koffer. Mit einem Krachen landete ich mit der Schulter gegen die Schranktür. Gähnend stand ich auf. Ich ging ins Bad, zog mich an und putze mir die Zähne. Als ich mein Gesicht mit lauwarmem Wasser bespritzte, wurde ich fröhlich. Ich war einfach gut drauf. Heute ist es so weit. Ich, Marcell, Afrika. Es klingelte. Marcell stand an der Tür. Seit dem ersten Mal holte er mich jetzt immer ab.
“Bist du fertig?” Er stand da mit nur einem Koffer. Es wurde mir peinlich. Ich hatte ganze drei Koffer und zwei Taschen.
“Ja, ich muss nur noch alles die Treppe runter tagen. Hilfe wäre nicht schlecht.”, sagte ich.
“Klar.”
Er betrat zum ersten Mal mein grün-weißes Zimmer. Es schien, als ob es ihn nicht mal interessiert. Er kam rein und ging gleich zu den Koffern. Er nahm alle außer meinen zwei Handtaschen. Zum Glück waren es Rollkoffer. Wir gingen zur Schule, von dort aus sollte uns eine etwas ältere Frau abholen. So war es auch. Wir stiegen ins Auto und setzten uns hin. Die Frau sah in den Rückspiegel und es schien mir, als hätte sie giftgrüne Augen. Ich bekam Gänsehaut. Panisch schaute ich Marcell an und flüsterte ihm dies auch ins Ohr so leise ich auch konnte. Er grinste mich nur mit einem fragenden Blick an. Ich machte mir nichts mehr draus. Habe ich mir bestimmt eingebildet. Die Fahrt zum Flughafen war lange. Ich war völlig entspannt, da Marcells Hand um meine Schulter lag. Die alte Frau hatte kein einziges Wort gesagt. Ich schloss die Augen. Schon wieder so eine Stimme: Schaue ihr in die Augen, mach schon! Du bereust noch alles! Alles! Ich riss die Augen auf. Die Frau stieg aus, wir daraufhin auch. Ich traute mich nochmal hinzusehen. Mist, sie hatte einen schwarzen Schleier um die Haare und eine dunkle Brille an. Zum ersten Mal sagte sie dann:
“Ich muss euch begleiten, bis nach Afrika”. Und dieser Satz machte mir Angst. Ich schmiegte mich noch mehr an Marcell. Wir saßen im Flugzeug. Die Fahrt war nicht sehr lange. Das Flugzeug fuhr immer tiefer und tiefer, bis wir landeten. Ich stieg voller Staunen aus.
“Wow, das ist wunderschön!”.
Marcell stellte sich neben mich.
“Ja, ein Traum. Schau mal, da ist eben ein Affe vorbeigehuscht!“. Wir lachten. Die alte Frau stand auf einmal hinter uns. Als ich mich umdrehte, musste ich tief Luft holen. Ein Fetzten von ihrem Schal hing ab. Der verdeckte die ganze Zeit ihr Gesicht. Ich sah grüne ausgetrocknete Haut. Ich rieb mir sie Augen. Ich starrte darauf, doch sie hatte den Makel entdeckt und hat ihn engst wieder verdeckt.
“So, ihr folgt mir jetzt. Ich bringe Euch, ehm, in eure Hotels.”
“Aber wir schlafen doch in den Zelten?”, drängte Marcel ein.
“Ja, aber woher bekommt ihr die Zelte. Ich meinte natürlich in das Hotel, wo es die Zelte abzuholen gibt.”, sagte die alte nach etwas zu langem Zögern. Trotzt einem mulmigen Gefühl im Magen und Gänsehaut folgten wir ihr. Als wir hinter ihr liefen, fiel mir auf, dass sie spitzartige Stiefel trug. Ich blätterte in meinem Kopf alle Geschichten nach. Ich wusste nicht warum, aber sie erinnerte mich an jemanden in einer Geschichte. Alle Geschichten, die ich mal vorgelesen bekommen habe, alle blätterte ich in meinen Gedanken durch. Da unterbrach mich Marcell.
”Katy? Hörst du mich?”.
“Ja”
“Man, ich habe dich schon zum dritten Mal rufen müssen.”, dann fing er an zu flüstern: “Findest du die Frau auch seltsam? Sie fängt an mir Angst zu machen”.
“Mir ja auch. Sie hat vorhin vergessen eine Stelle mit ihrem Schal zu überdecken. Ich habe grüne Haut gesehen.” Wir starrten uns an.
“So, wir sind da. Kommt rein. Hier in diesen Raum.” Sie schloss einen dunklen Raum auf. Dies machte mir endgültig Angst. Mit einer Kopfbewegung wies sie uns zu, dass wir rein gehen sollten. Als keiner sich von uns beiden rührte sagte sie mit krächzender Stimme:
“Na los, macht schon. Wollt ihr vielleicht in freier Natur schlafen? Wo es nur so von wilden Tieren wimmelt?” Um ehrlich zu sein, das wäre mir lieber, dachte ich. Langsam wurde sie aggressiver. Plötzlich kam sie auf uns zu. Ich hatte so Panik, dass ich mich nur so um Marcell schlang. Ich hielt in so fest umarmt, dass ich dachte ich habe gleich keine Kraft mehr. Sie stumpfte uns nur so in den Raum. Marcell musste sich alleine gegen sie wehren, nach der Umarmung war ich nicht mehr so in Top Form. Sie schaffte uns in den engen dunklen Raum zu drängen. Sie selbst ging auch hinein, dass mich noch mehr quetschte.
“Hahahaha”, lachte die alte Frau. Da war mir es klar. Ich musste nicht einmal nachdenken. Nach diesem Lacher wusste ich, es war endgültig eine Hexe. Ich fing an drastisch zu Schwitzen. Schreie entliefen mir. Marcell umarmte mich fest. Ich schmiegte meinen Kopf an seine Brust und fing an leise zu weinen. Wir begriffen beide, dass etwas Furchtbares passieren wird. Da erinnerte ich mich an die Stimme in meinem Kopf. Wie kam sie in meinen Kopf? Woher wusste sie es? War ich es vielleicht
selber, die es wusste, aber nicht realisierte? Ich schüttelte den Kopf, es waren eindeutig zu viele Fragen für so einen schrecklichen Moment. Es war sowieso zu spät.
“Ihr werdet gleich sein fort,
um zu begehen einen schrecklichen Mord.
Alle viere sollt ihr verleichen,
dann kommt das große Zeichen.
Wenn ihr schafft, was ihr sollt,
dann ihr auch bekommt, was ihr wollt.
Dann werdet ihr wieder hier stehen
und die Welt mit Menschenaugen sehen.“
Buf! Ich war nicht mehr bei Sinnen. Meinen ganzen Körper spürte ich nicht mehr. Nicht mal meinen Kopf. Als ob alles schief. Ich sah nur goldene Punkte auf schwarzem Hintergrund. Es wurden immer weniger Punkte, bis alles schwarz wurde. Und dann schlief ich mit einem Traum ein.


Ich rollte mich auf die Seite. Aua, dachte ich. Ich rollte mich reflexartig zurück. Mich stach etwas mitten auf die Seite. Ich schlug die Augen auf. Da sah ich hellbraunen Boden. War ich in Afrika? Warum liege ich auf dem Boden. Ich erhob mich. Da sah ich was mich stach. Ein kleiner Stein, der mitten auf dem flachen Boden lag. Ich musste gähnen und mich Strecken. Als ich eine Herde Antilopen sah, wollte ich eigentlich wie wunderschön sagen, doch genau in dem Moment brüllte ein wildes Tier auf. Ich erschrak. Da rannte die Herde los. Ich sah mich um, kein Tier in Sicht. Mir war so heiß, einfach überall. Ich wollte auf meine Uhr schauen. Oh mein Gott! Ich sehe Fell, dachte ich mir. Und eine riesengroße Tatze. Blitzschnell rannte ich zu dem See, der genau vor meiner Nase lag. Ich schaute hinein und erschrak vor dem eigenen Spiegelbild. Ein zierliches Löwenweibchen mit grünen Augen und einem ängstlichen Gesicht starrte mich an. Obwohl ich es mir nie träumen gelassen hätte war ich wirklich ein Löwe. Ich wollte eigentlich immer mal wissen wie das ist, doch jetzt finde ich es gar nicht witzig. Marcell! Wo kann er nur sein. Blind rannte ich durch die Gegend. Doch als ich geradeaus flitzte, sah ich Tiere aller Art gegen mich rennen. Ich drehte schnell mit einer Linkskurve um. Um ein Haar läge ich jetzt zerquetscht von einem Dickhäuter auf dem Boden. Ich drehte mich nochmals um. Jetzt sah ich es. Sie rannten alle von ausgebrochener Lava davon. Der Alvadark ist ausgebrochen! Voller Adrenalin überholte ich Geparden. Ich sah einen Hügel, der hoch genug war um darauf zu springen. Ich hatte mein Ziel vor Augen. Es rumste und ich überschlug mich mehrmals. Mit der Schnauze bremste ich langsam ab. Ich stand voller Schmerzen auf. Da bekam ich einen Höllischen Schmerz, wo ich ihn noch nie gehabt habe. Ich drehte mich um und sah, dass meine Schwanzspitze in Lava schwamm. Mit einem heftigen Gebrüll rannte ich weiter. Der Hügel war nicht mehr weit weg. Doch mir fehlte jetzt der Auslauf um so weit springen zu können. Ich versuchte es trotzdem, mir blieb ja nichts anderes übrig. In der Luft bekam ich Herzrassen. Mist, dachte ich und hang am Hügel. Mit den Krallen hielt ich mich grad noch so am steinernen Hügel fest. Es tat schrecklich weh, es fühlte sich so an, als ob meine Krallen raus brachen. Da sah ich einen Löwenkopf. Ich bettelte ihn um Hilfe. Es klappte. Ich kann also reden!
„Du wirst mir doch nichts tun?“
„Nein, bitte, zieh mich hoch. Die Lava schwimmt unter mir. Ich brauche dringend Hilfe!“
Der mächtig aussehende Löwe hielt eine Sekunde inne. In diesen bedeutenden Sekunden rutschte ich ab. Ich dachte, es wäre mein Ende. Ich schloss die Augen, damit ich meinen Tod nicht mitbekam. Was ein schreckliches Ende. In Lava verbrannt, nur meine Asche bleibt übrig, dachte ich. Da spürte ich sie schon. Als ob sie mir ein Loch in den Rücken bohrte. Ich wurde Ohnmächtig oder ich war Tod. Ich weiß es nicht. Ich öffnete die Augen. Ich liege auf einem Stein, war mein erster Gedanke. Ich drehte mich um, da brannte es auf meinem Rücken. Mit meinem dynamischen Hals sah ich vier Biss-Löcher. Vor Erleichterung, dass es keine Verbrennung war, hörte der Schmerz auf. Panisch wurde ich, als ich einen Schatten sah. Ich drehte mich in die andere Richtung. Da sah ich wieder den Löwen.
„Tu mir bitte nichts. Danke für die Rettung“, bedankte ich mich unsicher. Der schöne dunkelbraune Löwe mit noch dunklerer fast schokoladenfarbiger Mähne sah mich ebenfalls ängstlich an.
„Es tut mir Leid“, sagte er.
„Wieso Leid, du hast mir das Leben gerettet!“
„Ja, aber hätte ich nicht gezögert, hättest du nicht diese Wunden auf dem Rücken.“ Der Schmerz meldete sich wieder. Ich kniff unauffällig die Augen zu. Mein Magen knurrte.
„Hast du Hunger? Ich habe einen Fisch gefangen, nicht mal den konnte ich essen. Ich habe mit einem schlechten Gewissen einen Hasen im Magen. Das reicht. Iss ihn. Es dauert, bis das Lava hart geworden ist.“
Ich stand auf, machte einen riesenbogen um den Löwen und roch daran. Mir wurde übel. Ein Fisch, der ungefähr eine Stunde da lag, in der Hitze, furchtbar. Ich schlang ihn schnell runter. Ich lief zurück, an die Spitze des Hügels, legte mich hin und betrachtete die Aussicht. Es war schlimm, sehr schlimm. Viel Lava, es war so verdammt heiß, und ich sah viele verbrannte Tiere. Mir wurde übel. Es wurde langsam dunkel. Die Lava war schon fester. Die kleinen Nager konnten schon darauf laufen. Die größeren trauten sich jedoch noch nicht. Würde ich auch nicht. Es wurde verblüffend kalt. Wahrscheinlich weil bei uns Winter ist, ist es hier auch kälter, naja, glaube ich. Ich zitterte. Meine menschlichen Merkmale hatte ich noch nicht verloren. Meine Zähne klapperten und ich zitterte arg. Ich schaute kurz zum Löwen. Er traute mir wohl noch nicht ganz. Er schlief schon, doch nach jedem auch so kleinem knistern oder Geräusch klappte er sein rechtes Auge hoch, fast unerkennbar. Ich legte mich hin. Ich wollte mir selbst nicht dumm vorkommen, so blieb ich an meinem Platz liegen und schlief langsam ein. Der nächst Tag brach an. Die Morgensonne blendete mich, als ich das erste Mal die Augen öffnete. Ich klappte die Augen noch mal zu und riss sie energisch wieder auf. Ich beschaute meine Umgebung nochmals. Es war also kein Traum, dachte ich mir. Dann dachte ich an den Löwen. Ich musste kichern, als ich ihn sah. Er lag auf dem Rücken. Sein Mund speerweit offen. Seine Zunge war wohl zu klein für seinen Mund. Sie hing auf der linken Seite runter, so lange, dass sie sogar den Boden berührte. Er riss die Augen auf.
„Tut mir leid. Ich wollte dich nicht wecken. Du hast nur so ... witzig dagelegen.“ Er schaute etwa so, als wäre es ihm peinlich.
„Ich lieg nun mal so.“ Er rappelte sich auf und reckte sich. Ich bekam Angst vor ihm.
„Ich muss gehen, ich will hier nicht länger bleiben.“ Ich nahm Anlauf, hatte aber eine große Angst.
„Nein!“, sagte er mir in Gedanken. Doch ich hörte nicht auf ihn. Ich war mein eigener Herr. Als ich absprang und in der Luft rumwirbelte, habe ich mich wieder erinnert, welch schlechtes Gleichgewichtssinn ich doch habe. Es gab einen Heftigen Knall, dann spürte ich nichts mehr. Ich war in einem Traum gefangen, von dem ich nichts so richtig mitbekam, genauso wenig wie in der realen Umgebung. Ich hörte nur sehr wenig und spürte auch nur ganz zärtlichen Klaps. Bei mir war alles verschwommen. Auf einmal flog ich in der Luft herum. Dann wurde ich in Feuer getaucht. Dann bekam ich endlich mein Bewusstsein wieder. Ich nahm meine Umgebung nicht wirklich war. Denn ich war wieder auf demselben Hügel.
„Du hättest auf mich hören sollen. Tun deine Kratzer und Wunden sehr weh?“ Super, jetzt schmerzten sie umso mehr. Ich hatte sie vorher nicht einmal gespürt.,
„Es brennt etwas. Wie bin ich wieder hier?“ Er schaute mich etwas traurig an.
„Warum willst du hier weg? Gefällt es dir hier nicht? Ich habe dich wieder hochgebracht. Es war nicht einfach, aber du liegst jetzt hier.“ Ich machte mir ein paar Gedanken, bevor ich antwortete.
„Ich fühle mich hier unwohl. Willst du mich hier haben? Wieso?“
„Ich weiß nicht. Ich habe Angst. Lach mich bitte nicht aus, aber ich habe Angst vor dem Alleinsein. Hier.“ Ich schaute ihn schief an.
„Ja, danke, dass du mir hochgeholfen hast. Als Dankeschön kann ich hier ein paar Nächte bleiben.“ Er nickte zufrieden.
„Essen?“, fragte ich. Ich wollte nicht, aber mein Magen wollte.
„Ja. Ich geh ein paar Fische jagen. Wenn du mitkommst, geht es viel schneller und wir werden viel mehr haben. Glaube ich.“, dann lächelte er wegen dem letzten Satz. Ich
schupste ihn an.
„Wetten ich fange mehr wie du?“, sagte ich herausfordernd.
„Wette angenommen. Um was geht es?“
„Der Gewinner muss beim nächste Mal Jagen nicht mitkommen und bekommt mehr als die Hälfe ab.“
„Gut.“
Wir kletterten den Hügel hinab. Herausfordernd überholten wir uns gegenseitig, bis wir da waren. Am Wasserfall fand ich ein kaputtes Netz. Perfekt, dachte ich. Der Lachs fiel nur so den Wasserfall hinab. Ich hielt mein Netz darunter. Vier Fische waren schon mal drinnen.
„Das ist nicht fair! sagte der Löwe.
„Wir haben keine Regeln“, sagte ich nur jubilierend. Er machte ein nachdenkliches Gesicht. Dann rannte er den Berg hoch. Ich sah, wie er auch ein Netz fand.
„Du Nachmacher!“, rief ich ihm sofort zu.
„Keine Regeln!“, saget er und verschwand hinter dem Berg. Nach einiger Zeit kam er wieder und verschwand auf die andere Seite. Ich schaute nur skeptisch zu. Nach achtzehn gefangenen Fischen kam kein einziger mehr. Ich wunderte mich, nahm das Netz mit den Fischen darin in den Mund und ging den Berg hoch. Da stand er, hatte an beiden Seiten vom Wasserfall ein riesen Netz aufgespannt und die Fische strömten nur so hinein. Mein Mund klappte auf. Er grinste.
