Prolog
Langsam betrat der Mann den dunklen Raum. Hier würde er seine Falle zu schnappen lassen. Sein Gegner wusste nichts von dem, was er konnte. Mit einem Umhang und einer Kapuze verhüllt hatte er ihn getroffen.
Seine eigene Schuld, meinte er doch tatsächlich, es wäre dem Verhüllten möglich, eine größere Menge an Waffen zu beschaffen. Aber der Verhüllte hatte nie Waffen gebraucht, dürfte sie nie benutzen, beherrschte er doch Magie, wozu Waffen?
Schnell hatte er das Gesicht vom Steckbrief erkannt, als er im Wirtshaus war. An Körpersprache und Gesten erkannte er schnell, dass dieser Junge Mann etwas bestimmtes suchte, immer wieder mit einzelnen Personen in eine dunkle Ecke ging. Also hatte er ihn angesprochen: „Vielleicht ist es mir möglich, euch zu helfen.“
Er war ungestüm, wie er ihn schon beim ersten Gespräch kennen gelernt hatte. Und dies hatte ihm wohl auch das Bild auf dem Steckbrief eingebracht.
Aber wie, warum, und weshalb kümmerte den Magier nicht, ihm ging es vor allem um eines: Der Junge würde ihm Geld einbringen. Früher hatte er Personen, die durch das Leben kommen mit Kopfgeld verachtete, aber da war er noch nicht in der Situation wie jetzt.
Nun war er hier, in diesem Raum. Schnell blickte er sich um: Es war Nacht, einzelne Kerzen flackerten in Leuchtern an der Wand. Von draußen hörte man das leise Zirpen von Grillen.
Hier konnte er also keine Quelle für seine Energie finden. Blitzschnell prüfte er mit seinem Geist den Edelstein an seinem Gürtel, tastete nach der Kraft, welche in diesem schlummerte.
Er spürte das Flackern der Energie, wusste, sie würde ausreichen, um das, was auf ihn zu kam, zu überstehen. Sie könnte ihn schon jetzt durchfließen, aber das musste warten.
„Wie viele Waffen könnt ihr mir beschaffen?“ fragte jetzt sein Gegenüber, der stets einen Dolch bei sich trägt.
Seine Antwort war: „Zwanzig Schwerter und sechzehn Bögen. Aber die werden dich was kosten, Junge.“
„Geld ist kein Problem,“ wurde erwidert. „Aber ich frage mich immer noch, woher sie alle habt? Seit der Premierminister Tarasios regiert, wurden sämtliche Waffen außer denen der Armee beschlagnahmt. Also, woher?“
Der Magier setzte sich in typischer Geschäftsmann Art an den Tisch, schlug die Beine übereinander und meinte locker: „Ich habe Quellen im Nachbarreich Eiea, und die nötigen Mittel, um sie ohne große Probleme über die Grenze zu bringen. Alles andere verschweige ich lieber, ich habe euch erst getroffen, mein Vertrauen muss man sich erarbeiten.“
„Meines ebenso, merkt euch das,“ war die Antwort. Der etwas ungeduldige Ton des Jungen missfiel dem Magier sehr. Er mochte es überhaupt, wenn man so mit ihm redete. Vor allem dann noch so ein Jung-Spund. Jedoch schluckte er den leichten Zorn schnell wieder hinunter, aktuell war Geduld wichtiger.
Jener fuhr nun fort: „Wenn das alles also der Wahrheit entspricht, so habt ihr doch sicher etwas dabei, damit ich es in Augenschein nehmen kann, nicht wahr?“ Der Magier ließ seine Augenbraue nach oben gehen, so, als ob er nicht mit dieser Frage gerechnet hätte. Der Junge bemerkte das natürlich: „Also?“
„Denkt ihr wirklich, ich würde Waffen bei mir tragen?“ sprach der Zauberer, was dem Jungen ein erstauntes: „Angesichts des Geschäftes, dass ihr mir anbietet, schon alleine zu eurem Selbstschutz.“
„Selbstschutz? Dafür habe ich keine Waffen nötig.“ Er stand auf und zapfte das erste mal die Energie des Kristalls an. Sie durchströmte ihn, übermittelte ihm, dass die Eingangstür verschlossen war. So hatte er es auch erwartet.
Misstrauisch beäugte ihn jetzt der Junge: „Ihr seid ein Magier?“ In dem Glauben, es sei unbemerkt, tastete er nach seinem Dolch. „Wie habt ihr es geschafft euch zu verbergen? Tarasios duldet keine unangemeldete Magie.“
„Ich kann euch darüber keine Auskunft geben, ein Geheimnis, das ich nicht verraten darf, es geht um meine Freiheit.“ Es war ihm natürlich nicht verborgen geblieben, wie der Junge nach seiner Waffe griff, trotzdem tat er so, als ob er es nicht ahnte, während er auf den anderen zu schritt, der inzwischen aufgestanden war.
„Geheimnis?“ Der Junge zog das Messer und stürmte jetzt auf den Zauberer ein. Dieser wich aber schnell aus, überrascht war er keineswegs, er hatte fest damit gerechnet.
Mit scheinbar entrüstetem Gesicht fragte er: „Weshalb greift ihr mich jetzt an?“
„Ihr seid ein Agent Tarasios, gebt es zu!“ schrie er.
„Da liegst du falsch, Junge!“, dann entnahm er Energie des Kristalls, erzeugte einen Strahl, den er auf den Jungen schleuderte. Dieser rollte sich über die Seite weg.
Nun stand er auf, den Dolch bereit, ein zorniger, entschlossener Blick auf den Zauberer gerichtet: „Was sollst du sonst sein, Tarasios hasst Magier, die ihm nicht folgen weshalb sonst solltest du...“ Er stockte, als ihm eine Eingebung kam: „Ein Kopfgeldjäger. Oh nein, du bist eine Schande für deinen Stand!“ Wieder griff er an.
Überrascht über den Angriff war der Zauberer nicht, wohl aber über die Geschicklichkeit und vor allem Schnelligkeit seines Gegners. Er hatte es sich irgendwie leichter vorgestellt.
Strahl auf Strahl ließ er los, und wieder und wieder wich der Andere aus.
„Ich will Tarasios hier vertreiben, wie kannst du ihm nur den Gefallen tun, mich ihm auszuliefern? Er hat euch Magier doch mit am meisten unterdrückt.“ Wieder griff er an, und dies mal schien es zu schnell zu sein für den Magier, denn der Dolch erwischte ihn an der Schulter knapp.
Der Stechende Schmerz durch fuhr die Schulter des Magiers, zog sich durch den ganzen Körper. Ein knurrender Schmerzenslaut entfuhr ihm.
Sofort packte er sich die Hand des Jungen,welcher anscheinend einen kleinen, entscheidenden fehlenden Moment einem Gefühl des Triumphs hingab. Dann nahm er all seine körperliche Kraft, fügte etwas Magische Energie hinzu, und schleuderte den Jungen gegen eine Wand.
„Ich bin nicht für deine Dummheiten und Schwierigkeiten verantwortlich, in die du dich bringst. Mich interessiert nur das Geld, dass ich für dich bekomme.“
„Verräter, verdammter Verräter!“, keuchte sein Gegner. Wut war jetzt im Magier erwacht, dass dieser Junge ihn verletzte, es schmerzte weniger im Körper als in seinem Ideal.
Noch einmal stürmte der Junge auf ihn, aber der Magier packte schnell den Arm, schlug ihm den Dolch aus der Hand: „Es wird Zeit, meine Belohnung zu kassieren!“
„Ich weiß was du bist, ich werde dich verraten,“ knurrte der Junge, worauf der Magier aber antwortete: „Du wirst es nicht sagen können, weil du es nicht mehr wissen wirst.“ Die Drohung seines nun Gefangenen ließen ihn eher kalt. Ein aller letztes Mal tastete er nach dem Kristall, wirkte einen Zauber, der in den Kopf und das Gedächtnis des Jungen fuhr und die Erinnerung daran, dass er ein Magier war, löschte er aus.
Als Letztes entzog er dem sich weiter windendem die Kraft, welche der Magier selber benötigte, aber nur soviel, damit er bewusstlos wurde.
Er hätte ihn auch töten können, aber dann wäre er nichts mehr wert, was er nicht brauchen konnte.
Es dauerte nicht lange, da erschlaffte der Körper des Jungen. Der Magier nahm den Dolch an sich, holte Stricke hervor und fesselte die Arme und Beine des Gefangenen.
„Dummer Junge,“ murmelte er, „glaubst noch an solche Dinge wie Gerechtigkeit, denkst, man könnte es ändern. Nichts kann man ändern, man muss akzeptieren, wer die Macht hat. Alles ist so, wie es ist, und jeder muss es akzeptieren, wie es ist, wenn er überleben will.“
Schnell nahm er den Jungen auf seinen Rücken: „Alles dein Fehler, nicht meiner.“
Kapitel 1
„Ahhh, verdammt, muss du den Verband dermaßen fest ziehen. Das ist ja nicht zum Aushalten.“ Der Magier verzog sein ovales Gesicht, kniff die braunen Augen zusammen. Seine kurzen, braunen Haare zeugten immer noch von den Strapazen, die er noch vor einigen Stunden überstehen musste.
Es zog an seiner Schulter, welche von einem etwas älteren Mann versorgt wurde. In dessen schwarzen Haaren zeigten sich erste Anzeichen des Alterns, sein Gesicht war eher rundlich und er hatte eine breitere Nase.
„Du weißt genau, dass es so fest sein muss, sonst wird die Wunde kaum verheilen. Aber du bist letzten Endes selber Schuld, Orestes. Warum nur tust du das?“ Dem Älteren war es schon seit langem ein Rätsel, dass Orestes diese Dinge tat, welche er tat. Er war mal ganz anders. Hatte Freude am Leben.Sah Wunder überall, die sein Innerstes erwärmten. Und jetzt?
Orestes antwortet mit einer neutralen, beinahe kalten Stimme: „Weil es die einzige Möglichkeit für mich ist, zu überleben ohne der Sklave von irgendeinem zu sein.“
Sein Freund schüttelte mit dem Kopf, während er den Verband weiter richtete: „Denkst du wirklich, der Clan der Sonne...“
„Der Clan der Sonne existiert nicht mehr. Er ist vernichtet seit zehn Jahren!“ wurde er von einem nun mehr aufgebrachten Zauberer unterbrochen. „Vielen Dank, dass du mich daran erinnerst, Timaios. Du reißt die alten Wunden immer wieder auf.“ Angesichts des Verbandes fügte er hinzu: „Die Seelischen jedenfalls.“
Der Verband war fertig, Orestes stand auf, prüfte mit ein paar Bewegungen den Sitz des Verbandes und weitere, mögliche Beschwerden. Dann drehte er sich um. „Erinnere mich bitte nicht mehr daran, ist das klar?“, drohte er mit erhobenem Zeigefinger.
Es brodelte in ihm, kochte, zehrte an seiner Seele. Die Schmerzen waren doch immer wieder so real, so stark, obwohl es so lange her ist. Timaios seufzte: „Der Tempel wurde zerstört, aber zählt das alleine?“, wollte er wissen.
Orestes war nicht der Sinn nach Diskussionen: „Ich bin entkommen, sonst niemand. Es ist alles vernichtet, begreife das endlich.“ Der Magier nahm seinen Umhang, zog ihn sich über und lief in Richtung Tür.
Als er an der Schwelle stand, drehte er sich noch mal um: „Der Verband ist hervorragend wie immer. Danke dafür, alter Freund. Ich hoffe, mein Nächster Besuch bei dir wird nicht aus diesem Grund sein.“
„Daran habe ich meine Zweifel,“ war die Antwort, „wegen dem Verband, denke bitte dran jeden Tag die Salben von mir täglich auf die Wunden auf zu tragen. Ich tue eben, was man kann, und für dich, werter Kamerad, sowieso.“ Orestes hob seinen rechten Mundwinkel mit einem Nicken, dann er zog seine Kapuze tief ins Gesicht und verließ das Haus.
Auf der Straße herrschte reges Treiben. Grund dafür, es war Markt, und überall riefen die Händler um ihre waren los zu werden. Geschäftig liefen viele Frauen umher, betrachteten Obst, Gemüse und Fleisch. Die Männer dagegen begnügten sich damit oftmals an Theken zu stehen, zu trinken und dabei einige Lieder zu singen.
Natürlich nicht alle. Viele ließen sich Jagdmesser vorführen, besahen sich Schwerter. Hier, in diesem Land, war man sehr angesehen wenn man wusste, wie man mit dem Schwert umgeht. Orestes konnte dem nichts abgewinnen. Er war ein Magier, als solcher hatte er ein Gelübde abgelegt, nie eine Waffe in die Hand zu nehmen.
Während er seines Weges ging, zog er die Kapuze so tief, dass er gerade so alles überblicken konnte, ohne irgendwo dagegen zu stoßen. Um diese Zeit war es ihm nicht möglich, irgendwo etwas zu kaufen. Zu viele Leute waren da.
Und er war eine Person, welche sich besser nicht all zu offen zeigte. Denn Tarasios, der Premierminister Asanos, hasste nicht nur Magier, die ihm nicht folgten, er hatte jede Magie verboten, welche nicht in seinem Dienst praktiziert wurde.
Man war als Zauberer richtig gehend Freiwild, hält man sich nicht daran. Die Strafen waren hart. Lebenslang in den Kerker, oder sogar die Todesstrafe. Orestes blieb es immer ein Rätsel, wie es dem Premier gelang, den Rat dazu zu bringen jenes Gesetz auf den Weg zu bringen. Ebenso, wie es ihm gelang, seit nun mehr vierzehn Jahren immer wieder vom Volke gewählt zu werden.
Nun, er hatte es geschafft dafür zu sorgen, dass Arbeit behielt, wer sie hatte, aber verbessert hatte er nichts. Ganz im Gegenteil, einige Dinge hatten sich verschlechtert, da der Handel mit dem Nachbarn Eiea schlechter lief. Besonders, seit die Magie außerhalb des Staatsdienstes verboten war, da die Händler von Eiea vor allem mit magischen Utensilien handelten.
Um die Wirtschaft wieder nach oben zu bringen, waren wohl auch Einschnitte nötig, all diese Gedanken kreisten im Kopfe von Orestes. Das Volk müsste selber einiges hervorbringen. Nur gab es da ein Problem, diese Wahrheiten wurden von den Gegenkandidaten Tarasios oftmals genannt, aber so jemanden wählt das Volk nicht. Es war zufrieden mit dem, was es hören wollte. Gewählt wird, wer das sagt, was die Menschen hören wollen.
Auftreten, ja das konnte Tarasios, innerlich knurrte der Zauberer darüber. Warum nur sahen die Menschen nie hinter die Fassade? Sie begnügten sich gerne mit dem Oberflächlichen, einigen, wenigen Sätzen, die einem die Arbeit des genauen Nachdenkens ersparte.
Dabei musste man doch auf die Einzelheiten achten. Die scheinbaren Kleinigkeiten, die genauen Vorgänge. Oder konnte etwa ein Bäcker einfach so Brot backen, wenn er nur irgendwie Mehl und Wasser nahm, ohne zu wissen wie und in welcher Mischung?
Ihm selber war es genau so beigebracht worden. Betrachte das Ganze. Nicht nur eine Aussage, einen Begriff. Hinter allem steht mehr, als es den Anschein hat. Es machte ihn wütend. Selbst jenes Ereignis, das damals geschah, ihm so starke seelische Schmerzen bereitete, hatte Tarasios denen, die ihn wählen, schmackhaft gemacht. Indem er ihnen nur Sätze nannte, die so leicht klangen. Und mit Gesten, mit Sprüchen hatte er sich sogar fast richtig beliebt gemacht.
Ja, auftreten das konnte der Premier. Leider machte sich niemand die Mühe, den Auftritt nicht alleine zu beachten, sondern auch Tatsachen. „Aber das Auftreten zu sehen ist eben viel einfacher, nicht wahr?“, zischte er noch mal leise in Richtung, des Stadtinneren, als er sein Zuhause erreicht hatte. Daraufhin öffnete er die Tür und betrat es.
Das Zimmer war sehr spärlich eingerichtet. Ein altes Bett war in einer Ecke, belegt mit einigen Fellen. Am Kopfende war eine Holzkommode. Auf der anderen Seite war ein kleiner Kamin, aber da momentan Sommer war, war dieser Sauber, abgesehen von einigen, wenigen Ruß-Spuren.
Orestes begab sich in Richtung des Bettes. Schnell zog er den Umhang und sein dickes Wollhemd aus, ehe er sich auf das Bett setzte. Nach dem er sich die Schuhe ausgezogen hatte, driftete er in Gedanken ab, zurück an den Moment, als er den Jungen den Wachleuten der Stadt übergab, dabei starrte er ins Leere.
Der Junge hatte ihn so merkwürdig angesehen, als ob er immer noch wüsste, was Orestes war. Aber es war dem Zaubere klar, dass dies unmöglich ist, schließlich hatte er das Gedächtnis seines Gefangenen in Bezug auf seine Festnahme gelöscht. Aber da war irgend etwas in dessen Augen, wie er zu ihm blickte. Orestes konnte sich nicht erklären wo, weshalb, aber sein Schicksal würde noch viel mit diesem Jungen zu tun haben.
„Ach was, Orestes, das bildest du dir alles ein. Komm zurück in die Wirklichkeit,“ sprach er zu sich selbst. „Er wird mein Schicksal genau so wenig formen wie sonst noch jemand. Mein Schicksal wird es sein, mich stets zu verstecken, immer zu verheimlichen, wer ich bin und was. Die Zeiten der Hoffnung sind vorbei, ich habe es schon längst akzeptiert, niemals irgend etwas bedeutendes leisten zu können.“
Er blies ein mal kräftig aus: „Dabei würde ich es so gerne. Wie sehr habe ich davon geträumt. Und doch, es wird nie sein. Nie mehr.“ Die oberste Schublade wurde geöffnet und ein Medaillon wurde her raus geholt.
Ein kleines Medaillon, eine dünne Kette, eine Runde Scheibe, auf welcher die Sonne abgebildet ist. Eingraviert sein Name.
Dies war sein Medaillon, welches ihn als Mitglied des Clans aufzeigte. Er musste es nun verstecken.
Der Clan der Sonne, einstmals gegründet von Helios, dem ersten Menschen dem es gelang, Magie aus dem Licht der Sonne zu wirken. Ein großartiger Mann dürfte er wohl gewesen sein, dessen war Orestes sich sicher.
„Träume sind Schwachsinn“, dachte er sich, „haben sie denn meinen Clan geschützt? Haben sie uns vor unserem Untergang bewahrt, dieses Land vor Tarasios? Nein. Alles nur nutzlose Visionen.“
Was konnten einem irgendwelche möglichen Wünsche bringen?
Nichts konnten sie bringen. Kein Brot, kein Geld, und erst Recht kein Leben.
Erneut sah er in die Schublade. Was dort lag, ließ alles in ihm Schmerzen. Es durchzuckte ihn. Er fasste sich ans Herz, weil es so sehr Schlug-voller Trauer. Dieses Halstuch, bunt, voller Farben wie in einem Flickenteppich. Orestes nahm es aus der Schublade, dann roch er ein mal daran. Tief sog er den Duft ein.
„Orestes, es sind wieder einige Frauen hier, um unseren Clan zu unterstützen. Hilfst du mir bei der Auswahl?“ sagte sein blonder Freund zu ihm.
„Bin schon auf dem Weg, Zenon,“ sagte der Magier zu dem Jungen Mann, dessen Haare ihm strubbelig ab standen. Orestes konnte nie verstehen, warum sich sein Freund, dessen Gesicht sehr Schmal war, nie darum kümmerte.
Praktisch seit seiner Gründung wurde der Clan der Sonne von Frauen freiwillig unterstützt. Was allerdings besonders die Herstellung von Kleidung und die Zubereitung von Essen betraf, auch wurden manchmal dinge von Bauern geliefert, empfangen durch die Frauen.
Solche Dinge wie Kleidungen zu nähen gehörten nicht dazu, da es laut dem Pergament der Sonne jedem Magier vorgeschrieben war, auf sein eigenes Hab und Gut selbst zu achten. Dazu gehörte, dass sie auch noch in gutem Zustand war.
Orestes begab sich in den Raum, in welchem er mit den Frauen sprach. Eine nach der anderen kam zu ihm, und zusammen mit Zenon, seinem besten Freund im Clan, entschied er dann je nach ihrem Können und den Interessen, wo sie helfen konnten.
Schließlich kam die Reihe an die letzte Frau für diesen Tag. Schüchtern betrat sie den Raum, als sie aufgerufen wurde: „Ähm...seid mir gegrüßt. Mir wurde der Name Melania gegeben.“
Kurz hörte Orestes auf zu atmen. Diese Frau, welche nun ein trat, war unglaublich. Ihre schwarzen, langen Haare glänzten leicht in der Sonne. Als sie schüchtern lächelte und dabei auch ein wenig Strahlung ihre braunen Augen kamen, meinte der Zauberer, die Sonne hätte so eben ihren Platz hier, in diesem Raum eingenommen.
Sein Herz fing richtig gehend an zu flattern. Es fühlte sich an, als wäre es ein kleiner Vogel, der den ersten Strahlen des Morgens entgegen flog. Sie trug ein weißes Hemd, über dem eine braune Lederweste war, und einen grünen Rock. Um ihren Hals trug sie Tuch, bunt mit allen Farben, welche er sich selber vorstellen konnte. Eine Adlige war sie nun definitiv nicht. Aber die Adligen hatten sowieso ihre eigenen „Probleme“, jedenfalls wurde das immer wieder gerne behauptet.
Jedoch wusste er sich selber nicht zu erklären, was sie war. Ein Engel vielleicht? Irgend etwas besonderes haftete an ihr. Aber was war es nur? Orestes konnte sich keine Antwort darauf machen.
„Verzeiht,“ fragte Melania, „ich denke doch, ihr wollt mit mir darüber sprechen, wo ich helfen kann?“
Diese Worte brachten ihn in die Realität zurück. Ertappt, verlegen und sich etwas errötend, stammelte der Zauberer: „Was...ah...ja, verzeiht mir, ich weiß selber nicht, was eben geschah. Offensichtlich war ich eben mehr auf der Sonne als hier.“
Melania lachte darauf hin, was für Orestes so unglaublich klar, schön klang. Als ob die Vögel ihre schönsten Gesänge anstimmten. Er glaubte, das Licht der Sonne zu spüren. In jedem Teil seines Körpers, und am stärksten in seinem Herzen.
Jede Sekunde, welche die Beiden damit verbrachten, zu besprechen, wo und wie sie sich für den Clan ein bringen konnte, genoss er. Unabsichtlich, er wusste nicht weshalb. Etwas war anders, aber er konnte nicht sagen, was.
Ein Knarren löste alles mit einem Schlag auf. Orestes ließ vom Tuch ab und besah sich die Quelle des Knarrens: Sein Fenster war offen. Schnell schloss er das Fenster. Dann legte er das Tuch wieder zurück in die Schublade, schloss sie.
„Hör endlich auf irgendwelchen Dingen nach zu trauern, die nicht mehr existieren,“ dachte er sich,
„sie kehren nie wieder zurück. Du bist ein alter Narr.“
Orestes zog sich seine Schlafsachen an, dann löschte er die Kerze in dem Leuchter, welchen er auf seinem Nachttisch hatte. Er zog die Decke über seinen Oberkörper, schloss seine Augen.
Aber wie jede Nacht, so auch in jener, lag er noch lange wach. All die Erinnerungen an seinen Clan und schließlich an sein Ende kamen wieder in seinen Kopf.
Es dauerte nicht lange, da tropften die ersten Tränen aus seinen Augen. Ihm wurde klar, einen friedlichen Schlaf würde er nicht finden. Irgendwann aber nahm in die Erschöpfung und das Verlangen nach Erholung auf.
Kapitel 2
„Premierminister Tarasios, wir haben Grund zur Annahme dass sich eine kleine Gruppe von Magiern in der Hauptstadt versteckt hat.“ Tarasios, ein eher dürrer Mann mit kurzen, schwarzen Haaren sah von seinen Dokumenten auf und betrachtete den Boten.
„Und was tust du dann noch hier? Sofort Befehl an die Wachkräfte!“,rief er voller Zorn, welcher sich schnell aufbaute, wenn es um diese Sache ging.
„Ja, sofort,“ sagte der Bote und verließ den Raum. In Tarasios brodelte es wie in einem Vulkan, der gleich ausbricht. Stets hatte er seine Gefühle im Griff, aber wenn es darum ging, um diese Magier, die nicht diese Magie benutzt, welche nur er erlaubte, dann war es schon gewaltig schwer, sich zurück zu halten.
Ein paar mal atmete Tarasios tief durch, ehe er sich wieder seinen Dokumenten widmete. „Diese...“
Gedankenverloren lief Orestes durch die Straßen der Stadt. Das Kopfgeld für den jungen, den er gefangen genommen hatte, war beträchtlich und würde ihn noch einige Zeit versorgen können. Aber es war ihm bewusst, dass es nicht all zu lange halten würde.
Deshalb begab er sich in Richtung des Hauptplatzes. Hier hingen die Steckbriefe an einer Wand, direkt dort, wo die Hinrichtungen statt fanden. Orestes wurde es durchaus immer etwas Flau im Magen, wenn er an dem Schafott vorbei muss. Ihm war klar, wenn er nicht vorsichtig wäre, konnte es schneller passieren dass er hier sein würde.
Er studierte die Bilder, die Beträge und den Grund, der diese Gesichter hier her gebracht hat. Ganz genau besah er sich alles, eigentlich überflog er nur die Anklagen. Aber doch fiel es ihm auf: Seit langer Zeit waren hier nur Köpfe von Menschen, denen vorgeworfen wird, unerlaubte Magie zu benutzen oder Verbrechen gegen das Land begangen haben sollen.
Seinen letzten Mörder hatte Orestes vor einigen Jahren hinter Gitter gebracht. War Tarasios nicht klar, dass es auch andere Probleme gibt? Warum fürchtete er überhaupt solche Leute? Man wählte ihn doch immer.
Angeklagte wegen unerlaubter Magie hatte er nie verfolgt. Es wäre auf ein Magisches Duell hinaus gelaufen, damit hätte er riskiert, enttarnt zu werden. Jedenfalls waren das stets seine Gedanken, wenn er solche Steckbriefe sah. Aber war es nicht auch, weil er als Magier keine Zauberer ausliefern wollte? Weil sie das taten, was sie immer in ihrem Leben tun, was zu ihnen gehörte? Vielleicht.
Aber die andern schnappte er sich gerne. Man muss es nun mal akzeptieren, wie es ist. Der Staat ist, wie er ist. Und momentan war er so. Man kann sich ja auch kaum gegen jemanden wehren, der doch immer das letzte Wort hat und Urteil sprechen durfte.
Schnell hatte er sich entschieden, nahm sich ein paar Steckbriefe und verließ den Platz. Dermaßen viel Öffentlichkeit erzeugte nicht wirklich ein gutes Gefühl in ihm. Es war besser, dort zu sein wo es leise ist. Also beschloss Orestes, sich in den nächstgelegenen Wald zu begeben.
Aber er wollte auch Nachdenken. Nachdenken, was inzwischen war. Wer er war. Orestes war sich nicht mehr sicher.
Orestes erreichte den Wald nach einiger Zeit. Die Mittagssonne brannte, aber hier im Wald war es angenehm kühl. Der Zauberer suchte sich einen Baumstumpf, auf den er sich setzen konnte. Danach packte er zwei Dinge aus: Das eine war sein Brot und etwas Fleisch, welches er hier essen wollte, das andere die Steckbriefe, die es nun genau zu studieren galt.
Schwierig war es hier nicht, sich genau darauf zu konzentrieren. Diese absolute Still hatte etwas besonders und half ihm sehr dabei.
Jedes einzelne Gesicht musste er sich einprägen, in seinen Erinnerungen einschließen. Orestes aß, studierte, dachte nach. Ein immer sich wiederholender Zyklus, welchen er seit Jahren beherrschte.
Auf ein mal vernahm der Magier etwas. Waren das Schreie? Nein, bestimmt nicht. Die Natur wird sich eben bemerkbar gemacht haben. Es kam so entfernt. Aber irgend etwas war daran doch faul, oder vielleicht nicht?
Orestes bekam ein merkwürdiges Gefühl. Es war, als ob das Licht der Sonne ihn berührte, irgendwie zu etwas drängte. Orestes sah auf. Er vergaß einfach alles. Irgendwie musste er dorthin, wohin die Sonne ihn bringen wollte. Schnell packte er seine Sachen zusammen, folgte dann diesem Drang, diesem Zug, der an ihm zerrte.
Was war es nur? Dem Magier war es nicht klar. Nur, dass er es bereuen würde, wenn er es nicht tat. Immer schneller rannte er. Ohne Ahnung wohin, einfach nur seinem Instinkt hinterher. Ein Ort. Jener Gedanke bildete sich immer wieder in seinem Kopf: Ein Ort, nein, der Ort. Der Ort, welcher vieles verändern würde.
