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Abenteuer im Gespensterwald

Manfred Basedow

 

 

 

 

 

 

 

 

Es war einmal in einem gruselig anzusehenden Wald, dessen Bäume wuchsen kreuz und quer in die verschiedensten Richtungen. Einige ragten so schief und krumm in den Himmel, dass sie nachts im Mondschein für Geister gelten konnten. Deshalb gaben die Menschen dieser Gegend, diesem finsteren Ort, den Namen Gespensterwald.

 

Dieser Wald lag auch ganz nah an der Steilküste eines geheimnisvollen Meeres, dessen Klippen einige Klafter in die Tiefe führten.

 

Eines Tages liefen zwei Männer dort durch, weil sie einen geeigneten Weg, die Klippen hinunter an den Strand des Meeres suchen wollten.

 

Da dieser Wald riesig groß war, wurde es dunkel, ehe sie die Steilküste erreichten und beschlossen, mitten im Dickicht ihr Nachtlager aufzuschlagen. Beide Männer waren fremd in der Gegend und kannten diese finstere, geheimnisvolle Gegend nicht näher.

 

Sie hießen Christian und Schlotterkarl, wobei der Letztere der ängstlichere war.

 

Der erst Genannte schlug vor: „Schau hier ist ein guter Ort, um an diesem Platz ein Nachtlager aufzuschlagen. Es ist dunkel, wir können erst nach Sonnenaufgang unseren Weg fortsetzen.“

 

„Hier an diesem gruseligen Ort sollen wir übernachten? Nur über meine Leiche!“, murrte sein Freund ängstlich.

 

„Wenn du dich allein traust, in dieser Dunkelheit den Weg zur Steilküste zu finden?“, spottete Christian. „Ist ja schon gut. Ich suche uns Reisig, damit wir uns ein Feuer zum Wärmen machen können.“

 

 

Umgehend entschwand er in der Dunkelheit des Waldes, um Reisig zu suchen. Vorsichtigen Schritts schlich der Angsthase weiter, sammelte da ein Reisig, dort einen trockenen Zweig und trug schon ein ansehnliches Bündel in der Armbeuge. ‚Das sollte wohl für ein Feuer zur Nacht genügen.’, dachte Schlotterkarl für sich.

 

Er wollte sich mit seiner Last wieder an den Ort zurück begeben, wo Christian und er beschlossen, sich nieder zu lassen. Doch, wo war die Stelle? Ihm war in der Aufregung und vor lauter Angst entfallen, sich genau einzuprägen, den Weg zurück zu finden.

 

Trotzdem fasste sich der Mann ein Herz und wollte zumindest versuchen, den Ort zurück zu schaffen. Als er eine ganze Weile zurückgelegt hatte, sah er irgendetwas, was wie ein Licht aussah. Er ging ängstlich, was ihn dort erwartete genau darauf zu, denn ob er wollte oder nicht, dieses Unerklärliche ließ ihn nicht mehr los.

 

Dieser Schein kam von einer kleinen Hütte mitten im Wald. Ängstlich mit den Zähnen klappernd, pochte er an die Holzpforte und wartete, ob jemand antwortete: „Herein, tritt nur ein!“, wurde Schlotterkarl von einer ihm fremden Stimme aufgefordert.

 

Als er die Pforte öffnete, blieb ihm vor Staunen der Mund offen, denn in der spärlich erleuchteten Stube, stand ein ihm sehr bekannt vorkommender Mann, Christian. Schlotterkarls Freund wiederum stand vor einem alten, morsch wirkenden Schaukelstuhl, mit sehr hoher Rückenlehne und kunstvoll geschwungener Holzwippe, in der ein uraltes Mütterchen saß.

 

 

„Guten Abend Mütterchen.“, grüßte der Brennholzsammler die alte Frau und fragte verwundert: „Sag mal, wie bist du an diesen Ort gekommen Christian?“

„Du warst einige Zeit im Wald verschwunden, um Reisig zu suchen, als ich ein schwaches Licht wahrnahm. Meine Neugier ließ mich, wie von einem Magnet angezogen, auf diesen hellen Schein zugehen. So kam ich schließlich zu dieser kleinen Hütte.“ „Mir passierte genau dasselbe“, gab der andere mit dem Arm voll Holz zur Antwort.