„Das reicht um der Sieger zu sein, oder?“
Ich fauchte ihn an. Er band das Netz los. Ich hielt es fest, während er auf die andere Seite flitzte und das andere Ende losband. Dann Sprang er mit einem Riesensprung auf die andere Seite neben mich. Fünf oder sechs Fische wurden währenddessen in die Freiheit gelassen. Wir zählten die Fische. Er hatte mehr. Um genau zu sein, er hatte mich um fünfundzwanzig Fische besiegt. Wir aßen sie und rannten wieder zurück zum Berg. Normalerweise esse ich keinen Fisch. Pfui, wenn ich nur daran denke. Doch das war eine Notsituation. Mein Mund schmeckte nach Salz. Als wir ankamen erwartete uns eine böse Überraschung. Drei Panther hatten unseren Hügel besetzt. Der Löwe blieb stehen. Als ich sein Gesicht sah, rannte ich Wut voll auf den Hügel zu, kletterte ihn hoch und brüllte alle drei an. Sie lachten nur.
„Was willst du kleines?“, sagte das feminine der drei.
„Das ist unser Berg!“ Die Panther schauten an mir vorbei und sahen den anderen Löwen.
„Und warum bist du dann alleine hier?“ Ich lenkte vom Thema ab.
„Verschwindet.“ Sie schüttelten alle drei den Kopf. Sie erinnerten mich an die “Smoothie-Gruppe”, die auch aus drei nervigen, dickköpfigen Mädchen bestand. Einmal hatten sie mich so sauer gemacht, dass ich der “Anführerin” eine gegeben habe. Ihr Nase fing an zu bluten und das einzige was sie sagte:
„Ist meine Schminke jetzt etwa verschmiert?”. Dieser Satz war so unpassend, dass mir diese Situation nie aus dem Kopf ging. So aggressiv wurde ich auch bei den dreien. Ich brüllte nochmals und ging dann auf den kleinsten los. Sie packten mich von allen Seiten. Jemand zog an meiner Haut auf dem Rücken, der andere wetzte mir seine Krallen in die Rippen und der andere lag unter mir und kaute an meinen Pfoten. Ich jaulte vor Schmerz auf, aber aufgeben, das würde ich nicht. So schmerzlich es auch ist, niemals. Ich bin eine Kämpferin und das bleibt auch so. Ich spürte, dass mein Rücken aufgerissen war, er war feucht. Meine Pfoten brannten, tiefe Bisslöcher waren zu sehen. Das schupsten mich auf einmal alle drei auf einen Stein zu, in den ich voller Schmerz hineindüste. Mein Kopf war zuerst dran. Dann verlor ich wiedermal das Bewusstsein. Kräftezehrend versuchte ich nach wenigen Minuten aufzustehen, da ich wieder bei Sinnen war. Ich fragte mich warum mich niemand währenddessen angegriffen hat. Ich schaute hin, da sah ich, dass der Löwen sich für mich eingesetzt hat. Beschämt musste ich zuschauen, wie er wegen mir Schmerzen erlitt. Ich wollte ihm helfe, konnte aber nicht. Meine Muskeln waren am Ende. Ich stand krampfhaft auf, wurde aber sogleich wieder umgeschubst von dem kleinsten der drei. Als ich sah wie alle den Löwen in den Schwitzkasten nahmen, bekam ich einen Adrenalinstoß von innen. Ich sprang auf und holte die Krallen heraus. Mit Fauchen sprang ich auf den Haufen zu und kratzte nur so um mich rum. Ich traf mal ein Auge, wetzte mal eine Kehle auf, ich kratzte sogar einem den Rücken auf. Sie wurden langsam echt sauer und rammten mich von allen Seiten. Ich viel wie ein Ball mal zu dem einen, mal zu dem anderen. Dann schupste mich einer so fest, dass der andere mich verpasste zu fangen. Ich fiel die Klippe hinab. Mit einem Knall kam ich am Boden an. Ich spürte, dass das nasse um mich herum Blut war. Ich badete in meinem eigenen Blut. Ich lag da, konnte mich kein Stück bewegen, konnte nur das Flehen von ihm hören. Dann war es aus. Ich spürte kaltes Wasser. Ich dachte ich wurde erneut aufgerissen und mein Blut sickerte auf ein Neues heraus, doch als ich meine mit Blutüberklebten Augen aufbekommen habe, sah ich meinen Freund. Der Löwe trank gerade neben mir Wasser, dann kam er auf mich zu und spuckte mir es ins Gesicht. Ich schüttelte den Kopf.
„Du lebst! Bin ich froh!“, gab er von sich mit freudigem Gesicht.
„Ja, mir tut alles weh, es tut mir leid, dass du wegen mir…“, ich hielt inne. Erst jetzt sah ich die Wunden auf seinem Körper. Von Kratzern bis Blutwunden und abgewetzter Haut war alles zu sehen. Ich erschrak. Ich brauchte nicht fortzufahren, er verstand.
„Es ist nicht schlimmes und du hast ja Recht gehabt mit dem Hügel. Es ist unsers.“ „Danke, dass du mich wieder hochgezerrt hast, obwohl du doch so schlimme Wunden hast. Hättest mich ruhig da unten schmoren lassen können. Mich brauch keiner. Ich bereite nur Unglück“, traurig und beschämt sah ich weg. Er hob mit seiner Pfote mein Kinn an und sah mir in die Augen. Ich hätte nie in meinem Leben gedacht, dass ich einen Löwen so nah zu Gesicht bekomme. Und dass ich mich in einen verliebe . Ja, ich habe mich in ihn verliebt!
„Du bist mir aber wichtig geworden und ich könnte es nicht ertragen, wenn du da unten liegen würdest und um dich herum die Aasgeier hocken.“ Ich lächelte.
„Du mir auch“, gab ich zurück, als sei ich nur auf das eine Wort fixiert. Er schob mir die Schale mit dem Wasser her.
„Trinke, du hast zwei Tage dagelegen, ich dachte schon du würdest Sterben.“ Zwei Tage. Ich lag zwei ganze Tage da. Ich bin eine Last, eine große Last. Ich trank und bemerkte erst jetzt meinen trockenen Hals. Als der erste Schluck hinunterfloss tat alles weh. Aber dann, füllte sich mein Magen voll Wasser und es würde schön angenehm kalt.
„Wie hast du die drei besiegt?“, fragte ich, als mein Durst gestillt war. Er schaute weg. „Ich war nicht stark genug. Sie hatten gesagt, als sie mich am Boden festhielten, dass sie dich töten würde, wenn du es noch nicht wärst, wenn ich nicht verschwinden würde. Da habe ich ihnen den Vorschlag gemacht, dass ich ihnen dreiduzend Fische fangen würde. Sie hatten den Deal angenommen.“
„Das ist doch eine gute Idee“, gab ich schnell zurück. Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich schon dreimal Tod. Einmal wegen dem Verhungern, dass andere Mal, weil ich Ohnmächtig geworden war und jetzt hier. Er war mir echt eine große Hilfe und ich ihm eine große Last. Ich bekam ein schlechtes Gewissen. Es wurde dunkel, mir war eiskalt. Das Wasser in meinem Gesicht war immer noch nicht getrocknet. Der Löwe bemerkte, wie ich zitterte. Er stand da und dachte nach, so sah es jedenfalls aus. Dann fasste er sich ein Herz und legte sich zu mir. Er kuschelte sich förmlich an mich heran. Ich tat dasselbe. Da erschrak ich. Ich hatte Marcell ganz vergessen. Wie es ihm wohl ginge? Da kam das Sandmännchen und ich schief ein.
Mein Traum fühlte sich real an. Ich war in meinem Haus und der Wecker klingelte. Ich wachte auf und stellte ihn ab. Ich konnte wie immer nicht aufstehen. Da drehte ich mich auf die Seite und spürte jemanden. Ich erschrak und klappte hektisch die Decke hoch, da war Marcells Kopf. Freudentränen kullerten hinunter. Ich hatte ihn schon so lange nicht mehr gesehen. Er wachte auf und schrie. Ich erschrak ebenfalls und sprang aus dem Bett. Ich war ja immer noch ein Löwe! Mein Herz raste und ich wachte auf. Mein Herz klopfe auch als meine Augen offen waren. Ich war ganz mit Tränen überseht. Wenn ich ein Löwe bin, muss Marcell auch den Fluch erwischt haben. Ich befreite mich aus der warmen Umarmung und schlich mich davon. Meine Wunden brannten nur so, aber der drang Marcell wieder zu sehen war stärker. Ich kletterte behutsam den Hügel hinunter und humpelte nach Süden. Ich wusste nicht wieso, aber Süden war mir am wahrscheinlichsten gewesen. Nach ungefähr einem schmerzhaftem Kilometer ging die Sonne auf. Ich ließ mich nicht blenden und lief weiter. Meine Schmerzen wurden Taub. In dem Fall fand ich das gut. Nach einiger Zeit spürte ich nichts mehr und rannte los. Zu meinem Glück sah ich in weiter Ferne einen Fluss fließen. Ich bog ab und trank mit riesen Schlucken. Mein Magen knurrte. Wasser war nicht genug. Da sah ich einen Hasen an mir vorbeihuschen. Mein schlechtes Gewissen war schon an den zurückgelassenen Löwen vergeben. Also schlich ich mich an das Gebüsch und warf mich darauf. Ich hörte etwas knicken, da wurde mir schlecht. Als ich aufstand, sah ich was knackte. Die Wirbelsäule von dem kleinen Nager war durchbrochen und er lebte noch. Ich bekam Panik und biss schnell den Kopf vom Körper ab. Als das Blut der Ader in meinen Mund floss, schmeckte es mir richtig. Es machte mir angst, aber ich wollte mehr. Ich zupfte mit meinen vorderen Zähnen das Fell ab und riss das Fleisch nur so vom Hasen. Er tat mir richtig leid, aber mein Hunger war größer. Nach 4 Minuten lagen auf dem Boden die Knochen. Ich wollte kotzen. Als ich das sah und ich wusste das der Rest in meinem Magen war, es kroch mir schon langsam den Hals hoch. Doch ich unterdrückte es. Ich bekam Durst, konnte aber meinen Kopf nicht neigen, sonst würde wirklich alles herausrutschen. Ich machte mich auf den Weg, beschnupperte alle Büsche, Hecken, Bäume und sogar den staubigen Boden. Ich bekam aber keine Verte. Ich ging weiter, da sah ich einen Wasserfall. Ich stellte mich unter ihn und wusch den Rest meines Blutes ab, der noch vom Kampf an meinem Fell hing. Es tat richtig gut meinen Schweißgeruch loszuwerden. Ich holte tief Luft und tauchte unter. Ich schwamm etwas unter Wasser herum. Da sah ich die Pracht des Wasserfalls. Lauter bunte Fische. Dann brauchte ich Luft. Ich schwamm an das Ende des Flusses und stieg aus dem Wasser. Wassertropfend ging ich weiter. Ich wurde auf einmal so erschöpft. Es wurde auch schon dunkel. Ein schöner ansatzweiser gemütlicher Ort traf sich unter einem Baum. Unter ihm war ein Moos Beet. Es war leicht nass, aber das würde auch nichts ausmachen. Trotz der starken Müdigkeit bekam ich kein Auge zu. Ich würde viel lieber bei dem Löwen liegen, mich an ihn kuscheln und schlummern, nicht zittern, mich wohlfühlen. Meine Mündigkeit bewirkte Dummheit. So stand ich auf. Es war mittlerweile so dunkel, dass ich nicht mal meine Pfote sah, die ich vor meinem Gesicht hin und her rüttelte. Ich machte mir Vorwürfe, dass ich überhaupt von meinem Schlafplatz aufgestanden bin. Ich versuchte meinen Weg rückwärts im Kopf durch zu gehen. Doch ich erinnerte mich nicht gut genug. Mein Orientierungssinn ist schlecht. Ich tastete mich vor, vielleicht trete ich ja auf etwas, auf das ich schon auf dem hinweg getreten bin. Mir war kalt. Meine Zähne klapperten. Da raschelte es im Gebüsch. Ein grauenerregendes Gebrüll kam aus meinem Hals. Dies konnte ich nicht mehr verhindern. Es kam näher, ich hörte jeden Schritt. Als es so nah war, das ich es atmen hörte, wetzte ich meine Krallen auf es. Mein Leben war mir hier wichtiger als ein Risiko einzugehen. Da brüllte es auf. Das Gebrüll kenne ich doch. Trotzdem trat ich einen Schritt zurück und fragte dann:
„Bist du es?“
„Ja, glaube schon. Warum bist du abgehauen? Wegen dir weiß ich den Weg zurück nicht mehr! Es ist zu dunkel“
„Willst du etwa sagen, es ist meine Schuld, dass du den Weg zurück nicht findest? Ich bin gegangen, weil ich jemanden suchen wollte! Komm, nimm meinen Schwanz in dein Maul, ich laufe voran. Ich kenne den Weg zwar nicht wirklich, aber jetzt fühle ich mich mit dir an meiner Seite sicherer.“
Er tat, was ich ihm sagte. Wir irrten umher, die ganze Nacht. Die Sonne schien aufzugehen. Ich sah die Umrisse vom Löwen. Er ließ meinen Schwanz los und sagte:
„Ich kann jetzt wieder alles sehen! Komm, ich weiß, wo es lang geht“. Müde trabte ich hinterher. Es verging lange Zeit, bis ich den Wasserfall wieder sah. Dann kamen wir an. Der Hügel war zum Glück wieder frei. Er setzte sich hin und flog dann um. Ich bekam einen Schock, aber dann sah ich, dass er eingeschlafen ist. Ich legte mich zu ihm und schlief ein, sorgenlos. Mich stupste etwas in den Rücken, da musste ich meine Augen öffnen, die gerne noch Tagelang gedöst hätten. Ich drehte mich um. Der Löwe starrte mich an.
„Was?“, setzte ich ein.
„Wen hast du gesucht? Warum bist du losgelaufen, so spät.“
„Wenn ich dir das erzähle, wirst du mir das nicht glauben! Du wirst mich für wahnsinnig halten!“ Er dagegen sah mich einfach nur an und sagte:
„Erzähle, wir haben alle Zeit der Welt.“. Ich nickte. Da fing ich an, mit dem Namen Marcell. Ich schaute ihn an, da er so abrupt den Atem anhielt.
„Katy?“, sagte er nach ein paar Minuten. Freudentränen umgaben meine Augen. Ich sprang auf ihn zu, vergaß völlig meine spitzen Krallen an den Pfoten. Ich umarmte ihn. Später merkte ich, dass meine Krallen in seiner Haut stecken.
„Entschuldigung.“, sagte ich nur. Dann jauchzte er vor Freude wieder auf.
„Katy, ich hab dich so vermisst und du warst die ganze Zeit bei mir!“, sagte er.
„Und ich wollte dich suchen gehen und habe mich nur von dir entfernt!“, ergänzte ich. Wir sahen uns an und rieben unsere Köpfe an den Hals des anderen.
„Das ich das nicht sofort erkannt habe!“, lachte ich.
„Katy. Ich mag dich, sogar sehr! Der richtige Zeitpunkt und Ort ist das nicht und das Aussehen auch nicht, aber ich liebe dich.“ Mit einer sehbaren Erleichterung lehnte ich mich an ihn und kuschelte mich so eng es ging in sein flauschiges warmes Fell. Ich spürte regelrecht wie sein Herz nur klopfe. Später bemerkte ich, dass meins noch viel schneller und stärker klopfe. Das war also der Rhythmus der Liebe. Der Moment fühlte sich wie fünf Sekunden an, aber in Wahrheit, als ich die Augen öffnete, war die Sonne schon hinterm Horizont verschwunden. Als mir klar wurde, dass dieser Moment auch mal ein Ende haben muss, stand ich auf und sah ihm in die Augen. Jetzt sah ich Marcells tiefgrüne Augen.
„Ich liebe dich auch. Schon eine ganze Weile lang. Ich bin erleichtert.“
„Ich würde dir jetzt so gern einen Kuss geben, aber es geht ja nicht.“, fügte Marcell noch betrübt ein.
„Das wäre dann mein erster“, fügte ich noch schnell dazu, bevor ich mich neben ihn legte und einschlief. Das war heute wieder meine erste Nacht, die ich durchschlafen konnte. Seit dieser Reise war es nicht auszuhalten. Bei dem Gedanken fiel mir auf, dass ich nicht wusste, wie lange ich schon weg war.
„Marcell. Marcell, hörst du mich?“ Mit einem Augenkneifen zeigte er, er ist wach.
„Wie lange sind wir schon in Afrika?“ Mit einem Ruck machte er die Augen auf.
„Ich weiß nicht. Ich wollte die Sonnenuntergänge mitzählen, hab es aber verpasst, weil ich dich getroffen habe.“, murmelte er. Sind wir vielleicht schon mehr als zwei Wochen hier?“. Ich bekam einen Schock. Paps macht sich doch bestimmt große Sorgen und was Mama noch machen will, um mich zu finden, will ich gar nicht wissen! Marcell packte mich mit seiner großen Tatze und sog mich runter zu ihm. Auf einmal lag ich neben ihm. Der muss ja Kraft haben. Dann flüsterte er mir ins Ohr:
„Es wird schon alles gut, mehr als zwei Wochen können wir nicht hier sein. Ich glaube es sind fünf Tage verflogen. Ich weiß nicht was wir machen sollen. Die Hexe muss doch was Bestimmtes von uns wollen, oder? Sonst hätte sie uns doch nicht verwandelt. Eigentlich gefällt es mir hier ganz gut.“ Ich erstarrte beim letzten Satz. Er merkte es und begründete es gleich.
„Schau mal, es gibt hier weit und breit keine nervigen Eltern, keine nervige Schule, du machst was du willst, du musst nicht jeden Tag auf dein Aussehen achten. Ich könnte den ganzen Tag so weiter machen!“ Ich schaute weg. Aus einem unbekannten Grund flossen mir Tränen über meine borstigen Wangen. Es fühlte sich komisch an. Zum Glück bemerkte es Marcell diesmal nicht. Er legte sich wieder neben mich und sprach den schönsten Satz, den ein Junge einem Mädchen nur sagen kann.
