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Die kleine Robbe Rob

Manfred Basedow

 

 

Es war einmal eine kleine Robbe mit dem Namen Rob und lebte mit ihrem Rudel auf einer kleinen Sandbank im Meer. Jeden Morgen sprangen alle Tiere fast gleichzeitig in die Wellen und durchpflügten sie auf der Suche nach Futter, was der kleine Heuler richtig genoss. Er liebte es neben seiner Mama Rosa zu schwimmen und die Fischschwärme zu jagen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ganz besonders liebte es Rob, wenn er sich einmal ganz um die Längsachse seines Rumpfes drehte, während er das Wasser des Meeres durchwühlte. Wenn er zu übermütig tobte, stupste ihn seine Robbenmama Rosa liebevoll mit ihrer Nase an, um ihn zu ermahnen. Zum Rudel dieser kleinen Familie gehörten auch Papa Silberbart, wegen seiner silbernen Nase, den Tanten Marta und Sonja sowie den anderen Robbenkindern Mini, Rosi und Jimmy.

Nach der morgendlichen Fischjagd wurden die Robbenkinder von Tante Marta in der Robbenschule unterrichtet, wo sie lernen sollten, wie sie richtig schwimmen konnten, ohne zu schnell zu ermüden, und im richtigen Moment zum Luftholen aufzutauchen.

Eine weitere Übung in der Robbenschule war das spielerische Erlernen der richtigen Jagdtechniken, damit jede Robbe genügend Fische fangen konnte, damit sie sich satt fraßen und genügend Speck ansetzten. Das war für Robben lebensnotwendig, um auch im kalten Meereswasser im Winter klar zu kommen.

Tante Marta nahm ihre Robbenschüler zusammen und sagte: „Passt auch immer auf die Fischerboote der Menschen auf, wenn sie ihre Netze auswerfen, um auch Fische zu fangen, denn für Robbenkinder sind sie zu fest, um sie durchbeißen zu können. Ihr würdet dann gefangen und in einen Zoo oder einen Zirkus gebracht, wo ihr dann Kunststücke einstudieren müsst, damit sich die Menschen daran erfreuen. Nur wenn ihr alles richtig macht, was die von euch wollen, bekommt ihr ein paar Heringe zu geworfen. Doch seid ihr dann nicht mehr frei wie wir jetzt. Also Kinder, noch einmal, nehmt euch vor den Menschen in Acht, denn in ihrer Nähe wird es euch nie ganz gefallen, wenn ihr die Freiheit liebt. Bei denen müsst ihr in künstlichen Becken leben, deren Ränder ihr in wenigen Flossenschlägen erreicht habt. Was ist das für ein Leben, wenn ihr wisst, dass ihr draußen auf dem Meer hin schwimmen könnt, wo ihr wollt. Kehrt lieber rechtzeitig auf eure Sandbank zurück, wo ihr vor den Netzen sicher seid.“

 

Am liebsten spielte Rob mit seinem etwas älteren Bruder Jimmy, denn mit Mädchen war es langweilig, dachten beide Robbenjungen. Sie spielten gerne Flossenklatschen, wobei sie einander versuchten zu fangen und mit einer ihrer Flossen den Körper des Bruders abzuklatschen, dann hatte der andere verloren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Meistens gewann sein größerer Bruder, denn der hatte ja schon viel mehr Übung als er, was aber den Ehrgeiz in ihm weckte. Es musste doch etwas geben, mit dem er ihn besiegen konnte.

 

Endlich kam Rob eine Idee, wie er Jimmy mit List übertrumpfen wollte. Er schwamm in die Nähe seines Vaters Silberbart und rief seinem Bruder zu: „Fang mich doch!“ Immer wenn der ihn fast erreicht und mit seiner Flosse abgeklatscht hatte, huschte Rob schnell hinter den riesigen Körper seines Vaters, so dass die Flossenschläge das falsche Ziel trafen.