Da, eine Lichtung. Hatte er den Ort erreicht? Erneut hörte Orestes etwas, und hier gab es keine Zweifel. Es war ein Schrei: Der Schrei eines Kindes.
Ein Junge kam auf die Lichtung angerannt und stürzte. Männer waren hinter ihm her. Sie waren schwarz gekleidet. Orestes kannte diese Gruppe. Tarasios hatte solcher Häscher schnell angeheuert. Sie sollten die Magier finden, welche nicht seinen Gesetzen folgten, aber auch andere, wenn sie aufmüpfig sind. Sie kannten keine Kompromisse-und niemand kannte sie.
Tarasios hatte nie verraten, wie er diese Menschen, welche nicht seinem Willen folgten, gefangen nehmen konnte. Was auch für ihn selber gut war.
Denn seine Häscher kannten kein Mitgefühl. Sie fanden nur, fingen, kerkerten ein,und beseitigten auch. Orestes hatte selber erlebt, wie sie einen Menschen umgebracht hatten, weil dieser nicht sagte, was sie wollten. Wenn das das Volk wüsste, und der Rat, wäre Tarasios seine Karriere los gewesen. Aber es war einfach unmöglich, denn diese Männer hinterließen keine Spuren.
Der Blick des Magiers fiel jetzt wieder auf den Jungen. Orestes schätzte ihn auf etwa zehn Jahre. Er trug eine lederne Hose und ein rotes Oberteil aus Wolle. Er hatte blonde Haare, die ihm bis zur Schulter gingen.
„Bitte,“ weinte der Junge jetzt, „bitte, lassen sie mich.“
„Du sagst uns jetzt sofort, wo sie ist. Sie, und ihre verdammten verräterischen Helfer. Wirds bald?“ schrie einer der Männer.
Der Junge schrie: „Ich weiß es doch nicht, wohin sie sind. Bitte!“
Doch der Mann lächelte diabolisch. Ein eiskaltes Grinsen, während er den Jungen am Kragen packte und hoch hob. Die anderen hatten sich neben ihm auf gestellt. „Du wirst uns schon von Nutzen sein. Und falls nicht, tut es mir sehr Leid für dich.“
Orestes lief es eiskalt den Rücken herunter. Der Zauberer hatte sich, während er die ganze Szene beobachtete, hinter einem Gebüsch versteckt. Ihm war es ja klar, wie eiskalt diese Männer sein könnten. Jedoch hatte er noch nie mitbekommen, dass sie ein Kind derartig jagen und es quälen konnten.
Nun, wo der Junge verängstigt zu dem Mann sah, bemerkte Orestes die blauen Flecken in dessen Gesicht.
Sie wollten dieses Kind wirklich töten. Weshalb auch immer. Jedenfalls, wenn sie von ihm nicht das bekamen, was sie wollten. Was das war, war aber erst mal nicht wichtig.
Das einzig wichtige war, dass er den Jungen retten muss. Sofort legte Orestes sich ein Tuch auf sein Gesicht, während der Junge weinend immer wieder den Versuchen der Häscher auswich.
Orestes würde es niemals schaffen, das Gedächtnis von ihnen allen, es waren offenbar fünf, zu löschen, also musste er sein Gesicht so gut es ging verbergen.
Die Sonne schien am Himmel, es war ein Glücksfall. Orestes konnte seinen besten Trick anwenden: Er würde diese Männer sehen, ohne sie zu sehen, und dies würden nie wissen, wer er ist.
Aber er musste sich beeilen. Einer der Männer hatte sich den Jungen geschnappt. „Gut gemacht,“ meinte der Anführer hämisch, „nun, sag es uns!“
„Ich weiß es nicht!“ schrie der Junge. Der Häscher zückte ein Messer: „Schade, Unwissenheit kann manchmal wirklich schreckliche Folgen haben.“
„Lasst den Jungen in Ruhe!“ schrie Orestes jetzt laut. Der Häscher stoppte und drehte sich in die Richtung, aus welcher er die Stimme vernahm. Orestes hatte die Lichtung betreten. Noch gerade rechtzeitig. In den letzten Sekunden war er hin und her gerissen von seiner Vernunft, die ihm riet, sich zu vermummen, und seinem Instinkt, der sofort helfen wollte. Hätte er auch zu viel riskieren können, weil die Vernunft stärker war? Aber warum fragte er sich das, dieser Junge war wichtiger.
„Wage es ja nicht, Fremder!“ knurrte der Mann und griff sofort an. Orestes wich aus, sprang auf den Mann, in dessen Griff sich das Kind befand, legte seine Hand auf ihn, und ehe dieser wusste wie ihm geschah, flog er auch schon die nächsten Meter hinweg.
Der Junge fiel auf den Boden und sah zum Zauberer. Einen Moment lang glaubte Orestes, hier eine neue Welt gefunden zu haben. Da war etwas an diesem Kind. Aber was? Eine Sekunde, welche so ewig schien, für ihn und das Kind.
Der Junge schrie auf ein mal, was aber nicht wirklich nötig gewesen wäre, Orestes spürte einen der Mörder in seinem Rücken dank seiner Fähigkeit. Schnell wich er aus und schleuderte einen Strahl gegen den Gegner.
Der Anführer rief: „Unerlaubte Magie! Na warte,“ und schleuderte dem Zauberer einen Feuerball entgegen. Das einer von ihnen ebenfalls Magie beherrschen würde, damit hatte Orestes gerechnet. Und genau so wusste er: Alleine würde er kämpfen, könnte ihn bezwingen, aber hier war dieser junge Mensch. Es war zu gefährlich.
„Komm!“ Orestes ergriff dessen Hand und gemeinsam rannten sie so schnell sie nur konnten. Hier konnte es nur eines geben: Flucht.
„Verfolgt sie, los, macht schon ihr Idioten!“ vernahm er die Stimme des Anführers. Orestes rannte, immer noch mit Hilfe seiner besonderen Art der Wahrnehmung. Immer weiter rannten sie. Nur weg hier, in Sicherheit sein, das war sein Wunsch.
Aber Orestes war klar, das Kind würde das nicht lange durchhalten. Und da keuchte der Junge: „ich kann nicht mehr!“
„Du musst, sonst sind wir beide tot! Halte durch, komm schon!“ Das Kind hörte auf Orestes und mobilisiert noch mal neue Kräfte.
Aber sie hörten immer wieder die Rufe ihrer Verfolger, die langsam immer näher kamen. Auch die Luft in seinen Lungen wurde immer schmerzhafter, fing an zu brennen, der Wille hier raus zu kommen hielt ihn noch an, weiter zu flüchten. Da ein Aufschrei.
Orestes drehte sich um und das das Kind, welches sich den Knöchel hielt. „Ich bin an irgend etwas hängen geblieben. Mein Fuß!“ Die Schmerzenslaute des Kindes erzeugten in Orestes eine unglaubliche Verzweiflung. Gerade wollte er den Jungen hoch ziehen, als schon die Häscher um sie herum standen.“
„Das war ein großer Fehler. Wer auch immer ihr seid, aber jetzt werdet ihr dafür bezahlen.“ Der Anführer lächelte Angst einflößend. Ein zustimmendes, leises Gelächter seiner Truppe folgte.
„Sie haben uns. Es ist vorbei!“ Der Junge weinte, vor Schmerz, vor Hoffnungslosigkeit.
„Schließe deine Augen!“ rief Orestes. Er musste nun zu diesem Mittel greifen. Der junge Mensch, dem er helfen wollte, er bedeutete ihm sehr viel, aber weshalb? Nach nur wenigen Augenblicken?
„Was?“ rief der Junge.
„Mach die Augen zu!“ Dann streckte Orestes sich nach der Energie, sammelte sie so schnell es ging. Er fühlte sie, nahm sie, ließ sie durch seinen Körper fließen, in seine Hände und die Fingerspitzen hinein. Es vergingen nur wenige Sekunden. Noch bevor Tarasios Häscher angreifen konnten, strahlte ein großer Lichtball aus seinen Händen. So unglaublich hell, wie es nur die Sonne sein kann, direkt dort oben am Himmel.
Er vernahm die schmerzerfüllten Schrei der Häscher: „Meine Augen, ich sehe nichts mehr, helft mir,...“Sofort nahm sich Orestes das Kind, hob ihn hoch und machte, dass er den Ort in den Rücken bekam.
In seiner Hütte angekommen legte er den Jungen, der immer noch am ganzen Leib zitterte, in sein Bett. Als nächstes zog er ihm die Schuhe aus. Allerdings verursachte das Schmerzen, da der Junge kurz aufschrie. „Ganz ruhig,“ sprach Orestes. „Ich will mir nur deinen Fuß ansehen.“
Mit verzogenem Gesicht, in dem erste Tränen zu sehen waren, nickte der Junge. Langsam zog Orestes den Schuh vom Fuß und tastete das Gelenk ab. Es war ein einfache Verstauchung, also nichts schlimmes.
„Das kriegen wir wieder hin.“ Orestes begab sich zu einem kleinem Schrank. Da er selber keine Verbände hier hatte und er es für zu riskant hielt, zu Timaios zu gehen, da er ja dann den Jungen alleine zurück lassen würde, musste er sich mit einem alten Tuch begnügen.
Der Magier befeuchtete es, band es dann um den Knöchel des Kindes, welches immer noch nichts sagte. Aber Orestes wunderte das nicht.
Nach allem, was der Junge gerade eben und wohl auch davor durchgemacht hatte würde es nicht einfach sein, das alles zu verarbeiten.
Als Orestes fertig war, sah er erneut in das Gesicht des Jungen. Es war kreidebleich, weiterhin flossen Tränen über die Wangen und die Augen waren gerötet. „Willst du was essen? Ich könnte dir eine Suppe machen.“
Zaghaft nickte das Kind. Orestes ging zu seinem Herd, fachte ein Feuer an, was mit seinen Kräften schnell erledigt war, setzte einen Topf auf und schnitt schnell etwas Fleisch und Gemüse hinein, würzte das alles dann noch.
Und gerade, als der Zauberer zwei Teller holte, hörte er ein „Danke!“ hinter sich. Orestes drehte sich um und sah zum Jungen, der zaghaft lächelte.
Ein unglaublich warmes Gefühl erfasste Orestes. Irgendwie fühlte er sich plötzlich gut. So unglaublich gut. Hatte er sich nicht mehr so gefühlt. „Ist schon in Ordnung. Hier.“ Orestes gab ihm einen Teller. „Du solltest was essen.“
Zuerst war der Junge etwas zaghaft, aber nun meldete sich der Hunger. Er nahm den Teller und schlang regelrecht alles in sich hinein.
Das eben Passierte hatte ihm sehr viel Kraft gekostet wie Orestes erkannte. Er würde sich dann wohl genau so verhalten. Kaum war das Kind fertig damit zu essen, sah es zu Orestes. „Ihr habt so viel für mich getan. Ihr habt euer Leben riskiert. Ich...ich weiß nicht...wie kann ich euch danken?“
Der Junge stockte immer wieder dazwischen, einige Schluchzer unterbrachen sein Sprechen.
Orestes lächelte und erwiderte: „Mir wurde gelehrt, Menschen in Not zu helfen. Ich habe das in den letzten Jahren vernachlässigt, aber ich musste es einfach tun, als ich dich sah. Ich will nicht zu lassen, dass man Kinder quält.“
Der Junge blickte zum Zauberer. Erneut kam ein Lächeln auf sein Gesicht, welches langsam wieder einen gesunden Farbton angenommen hatte, wischte sich das Gesicht ab und redete: „Ich heiße Matthaios.“
Kapitel 3
Tarasios bekam so eben die Mitteilung, dass seine Leibwache ihn sprechen wolle. Der Premierminister bat sie daraufhin in sein Arbeitszimmer. Die Männer betraten den Raum und der Führer der Gruppe trat einen Schritt vor.
„Und?“ sagte Tarasios sogleich.
„Sie sind uns entkommen!“ Tarasios ließ seiner Wut sofort freien Lauf. Der Premier sprang auf, schlug auf seinen Tisch, warf seine Dokumente durcheinander, trat danach gegen das Tischbein.
Dabei schrie er: „Ihr verdammten Versager. Was ist mit dem Kind?“
„Ebenso entwischt,“ murmelte der Anführer.
Tarasios fing nun an richtig gehend zu knurren: „Dieses Kind war eine Möglichkeit, wahrscheinlich die einzige sie zu finden. Wieso ist er entkommen?“
„Wir konnten nichts dafür, Premierminister, jemand hat uns gestört. Wir haben versucht aus dem Kind das Versteck zu erpressen, als ein Magier uns störte. Er überrumpelte uns mit unerlaubter Magie,“ redete der Anführer nun völlig verängstigt, und deshalb auch sehr schnell.
Tarasios Zorn wuchs: „Und was bist du, etwa ein Tänzer?“
„Aber Herr, wir haben sie verfolgt, als sie fliehen wollten, wir hatten sie sogar eingeholt, doch...“
„Weshalb sind sie dann nicht hier?“, brüllte Tarasios.
„Er hat uns geblendet. Noch ehe wir wieder richtig sehen konnten, waren sie fort.“
Tarasios versteifte sich als er das hörte. Also, war es vielleicht möglich: „Magie der Sonne,“ schoss es ihm durch den Kopf. Kaum hatte er diesen Gedanken erfasst, schrie er ihn her raus: „Magie der Sonne!“ Dann griff er sich den gläsernen Briefbeschwerer auf seinem Tisch und warf diesen gegen die nächste Wand, so dass dieser sofort in tausend Teile zerbarst.
Die Leibgardisten zuckten vor Schreck zusammen. Tarasios keuchte, es loderte in ihm, brannte. All dieser Hass, oh wie er doch an ihm nagte. „Habt ihr ihn erkannt?“, zischte er.
„Nein, er war vermummt.“
„Setzt das Gesicht des Kindes auf eine größere Anzahl von Steckbriefen und gebt sie an unsere Kontakte weiter. Ich kann den Jungen nicht offiziell als Verräter suchen lassen, dann bekommen wir es mit dem Rat zu tun.“ Der Premierminister drehte sich um: „Wo der Junge ist, ist dieser Magier. Wahrscheinlich kann er uns sagen, wo sie sind. Findet ihn oder ihr bekommt bei den nächsten offiziellen Hinrichtungen eine Hauptrolle, welche ihr aber nur ein mal spielen werdet.“
Die Gardisten wurden leichenblass, während Tarasios ganz nahe an den Anführer heran trat: „Und noch eins,“ drohte er mit dem Finger, „kein Sterbenswörtchen zu irgend jemandem außer unseren geheimen Kontakten, ist das klar?“
Nachdem der Anführer ein paar mal durchgeatmet hatte, antwortete er: „Natürlich, my Lord.“ die Gardisten verließen den Raum.
Tarasios setzte sich wieder an seinen Tisch. Er packte den eisernen Kerzenständer, der auf seinem Tisch stand, ergriff ihn an beiden enden. Er zitterte, als er durch seine Zähne leise knurrte: „Ich finde dich und jeden deiner Kumpanen, welche vielleicht weshalb auch immer noch übrig sind, und sie. Du hast dich mit ihnen verbündet, wer auch immer du bist. Ich finde euch und werde jeden einzelnen von euch einen nach dem anderen auseinander nehmen, bis nichts mehr von euch auch nur in Erinnerungen existiert!“ Dabei verbog er den Ständer, bis dieser eher einem Hufeisen ähnelte.
Orestes wälzte sich im Bett hin und her. Der Junge, Matthaios, war durch die Flucht und die Erlebnisse viel zu müde, um noch irgend etwas zu berichten. Erst als Orestes im Bett war, fiel ihm auf, dass er seinen Namen dem Jungen gegenüber noch nicht gesagt hatte. Aber diesen störte das alles anscheinend nicht.
Nun aber plagten Orestes wieder Erinnerungen. In seinem Traum wurde er heimgesucht. Auch wenn diese etwas angenehmes war, eigentlich: Melania.
„Wann sagst du es ihr denn endlich?“ fragte Zenon.
„Was soll ich ihr sagen?“ ein wenig verärgert sah Orestes zu seinem Freund. Er mochte es überhaupt nicht, wenn er bei seinen Magie-Übungen gestört wird.
Zenon grinste verschmitzt und setzte sich Orestes gegenüber: „Na was wohl. Das, was du mir erzählt hast.“ Kurz räusperte sich Zenon: „Dass dein Herz schnell schlägt, wenn du sie siehst. Dass die Sonne in deinem Herzen ist, wenn sie zu dir spricht, dass ihr Lachen das schönste...“
„Zenon, bitte hör auf!“ Orestes vergrub verzweifelt sein Gesicht in den Händen. „Ich kenne meine Gefühle. Aber was bringen sie mir?“ Er sah nun in Zenons erstauntes Gesicht. „Zenon, sie denkt nur an ihre Pflicht. In ihrem Herzen, in ihrem Leben kann ich nicht sein.“
Zenon schüttelte den Kopf. Er hatte ganz andere Dinge erfasst als sein Freund: „Orestes, hast du nie ihren Blick bemerkt, den sie hat, wenn sie dich sieht? Wie sie sich verhält? Dass sie stets verlegen wird, wenn du in ihrer Nähe bist?“
Orestes wurde langsam ärgerlich, weil er nicht glaubte, dass ihn jenes ganz große Glück treffen würde. Was er nicht wusste war, Melania stand direkt hinter der Tür seines Zimmers, in welchem sie diskutierten, und bekam so das gesamte Gespräch mit.
Ihr Herz klopfte unglaublich schnell, als ob es flatterte wie ein kleiner Vogel. Ein kribbeln breitet sich in ihrem Innern aus, noch intensiver als an jenem Tag, als sie ihm zum ersten Mal begegnete.
„Kann es wirklich sein?“ Flüsterte sie sich zu mit einem Lächeln im Gesicht. Sie lehnte sich Kurz mit dem Rücken an den Türrahmen, schüttelte dabei ungläubig den Kopf.
Sie hörte, wie Orestes sprach: „Sie ist meine Sonne, Zenon. In dieser Hinsicht hast du Recht. Ich liebe sie, mehr als mein eigenes Leben, mehr als mein Dasein als Sonnen-Magier. Aber gerade weil sie meine eigene Sonne ist, ist sie für mich unerreichbar.“
Mehr musste Melania nicht hören. Alles kribbelte in ihr, Millionen Schmetterlinge flogen durch ihren gesamten Körper, welcher jetzt nur noch von ihrem Herzen gesteuert wurde. Melania trat durch die Tür und wurde dabei sofort von Zenon bemerkt.
Zenon schmunzelte und meinte dann zu Orestes: „Ich denke du solltest doch mal deine Sonne nach ihrer eigenen Meinung fragen.“ Mit diesen Worten entfernte sich Zenon so schnell es ging aus dem Zimmer.
Als Orestes sich fragte was damit gemeint wäre und sich umdrehte, sah er Melania, die gezielt auf ihn zu schritt. Orestes stand auf: „Melania!“ brachte er noch hervor. Da schon hatte die junge Frau ihre Arme um seinen Hals genommen, zog den Magier zu sich runter und legte ihren Mund auf den seinen.
Im ersten Augenblick war Orestes völlig perplex, bis er registrierte, was gerade geschah: Melania küsste ihn, seine Sonne küsste ihn, den Magier Orestes, Mitglied des Clans der Sonne. Orestes schloss die Augen, erwiderte den Kuss.
Er schlang seine Arme um ihre Taille, sie schmiegten sich immer fester aneinander, öffneten ihre Lippen für einen kurzen Tanz ihrer Zungen.
Draußen ging die Sonne gerade unter, doch im Herzen des Zauberers stieg sie so eben auf. Orestes glaubte nicht, jemals in seinem Leben glücklicher sein zu können.Die Zeit existierte nicht mehr, ihr Tempel existierte nicht mehr. Nur eines existierte: Liebe. Das aller stärkste Band, welches immer zwischen ihnen bestand, nun fühlten sie beide, in jenen Momenten, wie es sich unzerstörbar zusammenschloss.
Kurz löste sich Orestes und sah Melania in ihr wunderbares Gesicht. Sie war schon immer für ihn das Schönste Wesen der Welt, aber jetzt, als sie so ein unglaubliches Strahlen Hatte, welches sicher auch sein Gesicht erfasst hatte, war sie einfach nur noch wie das tausendfache Licht der Sterne.
„Ich liebe dich!“, flüsterte er ihr zu, dabei streichelte er ihre Wange, fasziniert von der Weichheit ihrer Haut.
„Ich liebe dich auch!“ war die Antwort Melanias. Erneut küssten sie sich. Orestes fuhr mit seiner Hand ihre Silhouette nach, bis er an das Band ihres geblümten Kleides ankam. Orestes öffnete es langsam und sah dabei Melania tief in ihre wundervollen braunen Augen. Melania nickte ihm zu, als ihr Kleid zu Boden glitt.
Es war eine Nacht, welche ihnen so vorkommen sollte, als wäre es die allerletzte überhaupt, welche diese Welt noch erleben würde. Sie wurde unvergesslich und wunderbar.
Orestes sah auf seine Hand, verschlungen mit der Hand von Melania. Sie lächelten sich an. Inzwischen stattete der Mond dem Zimmer von Orestes seinen ersten Besuch ab. Kurz sah der Magier auf dessen Abbild durch das Fenster, um sich dann aber wieder seiner Sonne zu zu wenden.
Melania schmiegte sich an seine Schulter. Er legte seinen Arm um sie und streichelte ihre Schulter. So genossen sie einfach die Wärme des anderen. „Orestes, ich,...“
„Pscht,“ machte der Zauberer leise, „nicht jetzt. Nicht mehr in dieser Nacht, meine Liebste.“
Melania nickte und drückte sich noch enger an ihn. Er hatte Recht, diese Nacht brauchte es keine Worte mehr. Wie sie so da lagen und sich gegenseitig Freude und Glück schenkten, dies war Sprache genug.
Plötzlich krachte es. Orestes fuhr ein gewaltiger Schreck in die Glieder. Erneut ein Krachen. Dann die Schreie, die er vernahm: „Wir werden angegriffen, Magier und Soldaten greifen uns an!“ So schnell es ging sprang Orestes aus dem Bett, Melania ebenso, sie zogen sich an.
Dann rannten sie aus dem Raum. Durch viele Gänge, einem nach den anderen. „Wohin rennen wir?“, schrie die junge Frau voller Panik. Orestes zog sie an seiner Hand mit sich.
„Wir müssen zu einem geheimen Gang, einen Fluchtweg!“ Immer weiter rannten sie, andauernd hörten sie Explosionen und Schreie.
Orestes erkannte all diese Geräusche. Kanonen, aber auch magische Zerstörungswut. Warum nur? Sie waren stets ein Clan des Friedens gewesen. Orestes wusste, dass der neue Premierminister nicht gut auf Magier zu sprechen war, aber das er so weit gehen würde`?
Es konnte nur im Auftrag von Tarasios sein, die Armee griff sie an, niemand sonst hat Kanonen.
Staub wirbelte durch die Gänge. Der Geruch von Rauch und Zerstörung ging durch das Gebäude. „Komm, beeile dich, es ist nicht mehr weit!“, rief er Melania zu, welche stark hustete und kurz stoppen musste.
„Ich kann nicht mehr...bitte...rette dich!“
„Ich werde den Tempel nicht ohne dich verlassen!“ antwortete Orestes und zog sie wieder mit sich.
Da, der letzte Torbogen. Nicht mehr weit. Doch gerade, als Orestes meinte ihre Flucht würde gelingen, erkannte er etwas furchtbares: die Feinde, schwarz gekleidete Häscher mit magischen Kräften welche er sofort spürte, kamen aus dem geheimen Gang. Sein Herzschlag setzte kurz aus. „Nein, nein, das kann nicht sein!“ Wie konnten sie es nur wissen. Gab es einen Verräter im Clan? Nein, das war nicht möglich.
„Wir müssen versuchen durch den Haupteingang zu entwischen!“, schrie er nun. Aber er wusste, dies wäre eigentlich unmöglich. Der Geheimgang war blockiert, niemand könnte jetzt noch entfliehen.
Er zog Melania mit sich, auf der Flucht vor den Häschern, die sie jetzt verfolgten. Feuerbälle schossen immer wieder an ihnen vorbei. Irgendwie hier raus, irgendwie wollte er seine Sonne in Sicherheit bringen.
Auf ihrer Flucht sahen sie so manches mal, wie andere Magier der Sonne flüchteten. Immer weiter Schreie.
Und dann, da, der Haupteingang. Schnell rannten sie. „Wenn wir dort sind müssen wir irgendwo hin, uns verstecken, so schnell es geht, es werden feinde beim Tor sein. Es ist unsere einzige Möglichkeit, wenn auch die geringste!“
Vielleicht würde ja niemand der Gegner damit rechnen, dass jemand durch den Eingang flüchten will, waren seine Gedanken, Vielleicht würde niemand das in Betracht ziehen, dass sie diesen Weg benutzen würden.
Sie erreichten das Tor. Schnell öffnete Orestes die Pforte. Doch kaum waren sie einen Schritt hinaus getreten, da explodierte etwas direkt in ihrer Nähe. Orestes verlor die Hand Melanias.
Er wusste selber nicht, wie lange er in der Luft flog durch die Druckwelle, die entstanden war. Die ganze Welt drehte sich vor seinen Augen in einem grausamen Tanz. Dann kam ein harter Aufprall. Es dauerte seine Zeit, bis Orestes wieder fähig war, normal zu sehen.
Er wusste selber nicht, wie lange. Waren es nur Sekunden gewesen, die er benommen lag, in einem Gebüsch am Rande des Waldes? Oder doch Minuten? Der Magier drehte sich in Richtung des Tempels.
Der Tempel, welcher Ähnlichkeit hatte mit eine mittelalterlichen Burg, bestehend aus Mauerwerk und runden Türmen mit spitzen Dächern, stand in Flammen. Orestes sah, dass der Haupteingang eingestürzt war.
„Melania!“ Orestes wollte hin rennen, doch da explodierte alles. Die gesamte Front des Tempels ging in einem gewaltigen Flammenball auf. Der Knall lies Orestes zusammenzucken, die Lautstärke warf ihn auf den Boden.
Er sah hin. Nichts war mehr da. Alles glühte in Feuerrot. Nur noch Trümmer. In diesem Augenblick, als der Tempel zusammenstürzte, stürzte auch alles in Orestes zusammen. Sein Herz zog sich schmerzvoll zusammen. „Melania!“, schrie er.
Schreie ließen ihn aufhorchen, nachdem er mit Tränen in den Augen das Schauspiel brachtet hatte, welches so grausig war. Die Häscher.
So schnell er konnte, rannte er davon. Da er keine helle Kleidung trug war es keine Schwierigkeit gewesen, zu entkommen. Schnell, wie es ihm sein Instinkt sagte, hatte man ihn aus den Augen verloren
Als er dann ab einer Lichtung ankam, die Flucht nicht mehr in seinem Gedanken war, kamen die anderen Gedanken zu ihm.
Es war vorbei. Der Tempel vernichtet. Niemand konnte entkommen, war doch der einzige Fluchtweg versperrt gewesen durch den Feind, wer auch immer es letztlich wirklich war, Orestes war sich sicher, es musste Tarasios was damit zu tun haben.
Warum glaubte man, den Clan mit der Armee angreifen zu müssen? Aber das schlimmste war, seine Sonne war weg. Er hatte nur eine wunderbare Nacht mit ihr gehabt, und nun? Alles war zerstört.
Man hatte bemerkt, wie das Volk immer mehr von Tarasios in seinen Bann gezogen wurde, mit seinen reden gegen die Magier außerhalb des Staates.
Er konnte hervorragend reden, gegenüber jedem Bürger und den Ratsmitgliedern, und keiner wollte hinter diese Worte blicken. Es war ihnen zu schwer, dem Volk, sie wollten sich nicht mit Einzelheiten beschäftigen und Zeit dafür verwenden.
Viel zu wenig zeit. Gerade eben hatte er sie gewonnen, und schon wurde ihm das Glück genommen, für immer.
Orestes brach zusammen und weinte hemmungslos. So viel Leid in so kurzer Zeit. Somit wurde es für Orestes klar, man kann versuchen zu kämpfen, wie es Mitglieder seines Clans mit Worten getan haben, um dem Volk zu zeigen, der Clan wäre niemals sein Feind, und doch bringt es nichts, wenn der Feind jemand ist wie Tarasios, und letztlich wohl auch die Mehrheit des Volkes.
Man kann die Verhältnisse nicht ändern, nur sich mit ihnen abfinden. Orestes nahm sein Gesicht in die Hände, als er auf dem Boden lag, und weinte immer weiter. Selbst das erste schwache Licht der Sonne vermag ihn nicht mehr zu trösten. „Melania!“ schluchzte er.