„Keine Angst, ich bin bei dir. Ich werde aufpassen dass dir nicht zustößt. Meine Pfoten umarmen dich, denn ich liebe dich.“
„Darum mache ich mir aber keine Sorgen!...“,doch er schlief schon. Wiederwillig befreite ich mich aus seiner festen Umarmung und setzte mich an die Kante des Hügels. Die Nächte in Afrika sind schön. Alles ruhig, bis auf das Singen seltsamer Geräusche, die von Vögeln stammen, die ich noch nie zuvor jemals sah. Da erblickte ich einen kleinen Löwenjunges. Es stolzierte umher und dachte nicht an die Gefahren der Nacht. Er ist ausgebüchst, dachte ich mir. Durch meine Adleraugen sah ich auch schon die Gefahr auf ihn zukommen. Ein prachtvolles Wesen kam auf das Junges zugeschlichen. Ich wusste nicht, was es war. In Bio passte ich auch nie auf. Es sah aus wie ein Wolf, hatte aber das Gesicht einer Katze und die Fellfarbe eines Bären. Als er ganz nahe war, bekam ich Panik. Was soll ich nur tun? Das Junges ist einer von uns und ich kann das nicht mit ansehen. Jedoch weiß ich nicht, wie stark der Gegner sein kann. Mein Herz erschütterte, als ich sah, wie es vor Angst aufschrie. Voller Erleichterung rannte es schnell, aber dann stolperte es und war steif vor Angst. Das war mein Zeichen. Ich kletterte behutsam aber schnell herunter und rannte los. Von oben sah es nicht so weit weg aus. Ich bremste ab, als ich sah wie groß das Biest war. Es war nur einen Kopf größer als das Löwenjunges. Ich starrte das Wesen bösartig an, knurrte etwas und fletschte die Zähne. Bevor ich brüllen wollte verschwand es. Ich hörte das junges keuchen.
„Ich tue dir nichts. Weißt du, wo deine Mutter ist?“, fragte ich mit sanfter Stimme. Er neigte seinen Kopf hinab.
„Bei einem Gruppenangriff wurde sie getötet.“ Ich erschrak und bekam das Gefühl des Schwindelns. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihn mit zu mir zu nehmen. Mit einem einfachen “Komm” folgte er mir. Ich spürte seine Angst und teilte sie mit ihm. Behutsam kletterte ich hinter ihm den Hügel hinauf, aufmerksam auf jeden Schritt den er macht. Als er oben war, erschrak er.
„Wir können hier doch nicht bleiben. Das Ritual der Löwen besagt doch, dass ein Männchen alleine Lebt und nur zum Zeugen der Nachkommen sorgt. Ansonsten zerfleischt er uns.“ Ich ließ mir seine Worte nochmals im Kopf durchgehen. Ein Löwenritual. So etwas gibt es tatsächlich, nicht zu fassen. Dann beschloss ich mich, ihm alles zu erklären.
„Wir sind nicht von hier und leben nicht nach diesem Ritual. Wir haben andere Bedingungen hier. Er lässt mich hier wohnen, wir sind ein Paar. Dich muss er auch hier wohnen lassen.“
„Nein, das ist gegen das Gesetz! Die mächtigen Löwen haben es so beschlossen, es ist egal, wo ihr herkommt, aber in diesem Reich ist dies Pflicht. Das hat mir meine Mutter zehntausendmal erklärt und ich fasse es nicht, dass ich das je wiederholen würde. Mir hängt es schon aus den Ohren raus. Ich werde meinen Weg gehen, soll ich doch zerfleischt werde. Ich folge dem Ritual, soll es doch mein Leben kosten!“ Bevor ich etwas sagen konnte, hüpfte er die Steine hinunter, bis er den sandigen Boden erreichte. Ich wollte nicht, dass er ging. Mir ist das alles auch sehr komisch vorgekommen, da ich eines Abends keine einzige Löwenseele am Fluss gesehen habe. Ich frage mich ob es Versammlungen gibt. Mich unterbrach beim Nachdenken, wie immer, Marcells Stimme.
„Wieso bist du den Jungen retten gegangen?“ Diese Frage enttäuschte mich zutiefst.
„Weil es ein Lebewesen ist und ich gerade sein Leben gerettet habe! Es war ein kleiner Gegner, denn ich mit meinem Gebrüll verjagen konnte! Er kann uns doch nichts anhaben. Marcell hast du etwa kein Herz?“ Er grummelte nur das Wort nein. Er dehnte sich und presste kurz seinen Kopf an meinen Hals, dann machte er eine Kopfbewegung, damit ich mit ihm Wasser trinken gehe. Doch ich weigerte mich. Marcell kam mir so fremdartig vor. Er machte eine Fragende Miene.
„Komm, Wasser trinken. Du bleibst hier nicht alleine und wenn du nicht gehst, geh ich auch nicht und verdurste.“
„Du drohst mir?“, sagte ich wütend.
„Nein. Tut mir leid. Seit ich ein Raubtier bin, verhalte ich mich anders. Es tut mir leid. Ich mache mir eben große Sorgen um dich, Katy. Komm bitte mit mir!“ Wiederwillig stand ich auf und folgte ihm. Das Wasser glänzte. Die Sonne spiegelte sich in ihm. Es war kühl und erfrischend. Ich hörte auf, als auf einmal hinter mir ein rascheln erschien. Ich drehte mich um und sah vier Löwen. Sie standen um uns herum und beobachteten uns. Ganz links stand ein mächtig aussehender, massiger Löwe, neben ihm einer, der eine Pechschwarze Mähne hatte und eine rosa Narbe im Gesicht hatte. Sie verlief von der Mitte seiner Stirn bis schief runter zu den Schnurrhaaren. Die zwei neben ihm sahen identisch aus. Sie hatten beide graue Mähnen und braun-grüne Augen. Sie sahen aber im Gegensatz zu den anderen zweien freundlich aus. In der Mitte der Löwenbande tauchte der Löwenjunge auf. Ich war verwirrt. Marcell brummte auf, als der kleine ihn ansah.
„Das sind die zwei, oh mächtiger Grazko.“ Ich erschrak. Er hatte uns tatsächlich verraten. Dieser kleine Bengel. Ich sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Es lächelte mich nur mit bösem Blicke an. Der äußere Löwe mit der grauen Mähne fing an zu sprechen:
„Seit gegrüßt, ihr zwei. Wir sind die vier mächtigen Löwen. Das sind Ozirlo, Bennard, Rimbten und ich bin Grazko. Wir möchten euch bitten, uns zu sagen, ob ihr tatsächlich ein Paar seid.“ Marcell stritt es ab. Er war wohl schon die ganze Zeit wach. Nach einer langen Diskussion rief Ozirlo rein:
„Stoppt dieses Gequatsche! Sofort! Ihr lieben zwei, wir sind nicht her gekommen, um mit euch zu streiten, dass muss euch im Klaren sein. Wir möchten nur wissen ob ihr die Regeln des Löwenrituals befolgt. Tut ihr es nun, oder nicht?“ Das war eine klare Aussage. Als Marcell wieder einen Streit anfing, rief diesmal ich in die Gruppe hinein. Ich merkte, wie mich alle musterten, es hatten sich sogar Tiere um uns herum gestellt um es beobachten zu können. Als ich mich beruhigt habe fing ich an:
„Hört zu, ja, wir leben zusammen auf einem Hügel. Das heißt aber nicht gleich, dass wir ein Paar sind! Wir haben um den Hügel gekämpft und der Sieg war, dass wir beide blutüberströmt auf dem Boden lagen. Da haben wir uns darauf geeinigt zusammen auf dem Hügel zu leben. Nun sind wir Freunde geworden.“ Ich war völlig erstaunt, das erste Mal, dass ich richtig gut gelogen habe. Bennard sah mich grimmig an.
„Das Männchen muss aber alleine Leben. Das ist Gesetz und bleibt so. Joarhk hat uns gesagt, dass ihr ein Paar seid. Dass Stimmt doch du kleiner Löwe, oder?“
„Ja“, stimmte ihnen das Junge zu. Sie sahen uns alle fünf an, miteinbeschlossen Joarhk. Ich tauschte mit Marcell den Blick. Dann wurde er wütend und fauchte nur los:
„Ich bin ein freier Löwe und brauche mich nicht an Regeln zu halten. Und nur weil dieser kleine Rotzlöffel, der übrigens von meiner Gefährtin gerettet wurde, uns verpetzen muss und nur weil vor uns vier Löwen stehen brauch ich nichts von meinen privaten Dingen preisgeben!“ Er war völlig außer sich. Sogar ich bekam Angst vor Marcell. Diesmal sagte der innere der beiden Zwillingslöwen etwas.
„Da ist aber unmöglich, dass sich Löwen lieben. Das haben wir noch nie gehabt. Sie sind ausschließlich ein Paar wenn es ums Zeugen geht.“ Bennard nahm ihm das Wort und fuhr fort:
„Ich habe doch nicht für zwei solche Vollpfosten harte Prüfungen durchleben müssen! Entweder ihr hält euch dran, oder ihr geht eure eigene Wege!“ Das war hart. Ich schaute panisch zu Marcell, der kein Auge von Bennard ließ. Sie schauten sich beide mit einem Hasserfüllten Blick an. Ich überlegte kurz und mir wurde auf einmal bewusst, dass das alles keinen Sinn ergab. Vorsichtig fing ich an.
„Das ergibt aber keinen Sinn.“ Ups, das hatte sich ziemlich gedehnt angehört.
„Löwen leben in Gruppen und, und es ist immer ein Männchen dabei, der Alpha!“ Grazko, Ozirlo, Bennard und Rimbten sahen sich verständnislos an. Mir drehte sich der Magen um. Wenn ich jetzt etwas falsch gesagt habe, werden sie sauer. Schließlich schüttelte Rimbten den Kopf.
„Junges Tier, von welchem Planeten kommst du? Die Männchen befinden sich in der Paarungszeit in der Gruppe. Ansonsten streifen sie durch die Gegend. Und du solltest dich schämen.“ Er sah Marcell an.
„Schau deine Gefährtin doch mal an, sie hat Angst und du würdigst sie keines Blickes“ Ich spürte wie Marcell kurz erschrak. Aber bevor er sich nur umdrehen könnte, schrie Ozirlo Bennard an.
„Welche Gefährtin?! So etwas gibt es nicht und es ist einfach erbärmlich, wie ihr versucht euch über uns lustig zu machen!“ Mit einem Prankenhieb wischte er Marcell eine aus. Mein Herz machte einen Riesensprung. Ich schrie ein lautes nein und machte mich auf Ozirlo los. Was zu weit ging, ging zu weit. Mit einem brüllen und einem weit aufgerissenem Maul befand ich mich über ihm in der Luft und sah in sein erschrockenes und gleichzeitig überrumpeltes Gesicht hinein. Er hatte keine Chance, dachte ich mir. Aber in dem Moment wurde ich zurückgeschleudert. Ich lag mit schmerzen auf dem Boden. Als ich Marcells Pfote auf mir spürte öffnete ich mit einem stöhnen die Augen. Bennard hielt immer noch meinen Schwanz fest und ich knurrte ihn nur an. Es war so hasserfüllt, dass Joarhk sich hinter Grazko versteckte, der mit einer neutralen Miene auf mich hinunterschaute. Ich stand langsam auf und sah Marcell entschuldigend an, der aber sah besorgt auf meinen Schwanz. Er war etwas eingerissen und der Schmerz stach. Das Gefühl tat nicht gut, an dieser Stelle schmerzen zu haben. Aber dann schaute ich Marcell nochmal ins Gesicht. Eine tiefblutrote Narbe zeichnete sich von der Nase bis hinüber unter das rechte Auge. Er seufzte, ich glaube als er mein Gesicht gesehen hatte, wusste er so in etwa wie das aussah.
„Das reicht!“ Ozirlo war außer sich. Er machte immer noch ein erschrockenes Gesicht.
„Junge Löwin, ich weiß zwar nicht von welcher Rabenmutter du erzogen wurdest, aber ich würde dir raten so etwas in Zukunft zu lassen! Wenn du mir auch nur ein Haar gekrümmt hättest! Ich…“ Grazko schnitt ihm das Wort ab. Er sah ein wenig enttäuscht zu uns rüber, aber dann grinste er, als hätte er ein Wunder gesehen.
„Wie ist dein Name, Weibchen?“
Ich antwortete nicht sofort, ich zitterte noch etwas von Marcells Gesicht. Ich sah zu ihm hinüber, ich war in diesem Moment so unsicher, ich musste mich vergewissern, dass ich meinen Namen wirklich Preisgeben sollte. Einen Fehler hatte ich ja schon begannen. Mein Blick wanderte zu Joarhk, dann wieder zu Marcell. Mit einem Nicken wandte ich mich wieder zu Grazko.
„Mein Name ist Kathy, aber das geht euch ja nichts an. Können wir bitte gehen und ein Sorgenfreies Leben leben? Ich dachte das ist echt viel leichter!“
Grazko sah mich wieder lächelnd an, obwohl ich einen frechen ton drauf hatte.
„Wenn es mich nichts angeht, wieso sagst du ihn mir?“ Ohne eine Antwort abzuwarten fuhr er fort:
„Ein Sorgenfreies Leben, was? Träumt nicht jeder davon? Weißt du, ich als Teil von den vier Mächtigsten Löwen Afrika, kann über alle bestimmen, selbst über meine Feinde. Sie müssen auf mich hören und ihr zwei, ihr habt euch gerade einen gemacht.“ Er grinste jetzt boshaft. „Mich!“. Mir verging jedes Gefühl aus dem Magen. Dass das so laut werden kann, dass einem das Gehör aussetzt wusste ich bis lange nicht. Hoffentlich schreiben wir in Bio mal einen Test über diese Viecher. Naja, kommt drauf an ob ich jemals wieder in die Schule gehen werde. Marcell neben mir trat beschützerisch vor mich. Ich fand es ziemlich zwar überflüssig, aber ich ließ es zu und schaute weiter dumm drein. Grazko wurde von Bennard gestumpft. Mit einem Blickaustausch und einem breitem lächelt wandte er sich zu uns.
„Du, Katy, kommst mit uns. Wir teilen dich in eine Gruppe von Weibchen ein. Die Paarungszeit beginnt morgen nach Sonnenuntergang, toller Zufall, nicht? Du darfst dir höchstpersönlich ein Deckmännchen aussuchen um dann Junges zu gebären. Davor fliehen brauchst du nicht mal, jedes Weibchen muss das machen und du auch. Mit deinem Freund wissen wir nichts anzufangen, er kann sich aber gerne als Deckmännchen anbieten.“ Mein Herz war weg. Ein widerliches flaumiges Gefühl hatte sich in meinem Magen gebildet und wollte nicht abhauen. Alle vier nahmen mich. Ich versuchte mich zu wehren, aber war zu schwach. Marcell schleuderte seine Pranken um mich herum, hörte aber auf, als er merkte, dass er mich fast erwischt hätte und dass es zu viele starke Löwen gab. Ich sah eine wunderschöne Löwin vor mir stehen, die mich keines Blickes würdigte. Ich spürte das Zittern in ihrer Stimme, als sie Grazko fragte, warum er sie gerufen habe. Als sie erfuhr, dass ich in ihre Gruppe kam, schaute sie mich das erste Mal an und engte ihre Augen ein. Ich schämte mich auf einmal und schaute zu Boden.
„Na los, komm jetzt.“ Es hörte sich an, wie ein fauchen, aber als ich mit ihr mit kam, wurde ihre Stimme sehr lieblich.
„Ich bin Reila und du?“ Ich hatte ihr meinen Namen gesagt und gefragt was jetzt alles passieren wird. Ihre Stimme wurde auf einmal so bemitleidend, es hörte sich fast an, als würde sie weinen.
„Du musst dir einen Paarpartner aussuchen, damit wir Jungen bekommen. Du darfst auf keinen Fall abhauen! Wenn du das versuchst, endest du wie Fafna. Schau dir mal ihr Gesicht an. Ich würde nicht lange darauf starren, sonst fängt sie an Salzwasser auszulassen.“
„Warum sind diese Vollidioten die vier Mächtigen Löwen? Können nicht einfach alle Gruppen gegen sie antreten und sie bekämpfen?“ Meine Gedanken waren bei Fafna. Ich stellte mir eine wunderschöne junge Löwin an. Die eine hässliche Narbe im Gesicht hatte und somit alles Hübsche an ihr zerstörte.
„Die vier Mächtigen Löwen sind keine Normalen Löwen. Jeder von ihnen besitz unglaubliche Kräfte. Grazko ist der Stärkste Löwe und somit der Alpha der vieren. Ach armes Ding du.“ Sie schüttelte den Kopf.
„Ich wollte auch immer ein freies Leben, aber ich wurde hier von Anfang an Geboren.“ Sie schüttelte den Kopf. Dann blieb sie stehen und ich sah einen riesigen sandigen Platz, wo überall verstreut Löwen lagen. Alles Weibchen. Sie schauten nur kurz zu mir hinüber, aber das war es auch schon. Mit leichter Vorsicht und großer Neugier fragte ich Reila wo Fafna ist. Aber ich sah sie schon selber von weitem. Ich erschrak und blieb stehen.
„So etwas darf man doch nicht machen! Das ist doch das allerletzte!“ Ich konnte nicht mehr zu Fafna rüber starren, es war zu grausam. Ihr rechtes Auge war durchgekratzt, ihre Ohren abgebissen und ihr Rücken hatte drei große Blutkrustige Striche. Sie fingen vom Nacken an, bis zu dem Schwanzansatz.
„Doch in freier Natur passiert dir so etwas auch. Mir tut die Arme auch leid. Aber was soll man machen?“ Sie trat vor mich.
