Am dritten Tag des Urlaubs der Familie von Tommy in Warnemünde regnete es leider den ganzen Tag. Sie konnten dieses Mal nicht an den Strand. Im 3D-Kino von Warnemünde sahen sie sich einen spannenden Film über Christoph Kolumbus Entdeckung Amerikas an.
Wieder siegte Tommys überschäumende Fantasie, und er begann zu träumen. Mit einem Mal befand er sich an Bord der „Santa Maria“, des Flaggschiffes von Christoph Kolumbus, dass gerade im Jahre 1492 im Begriff war in See zu stechen, um den Weg nach Indien zu finden. Es musste noch einen kürzeren Weg nach Indien geben, wenn man westwärts segelte. Davon war Admiral Christoph Kolumbus überzeugt. Doch schon nach kurzer Zeit brach auf dem zweiten Schiff „Pinta“ das Steuerruder, so dass der Konvoi auf den Kanarischen Inseln eine Zwangspause einlegen musste.
Das machte Christoph Kolumbus unausstehlich, er mochte solche Zwischenfälle gar nicht. Diesen Unmut ließ er nun am armen Schiffsjungen Tommius, wie er von den Spaniern genannt wurde, aus. Er hatte in den drei Monaten nichts zu lachen. Das Essen flog mehr als einmal in die Richtung des Jungen. „Tommius bring mir den Burgunder! Aber flink!“ Schon flitzte Tommius zu den Weinfässern, aus denen nur die Offiziere und Kolumbus trinken durften. Tommius kam mit dem gewünschten Wein zum Admiral. Kolumbus nahm einen großen Schluck und spuckte ihn sofort wieder aus. „Was ist das denn für ein Schund? Das soll Burgunder sein? Dieses Zeug kann man doch nicht saufen!“ Schon flog der Zinnbecher in Tommius Richtung. Zum Glück hatte er sich schon darauf eingestellt und war schnell in Deckung gegangen. So wurde ein Matrose getroffen, der zufällig in der Nähe der Kapitänskajüte vorbei wollte. „Pnng“ machte es und er wurde von den Beinen geholt. „Na warte Tommius, das zahle ich dir heim!“, rief der getroffene Matrose wütend. „Der Admiral hat den Becher geworfen! Seit wir hier festsitzen und nicht vorankommen ist er immer schlechter Laune. Heute hat ihn der Burgunder nicht geschmeckt, gestern der getrocknete Fisch. Am besten man geht ihm aus dem Weg.“ Mühselig kam der Matrose wieder auf die Beine und verließ das Kapitänsdeck.
Endlich kam ein Offizier von der „Pinta“ an Bord der „Santa Maria“ und bat, dass man ihn zum Admiral bringen sollte. Tommius eilte so schnell er konnte, zum Admiral Kolumbus. „Ein Leutnant von der „Pinta“ möchte Sie in einer dringenden Angelegenheit sprechen Admiral!“, meldete der Schiffsjunge die Ankunft des Offiziers. „Bring ihn schon zu mir.“, antwortete der Admiral. Der Leutnant meldete dem Admiral: „Admiral Kolumbus, das beschädigte Steuerruder auf der „Pinta“ wurde repariert. Wir können in See stechen und die Reise fortsetzen. Das lässt Ihnen der Capitano Pinzon ausrichten.“ Alle bemerkten sofort die Veränderung beim Admiral. Er befahl, dass man so schnell wie möglich, Proviant, Trinkwasser und Munition auffüllte. Am kommenden Morgen sollten die drei Schiffe des Konvois „Santa Maria“, „Nina“ und „Pinta“ Leinen los machen und in See stechen.
Nach zwei Monaten Fahrt immer westwärts rief der Matrose, der oben im Kuckucksnest sitzen musste: „Admiral Land in Sicht Steuerbord!“ Sofort eilte der Admiral auf das Kommandodeck und schaute durch sein Fernrohr nach rechts, weil das Steuerruder auf einem Schiff immer auf der rechten Seite zu finden war. Deshalb wurde die rechte Schiffsseite Steuerbord und die Linke Backbord genannt. Ganz vorn befand sich der Bug, dann das Vorderschiff, dann das Mittelschiff mit der Reeling, anschließend die Aufbauten mit der Kapitänskajüte, und ganz oben das Kommandodeck mit dem Steuerruder, das vom Steuermann bedient wurde. Die Mannschaft schlief auf alten Segelschiffen unter dem Vorderschiff, wo in einem einzigen Raum lauter Hängematten gespannt waren.