 

„Guten Abend Mütterchen. Wer bist du? Warum lebst du hier allein im Wald?“, wollte der ältere Freund anschließend von der Alten wissen.

 

„Guten Abend, ich freue mich, dass ihr Beiden wohl erzogen seid und eine alte Frau grüßt“, antwortete die Dame. „Ihr seid zur rechten Zeit in den Gespensterwald gekommen. Ich gebe euch eine wichtige Aufgabe auf, die ihr nicht ablehnen dürft, sonst geht es euch schlecht.“

 

„Was soll das für eine Aufgabe sein? Erzähl schon“, erwiderte Christian ungeduldig.

 

„Geht morgen Früh bei Sonnenaufgang geraden Schritts durch den Wald bis ihr die Steilküste erreicht. Dort sucht nach einer Strickleiter, die bis zum Strand hinunter reicht. Klettert hinab. Sucht am Gestade des Meeres ein schneeweißes Segelschiff, mit drei Masten, mit weißen Segeln. Am Heck des Schiffes, weht das Banner des Königs Dietgard von Blaubart.

 

Besteigt dieses Schiff. Es wird euch in das Land Königs von Blaubart bringen.“

„Warum sollen wir in dieses Land, von dem ich noch nie hörte?“, fragte Christian neugierig nach.

 

„Dort angekommen sucht direkt den Weg in das Schloss des Herrschers und besteht darauf, dass ihr zu ihm durchgelassen werdet. Von ihm erfahrt ihr alles Weitere, warum ihr gerufen wurdet.“

 

 

Die beiden Männer bekamen von der alten Frau zu Essen und ein Nachtlager für die Nacht, wo sie sehr schnell einschliefen, es war ja auch ein langer Tag.

 

Während des Schlafes wurde Christian im Traum gesagt, wie die beiden Männer am anderen Morgen den Weg zur Steilküste finden konnten, ohne sich im fremden Wald zu verlaufen.

 

 

 

Nach dem Frühstück und dem Abschied von der alten Dame, machten sich beide Männer auf den direkten Weg zur Steilküste.

 

Als beide schon einige Zeit vorangekommen waren, wagte Schlotterkarl zu fragen: „Woher weißt du jetzt plötzlich, wo wir hin müssen? Gestern hatten wir beide noch keine Ahnung, wie wir durch den Wald kommen sollten.“

 

„In dem Kräutertee, den wir zum Abendmahl gereicht bekamen, muss ein bestimmtes Mittel gewesen sein. Mitten im Schlaf, wurde mir im Traum erklärt, wie genau wir gehen sollten, damit wir auf kürzestem Weg zur Steilküste finden.“

 

Dank dieser neuen Kenntnisse benötigten die beiden Männer weniger als eine Stunde, da lichtete sich der Wald und am Horizont war das große, weite Meer sichtbar. Das war so ein majestätischer Anblick, dass Schlotterkarl sich kaum noch davon lösen konnte.

 

„Los halt keine Maulaffen feil!“, rief Christian seinen Kameraden wachrufend. „Ist ja schon gut“, antwortete der Andere mürrisch. „Hilf mir lieber die Strickleiter zu suchen, die nach unten führt.“

 

Endlich entdeckten sie, was sie suchten, kletterten an diesem wackligen Gerät hinunter, wobei sich Schlotterkarl nicht traute hinab zu sehen.

 

Er hatte fürchterliche Angst von den alten morschen Sprossen abzurutschen. Endlich bekamen sie festen Boden unter die Füße, weil der Strand an einer Steilküste für gewöhnlich sehr steinig war.

 

Als sie aufblickten, wurden die Männer auf das schneeweiße Segelschiff aufmerksam, das ihnen vorkam, als wäre es aus einer fremden Welt gekommen. Als sie direkt vor dem Schiff standen, wurde der Landgang wie von Geisterhand heruntergelassen, damit die Männer aufsteigen konnten.