Mit einem schnellen, erschrecktem Atmen öffnete der Zauberer die Augen. Inzwischen war es Morgen. Erste Sonnenstrahlen lugten in seine Hütte und erhellten den Raum. Orestes erhob sich und
setzte sich auf die Kante seines Bettes.
Der Zauberer senkte den Kopf in seine Hände und versuchte die Furchtbaren Bilder zu verscheuchen. Als er den Kopf hob, sah er den Jungen Matthaios an der Tür in seinen Schlafraum stehen, und der Magier glaubte, Besorgnis in dessen Augen zu sehen.
„Was machst du hier?“ wollte der Zauberer wissen.
Matthaios schien zuerst nicht wirklich zu wissen, was er tun sollte, doch dann trat er doch einen Schritt vor: „Ich habe gehört, wie ihr richtig laut geworden seid. Ihr habt fast geschrien. Hattet ihr einen Alptraum?“
Der Magier blickte das Kind an. Nach einigen Sekunden antwortete er: „Ja. Ein Traum aus Erinnerungen, die mich seit Jahren quälen. Aber...ich denke, es ist nicht leicht für dich, dies zu verstehen.“
„Da habt ihr wohl recht,“ pflichtete der Junge ihm bei.
„Komm, setze dich zu mir. Ich denke die Zeit ist gekommen mir zu sagen, woher du kommst. Und auch, dass ich dir mitteile, wer ich bin, und woher ich komme.“
Kapitel 4
Nach einigem Zögern setzte sich der Junge schließlich neben den Zauberer. „Also, woher kommst du?“
„Wenn ihr den Ort meint, den kann ich euch nicht genau nennen.“
„Nicht?“ Orestes wunderte sich. „Warum denn?“
„Meine Mutter und ihre Freunde,“ erwiderte das Kind, „werden von Tarasios verfolgt. Wir müssen uns immer verstecken.“ Orestes hörte gebannt zu. „Die Freunde meiner Mutter sind Magier und welche, die mit ihnen verbündet sind, jedenfalls hat das meine Mutter mir gesagt. Ich kann mich nicht so gut gegen Magie wehren, die einem in die Gedanken sieht. Deshalb hat man mir immer die Augen verbunden, wenn wir unser Versteck verlassen haben.
Falls ich von Tarasios oder seinen Leuten gefangen werden würde, könnten sie somit nicht durch mich das Versteck finden.“
Orestes ließ diese Sätze erst mal sacken, ehe er weiter fragte: „Werden sie jetzt nach dir suchen?“
„Hoffentlich. Ich habe nur geheime Hinweise auf Papier und einem Medaillon bekommen, damit ich den Weg finde, sollten wir getrennt werden. Aber ich bin aus diesen nie schlau geworden. Man sagte mir, nur eine Bestimmte Gruppe könnte die Zeichen deuten.“
Orestes wusste, diesem Kind musste er helfen. Es braucht sein Zuhause wieder. Also musste er dafür diese Hinweise sich ansehen. Vielleicht könnte er ja was tun. „Dürfte ich das Medaillon mal sehen?“ fragte er.
Matthaios sah den Zauberer kurz verwundert an, dann aber kam ein ganz kleines Lächeln hervor. Hoffnung, ja, so was erkannte Orestes schnell, besonders bei einem Kind. Matthaios holte etwas hervor, welches hinter seinem Hemd war, und gab es Orestes.
Orestes nahm es in Augenschein. Von einer Sekunde auf die nächste erfasste ihn ein Schauder. Es war ein vergoldetes Medaillon, das Bild zeigte eine Sonne, doch unten war eine Blütenknospe zu erkennen.
„Was ist?“ wunderte Matthaios sich. Orestes konnte zuerst gar nichts sagen. Seine Kehle war wie zu geschnürt. Das konnte doch nicht sein. Das war unmöglich.
„Dieses Zeichen,...“, Orestes musste ein paar mal durchatmen, ehe er weiter sprechen konnte, „wird an Abkömmlinge von Magiern der Sonne gegeben. Dein Vater ist Mitglied des Clans der Sonne.“
„Ihr kennt den Clan der Sonne? So nennen sich die Freunde meiner Mutter.“ Matthaios besah sich Orestes jetzt genau. Da war etwas. Irgendwie glaubte Matthaios, mit diesem Mann war etwas besonderes verbunden. Es kam ihm vertraut vor.
Orestes antwortete: „Ja. Ich war ein Mitglied des Clans, bis der Tempel zerstört wurde. Sie leben noch. Ich dachte, sie wären alle tot, dass der Clan nicht mehr existiert.“
Welch eine Freude fuhr in Orestes hinein. Sein Clan war also doch noch da. Er betrachtete den Jungen jetzt mit einem Lächeln.
„Sag mir, was hat deine Mutter über deinen Vater gesagt? Vielleicht kenne ich ihn ja?“
„Nun ja,“ meinte der Junge, „sie war schon lange in ihn verliebt. Aber es dauerte lange, bis sie ein Paar wurden. Sie hatte zufällig mitbekommen, wie er einem Freund sagte, dass er meine Mutter mag.
Sie hat es ihm gesagt, danach haben sie sich umarmt. Sie haben sich ganz doll lieb gehabt.“ Orestes entging nicht, wie Matthaios Tonfall irgendwie niedergeschlagen wurde.
„Was ist?“ fragte Orestes.
„Mama ist immer sehr traurig, wenn sie von ihm spricht. Sie vermisst ihn sehr,“ antwortete Matthaios. Orestes fühlte mit ihm, besser gesagt ihr mit.
„Ich kann mir denken, wie sie fühlt. Ich habe auch einen wichtigen Menschen verloren,“ sagte er.
Einige Sekunden schwiegen die beiden. Dann fuhr Matthaios fort: „Sie meinte, er wäre ein guter Magier gewesen. Geschickt, stets auf seine Pflichten achtend.“ Matthaios stockte. Er sah zum Zauberer: „Bevor ich weiter spreche, wie heißt ihr?“
„Orestes!“ antwortete der Magier schnell. „Nachdem ich deinen Namen kenne, ist es nur richtig, wenn ich dir meinen nenne.“
Einige Sekunden, sah Matthaios Orestes an, dann wendete er seinen Blick von ihm ab. „Sie haben sich verloren nachdem sie sich lieb hatten,“ erzählte er weiter.
„Das ist tragisch,“ erwiderte der Zauberer. „es wäre schön gewesen, wenn ich ihr hätte helfen können. Wenn ich ihnen hätte helfen können, damals, als der Tempel vernichtet wurde. Es zehrt sehr an mir.“
„An ihr auch,“ sprach der Junge. „Und auch an mir.“
„Ich wüsste gerne den Namen deiner Mutter,“ redete Orestes. „Der Clan hatte zwar viele Mitglieder, wobei, ich kann ja zum Glück hat sagen, und ich kenne deshalb nicht alle, auch nicht zwingend alle Helfer dort, deine Mutter war doch eine Helferin richtig?“
„Ja!“ folgte die schnelle Antwort.
„Aber sollte ich sie kennen, würde es mir sicher helfen, sie für dich wieder zu finden, wenn du das willst. Außerdem kann ich dann wieder zu meinen Kameraden zurück.“
Matthaios schwieg erst mal einige Zeit lang. Orestes ging einiges durch den Kopf. Vor allem, wie er sie finden sollte, jedoch, wenn der Junge Hinweise hat, die nur ein Mitglied des Clans der Sonne deuten kann, konnte es nicht schwer sein.
Aber er fragte sich auch, warum der Junge erst mal schwieg? Hatte er Misstrauen gegenüber dem Zauberer? Aber warum sollte er, er war ein Sonnenmagier? Gerade als Orestes nachfragen wollte, sagte Matthaios: „Sie heißt Melania“
Nein. Das konnte doch nicht sein. Seine Melania? Sie hatte ein Kind? Sie war glücklich mit einem anderen Mann? Wie konnte sie es ihm nur antun.
Ihm war, als ob jemand von hinten sein Herz raus gerissen hätte aus seiner Brust. Eine schmerzliche Hitze war in seinem Innern. Es ging durch ihn hindurch, bis in seinen Kopf. Er spürte Tränen aufkommen, aber er unterdrückte sie. Er durfte keine Schwäche zeigen, nein.
Tief atmete Orestes durch. Dann fragte er rau, mit etwas leiserem und eher neutralem Ton: „Und der Name deines Vaters?“ Eigentlich, so ging es ihm jetzt durch den Kopf, konnte und durfte er weder ihr, noch dem Mann, der Vater dieses Kindes war, einen Vorwurf machen.
Konnte er denn erwarten, dass Melania so lange Zeit sich nicht wieder verlieben würde? Sie wollte glücklich sein wie alle Menschen, und wenn es jetzt durch jemand anderen geschehen war, so war es so.
Er würde wohl auch diesen Mann, der nun auch von Melania getrennt war, suchen müssen oder andere ihn suchen, wenn er seine Kameraden wieder gefunden haben sollte. Aber wie er ihr selber unter die Augen treten würde, das war für ihn jetzt eine schwere Aufgabe, die ihn dann erwarten würde. Könnte er das überhaupt überstehen?
Wegen seines Trübsinns bekam er nur gerade so mit, wie Matthaios zu ihm die Worte: „Sein Name steht auf meinem Medaillon,“ hörte. Klar, seufzte er, auf den Medaillons steht immer der Name des Vater eines Abkömmlings eines Mitglieds seines Clans. So war es immer Tradition gewesen. Also besah er sich erneut das Schmuckstück.
Aber diesmal die Rückseite, auf welcher der Name des Vaters eingraviert war. Orestes begann die Zeichen der Sonne, eine spezielle Schrift des Clans welche die wichtigsten Geheimnisse beschützen soll, zu entziffern. Dies aber mit einer unglaublichen Gleichgültigkeit, hatten ihn doch in wenigen Momenten Freude und dann wieder Schock, Traurigkeit und Niedergeschlagenheit erfasst. Er hoffte dadurch weitere Schmerzen zu verhindern, jedenfalls sie zu fühlen.
„Matthaios,“ entzifferte er die Zeichen, „Abkömmling eines Mitglieds vom Clan der Sonne. Dessen Name: Orestes.“
Orestes sah auf. Auf einen Schlag begann alles in ihm sich durcheinander zu bewegen. Sein Herz schlug sehr schnell, sein Kopf wurde von vielen rasenden Gedanken durchzogen. Das war doch nicht möglich. War dieser Junge...
Der Zauberer bekam wieder erste Tränen, als er auf den Jungen blickte. Er schien ihn die ganze Zeit beobachtet zu haben, während er die Schrift entzifferte. Jetzt erkannte Orestes einige Züge in diesem Kind, die ihn an Melania erinnerten. Aber er bemerkte auch jetzt erst, bei näherer Betrachtung, wenige Dinge, welche ihn an sich selbst erinnerten, als er selber ein Kind war. Züge von dem Willen, Dinge richtig zu tun, und doch auch sich selber Freude zu geben.
Warum nur hatte er diese Züge nicht gleich erkannt? War er so blind gewesen? Oder waren zehn Jahre voller Nachtrauern und teils auch Wut zu seinem Nebelschleier vor den Augen geworden? Denn Orestes wusste: Was auf diesen Medaillons stand, war immer die Wahrheit. Und Matthaios wusste es offensichtlich genau so.
„Papa!“ Schluchzend warf sich Matthaios an den Magier. Erst noch zögerte Orestes, aber dann schlang er seine Arme um das Kind und drückte es an sich. Und beide weinten jetzt hemmungslos. Hemmungslos vor lauter Freude, als Orestes flüsterte: „Mein Sohn.“ Ein paar Züge lang schluchzte er, ehe er es wiederholte: „Mein Sohn!“
Es vergingen einige Minuten, ehe sich die beiden kurz von einander lösten. Lange sahen sich Vater und Sohn in die Augen. Und es gab einfach keine Zweifel. Orestes erkannte sich selbst in so vieler Art und Weise, und er erkannte Melania. Seine Melania, welche noch lebte. Und die Mutter ihres gemeinsamen Sohnes war.
Erneut schloss er sein Kind in seine Arme. „Papa?“ fragte Matthaios.
„Ja?“ fragte der Zauberer.
„Ich will zu Mama!“ Orestes kamen erneut die Tränen. Ja, jetzt hatte er nicht nur erfahren, einen Sohn zu haben, sondern ihn auch in seinen Armen, aber das war nicht perfekt, noch lange nicht. Orestes wollte eine Familie.
Er wollte Melania und seine Kameraden finden. Er wollte Melania heiraten nach Tradition des Sonnenclans. Mit ihr zusammen ihr Kind groß ziehen, weitere Kinder bekommen. Und besonders wollte er in Frieden leben-mit seinem Clan. Er hatte ein Ziel: Endlich hatte er in seinem Leben wieder ein Ziel.
Orestes sah sich also Matthaios wieder an, in dessen Augen die Tränen blinkten, wie sie wohl auch in seinen waren: „Wir finden sie!“
„Wirklich?“ fragte Matthaios voller Hoffnung?
„Ja. Wenn man dir die Hinweise gegeben hat, welche nur ein Mitglied vom Clan der Sonne deuten kann, wer soll dir sonst helfen außer mir?“ Nun hatte ein Lächeln Orestes Gesicht erfasst, und auch Matthaios wurde nun von einem solchen erfasst.
„Da hast du recht, Papa. Wer sonst?“
Orestes besah sich seinen Sohn noch ein mal, ehe er sprach: „Und während wir deine Mutter suchen, lehre ich dich, die Magie der Sonne zu nutzen.“
„Was?“ Matthaios sah mit großen Augen auf seinen Vater. „Du bringst mir das Zaubern bei?“
„Natürlich,“ schmunzelte Orestes. „Du bist mein Sohn und trägst damit das Talent in dir, die Energie der Sonne für Magie zu nutzen.“
Matthaios Augen fingen an zu leuchten: „Super!“, rief er enthusiastisch.
„Aber jetzt wird erst mal was gefrühstückt, dann besorgen wir Proviant, einverstanden?“
„JAAAAAA!“ rief Matthaios und schon war er aus dem Schlafzimmer von Orestes hinausgerannt. Orestes sah ihm mit einem kleinen Lachen hinterher.
Aller Kummer war für diese wenige Augenblicke vergessen. Orestes konnte nicht glauben, wie viel Glück ihm in einem Moment gegeben wurde. Nicht nur, dass er erfahren hatte, dass seine Freunde des Clans noch lebten, dass seine große Liebe noch lebte, nein, er hatte auch noch einen Sohn, und diesen so eben gefunden. Zum ersten mal seit der Tempel vernichtet worden war, blickte Orestes wieder optimistischer in die Zukunft.
Das Schicksal und Matthaios hatten seinem Leben endlich wieder ein Ziel gegeben.
Kapitel 5
Tarasios besah sich die Karte von Asano zusammen mit seinen Häschern. Allerdings nicht in seinem Arbeitszimmer, sondern einer kleinen Hütte, welche versteckt in einem Wald lag. Der Anführer der Häscher zeigte ihm verschiedene Orte und kommentierte: „Hier haben wir den Jungen zuletzt gesehen, hier haben wir, wenn mein Gedächtnis mich nicht trügt die Gruppe entdeckt bei der er dabei war.“
„Und wo seid ihr dem Magier begegnet?“ fragte Tarasios.
Der Häscher antwortete: „Genau kann ich das kaum sagen. Ich glaube wir sind, als wir ihn verfolgten, immer weiter in den Wald eingedrungen. Ich denke nicht, dass wir den Weg genau verfolgen können. Dürfte eher schwierig werden.“
Tarasios beugte sich etwas über den Tisch, führte eine Hand an sein Kinn und grübelte: „Wenn der Magier etwas mit dieser Widerstandsgruppe zu tun hat, wird er mit dem Jungen in ihr Versteck gehen. Das Problem ist, er war, so sagt ihr mir, vermummt, womit wir nicht wissen, wie er aussieht. Wir können nur versuchen die Spur des Jungen wieder zu finden, doch das Gesicht eines Kindes kann ich auf keinen Steckbrief setzen.
Doch der Mann wird das wohl in seine Überlegungen mit ein beziehen.“
„Was sollen wir also tun, Premier?“, erkundigte sich der Häscher.
Tarasios sah zu ihm: „Führt eure Suchaktionen weiter durch wie bisher. Das Gesicht des Kindes habt ihr ja an unsere Kontakte weiter gegeben. Beobachtete alles, absolut alles jetzt umso genauer.“
„Was ist mit den Hinrichtungen die geplant sind?“, fragte der Häscher.
„Ebenfalls durchführen wie geplant. Wir haben ja einige der Widerstandsgruppe an uns gebracht. Wenn diese sehen, wie ihre Kameraden sterben, wird das den Druck auf sie erhöhen.“ Er kreuzte die Arme vor seiner Brust: „Menschen begehen immer Fehler, wenn sie unter Druck geraten. Und hier wird sich dieser erhöhen, mit jedem Hingerichteten immer weiter.“
Der Häscher beugte sich etwas vor zu Tarasios: „Aber wenn diese Widerständler versuchen sie zu befreien?“
„Genau dafür sollt ihr die Plätze doch überwachen. Ich habe die Köpfe der Männer auf Steckbriefe gesetzt, wenn wir sie einfach so im Kerker töten ohne offizielles Urteil werden das Volk und der Rat misstrauisch.
Nicht zu vergessen, wenn es keine offiziellen Hinrichtungen gibt glaubt der Rat nicht mehr an eine bestehende Bedrohungssituation, ohne Urteile, und entzieht mir die Gewalt über die Gerichte und deren Besetzung.
Sie müssen weiterhin glauben, dass die Situation in diesem Land derart bedrohlich ist, dass es besser ist wenn ich sofort die Besetzung der obersten Gerichte, welche auch über Widerständler befinden, bestimme als wenn sie darüber debattieren.
Sie wundern sich sowieso schon über den langen Zeitraum, wo ich diese Gewalt für mich beanspruche, es sind nun mehr 6 Monate. Umso wichtiger, dass wir diese Gruppe endlich ausheben, uns läuft die Zeit davon.“
„Ja, Premierminister,“ erwiderte der Häscher.
Tarasios zeigte auf ein paar Punkte auf der Karte, welche blau markiert waren: „Hier, hier und hier, dort überall haben wir sie zuletzt gesehen. Sie schaffen es dafür zu sorgen, dass wir einfach kein Rückzugsgebiet erkennen können.Sie müssen die Hilfe von Magiern haben oder selber Magie beherrschen.“
Der Häscher wollte wissen: „Transportzauber?“
„Viel zu riskant,“ sprach Tarasios, „solche Magie ist nur sehr, sehr selten erfolgreich benutzt worden
und hat die Anwender oft genug das Leben gekostet. Wahrscheinlicher dürften Tarnzauber sein. Also wacht in nächster Zeit nochmal so genau wie bisher auf jegliche Anzeichen von Magie.“
„Papa, ich schwitze so sehr unter diesen Verbänden. Der Hinweg war ja echt furchtbar. Muss das sein?“ Matthaios gefiel seine Situation überhaupt nicht. Sein ganzes Gesicht war während des Weges zu Timaios mit weißen Verbänden bedeckt, nur seine Augen waren frei. Außerdem juckte es ab und an.
Orestes, welcher kurz vom Tisch weg sah, auf dem der vorbereitete Proviant lag, schmunzelte. Es war gerade wenige Stunden her, seit er erfuhr, dass er Vater ist, aber er erhielt bereits die Erfahrungen, die es eben so gab wenn man ein Kind hat.
Er erwiderte: „Tut mir leid, aber die Häscher kennen dein Gesicht an Stelle von meinem, jedenfalls meinem als das eines Magiers. So lange wir in einer Stadt oder einem Dorf sind, ist es besser wenn die Menschen glauben, die Verbände verdecken Brandwunden. Es ist zu unser Beider Sicherheit.“ Dann wandte er sich wieder Timaios zu.
Sein Freund musste auch etwas schmunzeln, während er weiter neben Proviant ein paar weiter hilfreiche Dinge dazu legte. Dazu gehörten auch Verbände, Salben und eine Karte von Asano. Matthaios hatte einen etwas kleineren Rucksack von Timaios bekommen, während Orestes selber schon länger einen besaß.
Timaios musste feststellen, wie ähnlich sich wirklich Vater und Sohn waren. In einigen Gesten, Blicken und Bewegungen waren sie praktisch gleich. Als er von Orestes gehört hatte, wer Matthaios war, war er natürlich auch erst mal etwas perplex, letztlich freute er sich doch für den Zauberer.
Zum einen gab es noch Hoffnung für den Clan, und zum Anderen hatte Orestes jetzt einen ersten, kleinen Teil seiner Familie, als welche dieser stets auch den Clan betrachtete, wieder zurück.
Orestes Suche nach dem Rest seiner Familie würde hoffentlich ein Erfolg werden. Er wünschte es den beiden von ganzem Herzen.
„Timaios,“ der Magier holte seinen Kameraden aus dessen Gedanken, „bitte denk daran, erwähne nie irgendetwas. Ich hoffe, keiner hat gemerkt wie wir in Kontakt standen. Sei nichts desto Trotz auf der Hut.
Wenn man sowohl die Beziehung zwischen meinem Sohn und mir als auch die zwischen uns beiden erfahren sollte, wirst du ein bevorzugtes Ziel von Tarasios Häschern sein.“
Orestes war sehr besorgt um Timaios. Er war die einzige Stütze gewesen in den letzten zehn Jahren.
Timaios verstand die Sorgen: „Ich werde aufpassen, alter Freund.“
Orestes und Timaios verbanden dann Matthaios wieder das Gesicht. Als sie damit fertig waren, war die Zeit für den Abschied gekommen. Orestes legte seine rechte Hand auf die Schulter von Timaos, und dieser tat es ihm gleich: „Passt gut auf euch auf,“ sagte Timaios. „Findet eure Familie wieder. Und wenn ihr sie gefunden habt, dann, ich bitte dich darum, versucht für diese Familie die Zukunft zu ändern.
Ich weiß, du glaubst nicht daran, es wäre Möglich die Verhältnisse zu ändern, und das ist es für dich alleine wohl auch nicht, aber für den Clan ganz bestimmt. Ich hoffe, wir sehen uns dann bald wieder.“
„Ich werde es versuchen,“ sprach der Zauberer. „Danke, Kamerad.“
Mit einem Schmunzeln meinte Timaios dann noch zu Matthaios: „Pass mir gut auf ihn auf, junger Mann. Bei ihm muss man immer vorsichtig sein.“
„Mach ich,“ redete Matthaios. Einmal noch lachten sie alle leise, dann verließen Vater und Sohn die Hütte.
Möglichst unauffällig gingen sie durch die Stadt, zielstrebig in Richtung Wald, und wenn einer fragte, was mit dem Jungen los sei, so gab Orestes die Begründung von den Brandverletzungen kund.
Als sie den Waldrand erreichten und die Stadt in den Rücken bekamen, nahm Orestes den Zettel her raus, während Matthaios sich aufatmend von den Verbänden befreite. „Und, wo müssen wir hin?“ fragte er seinen Vater.
Orestes meinte mit Blick auf den Hinweis: „Hier steht: Als Beginn deiner Reise gehe hin, wo sich Helios stets am Morgen am besten gefühlt hatte. Dort, wo die Strahlen, welche ihn stärkten, als aller erstes jenes erweckte, was die Sonne versorgt, beginnt der Pfad.“
Matthaios wollte wissen: „Was heißt das?“
Orestes erklärte nach einigen Überlegungen: „Unser Clan-Gründer, Helios, fühlte sich am Morgen am meisten wohl, von wo die Strahlen der Sonne kommen. Die Sonne geht im Osten auf, also muss es im Osten Asanos sein.
Die Strahlen, welche ihn stärkten, sind die Sonnenstrahlen. Sie versorgen das Leben. Und es gibt somit kaum mehr Leben als im Waldgebiet an der Ostgrenze unseres Landes. Demnach ist das Waldgebiet dort unser Ausgangspunkt.
Wenn ich mich nicht irre,“ und dabei betrachtete er die Karte, welche er vorher unter seinem Arm eingeklemmt hatte, „müssen wir also hier lang. Zum Glück liegen auf diesem Teil der Strecke keine Dörfer, nur eine Straße. In ein drei bis vier Stunden müssten wir den Rand des Gebietes erreicht haben, schließlich liegt das Dorf, das wir eben verlassen haben, bereits weiter östlich.
Wir machen eine Pause, wenn wir weiter innen in diesem Wald sind, dann bringe ich dir die ersten Dinge bei. Einverstanden?“
„Klar!“ folgte die sofortige Antwort.
Nachdem Vater und Sohn dann in einem Gebiet waren, in welchem die Bäume um einiges enger standen, entschieden sie sich zu rasten. Sie aßen ein wenig, tranken etwas, redeten. Inwzischen war es Mittagsstunde.
Als sie fertig waren, erhob Orestes sich: „Also, mein Sohn, fangen wir an.“
„Au ja!“ rief Matthaios und war nun ganz enthusiastisch.
„Na na, immer langsam mit den jungen Pferden,“ beschwichtigte Orestes, „erst mal zeige ich dir, was für dich möglich ist, mit Zeit und Übung.“
Der Magier schloss seine Augen. Matthaios beobachtete seinen Vater ganz genau, aber bis auf ein nun etwas langsameres Atmen schien nichts zu passieren.
Dann aber nahm Orestes seine Hände ganz nahe bei einander, und nach wenigen Augenblicken bildete sich eine golden leuchtende Kugel. Der Zauberer öffnete die Augen.
Matthaios Mund klappte auf vor Staunen als er sah, wie sein Vater die leuchtende Kugel durch die Gegend schweben ließ. Sie flog nach oben, unten, links und rechts. Begleitet von Bewegungen seiner Hände ließ er sie auch durch seine Beine schweben, dann auch durch die seines Nachkommen, welcher sich mit einem Lachen nach der Kugel umdrehte. Dann ließ der Zauberer seine Arme sinken und die Kugel verschwand.
„Das war schön!“, rief Matthaios erstaunt. „Wie macht man das?“
„Die Kugel bestand nur aus Energie des Sonnenlichts, mein Sohn. Ich habe die Energie gesammelt und konzentriert,“ erklärte Orestes. „Aber bevor du die Energie der Sonne nutzen kannst, musst du sie spüren.“
„Was muss ich machen?“ Matthaios wollte nun unbedingt so schnell wie möglich das machen, was sein Vater erreichte.
Orestes ging nun dicht vor seinen Sohn und legte ihm beide Hände auf die Schultern. „Schließe deine Augen!“ Matthaios gehorchte. „Und jetzt, mein Sohn, atme ganz ruhig. Langsam und gleichmäßig. Konzentriere dich dabei auf die Wärme, welche die Sonnenstrahlen spenden.“
Matthaios tat wie ihm geheißen. Langsam ließ er seinen Atem strömen. Er dachte nur daran, die Wärme zu fühlen, die durch die Sonne auf seinen Körper wirkte. Die Wärme tat unglaublich gut. Matthaios genoss sie, ertastete sie.
Nach einiger Zeit aber fühlte, wie diese Wärme nicht mehr einfach nur noch Wärme war. Es wurde zu etwas anderem. Nach und Nach war es immer wohltuender und auch irgendwie voller Energie. Ja das war es.
Matthaois spürte eine Energie. Und sie floss. Sie floss durch die Luft, durch den Wald, an seinem Körper entlang. Ebenso erkannte er, wie jene Energie sich langsam mit ihm verband. Sie begann, ihn zu stärken.
Es war, als ob sie wollte, dass Matthaios nach ihr griff, ja man könnte meinen, sie wäre wie etwas zu Essen, welches einem auf einem Tablett serviert wird. Er spürte es und es erheiterte ihn. Eine Glückseligkeit, welche die Ganze Welt umso mehr erstrahlen ließ.Da hörte er seinen Vater sprechen: „Nun öffne deine Augen.“ Der Junge gehorchte.
Orestes blickte nun in zwei Augen, die Leuchteten. Strahlten. Man könnte meinen, es wären Sterne.
„Was hast du gefühlt?“, fragte er seinen Nachkommen.
„Die Wärme wurde zur Energie, die überall floss, sie wollte auch in mich fließen. Ich glaube, ich hätte sie einfach nehmen können.“ Matthaios war überwältigt.
Orestes nickte: „Dies ist der erste Schritt auf deinem Weg. Du musst erst mal anfangen, die Energie zu spüren. Diese Energie wird durch das Licht der Sonne erzeugt und ist die Grundlage unserer Magie. Nur wer das Talent dafür hat ist dazu fähig.
Aber bedenke, in der Natur und der Welt ist sie nur vorhanden, solange es Tag ist und das Licht der Sonne auf die Erde kommt.“
„Aber,“ wollte Matthaios wissen, „wie kann man dann zaubern, wenn die Sonne nicht schient?“
Orestes Schmunzelte: „Geduld, mein Sohn. Erst ein mal musst du lernen, wie man die Energie durch das Tageslicht zu nutzen vermag, ehe du auch andere Quellen zu finden vermagst.“
„Na gut.“ Matthaios wollte eigentlich sofort alles wissen und können, wie es für Kinder in jenem Alter normal war, doch war ihm klar, sein Vater würde wohl damit warten.