 

Einige Male ließ sich der Robbenpapa die Späße seiner beiden Robbensöhne gefallen, doch nach dem zehnten Klatsch wurde er doch unwirsch und rief Jimmy zur Ordnung: „Was habe ich dir getan, dass du mich dauernd mit deiner Flosse schlägst?“

 

Der große Robbenjunge bekam einen fürchterlichen Schreck, denn von seinem Papa mochte er gar nicht angeraunzt werden. „Aber der Rob hat dich als sein Schutzschild auserkoren, damit er sich bei unserem Flossenabklatschspiel hinter dir verstecken kann. Sonst war ich immer besser als er, doch deshalb ließ er sich wohl diese List einfallen.“

 

Papa Silberbart antwortete: „Dein Bruder macht das ganz richtig, denn das Spielen der Robben dient vor allem dem Zweck, zu lernen wie man am besten aus einer gefährlichen Situation heraus kommt. Er wusste aus seinem Instinkt, dass er im offenen Wasser keine Chance hatte, gegen dich zu gewinnen. Dann kam ihm die Idee, sich hinter mir zu verstecken, so dass er sich rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte, wenn du ihn fangen wolltest.

 

Ich kenne ein anderes Spiel, das euch gefallen wird. Rob und Jimmy, ich werde euch eine Geschichte erzählen.

 

‚Als ich genauso jung war wir ihr jetzt, lebte ich mit meiner Familie auf einer anderen Sandbank in einer sehr schönen Meeresbucht. Dort spielte ich am liebsten mit meinen Geschwistern Das Spiel „Möwen Erschrecken“. Wir schlichen uns unter Wasser so an einen Möwenschwarm heran, die morgens und abends gern auf den Wellen schwimmen und nach Futter tauchen.

 

Wir warteten so lange ab, bis sie sich völlig in Sicherheit wiegten, dann stupsten wir plötzlich die Füße der Möwen von unten an. Was war das für ein Spaß, wenn sie erschraken und laut kreischend die Flucht ergriffen. Dann tauchten wir auf, lachten uns schlapp und spotteten hinterher. Die Seevögel wollten sich diese Attacken nicht gefallen lassen und versuchten uns mit grüngelben Spezial Bomben zu treffen.

 

Dagegen half uns nur, wenn wir rechtzeitig im Meer untertauchten. Mancher von uns war aber nicht schnell genug und wurde manchmal sogar im Gesicht getroffen. Dann brauchte er sich nicht zu wundern, wenn er ausgelacht wurde.

 

Auch mir erging es so, weil ich auch der jüngste Robbenjunge war. Doch irgendwann begann ich mich hinter meinem älteren Bruder zu verstecken, wenn die Möwen ihre Bombardements begannen, so dass er nicht rechtzeitig untertauchen konnte. Deshalb bekam er bald mehr Bomben ab als ich.

 

Kinder versucht euch mal in diesem neuen Spiel, das ich euch gerade empfohlen habe. Ihr werdet sehen, wer von euch der bessere Taucher ist. Das war meine Geschichte.’

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Robbenjungen suchten nun ihrerseits nach einem geeigneten Möwenschwarm, den sie erschrecken wollten. Am Abend entdeckten sie wirklich einen großen Schwarm, der vom nahen Strand aufs Meer flog und sich auf dem Wasser niederließ.

 

Es waren Lachmöwen, die von den Menschen so genannt wurden, weil deren Kreischen, wie lachende Menschen klang. Sie trugen ein weißes Federkleid, hatten einen schwarzen Kopf und rote Beine mit Schwimmflossen. Dank eines Spezialfetts, mit dem die Möwen ihre Federn einfetteten, war es ihnen möglich, stundenlang auf dem Wasser zu schwimmen, ohne das sich diese voll saugen konnten.

 

Die beiden Robbenjungen schlichen sich völlig geräuschlos von unten an den schwimmenden Möwenschwarm heran. Auf ein Zeichen nahmen sie sich je eine Möwe als Ziel und stupsten mit ihrer Schnauze die Schwimmflossen ihrer Opfer an.

 

Wie Robbenpapa Silberbart vorher gesagt hatte, stoben alle vor Schreck kreuz und quer durcheinander, erhoben sich in die Luft, wobei sie laut zu lachen schienen. Dann sammelte sich der Schwarm am Himmel und formierte sich zum Sturzflug auf die beiden Robben. Diese warteten so lange ab, bis die Möwen begannen ihre grüngelben Bomben zu werfen.

 

Dann tauchten sie so schnell wie möglich unter, um nicht davon getroffen zu werden. Die ersten Male ging es gut, doch waren die Robbenkinder neugierig, wie es weiterging.

 

So wurde Rob doch als erstes Kind zum Bombenopfer der Möwen, wobei er sich wieder den Spott seines älteren Bruders gefallen lassen musste.

