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Die Fee des Osterfestes

Manfred Basedow

 

 

 

 

Es war einmal im Land der Feen, die der Natur zum erwachenden Frühling verhalfen. Sie ließen das Sonnenlicht auf die Pflanzen und Büsche scheinen, damit sich die grünen Blätter entfalteten.

 

Eine ganz besondere Fee war Ostaria, die Fee des Osterfestes. Sie lebte in einer kleinen Hütte, die sich in einer hohlen Walnussschale befand. Die Tür war winzig klein und wurde aus einem Kiefernspan gefertigt. Die Feenhütte befand sich in der Astgabel einer Pappel, die bei lauen Winden sacht umher wippte. Das störte die Naturfeen aber nicht, denn sie konnten fliegen wie Schmetterlinge, Käfer und Fliegen. Ihre Flügel ähnelten denen der Schmetterlinge.

 

Immer, wenn sich der lange weiße, kalte Winter verabschiedete, erschien die Feenkönigin Arabella und sprach: „Ostaria es ist Zeit mit den Vorbereitungen für das große Frühlingsfest zu beginnen, das die Menschen das Osterfest nennen.“

 

Die Fee begrüßte die Regentin: „Eure Majestät noch heute beginne ich die Natur auf das Osterfest vorzubereiten, wie Ihr befehlt.“

 

Darüber freute sie sich und flog weiter zu den Schmetterlingsfeen, die für die vielen unterschiedlichen Flügel mit ihren schillernden Mustern verantwortlich waren.

 

Die Fee des Osterfestes öffnete ihre Kleidertruhe, die aus einer halben Haselnussschale bestand und suchte ihr Festgewand heraus. Nur zur Osterzeit durfte die Fee dieses besondere Kleid tragen. Es glitzerte in allen Regenbogenfarben und ließ Ostaria sehr vornehm erscheinen.

 

Noch einmal in den Tautropfenspiegel geblickt, ob es auch gut saß, dann verließ die Fee ihre kleine Hütte und flog zuerst zu den gelben Narzissen. Dort beobachtete sie, in welche Richtung die noch geschlossenen Knospen ausgerichtet werden sollten, damit sie vom Sonnenlicht beschienen wurden. Als sie sich davon überzeugt hatte, dass alle Knospen in Ordnung waren, schwang sie ihren Feenstab und murmelte folgenden Feenspruch:

 

„Oh ihr Knospen der gelben Narzisse,
öffnet euch und gebt eure goldene Pracht frei.“

 

 

Da begannen sich die Knospen zu bewegen und öffneten wie in Zeitraffer ihre goldglänzende Pracht, die Osterglocken für das große Osterfest waren bereit.

 

Die kleine Fee ließ keine Zeit verstreichen, sondern flog eiligst zu den Büschen, die zum erwachenden Frühling ebenfalls gelb blühten. Das waren die Goldglöckchen, auch Forsythsien genannt.

 

Dort angekommen, vollzog sie die gleiche Prozedur, wie bei den Osterglocken. Auch die Goldglöckchen öffneten alsbald ihre gelben Blüten, ließen die ganze Umgebung in das goldene Licht des Lenz tauchen.

 

Nachdem die Osterfee Ostaria alle blühenden Pflanzen erweckt hatte, die zur Osterzeit blühen sollten, flog sie weiter zum Osterhasen.

 

 

Denn was bis lang ein streng gehütetes Geheimnis war, die weißen Eier, die von den Hühnern im Hühnerstall gelegt wurden, gelangten auf magische Weise zum Osterhasen, wo die Eier bunt bemalt ankommen sollten. Am Ende würden sie in den jeweils volkstümlichen Mustern und Farben in die Osterkörbe der Menschenkinder gelangen.

 

Doch wer sollte die Hühnereier heil zum Ziel bringen und die Eier bemalen? Die Hasen mit ihren Pfoten würden eher die zerbrechlichen Ostersymbole zerdrücken.

 

Deshalb flog Ostaria in Windeseile in den wichtigsten Oster Hühnerstall der Welt, berührte die Eier mit ihrem Feen Stab und sagte folgenden Spruch auf:

 

„Oh ihr Eier von den Hühnern in dem Stall,
fliegt zu den Sternen hinaus ins All.
Landet sicher bei den Hasen in der Sasse,
bei den Tieren der Osterhasenrasse.“

 

Im Nu verschwanden alle Eier im Weltall und landeten punktgenau in jeder Osterhasensasse, in den Wäldern der Welt.