„Ich denke es wird Zeit dass wir unseren Weg fort setzen. Wir sollten den Wald im Osten noch heute erreichen, damit wir dann weiter gehen können,“ redete Orestes. Matthaios stimmte zu und so gingen sie weiter ihren Weg.
Es dauerte seine Zeit bis sie den Wald endlich erreichten. Es fing bereits an zu dämmern. „Und jetzt?“ fragte Matthaios.
„Wir müssen nach einem Zeichen suchen, das hinterlegt worden ist,“ war die Antwort.
Also suchten sie einige Zeit lang, dabei drangen sie immer tiefer in den Wald ein. Als es bereits fast komplett dunkel war, entdeckte Orestes etwas. „Schau, dort!“
„Was denn?“ erkundigte sich der Junge.
Der Magier zeigte auf einen etwas lichtere Stelle, dicht bewachsen mit gelben Blumen, die etwas kreisförmig aussahen. Orestes war erleichtert: „Dies ist die Stelle die wir gesucht haben, mein Sohn. Gelbe Blumen, kreisförmig bewachsen sie jenen Ort. Dies ist eine Sonne, da bin ich mir sicher.“
„Jaaaa!“ rief Matthaios und sprang etwas herum, wobei er jubelte.
„Na komm,“ meinte Orestes mit einem Lachen, „es wird Zeit zu schlafen.“ Der Magier holte Decken aus seinem Rucksack her raus und machte daraus zwei Schlafstellen. Zwar nicht wirklich die gemütlichsten, aber immerhin.
„Und wenn uns Tiere anfallen?“ Matthaios hatte etwas Angst vor der Dunkelheit.
Doch Orestes erwiderte: „Mach dir keine Sorgen, ich habe einen Kristall bei mir, welcher einen hellen Strahl los schickt sollte sich etwas uns nähern. Das dürfte sie verjagen.“ Derart beruhigt legte sich Matthaios dann auf seine Schlafstelle neben seinem Vater, schlüpfte unter die Decke und wartete, bis auch sein Vater sich auf den Boden begeben hat.
„Gute Nacht, Papa.“
„Schlaf gut mein Sohn.“
„Habt ihr eine Spur von ihm?“ Die Frau sah verzweifelt zu den Männern, welche so eben den Raum betreten hatten. Sie schüttelten die Köpfe.
Im Innern der Frau zerbrach einfach alles. Ihr Herz schmerzte. Sie hatte bereits ihre Liebe verloren, sollte sie jetzt auch noch ihren Sohn nicht mehr bei sich haben? „Wenn Tarasios Häscher ihn haben,“...
„Daran solltest du erst gar nicht denken, Melania!“ fiel ihr ein dritter Mann ins Wort. „Er ist ein kluger, geschickter Junge. Ich bin sicher, er wird es in unser Versteck schaffen.“
Melania erwiderte: „Wie soll er den Weg finden. Ohne Hilfe eines Sonnenmagiers hat er doch keine Chance die Hinweise zu verstehen, Zenon.“
Zenon legte ihr eine Hand auf die Schulter: „Ich bin sicher, Helios und die Sonne werden ihn mit seinem Vater zusammen führen.“
„Woher willst du wissen dass Orestes überhaupt noch immer am Leben ist?“ schniefte Melania. Und Zenon lächelte aufmunternd: „Weil ich ihn genau kenne und dir sagen kann: eher erlischt die Sonne als dass Orestes sich jemals von irgend jemandem das Leben verkürzen lässt. Ich fühle es einfach.“
Melania schluchzte noch ein mal: „Ich kann nur hoffen du behältst Recht.“
Kapitel 6
Tarasios besah sich die vielen Dokumente die er gerade auf seinem Tisch hatte. Seine Häscher standen bei ihm. Den Wachleuten alleine traute Tarasios nie, weshalb der Premierminister stets auch seine Häscher beauftragte, bei offiziellen Anlässen heimlich Wache zu schieben. Wie eben auch diesem, der bevor stand.
„Die Hinrichtungen sind in sechs Tagen, my Lord,“ sagte der Anführer. „Wir haben bereits erste Pläne für die Überwachung der Routen für den Gefangenen-Transport angefertigt.“ Er reichte ihm weitere Papiere.
„Gut,“ antwortete der Regierungsleiter, „sehr gut. Vergesst nicht äußerst aufmerksam zu sein. Wie geht die Suche nach dem Jungen voran?“
„Bisher gibt es noch keine Hinweise darauf, wohin er ist und wer der Mann ist, welcher ihm geholfen hat. Allerdings durchsuchen wir möglichst alle Gebiete die sich als Versteck eignen könnten,“ war die Antwort.
Tarasios sah ihn streng an: „Es wäre besser wenn ihr euch damit beeilt. Ich will den Jungen und diesen Magier.“ Der Premierminister stand auf und drohte mit dem Finger: „Durchsucht vor allem die Wälder und Gebirgsketten! Und zwar gründlichst. Und es wäre besser wenn ihr nicht versagt. Ihr wisst was euch sonst blüht.“
Der Häscher schluckte, ehe er sich verbeugte: Natürlich my Lord.“
Die Sonne schickte ihre ersten Strahlen durch das Blätterdach des Waldes. Das erste Zwitschern der Vögel kündigte den Beginn eines neuen Tages an. Langsam aber sicher wich die morgendliche Kühle des Morgens zurück und wurde durch die Wärme des Mittags abgelöst.
Die Augen des Sonnen-Magiers zuckten und schließlich öffnete er sie. Es war schon lange her, seit er wieder dieses wunderbare Gefühl hatte wenn die Sonne ihre erste Energie schickte. Eigentlich hatte er sie seit der Zerstörung des Tempels niemals wirklich wahr genommen, zu sehr hatte ihn der Schmerz über zehn Jahre gefangen genommen und ihn verbittern lassen.
Doch war Orestes klar, weshalb er es nun wieder schaffte, sie zu spüren. Mit einem Lächeln sah er zur Seite, wo sein Sohn friedlich schlief. Dieser Junge war etwas besonderes. Ja er würde vielleicht der beste Sonnenmagier in der Geschichte des Clans werden. Talent hatte er jedenfalls.
Orestes hatte somit ein weiteres, typisches Gefühl des Vater Seins bekommen. Denn alle Eltern hielten ihre Kinder in den ersten Jahren für das Größte was es gibt, und Orestes war da keine Ausnahme.
Nun aber wurde es Zeit diesen Schlaf zu beenden. Orestes beugte sich zu Matthaios und stupste ihn an: „Zeit zum aufstehen, mein Sohn,“ redete er sanft. Matthaios murrte kurz und kuschelte sich noch enger in die Decke. Kurz kicherte der Zauberer, dann aber stieß er ein wenig stärker: „Aufstehen!“
Nun öffnete sein Kind die Augen und knurrte: „Och Papa, lass mich doch noch etwas schlafen.“
„Tut mir Leid,“ erwiderte Orestes, „aber es ist besser wenn wir möglichst schnell weiter gehen. Die Häscher von Tarasios werden mit Sicherheit alles durchsuchen.“
Ein mal atmete Matthaios durch. Stimmt ja, sie mussten sich verstecken. Es war alles andere als angenehm. Ein ständiges Gefühl der Angst schwebte irgendwie doch mit.
„Ich will mich nicht verstecken müssen,“ raunte er.
Orestes wurde nachdenklich. Auch sein Herz war beschwert durch ihre Situation. „Ich auch nicht, mein Junge, aber wer weiß, was alles geschieht, wenn wir wieder bei deiner Mutter sind.“ Dabei lächelte er Matthaios an und auch dieser wurde von einem kleinen Strahlen erfasst, wie es Orestes in dessen Augen erkannte. Ja, wer weiß.
Nach einem Frühstück nahm Orestes den Zettel mit den Hinweisen hervor und las: „Hast du erreicht das erste Ziel, nimm die Richtung, zu der Helios sich zur Ruhe begibt. Erreiche einen Platz, an welchem Reichtum ist ohne Hilfe durch das, was Helios am meisten liebte.“
Kurz überdachte Orestes diese Worte, dann besah er sich seine Landkarte. „Papa?“, fragte Matthaios. „Weißt du was gemeint ist?“
Orestes schmunzelte: „Zweifelst du?“ Etwas verschämt sah Matthaios zum Boden. War das peinlich, schließlich war sein Vater ein Magier der Sonne, klar versteht er die Schrift.
Orestes begann zu erklären: „Helios begab sich erst zur Ruhe, wenn die Sonne das Ende ihrer Bahn erreicht. Wir müssen nach Westen.“
„Und die Reichtümer?“, wollte Matthaios wissen.
„Ohne das was Helios am meisten liebte, das ist natürlich das Sonnenlicht. Reichtümer ohne das Sonnenlicht, das müsste heißen,“ und dabei zeigte der Magier seinem Sohn die Karte und den Ort den er meinte, „Bodenschätze. Die gibt es hier, diesem Berg. Dort gibt es Eisenerzvorkommen. Da gibt es einige Minen die inzwischen stillgelegt wurden, soweit ich weiß werden noch eine oder zwei betrieben.“
Matthaios nickte. „Können wir auf unserem Weg dann auch wieder etwas üben?“
„Natürlich,“ bestätigte Orestes. „Dann wollen wir mal versuchen, ob du es schaffst eine Energiekugel zu bilden, in Ordnung?“
„Au ja!“ Der Junge war ganz aufgeregt und richtig gehend aufgekratzt und zappelte etwas. Orestes lachte ein wenig.
„Na komm, lass uns unseren Weg fortsetzen. Wenn wir den Berg erreichen, haben wir nur noch eine Etappe vor uns.“ Damit begaben sie sich wieder auf ihre Reise.
„Häscher durchsuchen das ganze Land. Tarasios möchte absolut und unbedingt Matthaios in seine Hände bekommen.“ Der schwarzhaarige Mann sah sorgenvoll zu Melania.
Melania war verzweifelt. Ihre Hoffnung schwand immer mehr ihren Sohn jemals wieder zu sehen. „Also werden wir ihn wohl kaum wieder sehen, oder?“
Zenon trat zu ihr: „So was darfst du nicht mal ansatzweise denken, hörst du! Er wird es schaffen!“
Doch Melania sah ihn an: „Wie sollen wir ihn finden, schließlich haben wir so bereits genug Probleme. Warum nur? Bitte, es kann doch nicht sein dass... dass ich nun auch noch... mein Kind...“
Die verzweifelte Mutter brach wie so häufig in den letzten Tagen in Tränen aus. Ihr Herz schmerzte so sehr, als ob es im nächsten Moment zerrissen wird. Schließlich rannte sie aus dem Raum.
Zenon sah ihr nach. Dann sprach er: „Ich kann es einfach nicht ertragen wie sie leidet, Kelmend. Warum nur können wir ihr nicht mehr Hoffnung geben?“
Kelmend, welcher schulterlange Haare hatte, von athletischer Figur war, erwiderte: „Zu keinem Zeitpunkt ist unsere Situation so schwer wie jetzt.“ Gekleidet in einer ausgefransten Weste, welche er über einem braunem Hemd trug und dazu eine braune Lederhose, an welcher er ein Schwert befestigt hatte, beugte sich nun wieder über die Karte.
Zenon nickte, ehe Kelmend weiter redete: „Abgesehen davon dass wir Matthaios finden müssen, hat Tarasios die Aktivitäten seiner Häscher verstärkt, ebenso die der regulären Wachmänner. Nicht zu vergessen seine Planungen in Bezug auf die Hinrichtungen in einer Woche. Acht unserer Kameraden befinden sich in Lebensgefahr.“
„Und dazu,“ ergänzte Zenon, „die Gerüchte nach denen der Premierminister plant die Armee ein zu setzen. Zum Glück hat er noch nicht die Zustimmung des Rates. Was haben unsere Spione erfahren?“
„Eigentlich nur dass er immer noch versucht Beweise zu finden, oder besser gesagt zu machen, um den Rat von der Notwendigkeit zu überzeugen,“ war die Antwort.
Zenon atmete ein mal durch: „Also müssen wir weiter sehr vorsichtig sein.“
Das Mittagslicht erreichte die Erde und sowohl Orestes als auch Matthaios bekamen Hunger. Also rasteten sie an einer Lichtung. Wenn Orestes sich nicht irrte, so waren sie schon eine gewisse Strecke gelaufen und würden den Berg gegen Abend erreichen.
Das wäre wohl auch besser, denn der Proviant würde nicht mehr lange reichen, vielleicht noch für zwei Tage. Erneut in eine Stadt zu müssen bedeutet Risiko. Ihnen lief die Zeit davon.
„Papa, was hast du?“ Matthaios war der nachdenkliche Blick seines Vaters nicht entgangen.
Der Magier wollte seinen Sohn nicht beunruhigen: „Nichts, es ist nichts.“
„Du hast doch was,“ bestand der Junge, „jetzt sag schon!“
Orestes atmete durch. „Matthaios, wenn uns der Proviant ausgeht ehe wir unser Ziel erreicht haben, müssen wir wieder in eine Stadt. Das bedeutet Bedrohung für uns. Ich will dich nicht in Gefahr bringen.“
Matthaios sah seinen Vater an. Ja, es würde neue Gefahr bedeuten, aber war da ein Unterschied? „Papa, ich bin eh in Gefahr. Man verfolgt mich, und damit uns. Ich will zu Mama, und du willst zu Mama. Egal wie gefährlich es ist.“
Der Magier schmunzelte. In dieser Hinsicht hatte das Kind Recht. So groß die Angst auch war, größer war die Sehnsucht nach seiner Liebsten, für Matthaios nach seiner Mutter. Und dieser Wille ließ alle anderen Dinge verkommen.
Das Essen war beendet, worauf Orestes mit dem Unterricht seines Sohnes fort fahren wollte: „Also Matthaios, es wird Zeit weiter deine Fähigkeiten zu schärfen. Als erstes möchte ich, dass du das machst was du gestern geschafft hast. Taste nach der Energie der Sonne!“
Matthaios schloss seine Augen und wie am Tag vorher konzentrierte er sich zuerst auf die Wärme, dann den darauf folgenden Energiefluss.
Orestes beobachtete ihn genau: „Spürst du den Energiefluss?“
„Ja,“ war die Antwort.
Orestes nickte still für sich: „Gut, dann versuche jetzt die Energie zu greifen. Versuche sie zu nehmen und in deine Hände fließen zu lassen. Nicht mit deinem Körper, greife in deinem Geist.“
Matthaios versuchte es. Ein wenig bewegten sich seine Hände, aber er wollte den Rat seines Vaters beherzigen, im Geiste, mit seiner Vorstellung. Doch es war alles andere als einfach. Die Energie lag direkt vor ihm, aber sobald er sie greifen wollte, kam es ihm vor, als ob sie sich wand.
Er steigerte seine Konzentration. Immer weiter, immer stärker griff er danach. Und dann erfasste er die Energie. Sie ging in jede einzelne seiner Fingerkuppen über und schien sich sich jetzt formen lassen zu wollen. Doch sobald Matthaios ein wenig die Konzentration senkte, flüchtete sie auch schon wieder.
Also strengte er sich jetzt umso mehr an, diese Macht in sich zu nehmen und auf den Punkt zwischen seinen Händen zu weisen. Dies gelang ihm, aber nur immer ein klein wenig. Ein bisschen ging zwischen seine Hände, der Rest floss richtig gehend daneben. Diesen musste er erst mal wieder finden und neu aufnehmen. Weil er darin so sehr vertieft war, bemerkte somit auch nicht, wie jemand sehr erstaunt war.
Orestes konnte es kaum glauben. Tatsächlich erblickte er ein erstes, kleines Licht dort, wo die Hände seines Sohnes waren, es bildete sich wirklich.
Aber er erkannte auch die Probleme, welche Matthaios hatte. „Lass liegen, was du nicht gleich aufnehmen konntest, mein Sohn. Versuche nicht, es zurück zu holen.“
Matthaios schwitzte, er begann zu zittern, aber er wollte einfach nicht aufgeben. Er hörte auf die Worte seines Vaters: „Gehe nur auf die neue Energie, siehe nicht nach dem Verlust!“ Doch Matthaios verließ erst mal die Kraft.
Das kleine Licht erlosch. Der Junge ließ sich auf den Hosenboden fallen und atmete tief durch. Es war eine gewaltige Anstrengung. Dabei war es doch eigentlich nur wenig, wie er es bei seinem Vater gesehen hat. „Ich konnte nicht mehr, es war...es dauerte zu lange die Energie zu sammeln,“ dabei sah er entschuldigend zu seinem Vater.
Orestes ließ sich nieder und sah seinem Sohn ins Gesicht: „Soll ich dir etwas sagen, Matthaios? Du hast mir eben gezeigt, wie groß dein Talent ist.“
„Was?“ Matthaios konnte nicht glauben was er da eben gehört hatte. Großes Talent?“
„Ich kann verstehen,“ fuhr der Magier fort, „wenn du erst mal enttäuscht bist mein Sohn. Es stimmt, eine Lichtkugel zu bilden ist die leichteste Übung für uns Sonnenmagier. Aber wenn man noch keine lange Erfahrung hat im Umgang mit der Magischen Energie des Sonnenlichtes, so wie du, dann ist der einfachste Zauber als ob man einen ganzen Berg bewegen müsste.
Aber du hast es geschafft, ein erstes kleines Licht zu bilden. Nach wenigen Minuten. Weißt du, die wenigsten Magier unseres Clans waren so schnell auch nur ein wenig Licht zu erschaffen. Wenige brauchten sogar erst einen zweiten Versuch.
In dir schlummert viel, mein Sohn. Sehr viel. Du musst nur daran glauben und fleißig üben und trainieren. Und das werden wir in nächster Zeit tun. Jeden Tag müssen wir üben die Energie zu finden und dann, sie zu fassen.
Und du wirst sehen, von Tag zu Tag wird es dir leichter erscheinen.“ Aufmunternd lächelte der Zauberer seinen Sohn dabei an.
Matthaios erfreuten die Worte seines Vaters. Vielleicht hatte er manche Dinge wirklich etwas zu leicht genommen und wollte den zweiten Schritt vor dem ersten machen, aber irgendwie war ihm auch bewusst, dass es dauern würde bis er ein richtiger Magier sein Würde. Und irgendwie wusste er, jede Sekunde dafür würde sich lohnen.
Er stürzte sich in die Arme seines Vaters und flüsterte: „Danke Papa!“
Im ersten Moment war Orestes etwas überrascht über die Geste seines Kindes, aber dann erwärmte sich sein Herz und glücklich schlang er seine Arme um den Körper von Matthaios. „Du solltest dich jetzt etwas ausruhen, bevor wir weiter gehen mein Sohn,“ sprach er.
Und so saßen sie ein paar Minuten einfach so, und genossen jede Sekunde davon.
Dann aber setzten sie ihren weg fort. Langsam fing es an zu dämmern, die Strahlen der Sonne verloren allmählich ihre Kraft und die Schatten wurden Länger, als Orestes und Matthaios dann langsam den Berg erblickten.
Das letzte abendliche Sonnenlicht lies die Spitzen des Berges golden glänzen. Wieder mal musste Orestes sich eingestehen was für unglaubliche Wunder doch die Sonne erschaffen konnte. Nicht mehr lange und sie erreichten ihn.
Sofort machte Orestes sich auf die Suche nach dem Zeichen. Allerdings war ihm klar, dass jenes Zeichen wohl kaum direkt an einer der Außenwände war, also sucht er nach den Mineneingängen. Matthaios folgte ihm.
Tatsächlich hatte Orestes auch schon einen ersten Mineneingang gefunden. Offensichtlich war diese Mine schon länger still gelegt, denn das Stützgerüst am Eingang war schon lange nicht mehr wirklich stabil und von einer dicken Staubschicht bedeckt. Vorsichtig betraten die beiden den Eingang.
Die Schritte hallten von allen Wänden. „Ich denke wir brauchen etwas Licht,“ sagte Orestes und holte einen Kristall her vor. Mit ein wenig Konzentration und Einspeisen von Energie begann dieser zu leuchten.
Schritt für Schritt liefen die beiden durch die Gänge und suchten nach einem Zeichen. „Wir müssen aufpassen nicht an eine Kreuzung zu gelangen welche zu einer Mine führt die noch in Betrieb ist. Wer weiß was, oder besser gesagt wer dort sein könnte,“ warnte der Magier seinen Sohn, welcher antwortete: „In Ordnung.“
Die Suche gestaltete sich als schwierig. Die Mine hat wirklich viele Wege. Um sich nicht zu verirren, schlug der Zauberer an jeder Kreuzung, an welche sie hinkamen, eine Kerbe in den Felsen mit Hilfe von Steinen, welche auf dem Boden lagen.
Gerade wollten die beiden eben wieder einen Gang entlang, als Orestes von Fern einen Lichtschein bemerkte. „Matthaios, schnell in Deckung!“ Der Zauberer nahm seinen Sohn, versteckte sich schnell mit ihm in einer Nische, und löschte das Licht.
„Sei ruhig mein Sohn, sein ruhig!“ Orestes presste dem Jungen seine Hand auf den Mund. Nach und nach wurden die Schritte lauter, und sie hörten jetzt auch ein Gespräch mit: „Dass wir hier immer noch Wachgänge machen müssen, es kommt doch absolut niemand mehr von denen auf die Idee, sich hier zu verstecken.“
„Du weißt doch wie Tarasios ist, für ihn kann absolut jeder Platz der richtige sein, wo sie sind.“
Das konnten nur wieder Häscher von Tarasios sein, das war Orestes sofort klar. Während die Schritte immer lauter wurden wie auch das Gespräch, fühlte der Zauberer wie sein Kind immer stärker zitterte und erste Tropfen auf seine Hand fiel.
„Pscht!“ machte Orestes und strich mit der freien Hand über Matthaios Kopf, in der Hoffnung diesem die Angst zu nehmen. Auch wenn Orestes kaum etwas vom Gesicht seines Sohnes sehen konnte, so konnte er sich vorstellen wie angsterfüllt Matthaios zu ihm hin sah.
Die Männer kamen mit einer Fackel an der Kreuzung an. Sie blieben stehen und sahen sich, angesichts des Verlaufs des Lichtscheins, um. „Nun geht doch schon weiter!“, flehte Orestes im Inneren.
Da sprach einer der Männer: „Hier ist irgendwas!“
Kapitel 7
Der Mann kam der Stelle, an welcher Orestes und sein Sohn standen näher und untersuchte argwöhnisch alles. Ganz genau betrachtete er jeden Zentimeter der Mine. Orestes war klar es wurde Zeit zu handeln.
Matthaios bemerkte einen Energie-Strom. Doch dies war schnell vergessen, denn jetzt stand er praktisch Auge in Auge mit dem Häscher. „Jetzt ist alles aus!“, dachte er. „Sie werden uns töten.“ Sein Herz schlug heftig gegen seine Brust, Tränen fielen aus seinen Augen. Eine furchtbare Kälte hatte sein innerstes erfasst. Alleine sein Herzschlag dürfte ausgereicht haben sie zu verraten.
Immer Stärker presste sich die Hand sein es Vaters gegen den Mund des Jungen. Ganz nahe stand jetzt der Häscher, als die Stimme des anderen erklang: „Da hast du dir was einbildet, hier ist niemand.“
Der Mann betrachtete noch ein mal die Stelle, dann wandte er sich um: „Anscheinend werde ich schon genauso panisch wie Tarasios. Niemand versteckt sich in einer der Minen, zu offensichtlich, so dumm kann keiner sein.“
Die Schritte wurden immer leiser, ebenso die Stimmen der beiden Männer, die sich unterhielten. Immer noch presste der Vater Matthaios an sich fest. Als die Stimmen schließlich endgültig nicht mehr zu hören waren, lockerte Orestes mit einem erleichtert klingendem Ausatmen die Umarmung um seinen Sohn.
Matthaios fiel mehr als nur ein Stein vom Herzen. Eben noch hatte er gedacht, sein Leben würde bald ein Ende finden, doch dem war nicht so. Erleichtert sah er zu seinem Vater, welcher mit einem sanften Lächeln zu ihm blickte.
„Wie hast du das gemacht Papa? Er stand direkt vor uns? Er hätte uns sehen müssen,“ wollte Matthaios wissen.
Der Magier antwortete: „Nun, dies ist ein ganz besonderer Zauber. Er verschluckt das Licht, welches von einem Selber kommt. Er hat also verhindert, dass das Bild, die Erscheinung von uns zum Auge des Häschers kam.
Dafür hat er das Licht der hinter uns liegenden Wand zu geschickt, welches reflektiert wurde. Allerdings hätte er uns durchaus noch hören können, aber du warst zum Glück ruhig genug, mein Sohn.“
Im nächsten Moment drückte Matthaios sich stark an den Körper seines Vaters. „Ich hatte so eine gewaltige Angst, Papa.“ Dabei weinte er jetzt Tränen aus sich her raus, und es tat gut. Es schien, also ob sich alles auf seinen Vater übertrug.
Orestes strich tröstend über Matthaios Kopf: „Schon gut, mein Sohn. Ich hatte auch Angst, gewaltige Angst. Aber wir haben es ja erst mal überstanden.“
Einige Minuten lang standen sie so da. Genossen jede Sekunde dieses Augenblicks. Dann aber lösten sie sich von einander. Als Orestes in das Gesicht seines Kindes blickte, erkannte der Magier wie der Blick von Matthaios auf etwas bestimmtem lag.
Der Sonnenmagier drehte sich um und erkannte es jetzt. Etwas glitzerte an der Wand, es schien ein kleiner Kreis zu sein, aber eigentlich sah es nur nach den üblichen kleinen metallischen Einschlüssen aus, doch war da etwas, was den Zauberer aufmerksam werden ließ. Ob es nur ein Gefühl war oder die Tatsache, dass diese Einschlüsse doch sehr musterhaft aussahen, so dass ein Zufall eher ausgeschlossen war, Orestes wusste es selber nicht.
Er hob einen seiner Kristalle an, richtete ihn auf die Stelle, und schon begann diese zu leuchten. Ein Bild wurde deutlich. Dies musste der letzte Hinweis sein, nur erkennbar für jemandem, welcher mit Sonnenmagie um zu gehen verstand.
„Matthaios, in der kleinen, rechten Seitentasche ist etwas Papier und ein Kohlestück. Zeichne damit alles nach was du siehst,“ sprach Orestes. Matthaios tat wie ihm geheißen. Also zeichnete er das Bild ab, welches er sah.
Nach dem er damit fertig war, nahm der Sonnenmagier den Kristall wieder von der Wand. Dann besah sich Orestes das Bild. Es ähnelte einer Roggen Ähre. Der Zauberer holte den Zettel mit den Hinweisen hervor.
Dort stand zu lesen: „Du wirst wissen was es zu bedeuten hat, wenn du jenes Zeichen siehst. Begebe dich dort hin, wo jenes Zeichen im Vielfachen zu finden ist. So wirst du an jenen Ort gelangen, an welchem die Sonne für jeden das größte Glück auf Erden ist.“
Die Sonne das größte Glück auf Erden, das muss der Ort sein. Hier wäre sein Clan. Und Orestes musste auch nicht lange überlegen, um zu wissen wo jener Ort ist, den er sucht. „Wir müssen ins landwirtschaftliche Gebiet, mein Sohn. Dort werden wir deine Mutter finden.“
Die Augen des Jungen leuchteten auf. Matthaios Hoffnung bald wieder seine Mutter in die Arme laufen zu können wuchs nun wirklich sehr. Sein kleines Herz machte einige Hüpfer. „wirklich, Papa?“
„Ja, wirklich. Unsere letzte Etappe hat begonnen, Matthaios,“ wurde er vom Sonnenmagier ermuntert.
Kelmend betrat den Raum, in welchem sich neben Melania und Zenon auch einige weitere Männer waren, teils vom Clan, teils von der Rebellen-Gruppe. „Wir haben inzwischen die Namen aller Männer, welche hingerichtet werden sollen.“
Damit händigte der Mann eine Liste aus und gab sie herum. Alle lasen sich die Namen durch. „Es wird alles andere als leicht werden sie zu retten, davon können wir ausgehen.“
Zenon war aber mit seinen Gedanken ganz wo anders. „Zenon?“ Melania, war der Gesichtsausdruck vom besten Freund ihrer Liebe nicht entgangen.
Zenon sah auf: “Was ist?“
„Irgend etwas beschäftigt doch Zenon, bitte sag mir was?“
Zenon atmete ein mal tief durch, ehe er sprach: „ich weiß nicht, wie lange er noch durchhalten kann. Das Alter zehrt an ihm. Ich hoffe nur, er schafft es bis Orestes bei uns ist.“
Melania zog die Luft scharf ein und nahm erschreckt eine Hand vor den Mund: “Adamantios, ist er schon so geschwächt?“
„Ich fürchte ja,“ war die Antwort.