„Also, renn lieber nicht davon!“ Ohne nachzudenken und voller Stolz sagte ich dann
aber doch:
„Mein Gefährte wird kommen und mich befreien, ich weiß es! Hier zu bleiben, das kann ich nicht. Es geht einfach nicht. Ich kann kein Junges bekommen.“ Reila sah mich mit großen Augen an.
„Gefährte? Du hast einen Gefährten? So etwas gibt es bei Löwen nicht, aber das ist ja so romantisch!“ Ein wenig fröhlicher nickte ich ihr zu. Ich saß nun seit langem hier. Ich weiß es. Die Sonne ist schon untergegangen. Aber währenddessen hab ich neue nette Freunde gefunden, die Angst ist mir ein wenig verstrichen. Ich hatte lange Zeit zum Nachdenken und ich glaube es wäre mir lieber wenn ich so ende wie Fafna, als ein Junges gegen meinen Willen zu bekommen. Als es so ziemlich dunkel war, legte ich mich etwas näher zu den anderen und versuchte zu schlafen. Meine Gedanken waren bei Marcell. Was er wohl jetzt machte? Hoffentlich geht es ihm gut. Ich seufzte. Ich öffnete die Augen. Die Sonnenstrahlen waren grell und ich musste erst blinzeln, um etwas zu sehen. Dann erschrak ich. Drei Löwen haben sich um mich gestellt. Ich stand auf und blickte alle an. Ich stand sprachlos da. Was wollen sie? Ich musste mich strecken um mich umzuschauen, denn die drei waren so gewaltig groß. Nach einiger Zeit seufzte der größte.
„Na, wenn nimmst du von uns?“ Ich war perplex. Nehmen? Mit einem langen Knurren erinnerte ich mich, wo ich eigentlich war. Ich sah panisch jeden einzelnen an. Nach langen überlegen entschied ich doch, die Wahrheit zu sagen.
„Keinen.“ Ein Gebrüll und Gefauche erschien. Alle starrten sie mich böse an.
„Du musst. Sag mal, bist du neu oder so? Wenn sich schon mal Männchen für dich
entscheiden, sollst du auch einen auswählen. Abweisen ist völlig Tabu!“ Er knurrte immer noch. Ich versuchte mir die beste und glaubwürdigste Lüge auszusuchen, die mir einfiel. Mit einer langen Pause sagte dann doch:
„Ich bin eine Leitlöwin du Pelzschädel! Ich bin die, die aussuchen darf, ob sie will oder nicht! Also verschwindet nun ihr dämlichen Holzköpfe.“ Ich war stolz auf mich. Es klang wirklich wütend. Aber ich glaube daran, dass es echt Wut war. Ich war ja richtig sauer. Doch dann bekam ich ein ekelhaftes Gefühl in meinem Magen. Wieso verschwinden sie nicht? Sie sahen mit großen blicken an mir vorbei. Zaghaft drehte ich mich um. Grazko, verdammt!
„Hallo, Grazko.“ Ich versuchte ein grinsen.
„Ich dachte mir schon, dass du so etwa sin der Art versuchen wirst.“ Er machte einen Schritt auf mich zu. Dann sah er nickend zu den anderen.
„Na los Katy, entscheide dich!“ Ich machte mich klein und knurrte. Dann sah ich auf einmal jemanden, ganz hinten in die Gruppe eintreten. Ich musste lachen. Die anderen dachten wahrscheinlich, dass ich verrückt bin, aber das ist doch egal. Ich sah zu Grazko.
„Den da“ und zeigte auf Marcell. Grazko schüttelte aber nur den Kopf. Er zeigte auf die drei Löwen, von denen aber einer zu Fafna verschwunden ist. Ich musste grinsen. Sie war so froh, dass sich doch jemand für sie entschieden hat. Das konnte man sehen. Ich sah ihn bittend an. Oh bitte, bitte, Grazko. Ich möchte zu Marcell um dann sofort wegrennen zu können. Das habe ich natürlich nicht gesagt, aber ich wollte. Grazko sah nur zu den anderen zweien.
„Ist schon gut, wir wollten sowieso zu den anderen übrigen Weibchen gehen.“ Und schon sind sie verschwunden. Ich sah nun mit einem triumphierenden Blick zu Grazko und schrie Marcell zu mir rüber. Er sah mich mit strahlenden Augen an. Mit einem Riesensprung war ich bei ihm und umarmte ihn. Mit einem leisen Flüstern in dein Ohr sagte ich:
„Marcell ich hab dich so vermisst“ Mir wurde ganz schwindelig im Bauch vor so viel ulkigen Gefühlen. Er drückte mich umso fester an sich als Antwort.
„Ich will nur ungern stören, aber wenn die Sonne noch etwas weiter runtergeht, ist es soweit. Und ich schwöre, solltet ihr euch wegschaffen, seid ihr beide dran.“ Mit einem „hm“ hatte er sich umgedreht und war schon bei Fafna. Ich sah den beiden mit bemitleidenden Augen zu. Ich sah wie er ihr drohte, mit seinen Pranken rumfuchtelte. Marcell schüttelte mich und ich drehte mich wieder zu ihm um. Mit liebevollen Augen sah ich ihn an. Er sah jedoch ernst aus.
„Was sollen wir denn jetzt machen? Ich meine, verdammt, Katy! Ich habe echt Angst, dass Grazko und seine Gang uns wieder aufspüren. Und…“ Er hörte abrupt auf, als er ein Geräusch hörte.
„Katy, wann war das letzte Mal, als du gegessen hast?“ Bei dieser Bemerkung spürte ich jetzt den Schmerz. Die Angst hatte es die ganze Zeit verdrängt, das war auch gut so. Ich konnte immer noch nicht ohne schlechtes Gewissen ein Tier töten. Mit einem Kopfschütteln und geschlossenen Augen antwortete ich Marcell. Ich wollte auch gar nicht ans Essen denken.
„Marcell, wir hauen hier ab. Es ist mir egal mit welchen Strafen wir gefangen werden, aber mir ist es lieber wenn ich es vielleicht schaffen könnten abzuhauen als dass ich schwanger werde.“ Mir lief ein Schauer über den Rücken. Ich glaube Marcell auch. Nach einiger Zeit nickte er mir zu. Sein Gesicht war ernst. Es war komisch, ein Löwengesicht so nah vor sich zu haben und an Marcell zu denken, obwohl sie sich kein Stückchen ähnlich sahen außer den wundervollen grünen Augen. Mein Herz klopft ja schneller.
„Komm Katy, die Sonne ist fast da. Wir müssen abhauen!“ Als wir gerade losrenne wollten, stand ein Löwe vor uns. Er stand stolz vor uns. Und wenn ich ehrlich sein darf, so einen schönen Löwen habe ich lange nicht gesehen, nicht mal bei Google, bei dem Stichwort „Wunderschöner Löwe“. Ich sah an ihm runter. Er hatte eine Perfekte Gesichtsform mit richtig gefährlich aussehenden Augen, die mir Silber erschienen. Seine Mähne war so schön wuschelig, aber nicht zerzaust, sondern, als hätte er sie eben glattgekämmt. Sie war dunkelbraun und ging hinab bis sie an den Spitzen schwarz wurde. An seinem Bauch hing auch schwarzes Fell und seine Pranken hatten so riesige Krallen, man hätte sie können mit einem Eisennagel vergleichen können.
„Was ist?“ Marcell fauchte und ich finde er hätte netter sein können. Der Löwe aber schaute Marcell nicht mal an. Er beäugte die ganze Zeit mein Gesicht und meine Augen mussten unruhig hin zu ihm und her zu Marcell springen. Endlich wendete er den Blick von mir ab und sah Marcell an.
„Ich will sie. Wenn du jetzt ein Stück zur Seite gehen würdest.“ Er schubste ihn mit einer Wucht weg, obwohl er noch nicht mal Kraft geschöpft hat. Mit ängstlichen Augen sah ich zu Marcell, der sich schüttelte, weil er gegen einen Strauch gerumst ist. Es geht ihm gut, dachte ich. Dann wendete ich den Blick ab und der Löwe stand nur wenige Zentimeter von mir entfernt. Ich ging drei Schritte zurück.
„Na was ist? Komm doch wieder näher, ich bin hier das beste Männchen, wie man schon sieht“ Er drehte sich einmal,
„Und ich will dich und ich weiß, dass du mich auch willst, wer nicht? Also du brauchst mir nicht danke zu sagen, dass ich diese Last wegeschnipst habe.“ Er kam auf mich zu. „Bleib fern!“ Ich musste wieder drei Schritte zurücktreten. Er sah mich mit einem verwirrten Gesicht an. Ich schaute mich um und alle starrten uns an. Als ich Reila sah, winkte ich sie zu mir rüber. Zu meiner Erleichterung kam sie auch. Ich drehte mich zu ihr um.
„Reila, ich will nicht, dass ihr alle so starrt, außerdem will ich zu meinem Gefährten nicht zu ihm.“ Sie sah mich mit einem schwachen lächeln an.
„Das wird leider so gut, wie unmöglich sein. Cheys ist der kräftigste und bestaussehendste Löwe hier und kein Männchen hatte ihn bisher besiegen können. Und dass muss dein Gefährte regeln, wenn du ihn willst und nicht Cheys.“
„Nein, nein, nein, nein, nein!“ Ich schüttelte den Kopf. Reila ist davongerannt, als sie das Männchen gerufen hatte. Als ich mich umdrehte, stritten Marcell und, ehm, Cheys miteinander. Als er erneut auf Marcell einholte, ging ich dazwischen.
„Ehm, Cheys. Ich möchte diesen Löwen und nicht dich. Und es wäre nett, wenn du dir eine andere aussuchen würdest, bitte. Mach es nicht komplizierter, als es schon ist.“ Dabei stellte ich mich auf die Seite von Marcell. Cheys brüllte einmal laut und voller Wut.
„Nein! Keiner spannt mir das Mädchen aus! Ich werde dich besteigen und nicht er! Ich werde kämpfen aber meine Meinung werde ich nicht ändern. Ich bekomme immer, was ich will!“ Oh nein, das ist alles so bescheuert. Ich sah hilflos zu Marcell, der Cheys böse anschaute.
„Marcell, lass es nicht dazukommen, lass uns abhauen.“ Doch Marcell schien nicht auf mich hören zu wollen. Er stürmte auf Cheys los.
„Nein!“ Ich wollte ihn zurückziehen, aber das war nicht mehr nötig. Er wurde bereits knapp an mir vorbei zurückgeschleudert. Mit voller Wucht schmiss sich Cheys gegen Marcell und ich rannte zu ihnen, dabei bekam ich eine von Marcell geknallt und flog rückwärts auf den Sandigen Boden. Meine Schnauze tat weh und ich spürte wie Blut runterfloss.
„Katy, es tut mir leid!“ Hörte ich Marcell rufen, seine Stimme war außer Atem. Ich versuchte aufzustehen, aber da kam auch schon, zu meiner Überraschung, Cheys auf mich zugeflogen. Ich wurde wieder auf den Boden gerissen und der schwere Löwe lag genau auf meinem Bauch. Ich versuchte zu atmen, aber er lag genau mit seinem Kopf auf meiner Lunge. Ich hustete und versuchte mich aufzurollen. Cheys stand selber auf und ich atmete erleichtert auf.
„Du hast ganz schön Kraft, kleiner, aber ich habe mich doch nur aufgewärmt.“ Er lachte auf und ich sah zu Marcell. Er stand kampfbereit da, sein Schwanz wedelte Kontroll-los in der Luft herum. In diese Position wirke Marcell echt Männlich. Ich rollte mich wieder auf meine vier Pfoten. Ich dachte daran einfach wegzurennen, ich meine, Marcell könnte ich nicht vom Kämpfen abhalten und wenn ich jetzt nicht wegrenne, werde ich von Cheys bestiegen. Wenn Marcell mich liebt, würde ihm seine Männlichkeit in diesem Moment egal sein und er würde mir hinterherrennen. Ich ergriff die Gelegenheit, da alle auf den Kampf starrten, sogar die vier mächtigen Löwen. Zuerst schlich ich hinter den Sträuchern durch die Äste durch weg, dann rannte ich. Ich hoffe, Marcell bemerkte es. Doch dann bremste ich ab. Was ist, wenn ich Marcell dann nicht mehr finde? Die Löwen wissen, wo unsere Höhle ist. Dann soll ich eben schwanger werden, aber Marcell möchte ich bei mir haben. Als ich zurückrannte, sah ich Marcell auf mich zu rennen. Schnell drehte ich mich um und rannte mit ihm.
„Verfolgen sie dich denn nicht?“ Aber Marcell grummelte etwas vor sich hin. Ist er etwa böse auf mich? Diese Situation ist doch besser, sonst würde er noch länger mit Cheys kämpfen müssen. Ich blieb stehen. Marcell bremste ebenfalls ab.
„sag mal, spinnst du? Sie können uns verfolgen!“
„Marcell, warum bist du böse auf mich?“
„Du hast nicht an mich geglaubt, du hast gedacht ich bin nicht stark genug gegen diesen Cheys und bist weggerannt, damit ich hinterher komme und wie ein Feigling davonkomme.“ Er rannte weiter. Es wäre überflüssig, wenn ich ihm jetzt sage, dass ich es gemacht habe, weil nicht mal die erfahrenen Löwen Cheys besiegen konnten, also rannte ich ihm wortlos hinterher. Die Sonne blendete mich und ich müsste ständig blinzeln. Wir rannten schon gut eine Viertelstunde ohne einen genauen Weg. Wobei ich Marcell hinterherrannte. Er ist also böse auf mich. Unser erster Streit. Ich fasse es nicht. Wieso ich? Wieso muss unbedingt ich und Marcell diesen Zauber durchleben? Moment, Zauber. Was hatte die Hexe gesagt? Einen Reim? Ich versuchte mich zu erinnern an die ganzen Märchenfilme, die ich immer so gerne als kleines Kind gesehen habe. Wenn eine Hexe einen Reim aufsagt, dann muss es einen Sinn haben. Aber was hatte sie nur gesagt? Ich hatte nicht gemerkt, dass ich stehen geblieben bin. Marcell war gar nicht mehr zu sehen. Na toll, jetzt wird er noch wütender auf mich sein. Das war nicht meine Absicht. Ich entschied einfach langsam geradeaus zu trotten. Ich hatte Durst. Ich schleppte mich immer langsamer und langsamer vorwärts, bis ich auf dem sandigen Boden lag und hechelte. Meine Zunge fühlte sich an, als wäre sie zu Staub zerfallen. Ich dachte niemals dass ich so früh sterben würde.
„Katy?“ Ich öffnete die Augen. Ich sah Reila und entdeckte eine Wölbung an ihrem sonst so mageren Bauch. Erschrocken stürmte ich hoch.
„Reila, wi ist Marcell?“
Reila sah mich mit einem verträumten Blick an. Als sie mein Gesicht sahen, antwortete sie schnell.
„Keine Angst. Marcell hat dich hierher abgelegt, zu mir. In meine Höhle.“
Erst jetzt sah ich mich um.
„Wie lange war ich denn weg?“
„3 Tage. Wir haben dir Wasser gegeben, Frischfleisch unter die Nase gehalten. Dein Gefährte ist so lieb! Er ist für dich von Sonnen Aufgang bis Sonnenuntergang für dich Jagen gegangen! Und er hat auch noch etwas gefangen. Eine Menge Fische. Ich wüsste nicht wie man so etwas anstellen kann.“
Erst jetzt bemerkte ich, dass es fischig roch. Das Kompliment an Marcell hielt mich immer noch kühl.
„Reila, wo ist Marcell jetzt?“
Sie leckte sich über die Pfoten. Dann blickte sie mir tief in meine Augen. Ihre Augen waren schön Blau. Wie Klares Eis.
„Er wurde von den vier Mächtigen gefangen genommen. Wegen Verstoß der Regeln. Ihm gilt die Todesstrafe.“
Ich schnappte nach Luft und stand auf. Ich wollte schon losrennen, doch Reila hielt mich fest.
„Katy, Marcell hatte mir noch hinterhergeschrien, dass ich dich hierbehalten soll. Du sollst mir helfen zu jagen, damit mein junges im Bauch genügend essen bekommt. Er hat auch Recht. Es ist sehr gefährlich für dich, wenn du wieder zurückkehrst, denn auch du hast die Regeln missachtet.“
„Wenn Marcell stirbt, wegen mir, werde ich es auch tun. Einmal aus Dankeschön und einmal, weil ich ohne ihn nicht mehr Leben werde!“
Da sie mich immer noch nicht losließ, musste ich sie anbrüllen. Was sie für ein Gesicht machte, werde ich wohl nie vergessen. Sie tat mir sehr Leid. Sie war so freundlich zu mir, aber ich musste los.
„Katy, ich muss dir noch was sagen!“
Ich blieb stehen und ging mit einem schiefgekippten Kopf wieder zurück in die Höhle.
„Was ist denn?“ Sie stand auf und trat nah a mich ran.
„Die vier mächtigen Löwen können besiegt werden. Du musst das tun, wenn du Marcell befreien willst. Anders ist es total unmöglich!“
„Woher weißt du denn das alles? Ich meine mit der Strafe und alles?“
Reila lief eine Träne über ihr borstiges Wangenfell.
„Ich bin Grazko’s Tochter.“ Ich erschrak. Dann nickte ich, damit sie weitererzählen konnte.