 

Das wollte Rob nicht auf sich sitzen lassen und verleitete seinen großen Bruder Jimmy dazu, ihn fangen zu wollen. Dabei vergaß er jedoch, dass sie gerade noch die Möwen gejagt hatten und tauchte aus den Fluten auf, weil er seinen jüngeren Bruder Rob erhaschen wollte.

Da traf ihn eine ganz große grüngelbe Bombe der Leitmöwe des Schwarms, die ihm zurief: „Da hast du meinen speziellen Gruß dafür, dass du uns so einen Schreck einjagen musstest. Ihr könnt nur die Kinder der Robbe Silberbart sein, denn solche Späße erlaubte er sich immer mit uns.“ Dann verschwand der Möwenschwarm, der an den Strand zurück flog. Die beiden Robbenkinder hatten für heute genug erlebt und wollten zu ihrer Sandbank zurück.

 

Doch wo war sie nur? Beim Jagen der Möwen hatten sie sich so ablenken lassen, dass sie nicht auf ihre Umgebung geachtet hatten. Zum Glück befand sich in der Nähe eine kleine Sandbank, wo die beiden Jungrobben rasten konnten.

 

Jimmy sagte zu Rob: „Wir müssen jetzt genau aufpassen, damit wir unsere Familiensandbank wieder finden, denn allein können wir hier nicht überstehen. Es wäre auch zu gefährlich. Zuerst versuchen wir unsere Mutter zu rufen, denn Robbenmütter haben ein sehr feines Gehör und hören unseren Ruf mehrere Seemeilen weit.“

 

Beide Robbenkinder begannen im Chor ihre Robbenmama Rosa zu rufen. Doch wie weit hatten sich beide kleinen Robben von ihrer heimischen Sandbank entfernt? Jimmy versuchte sich an das Gespräch mit Papa Silberbart zu erinnern.

 

Langsam bekamen die beiden auch Hunger und tauchten instinktiv ab, um Fische zu jagen, wie sie es bei Tante Marta in der Robbenschule gelernt hatten. Sie schafften es tatsächlich je einen kräftigen Hering zu fangen.

 

Auf der nächsten Sandbank wollten sie ihre Beute fressen, doch sie war schon von Kormoranen besetzt, die ihren Platz nicht gern für zwei kleine Robben räumen wollten.

 

Beim Versuch diese zu vertreiben, fiel ihnen der Fang aus dem Maul, so dass die Kormorane zwar weg flogen, aber sich über die Beute der hungrigen Robbenkinder hermachten.

 

Wollten sie nicht hungrig bleiben, mussten sie erneut auf die Fischjagd gehen. Dieses Mal wollten sie schlauer sein. Jimmy sagte zu Rob: „Bleib bitte hier und besetze die Sandbank, während ich erst einen Fisch für dich und dann einen für mich selbst fange. Sonst machen uns andere Meerestiere uns wieder diesen Platz streitig.“

 

Sein kleiner Bruder sagte: „Das ist ein guter Einfall, so machen wir es.“ Also blieb er auf der Bank sitzen und der Große tauchte in die Tiefen des Meeres ab. Schon bald tauchte er mit einem guten Hering wieder auf und legte ihn vor Rob hin, der gleich den Fisch mit viel Appetit und Hunger hinunter schlang.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gerade als Jimmy erneut auftauchte, bemerkte sein Bruder Rob, dass am Horizont der große Kopf einer Robbe sichtbar wurde.

 

Es war der Vater der beiden Robbenkinder, der von Mama Rosa zusammengefaltet wurde, weil er den Kindern den Unsinn mit der Möwenjagd beibrachte. Als beide bemerkten, dass die Jungrobben dabei die Orientierung verloren hatten, schickte Robbenmama Rosa den Papa Silberbart los, um die Kinder zurück zu holen zur heimischen Sandbank.

Wie glücklich waren beide Robbenkinder, als sie ihren Vater wieder hatten. Sie mussten ihm versprechen, sich nie wieder so weit von ihrer Sandbank zu entfernen, dass sie nicht mehr von selbst zurück finden und so auch eine Beute für große Meeresräuber bieten.

 

So schnell wie möglich schwammen alle drei zurück, wo sie schon sehnsüchtig von ihrer Robbenfamilie begrüßt wurden. Endlich waren sie wieder komplett, Mama Rosa, Papa Silberbart, Tante Sonja, Tante Marta, Mini, Rosi sowie die beiden Robbenjungen Jimmy und natürlich Rob.

 

® Manfred Basedow, 21.06.2017, Rostock

 

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Impressum

Tag der Veröffentlichung: 11.04.2013

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