 

Das Merkwürdige war, dass selbst an Bord des Seegefährts keine Seele an Bord zu sein schien. Aber es stand eine Tafel, die mit den leckersten Speisen gefüllt war.

 

Kaum dass sie ihre erste Scheu überwunden hatten und daran Platz nahmen, segelte das Schiff sofort los in Richtung des Reiches König Dietgard von Blaubart.

 

Es war das schönste Wetter auf dem offenen Meer, sodass die beiden Männer weit sehen konnten. Sieben Wochen dauerte die Reise über die Wellen, dann läutete der unsichtbare Steuermann die Schiffsglocke als Signal, das wohl heißen sollte: „Land in Sicht!“

 

 

Als das Schiff am Hafen festgemacht hatte, fragte Christian einen Mann, der am Wegrand stand: „Wo geht es hier zum Schloss von König Dietgard von Blaubart?“

 

„Dann seid ihr wohl die beiden lang ersehnten Retter, wie die Legenden behaupten?“, fragte der Mann verwundert. „Was für Retter?“, wunderte sich der Fragende.

 

„Schon seit hundert Jahren wartet dieses Königreich darauf, dass zwei Männer mit einem weißen Segelschiff kommen und die Tochter des Königs erlösen.“ „Also sag schon, wie wir auf schnellstem Weg zum Schloss kommen“, wiederholte Christian seine Frage.

 

Der Mann erklärte ihnen genau, wo sie lang mussten und kamen nach einer guten halben Stunde, am Schloss an.

 

 

Das war vielleicht ein herrlicher Prunkbau, wie ihn die beiden Männer noch nie vorher zu Gesicht bekamen. Die Mauern waren rund, keine Ahnung wie die so gearbeitet werden konnten, mit drei zierlichen Schlosstürmen. Auf dem mittleren Turm wehte das gleiche Banner, wie am Heck des weißen Segelschiffes. Das sagte den beiden Ankömmlingen, hier waren sie richtig.

 

„Lasst uns ein zum König Dietgard von Blaubart! Wir kamen gerade mit dem weißen Schiff von weit über dem Meer.“

 

Als wenn alle darauf gewartet hatten, öffnete sich die Zugbrücke, legte sich über den Schlossgraben. Anschließend wurde auch das Schlosstor geöffnet. Ein Offizier der Schlosswache begleitete die beiden Männer in das Schloss.

Im Inneren sah alles sehr kostbar und edel aus. Überall waren nur Gold, Silber und anderes Edelmetall zu sehen. Darüber war alles mit schwarzem Trauerflor bedeckt und das Tageslicht wurde abgedunkelt.

 

Beide Männer wurden in den Thronsaal geleitet, vor dessen Tür der Hauptmann der Schlosswache, dem Zeremonienmeister die Ankunft der beiden Männer aus Übersee meldete, auf die schon alle seit hundert Jahren warteten.

 

Eiligst wurde König Dietgard von Blaubart unterrichtet, der so schnell er konnte in den Thronsaal eilte. Sogar seine Krone saß schief auf seinem königlichen Haupt.

 

Fast könnten die beiden Fremden über seinen Anblick lachen, wenn die schwarze Umgebung sie nicht daran hindern würde.

 

„Hattet Ihr eine angenehme Reise?“, fragte der König die beiden Männer. Sie verneigten sich mit einem Hofdiener und antworteten: „Ja wir wunderten uns nur, dass wir von der Besatzung niemanden zu Gesicht bekamen.“ „Trotzdem standen immer frisch zubereitete Speisen auf der Tafel“, wagte auch Schlotterkarl mal etwas zu sagen.

 

„Warum wurden wir von soweit weg gerufen? Gibt es in Eurem Reich niemanden, der Euch helfen kann?“, fragte Christian.

 

„Vor hundert Jahren wurde die Tochter eines lange vor mir lebenden Königs von einem Zauberer mit dem Namen Furchtbarbös, in einen goldenen Finken verwandelt und in einen Käfig aus Platin verbannt. Bisher gelang es niemandem, den Zauberer zu besiegen und die Prinzessin Tarantula zu erlösen.