„Jeder von ihnen besitzt schwächen. Die kenne ich selbst nicht.“ Ich bedankte mich bei Reila und versprach ihr, so vorsichtig, wie nur möglich zu sein. Mit klopfendem Herz machte ich mich meinem Ende nahe. Ich lief erst sehr langsam, um klarer nachdenken zu können. Ich schlug mich auf den Boden und machte mir Vorwürfe. Das kann doch alles nur ein verdammter Traum sein! Lass mich aufwachen, bitte!. Ich richtete mich wieder auf. Okay Katy, gleich wird der schlimmste Moment deines Lebens vor dir stehen. Aber dafür hast du ein Ziel und dank ihm wirst du es schaffen. Und dies motivierte mich wieder. Marcell, Marcell ist mein Freund. Er liebt mich und ich liebe ihn. Er würde alles für mich tuen und ich auch für ihn. Also schaffe ich das auch. Ich musste an sämtliche Kinofilme denken, romantische. Es gab immer ein Happy End. Ich wusste, dass es vorher geschrieben wurde, aber meine Abenteuer stellte ich mir auch wie ein Film vor. Ich bin Katy, die einen Löwen spielt. Ich blinzelte mit den Augen. Was rede ich da? Ich brauche dringend Wasser! Ich rannte zum Fluss, den ich von weitem erblickte. Voller Eifer sprang ich hinein und landete mit einem Knall auf den trockenen, harten Sandboden. Aua. Das hat echt wehgetan. Ich wurde plötzlich von Trauer überwältigt und mir liefen nach und nach Tränen über die Wange und dan tropften sie auf den Boden. Ich bemerkte, wie sich Käfer aus dem Sand in meine Träne gruben und ertranken. Geschockt blickte ich nochmal hin, diesmal näher. Sie hatten so viel Durst dass sie im Wasser ertrunken sind. Mir wurde schwindelig. Was mache ich hier denn noch? Marcell könnte jetzt vielleicht schon zerfetzt auf dem Boden liegen! Ich stand auf, schüttelte den Sand aus meinem Fell und rannte wie wild los. Marcell, ich komme! Bitte halte durch, ich bin gleich bei dir. Ich rannte schon ziemlich lange. Ich sah zu wie mir die Bäume entgegen kamen. Die Sonne strahlte mir auf den Hinterkopf. Ich darf nicht aufgeben, Marcell braucht mich. Auch wenn er Sauer sein wird, dass ich ihn retten gekommen bin. Als ich das Feld sah, das Revier, sah ich auch die 4 Löwen. Sie sahen nieder und lachten. Oh nein, dachte ich mir nur. Ich erhöhte mein Tempo mit meiner letzten Energie und schlich mich unter den Fels hindurch, auf dem sie saßen. Mit einem Schock sah ich, worüber sie lachten. Ich sah wie Marcell auf dem Boden lag und nach Luft schnappte, während ein anderer Löwe auf ihn zustürmte. Als er sich bereit zum Sprung machte, schaute ich weg. Ein Luftausstoß war nur noch zu hören. Ich kniff die Augen zusammen und mir liefen die Tränen nur so aus den Augen. Ich versuchte wieder hinzuschauen. Neben Marcell lag eine kleine Blutpfütze. Der Löwe, der eben mit Marcell gekämpft hatte, trat aus und ein neuer kam hinein. Als dieser auf ihn losstürmte packte mich die Wut. Ich stürmte ebenfalls auf ihn los. Mit einem tiefen Brüllen grub ich meine Krallen aus den Tatzen und fletschte hasserfüllt die Zähne. Ein dumpfes Geräusch des aneinander Treffens machte Marcells Ohren Steif. Das war mein letzter Blick, dem ich ihm gab, bevor ich mit dem schweren Gegner auf den Boden fiel und mir die Rippe zerbrach. Ich hatte schmerzen. Der Löwe auf mir hat sich an mir abgefangen, ihm schien es gut zu gehen, außer den Wunden, die ich ihm gab, als ich mit ihm zusammentraf. Ich wälzte mich auf dem Boden, mein Brustbereich schmerzte. Ich sah mich nach Marcell um. Er sah mit zusammengekniffenen Augen zu mir. Er lag immer noch bewegungslos auf dem Boden. Ich wusste, wenn er könnte würde er mir helfen. Ich drehte meinen Kopf zum Fels, auf dem immer noch alle viere saßen. Ich wusste, mein Ende ist gekommen und Marcells ebenfalls. Ich glaube nicht, dass er das überleben würde. So wie er dalag. Meine Gedanken schweiften nur so umher. Ich unterdrückte Tränen, ich wollte diese Miststücke nicht noch mehr erfreuen. Rimbten grinste am meisten. Mit seinen Riesenpfoten machte er einen Schritt nach vorne. Er begann sein großes Maul zu öffnen:
„Ah, Katy. Wir dachten uns schon, dass du kommst. Haha, hast du schon deinen Schwarm gesehen? Schön wie er daliegt, nicht? Katy, es war dumm von dir zu kommen. Es ist sowieso zu spät für ihn. Er ist so schwach. Nun kann er dich nicht mehr beschützen, es ist nurnoch die Frage, was wir mit dir machen werden.“
Er sah seine Komplizen an. Ich sah wie sie sich besprachen. Ständig schüttelte Ozirlo und Grazko den Kopf, gleichzeitig. In den Minuten fasste ich meine ganze Kraft zusammen und sog mich zu Marcell. Ich grub meine Pfoten in den Boden und schleifte meinen fast leblosen Körper darüber. Ich spürte nach einem Meter meine Tatzen nicht mehr, aber das war mir auch egal. Ich zog mich immer weiter zu Marcell hin. Als ich mich neben ihn geschoben hatte, fiel mein Kopf auf den Boden und meine Augen fielen zu. Ich sah schwarz vor meinen Augen. Mir war ganz schwindelig und es kribbelte in jedem Glied meines Körpers. Dann kamen wieder diese weiß geschriebenen Wörter. Ich war richtig froh darüber und lauschte sie. Ich vertraute ihnen.
„Rimbten Wasser. Bennard Feuer. Ozirlo Wundstelle. Grazko Gefühle.“
Die Wörter wiederholten sich genau vier Mal. Ich versuchte sie mir genau einzuprägen. Ob sie Sinn hatten, musste ich später nachprüfen. Jetzt musste ich versuchen meine Augen aufzureißen. Ich versuchte in meinen Gedanken ein „Danke“ zu sagen. Ich wusste nicht ob es klappte, aber ich öffnete danach schnell die Augen. Als Licht meine Augen durchströmte, sah ich, wie Marcell mich ansah. Ihm geht es also noch gut. Er versuchte ein lächeln zu gestalten, doch es machte mir Angst, da sein Gesicht blutverwischt war. Trotzdem gab ich Marcell ein Müdes Lächeln zurück. Ich flüsterte ihm das zu, was mir die weißen Buchstaben sagten. Ich zweifelte aber daran, dass Marcell sie sich jetzt einprägen konnte. Ich hatte auf einmal neue Kraft. Trotzdem tat ich so, als ging es mir schlechter denn je. Ich sah, wie große Pfoten neben mich traten und mir Sand in die Augen schubsten. Voller Schmerz presste ich meine Augen fest zusammen und grummelte. Ich konnte meine Augen nicht mehr öffnen, es brannte einfach zu sehr. Ich hörte nur Grazko sprechen:
„Na Katy, wie geht es dir? Hast du solche schmerzen, dass du nicht mal deinen Kopf zu mir neigen kannst um mir in die Augen zu schauen? Glaub mir, das würde dich noch mehr Angst machen, denn darin steckt pure Schadenfreude.“
Er machte einen Satz zurück und ich hörte dass er seinen kräftigen Körper auf den Boden stemmte. Ich versuchte meine Augen zu öffnen. Leider vergebens. Plötzlich hörte ich Marcells grummeln. Schnell öffnete ich die Augen. Voller Entsetzten sah ich, wie Rimbten seine Krallen Marcells Oberschenkel entlang streiften. Er ritzte ein großer X hinein. Doch er war noch nicht fertig. Ich stand auf, taumelte wieder, aber nur zur Täuschung. Beim nächsten Mal verpasste ich ihm eine Ohrfeige. Mit einem Gebrüll ging er zu Boden. Entsetzt und überrascht sahen mich die anderen drei an. Rimbten stand langsam wieder auf und schüttelte seinen Kopf. Sandkörner flogen ihm aus der dunklen Mähne.
„Jetzt bist du dran!“ Mit einem wütenden Blick stürzte er sich auf mich. Ich rannte in Richtung Höhle. Aber das war nicht irgendeine Höhle, sondern unsere. Meine und Marcells. Und in der Nähe gab es einen Wasserfall. Zu gerne würde ich wieder mit Marcell um die Wette Fische fangen. Aber dafür war jetzt keine Zeit. Ich stürmte auf das Wasser zu, denn ich merkte mir die Worte. Mir war sofort klar, dass es sich hier nur um Schwächen handeln könnte. Ich versuchte ihn abzulenken, damit er nicht nachdachte, wo er hinrannte. Mein Herz klopfte wie wild und ich hatte Angst, falls der Plan nicht funktionieren würde. Wenn er reagiert kann ich mit meinem Tod rechnen. Ich versuchte ihn noch wütender zu machen und schrie im mit einer zittrigen Stimme zurück, dass er ein schwacher Löwe sei, und seinem Rang nicht gut genug sei. Das klappte auch. Ich rannte einmal um den Fluss herum um dann geradeaus zum Wasserfall zu rennen. Hoffentlich klappt es, dachte ich. Dann, als die Kurve kam, sprang ich ins Wasser hinein und hoffte, er kommt mir hinterher. Ich schwamm schnell noch einige Meter weiter, damit Rimbten nicht auf mir landete. Mein Herz blieb still stehen. Wo ist er denn? Dann hörte ich ein riesenplatschen. Rimbten hatte sich um mich herumgeschlichen und hat das Netz nicht gesehen, dass ich und Marcell da hingelegt hatten. Ich sah wie seine Hinterpfote immer noch im Netz hang. Rimbten plantschte um mich herum und schrie und brüllte. Es klang so, als ob er verbrannte. Sein Gesicht verlief wie wachs nach unten und seine Augen sahen aus wie die eines Gespenstes. Sein „wachs“ bildete einen Kreis um mich. Ich versuchte mich rauszubewegen, doch er schloss mich ein. Voller Angst schrie ich mit Rimbten mit. Doch nach einigen Sekunden hörte ich nur noch mich schreien. Rimbten war ganz in diese Masse zerfallen, die nun um mich kreiste. Ein übler Gestank von Tod umgab mich und ich tauchte unter. Dort wagte ich die Augen zu öffnen. Glücklicherweise schwamm Rimbtens Reste nur an der Oberfläche des Wassers. Ich schwamm untendurch und tauchte am Rande wieder auf. Ich musste eine Träne wegdrücken, so etwas schreckliches habe ich noch nie gesehen und das hatte ich auch gar nicht vor. Immer wieder spulte mein Hirn den Gesichtsausdruck wieder. Ein Schauer übergab mich. Schnell stieg ich aus dem Wasser. Ich rannte mit einem letzten Blick zurück zu Marcell. Ich bemerkte wie ich außer Atem war, langsamer wurde ich aber nicht. Als ich ankam setzte ich mich neben Marcell und sah in traurig an. Dabei tropfte Wasser aus meinem Fell direkt auf seine Wunde. Mit großem Staunen sah ich, wie die betroffene Wunde zuwuchs. Wenn ich einen töte, wird ein Heilmittel daraus? Ich schüttelte den Kopf. Schnell legte ich mein Kinn auf seine Wunde. Und tatsächlich, sie war zu. Grazko, Ozirlo und Bennard sahen mich mit einem Geschockten Gesichtsausdruck an. Alle schüttelten den Kopf. Ozirlo meldete sich zu Wort:
„Was hast du nur angerichtet? Hast unseren Freund ermordet? Das wirst du bereuen! Wir werdern dich quälen, so wie du es mit ihm gemacht hast!“
„Der Tod von Rimbten war eine gute Tat! Seht ihr nicht? Wenn er sein Leben schon früher geopfert hätte, würden alle Tiere ihre Wunde heilen können! Aber nein, ihr dachtet alle nur an euch! Und ich werde nichts bereuen was ich getan habe.“
aus mir sprang die Wut. Dann kam mir eine Idee. Ich bewegte langsam meine Pfote Richtung Maul. Die Gesichtsausdrücke von allen wurde Synchron. Die Augen wurden immer größer, desto enger der Abstand von meinem Maul zur nassen Pfote war. Ein gutes Zeichen, dachte ich. Und das war es auch. Als ich über meine Pfote leckte, bekam ich neue Energie. Ich fühlte mich, als ob ich gerade ausgeschlafen wäre. Schnell hielt ich Marcell meine andere Pfote hin. Dieser konnte nicht mal seine Augen öffnen. Ich sah die drei gegenüber mit zusammengekniffenen Augen an. Wehe, ihr rührt euch, dachte ich mir. Dann duckte ich mich zu Marcell nieder und Machte vorsichtig mit einer Pfote seine Lippen auseinander, dann die Zähne. Ich stopfte meine Pfote in seinen Mund und flüsterte ihm:
„Marcell, schluck runter, bitte!“ Ich wusste, er würde alles für mich tuen. Und das tat er auch. Trotz schmerzen, bewegte er seinen Kiefer. Ich sah wie sein Speichel den Hals runterrann. Ich hört ein durchatmen, dann holte er seine Krallen raus, stand auf und streckte sich. Im war anscheinend nicht bewusst, in welcher Lage wir steckten. Vorsichtig fragte er mich:
„Katy, was ist denn hier los?“
„Erinnerst du dich daran, was ich dir Geflüstert hatte?“
Er schüttelte den Kopf. Mit dem Blicke auf die anderen neigte ich meine Schnauze zu Marcells Ohr und Flüsterte dort hinein:
„Bennard, Feuer. Ozirlo, Wundstelle. Grazko, Gefühle.“
Mit einem verwirrten Blick starrte er auf mich. Ich sagte ihm nichts mehr, nur dass er sich meine Worte merken sollte.
„Habt ihr es bald? Ich möchte die übelste Strafe vergeben, wo man lieber sterben würde, als jetzt in deiner Haut zu stecken.“
Meine Haut, aha. Meine Haut ist schon Tod. Sie ist weg. Ich weiß nicht wohin sie verschwunden ist. Ich will meine Haut wieder haben! Ich schüttelte den Kopf. Ich darf mich nicht ablenken lasse. Konzentriert starrte ich auf die Pfoten von Bennard.
„Ich habe keine Angst vor euch. Ich kenne eure Schwächen!“
Mit einem breiten Grinsen starrte ich auf alle. Doch diese ließen sich nicht beeindrucken, komischerweise. Müssen sie sich denn nicht fürchten?
„Haha, du kennst unsere Schwächen. Katy, hast du denn Garnichts gelernt? Niemand kennt unsere Schwächen. Wir haben noch nie mit jemandem darüber geredet, noch nicht mal untereinander. Also kann ich da nur darüber lachen! Rimbten hast du wohl durch Zufall erwischt. Das ist eine unmögliche Sache. Wenn du unsere Schwächen kannst, dann nur zu, sag sie doch.“ Ozirlo sah mich mürrisch an. Ich dachte kurz nach.
„Na, wenn Rimbten Wasser töten, dann euch auch!“ Ein lautes Lachen erschien. Alle lachten sich kaputt, ich in Gedanken auch. Marcell schubste mich an. Seine Augen waren voller Sorgen. Ich nickte ihm zu uns machte ein lässiges Gesicht. Alles ist gut. Mein Plan wird funktionieren, sagte ich ihm in Gedanken, doch hören konnte er mich nicht.
„Stoppt das Lachen! Ich verschwinde jetzt mit Marcell. Es nervt mich hier zu warten. Ich weiß sowieso wie ich euch töte!“
„Nein! Du bleibst hier und bereust was du getan hast! Wir werden dich quälen!“
Ich schüttelte nur den Kopf. Bennard war Feuer. Das bedeutet er muss Angst gehabt haben, als die Lava ausgebrochen ist. Ich muss zur Lava! Meine Gedanken spielten verrückt. Sie schaukelten zwischen warten und hinlocken. Das wäre aber zu riskant, mir kann heiße Lava auch etwas anhaben. Aber warten, kann sein dass es noch eine ganze Weile dauert, oder sogar gar nicht. Ich rannte los. Ohne noch einen Gedanken zu verschwenden. Als ich mich umdrehte, sah ich Ozirlo mir nachrannte. So ein Mist! Ich blieb abrupt stehen. Ein Schlag in meinen rechten Oberschenkel lies mich spüren. Ozirlo hatte zu spät gebremst und ist in mich reingerumst. Ich unterdrückte nur schwer einen Schrei. Ozirlo stand auf und schüttelte sich. Mit einem breiten Grinsen näherte er sich mir.
„Stopp! Wenn du noch einen Schritt gehst, bist du sofort dran!“
„Nein!“, rief es hinter uns. Grazko rief es.
„Quälen soll sie sich. Ein wertvolles Mietglied einfach so getötet!“
„Aber dafür Heilwasser erzeugt! Und ihr konntet euch nicht opfern, um das wohl eurer Untertanen! Schämt euch! So etwas nennt sich mächtig.“
Mit einem hochnäsigen Reiz in der Stimme wandte ich mich zu Marcell. Ich schaute ihm liebevoll in die Augen. Vielleicht werde ich gleich getötet, vorher aber, musste ich alles geben, schaffen könnte ich es. Aber falls es nicht klappt, kuschelte ich mich an seinen geschmeidigen Hals und drückte ihn fest mit meinen Pfoten, so stark ich nur konnte. Ich leckte ihm über die Nase und stellte mich den fassungslosen Gesichtern. Marcell legte seine Pfote auf meinen Rücken:
„Was hast du vor?“
Ich sah ihn an.