„Melania überlegte ein wenig hin und her, ehe sie einen Entschluss gefasst hatte. „Lass uns zu ihm gehen. Ihr entschuldigt uns?“
„Selbstverständlich,“ entgegnete Kelmend.
Melanai und Zenon betraten einen kleinen Raum. Auf einem kleinen Tisch stand eine Kerze, welche leichtes Licht spendete. Neben dem Tisch war ein großes Bett. In jenem lag ein alter Mann. Sein Gesicht war bereits voller Falten und die Haare schneeweiß.
Der Alte, welcher der Vorsteher des Clans der Sonne war, bemerkte die zwei Personen als sie durch die Türe traten.
„Kommt zu mir, meine Kinder,“ sagte der Greis mit einer angenehm milden, aber doch schon etwas ruhigeren Stimme. Melania und Zenon taten dies.
„Wie geht es euch, Adamantios?“ fragte Melania, die die Hand des Mannes nahm und sich auf einen kleinen Stuhl setzte, der ihr von Zenon gereicht wurde.
„Nun, ich werde langsam alt Melania, und es ist mir bewusst, die Zeit bis Helios mich zu sich ruft wird nicht mehr lange wären. So, wie es uns allen bestimmt ist.“ Melania kamen die Tränen bei diesen Worten, ebenso Zenon.
Adamantios war vor zwanzig Jahren zum Vorsteher des Clans gewählt worden. Er war somit lange Repräsentant des Clans und überwachte auch die Ausbildung neuer Magier. Aber der Angriff auf den Tempel und die kummervolle Zeit danach hatten sehr an ihm gezehrt.
Es tat jedem Mitglied im Clan der Sonne weh, ihn so zu sehen. Jeder von ihnen sah in Adamantios ein Familienmitglied, und sie alle liebten ihn auch ebenso.
„Ihr habt wohl große Angst um mich, nicht wahr?“ Den Angesprochenen war die Stimme vor lauter Sorge verschnürt, also nickten sie nur. „In einer Hinsicht müsst ihr euch aber nicht Bange werden lassen. Denn ich fühle, wie Helios mir die Gnade zusagte, auf jeden Fall erst zu ihm zu kommen, wenn Orestes wieder bei uns ist.
Und was danach ist, so bin ich mir auch sicher, dass ich dann, wenn ich mit unserem Clangründer auf euch blicken werde, die Zukunft wieder golden erstrahlen wird. Aber definitiv werde ich Orestes vorher noch hier wieder sehen.“
Melania und Zenon wischten sich die Tränen ab, ehe die Frau mit brüchiger Stimme wissen wollte: „Versprichst du es uns auch wirklich, auf Orestes zu warten?“
„Beim Lichte der Sonne, ich werde warten,“ versicherte der gealterte Zauberer.
Orestes hatte nun zusammen mit Matthaios die Gegend des Bergbaus hinter sich gelassen. Obgleich es schon abgedunkelt war, wussten beide, dass die Häscher ihnen schnell auf den Fersen sein könnten, würden sie entdeckt, also war es besser wieder so schnell wie möglich in eine eher bewaldetes Gebiet zu kommen.
Nachdem sie dies erreicht hatten, war sich der Magier sicher, ein Licht würde nun nicht so einfach zu entdecken sein. Nach eindringlicher Prüfung der Gegend, holte er einen Kristall hervor und erzeugte mit diesem ein Licht.
Vater und Sohn aßen etwas. „Matthaios,“ sagte der Zauberer, „nun möchte ich dir eine deiner Fragen beantworten, hinsichtlich der Tatsache, wie es möglich ist, Magie der Sonne zu wirken ohne strahlendes Sonnenlicht.“
„Und wie macht man das?“, wollte der Junge wissen.
„Nun, dafür gibt es zwei Möglichkeiten.“ Orestes schloss seine Augen und erzeugte nun, wie er es auch einige Tage zuvor getan hatte, eine leuchtende Energie-Kugel, die er auch diesmal wieder etwas hin und her schweben und dann verschwinden ließ.
„Wie hast du das jetzt gemacht Papa?“ fragte Matthaios.
„Sieh dir die Pflanzen an, mein Sohn!“ erwiderte sein Vater. Matthaios betrachtete nun die Pflanzen welche er im Licht des Kristall erblickte. Sie hatten sich verändert.
„Die Pflanzen sind gelblich geworden,“ wunderte er sich.
Orestes nickte: „So ist es. Ich habe Sonnenenergie genommen, welche sich in den Pflanzen befand. Jedes Lebewesen braucht die Energie der Sonne um zu leben. Tiere, welche unter der Erde leben nehmen es über ihre Nahrung auf. Aber ansonsten vor allem durch die Sonne selber.
Und die Pflanzen haben am meisten davon gespeichert. Mit etwas Übung ist es einem Magier der Sonne möglich, den Lebewesen diese Energie zu entziehen, aber dabei muss man vorsichtig sein. Nimmt man ihnen zu viel davon, sterben sie.
Keine Sorge, nach dem Morgigen Tag werden die Pflanzen wieder normal grün sein wie es sein soll. Ein Tier und ein Mensch haben eher wenig Energie gespeichert und sind daher nicht als Speicher geeignet.“
„Was passiert wenn man einem Tier oder Menschen die Energie entzieht?“ fragte Matthaios.
Orestes erklärte: „Das erste ist dass ihm das Gedächtnis gelöscht wird. Geht man weiter, geht es mit ihm zu Ende und stirbt. Dies verstößt aber gegen unsere Grund-Prinzipien.“
Orestes musste kurz inne halten. Ein stechender Gedanke an den Jungen und einige andere, welche er als Kopfgeldjäger gefangen hatte, kam in ihm auf. Sein Gewissen meldete sich. Er hatte selber gegen dieses Prinzip verstoßen, als er diesen Personen Energie der Sonne entzogen hatte, damit sie sich nicht mehr an ihn erinnern. Ob er so überhaupt wieder von seinen Kameraden im Clan angenommen werden würde?
„Papa?“ Matthaios war der nachdenkliche Blick seines Vaters nicht entgangen. „Was hast du?“
Orestes wollte seinem Sohn keinen Kummer aufbürden. „Es ist nichts, wirklich Matthaios. Komm, wir sollten uns wieder auf den Weg machen.“ Der Magier hoffte Matthaios erst mal beruhigt zu haben, doch als sie weiter ihres Weges gingen glaubte er doch in dessen Augen zu sehen wie der Junge sich mit der Gefühlswelt seines Vaters beschäftigte.
Nach einiger Zeit fragte Matthaios: „Was ist die zweite Methode? Wie kannst du zaubern wenn es dunkel ist und nirgends Pflanzen sind? Wie in der Höhle?“
Orestes holte einen Kristall hervor: „Damit. Diese Kristalle speichern die Energie der Sonne. Wir können sie selber hier drin einspeichern, aber sie nehmen auch selber Energie auf wenn sie in der Sonne sind.Wenn ich Magie wirken will taste ich im Geiste nach dieser Energie wie sonst nach dem Sonnenlicht.“
Neugierig nahm Matthaios den Kristall in die Hand. Er glitzerte etwas im schwachen Licht des Mondes. Auf ein mal musste der Junge gähnen. Die ganze Aufregung hatte sowohl seinen Körper als auch seinen Geist sehr beansprucht, und jetzt, wo sie sich legte, spürte er seine Erschöpfung. Vater und Sohn begaben sich deshalb zur Ruhe.
Am Nächsten morgen beobachteten vier dunkle Gestalten in einem Versteck in einem Gebüsch in den landwirtschaftlichen Gebieten des Landes. „Bist du sicher, dass sie heute hier sein werden?“
„Ganz sicher,“ war die Antwort einer zweiten Person, „unsere Spione haben sie gesehen auf dem Weg hier her.“
„Ich hoffe,“ meinte der dritte, „dass man sich da nicht geirrt hat, sonst droht uns ein gewaltiges Donnerwetter. Diese Enttäuschung können wir uns nicht leisten.“
Der Vierte sprach schließlich: „Heute werden wir sie bekommen. Dann haben wir einen riesigen Schritt getan. Es wird wie ein Triumph.“
„Wenn du glaubst, dass man das als einen Triumph bezeichnen kann,“ erwiderte der erste wieder, welcher sich als Vorderster im Gebüsch befand, demnach schien er der Anführer zu sein. Dann erblickte er etwas: „Da hinten!“ flüsterte er zu seinen Kameraden. Gemeinsam beobachteten sie genau, wie Orestes und Matthaios sich der Lichtung näherten.
Matthaios war froh endlich das Gebiet zu erreichen, in welchem sich offensichtlich seine Mutter befand. Doch wie den Ort jetzt finden? „Wie finden wir her raus, wo das Versteck ist, Papa?“
„Es wird mit Sicherheit hier auch einen Hinweis geben. Ich denke es ist ein Zeichen, dass man mit Sonnenmagie erfühlen kann.“
Somit begann Orestes jetzt mit Magie der Sonne die Gegend zu erkunden. Alles Tastete er ab. Dies erforderte große Konzentration. Überall schickte er seine Sinne hin, aber es schien nirgends etwas zu sein.
Doch der Magier hatte ein größeres Gebiet zu erkunden. Also erhöhte er seine Konzentration. In dieser bemerkte er zu spät, was Matthaios dafür Auffiel.
„Papa!“ Der ängstliche Schrei seines Kindes riss den Zauberer aus seinem Vorhaben, doch ehe er noch irgendwie reagieren konnte, hatten bereits vier starke Arme ihn fest gepackt.
Matthaios wollte los schreien, aber ihm war bereits der Mund zugehalten worden. Seine geweiteten Augen sahen zu seinem Vater. Orestes wehrte sich, wollte seine Magie einsetzen, doch die Männer, welche sie gefangen hatten schienen zu wissen, wie sie dem Magier jede Möglichkeiten sich auf einen Zauber fest zu legen ersticken zu können.
„Lasst mich los, last los!“ Aber die Männer waren unerbittlich. In ihren schwarzen Kutten mit Kapuzen und hinter schwarzen Tüchern die Gesichter verborgen zerrten sie die beiden mit sich.
„Bitte, wenigstens meinen Sohn!“ flehte er, doch die Antwort war ein schnelles und unnachgiebiges: „Vergiss es!“
Da fiel es Orestes auch schon ein: Die Verbände, sie hatten vergessen Matthaios die Verbände an zu legen. Nun sind sie erkannt worden.
Der Zauberer musste weinen. Sie waren so kurz vorm Ziel gewesen, und jetzt hatten Tarasios Häscher sie doch erwischt. Nun war alle Hoffnung verloren. Für ihn und, was um einiges Schlimmer war, für Matthaios.
Kapitel 8
Die beiden wurden mit verbundenen Augen einen Gang hinunter geführt. Die Schritte hallten von überall her und der Boden schien aus Stein zu sein. Ab und an hörte man einzelne Tropfen auf den Boden plätschern.
Widerstand war absolut zwecklos. Es wäre für Orestes unmöglich, so gut er die Magie der Sonne auch beherrscht, genug Konzentration auf zu wenden, um diese hohe Anzahl an Männern zu bezwingen, und von Nahkampf hatte er keine Ahnung.
Was aber den Magier mehr in seinem Kopf spukte waren die Gedanken an seinen Sohn. Orestes hatte gerade angefangen den Weg, der definitiv falsch war, so lange, nun zu verändern. Indem er seinem Sohn ein besseres Leben ermöglichen wollte. Und nun?
Der Zauberer war in unglaublicher Wut auf sich selbst. Versagt. Er hatte wieder versagt. Die Zukunft seines Sohnes schien zerstört.
Endlich veränderten sich die Geräusche. Nun schienen sie auf einem Holzboden zu laufen. Dann schon ertönte das Knarren einer Tür. Vater und Sohn wurden in einen Raum geführt, danach ihnen die Augenbinden abgenommen.
Orestes hielt seine Augen geschlossen und flehte mit hängendem Kopf: „Macht mit mir was ihr wollt. Aber bitte tut meinem Sohn nichts an. Er ist ein Kind. Er hat es nicht verdient. Ich habe dagegen in meinem Leben zu viele Sünden begangen. Nehmt mein Leben und lasst ihm das seine.“
Tränen flossen aus seinen Augen. Sein Herz schmerzte wie damals, als er glaubte Melania verloren zu haben. Warum nur auch sein Sohn? Warum?
„Ich würde sagen es wäre doch besser euch beide zu nehmen. Pflichtbewusst wie immer. Denkst du denn allen Ernstes wir würden auf einen von euch verzichten?“
Orestes sah auf. Diese Stimme, das konnte nicht der Wahrheit entsprechen. War das Einbildung? Er sah auf, als bereits eine Person ins schwache Licht trat.
„Das ist doch nicht möglich. Ich träume.“
„Du träumst nicht, alter Freund!“
„Zenon!“ Lachend nahm er seinen besten Freund des Clans in die Arme. Nach und nach kamen weitere Mitglieder des Clans zum Vorschein. Jedem einzelnen reichte er die Hand und umarmte ihn freundschaftlich. Vor lauter Freude bemerkte er nicht, wie sein Sohn sich entfernte.
Orestes war überschäumend vor Freude: „Ich glaube das nicht, ich dachte schon ich hätte alles verloren.“
„Tut mir Leid dass wir euch ein wenig grob behandelt haben, aber falls Häscher von Tarasios euch auf den Fersen sein sollten, werden sie jetzt denken dass ihr kein Problem mehr seid.“
Orestes nickte: „Guter Einfall, Zenon. Kompliment. Sagt mal, ihr seid doch nicht alleine hier oder?“
Zenon erwiderte: „Nein, natürlich nicht. Darf ich dir Kelmend vorstellen?“
Kelmend trat auf den Magier zu: „Willkommen, Orestes. Ich habe viel von euch gehört.“
Der Zauberer gab ihm die Hand: „Die Ehre ist ganz meinerseits. Darf ich erfahren warum ihr in Kontakt mit dem Clan der Sonne seid?“
„Kelmend ist Anführer einer Gruppe,“ erklärte Zenon, „welche zu beweisen versucht, dass Tarasios als Premierminister unseres Landes nicht mehr tragbar ist. Er will mit ihnen dafür Sorge tragen den Magiern wieder ihre Freiheit wieder zu geben.“
„Dies ist sehr erfreulich. Ich würde dass am besten gleich mit euch besprechen,“ meinte der Magier.“
„Sicher,“ war die Antwort Kelmends, „aber jetzt solltet ihr euch erst mal ausruhen.“
Orestes wollte dem gerade beipflichten, als er die Stimme seines Sohnes vernahm: „Ich habe dir jemanden mit gebracht Mama.“
Sofort drehte er sich um. Seine Augen trafen sofort den Blick eines braunen Augenpaares. Erst setzte sein Herz aus, dann aber schlug es umso schneller. In seinem Inneren wurde es unglaublich warm und alles kribbelte.
In seinem Magen tanzten die Schmetterlinge. Dann setzte er ein Lächeln auf und ging auf sie zu. Auf Melania.
Auch Melania ging nun langsam ein paar Schritte. Ihr Gesicht wurde erhellt durch ein strahlendes Lächeln. Sie blieben direkt voreinander stehen und sagten nichts. Sie lächelten einfach und sahen sich in die Augen. Ihre Gesichter, das Leuchten ihrer Augen schien alles zu sagen was es zu sagen gab.
Leise verließen alle anderen den Raum. Orestes und Melania bekamen davon nichts mit. Sie betrachteten sich immer noch.
Nach einigen Minuten, in welchen nur die Augen sprachen, nahm der Magier seine Liebste fest in die Arme. Nie wieder wollte er sie verlassen, nie wieder von ihr getrennt sein. Melania hörte schließlich etwas durch ihr eigenes Schluchzen hindurch: Orestes Weinen. „Melania!“
Sein gesamter Körper wurde durchgeschüttelt.
Eigentlich wollte er immer stark sein, aber nun gingen zehn Jahre währendes Leid durch ihn hindurch. Wie sollte er dieses Leid jetzt auch zurückhalten? Da könnte er ebenso versuchen in einem Boot einen Wasserfall hinauf zu fahren.
Melania drückte sich fest an ihn: „Orestes!“
Langsam lösten sie sich von einander. Die Augen von beiden waren voller Tränen, aber dies gab ihnen einen ganz besonderen Glanz. Ein Glanz, welcher voller Liebe, Erleichterung und Freude war.
Dann küssten sie sich. Lange, innig. Ihre Herzen schlugen im Einklang, es war als ob sie sich intensiv berührten. Die Zeit zählte in diesem Moment nicht. Nur eines zählte: Sie waren wieder zusammen. Und auf vielerlei weise verbunden, durch ihre Liebe, ihre Erlebnisse, und ihren Sohn. Auch der längste Kuss ging ein mal zu Ende.
„Ich liebe dich!“, sprach der Magier. „Mehr als alles andere auf der Welt, mehr als mein eigenes Leben, mehr als die Lehren der Sonnenmagie.“
„Und ich liebe dich auch,“ war die Antwort.
Orestes strahlte sie an: „Zehn Jahre. Ich kann auf ein mal kaum fassen, wie ich es ohne dich überlebt habe, Melania. Nie wieder. Und wenn es mir Helios persönlich verbieten will, ich werde mich nie wieder von dir trennen lassen.“
„Das ist gut zu wissen,“ erwiderte Melania und schmiegte sich an ihn.
„Sag mal,“ fragte sie, „Matthaios...du weißt es, oder?“
„Ja, schließlich habe ich das Medaillon gesehen.“
Melania lächelte für sich: „Es ist unglaublich was er zusammen mit dir erreicht hat.“
„Da hast du recht, Liebste,“ stimmte der Zauberer zu. „Er ist unglaublich stark für sein Alter. Entschlossen und talentiert. Wir können beide gewaltig stolz auf ihn sein.“
Orestes sah in ihr Gesicht: „Und ich will, dass wir eine richtige Familie werden.“
„So wie ich das will!“ Melania war so von Glück angefüllt, sie meinte es wäre nicht mehr zu ertragen. Aber auch wenn sie ihren Sohn und dessen Vater wieder hatte, dies alles konnte andere Dinge nicht komplett verstecken.
„Was ist mit dir?“, wollte Orestes wissen.
Melania wollte ihn beschwichtigen: „Es ist nichts.“
„Melania, ich erkenne doch dass etwas nicht ganz stimmt.“ Orestes war besorgt.
Schließlich gab Melania nach: „Adamantios.“
Orestes innerstes wurde kalt. Adamantios war der Vorsteher des Clans, Orestes Lehrer und ihm wie ein Vater. „Ist er....?“
„Nein, aber er hätte uns eigentlich schon lange verlassen müssen. Nur noch der Wille, dich noch ein mal zu sehen, erhält ihn am Leben. Das Alter,“ erwiderte die Frau.
Der Magier überlegte hin und her. Vielleicht würde Adamantios noch etwas leben, wenn die Hoffnung ihn in dieser Welt hielt. Aber konnte er ihm das an tun?
„Ich denke,“ sprach er, „ich sollte zu ihm.“
Melania warf ein: „Orestes, bedenke, dass...also....“
„Diese Qual wäre schlimmer als der Tod. Und wenn es so sein sollte, dass ich die letzten Worte mit ihm wechseln muss, dann ist es meine Pflicht, diese Prüfung auf mich zu nehmen. Melania, meine Liebste,“ und dabei sah er ihr tief in ihre Augen, nahm ihr Gesicht in seine Hände und streichelte über ihre Wangen, „führe mich zu ihm.“
Ein Klopfen war an der Tür des Zimmers des Vorstehers des Clans der Sonne zu hören. „Tretet ein!“ Seine Stimme war schwach, aber immer noch laut genug, damit die Personen die Aufforderung hören konnten.
Orestes und Melania traten ein. Im ersten Moment erstarrte der Zauberer vor Schreck. Adamantios war bleich, dünn, und seine Augen schienen etwas stumpf. Dem Sonnenmagier wurde klar, sein Vorsteher wäre nicht mehr lange da.
Doch als er den Mann lächeln sah, und ihn strahlend „Orestes!“ sagen hörte, wich dieser Schreck von ihm. Orestes trat auf das Bett zu, kniete sich nieder und nahm eine Hand von Adamantios.
„Wie geht es euch?“, fragte er.
„Jetzt, wo ich dich doch noch ein letztes Mal sehen kann, um einiges besser. Aber mein Körper ist an seiner Grenze angekommen. Helios ruft mich.“
Orestes weinte. Musste denn auf jeden freudigen Moment ein schwerer Schlag folgen?
„Ich weiß noch, wie du als kleiner Junge zu uns kamst, Orestes. Du warst ganz schön ungestüm.“
„Ja, da habt ihr Recht,“ lachte der Magier leise.
„Nun, damals schon erkannte ich dein Talent, und du wurdest zu einem Meister deines Fachs. Ich bin sehr stolz auf dich, Orestes.“ Orestes merkte, wie seinem alten Freund jedes Wort anstrengte.
„Kann man das?“ zweifelte er. „Ich habe mich seit der Zerstörung des Tempels als Kopfgeldjäger durchgeschlagen, habe Regeln unseres Clans ignoriert und ließ mich in Gefühlskälte und Verbitterung versinken. Wenn Matthaios nicht wäre....Adamantios, was für ein Mensch bin ich?“
Doch Adamantios beschwichtigte: „Betrachte es als Prüfung, die dir und uns auferlegt wurde. Jetzt, da ich dich noch ein mal sprechen konnte, ist meine zu Ende.“
„Gibt es keine Hoffnung mehr?“ Orestes war verzweifelt.
„Auch die Sonne, kann uns nicht die Last der Zeit nehmen, mein Sohn,“ erklärte Adamantios. „Orestes, ich würde dich gerne bitten, meine Nachfolge an zu treten.“
Orestes verneinte: „Verzeiht mir, mein Herr, aber nach den letzten zehn Jahren? Und es gibt immer noch welche mit mehr Erfahrung als mich. Das kann ich nicht.“
Leicht lächelte Adamantios: „Das dachte ich mir. Bescheiden wie immer. Nun, wird es also wieder eine Wahl geben.
Es tut mir Leid, ich werde eure Befreiung, die euch sicher gelingen wird, nur noch neben Helios sehen. Aber so muss es auch sein. Jedem ist seine Zeit bestimmt.“
Hemmungslos weinte Orestes, und auch Melania konnte ihre Tränen nicht mehr zurück halten. „Eines noch, Orestes. Versinke nicht in Trauer, sondern tu, was du dir so lange wünscht.“
Orestes war überrascht: „Woher...“
„Deine Blicke verraten mir immer noch deine Gefühlswelt.“
„Wie,“ wollte der Zauberer wissen, „kann ich das tun, kurz nachdem ihr uns verlassen habt?“
Adamantios legte seine Hand auf den Kopf von Orestes: „Helios lehrte uns, wie wir uns am Licht der Sonne auch in Erinnerung im Dunkeln erfreuen sollen, auch in den schwärzeren Stunden die freudigen Dinge neben unseren Pflichten zu erfüllen. Niemand wird dir einen Vorwurf machen, auch Helios und ich nicht.“
Orestes nickte. Dann sprach Adamantios weiter, und es war nur noch ein Hauchen: „Lebt gut weiter, meine Kinder. Lasst die Sonne auf euch erstrahlen. Stets werde ich mit allen meinen Vorgängern über euch wachen. Eines Tages sind wir dann wieder vereint. Und das wird schön sein. Nun aber wird es Zeit für meine letzte Reise.“
Adamantios schloss lächelnd die Augen: „Helios,“ hauchte er. „Helios!“ Dann regte sich der Körper von ihm nicht mehr.
Melania schluchzte auf und stürzte sich in Orestes Arme. Er drückte sie fest an sich und weinte ebenso. Die Tür wurde geöffnet und Zenon sah in den Raum: „Orestes?“ Der Angesprochene sah seinen Freund kurz an. „Ich verstehe.“ Zenon verließ den Raum.
Es dauerte einige Zeit bis das Paar sich soweit beruhigt hatte, dass die beiden dass Sterbezimmer des Vorstehers vom Clan der Sonne verlassen konnten. Vor dem Raum standen einige Mitglieder des Clans, Helfer und Helferinnen, welche Tränen in den Augen hatten.
Orestes hatte einen Arm um Melania gelegt. Kurz sah er Zenon und Kelmend an: „Würdet ihr uns kurz für einen Moment alleine lassen?“
Die beiden nickten. „Papa!“ Matthaios ging auf seine Eltern zu und umarmte sie. Auch er weinte. Fest umschlangen die beiden ihren Sohn und trösteten sich damit ein wenig.
Nach einigen Minuten sprach Orestes: „Matthaios, bitte verstehe, auch du lässt uns bitte diese Momente. Danach wird sicher alles besser.“
„Versprochen?“ konnte man die gedämpfte Stimme des Kindes vernehmen.
„Versprochen.“, antwortete Orestes.
Die beiden gingen in Melanias, eher provisorisches Zimmer. Die Wiedersehensfreude war getrübt durch den Verlust von Adamantios.
„Orestes?“
„Ja?“
„Was meinte Adamantios eigentlich?“ Orestes war zu erst verwirrt.
„Worauf spielst du an?“
Melanaia erwiderte: „Er sprach von einem Vorhaben, welches du auf jeden Fall in die Tat umsetzen sollst. Was hat er in dir erkannt?“
Der Magier wusste nicht was er tun sollte.Gerade eben war Adamantios gestorben, war es ihm da erlaubt dies jetzt zu tun? „Melania, ich weiß nicht, ob...“
„Adamantios sagte, du sollst tun, was du dir so sehr wünscht, und nicht in Trauer versinken. Bitte sag es mir. Meinte er die Befreiung des Clans?“
„Nein,“ antwortete der Zauberer, „das meinte er nicht.“
„Aber was dann?“ Mit ihren Augen blickte jetzt Melania genau in das Gesicht von Orestes. Der Blick ging durch Orestes durch und durch. Sein Herz klopfte heftig gegen seine Brust. Er hoffte nur Melania könne es nicht hören.
„Also,“ fing er an. Oh man, das war so schwer.
„Ja?“ Erwartung war nun im Blick seiner Liebsten.
„Wenn dies alles vorbei ist, dann...“ Auf ein mal nahm er ihr Gesicht in die Hände: „Heirate mich. Wenn dies alles ein Ende hat, heirate mich nach Tradition des Clans der Sonne.“
Im ersten Augenblick war es Melania nicht möglich, zu antworten. Endlich war er da. Dieser Moment, auf den sie so lange wartete. Tränen liefen jetzt wieder verstärkt aus ihren Augen, aber es waren welche der Freude.
Orestes bangte. Warum antwortete sie nicht? Hatte er sie überrumpelt? Es war aber auch der absolut falsche Moment, sie jetzt zu fragen. Was würde sie jetzt von ihm denken? Was hatte er sich nur gedacht?
„Ja!“
„Was?“ Orestes war sich nicht sicher was sie eben gehaucht hatte.
„Ja. Ich heirate dich. Nach der Tradition des Clans der Sonne. Ich will mit dir und Matthaios eine Zukunft als Familie haben. Nie wieder will ich von dir getrennt sein.“
Orestes Herz flatterte wie ein Vogel. Er lächelte. Alles in ihm wurde warm. Sie würde ihn heiraten. Sie werden für immer verbunden sein. Mit unglaublicher Leidenschaft küssten sie sich.
Als der Kuss endete, schmiegte sie sich an den Magier.
„Wir haben weder Zeit um zu trauern noch um eine Hochzeitszeremonie durch zu führen, nicht wahr?“, wollte Melania wissen.
„Nein, die haben wir nicht. Ich will, dass die Magier wieder frei leben können,“ antwortete der Magier.
„Bald sollen einige Männer von Kelmends Gruppe hingerichtet werden.“ Diese Aussage Melanias schockierte Orestes. Hinrichtung? Oh, er war bereits voll in dieser ganzen Sache versunken.
„Dann haben wir keine Zeit zu verlieren.“ Er stand auf und hielt Melania seine Hand hin. „Es wird Zeit, unsere Zukunft zu gestalten.“
Melania lächelte. Plötzlich fühlte sie etwas, was sie schon so lange nicht mehr gespürt hatte: Hoffnung. Vielleicht gab es wirklich doch noch eine Zukunft. Sie nahm Orestes Hand. Gemeinsam machten sie sich zu Kelmend und Zenon auf.
„Premierminister, wir haben die letzten Vorbereitungen für die Überwachung des Transports der Delinquenten abgeschlossen. Wir sind bereit!“ Der Anführer der Häscher ließ mit diesen Worten ein kaltes Grinsen auf dem Gesicht von Tarasios erscheinen.
Die Häscher sollten heimlich ihren eigenen Blick, unbemerkt, auf die baldigen Hinrichtungen werfen und alles absichern.