 

Unser ganzes Reich wird nie mehr glücklich sein, wenn dieser Bann nicht gebrochen wird. Denn solange die Prinzessin ein goldener Fink bleibt, werden alle Kinder des Reiches, die als Mädchen zur Welt kommen, zu Buchfinken verwandelt und müssen genau in dem Gespensterwald ihr Dasein fristen, bis sich zwei Männer finden würden, die es schafften, den Zauberer Furchtbarbös zu besiegen und Prinzessin Tarantula zu befreien“, weihte der König, Christian und Schlotterkarl in den Grund ihres Kommens ein.

 

„Wie sollen wir zwei unscheinbaren Männer, die noch nicht mal zaubern können, gegen so ein Scheusal bestehen?“, fragte Christian zweifelnd.

 

„Unweit meines Schlosses gibt es noch einen Gespensterwald, der dem in eurem Reich, zum Verwechseln ähnlich sieht. Dort lebt auch eine alte weise Frau, die Zwillingsschwester der Frau, aus dem Wald aus eurem Reich. Sie ist das einzig lebende Wesen, das euch sagen kann, was ihr tun müsst, damit sich die Weissagung erfüllt.“

 

„Wie finden wir zur weisen Frau?“, fragte Christian.

 

„Geht einfach an den Waldrand. Dort wird sich euch ein Pfad zeigen, der zur Hütte der Frau führt. Wundert euch nicht, wenn er gleich hinter euch wieder verschwindet. So kann die Behausung der Frau nicht von ungebetenen Besuchern gefunden werden.

 

Macht euch also noch heute auf den Weg. Ihr erhaltet vor dem Aufbruch ausreichend Proviant für Eure Aufgabe.“

 

Christian und Schlotterkarl verabschiedeten sich wieder mit einem Hofdiener vom König und begaben sich auf den Weg zum Waldrand.

 

Automatisch wurde beiden komisch im Bauch zumute, weil der Wald dem anderen, wirklich zum Verwechseln ähnlich sah. Die Bäume waren genauso quer und krumm gewachsen.

 

Als sie den Waldrand erreichten, teilte sich vor ihnen das hoch gewachsene Gras und bildete einen festen Pfad, als hätte es ihn schon immer gegeben und würde regelmäßig benutzt werden. Sogar Radspuren die von Kutschen stammen könnten, schienen vorhanden zu sein.

 

Nach ihrer ersten Verwunderung betraten beide den Weg und schritten auf ihm der Hütte entgegen. Schlotterkarl drehte sich einmal um. – Er bekam einen fürchterlichen Schreck! – Der Pfad hinter ihnen existierte nicht mehr, als wäre nie einer da gewesen. Verlegen kratzte er sich am Kopf, weil er das nicht begreifen wollte. Doch sie hatten beide keine Zeit, lange darüber nachzudenken.

 

Mitten im Gespensterwald, wo sich sonst keiner hintraute, fanden Christian und Schlotterkarl schließlich die Hütte der weisen alten Frau.

 

Wie im anderen Forst, klopften beide an die Pforte, warteten auf das „Herein, kommt nur herein“ und traten ein. –Potz Blitz! – Es hätte doch tatsächlich die Frau aus dem Wald jenseits des Meeres sein können.

 

Die alte Frau bemerkte die Verwunderung und sagte: „Ihr habt aber lange gebraucht, um hier her zu kommen. Ja ich sehe meiner Schwester zum Verwechseln ähnlich, denn sie ist meine Zwillingsschwester.“

 

„Guten Abend Mütterchen. Der König erklärte uns, dass wir von dir erfahren, wie wir vorgehen sollten, um den Zauberer Furchtbarbös besiegen zu können und Prinzessin Tarantula zu erlösen.“

 

„Das freut mich, dass ihr gleich zum Punkt kommt, ohne lange drum herum zu reden. Also hört gut zu und prägt euch alles gut ein.“

 

Die Alte holte tief Luft und begann den beiden Männern alles genau zu erklären. Zur Erledigung der Aufgabe bekamen beide Männer schließlich je ein stattliches Ross, eine magische Rüstung, je ein handliches Schwert und Christian erhielt als der Anführer der beiden Männer einen Wunderring.