„Ich liebe dich!“ Und rannte los. In der Hoffnung mir würden alle drei hinterherlaufen. Doch es war wieder Ozirlo. Marcell kam auch in Bewegung, ich sah wie die anderen sich nun auch in Gange setzten. Nun musste ich gleichzeitig in die richtige Richtung rennen und nachdenken, was ich jetzt mit der Situation anfangen sollte. Ich blieb stehen, rannte wieder los, als Ozirlo seine Tatze mit den Krallen ausholte und mich beinahe traf. Aber ich lief nicht Richtung Lava, sondern machte einen Halbkreis. Ich rannte zurück zu Marcell, und machte wieder einen Halbkreis, sodass ich mit seiner Richtung rannte. Ozirlo war nun auch wieder hinter mich gekommen. Außer Puste schilderte ich Marcell, was ich nun vorhabe. Ich hatte ihn gebeten, einfach mit mir mit zu rennen. Als ich mein Tempo eine Stufe höher setzten wollte, fing Marcell an:
„Katy, ich liebe dich auch“ Ich lächelte ihn kurz an. Dann rannte ich schneller.
„Komm mit, du lahme Schnecke!“ Ein Humorvoller Ton steckte in meinem Satz. Wir hatten fast den Vulkan erreicht. Nun kam es darauf an. Ich denke, es würde zu sehr auffallen zweimal an denselben Ort zu flüchten. Ich sah mich um, kurz hinter Marcell war Ozirlo dann Bennard, dann Grazko. So ein Mist. Ich verlangsamte nochmals mein Tempo um neben Marcell nebenher zu rennen.
„Marcell, bitte versuche Grazko und Ozirlo irgendwie abzulenken! Ich brauche deine Hilfe mehr denn je! Und Marcell, bitte pass auf dich auf.“ Marcell nickte mir ernst zu und dann noch einmal. Er rannte an die Seite. Dann sah ich noch einmal kurz nach hinten und erkannte, dass er Ozirlo eine klatschte. Ich musste wieder geradeaus schauen, um nicht vom Weg abzukommen. Ich hörte nur noch Gebrülle. Ich riskierte einen letzten Blick. Marcell! Du bist der Größte, dachte ich, denn ich sah nur Bennard der hinter mir herrannte. Ich versuchte schneller zu rennen und warf ihm erniedrigende Wörter an den Kopf. Dann beleidigte ich auch noch Rimbten. Und um dem Baum einen Zipfel zu verpassen hob ich im Rennen einen Stein mit dem Maul auf und spuckte ihn nach hinten. Er landete Bennard direkt in das linke Auge. Ein wuterfüllter Schrei tauchte auf und voller Schreck sah ich, wie er von Null auf Hundert erhöhte. Ich versuchte es auch, doch langsam ging mir die Puste und Energie aus. Ich suchte Stellen mit meinem Schwanz ab, die vielleicht noch nass sein könnten vom Heilfluss. Ich spürte in meinen Ohren noch eine nasse Flüssigkeit. Ich versuchte eine Pfote zu heben, doch wenn ich das tun würde, würde ich langsamer, aber wenn ich es schaffen würde könnte ich mein Tempo sofort erhöhen. Ich riskierte es, bevor Bennard noch näher rückte. Ich hob schnell meine Tatze, pulte sie in mein Ohr. Als ich nicht rann kam, schob ich sie so stark in mein Ohr, dass es zu brennen begann. Ruckartig nahm ich meine Tatze raus und die Flüssigkeit hing mit ein wenig Blut dran. Schnell leckte ich drüber und ich bekam tatsächlich neue Kraft. Ich atmete erleichtert auf und rannte schneller. Es wurde immer heißer. Ich spürte schon die Hitze der Lava. Bennard war immer noch hinter mir. Wie kann man bloß so dämlich sein und nicht merken, dass man auf seinen Tod zusteuert. Doch dann bemerkte ich, dass ich das direkt tat. Trotzdem hielt ich nicht an und kletterte den Steinigen Hang hinauf. Das Gefühl war widerlich, ich musste schnell klettern und Bennard war dicht hinter mir. Ich rammte mit meinen Hinterfuß Steine hinaus und kickte sie hinunter auf Bennard. Leider wurde er die ganze Zeit verfehlt. Sein Auge war blutig rot. Als ich fast oben war, spürte ich, wie seine Kralle meinen Schwanz durchbohrte. Trotz Schmerz hob ich mich hoch. Seine Kralle schnitt meinen Schwanz entlang hinunter, bis er das Ende erreicht hat und abschliff. Er rutschte ab, doch in letzter Sekunde krallte er sich an einem Stückchen Stein fest, das hervorragte. Na los, komm schon. Ich spürte wie mir ganz heiß wurde. Als ich auf die andere Seite schaute sah ich ein tiefes Loch und darin glühte rote, heiße Lava. Mein Herz klopfte schneller als das einer Maus, die vor einer Katze wegrannte. Als ich Bennard nirgends sah, fasste ich meinen Mut zusammen.
„Na los, du alter Faulpelz. Wo steckst du denn?“
„Ich bin doch hier.“ Ich erschrak. Er stand genau neben mir. Mit einem Schubs hätte er mich einfach in die Hitze werfen können. Ich versuchte meine Krallen in den steinigen Boden zu graben. Vergebens. Wo soll ich nur einen Halt herbekommen? Er sah meine Angst. Voller Eifer sagte ich:
„Hast du denn keine Angst? Du stehst deiner Schwäche entgegen. Deiner Todesschwäche.“
Bennards Augen wurden rund. Er schaute hinunter und erblickte die brodelnde Lava. Dann fasste er sich zusammen und holte seine Krallen raus.
„Ich muss dich eliminieren! Du weißt die Schwächen der vier mächtigen Löwen, woher?! Niemand weiß sie. Wir leben schon seit einem Jahrzehnt hier und niemand wusste je davon. Na, sag schon. Oder ich schubse dich da runter.“
Bennard hob eine Pfote und zeigte in die Lava. Da sah ich meinen Moment. Ich rührte mich von der Stelle und sprang auf ihn drauf. Er sah seinen Fehler viel zu spät und fiel mit mir sie Schlucht entlang. Ich hatte um mein Leben Angst. Es wurde immer heißer und die Lava kam immer näher. Bennard rührte sich nicht, während ich in der Luft rumzappelte, wie ein Fisch, der an Land gezogen wurde. Ich schaute panisch nach unten und erblickte meine Chance. Ich schwang mich in der Luft dicht an die steinige Wand. Dann holte ich meine Kallen raus und lehnte sie an die Wand. Ich spürte einen Schmerz, aber es klappte. Ich wurde abgebremst. Ich wurde immer langsamer. Voller schmerzen musste ich zusehen, wie drei meiner Krallen abbrachen und blutig in der Lava unter mir verbrannten. Ich spürte einen Lufthauch und drehte mich um. Bennard hat haarscharf an mir vorbeigegriffen, nun hörte ich schreie, die ich niemals in meinem Leben wieder hören möchte. Sie waren so schmerzerfüllt und leidend. Als es anfing zu stinken, wollte ich nur noch hier raus. Mir war heiß und der Gestank machte es noch schlimmer. Nun hing ich da. Klettern, unmöglich. Mein Ende ist da. Naja, wenigstens habe ich Marcell gesagt, dass ich ihn liebe. Wobei er das schon weiß. Ich hing da schon gut eine halbe Stunde. Mein Kopf tat weh, ich brauchte frische Luft. Ich brüllte mit letzter Kraft. Dann hörte ich meinen Namen. Ich hielt mich noch eine lange Zeit fest, dann verschwamm alles und ich ließ los. Ja, mein Leben war kurz, aber dafür weiß Marcell, dass ich ihn liebe. Plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz im Rücken. Ich dachte dass das die Lava war, aber als ich meine Augen aufmachte, sah ich jemanden. Da ich sehr schlecht sah, sagte ich nichts und ließ mich wieder hängen. Mir war so heiß. Und alles wurde schwarz. Ein schwarzer Hintergrund bildete sich wieder. Weiße Worte kamen hervor.
Katy, du schaffst das! Du bist in guten Händen. Marcell ist ein starker Löwe. Nur noch zwei Katy, dann kannst du zurück! Ich öffnete die Augen und merkte, dass ich auf dem Rücken lag. Marcell saß vor mir und fächerte mir mit einem Stückchen Rinde Luft zu. Ich versuchte zu lächeln.
„Marcell, wie?“ Mehr brachte ich nicht hinaus.
„Katy, ich weiß es auch nicht. Als ich dich da unten hängen sah, bekam ich Kraft und Mut. Ich Sprang hinunter und hielt mich an einer dort hängenden Wurzel fest. Zum Glück klebte die Wurzel bis nach unten fest. Also konnte ich mich gut an ihr festhalten. Dann musste ich dir in den Rücken beißen, um dich aufzufangen. Und nun, meine liebe Katy, liegst du da.“ Ich konnte nur ein müdes Lächeln dalassen, dann schlief ich ein. Ich spürte Marcells Tatze auf meinem Bauch. Er streichelte ihn sanft und in kreisenden Bewegungen. Ich schlief wohlig ein und vergaß dank ihm die Schmerzen. Als ich aufwachte, war es draußen dunkel. Marcell lag neben mir, seine Tatze immer noch auf meinem Bauch ruhend. Meine Kräfte waren immer noch verschollen. Als ich meine Tatze hochhob, zitterte diese.
„Marce…“ Ich entschied mich, ihn schlafen zu lassen. Ich erinnerte mich was er gesagt hatte und realisierte es. Er hatte sich fast umgebracht um mich zu retten.
Marcell aber wachte auf. Ich bekam ein schlechtes Gewissen.
„Katy, wie geht es dir?“ Ich lachte ihn an. Dann hob ich mit letzter Kraft meine Pfote und strich ihm über die Stirn. Ich konnte die Frage nicht vermeiden.
„Marcell, bitte bringe mich zum Fluss, wo ich Rimbten erledigt habe.“ Marcell stand sofort auf und hob mich hoch auf seinen Rücken. Ich fragte mich, woher er die ganze Kraft nahm. Dann marschierte er zum Fluss. Als wir ankamen, schmiss er mich hinein. Als ich unter Wasser war, musste ich an die schaurigen Bilder denken. Ich tauchte wieder hoch und mir ging es wundervoll. Ich spritze Marcell nass und stieg aus dem Wasser. Doch dann machte ich ein fragendes Gesicht.
„Du, Marcell. Wo ist denn der übrig gebliebene Rest von den Löwen?“ Marcell grinste.
„Ozirlo hatte ich schon während der Verfolgungsjagt erledigt. Ich erinnerte mich nämlich daran, was für Schwächen du mir genannt hast. Und Ozirlos konnte ich mir gut einprägen. Komischerweise war die Stelle schnell gefunden, sein Herz.“ Ich machte ein erschütterndes Gesicht.
„Du hast sein Herz durchstochen? Marcell schüttelte schnell den Kopf.
„Aber nicht doch! Ich wundere mich selber, dass es so schnell ging. Als du mir gesagt hattest, dass ich umkehren soll und die anderen ablenken soll, hab ich es getan. Als Idiotensichere Ablenkung, hatte ich mir überlegt, ich hau Ozirlo eine über, damit er sich ablegt und auf dem Boden liegt, dann wollte ich mir Grazko vornehmen. Ich berührte als schwacher Anfänger nur zart sein Herz! Aber als ich ein lautes und schnelles Luftschnappen hörte, drehte ich mich um und sah einen Löwenähnlichen Geist, der in sich verschwamm und sich zerfraß. Als Grazko das sah, suchte er das weite. Ich wollte schon hinterher, doch dann sah ich dich den Vulkan hochklettern. Mensch Katy, es hätte so schlimm enden können!“ Ich sah Marcell liebevoll an. Ich stieg aus dem Wasser und tapste langsam auf ihn zu. Mit einem liebevollen blick grinste er zu mir. Seine Sorgen waren wie weg. Ich nahm ihn mit meinen Pfoten in den Arm und schmiegte mich fest an ihn. Es war nun so lange her, dass wir uns mal umarmt hatten. Doch Sorgenlos waren wir nicht. Die Umarmung erinnerte mich an die Angst, als die Hexe uns verzaubert hat. Dann bekam ich einen Geistesblitz. Ich löste die Umarmung prompt auf. Er sah mich voller Sorgen an.
„Hab ich dir weh…“
„…Nein.“, unterbrach ich ihn.
„Marcell! Erinnerst du dich noch an etwas, als wir in dem engen Raum mit der Hexe waren? Ich erinnere mich an einen Reim. Ich weiß aber nicht mehr was sie sagte. Vielleicht ist das unsere Rettung?“ Seine Augen wuchsen bis sie rund und groß waren. Doch dann verengte er sie wieder.
„Nein, ich weiß es leider auch nicht mehr. Aber dass sie etwas sagte, ja jetzt kann ich mich erinnern. Nur leider nicht mehr an die genauen Worte. Ach ich Dummkopf!“
Marcell klatschte sich mit der Tatze gegen sein Gesicht. Dabei Kratzte er sich übel ins Auge. Er hat wohl vergessen, dass er nicht mehr seine zärtlichen Hände hatte. Ohne große Worte stumpfte ich ihn in das Wasser. Nach gut einer Minute kam er erst hinaus. Ich bekam schon Angst. Er hatte seine Augen geschlossen, doch dann schüttelte er seinen Kopf und öffnete er sie. Er stieg ebenso elegant wie ich aus dem Wasser und spritze mich nass. Er sah in meine Augen und lachte kurz auf.
„Katy, wir werden es schon irgendwie schaffen. Ich glaube an dich und an mich. Und ich hoffe, dass es bald wird. Ich möchte nämlich dein wunderschönes Gesicht sehen. Mir fehlt dein Grinsen mit dem kleinen Grüppchen auf der linken Seite.“
Oh mein Gott, er wusste wo meine hässliche Grüppchendelle war. Und er mochte sie. Ich schüttelte aber doch den Kopf.
„Das ist lieb von dir. Und ich vermisse auch so einiges an dir. Wenn ich ehrlich bin alles, doch Grazko läuft noch frei rum, und ich denke, wir sollten ihn auch erledigen. Zumal, dass meine Gedanken mir die Schwächen gesagt hatten und dass es einen positiven Sinn gibt. Was haben eigentlich die anderen zwei für gute Sachen für die anderen Tiere als Gegenleistung gegeben? Noch ein Heil Ort wäre doch unnötig?“
Marcell machte ein nachdenkliches Gesicht.
„Komm, wir schauen nach. Was hat Grazko nochmal für eine Schwäche?“
Ohne auf meine Antwort zu warten ging Marcell schon los. Ich lief ihm hinterher.
„Ich glaube es hat etwas mit seinen Gefühlen zu tuen. Was, weiß ich nicht. Er ist glaub ich der schwierigste, sprich der Stärkste von den Schwächen?“
Marcell nickte mir zu. Dann machte er sich auf den Weg zu Ozirlo. Ich lief ihm wortlos hinterher. Will er nicht neben mir laufen? Falls Grazko aus dem Nichts herauskommt und mich von der Seite angreift? Naja, ich glaube er ist zu neugierig, das will ich ihm nicht verderben. Als Marcell stehen blieb, schaute er mit zusammengekniffenen Augen auf den sandigen Boden. Es war schon ziemlich dunkel.
„Ich bin mir nicht sicher, ob das hier war. Aber ich denke schon. Ich sehen von hier nämlich den Vulkan und da, an dem Stein bist du ausgerutscht.“ Ich war erstaunt, wie gut Marcell auf mich achtet. Ich sah mich auch um, doch ich sah nichts. Als ich einige Meter lief, trat ich ausversehentlich auf etwas Weiches und gemütliches. Dieses Gefühl war mir jedoch schon bekannt. Ich hob meine Pfote und sah runter. Mit einem humorvollem lachen rief ich Marcell zu mir. Dieser kam zu mir angerannt. Als ich auf das, in der Nacht fast Schwarze, Gras zeigte, grinste er ebenfalls.
„Diesmal sind nur die Grasfresser betroffen. Das hast du toll gemacht Marcell. Ich hoffe nur, dass der Platz auch nicht zu weit weg von Wasser oder so ist. Hoffentlich wird es entdeckt. Glaubst du, es kann verfaulen?“
„Nein, ich denke nicht. Katy, mach dir mal keine Sorgen, die haben genug von allem, mach dir Sorgen um dich. Wir müssen schnellstmöglich etwas unternehmen.“
Dabei sah er intensiv auf meine Lippen. Ich hatte so ein Gefühl, dass im letzten Satz von ihm ums Küssen ging. Langsam wurde es mir unangenehm. Ich drehte den Kopf weg und schaute auf den Vulkan.
„Komm, wir schauen mal bei Bennerd vorbei.“
Mit einem lauten Ausatmen ging er mir nach. Diesmal war ich vorne und bestimmte den Weg. Als wir vor ihm standen, fragte ich mich, wie Marcell mich bloß hier runtertragen konnte. Als er mich von hinten schubste, ließ ich meine Frage weg und fing an hinaufzuklettern. Marcell war dicht hinter mir. Ich trat manchmal ausversehentlich auf lockere Steine und schleuderte sie nach unten. Ich musste vorsichtiger sein, ich möchte nicht, dass Marcell wie bei Bennards Fall verletzt wird. Als wir oben waren, sah ich tief in das Loch hinein. Doch ich sah nur schwarz. Als endlich Marcell ankam, lief er geradeaus in das Loch hinein. Voller Schreck zog ich in am Schwanz zurück.
„Aua! Katy! Was soll denn das?!“
„Sag mal, geht es dir noch gut? Wieso läufst du in ein Metertiefes Loch hinein?“
Marcell ließ sich auf den Boden knallen. Er lachte lauter denn je. Mit einem „pst“ Geräusch wurde er immer leiser und hörte auf. Er stand auf und sah mich an.
„Katy, sag mal. Brauchst du eine Brille? Das Loch, das du da angeblich siehst, existiert nicht. Also nicht mehr. Sieht du das denn nicht?“
Zur Vorführung sprang er in die Mitte des Vulkanes. Voller Schreck ließ ich ein Piepsen aus mir heraus. Marcell aber lachte wieder. Jetzt sah ich es auch. Vorsichtig tapste ich mich zu ihm. Ich fiel nicht herunter. Als er immer noch lachte, wurde ich allmählich sauer.