„Ausgezeichnet,“ sagte er darauf hin, „dann dürfte ja alles glatt gehen.“
„Was ist wenn diese Gruppe auftauchen wird? Sie werden sicher versuchen ihre Kameraden zu befreien?“
„Ich würde sagen,“ erwiderte der Premier, „sie werden nicht damit rechnen wie wir diese Hinrichtungen überwachen. Es ist wohl eher eine Falle, so sieht es für mich aus. Uns werden sicher einige von ihnen in die Hände fallen. Und außerdem, wird es dem, was wir letztlich wollen, wohl so wie so sehr dienlich sein.“
Kapitel 8
Mehrere Männer waren um den runden Tisch versammelt. Orestes, Zenon, Melania und Kelmend und einige andere. Der Raum war nur schwach beleuchtet.
„Bevor wir das weitere Vorgehen besprechen, wie seid ihr eigentlich noch aus dem Tempel entkommen, Zenon? Der Geheimgang war blockiert,“ wollte Orestes wissen.
„Es gab noch einen Geheimgang.“
„Was?“ Orestes wollte nicht glauben was er da hörte.
„Adamantios kannte als Vorsteher noch einen Gang, dessen Bestehen aber nur ihm alleine damals von seinem Vorgänger anvertraut wurde. So zu sagen eine letzte Sicherheitsmaßnahme.
Nach dem Melania damals von dir weg geschleudert wurde, fand einer von uns sie zufällig und konnte sie noch rechtzeitig zum Gang bringen. Dich konnten wir nicht finden.“
„Was mich nicht verwundert,“ erwiderte Orestes, „ich war ja im neben gelegenen Wald gelandet.“
Er atmete ein mal durch. „Jetzt aber müssen wir uns um andere Dinge kümmern, nicht wahr?“
„Da habt ihr Recht,“ stimmte Kelmend zu. „Erlaubt mir euch mit zu teilen, was unsere Spione alles heraus finden konnten.“ Orestes nickte ihm zu.
„Wir haben erfahren, dass Tarasios zu erst es sehr gut gelang, in seinem Wahlkampf die Bevölkerung von sich zu überzeugen. Besonders überzeugte er die Menschen, wie wichtig es wäre Magier unter Kontrolle zu bringen.
Die Magie wäre zu verführerisch, als dass man sie frei entfalten lassen könne. Damit gewann er die Wahlen.
Damit hätte er aber noch lange nicht so gegen die Magier vorgehen können. Aber es gab Angriffe, Angriffe welche definitiv mit Magie durchgeführt wurden. Tarasios nutzte sie um den Rat davon zu überzeugen, ein Gesetz zu erlassen, Magie nur noch für Magier im Staatsdienst durchführen zu dürfen.
Aber das wirklich schlimmste war für euch, Tarasios gelang es den Rat davon zu überzeugen, Magier der Sonne hätten die Angriffe geplant. Es waren Attacken auf Waisenhäuser und öffentliche Plätze.Der Rat gab somit Tarasios die Erlaubnis, euren Tempel an zu greifen und zu vernichten.“
Orestes spürte die Wut, welche in ihm auf flammte: „Wie konnte der Rat dies nur denken?“
„Wir wissen es noch nicht. Fest steht nur dass der Clan der Sonne nun als terroristisch galt. Er wolle die Macht an sich reißen. Dagegen wollte der Rat vorgehen.“
Der Magier schnaubte: „Tarasios war schon immer ein Talent darin mit Rhetorik andere glauben zu lassen, was er will.“
Doch Kelmend warf ein: „An den Angriffsplätzen waren Kristalle gefunden worden, welche Sonnenenergie speichert. Dies galt als unumstößlicher Beweis.“
Jetzt platzte dem Zauberer der Kragen. Er schlug so heftig mit der Faust auf den Tisch, dass alle im Raum erschraken: „Niemals würde ein Magier der Sonne anderen Schaden zu fügen. Eine infame Lüge. Tarasios muss manipuliert haben.“
„Genau das ist was wir auch vermuten. Aber Tarasios und seine Häscher verstehen es nie Spuren zu hinterlassen und Beweise zu vernichten,“ meinte der Rebellenanführer.
„Und jetzt haben wir das Problem der bevorstehenden Hinrichtungen einiger unserer Männer.“
Ein Schweigen trat ein. Eines, bei dem irgendwie nur noch hoffte, dass überhaupt etwas gesagt wird. Und dies Geschah, als ein junges Mitglied von Kelmends Gruppe laut meinte: „Warum beenden wir die Sache nicht ein für alle mal. Töten wir Tarasios!“
Orestes besah sofort den Burschen: „Ist dir Bewusst, was du da forderst?“
„Ja, nämlich die Wurzel allen Übels endlich aus der Erde zu reißen.“
Orestes seufzte: „Tarasios ist nur das Blütenblatt des Übels. Denkst du, er hat keine Anhänger? Es würde zu einem Krieg kommen, der Rat wäre von Bedrohungen überzeugt und Tarasios Anhängern die Armee überlassen.
Wir wollen nicht das System stürzen. Wenn das Volk leichtgläubig ist und nicht hinter die Fassaden blicken will, ist es egal ob wir eine Demokratie haben oder eine Diktatur.“
Der Junge sah verlegen zu Boden und zog sich zurück. Kelmend besah sich seinen Kameraden, der eben zu Recht gewiesen wurde: „Ich weiß, es ist schon eine lange Zeit und wir alle leiden darunter, aber deshalb dürfen wir jetzt nicht unüberlegt handeln. Auch wenn wir alle uns ein baldiges Ende wünschen.“
Kelmend blickte wieder zum Magier: „Wenn wir unsere Freunde versuchen zu befreien, ist dies für Tarasios der Grund, die Kontrolle über die Armee ein zu fordern. Aber Sterben lassen können wir sie auf jeden Fall auch nicht.“
Zenon gab nun seine Überlegungen bekannt: „Das heißt jetzt wird es entschieden. Wir müssen sowohl unsere Freunde vor dem Tod bewahren, als auch Beweise finden, um Tarasios der Täuschung, der Verunglimpfung einer Bevölkerungsgruppe und letztlich des Amtsmissbrauchs zu überführen. Alles andere als leicht.“
„Da hast du ohne jeden Zweifel Recht, mein Freund,“ stimmte Orestes zu.
„Und wie soll das gehen? Tarasios Häscher sind zu gut darin alles zu vertuschen,“ fragte der Ungestüme erneut.
„Es sind letztlich auch nur Menschen, und Menschen begehen Fehler. Jeder von uns, auch diese. Und wir müssen sie nutzen,“ erwiderte Orestes.
Kelmend besah sich die Karte: „Ein Teil von uns also muss durchs Land reisen, der andere wird versuchen unseren Kameraden das Leben zu retten. Uns läuft die Zeit davon. Können eure Magier die Transportzauber benutzen? Ohne sie haben wir keine Chance.“
„Für einen alleine ist es tödlich, egal, welche Energie er nutzt. Mehrere aber dürften es schaffen ohne schwerwiegende Folgen. In jedem Fall sollten die Reisegruppen drei Magier bei sich haben. Zwei für den Transport und einer um euch sonst irgendwie zu helfen.
Zenon, wie viele Magier sind wir momentan?“, kam es von Orestes.
„Wir sind momentan 23. Wenn wir uns je zur Hälfte aufteilen, hieße das dass drei Reisegruppen los geschickt werden können. Kelmend hat 30 Männer, somit je fünf Mann für jede Gruppe. Mehr ist einfach nicht drin“
Nachdem Kelmend einmal zustimmend nickte, fuhr dieser fort: „Noch hat Tarasios nicht die Kontrolle über die Armee, und der Rat schickt nur die üblichen Sicherheitskräfte. Aber Tarasios hat sicher einige Häscher mit im Spiel.“
„Wir müssen unsere Instinkte nutzen. Jeder einzelne von uns. Und zu wissen, wie er vorgehen will, und zu verhindern, dass er unsere Vorgehen errät.“ Orestes gefiel diese Schwierigkeit nicht, aber mehr würde ihnen so wie so nicht bleiben.
„Wobei willst du helfen, Orestes? Alles andere werden Kelmend und ich entscheiden,“ fragte Zenon.
Orestes nahm sich eines der Blätter, auf welchem die Bilder der Delinquenten für die Hinrichtung zu sehen waren. Bei einem Bild wurde sein Gesicht kreide bleich. Sein Herz zog sich zusammen. „Nein!“, flüsterte er geschockt. „Oh Nein, nein!“
„Orestes, was ist?“, wollte Kelmend wissen.
„Diesen Jungen...“ und der Magier vergoss wenige Tränen vor Scham, als er das Bild zeigte.
Kelmend betrachtete es: „Das ist der letzte von uns der gefasst wurde.“
„Ich habe ihn aus geliefert!“ Alle Augen richteten sich jetzt auf Orestes. „Ich habe ihn gefangen, sein Gedächtnis gelöscht und zu den Wächtern gebracht, um das Kopfgeld zu kassieren. Verdammt, was habe ich nur die letzten Jahre alles getan.“
Er ließ sich auf den Boden fallen, saß da und weinte. Dieser furchtbare Stich in seinem Herzen. Diese Last. Es war ein furchtbarer Schmerz. „Stets habe ich gedacht, sie wären einfach nur Abschaum, alle, die ich gefangen habe. Aber in Wahrheit bin ich der Abschaum.“ Er weinte. Da spürte er eine streichelnde Hand.
Der Magier sah in das Gesicht von Melania: „Mein Liebster. Es war vielleicht falsch, aber du bist kein Abschaum. Du hast um dein Überleben gekämpft. Du weißt genau so wie ich, dass jeder von uns manchmal nur noch einen verschleierten Blick hat.
Du bist kein Abschaum. Du hast einfach gelitten. Und welch ein schweres Leid. Ich könnte das alles nicht ertragen.“
„Wir alle,“ sprach jetzt wieder Zenon, „können dir einfach keine Vorwürfe machen, alter Freund. Wir brauchen dich. Du bist Teil unserer großen Familie. Richte deinen Blick darauf, unsere Zukunft zu erhellen.“
Orestes atmete ein mal tief durch. „Bitte verzeiht mir.“
„Ihr habt die letzten Jahre gelitten, Orestes, und damit viel von eurer Schuld auch getilgt. Es ist keine Frage für uns euch zu vergeben,“ meinte Kelmend. Er räusperte sich: „Ich denke wir wissen nun wo ihr helfen wollt.“
Orestes, dem immer noch Tränen übers Gesicht laufen, stand auf, wobei er von Melania gestützt wurde. Dann sah er sich in der Runde um. Nirgends war etwas von Verachtung zu sehen, eher Mitleid und Verständnis.
Und doch war ihm klar, er könne in seinem Leben niemals Ruhe finden, wenn er nicht diesen Jungen befreien kann. Also nickte er Kelmend zu.
Kelmend wendete sich jetzt wieder an Zenon: „Zenon, ich überlasse euch die Leitung der Untersuchungen. Begebt euch zu euren Mitgliedern und sucht die Magier aus, welche eurer Meinung nach für die Befreiung geeignet sind und die, um unseren Leuten bei der Suche nach Beweisen zu helfen. Dies sollten in erster Linie diejenigen sein, die den Transport-Zauber am besten beherrschen.
Besprecht mit ihnen das Vorgehen für die Suche, ich vertraue euch dahin gehend. Wir werden indessen hier weiter machen.“
Zenon nickte ihm zu und verließ den Raum. Kelmend wendete sich wieder dem Tisch zu.
„Es wäre auf jeden Fall Falsch, die Aktion auf der Hinrichtungsstätte durch zu führen,“ überlegte der Rebellenführer. „Das Volk ist bereits genug schlecht zu sprechen auf Magie, da wäre es fatal sie dadurch zu stärken. Demnach müssen wir sie auf dem Weg zwischen den Gefängnissen und der Stätte befreien.“
„Wisst ihr wie der Weg verläuft?“, fragte Orestes.
„Allerdings,“ grinste Kelmend. „Wie ihr sagtet, auch Tarasios ist ein Mensch der Fehler macht. Er wechselt nie den Weg, so dass es uns möglich war diesen heraus zu finden.“ Er zeigte mit seinem Finger auf die Karte von Aias, der Hauptstadt des Landes, und fuhr dann eine Strecke entlang.
„Das Gefängnis für politische Gefangene war als einfacher Berg hier getarnt, und stets ließ er die Truppe durch den Wald zwischen dem Berg und der Stadt ziehen. Der Wald bietet uns zwar Schutz, aber auch ihnen.“
„Vor allem Tarasios Häschern,“ musste Orestes nun einwerfen.
„So ist es,“ stimmte Kelmend zu. „Uns ist es leider nie gelungen, zu erfahren, wie er alles neben den Truppen bewachen lässt. Wo auch immer die Häscher sich aufhalten werden, wir werden es wohl erst erkennen, wenn sie auf uns reagieren.“
Orestes wischte sich etwas Schweiß von der Stirn. Eine schwere Last war auf seiner Seele und auf seinem Herzen. „Bedenkt, wir müssen alles riskieren, um sie da raus zu holen. Uns allen muss das Bewusst sein, dass es mit...das wir nicht mehr zurückkehren könnten. Ist euch allen dies klar?“
Alle Anwesenden nickten ihm zu. „Also dann...“
Kapitel 9
Der Tross mit den Gefangenen, welche an jenem Tage hingerichtet werden sollten, ging langsam seinen Weg durch den Wald. Es war Morgen. Eigentlich sollten erste Sonnenstrahlen das Gebiet erhellen, doch war es in diesem Wald sehr dicht. Es würde wohl erst die Mittags-Sonne eine sichtbare Wirkung haben.
Nur vereinzeltes Vogelgezwitscher gab akustisch das Zeichen für einen erwachenden Tag. Fast war es als ob auch die Natur um die besonderen Umstände dieses Tages wusste.
Die Wachleute sahen sich überall um und beobachteten die Gegend haargenau. Es war eindeutig, sie rechneten jeden Moment damit,dass sie jemand attackiert.
Im vordersten Wagen waren einige junge Männer eingesperrt, unter ihnen auch der, welchen Orestes als Kopfgeldjäger den Wachen übergeben hatte. Dieser sah missmutig durch die Gitter. Sein Herz schmerzte, und mit jedem Meter, den dieser unausweichlicher Weg fortgesetzt wurde wuchs seine Angst.
Weshalb nur musste er jetzt nur noch auf seinen Tod warten? Die Kälte in seinem Inneren wurde immer schlimmer.
Schon seit das Urteil gegen ihn gefällt wurde, hätte er am liebsten die Zeit angehalten. Irgendwie wünschte er sich von einer göttlichen Macht einfach aus seiner Zelle oder jetzt diesem Wagen geholt zu werden.
Oder dass er in der nächsten Sekunde aufwachen würde. Und dies alles nur ein furchtbarer Traum wäre.
Doch die Gesichter seiner Mitgefangenen, von denen er einige kannte und die ihm zu guten Freunden geworden waren, mussten ihn aus diesem Wunschdenken ziehen. Es war unvermeidlich. Dies wären die letzten Augenblicke ihres Lebens.
„War alles umsonst?“, fragte er einfach nur leise für sich. „Alle Entbehrungen, alles Leid, ist es nichts mehr Wert?“
Einer seiner Freunde, ein braunhaariger Junge, erwiderte: „Nicht wenn unsere Kameraden weiter kämpfen.“
„Verdammt!“ Voller Wut trat der Junge, welcher auf den Namen Pholos hörte, gegen die Wand des Gefährts. „Ich will nicht einfach sterben! Ich will weiter leben. Ich möchte dieses Land sehen, wie es sich weiter entwickelt.“
„Denkst du wir möchten sterben?“, war die Antwort. Pholos schüttelte mit Tränen in den Augen den Kopf. Natürlich will niemand von ihnen ihr Leben beenden. Und nun mussten sie sterben, weil sie sich gegen etwas stellten, was einfach nicht richtig war.
Ja, gerade jetzt, in diesen Augenblicken hasste Pholos diese Welt.
Auf einmal aber geschah etwas. Pholos bemerkte, wie plötzlich das Geräusch von sich rollenden Rädern stoppte. Erste Schreie waren zu hören. Dann, da. Ein unglaublich helles Licht, welches in den Augen weh tat, kam durch die Gatter. „Bedeckt eure Augen!“, rief er. Da sie ihre Augen schützen mussten, war es ihnen selbstredend nicht möglich mit zu verfolgen, was außerhalb des Wagens alles geschah.
Orestes ging absolut an alles, während er dieses helle Leuchten erzeugte. Alles Licht, welches er von der Sonne bündeln konnte, wendete er an, um die Feinde zu verwirren und zu blenden. Alleine hätte er das selbstredend nicht geschafft, weshalb ein weiteres Mitglied des Clans ihm half.
„Orestes,“ meinte jetzt der Kamerad, „ich denke das reicht. Wir müssen den nächsten Schritt gehen.“
„Da hast du Recht,“ war die Antwort. Sie ließen das Licht verlöschen und liefen jetzt, so schnell die konnten, den Hang hinab.
Inzwischen hatten Kelmend und seine Leute die Verwirrung ausgenutzt. Noch während die Wachleute sich darauf konzentrierten, in die Richtung zu eilen von wo das Licht kam, hatte sich eine kleine Gruppe an die Wagen geschlichen.
Sie trugen grüne Kleidung, um im Wald nicht so schnell erkannt zu werden. Während diejenigen von ihnen, die auf dem Hang waren, schnell zu erkennen waren, was auch seinen Zweck hatte. So wurden die Wachen schneller auf die aufmerksam, welche mit der eigentlichen Befreiung nichts zu tun hatten.
In dieser kleinen Gruppe befand sich ein weiterer Magier der Sonne. Dieser konzentrierte jetzt so gut es ging die Energie des Sonnenlichts, um unglaublich heiße kleine Kugeln zu erzeugen.
Doch hatten sie dafür nicht viel Zeit, dies war ihnen bewusst. Es würde nicht lange dauern bis die Wachmänner den Trick erkennen würden. Somit versuchten sie sich möglichst unauffällig zu verhalten.
Orestes warf sich schnell einen grünen Umhang über. Auch wenn er eigentlich zu denen gehörte, welche vor allem für die Ablenkung zuständig waren, so wollte er doch seine Schuld tilgen. Somit lief er sofort auf die Wagen zu, zusammen mit einem weiteren Sonnen-Magier und zwei Kämpfern von Kelmend.
Doch seine Sinne, seine Instinkte, sie machten ihm klar, hier stimmte etwas nicht. Dieses Gefühl, es war voller Unheil. Ebenso spürte er irgendetwas magisches, was aber dunkel war.
Und dies alles sollte ihn nicht trügen. Schnell drehte er sich ein mal und erblickte zehn, zwanzig Männer, die plötzlich erschienen, dunkel gekleidet.
„Die Häscher!“ Sein Schrei ging laut und Panisch. Und da schon flogen sie: Schwarze Kugeln, die Kunst der Dunkelheit. Wo sie trafen, explodierten sie und richteten furchtbaren Schaden an.
Die ersten Schmerzensschreie waren zu vernehmen. Krieger von Kelmend und Magier der Sonne wurden verletzt. Leider wurden somit auch schnell die Befreier entdeckt.
Orestes rannte wie es nur ging. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Nein, nicht noch mehr Opfer. Nicht hier. Er wollte nicht Teile seines Clans, der für ihn stets eine Familie war, verlieren.
Doch da traf ihn plötzlich eine Faust. Kurz war er fast davor, dass es schwarz wurde vor seinen Augen, aber sein Wille hielt ihn oben. Nachdem er etwas getaumelt war, sah er einen Häscher vor sich.
„War ja ein netter Versuch,“ sprach dieser spöttisch, „doch hatten wir uns gedacht dass ihr es hier versuchen würdet. An sich kein so schlechter Plan.“ Der Häscher griff Orestes an, schlug nach dem Magier.
Geschickt wich Orestes aus. Die wenigen Trainingsstunden, welche er mit Kelmend absolviert hatte, kurz bevor sie aufgebrochen waren, machten sich bezahlt. Nur war das Problem, der Magier konnte gut ausweichen, aber selber angreifen war eher eine Schwierigkeit.
Orestes wusste dass er so nicht mehr lange durchhalten würde. Immer wieder wich er aus. Die Luft in seinen Lungen brannte, und er fühlte erste Schmerzen in seinen Gelenken. Aber aufgeben, das kam für ihn nicht in Frage.
Ein Schlag traf ihn an der Wange, dieser Kämpfer war schneller als er. Orestes tastete nach seinem Kristall, erzeugte einen Lichtblitz, welcher den Gegner blendete, und dann lief er weiter. Doch schon war eine weitere Gruppe von Häschern vor ihm.
Der Anführer der Gruppe grinste ihn an. Triumphierend und auch grausam: „Hattet ihr wirklich gedacht uns überraschen zu können? Wir hatten fest damit gerechnet dass man uns hier angreifen würde.
Nun, wenn ihr euch uns ergebt, lassen wir Gnade wallten und ihr werdet nicht zum Tode verurteilt. Ansonsten aber werdet ihr euch schnell wünschen tot zu sein.“
Orestes zischte: „Ich werde niemals euer Gefangener. Mich bekommt ihr nicht, ihr Verräter.“
der Gesichtsausdruck des Häscher verfinsterte sich: „ Dann zeige ich dir mal wozu Verräter fähig sind!“
Die Häscher erzeugten sofort wieder sie schwarzen Kugeln und warfen sie ab. Orestes und sein Kamerad erzeugten aus der Energie der Sonne sofort Schutzschilde. Das zehrte aber an ihren Kräften.
Körperliche und magische Angriffe der Häscher brachten sie in Bedrängnis. „Hier werdet ihr eure letzte Ruhe finden!“, schrie der Anführer. Er vereinte mit den Anderen seine Magie, so dass eine noch größere Kugel entstand.
Orestes und den anderen war klar, diese Männer waren zu allem bereit, alles und jeden, der Tarasios nicht folgte, nicht nur zu vernichten, sondern ihn vorher jede Qual zu zu fügen.
Plötzlich flogen Pfeile auf die Häscher. Die Kugel erlischt augenblicklich, sie blickten in die Richtung aus welcher die Pfeile kamen. Armbrustschützen standen dort, Männer von Kelmend. „Das kann doch nicht...“, rief der Häscher.
„Pech gehabt,“ triumphierte Orestes. „wir hatten leider damit gerechnet, wie man uns in die Falle locken möchte. Scheint so als wäre dies mehr als nur ein klares Schach.“ Armbrustschützen unter den feindlichen Wachmännern konnten darauf kaum reagieren, sie waren die ganze Zeit mit den Rebellen und Magiern beschäftigt, die sich den Wagen genähert hatten.
Die Gruppe, welche Orestes und seine Freunde stoppen wollte, flog auseinander. „Los!“ Die Befreier liefen nun weiter zu den Wagen und erreichten diese. Der Magier erzeugte eine leuchtende Kugel und zerschmolz damit das Schloss dieses Wagens.
Sofort öffnete er danach die Tür: „Los kommt, raus mit euch, los los!“ Die Gefangenen zögerten zuerst, dann aber flüchteten sie so schnell so nur konnten. Orestes und seine Helfer halfen ihnen einem nach dem anderen.
Pholos wartete mit seinen Freunden und bangte zusammen mit ihnen in einer Ecke ihres Gefängnisses darauf, bei dieser Aktion nicht zu Schaden zu kommen. Plötzlich hörten sie ein Zischen, dann wie sich die Tür öffnete. Ein Mann rief ihnen zu: „Es geht in die Freiheit, beeilt euch.“
Als die Männer Orestes entgegen kamen, erkannte er auch den Jungen, welchen er damals ausgeliefert hatte. Kurz hielt er inne, als ihm sein Herz bis zum Hals schlug. Pholos entging dies natürlich nicht: „Was ist mit euch?“ Er hatte in seiner Flucht inne gehalten.
Durch diese Worte wurde der Zauberer aus seiner kurzen Lethargie geholt, es gab jetzt keine Zeit um irgendwie vor Schreck starr zu werden: „Nichts, los beeilt euch!“
Pholos folgte der Aufforderung schließlich und lief, begleitet von Rebellen, welche er selbstredend kannte, seiner Freiheit entgegen.
Orestes versuchte alles, um die Flucht so schnell wie möglich über die Bühne zu bringen. Also beeilte er sich, auch den letzten Wagen zu öffnen. Allerdings war es gut, dass ein weiterer Magier bei ihm war, denn die Begegnung mit dem Jungen, welchen er ausgeliefert hatte, machte ihn zu schaffen.
Endlich hatten sie auch die letzten Gefangenen einigen Rebellen zum Schutz übergeben: „Wir sind hier fertig, jetzt lasst uns verschwinden!“, rief er seinem Kameraden zu, welcher nickte.
Sie flüchteten, rannten, wollten nun diesen Ort nur noch verlassen.
Die Rebellen hatten den Beschuss mit den Armbrüsten eingestellt, als sie sahen wie die letzten ihrer Freunde befreit waren, und machten sich jetzt auch auf die Flucht. Der Zauberer wollte so eben einen Hügel hoch, als ihn auf ein mal ein stechender Ruck zurück auf den Boden warf.
Ein furchtbarer Schmerz fuhr ihm durch die Schulter, während er den Pfeil, der ihn getroffen hatte, erkannte.
„Orestes!“ Sofort kamen ihm zwei Männer zu Hilfe.
„Lasst mich hier, flieht!“, rief der Magier, doch einer der Männer erwiderte: „Damit uns Melania den Kopf abreißt? Vergesst es.“
Sofort zogen sie ihn hoch und schleiften Orestes richtig gehend mit: „Den Pfeil müssen wir raus ziehen sobald wir in Sicherheit sind!“ Und somit setzten sie ihre Flucht fort.
Voller Sorge lief Melania hin und her in ihrem Zimmer. Am liebsten hätte sie Orestes irgendwo gefesselt, damit er bei diesem Einsatz nicht mit macht, doch wusste sie genau so, sie könnte Orestes nicht davon abhalten.
„Du solltest dich nicht verrückt machen, Melania,“ versuchte Zenon, welcher eben von seiner leider erfolglosen Suche nach Beweisen gegen Tarasios zurückgekehrt war, sie zu beruhigen.
Melania sah ihn an: „Versetze du dich doch mal in meine Lage, Zenon. Ich habe ihn gerade erst wieder bekommen. Meinst du, ich möchte ihn wieder verlieren? Und Matthaios seinen Vater?“
„Ich verstehe dich ja, aber niemanden ist damit geholfen wenn du dich hier noch völlig in Angst einfangen lässt,“ antwortete dieser.
„Zenon,“ erste Tränen bildeten sich in ihren Augen, „warum nur ist Orestes so ein Dickkopf? Warum nur muss er immer wieder versuchen unbedingt das aller beste, seiner Meinung nach, zu tun?“
Zenon schmunzelte: „So ist er eben zu einem der besten im Clan geworden. Er gibt sich eben nicht mit dem fast Besten zufrieden. Sei es in Bezug auf seine Magie oder seine Moralischen Vorstellungen. Hast du dich nicht deswegen in ihn verliebt?“
Sie musste schmunzeln: „Ja, das kann schon sein.“
Auf ein mal wurde eine Tür geöffnet. Melania hörte auch sofort die hektischen Rufe nach einem Arzt, und wie ein absolutes Durcheinander von hektischen darauf folgte. „Nun,“ dachte sie, „man kann nicht erwarten dass dabei niemand verletzt wird, warum sollte Orestes etwas passiert sein?“
Aber ihr Herz zog sich so schmerzhaft zusammen, als ob es bereits etwas wüsste, was ihm nicht gefiel. Melania eilte schnell in den Raum, in welchem man die Leute der Befreiungsaktion und die Befreiten empfangen und sich um sie kümmern wollte.
Als sie in Orestes Schulter den Pfeil sah, setzt ihr Herz aus. Sofort begannen die Tränen zu fließen: „Orestes, was ist passiert?“ Sie stürzte sich sofort in Richtung ihres Geliebten, welcher immer noch gestützt wurde.
Fast im gleichen Augenblick hatte auch Matthaios den Raum betreten: „Papa!“
Doch Kelmend, welcher inzwischen auch eingetroffen war, hielt sie auf: „Halt, er muss behandelt werden. Schnell, holt einen unserer Ärzte!“
Sofort machte sich ein Mann auf den Weg, während Orestes in eines der wenigen Krankenzimmer gebracht wurde. Melania ergriff seine Hand, nachdem er lag, und Matthaios klammerte sich an seine Mutter.
„Halte durch!“, flehte Melania ihn an.
„So ein Pfeil in meiner Schulter bringt mich schon nicht um, Liebste. Keine Angst.“ Orestes vergaß für einen Moment die furchtbaren Schmerzen in seiner Schulter. Der Schmerz, welcher durch das sorgenvolle Gesicht Melanias in seinem Inneren war, empfand er schlimmer als körperliches Leiden.
„Papa, tut es sehr weh?“ Matthaios stand jetzt direkt neben der Liege.