Die erste Insel, die Admiral Christoph Kolumbus im vermeintlichen Indien entdeckte war in Wirklichkeit die Insel Guanahani, die zu den Bahamas gehörte und später vom Admiral den Namen San Salvador bekam, was auf Spanisch „Heiliger Retter“ bedeutete.
Admiral Kolumbus setzte die Reise fort und entdeckte die Insel Kuba und die Insel Hispaniola, auf der heute die Dominikanische Republik und Haiti existieren.
Tommius war Augenzeuge, wie der Admiral die Inseln in neue Seekarten eintrug und sie von Experten vermessen ließ, die an Bord der drei Schiffe mitreisten.
Vor der Insel Kuba gingen sie vor Anker. Admiral Christoph Kolumbus ließ ein großes Fest ausrichten, weil er, Indien gefunden zu haben meinte und dieses Land in Westindien taufte. Während der Feier sprach Admiral Kolumbus zu Tommius: „Ganz tapfer hast du meine Wutausbrüche während des Zwangsaufenthaltes auf den Kanarischen Inseln ausgehalten. Dafür befördere ich dich ab sofort zum Matrosen und mache dich zu meinem persönlichen Adjutant.“ Darüber freute sich Matrose Tommius natürlich sehr. In den nächsten Jahren entdeckten sie immer neue Inseln. Zwischendrin kehrten sie auch nach Hause in Spanien. Dort wurde Kolumbus wie ein Held gefeiert. Er hatte viele Ureinwohner der Inseln als Sklaven mitgebracht. Aber der König und seine Frau, wollten sie zu neuen Christen bekehren. Sie waren sehr religiös und entließen die Ureinwohner aus der Sklaverei und schickte sie wieder in die Heimat zurück. Aber viele überlebten schon die erste Anreise nicht, weil sie an Bord auf engstem Raum gefangen gehalten wurden.
Admiral Kolumbus zeigte Tommius, wie man auf Seekarten den Kurs absteckte und er half ihm die Fakten zusammenzutragen, die der Admiral in sein persönliches Tagebuch schrieb.
Insgesamt unternahm Admiral Christoph Kolumbus vier große Reisen und war fest der Überzeugung auf Indien und China gestoßen zu sein. Doch er entdeckte die meisten karibischen Inseln der Großen und Kleinen Antillen, Mittelamerika, Honduras und traf an der Orinoco Mündung zum ersten Mal auf den südamerikanischen Kontinent.
Nach der vierten Reise verließ Tommius die Santa Maria im Hafen von Barcelona, weil er in seine Heimat wollte.
Plötzlich bekam Tommy einen Stoß seiner Schwester Mandy in die Rippen: „Tommy aufwachen! Träumst du schon wieder?“ Darauf antwortete Tommy: „Ich war mit Admiral Christoph Kolumbus auf seinen vier großen Seereisen unterwegs, weil er den Weg nach Indien und China finden wollte.“ Mandy sagte: „Aber klar, das wurde doch gerade im Kino im Film in 3D gezeigt.“ „Nein du verstehst es nicht. Ich war der Schiffsjunge Tommius und der persönliche Adjutant von Admiral Christoph Kolumbus und wurde von ihm zum Matrosen befördert, weil ich mich während des Zwangsaufenthaltes des Konvois auf den Kanarischen Inseln nicht aus der Fassung bringen ließ.“
Später besorgte sich Tommy ein Buch über Kolumbus und die Geschichte der Seefahrt. Dort las er, dass Kolumbus den Weg nach Indien und China vergeblich suchte, aber ungewollt die Inseln entdeckte, die zum Kontinent Amerika gehörten und in der Karibik lagen.
Der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama fand schließlich den Weg nach Indien, indem er den ganzen afrikanischen Kontinent umsegeln musste, bis er am Kap der Guten Hoffnung zum Indischen Ozean gelangte. Damit hatte Portugal den Wettkampf auf der Suche des Seeweges nach Indien gewonnen.
Auch wenn Tommy an Bord der „Santa Maria“ viel Grausames zu sehen bekam, siegte in ihm doch der Stolz ein Mitglied der Besatzung des berühmten Admirals Christoph Kolumbus gewesen zu sein.
Das war Tommys Traum von der Entdeckung Amerikas.
Ich wünsche euch viel Spannung und Unterhaltung beim Lesen,
euer Baltikpoet.
Rostock, 11.09.2012
Texte: Manfred Basedow
Bildmaterialien: Manfred Basedow lizenzfreie Bilder
Tag der Veröffentlichung: 11.09.2012
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