„Also langsam machst du dich da echt zum Affen! Ich weiß echt nicht was so witzig daran ist. Du hast jetzt deinen Spaß gehabt, aber langsam reicht es auch! Ich wäre hier fast gestorben! Ich habe fast eine Stunde in Gestank verbracht und es war tierisch heiß!“
Ich bemerkte nicht, dass ich schon mitten im Satz zu weinen anfing. Ich spürte es erst, als ich Marcells leidendes Gesicht sah. Sein Gesicht war nun erst, kein Stückchen Freude spiegelte ich mehr darin. Er kam zu mir und legte seinen Kopf auf meinen.
„Es tut mir Leid.“
Das waren seine Worte. Und dann herrschte Totenstille. Ich legte mich hin, Marcell auch. Sein Kopf wanderte in Richtung Bauch, auf den er sich dann legte und mich beobachtete. Ich legte den Kopf auf seine Pfoten und schloss die Augen. Eine Träne schaffte es trotz Unterdrückung rauszulaufen, aber dann wurde es wieder schwarz. Weiße Worte erschienen. Diesmal kamen sie sehr langsam, so dass ich sie erst lesen konnte, als sie in voller Größe vor mir standen. Es kamen nacheinander diese Wort:
Katy. Du bist eine starke Frau. Du hilfst den Tieren, indem du die Mächtigen tötest. Grazko ist der letzte deiner Liste. Wenn das geschafft ist, wirst du wieder zurückkehren. Erinnerst du dich an den Reim? Hier ist er: “
Ihr werdet gleich sein fort,
um zu begehen einen schrecklichen Mord.
Alle viere sollt ihr verleichen,
dann kommt das große Zeichen.
Wenn ihr schafft, was ihr sollt,
dann ihr auch bekommt, was ihr wollt.
Dann werdet ihr wieder hier stehen
Und die Welt mit Menschenaugen sehen.“
Ich wachte auf.
„Nein!“
rief ich. Ich musste mir die Worte merken und in so was bin ich nicht gut! Marcell öffnete mit einem verpennten Gesicht die Augen. Er leckte sich die Nase.
„Was ist denn los?“
„Marcell, ich habe eben wieder die schwarzen Worte vor mir. Ich kenne den Reim aber nicht mehr so gut. Dich an den Inhalt erinnere ich mich, das ist doch das wichtigste?“ Marcell nickte nur.
„jaja, alles super. Lass mich etwas schlafen.“ Mit einem grummelt legte er den Kopf wieder hin.
„Pff“ Machte ich nur. Ich stand auf und kletterte mit einem letzten Blick auf Marcell den Berg hinunter. Wenn er alleine sein möchte, muss er das nur sagen. Ich hielt Ausschau nach Beute. Ich hatte einen riesen Hunger. Seit Stunden hatte ich nichts mehr im Bauch. Als ich zu einem Fluss ging, um mir einen Fisch zu fangen und etwas zu trinken, bekam ich einen Schrecken. Ich sah, wie Cheys mir gegenüber stand. Mit einem Fauchen machte ich Rückzug. Dieser ließ sich nicht beeindrucken. Er kam zu mir näher.
„Lass mich in Ruhe! Wenn du mir einen Schritt näher kommst, hacke ich dir den Kopf ab!“
Er grinste aber nur.
„Hey Katy. Wie geht es dir?“ Ich blieb stehen und machte ein fragendes Gesicht. Seine Frage hörte sich kein Stück nach Ironie an, oder gefährlich. Vorsichtig lief ich an ihm vorbei, zu dem Fluss an den ich vorhatte zu gehen. Er lief mir nach. Gott, was will er denn von mir? Mein Herz klopfte ziemlich laut. Kann ja sein, dass er mich noch angreift.
„Katy, es tut mir Leid, was ich deinem Partner angetan habe und dass ich dir Angst eingejagt habe! Jetzt wo ihr zwei drei von den vieren besiegt habt, sind alle frei und wir möchten euch danken. Danke! Vielen Dank! Wir können uns nun auch miteinander anfreunden und vielleicht zusammen versuchen ein Paar zu bilden, so wie es bei euch Zweien läuft. Und ich wurde geschickt um euch zu suchen. Endlich hab ich dich gefunden. Wir alle möchten euch mitteilen, dass ihr nun unsere neuen Könige seid!“ Ich schüttelte bloß den Kopf.
„Cheys. Das ist ja alles schön und gut. Aber Könige, nein danke. Ich möchte, dass ihr frei seid. Ihr braucht keinen, der euch rumkommandiert, hört auf euer Herz, tut was euch euer Gefühl sagt und seit frei. Ich nehme euer Dankeschön gerne an, doch Grazko ist immer noch auf freien Füßen. Ich und Marcell müssen erst ihn besiegen. Ist euch klar, dass es nun keine Vulkanausbrüche mehr geben wird und die Grasfresser nun saftiges Gras haben?“
Cheys nickte.
„Ja, das ist die Belohnung dafür, dass diese Schlechten Tiere aus der Welt geschaffen wurden. Ich bin nun eines der wichtigen Männchen um Rudel. Ich sorge für das Rudel und Kämpfe für es. Und das Alphatier hat entschieden, dass wir mit euch in den Kampf ziehen. Grazko ist sehr schlau und stark.“
Ich überlegte. Eigentlich wollen ja alle dass Grazko umgebracht wird, aber andererseits können dabei auch andere draufgehen. Dann erinnerte ich mich daran, was Reila mir sagte. Ich wusste nicht, ob Cheys es wusste, deshalb fing ich langsam an.
„Chey, weißt du das mit Reila?“
„Dass sie ein Juunges bekommt?“
„Nein, das andere“
„Meinst du, dass mit Grazko? Unser ganzes Rudel weiß es. Wir sind da ja unter uns, aber dass sie dir das anvertraut hat, lässt mich wundern. So schnell hat sie sich noch niemandem anvertraut. Sie hat dich sehr gerne. Um ehrlich zu sein ich auch.“
Er machte ein verlegenes und dann ganz überraschtes Gesicht. Das letzte muss ihm wohl rausgerutscht sein. Ich ging nicht mal auf das Thema zu.
„Und vielleicht kann Reila ja noch irgendein dunkles Geheimnis Preisgeben? Oder sonst noch was, womit wir Grazko erledigen können. Warum hat Grazko sie nicht mehr lieb?“
Cheys zuckte nur mit den Schultern. Er sah konzentriert aus. Sein Blick machte mir schon ein wenig Angst. Auf einmal kam eine blitzschnelle Bewegung aus dem Nichts und ließ Cheys zu Boden knallen. Mit einem lauten Brüllen erkannte ich Marcell, der auf Cheys lag und sein Gesicht fest gegen den Boden drückte. Respekt. Obwohl Marcell das letzte Mal wusste, dass er ihn nicht besiegen konnte und weglief stellte er sich jetzt, nur weil er dachte, dass Cheys eine Bedrohung für mich ist. Als ich nun Schmerzensschreie von Cheys hörte, griff ich ein.
„Marcell, du Dummkopf! Geh von ihm runter!“
Es klang ein wenig grob, dass wollte ich eigentlich nicht. Marcell tat, was ich ihm sagte. Mit einem verwirrten Gesicht stellte er sich zwischen uns.
„Sag mal, habt ihr was laufen?“ Entsetzt gab ich ihm eine mit meiner Pranke gegen die Seite. Cheys fügte dann ein wenig lachend hinzu:
„Nein, dicker. Haben wir nicht. Ich hab mich gerade mit deiner Freundin unterhalten, wie dankbar wir euch sind. Das mit dem Kampf tut mir leid, naja schwer verletz wurdest du ja nicht. Du bist ja wie ein ängstliches Häschen weggerannt.“ Der letzte Satz war sehr lachhaft gesagt. Und freundlich. Doch Marcell passte das gar nicht.
„Wer bin ich? Dein Dicker? Ich hab schon seit Tagen nichts gegessen! Und ja bitte und ich bin nur weggerannt, weil Katy sagte ich soll es tun! Komm Katy wir gehen.“
Hä, gesagt habe ich ihm zwar nichts von wegrennen, aber egal. Entscheidend war jetzt, dass ich nicht mit ihm ginge. Wir brauchten die Hilfe vom ganzen Rudel ernsthaft, außerdem muss ich unbedingt Reila sprechen. Als ich stehen blieb, grummelte Marcell etwas vor sich hin.
„Na gut, dann geh doch wohin du willst!“
So wütend sah ich ihn noch nie, vor allem nicht, dass er auf mich wütend war.
„Marcell, halt! Chey bietet uns die Hilfe von seinem Rudel an. Bitte bleib, wir brauchen dich auch Schatz.“
Mir wurde ganz weich. Das war das erste Mal, dass ich Marcell als „Schatz“ bezeichnete. Und das tat gut. Ich sah zu Marcell und hatte das Gefühl, ihm war genauso. Cheys machte nur ein angewidertes Gesicht. Marcell kam langsam zu mir getapst und wollte mich gerade in den Arm nehmen, als Cheys uns schnell uns Wort fiel.
„Okay Leute, ich würde vorschlagen das Gekuschele zu verlegen und uns auf dem Weg zum Rudel zu machen. Sie warten schon seit meinem Losgehen auf mich.“
Ich und Marcell nickten synchron. Dann übernahm Cheys die Führung und wir liefen ihm hinterher. Mein Magen knurrte laut. Mist, ich wollte mir doch einen Fisch fangen. Beide taten so, als würden sie es nicht hören. Was für Kavaliere!
„Wir danken euch übrigens nochmals, dass ihr Rimbten zuerst erledigt habt, denn einige von unseren Löwinnen hatten Schmerzen nach der Paarungszeit. Als sie schwimmen gingen, waren alle Wunden wie von Geisterhand verschwunden.“
Wir sagten nichts, gingen nur Wortlos weiter. Ich hätte ja nochmal bitte gesagt, aber da mir niemand anbot für mich zu jagen, ließ ich es mit beleidigtem Blick. Als ich schon einzelne hellbraune Punkte wahrnehmen konnte meinte Cheys auch schon, dass wir fast da sind. Ich sah als erstes Reila, die besorgt zu mir und Marcell sah. Von ihrem Gesicht vielen alle Sorgen herunter, als ich auf sie zu rannte. Ich blieb vor ihr stehen und lächelte sie an.
„Alles gut gegangen. Schau, ich habe Marcell gerettet. Und er hat mich gerettet.“
Reila schüttelte nur lachen den Kopf. Cheys kam zu uns und trommelte alle Löwen zusammen mit einem lauten Gebrüll. Ich erschrak, so laut war es. Er stellte sich auf einen kleinen Stein, der aus dem Boden rang und wartete sehr ungeduldig auf die Anderen. Als alle den Kopf hoben und zu uns ankamen wurde ich von allen beäugt. Mir wurde es sehr unangenehm. Hätte ich kein Fell auf den Backen, würde ich rot wie eine Tomate werden. Es schien als seien alle da, da fing auch schon Cheys an zu reden:
„Liebe Löwen und Löwinnen. Katy und ihr Partner“, bei diesem Satz grummelte Marcell,
„sind sicher zu uns angekommen. Es sind alle besiegt außer der Letzte. Grazko.“
Dabei schauten alle intensiv auf Reila. Sogar mir wurde das unangenehm.
„Ich habe Katy unser Angebot erzählt und sie hat es angenommen. Wir werden uns eine Taktik überlegen müssen, wie wir ihn fertig machen werden.“
Ein lautes Jubeln entstand. Alle redeten durcheinander. Und mir gefiel das. Es kam mir vor, als hockte ich in meiner Klasse, neben mir Marcell und die laute Klasse um uns herum. Ich musste meine Tränen unterdrücken. Mir war nie klar, wie sehr ich an meinem Leben hang, obwohl ich es hasste. Ja, es ist schön ein Löwe zu sein, aber wenn man vorher ein anderes Leben hatte und sich daran gewöhnt hatte bekommt man Heimweh, das einfach nicht mehr loslassen will. Ich sah Cheys an, der gelassen auf dem Steinchen stand und zu Reila rüber schielte. Ich bemerkte Marcells Blick auf mir nicht und wurde von der Seite an gegrummelt. Marcell war ja richtig eifersüchtig.
„Katy, hör auf ihn die ganze Zeit so anzuschauen! Ich habe keine Lust mehr, ich will einfach nachhause. Von mir aus mach, was du willst. Ich habe keine Lust mehr auf dich!“ Marcell machte sich vom Acker. Ich sah ihm nur zu. Ich war selber wütend auf ihn. Wie kann man nur so eifersüchtig sein? Ich konnte es nicht fassen. Darf ich denn nicht mal jemanden anschauen? Marcell drehte sich noch einmal um und ich sah sein erschrecktes Gesicht, als ich nicht mitkam. Nein, das lasse ich mir nicht gefallen. Bitte, wenn du nicht wieder zurückwillst, dann geh. Ich schaute erneut zu Cheys, der zu mir herunter kam. Er stellte sich mir gegenüber:
„Was ist denn los? Ich dachte wir planen jetzt unsere Angriffstaktiken? Und verschärfen sie, falls nötig.“ Ich zuckte nur mit den Schultern.
„Katy! Das ist wichtig. Vor allem dass du und er gegen Grazko antretet. Ihr habt die anderen besiegt, also schafft ihr es auch bei ihm. Wir haben es versucht. Zig Mal, bis wir uns so auf die Regeln konzentriert haben, dass wir auf jedes Wort gehört haben, was sie sagten. Bitte hol ihn zurück.“ Trotzig und mit einem schlaffen „na gut“ ging ich los. Ich verfolgte Marcells Fußspuren auf dem Sand. Sie liefen an einen noch unbekannten Ort. Ich wunderte mich und bekam gleichzeitig Angst. Wo ist er bloß hin? Marcell, es tut mir so leid. Dann kam ich an einen großen Felsvorsprung an. Mein Herz blieb stehen, als die Fußspuren genau da endeten. Erschrocken blickte ich in die nicht endende Tiefe. Nein, nein, nein, nein, nein! Marcell ist doch nicht… Das darf nicht… Wo ist er bloß! Eine große Erleichterung tauchte auf als ich seine Schwanzspitze unter mir entdeckte. Aha, unter dem Stein! Ich schlich mich leise zu ihm und hörte ein Schluchzen. Ich setzte mich neben ihn. Er sah mich voller Schreck an und drehte sich von mir weg.
„Geh weg!“
Jetzt verstand ich. Er wollte nicht dass ich sehe, wie er weinte. Verbittert sah ich noch eine Weile zu und legte dann meine Pfote um seinen Hals.
„Marcell. Bitte hör auf. Ich meine eifersüchtig sein ist okay, aber bitte nicht, wenn ich jemanden anschaue. Ma…“
„…Ich bin nicht eifersüchtig!“ Er schubste meine Hand gegen den Fels, genau in die Ecke, die spitz hervorragte. Mein Fleisch bohrte sich hinein. Ein stechen entstand und ich krampfte mich zusammen. Ich musste einen leisen Schmerzensschrei rauslassen. Marcell drehte sich um und sah, was er angerichtet hatte. Nun war ich richtig sauer. Wenn er sich nicht trösten lassen will, will ich es auch nicht.
„Katy, das blutet ja. Ich wusste ja gar nicht…“
„…Lass nur. Ich bin fertig mit dir.“ Ich schubste vorsichtig seine Pfote von meiner und stand auf. Ich humpelte extra stärker, als es schmerzte. Ich ging zum Rudel zurück. Als ich dort ankam, kam Cheys angerannt.
„Wo ist er denn? Und oh mein Gott, was ist denn mit deiner Pfote passiert? Das Blut fließt ja in Strömen.“
Mir wurde wohl. Cheys kümmerte sich richtig gut um mich.
„Marcell ist sauer auf mich und dann hat er versehentlich meine Pfote gegen einen spitzen Felsvorsprung geschubst. Ansonsten geht’s mir gut. Bin nur innerlich am Ende und würde gerne schlafen.“
Cheys nickte mir zu.
„Geh und leg dich zu Reila. Sie ist auch gerade schlafen gegangen. Wir haben uns richtig gut unterhalten. Vielleicht kannst du ja rausfinden, ob sie mich, naja, mag. Ehm ich schlage vor ich rede nochmal mit Marcell.“
Bevor ich losging, musste ich Cheys warnen:
„Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Er hasst dich. Erstens, du hast ihn besiegt und zweitens ist er eifersüchtig. Er ist weggelaufen, weil ich dich angesehen habe.“
Cheys nickte mir erneut zu.
„Ich geh trotzdem, den Pfoten abdrücken nach, ja?“
Ich nickte. Und als er einige Meter losgegangen war rief ich ihm hinterher:
„Ich werde mal schauen, was ich rausfinde.“
Er lachte mir zu. Hoffentlich geht alles gut. Langsam machte ich mich auf den Weg, aber bevor ich das machte, leckte ich mir das Blut ab. Schmeckt irgendwie gut. Dann suchte ich Reila und fand sie schnell. Ich lächelte ihr zu und legte mich zu ihr.
„Na, wie geht es dir und Marcell. Alles okay?“
Ich wich vom Thema ab.
„Jaja. Weißt du wann dein Junges auf die Welt kommt?“
„Ich weiß es nicht genau. Denke es wird noch drei bis vier Wochen Zeit bleiben. Ach ich freu mich schon auf das Kleine.“
„Hast du auch vor einen Vater zu finden? Der ihm beibringt zu Kämpfen und so Zeugs?“ Reila sah mich ein wenig amüsant an.
„Wieso?“
„Hm, ich stell die Frage mal anders. Magst du hier jemanden?“
„Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt jemanden sagen soll, aber ich mag dich. Ja.“
Na dann ist gut. Hoffen wir, dass es Cheys ist.
„Darf ich auch erfahren wer?“ Reila sah mich mit einem großen Grinsen an.