„Du wirst eines Tages lernen, mein Junge, dass es keinen Schmerz der Welt gibt, der einen vernichten und leiden lassen kann, so lange man diejenigen bei sich hat, die einem am wichtigsten sind.“ Beruhigend strich er seinem Sohn über den Kopf, in dessen Augen auch schon erste Tränen glitzerten.
Endlich kam der Arzt zu ihm. Er hatte eine Tasche mit verschiedenen, speziellen Werkzeugen dabei. Schnell besah er sich die Wunde, ehe er fest stellte: „Ich muss den Pfeil sofort entfernen. Macht mir Wasser und einen sauberen Lappen bereit.“
Dann wandte er sich an den Magier: „Hört zu Orestes, wenn ich das nicht sofort mache, könnte sich eure Verletzung schlimm entzünden und euren Körper somit vergiften. Es wird sehr schmerzen, macht euch auf etwas gefasst, mein Freund.“
Er holte ein Stück Holz hervor: „Hier, ich denke es wäre gut wenn ihr darauf beißen könnte.“
„Ich möchte liebend gerne meine Vermählung mit Melania erleben, also macht schon und hört auf zu reden!“, knurrte Orestes ihm entgegen.
Trotz der eigentlich eher angespannten Situation musste Melania kurz kichern. Ja, das war der Mann in den sie sich verliebt hatte. Nach einer Sekunde, in welcher der Arzt verwirrt war, fing dieser sich sofort wieder, steckte Orestes das Holzstück in den Mund und begann die Wunde um den Pfeil mit einem scharfen Messer zu erweitern.
Schließlich schien der Pfeil locker genug zu sein: „Gut, jetzt haltet euch besser fest!“ Mit einem Ruck zog er jetzt den Pfeil raus.
Orestes bäumte sich laut knurrend auf. Dabei erdrückte er fast Melanias Hand, doch diese machte sich angesichts der Sorgen um ihren Liebsten kaum Sorgen um solche Dinge. Dieser Schreckliche Schmerz kam so plötzlich, dass sich der Zauberer auf so etwas einfach nicht vorbereiten konnte. Ein wenig schämte er sich dafür.
Die Wunde blutete stark. Sofort ließ sich der Arzt einen mit Wasser voll getränkten Lappen geben: „Wir müssen die Blutung unbedingt stoppen. Bereitet schon mal einen Verband vor. In meiner Tasche sind die richtigen Salben. Beeilt euch!“
Der Schmerz ließ Orestes fast wahnsinnig werden. Aber im Gesicht seiner Melania und seines Sohnes sah er den Trost und vor allem Liebe, beides brauchte er, um dies irgendwie zu überstehen.
Doch auch die Größte Liebe kann körperliche Grenzen nicht komplett aufheben. Langsam schwanden ihm die Sinne.
Kapitel 10
„Was fällt dir ein mich dermaßen zu erschrecken, Liebster. Ich wäre fast gestorben vor Sorge.“ Melania klammert sich an den Arm von Orestes, welcher immer noch in seinem Krankenbett lag. Ein dicker Verband war um seine Schulter gebunden.
Der Magier konnte nicht gerade sagen dass es ihm all zu gut ging. Die Schmerzen waren zwar nicht mehr wirklich schlimm, als störend empfand er sie trotzdem. Außerdem schränkte der Verband auch seine Bewegungsmöglichkeiten ein.
Der Zauberer nahm Melanias Hand in die seine und blickte in ihre Augen. Auch wenn sie gerade voller Tränen war, so glaubte er doch in ihnen die Sonne sehen zu können: „Melania, du und Matthaios, ihr seid meine Sonne. Meine Energie. Und ich will alles dafür tun, damit wir das Licht der Sonne wieder ohne Bedenken auf uns scheinen lassen können.
Ich denke mal das wusstest du. Und es tut mir Leid wegen der Sorgen, welche du um mich hast.“ Intensiv sah er seine Verlobte an, welche nach einiger Zeit nickte.
Dann fuhr er fort: „Aber ich kann einfach nicht anders. Nun habe ich dank dir und unserem Sohn ein neues Ziel, ein wirkliches Ziel. Dieses mal werde ich es erreichen.“
„Warum nur, Orestes? Wofür willst du nur dein Leben riskieren, wofür immer und überall dich einmischen? Wir haben hier viele gute Magier und Kämpfer, also was rechtfertigt dein Ziel? Wenn dir etwas zu stößt, erreichst du damit dein Ziel?“
Bevor Orestes antworten konnte, schwang die Tür auf und Matthaios sprang nur so zu seinem Vater in die Arme: „Du bist Wach, du bist wach!“
„Oh, langsam mein Junge,“ stöhnte Orestes und schob sein Kind ein wenig von sich. „Meine Verletzung wurde gerade erst verbunden.“ Matthaios hatte bei seinem Sprung die Schulter voll mit seinem Arm erwischt, was dementsprechend für den Zauberer alles andere als angenehm war.
„Entschuldige!“, antwortete Matthaios schuld bewusst, nur um dann aber noch mal sich an seinen Vater zu werfen.
Orestes genoss es seinen Jungen im Arm zu halten. Sein Blick fiel auf Melania, und er redete: „Hierfür, Melania, habe ich dieses Ziel, und es ist das lohnendste dass es nur geben kann.“
Die Frau musste lächeln.
Auch wenn die Sorge um den Vater ihres Kindes sie quälte, ihren Sohn und dessen Vater in diesen wenigen Momenten sehen zu können, in welchen die Probleme mal zur Seite geschoben werden, erwärmte ihr Herz, wie man es sich einfach nicht vorstellen kann.
Da klopfte es an der Tür. „Herein!“, rief Orestes.
Zenon betrat das Zimmer: „So eben haben sind die letzten unserer Freunde wieder zu uns gestoßen. Fragt mich nicht weshalb, aber ich fühle dass wir nun einen Schritt weiter kommen werden.“
„Wartet!“, erwiderte Orestes und stand, unter immer noch spürbaren Schmerzen, aus dem Bett auf!“
„Du musst liegen bleiben, denk an deine Wunde, mein Freund,“ ermahnte ihn Zenon, und auch Melania hätte Orestes am liebsten sofort ans Bett gedrückt. Doch Orestes meinte nur: „Die Situation in welcher wir alle sind schert sich nicht um mögliche Verletzungen. Selbst wenn ihr mich hier fesseln wollt, ich werde bei den nächsten Beratungen dabei sein.“
Zenon seufzte, manchmal war diese Dickköpfigkeit wirklich ein Problem, aber ein noch größeres wäre es wohl Orestes dahin gehend in den Weg zu kommen, also gab er nach: „Na gut, wie du wünscht, aber versuche dich wenigstens ein wenig zurück zu halten-wenigstens körperlich.“
Orestes grinste nur.
Somit machten sich Orestes, Melania, Zenon und Matthaios auf in Richtung des Beratungsraumes, wo Kelmend mit Sicherheit schon auf sie warten würde. Tatsächlich war es auch so. Kelmend schien nicht wirklich überrascht darüber zu sein dass Orestes trotz seiner Verletzung auch hier her kam.
Er hatte inzwischen wohl auch genug erzählt bekommen durch die Magier des Clans, außerdem hatte er dessen Entschlossenheit auch selber erlebt. „Schön, dass ihr hier seid, meine Freunde,“ begrüßte er sie, „wir werden jetzt hoffentlich neue Möglichkeiten erhalten.
Durch unsere Befreiungsaktion dürfte Tarasios sich vielleicht nun bewiesen genug fühlen eine Sondersitzung des Rates ein zu fordern, die Zeit wird sicher knapp. Hoffen wir also das Beste.“
Endlich kamen die letzten Abgesandten zu ihnen, aber etwas stimmte nicht. Es waren nur noch die beiden Magier und vier Rebellen von dieser Gruppe gekommen. „Was ist mit...“ wollte Kelmend wissen, aber die zwei Zauberer schüttelten traurig den Kopf. „Ich verstehe,“ meinte Kelmend daraufhin.
„Zumindest war nicht alles umsonst,“ sagte der erste Magier. „Ich denke wir haben was wir brauchen.“
Orestes sah voller Hoffnung auf seine Kameraden. Die Trauer um einen verlorenen Freund war zwar schnell über ihn gekommen, doch die Hoffnung, dass dieser Verlust nicht umsonst sein würde, gab ihn Kraft diese zu überstehen. In dieser Stille merkte kaum jemand, wie Zenon von einem Magier flüsternd angesprochen wurde und daraufhin diesen verließ.
„Ja,“ antwortete der abgesandte Magier und begann zu erzählen: „Wir haben also dieses Quartier erreicht. Ein geheimes Quartier für eine Gruppe von Häschern von Tarasios. Wir hofften, dabei würde es sich auch um einen Knotenpunkt halten. Und dem war so.
Zuerst mussten wir warten bis einige Häscher für eine Patrouille das Haus verlassen haben. Danach sind wir rein geschlichen. Zwei Häscher konnten schnell außer Gefecht gesetzt werden, ehe wir das Quartier durchsuchen konnten.“
„Und habt ihr was gefunden?“, fragte Kelmend sofort.
„Ja, das haben wir.“ Der Zauberer holte ein Bündel mit Papieren hervor. Diese reichte er Kelmend mit den Worten: „Seht euch dies mal an!“
Kelmend nahm die Papiere an sich und sah sie alle durch. Bereits einige wenige Blicke reichten aus, um dafür zu sorgen dass der Rebellen-Führer tief nickte. Besonders das letzte Blatt erzeugte eine gewaltige Gefühlsregung, zwar nicht äußerlich, aber jedenfalls hing Kelmend daran am längsten. Er gab die Blätter Orestes: „Hier, das war mehr als nur ein kleines Versäumnis von den Häschern.“
Orestes besah sich die Paiere etwas genauer. Und diese Papiere waren eindeutig. „Pläne von einem der angegriffenen Plätze, einer Einrichtung für kranke Kinder,“ sprach Kelmend, während Orestes weiter die Zettel durch ging, „Orte wo die Kristalle hinterlegt werden sollen, welche Magie benutzt werden sollte.“
„Und wenn ich mich nicht täusche,“ setzte der Sonnen-Magier fort, „ist das hier eindeutig Tarasios Handschrift.“
Kelmend nickte. „Seht euch den letzten Zettel an, Orestes.“
Orestes las die Nachricht durch: „Ein eindeutiger Angriffsbefehl.“
„Ausgestellt auf das Datum an dem die Einrichtung fast vollständig zerstört wurde,“ ergänzte Kelmend.
„Das Tarasios alle diese Dinge offensichtlich lieber persönlich verfasst ist die Schwäche welche die ihn jetzt einiges Kosten wird.“ Orestes bekam nun mehr als nur Hoffnung, es war ein Glaube, dass ihre Leidens-Zeit ein Ende finden könnte.
„Nachdem wir diese Dokumente gefunden hatten,“ sprach nun wieder der Abgesandte Magier, „verließen wir das Quartier, aber die anderen Häscher waren zurückgekehrt und griffen sofort an.“
Er schluckte, bevor er weiter redete: „Obwohl wir ihm davon abrieten, rief er uns zu, wir sollten fliehen mit den Beweisen. Er würde die Häscher aufhalten. Bevor wir den Zauber benutzen konnten, sahen wir noch, wie sie ihn überwältigten. Ich kann nicht sagen ob er noch lebt.“
Ein Moment der Stille hing über dem Raum. Jeder hing seinen Gedanken nach, ehe Orestes jetzt weiter redete: „Ob er noch lebt oder nicht, es war nicht umsonst. Und wir alle müssen dafür sorgen, dass es nicht umsonst sein wird.“ Jeder sah ihn zu stimmend an.
In diesem Augenblick kam Zenon wieder in den Raum: „Wir haben noch weitere Erkenntnisse erhalten. Die Zweite Gruppe konnte ein früheres Wohnhaus des Premierministers durchsuchen und haben dabei einige Dinge gefunden, welche uns die Motive von ihm uns nahe legen.“
„Wie meint ihr das?“ , wollte Orestes wissen.
„Seht selbst. Wir haben dieses Medaillon gefunden.“ Zenon gab Orestes das Schmuckstück. Es hing an einer silbernen Kette. Das Medaillon war aus schwarzem Edelstein geschliffen, und mit Silber ein Zeichen darin eingraviert. Es stellte einen Blitz dar.
„Jetzt wird mir einiges klar,“ sprach der Magier. „Tarasios war also ein Mitglied des Clans der Dunkelheit. Ein Magier der Dunkelheit.“
„Klingt bedrohlich,“ meinte Kelmend, woraufhin Orestes erwiderte: „Ist es aber nicht. Wie die Sonne Energie hat, ist auch in Dunkelheit Energie. Der Clan der Dunkelheit wurde aufgelöst weil die Bevölkerung nicht sehen wollte dass auch diese Magie gutes bewirken kann.“
„Es gab also keine neuen Mitglieder mehr,“ stellte Kelmend fest.
Orestes bestätigte: „So ist es.“
Zenon fuhr fort: „Tarasios ist also in gewaltiger Weise verbittert.“
„Wenn meine Magie nicht mehr auf reguläre Weise gefragt ist,“ sprach Orestes seine Gedanken aus, „dann sorge ich eben dafür dass ich nur noch meine Magie gezwungenermaßen existiert.“ Der Magier wollte es einfach nicht begreifen. „Nur damit diese Magie überlebt löscht er Menschenleben aus.“
Erneut konnte er Wut in sich fühlen. Zenon redete wieder: „Wir hätten es uns denken müssen. Schließlich beherrschen auch seine Häscher Magie der Dunkelheit.“
„Und andere Magie Arten, um Magier in verdacht zu führen,“ setzte Orestes hinzu. Lebensgefährlich. Zwar kann man jeden Zauberspruch erlernen wenn man eine magische Energie benutzen kann, aber wenn diese nicht für den Spruch bestimmt sind, hat man kaum Kontrolle über sie.“
Kelmend wunderte es nicht, dass Tarasios so weit ging: „Dieser Mann nimmt keinerlei Rücksicht auf Verluste. Egal um wen oder was es geht.“
In diesem Augenblick betrat einer der Rebellen hastig den Raum. Alle drehten sich sofort zu ihm um, als dieser berichtete: „Schlechte Nachrichten. Wie zu erwarten war hat Tarasios die Befreiungsaktion ausgenutzt. Er hat um eine außerordentliche Sitzung des Rates gebeten. Er will die Kontrolle über die Armee.“
Orestes Herz setzte aus. Er sah in die Gesichter der Anderen. Auch ihre Augen sprachen Bände. Angst.
„Wann ist die Sitzung?“, fragte Kelmend.
„Morgen, zur Mittagsstunde.“
Der Rebellenführer atmete ein mal tief durch. „Nun denn, dann müssen wir es morgen in den Sitzungssaal schaffen. Bringt uns die Pläne des Gebäudes.“ Sofort ging einer der Rebellen los und beschaffte die Dokumente.
Auch Orestes beugte sich über sie, worauf Zenon besorgt meinte: „Kamerad, du bist verletzt, du kannst nicht...“
„Körperliche Schwäche ändert nichts an meinen magischen Fähigkeiten. Ihr werdet jeden brauchen. Du weißt das.“
„Leider hat er recht,“ pflichtete Kelmend bei, „anders werden wir es nicht schaffen.“
„Na gut,“ gab Zenon schließlich nach.
Kelmend erklärte dann: „Der Hauptplan ist denke ich eindeutig. Wir müssen es schaffen heimlich in das Gebäude zu kommen, den Rat erreichen bevor es zur Abstimmung kommt und ihnen unsere Beweise vorlegen.“
„Und egal ob wir es schaffen den Rat zu überzeugen oder nicht, die Häscher von Tarasios werden überall sein, versteckt,“ fuhr er fort.
Orestes sprach aus, was sich bis dahin keiner traute: „Wenn sie die Gelegenheit bekommen, uns und, wenn sie sich gegen ihn stellen, die Mitglieder des Rates, zu töten, wird sie genutzt. Uns allen muss das klar sein.“
Der Magier sah den Blick seiner Melania und seines Sohnes, ein Blick voller Angst und Sorge. Ihm selber gefiel es nicht dies aus zu sprechen. Sein Herz schmerzte bei diesen Gedanken. In ihm war Angst. Auch wenn er wusste, was er tun muss, wenn er es auch wollte, so war da auch diese Angst.
„Also, sollte es zum Kampf kommen, werden wir Magier in erster Linie versuchen die Magie der Häscher in Schach zu halten. Ihr und eure Leute, Kelmend, müsst euch mit dem Schwert wehren,“ sagte er weiter. Kelmend nickte ihm zu.
Orestes redete weiter: „Es würde mich auch nicht wundern, wenn Tarasios und die Häscher gegen den Magier-Kodex verstoßen würden, nie eine Waffe in die Hand zu nehmen. Wir müssen uns auf einiges gefasst machen.“
Als Orestes sich in seine Gemächer zurück zog, klammert sich Matthaios an ihn. „Was ist, mein Sohn?“
„Ich will morgen mit!“
Orestes erhob eine Augenbraue: „Das ist zu gefährlich, mein Sohn.“
„Aber jeder wird gebraucht, das hast du doch eben gesagt!“, antwortete Matthaios trotzig.
Der Magier seufzte, als er sich aufs Bett setzte. „Komm mal her, Matthaios.“ Das Kind setzte sich neben seinen Vater.
„Matthaios, du wärst keine Hilfe. Du hast gerade erst angefangen, mit der Magie der Sonne um zu gehen. Du wärst für die Häscher eine leichte Beute.“
„Aber ihr könnt mich doch alle beschützen!“ Matthaios musste kurz schmunzeln. Offensichtlich hatte sein Junge auch die Dickköpfigkeit seines Vaters geerbt.
„Matthaios, wir müssen uns darum kümmern gegen Tarasios zu kämpfen. Und in so einem Kampf kann man nicht immer auf alles achten. Es ist zu gefährlich für dich. Außerdem könnte ich nicht kämpfen wenn du dort wärst.“
„Warum Papa?“
„Mein Sohn, weil ich nicht will, dass dir irgend etwas geschieht. Weißt du wie viel Angst ich um dich hätte? Ich will dich niemals verlieren. Hier bist du sicher, mein Junge.“
Orestes sah erste Tränen in den Augen von Matthaios. Der Junge schluckte, bevor er fragte: „Versprichst du mir, dass du wieder kommst?“
Eigentlich war es dem Magier klar, dies war nie und nimmer ein sicheres Versprechen, doch konnte er sein Kind nicht leiden sehen. „Ich verspreche es dir.“
Der Zauberer nahm seinen Nachkommen in die Arme, welcher jetzt ungebremst anfing zu weinen. Zwischen dem Schluchzen brachte Matthaios ein: „Ich hab dich lieb!“ , hervor.
Fest drückte Orestes Matthaios an sich: „Ich hab dich auch lieb!“
Am nächsten Morgen versammelten sich alle, welche zur Hauptstadt ziehen wollen, vor dem Versteck. Weil die Magier jede Kraft brauchen würden, wurde entschieden zu Pferde und auf Wagen den größten Teil des Weges zurück zu legen, denn schon sich dann getarnt in die Stadt zu schleichen würde genug Energie kosten.
Orestes betrachtete Kelmend, Zenon und viele seiner Kameraden. „Seid ihr alle bereit?“, rief Kelmend ihnen zu. Alle gaben ihre Zustimmung bekannt. Der Rebellenführer gab das Zeichen für den Aufbruch, und Orestes sprach zu seinem Freund Zenon: „Möge Helios uns beistehen.“
Kapitel 11
Tarasios ging einige Schritte im Plenarsaal des Ratsgebäudes. Dann begann er mit seiner Rede: „Hoher Rat, wie ihr wisst, versuchen wir alles die Magier ausfindig zu machen, welche sich weigern, ihre Magie in den Staatsdienst zu stellen. Und ebenso diejenigen, welche diesen Ungesetzlichen Magiern helfen.“
Er machte eine kleine Pause. Um ihn herum waren die Mitglieder des Rates. Der Saal bestand aus einer kreisrunden Ebene. Im Inneren dieses Kreises war eine ebenso runder Bereich für die Redner. Darum waren die Reihen der Räte.
Tarasios sprach weiter: „Nun ist die Situation um einiges schwieriger und komplizierter geworden. Wie ihr sicher mitbekommen habt, haben diese Gesetzlosen die Hinrichtung vor ein paar Tagen verhindert und alle Delinquenten befreit. Die Bedrohung für unser Land wird immer schlimmer.“
Leise schlich sich Orestes hinter einem der Rebellen durch die vielen Gänge des Ratsgebäudes. An den üblichen Wachen vorbei zu kommen war keine große Schwierigkeit. Der Tarnzauber der Magier reichte auch ohne Probleme für die Kämpfer.
Jetzt aber, hier in den Gängen, war die Situation schon etwas anders. Ihre Schritte hallten leise durch die leicht beleuchteten Wege. Einige Fackeln spendeten Licht. Hier würden mit Sicherheit Häscher des Tarasios sein, und wenn diese Magie beherrschen sollten, wovon man ausgehen konnte, dann hätten sie die Magie des Clans der Sonne spüren können und alles wäre umsonst gewesen.
„Ganz leise,“ flüsterte Kelmend, welcher die Gruppe anführte. „Es kann nicht mehr weit sein.“
„Seid ihr sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind?“, wollte Orestes Wissen.
Kelmend erwiderte: „Wir haben die Baupläne des Ratsgebäudes dank einiger Spione komplett aufzeichnen und studieren können. Keine Sorge. Ah, Hier.“
Der Rebellenanführer hatte einen kleinen Geheimgang entdeckt, dessen Eingang sich durch das drehen einer Fackelhalterung öffnen ließ. Durch diesen schlichen sie jetzt hindurch. Kelmend befahl einer Hälfte der Truppe sich in die andere Richtung zu begeben.
Er erklärte Orestes: „Dieser Gang führt um den Plenarsaal herum. Wir werden uns heimlich gleichmäßig verteilen.
Dass die Häscher davon nichts wissen oder Tarasios selber kann man nur dadurch erklären: Es handelt sich um einen Fluchtweg, welcher nur wenigen Mitgliedern des Rates offenbart wurde. Wohl um mögliche Angriffe sicher zu sein über diesen Gang. Aber wie ihr seht, dessen Existenz war nicht geheim genug für uns.“
Der Magier musste schmunzeln. Offensichtlich waren die Rebellen wirklich sehr geübt darin, heimlich an Informationen zu kommen. Zum Leidwesen von Tarasios. Jedenfalls hoffte er das.
Der Gang hatte du einer Empore geführt, die rund um die Ratsmitglieder führte.
Diese schien keinen Zweck zu erfüllen, wenn man nichts von den getarnten Treppen wusste, die hinunter führten zu den Sitzen der Räte, verborgen dank Magie. Und die Quellen dafür bemerkte der Sonnenmagier, es handelte sich um Kristalle, die diese magische Energie verströmten. Welche Art von Energie, das vermöchte er nicht zu sagen. Offensichtlich konnten diese Kristalle verschleiern, welche Magie man benutzte.
Heimlich schlichen sich alle an die Positionen, wo sie hin sollten. Orestes hörte genau hin, und was er hörte, gefiel ihm überhaupt nicht.
Tarasios redete: „Aus diesen Gründen denke ich, es gibt nur noch eine Möglichkeit für uns, dieser Bedrohung Herr zu werden. Es muss Schluss sein mit langen Debatten. Wir müssen handeln. Ich bitte deswegen den Hohen Rat, mir die Aufsicht und Kontrolle über die Armee zu geben. Ich werde diese selbstredend abgeben, sobald die Krise vorbei ist“
„Schnell!“ Orestes war nun voller Panik. Der Magier und der Rebell sprangen jetzt von ihrer Position, welche sich direkt über dem Eingang des Saales befand und somit nicht durch Treppen blockiert wurde, hinab.
„Halt!“ Alle starrten auf die beiden Personen, welche urplötzlich erschienen waren. Der Vorsitzende des Rates, ein etwas Älterer Mann mit langem, grauen Vollbart, war sofort aufgestanden, aber ihm fehlten erst mal die Worte.
Tarasios dagegen erholte sich als erster von der Verblüffung. Er zog sein Schwert und rief: „Wachen, sofort herkommen, Eindringlinge!“
„Halt, Premierminister!“ Tarasios, Orestes und auch Kelmend waren ein wenig erstaunt darüber, dass der Vorsitzende ein mögliches Eingreifen der Wachen verhinderte. Der Vorsitzende sprach nun weiter: „Wer seid ihr? Warum seid ihr hier?“
Orestes fand als erster Mut: „Hochgeehrter Vorsitzender des Rates. Ich bin Orestes. Mitglied des Magier-Clans der Sonne. Und dies hier,“ damit zeigte er auf Kelmend, „ist Kelmend, ein Freund.“
Tarasios knurrte. Dies entging natürlich keinem. Der Premierminister war wütend. Offensichtlich hatten die Häscher versagt. Tatsächlich lebten noch welche von diesem verdammten Clan. Wofür hatte er eigentlich seine Häscher?
„Ich dachte,“ erwähnte der Vorsitzende, „der Clan wäre komplett vernichtet worden nachdem man ihn für seine Verbrechen bestraft hat?“
„Verbrechen, ehrenvoller Vorsitzender? Wie ihr seht, gibt es uns noch, und wir sind hier, um euch über die Ereignisse von vor zehn Jahren auf zu klären. Es gab keinerlei Verbrechen seitens unseres Clans.“
„Aufzuklären? Keinerlei Verbrechen durch euren Clan?“ Der Vorsitzende blickte erstaunt auf die beiden Männer.
Kelmend ergriff jetzt das Wort: „Wir können beweisen, dass es in Wirklichkeit nicht der Clan der Sonne war, welcher die Zerstörungen verursachte. Sondern jemand ganz anderes, welcher davon mehr als Profitierte. Es ist Premierminister Tarasios.“
Sofort ging ein Raunen durch den Saal. Die Ratsmitglieder diskutierten angeregt miteinander, aber der Vorsitzende setzte dem mit einem: „Ruhe!“, ein Ende, ehe er sich an den Premier wendete: „Was meint ihr dazu Tarasios?“
„Das sind infame Lügen. Die wollen sich nur rächen für die Vernichtung des Clans.“ Voller Zorn hatte Tarasios während dieser Aussage schon fast angefangen zu brüllen. „Ihr seht, die Magier schaffen es schon in unsere Regierungsgebäude. Wir müssen mit ihnen kurzen Prozess machen. Ich werde...“
„Tarasios!“ Sofort war der Vorsitzende ihm ins Wort gefallen. „Die Gesetze unseres Landes verlangen von uns, stets so etwas sicher zu prüfen. Wir verurteilen nicht vorschnell. Auch wenn dies, sollten diese Männer Recht behalten, ein mal geschehen sein sollte, so wäre dies bedauerlich. Ich würde sie gerne anhören. Will der Rat mir in dieser Hinsicht zu stimmen?“
Die Mitglieder nickten ihm alle zu. „Sprecht, Orestes. Solltet ihr uns aber nicht eure Behauptung beweisen können, sehen wir euch als Hochverräter an. Ihr wisst, was das bedeuten würde,“ fuhr der Vorsitzende fort.
Orestes schluckte ein mal, ehe er erwiderte: „Jawohl, ehrenwerter Vorsitzender.“
Dann holten Orestes und Kelmend die Dokumente hervor. Orestes begann: „Diese Zeichnungen stammen ohne jeden Zweifel von Tarasios. Dies ist seine Handschrift.“ Er gab sie dem Vorsitzenden.
„Es sind eindeutige Anweisungen an Häscher, von denen ihr nichts wusstet, mit Hilfe von Magie jene Angriffe durch zu führen, die euch zu eurem Urteil vor zehn Jahren bewogen. Die Anweisungen beinhalten besonders welche Magie angewendet werden soll und wie und wo scheinbare Überreste der Sonnen-Magie platziert werden müssen.“
„Sonnen-Magie kann nur von Sonnen-Magiern benutzt werden,“ wand der Vorsitzende ein.
„Sicher,“ stimmte Orestes zu, „aber wie ihr sehen könnt wusste Tarasios, auf welche Art die Magie so benutzt werden konnte, dass es möglich war sie mit der Magie unseres Clans zu verwechseln.“
Der Vorsitzende besah sich die Dokumente nachdenklich, ehe er sie weiter gab. Dann fragte er: „Aus welchem Grund sollte Tarasios Magiern Attentate in die Schuhe schieben, um sie schließlich unter Kontrolle zu bringen und euren Clan aus löschen zu dürfen?“
„Darum!“ Kelmend übergab dem Vorsitzenden jetzt die Mitgliedsurkunde des Premiers. „Tarasios war Mitglied des Magier-Clans der Dunkelheit, welcher einige Jahre vor jenen Ereignissen aufgelöst wurde, da er keine Mitglieder mehr bekam.