 

Diese Nacht übernachteten sie noch einmal in der Hütte, wie damals im anderen Wald. Wieder träumte Christian, wo ihm wieder einige Tipps eingehaucht wurden, wie sie den Zauberer Furchtbarbös überlisten konnten.

 

Am anderen Morgen verabschiedeten sich beide Männer von der weisen alten Frau, schwangen sich auf ihre Rösser und galoppierten ihrem neuen Abenteuer entgegen.

 

Der führte sie in das Reich Furchtbartraurig, das so genannt wurde, weil die Bevölkerung dieses Landes, immer traurig war und sich vor jedem Fremden fürchtete. Geschah etwas Unvorhergesehenes, verschwanden sie sofort in ihren Behausungen.

 

Als Christian und Schlotterkarl die Landesgrenze erreichten, rieben sie an die Brust ihres Panzers der Rüstung. Diese Reibung bewirkte, dass Pferde und Reiter unsichtbar wurden. So konnten sie sich im Reich des Zauberers bewegen, ohne andere auf sich aufmerksam zu machen.

 

Nach den Instruktionen der Alten sollten sie jetzt sieben Tage lang immer gen Sonnenuntergang reiten. Je tiefer sie in das Reich kamen, desto düsterer kam es ihnen hier vor. Die Sonne schien hier kaum eine Chance zu haben, ihr Tageslicht zu spenden.

 

 

Nach sieben Tagen wurden sie auf einen merkwürdigen Felsen aufmerksam, der wie das versteinerte Schloss von König Dietgard von Blaubart aussah, nur in unwirklichen Konturen in den Fels gehauen. Darin sollte Zauberer Furchtbarbös die Prinzessin Tarantula gefangen halten, als goldenen Fink im Platinkäfig.

 

Auch die weise alte Frau verfügte über Zauberkräfte, die beide Männer mit der Möglichkeit ausstattete, sich per Gedankenübertragung auszutauschen.

Sie gingen noch einmal durch, wie und in welcher Reihenfolge sie vorgehen sollten.

 

„Haben wir alles beisammen, was wir brauchen?“, fragte Christian in Gedanken Schlotterkarl. „Ja wir haben unsere Schwerter, du den Zauberring. Hier ist die Schlucht, wo wir die Rösser getarnt anbinden sollen.“

 

Sie suchten eine bewusste Stelle des Felsens, wie die Frau ihnen beschrieb. Genau daran sollte Christian den Juwel des Wunderringes halten.

 

Wie beabsichtigt, öffnete sich ein Tor, das ohne bloße Augen nie erkennbar war. Das passierten sie und suchten den Eingang für die Dienstboten. Auch wenn sie unsichtbar waren, wollten sie dem Zauberer gegenüber nichts riskieren, was den finsteren Gesellen misstrauisch machen könnte.

 


Der Weg führte die beiden Männer immer tiefer hinein, denn sie mussten mehrere hundert Stufen hinab steigen, bis sie die Tür einer steinernen Höhle entdeckten. Wieder diente der Wunderring mit dem Juwel als Schlüssel, um hinein zu kommen.

 

 

 

Plötzlich entdeckten sie den finsteren Zauberer Furchtbarbös, der gerade an einem Käfig aus Platin stand und auf einen goldenen Finken einredete. „Willst du endlich meine Gemahlin werden und mit mir im Zauberschloss leben?“

Doch der goldene Fink sang mit goldener, aber trauriger Stimme:

 

„Oh, mein Kummer ist zu groß,
lässt mich nicht in deinen Schoß.
Weil du bist nicht der richt´ge Mann,
mit dem ich das Leben teilen kann.“

 

„Dann bleib, was du bist, ein trauriger Fink in einem Käfig aus Platin!“, rief der Zauberer in unbändigem Zorn. Die Wut war so furchtbar, dass ein fürchterliches Gewitter mit Erdbeben und Vulkanausbrüchen das Reich des Zauberers erschütterte und noch über die Landesgrenzen hinaus zu spüren war. Das war wieder einer der Momente, wo sich seine Untertanen angsterfüllt in ihren Behausungen versteckten.