„Ich mag Cheys. Er ist so großherzig und so nett. Er hat sich so verändert, nachdem ihr diese mächtigen Wesen getötet habt. Wir alle haben uns verändert.“ Ich lachte auf. Bald gibt es ein neues Paar, juhe!
„Reila, Cheys mag dich auch.“
Als ich das sagte, schaute ich ihr direkt in die Augen. Sie wurden noch eisblauer und strahlten trotzdem warmes Licht aus. Sie bogen sich lieblich an unten, weil ihre borstigen Wangen nach oben rutschten um ein Lächeln zu zeichnen. Ich könnte glatt mitlachen, wenn nicht gerade ein Käfer direkt in meine Wunde gefallen wäre und dort rumzappelte wie wild. Mit zusammengekniffenen Augen brachte ich ein Knurren aus mir heraus. Ich versuchte so leise wie möglich zu sein, damit ich Reila die Freude nicht verdarb. Mit meiner Zunge fischte ich den Käfer heraus und würgte ihn gleich wieder vor mir raus. Pfui! Mein erster und letzter Käfer.
„Wie soll ich es ihm sagen?“ Ich schaute irritiert zu Reila. Dann bekam ich wieder alles mit. Dieser Stinkkäfer hatte mich ziemlich vom Weg abgebracht. Hat auf jeden Fall einen Drogenähnlichen Effekt. Ich musste kichern.
„Naja, wenn ich Cheys sehe, kann ich ihn herrufen und ich sag es ihm. Denn wenn du ihn magst und er dich glaub ich nicht, dass es Probleme gibt. Aber im Moment muss ich meine Augen schließen ich bin so müde. Ich legte meinen Kopf neben meine verletzte Tatze und schloss die Augen. Ich fing an mich zu entspannen. Plötzlich ertönte ein Knurren. In Gedanken stöhnte ich.
„Soll ich für dich jagen gehen?“
„Das ist peinlich, aber ich habe Hunger und Angst, mein Junges verhungert. Bitte.“
Ich hob mich hoch und knickste um. Ich landete mit meiner Schnauze in den Sand. Mit einem Niesen schaffte ich mich wieder hoch.
„Tja Reila, das könnte jetzt dauern. Ich bin verletzt.“ Reila nickte mir nur zu. Hm, ganz nett ist sie wohl nicht mehr, dachte ich mir nur. Ich lief ein Stücken um mich für eine Richtung zu entscheiden und witterte eine Gnu Herde. Mit geneigtem Kopf führte mich meine Nase nicht allzu weit. Die Herde traut sich aber nah an unser Rudel ran. Ich machte mich gerade zum Sprung bereit, als mich von hinten eine Tatze am Rücken zurückzog und mir die Schnauze gegen meine presste. Ich schloss die Augen und genoss es, denn ich sah und spürte, dass es Marcell war. Das war wieder ein Moment, den ich so an ihm liebte. Der Moment, nicht eifersüchtig zu sein, nicht Vorlaut zu sein, nicht befehle zu erteilen. Das war der Marcell, der mir einst Handschuhe gab, als meine Finger fast abgefroren sind, der an meinem Bett im Krankenhaus drei Stunden saß um zu sehen, ob es mir gut ging. Das war und ist mein Marcell. Als sich unsere Schnauzen entfernten öffnete ich meine Augen und ein Lächeln umgab mein Gesicht. Marcell hatte ungefähr dieselbe Miene.
„Katy, es tut mir leid. Ich liebe dich und Cheys hat mir das klar gemacht. Wir gehen jetzt hin, besiegen Grazko und dann schließe ich dich in meine Menschenarme. Denn desto länger wir warten und uns einen Plan überlegen, desto weiter kann Grazko sein. Vielleicht ist er schon Meilen gerannt und wir müssen erst mal rausfinden, welche Richtung er genommen hat.“
Als ich gerade etwas sagen wollte, kam eine dritte Stimme hinzu.
„Ach gottchen. Wieso sollte Grazko denn wegrennen vor solchen weichen Wesen? Er ist wohl der mächtigste und stärkste von den vieren und besiegt euch mit Links.“
Geschockt drehte ich mich um und erblickte ihn. Grazko stand da. Seine Brust rausgepresst und sein Bauch eingezogen. Seine Augen wurden Dreieckig von den heruntergezogenen Brauen und seine Vordere Pfote mutig nachvorne gestreckt. Ein Knurren erklang aus Marcells Hals. Er stellte sich Angriffsbereit hin. Bevor ich ihn zurückhalten konnte, sprang er los. Ja, desto schneller wir den letzten besiegen, desto schneller kann er mich in den Arm schließen, doch wie soll das gehen, wenn Grazko ihn umbringt? Mit einem aufgerissenen Mund näherte sich Marcell Grazko zum Hals. Ich wollte schon jubeln, doch mit einem gewaltigen Pfoten schlag von oben wurde er zu Boden geschubst. Er krampfte sich zusammen und kräuselte seinen Schwanz. Grazko wollte ihm den letzten Schlag verpassen. Ich rannte los und knickte mit meiner dummen Pfote um. Ich landete auf dem Boden und dachte es wäre vorbei mit ihm. Ich öffnete die Augen und sah erst mal den Knochen, der aus der erst harmlosen Wunde rausragte. Dann blickte ich zu Marcell, der immer noch zusammengekauert auf dem Boden lag. Grazko war auch nirgends zu sehen. Dann raschelte es hinter mir. Cheys kämpfte mit ihm. Er hat Marcell das Leben gerettet. Reila stand plötzlich neben mir und ich sah eine Träne in ihrem Gesicht. Ihr Vater kämpfte mit ihrem Freund.
„Katy, ich hab es ihm gesagt und er hat es erwidert, dann hörten wir einen Knall und rannten sofort los. Nun muss ich um sein Leben fürchten.“
Das was sie sagte gab mir Schuldgefühle. Ich müsste jetzt statt Cheys Schläge zurückstecken und selber welche erteilen. Also rannte ich los und gab ihm einen Krallenhieb auf den Rücken. Meine Pfote rutschte bis zum Oberschenkel nach unten. Ein Gebrüll Endstand. Cheys nutzte die Chance und ritzte seine Kralle in den Hals. Grazko kippte nach hinten und ich wich seinem gewaltigen Körper aus. Er knallte zu Boden. Reila kam angerannt und umarmte Cheys. Ich wollte begab mich schnell zu Marcell um ihm zu sagen, dass alles wieder gut wird, doch dann erschallte ein schrecklicher Schrei. Erschrocken drehte ich mich um und sah, das Grazko Reila an der Hinterpfote festhielt.
„Komm einen Millimeter näher und ich mache deiner Schwangeren Freundin ihr Junges.“ Cheys sah ihn hasserfüllt an.
„Es ist nicht nur meine Freundin, sondern auch deine Tochter. Vergiss das nicht.“
Grazko sah von hinten gesund aus. Als ich mich langsam nach vorne bewegte, drehte er sich um.
„Das gleiche gilt für dich!“
Ich schnitt eine angewiderte Grimasse. Sein Hals war blutverschmiert und es tropfte Literweise Blut auf den Sandigen Boden. Ich setzte mich hin.
„Lass Reila los. Sie hat damit nichts am Hut. Wieso verabscheust du sie so?“ Eine stille herrschte. Mir wurde meine Frage peinlich. Dann fing Grazko überraschenderweise an zu reden.
„Sie sieht genauso aus wie ihre Mutter. Und sie verabscheue ich. Reila hat denselben liebevollen Charakter wie ihre Mutter und das mochte ich nie an ihr. Und jetzt, stelle ich euch die Wahl. Entweder darf ich Katy und Marcell töten oder ich nehme dir das Kind.“
Es wurde still. Jeder schaute sich erschrocken an. Ich schloss die Augen und schüttelte geistesabwesend den Kopf. Ich setzte mein Gehirn in betrieb. Wenn ich ihn jetzt angreife, dann hat er vielleicht keine schnelle Reaktion und ich mache ihn fertig, bevor er seine Pfote zum Bauch schwenkt. Aber wenn er es schafft hab ich mich alleine für mich und Marcell entschieden. Wenn es klappt jubeln mir alle zu, wenn nicht hassen sie mich und haben ein Kind verloren. Andererseits kann Cheys und Reila dann ein gemeinsames Zeugen. Ich beschloss es zu tun. Von der sitzenden Position wechselte ich in die stehende. Reila legte die Ohren nach unten und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie wusste anscheinend was ich vorhatte. Ich konnte ihr nicht ins Gesicht schauen, die schmerzen waren zu groß. Sie liebte ihr Junges jetzt schon, aber ich will zurück in die Menschenwelt. Mir fingen an die Tränen zu kullern. Ich sah Marcell an, der es geschafft hat sich umzudrehen und uns zuzuschauen. Mehr konnte er auch nicht machen. Ich schluchzte auf. Ich wollte es nochmal auf die weiche Tour versuchen.
„Grazko, ijick…“
Ich konnte nicht reden, ich musste mich zusammenreißen. Immer wenn ich weine, kann ich keine normalen Sätze bilden.
„…es ist doch deine Tochter. Und egal ob sie wie deine, deine keine Ahnung ähnlich ist, ist sie immer noch nicht sie. Sie kann nichts dafür, dass sie deinen Vorlieben nicht recht ist, aber es ist deine Tochter. Nun nimm sie doch auf.“
Doch dann dachte ich über meine Worte nach. Wenn sie sich Vertragen, kann ich und Marcell gar nicht zurück, weil wir Grazko nicht töten. Ohne noch ein bisschen nachzudenken stürzte ich mich auf ihn. Mit einem großen Sprung landete ich neben ihm und hielt ihm meine Kralle an den Hals. Ich schnitt zu und er schubste mich in Reilas Richtung. Ich fiel direkt auf sie drauf. Schnell stand ich auf und hatte einen Schock. Reila lag hilflos auf dem Boden und verkrampfte ihr Gesicht. Dann drehte ich mich zu Grazko um. Er war Tod. Seine Kehle war vor lauter Blut kaum zu sehen.
„Reila, geht es dir gut?“
Cheys schubste mich weg. Ich ladete mit einem Knall auf den Rücken. Meine Pfote mit dem herausragenden Knochen knackte auf, weil sie mich auffing. Cheys sah so wütend aus. So wie letztens bei dem Kampf mit Marcell. Er sah ihn genauso hasserfüllt an wie mich jetzt. Ich konnte doch nichts dafür.
„Du bist an allem schuld! Wegen dir liegt Reila am Boden und hat vielleicht kein Junges mehr. Ich werde dich…“
Der Boden rüttelte sich heftig. Ich schlich mich von Cheys weg.
„Ich finde es schade, dass es so enden muss. Ich hab das nicht mit Absicht gemacht und jetzt könnt ihr ein neues Kind zeugen, ein gemeinsames“
Mit diesen Worten schaute ich zu Reila, die mich mit verweinten Augen ansah. Ich konnte ihr nur ein hilfloses lächeln schenken. Dann krabbelte ich schnell weiter zu Marcell, um ihn fest mit meinen Pfoten zu umschließen. Ein grollen erschien. Grazko löste sich auf. Der Himmel wurde blau, Bäume sind gewachsen, Höhlen bildeten sich wo Tiere rausrannten. Gras wuchs überall und Wasser floss durch die gruben. Ich und Marcell wurden hochgenommen und ich sah nun das ganze Rudel. Es bildete sich um Reile herum und ich konnte nur hilflos zusehen. Diese Schuldgefühle werden mich bis ans Ende meines Lebens verfolgen. Marcell sah meinen Schmerz. Er verzehrte sein Gesicht voller Schmerz.
„Katy, das ist nicht deine Schuld.“
Ich drückte mich an Marcell. Es machte „Puff“ und ich und Marcell knallten zu Boden. Ich öffnete die Augen. Was? Warum bin ich immer noch hier? Ich sah in die Umgebung. Das Rudel löste sich von Reila und schlich zu uns. Ich nah Brüllen wahr. Warum verstehe ich sie nicht? Erst dann wurde mir klar, was los war. Marcells Hand umschloss meine, seine Menschliche Hand. Eigentlich sollte ich Angst vor den Bestien um uns haben, aber als sich mein Blick mit Marcells traf wurde mein Herz weich, es machte Riesensprünge. Dieses Gesicht wurde mir so viele Wochen, Monate oder vielleicht sogar Jahre enthalten. Ich wollte unbedingt meinen ersten Kuss erhalten und neigte mich zu Marcell, doch der drehte seinen Kopf weg. Besorgt sah ich ihn an.
„Katy, ich habe das Gefühl dass wir gleich sterben.“
Ich konnte ihn kaum verstehen, da er so leise flüsterte. Die ganzen Löwen beäugten uns und standen in Angriffsposition, nur Reila lag da. Ich hörte ein quicken. Alle drehten sich zu ihr um. Durch eine Lücke erkannte ich ein kleines Welpen junges. Ich musste Lächeln. Sie hat also doch ihr Junges. Ein Gejammer erschien und mich sahen alle erschreckend an. Sie stellten sich alle nach außen, so dass ich zwischen ihnen auf Reila und ihren Säugling blicken konnte. Mich ließ das Gefühl nicht los, dass sie etwas von mir erwarteten. Cheys kam plötzlich zu mir angerannt. Marcell stellte sich abwehrend vor mich. Ich krallte mich an ihn ran. Seine Rache, dachte ich nur. Doch Cheys sah über Marcell zu mir herüber und seine Augen drückten Sorgen aus. Er schwenkte seinen Kopf zu der erschöpften Löwin und lief los. Ich schob Marcell auf die Seite und drückte noch einmal fest seine Hände, dann lief ich hinter Cheys her. Als ich in der Nähe war, erkannte ich das Problem. Die Bauchnabelschnur schnürte dem kleinen den Hals zu. Mir kamen fast die Tränen, als ich den Kampf von dem kleinen sah zwischen Leben und Tod. Reila hob die Pfote und sah mich flehend an. Ein Versuch kann nicht schaden, dachte ich mir. Ich kniete mich nieder und berührte vorsichtig das kleine. Vorsichtig griff ich nach der Schnur und hob sie an. Den Kopf des Kleinen drückte ich leicht runter, um die Schleife darüber wegzuziehen. Als ich die Schnur in der Hand hielt, bekam ich einen Schock, denn das Junge bewegte sich nicht. Doch dann quickte es laut und mein Herz begann wieder zu klopfen. Ein heftiges durcheinander Brüllen begann. Es war ein feierliches brüllen. Als ich aufstand leistete ich mir nochmal einen Blick auf den Welpen. Es ist also ein Weibchen. Dann sah ich direkt zu Marcell, der mit seinem wunderschönen Lächeln auf mich wartete. Ich rannte zu ihm in die Arme. Die Löwen versammelten sich um die Kleine Löwin und redeten wahrscheinlich. Nur einmal würd ich gerne nochmal ein Löwe sein, um zu wissen, welchen Namen sie ihr geben. Marcell streichelte meine Lippen mit seinem Zeigefinger, dabei schaute er mir direkt in die Augen. Plötzlich erschallte ein Knall. Ich sah auf einmal schwarz und Marcell spürte ich auch nicht. Als dieser Prozess schon mindestens eine Minute dauerte, bekam ich Angst. Ich sah nicht mal meine Hände. Dann aber, landete ich mit einem dumpfen Knall auf einem harten Boden. Schmerzhaft rieb ich mich an der Stelle. Suchend sah ich mich nach Marcell um, der neben mir saß und mich anstarrte. Ich rückte zu ihm näher und setze mich auf seinen Schoß. Er lächelte mich an und blickte mich mit seinen zauberhaften, grünen Augen an. Ich konnte nur glücklich zurücklächeln. Dann hielt er mich mit seiner linken Hand am Rücken fest und streichelte mit seiner rechten Hand meine Wange. Ich nahm seine Hand und drückte sie. Seine Hand ging runter bis zu meinem Nacken um dort zu erstarren. Jetzt konzentrierte er sich auf meine Lippen. Sein Mund öffnete sich leicht und er kam näher. Jetzt kommt er, mein erster Kuss. Er sah mich nur noch einmal an und dann schloss er seine Augen und presste zärtlich seine Lippen an meine. Ich schloss ebenfalls die Augen und bekam ein Luftleichtes Gefühl in meinem ganzen Körper. Er bebte und trotzdem fühlte er sich an, als wäre er nicht da. Eine Millionen Käfer krabbeln drinnen herum. Mein Herz ist schon längst verschwunden. Dann lösten wir uns langsam mit einem schmatzenden Geräusch voneinander, mein Herz schlug nun schneller denn je. Der Kuss hatte bestimmt Minutenlang gedauert. Verliebt zu sein ist wunderbar. Und es verstärkte, weil Marcell mich liebevoll ansah und meinen Nacken streichelte. Wir bemerkten erst die Hexe als sie sich räusperte. Erschrocken drückte ich mich an Marcell, der mich ebenfalls fest an sich drückte.
„Nanu, nana. Ihr habt es unglücklicherweise geschafft meinen Zauber zu brechen. Als Strafe darf ich nicht mehr Zaubern. Verdammter Mist! Ihr Kinder sollt hier verschwinden!“
„Wohin denn?“
„Muss man hier denn alles selber machen? Ihr geht nach Hause, in die Schule vielleicht! Es sind zwei Wochen um. Ihr habt euren Urlaub gehabt. Also, good bye.“
Verwirrt stand ich auf. Ich wollte schnellstmöglich aus diesem Raum. Marcells Hand umschloss meine und ich drückte mit der anderen den Tür Knauf nach unten. Dann rannte ich bis nach draußen. Da stand ein Taxi und unsere Lehrerin Frau Hamswill saß drinnen. Voller Freunde umarmte ich Marcell.
„Kommt ihr? Ich begleite euch nachhause.“


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Tag der Veröffentlichung: 21.01.2011

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