 

Zufrieden flog die Osterfee Ostaria weiter zum Hauptosterhasen Meister Lampe.

„He Meister Lampe haltet euch bereit, gleich werden die Hühnereier aus dem Weltall hier bei euch in den Wäldern und Feldern in den Sassen eintreffen!“

 

Meister Lampe, der Osterhase, wurde von der Fee aus seinem Winterschlaf geweckt, der ganz schläfrig fragte: „Was ist denn los? Brennt es irgendwo?“ „Nein mein Guter. Es ist nur wieder Zeit für dich, denn das nächste Osterfest steht kurz vor seinem Beginn.“

 

Der schlaftrunkene Hase wischte sich den Schlaf aus den Augen und entgegnete der Fee: „Na dann bin ich auch gleich bereit.“

 

Da hielt Ostaria ihren Feenstab an die Stelle der Osterhasensasse, wo die langohrigen Nager seit Jahrhunderten schliefen und alle Eier landeten fix und fertig bemalt in dem großen, weichen Nest.

 

Damit waren alle Vorbereitungen für das große Frühlingsfest Ostern getroffen.

Dank ihrer telepatischen Kräfte meldete die Fee des Osterfestes der Feenkönigin Arabella den Abschluss der Aufgaben.

 

Jetzt brauchten sie nur noch die Zeit abzuwarten, bis die Menschen das große Osterfest auf der ganzen Welt feiern würden.

 

Das war eine der schönsten Zeiten der Naturfeen, denn sie konnten sich in aller Ruhe die erwachende Natur ansehen. Da brachen die ersten Schneeglöckchen aus der letzten Schneedecke.

 

Bald danach schmolz der letzte Schnee, gab den Märzbechern das nötige Licht der Sonne. Am nahen Bach suchten die ersten Bienen im hellen Schein den ersten Nektar aus den zart weißen Weidenkätzchen.

 

Dort warf ein kleiner Maulwurf seinen ersten Erdhaufen auf, weil er auf seine Weise Frühjahrsputz hielt.

 

In einer nahen Knallerbsenstrauchhecke saß eine Kohlmeise und sang aus voller Kehle ihr Frühlingslied. Schon gesellte sich eine Zweite dazu. Würden sie bald ihr gemeinsames Nest in einer Baumhöhle bauen?

 

Eine schwarz gekleidete Amsel wollte dem kleinen Sänger nichts schuldig bleiben und antwortete lautstark mit einer Arie.

Endlich kam der Tag, auf den die ganze Natur zu warten schien, das große Osterfest sollte beginnen.

 

Auf ein Zeichen der Feenkönigin Arabella erhob sich die Fee des Osterfestes Ostaria, schwebte an den großen Feenaltar heran und begann die große Osterfestformel zu sprechen, während sie ihren Feenstab schwenkte:

 

„Ostereier bunt bemalt, mit vielen Farben,
legt euch in die Nester rein,
die die Menschen rasch erwarben,
lasst sie alle freudig sein.“

 

Spendet dem Leben neue Kraft,
alles braucht den frischen Saft,
Eröffnet sei das Osterfest,
Küken erwacht im Hühnernest.

 

 

Da wurden die Ostereier dank der Feenmagie unsichtbar und landeten nach wenigen Wimpernschlägen in den Osternestern der Menschen. So fanden sie die unterschiedlich bemalten Ostereier, wie sie nach der Tradition der Völker von jeher geliebt wurden.

 

Die Sorben erhielten ihre besonders aufwendig gearbeiteten Eier, Tschechen erhielten sie in ihrer Art und die Deutschen fanden die Ostereier, nach ihren in den Märkten ausgesuchten Farben im Osternest vor.

 

 

 

In den Nestern der Hühner, schlüpften die gelben Küken, im Stall lag das erste Osterlamm.

 

Die Kinder der Menschen suchten aller Orten die Eier. Vielleicht half ja die Osterfee Ostaria, manchem Jungen oder Mädchen beim Suchen. Wer wusste das schon genau?

 

Abends trafen sich alle Naturfeen an der großen Feengrotte, um ihrerseits den erwachten Frühling mit einem Fest zu begrüßen.

 


 

Dafür hielt die Feenkönigin Arabella eine kurze Ansprache und würdigte die großen Anstrengungen aller Naturfeen und insbesondere Ostaria, damit Pflanzen, Tiere, Menschen und alles Lebende den Frühling auf ihre Weise begrüßen konnten.

 

® Manfred Basedow, 21.03.2015, Rostock

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 26.03.2016

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