 

Der Zauberer Furchtbarbös sah sehr Grauen erweckend aus, hatte ein furchtbar runzliges Gesicht, mit fürchterlich gelben Augen, wirre Haare, die an wuselnde Schlangen erinnerten und einen alten verstaubten Zaubermantel.

Das alles hatte die weise Frau vorher gesagt, auch das der Zauberer nach der erneuten Abfuhr durch die verzauberte Prinzessin erstmal einen Schluck Wein brauchte, um sich zu beruhigen.

 

 

Dort schüttete Christian nun ein besonderes Pulver hinein. Das sollte bewirken, dass der Zauberer ungewollt unsichtbar wurde. Dadurch war er außer Stande, sich durch eigene Kraft zurück zu verwandeln.

 

Die beiden Männer aber, wurden dank des Zaubers der Alten in die Lage versetzt, zu erkennen, wo der böse Mann gerade war und sollten einer den Kopf mit seinem Zauberschwert und der andere den unteren Teil des Körpers vom Rumpf trennen.

 

Damit wurden die Lebenskräfte des Zauberers Furchtbarbös gebrochen und alles, was je durch seine Hand verwandelt wurde, wieder zu neuem Leben erweckt und erlöst.

 

Plötzlich knallte es, der Platinkäfig explodierte und als sich der Rauch verzogen hatte, kam eine wunderschöne junge Frau zum Vorschein, die Prinzessin Tarantula.

 

War das eine wundervolle Erscheinung. Christian, der selbst ein gut aussehender junger Mann war, war sofort hin und weg von ihrem wunderschönen Anblick.

Beide Männer umarmten die erlöste Prinzessin, die in ihrer Freude beide Helden herzte. Schließlich trugen sie gemeinsam zu ihrer Erlösung bei.

 

Während sie sich noch lachend und glücklich in den Armen lagen, erschienen plötzlich beide vormals alten Zwillingsschwestern.

 

Wie sich herausstellte, waren sie jedoch gar nicht alt. Auch sie wurden einst vom Zauberer Furchtbarbös in völlig identisch aussehende Gespensterwälder verbannt, die aber durch ein riesiges Meer voneinander getrennt wurden.

 

Beide Frauen hoben gleichzeitig ihre Zauberstäbe über die Prinzessin und die beiden Helden, sagten einen Zauberspruch auf, und schon fanden sich alle im Thronsaal von König Dietgard von Blaubart wieder.

 

Was war das für eine Freude. Freudig fielen sich die Urururenkelin und der König in die Arme.

 

Zum Dank für seine heldenhafte Befreiung der Prinzessin, wurde Christian mit Tarantula vermählt und erhielt das halbe Königreich als Mitgift. Sein Freund wurde zum Ritter geschlagen und erhielt den Namen Ritter Karl von Hahnenstein, dessen Wappen einen stolz krähenden Hahn zeigte.

 

Schlotterkarl verlor durch dieses Abenteuer in beiden Gespensterwäldern seine Angst, die ihm diesen Namen eingebracht hatte und bekam eine der beiden Zwillingsschwestern zur Frau.

 

Beide waren selbst verwunschene Prinzessinnen, die Beate und Judith vom Küstenwaldland hießen.

 

Mit der ersten Zwillingsschwester, kehrte Karl der Ritter von Hahnenstein, in das Heimatland hinter dem großen Meer zurück.

 

Prinzessin Judith bekam den Bruder von Tarantula zum Gemahl, und sie erbten, das andere halbe Reich des Königs. Der alte Monarch trat zurück und ließ die neuen Paare regieren. Noch lange Zeit konnte sich König Dietgard von Blaubart seiner Enkel erfreuen.

 

Wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute.

 

® Manfred Basedow

26.04.2015, Rostock

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 10.05.2017

Alle Rechte vorbehalten

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