Dass man jene Magie auch weiter lehren kann ohne einen organisierten Clan wusste Tarasios nicht oder wollte es nicht wissen.“
„Und das soll jetzt das Motiv klären?“, fragte der Vorsitzende zweifelnd.
„Er war verbittert,“ sprach Kelmend nun weiter. „Offensichtlich war der Clan so sehr Bestandteil seines Lebens, dass er sich schwor, die Magie der Dunkelheit nicht nur auf eher unehrenhafte Weise zu bewahren, sondern jede andere Magie zu blockieren. Offensichtlich sah er andere Arten von Magie als Ursache für die Auflösung seines Clans. Besonders die Magie der Sonne.“
Orestes blickte in das Gesicht von Tarasios, dieser war offensichtlich immer wütender geworden. Der Magier dachte sich selbstredend warum, denn der Premier erkannte nun seine furchtbaren Fehler. Er hätte eben bedenken sollen, niemand weiß alles und denkt immer an alles.
Der Vorsitzende hatte auch dieses Dokument weiter gegeben, ehe er fragte: „Wie seid ihr an diese Dokumente gekommen.“
Kelmend erwiderte: „Unsere Leute haben aufgegebene Hütten von Tarasios und seinen Helfern durchsucht. In diesen fanden wir sie. Uns ist klar, ehrenwerter Vorsitzender, dass es nicht korrekt war, es auf diese Weise zu tun, aber wir hätten wohl kaum jemanden vom Staate zu diesen Untersuchungen bringen können.“
Er sah zu Tarasios: „Besonders, wenn unser größter Feind einen großen Anteil dessen unter Kontrolle hat.“ Ganz leise knurrte der Premier vor Zorn.
„Tarasios,“ wandte der Vorsitzende nun an diesen, „was habt ihr dazu zu sagen?“
„Das sind Lügen,“ ereiferte er sich, „alles Lügen. Diese Männer wollen nur Rache an mir üben, weil ich dafür verantwortlich bin, unser Land vor machtgierigen Magiern zu schützen. Diese Beweise sind alle gefälscht.“
„Großer Vorsitzender, wir wollen keine Rache,“ sprach Orestes sofort, „alles was wir wollen, ist wieder leben. Wir wollen nur wieder in Frieden unsere Magie ausüben.“
Der Vorsitzende besah sich Orestes, dessen Herz wie wild in seinem Herzen hämmerte. Nun hing alles davon ab, den Rat mit diesen Beweisen überzeugen zu können. Sonst war alles umsonst.
„Das ist eure Handschrift, Premierminister,“ redete der Vorsitzende weiter, „um diese zu fälschen, mit Magie, müsste man auch euren Charakter kopieren und das ist jeder Magie unmöglich. Und jene Urkunde,“ und dabei zeigte er auf das Papier, welches in den Händen einer seiner Kollegen war, „ist ebenso mit Magie versiegelt, mit Magie der Dunkelheit, anders kann man das Siegel nicht erstellen.“
„Und ich sage euch, das ist Lüge,“ schrie Tarasios jetzt. „Diese Magier wollten unser Land schon immer unterwerfen. Und diese Krieger, die ihnen helfen, sind nichts weiter als Terroristen. Sie haben viele Männer verletzt als sie die zum Tode Verurteilten befreiten.“
„Es tut uns um jeden Leid, den wir von den staatlichen Wachen verletzten, ehrenwerter Vorsitzender. Aber wir mussten dies tun, um das Leben unserer Freunde zu retten. Wir hatten keine andere Wahl,“ erklärte der Magier der Sonne.
Nochmal schaute der Vorsitzende Orestes. „Bitte glaubt uns. Wir wollten den Frieden nie gefährden. Nur unsere Freiheit,“ sagte dieser.
„Und wir wollten nur deren Überleben sichern in jener schweren Zeit,“ schloss Kelmend ab, „und ihnen ebenso nur zu dieser Freiheit verhelfen. Nie wollten wir Menschen töten und haben dies auch nie getan. Nur eines wollen wir: Frieden und Freiheit.“
Einige Minuten vergingen. Orestes brach der Schweiß aus. Es musste klappen, sonst wäre jede Hoffnung auf ihre Freiheit erloschen. Und was wäre mit seiner Familie? Melania und sein Sohn? Seine Kameraden des Clans? Die Rebellen? Ihrer aller Leben hing davon ab, was nun geschehen würde.
„Tarasios, für mich sind diese Beweise eindeutig. Eure Handschrift, welche man nicht mit Magie fälschen kann. Jene Urkunde, welche ebenso nicht gefälscht werden kann. In den letzten zehn Jahren hat niemand zuvor so sehr wie ihr um die Kontrolle über die Armee geworben. Stets kam mir das merkwürdig vor, aber jetzt verstehe ich den Sinn dahinter.“
Tarasios Gesicht begann rot vor Zorn zu werden, als der Vorsitzende fort fuhr: „Stets habt ihr als Magier in den Staatsdienst nur diejenigen genommen, welche Magie der Dunkelheit beherrschten. Ihr sagtet uns, diese wäre am besten zu kontrollieren, und wir sind, wie ich jetzt bedauerliche feststellen muss, darauf eingegangen.“
Dann besah sich der Vorsitzende Kelmend und Orestes: „Was diese beiden Männer in Bezug auf die Folgen ihres Tuns sagen, ist schließlich auch war. Es gab zwar nachweislich Angriffe, aber immer um Gefangene zu befreien, und bis zu dem Tag als es um die zum Tode verurteilten ging, waren es immer wenige. Andere Fälle kenne ich nicht.
Und die zum Tode verurteilten waren die ersten wegen politischem Aufruhr. Todesurteile, die Ihr erwirkt habt mit eurem Einspruch, welchem euch zu stand als Premier. Nun müssen wir uns wirklich fragen, warum ihr diese jetzt wolltet, erst jetzt? Anscheinend weil für euch eine Bedrohung angewachsen war, die nur euch alleine betraf, aber nicht unser Land an sich?“
Tarasios war zu keiner weiteren Äußerung mehr fähig, während der Rat beriet. Dann erhob sich der Vorsitzende und gab mit ernster und entschlossener Stimme bekannt: „Tarasios, ihr habt uns und das Volk Asanos arglistig getäuscht. Ihr habt die Magier in diesem Land als Bedrohung dar gestellt, die sie nicht war, und leider haben wir euch geglaubt. Dies alles habt ihr nicht für unser Wohl und das des Landes getan, sondern um eure Verbitterung ertragen zu können.
Ihr wart nicht bereit auf diese Veränderung des Lebens ein zu gehen, sondern wolltet alles zu dem machen, was ihr wolltet, ohne jede Rücksicht, ohne dass wir es bemerkten und hinterfragten, weil wir offensichtlich oberflächlich geworden sind, leider.
Ebenso habt ihr den Tempel der Sonne zerstören lassen, mit unserer Billigung, allerdings hatten wir von euch damals verlangt, nur zum Äußersten zu gehen wenn es keine andere Wahl gäbe. Ich nehme an, auch darin ließen wir uns täuschen.
Das können wir nicht hinnehmen, genau so wie wir furchtbare Fehler, die wir damals begingen, unter allen Umständen beseitigen müssen.
Erstens: Euer Antrag auf die Kontrolle über die Armee wird abgelehnt. Zweitens beschließt der Rat einstimmig: Ihr seid mit sofortiger Wirkung eures Amtes enthoben, Wir nehmen euch unter Arrest.“
In seinem innersten atmete Orestes auf, und auch Kelmend sah er mehr als nur einen Stein an, welcher diesem vom Herzen fiel. Tarasios hingegen war kreidebleich geworden, als die Wachen auf ihn zu kamen, aber dann knurrte er, hob eine Hand, schon ereignete sich eine Explosion über ihm, die zwar den Saal kaum beschädigte, die Wachen aber sofort zurück schrecken ließ und die Ratsmitglieder geschockt aufschreien und zusammen kauern ließ.
„Wie ihr wollt!“, brüllte der Premier. Innerhalb weniger Sekunden waren die Häscher, die sich getarnt hatten, erschienen, unter denen einige, wie auch Tarasios, ihre Schwerte zogen.
„Wenn ihr mir die komplette, uneingeschränkte Kontrolle über die Armee und dieses Land nicht auf dem gesetzlichen Weg geben wollte. Ich nehme gerne auch den anderen Weg.“
„Was habt ihr vor?“, rief der Vorsitzende ängstlich.
„Das, was ich immer tat: Beseitigen, was mir nicht gehören soll.“
„Träumt weiter, Tarasios,“ rief Orestes, hob seinen Arm, tastete nach der Energie in seinem Kristall und ließ sofort einen großen, hellen Lichtschein erstrahlen. „Kommt hervor!“, rief er, während Tarasios und seine Häscher sich schreiend von dem Licht abwandten wie auch der komplette Rat.
Die Rebellen und Magier des Clans der Sonne umzingelten die Feinde, die sich umsahen. Aber Tarasios schien davon erst mal nicht beeindruckt. „Unsere Freunde, die unser Überleben sicherten, und Magier des Clans der Sonne, um euch auf zu halten und unsere Freiheit uns wieder zu geben. Es ist Vorbei, Tarasios.“
Doch der Premier lächelte nur: „Ihr habt eine lange Reise hinter euch, wir sind ausgeruht. Und mächtiger, wie auch ich mächtiger bin als jeder andere von euch, als ihr alle zusammen. Das war euer letzter Versuch meine Macht zu untergraben.“ Dann schrie er und die Häscher griffen an.
Kapitel 12
Tarasios attackierte Kelmend, der jenen ersten Angriff sofort abwehrte. Um sie herum entbrannte jetzt eine richtige Schlacht. Schwerter klirrten aufeinander, magische Angriffe wurden erzeugt, es war ein Chaos das ausbrach, ein sehr gefährliches.
„Bringt die Ratsmitglieder in Sicherheit!“, rief Kelmend, während er weiter mit Tarasios kämpfte. Orestes war in erster Linie darauf bedacht, Tarasios und die Häscher davon ab zu halten mit ihrer Magie Kelmend zu bedrohen.
Wie es nicht anders zu erwarten war, wollte sich der Premier nicht auf sein Schwert verlassen. Ein Schlag gegen Kelmends Schwert, dann stieß er ihn von sich weg und erzeugte eine schwarze Energie-Kugel. Die von Orestes sofort abgewehrt wurde.
„Ich, und nur ich, bin dazu bestimmt den Weg der Magie in diesem Land zu lenken,“ sagte Tarasios, was Kelmend erwiderte mit: „Niemand darf den Weg der Magie bestimmen, außer dem Schicksal, Tarasios.“
„Ich bin das Schicksal, du Narr!“ Wieder griff der Premier an.
Orestes wäre viel lieber bei Kelmend geblieben, aber der Kampf mit Magie erforderte doch seine ganze Aufmerksamkeit. Überall flogen die Energien verschiedener Magie herum. Ein Häscher griff mit einer Kugel an, die Orestes abwehrte und sich danach auch schon körperlich verteidigen musste, als der Häscher auf ihn zu rannte.
Schnell nahm er sich den Arm des Feindes, dann schleuderte er ihn mit einem Magie-Angriff zurück. Da schon kam der nächste an seine Seite, schlug Orestes ein, zwei mal gegen die Seite. Der Magier zuckte ein mal zusammen wegen des Schmerzes, bevor er diesem Feind einen Schlag auf den Kopf verpasste und von sich weg stieß.
Überall wurde gekämpft, traf Schwert auf Schwert, Magie auf Magie, während die verängstigten Mitglieder des Rates versuchten unter dem Schutz einiger weniger Rebellen zu entkommen. „Schneidet den Ratsmitgliedern den Weg ab!“, schrie Tarasios der immer noch mit Kelmend beschäftigt war.
„Oh nein!“, dachte sich Orestes nur, lief so schnell er konnte hin zu der Gruppe, welche so eben von einigen Häschern umzingelt wurde. Er nahm Anlauf, sprang mit einem Salto vor die Ratsmitglieder. Dann hob er den Arm, nahm Sonnen-Energie und erzeugte eine Druckwelle, die sofort die Häscher hin weg schob.
So eben kam Zenon zu seinem Freund hin: „Wenn dieser Kampf noch länger dauert, wird unseren Magiern die Energie ausgehen!“ Er wehrte eine schwarze Kugel ab.
„Keine Sorge,“ erwiderte Orestes, „Kelmend wird es schaffen Tarasios zu bezwingen.“ Erneut nutze er Magie um andere ab zu wehren.
Kelmend und Tarasios lieferten sich einen sehr harten Kampf. Keiner der beiden wollte so schnell auf geben. Die Schwerter klirrten, die Kämpfer keuchten. Kelmend gab Tarasios einen Schlag in Richtung Hüfte, dann gegen den Kopf, danach in Richtung des Beines, immer unterbrochen vom Schwert seines Gegners.
„Kompliment,“ sprach Tarasios, „Mit dem Schwert seid ihr geübt. Aber eure Ziele sind die falschen. Bei meinen Häschern wärt ihr mir sehr nützlich gewesen.“
„Niemals wäre ich in euren Dienst gegangen. Ihr seid nur verbittert und unzufrieden. Eure Motive sind nicht ehrenhaft.“
Tarasios knurrte und griff nun umso härter an. Er schlug gegen Kelmends Klinge, so dass diese sich kreuzten, drückte gegen dessen Körper und zischte: „Wie ehrenhaft war es bitte, meine Magie einfach so sterben zu lassen?“
„Niemand sonst sollte sich darin einmischen was mit Magie geschieht so lange es ihn nicht betrifft. Nur damit eure Magie in aller Munde ist habt ihr ein ganzes Volk für eure Ziele missbraucht. Ihr seid jämmerlich, denn nicht darum kämpfen zu wollen die Magie auch ohne einen Clan zu erhalten ist schwach,“ reizte der Rebellenführer Tarasios.
Tarasios Wut wuchs umso mehr. „Ich zeige dir wie schwach ich bin.“ Der Kampf ging weiter.
Orestes und Zenon kämpften weiter mit ihrer Magie, aber ihre Reserven wurden immer weniger. Die Kristalle hatten nicht unendlich viel Energie der Sonne gespeichert. „langsam müssen wir einen Weg finden die feindlichen Magier irgendwie auf einen Schlag unschädlich zu machen, oder unsere Lage wird bedrohlich.“
Orestes nickte. Er schwitzte, keuchte, hatte sich sehr angestrengt. Und immer noch tobte der Kampf. Es musste eine Lösung her.
Und der Magier kannte eine Lösung. Aber sie war riskant. Jedoch sah er auch den immer noch schweren Kampf Kelmends gegen Tarasios, wie auch immer mehr Verletzte auf beiden Seiten. Diese Schlacht musste ein Ende finden.
„Zenon, es gibt keine andere Möglichkeit. Lass uns unsere Magie zusammen schließen und dann den Magischen Block ausführen.“ Der Magische Block war eine der mächtigsten Techniken um andere magische Bedrohungen ab zu wehren.
Sie konnte jede andere Magie außer Kraft setzten und den Magiern, welche diese besitzen, die Energie entziehen, aber für einen alleine war die Technik tödlich und selbst für mehrere Zauberer ist sie sehr kompliziert.
„Wenn das nicht klappt haben wir definitiv verloren, Orestes, bist du dir dessen bewusst?“
„Welche Wahl haben wir denn noch, Zenon? Es muss sein. Für unsere Freiheit. Wir haben beide die meiste Erfahrung,“ antwortete Orestes.
„Na gut.“ Zenon machte ein paar freunden ein Zeichen, dass sie sofort einen Schutz um sie bilden sollten. Die Gruppe stellte sich zu ihnen.
„Was soll das?“, rief Tarasios, nachdem er Kelmend ein mal von sich schieben konnte, aber dann auch schon von Kelmend wieder angegriffen wurde.
Zenon und Orestes schlossen beide ihre Augen. Orestes konzentrierte sich auf jeden letzten Funken an Sonnen-Energie in seinem Kristall und in sich selbst. Er tastete nach weiterer Energie und spürte sie von Zenon aus fließen.
In seinen Gedanken erkannte er das Leuchten beider Energien, der seinen und der seines Freundes. Er versuchte sie zu der von Zenon zu führen. Die Energien verschmolzen langsam ineinander. Dabei entging dem Zauberer natürlich nicht, wie ihre Freunde alles taten um jeden Angriff gegen die beiden zu vermeiden, aber er musste das alles ausblenden.
Die Energien waren miteinander vereint. Sie erzeugten eine Kraft, welche man einfach nicht beschreiben konnten. Durch Vermittlung von Gefühlen gaben sie beide zu erkennen, jetzt bereit zu sein.
Die vereinte Energie wurde jetzt benutzt. Sie wurde stärker und stärker. Sie begannen den Zauber zu wirken. Ein Leuchten entstand zwischen ihnen. Das Licht wurde immer heller. Jeglicher Versuch der Häscher, dieses zu verhindern, scheiterte.
Auch Tarasios erkannte darin etwas bedrohliches, als er das Licht bemerkte. Sofort wollte er eine dunkle Energie einsetzten, doch seine Unaufmerksamkeit auf den Kampf wurde sofort von Kelmend genutzt. Der Rebellenführer schlug blitzschnell ein, zwei mal, schon flog das Schwert des Premiers durch den Saal. Vor Schreck schaffte er es nicht mehr noch irgendwie zu reagieren, denn Kelmend gab Tarasios noch einen Tritt, und hielt dem Premier sein Schwert an die Kehle als dieser zu Boden ging.
Orestes zitterten wie auch Zenon die Hände vor Anstrengung, doch konnten sie jetzt nicht aufgeben. Noch ein wenig Konzentration. Inzwischen war die Schlacht unterbrochen weil alle von jenem Ereignis abgelenkt wurden.
„Und nun, lassen wir ihn wirken!“, rief Orestes. Mit einem lauten Krachen stob die Energie als Leuchten auseinander und brachte die Zauberer zu Fall. Durch den ganzen Saal drang das Leuchten und bestrahlte absolut jeden. Es mochten nur wenige Sekunden gewesen sein, doch den Menschen hier kam es wie eine Ewigkeit vor.
Zu erst schien es, als wäre sonst nichts weiter Passiert. Erschöpft versuchten sich Orestes und Zenon wieder auf die Beine zu bringen. Sie lebten beide noch, das war die erste, erleichternde Erkenntnis für sie, aber hatte der Zauber bewirkt was sie wollten?
„Nein, nein verdammt, ich kann keine Kugeln mehr erzeugen. Ich fühle mich völlig ausgelaugt!“, schrie da schon ein Häscher panisch.
Orestes lächelte seinen Freund an, als ein Stein von seinem Herzen fiel. „Es hat geklappt.“ Danach dauerte es nicht lange, bis die Rebellen und die Magier die allgemeine Verwirrung ausnutzen konnten, um die Feinde gefangen zu nehmen.
Tarasios wurde von Kelmend in die Mitte des Saales geführt, während die Ratsmitglieder, die sich in Sicherheit bringen konnten, auch in Richtung der Mitte begaben, an ihrer Spitze der Vorsitzende.
Der Vorsitzende brauchte einige Zeit, ehe er wieder sprechen konnte. Kein Wunder nach dem, was geschehen war: „Nun, in so fern ist euer Widerstand beendet, oder?“
Doch bevor noch irgendjemand sonst reagieren konnte, stürmte jemand auf den nun ehemaligen Premier und warf ihn zu Boden: Orestes
Blind vor Wut schlug der Magier jetzt auf Tarasios ein, während Zenon versuchte ihn auf zu halten: „Orestes, hör auf damit, lass es!“
Doch in dem Magier war unglaublicher Zorn vorhanden, und dieser Musste jetzt raus, übertragen auf den Mann, welcher ihn verursacht hatte. Er brüllte: „Zehn Jahre, du hast mich zehn Jahre meines Lebens gekostet. Du wirst büßen!“
Immer weiter schlug Orestes, Zenon bekam Angst um und vor seinem Freund. „Orestes, du bringst ihn noch um, hör endlich auf!“
Orestes zog Tarasios am Kragen hoch und holte erneut aus. „Papa!“
Eine Hand hatte sich um seine Faust geschlossen. Sein Herz setzte aus, als er um sich sah und seinen Sohn erblickte. „Matthaios, was machst du hier?“
Der Junge senkte Schuld bewusst seinen Blick: „Ich konnte nicht anders. Ich habe mich auf einem der Wagen versteckt. Nachdem ihr dann durch diese geheimen Gänge gegangen wart, bin ich euch gefolgt, aber während dem Kampf war ich in einer Ecke versteckt.“
„Wie konntest du den Weg im Gebäude finden?“, fragte Orestes darauf hin.
„Ich kann es auch nicht genau beschreiben. Irgendwie habe ich etwas gefühlt, etwas, das übrig war,“ war die Antwort.
Orestes war erstaunt und vergaß erst mal sowohl seine Wut gegenüber Tarasios als auch den Ärger darüber, dass sein Sohn ihm nicht gehorcht hatte. „Matthaios, du hast die letzten Spuren unserer Magie gefühlt. Jede Magie hinterlässt Spuren, aber diese Spuren zu erkennen...Mein Sohn, deine Fähigkeiten sind unglaublich. Wenn du fleißig lernst, wird etwas großes aus dir.“
„Hör bitte auf ihn zu schlagen Papa,“ ignorierte Matthaios diese Worte. „Bitte, Papa, das bist nicht du. Was hast du davon, wenn du damit weiter machst. Bitte sei glücklich für die nächsten zehn Jahre mit Mama und mir!“
Orestes musste schlucken, als er die Tränen in dem Gesicht seines Kindes sah. Sein Sohn hatte Recht. Sie hatten nun ein dunkles Kapitel für sich alle beendet und nun wurde es Zeit, ein anderes zu beginnen. Ein viel schöneres.
Der Magier ließ von Tarasios ab: „Du wirst deine Strafe erhalten, Tarasios. Für mich bist du jedenfalls nur noch ein Nichts.“ Orestes nahm dann seinen Sohn fest in die Arme, während die Wachen den inzwischen blutenden und immer noch voller Verachtung auf alle blickenden Tarasios zusammen mit seinen Häschern abführten.
Der Vorsitzende des Rates räusperte sich, ehe er sich an Orestes wandte: „Orestes, verzeiht uns. Wir ließen uns von Tarasios täuschen, und wir haben damit euer und das Leben aller Magier in unverzeihlicher Art und Weise beeinflusst.“
Der Magier, welcher seinen Sohn nun an der Hand hatte, nickte ihm zu: „Ihr seid nicht die einzigen. Viele ließen sich von ihm blenden. Ich hoffe nur, ihr werdet in Zukunft wieder mehr Versuchen, auch hinter die Fassade zu blicken und nicht vorschnell zu handeln.“
Der Vorsitzende nickte: „Dies werden wir tun. Was können wir tun, damit ihr uns verzeiht?“
Der Zauberer lächelte: „Alles was wir von euch wünschen ist, die Gesetze, welche die Magie unter den Staatsdienst stellen, auf zu heben und uns zu erlauben, unseren Clan wieder auf zu bauen.“
Der Vorsitzende blickte sich um: „Ehrenwerte Mitglieder des Rates, wollt ihr seinem Anliegen statt geben?“
Alle Mitglieder hoben ihre Hand und zeigten damit an, dass sie damit einverstanden waren. „So ist es beschlossen. Die Gesetzte werden aufgehoben. In Zukunft wird die Magie wieder nur durch die Gesetzte beschränkt, welche für alle gelten. Und euer Clan darf wieder existieren, wie alle Magier-Clans.“
„Ich danke euch,“ antwortete Orestes und verbeugte sich. Erste Tränen traten in seine Augen, aber Orestes versuchte sie zu unterdrücken. Hier wäre es besser nicht zu weinen, aus Würde.
Dann redete der Vorsitzende zu Kelmend: „Kelmend, damit eure Gruppe auch weiterhin eine Aufgabe hat, möchte ich vorschlagen, euch in die Armee auf zu nehmen. Ich denke wir könnten euch als spezielle Einheit gebrauchen. Man wird sicher Aufgaben für euch finden. Wollt ihr dies?“
„Ehrenwerter Vorsitzender,“ erwiderte dieser, „ich denke unsere Leute werden dies akzeptieren. Wir werden vorher noch darüber ab stimmen.“
„Nun denn, der Rat wird in nächster Zeit neue Wahlen organisieren und außerdem die Bevölkerung darüber aufklären was in den letzten zehn Jahren nicht so gut verlief. Die Magier müssen rehabilitiert werden. Es wird sicher nicht einfach werden und viel Zeit brauchen,“ meinte der Vorsitzende jetzt.
Worauf Orestes sagte: „Große und wichtige Dinge benötigen ihre Zeit. Ebenso wie auch der Wiederaufbau unseres Tempels.“
„Was werdet ihr außerdem tun?“, fragte der Vorsitzende.
„Neben dem Wiederaufbau des Tempels werden wir auch einen neuen Vorsteher wählen. Bevor ihr fragt: ich sehe mich nicht als solcher. Und dann müssen wir noch eine wichtige Feier vorbereiten und vollziehen. Nämlich meine Vermählung.“
Bei diesen Worten schlug sein Herz schnell und die unglaubliche Freude breitet sich in ihm aus. Er sah zu seinem Sohn, und auch diesem Stand ein breites Grinsen im Gesicht.
„Ich hoffe, einige von uns dürfen bei dieser Zeremonie dabei sein?“, sprach der Vorsitzende.
„Wir werden euch gerne einladen,“ antwortete Orestes. „Jetzt erst mal werden wir unser Leben neu aufbauen. Möge Helios über euch wachen.“
Orestes, Kelmend und auch Matthaios, nachdem er die Erwachsenen dabei gesehen hatte, verbeugten sich und verließen mit ihren Freunden und Verbündeten den Plenarsaal.
Als sie sich auf auf ihrem Rückweg befanden, tadelte Orestes noch seinen Sohn: „Matthaios, du hast dich in große Gefahr gebracht.“
„Tut mir Leid Papa,“ schämte sich dieser und sah zu Boden.
„Nun,“ lächelte der Magier sein Kind dann an, „immerhin hast du mich auch damit davor bewahrt zu etwas zu werden, was ich nie sein wollte. Der Hausarrest den du bekommst wird deshalb nur eine Woche lang sein-wenn wir einen neuen Tempel haben.“
Alle drei lachten darauf hin und setzten ihren Weg fort. Den Weg in eine Zukunft. Einer Zukunft, in welcher sie leben durften. Einer Zukunft, in dieser sie frei waren. Einer Zukunft, in welcher sie vor allem endlich wieder eines ohne Bedenken, sorge und Ängste wieder auf sich scheinen lassen konnten: Sonnenlicht.
Wer glaubt ich wäre am Ende, der Irrt: Ein Epilog kommt noch.
Epilog
Der Zauberer besah sich im Spiegel hin und her. Er trug eine festliche Uniform. Es war ja auch ein festlicher Akt: Der Tag seiner Hochzeit.
In den letzten Monaten war einiges passiert. Der Wahlkampf um den neuen Premierminister war in vollem Gange. Die Bevölkerung wurde aufgeklärt wie falsch alles in den letzten Jahren gelaufen war, und doch, wie man erwartete wahren immer noch große Teile des Volkes den Magiern eher skeptisch eingestellt.
Jedoch hatte der Rat vorgesorgt und klar gestellt dass niemand mehr Premierminister werden würde welcher einen Wahlkampf gegen bestimmte Gruppen führte. So jemand würde sofort wieder seines Amtes entzogen. So hatte man sich auch mit den Obersten Richtern des Landes geeinigt.
Der Bau des neuen Tempels war in vollem Gange. Sowohl der Rat als auch Kelmends Männer halfen mit, damit der Clan der Sonne bald wieder ein prächtiges und sicheres Zu Hause haben würde. Bos der Bau abgeschlossen sein würde, lebten die Mitglieder und ihre Helfer weiterhin im Versteck der Rebellen. Welches aber nun natürlich öffentlich zugänglich war.
Endlich auch gab es wieder neue Magier. Wenige Junge Menschen wurden entdeckt, die das Talent besaßen die Magie der Sonne an zu wenden und wurden nun gemeinsam mit Orestes Sohn unterrichtet.
Matthaios machte unglaubliche Fortschritte, Orestes war wirklich stolz auf sein Kind.
Kelmends Männer waren nun Bestandteil der Armee. Man setzte sie in erster Linie dafür ein um Offizielle Veranstaltungen zu sichern und zu schützen.
Nachdem Magie außerhalb des Staatsdienstes wieder erlaubt war, fing auch langsam wieder der Handel mit Eiea an zu florieren, wenn auch eher langsam.
Orestes hatte von vorne rein abgelehnt der neue Vorsteher des Clans zu werden, so wählte man seinen Freund Zenon. Der Magier war sich sicher dass sein Freund ein guter und ehrwürdiger Leiter des Clans werden würde.
Nun aber war er unglaublich nervös. Er betrachtete sich in der weißen Uniform, die mit goldenen Knöpfen verziert waren, die alle das Zeichen ihres Clans eingeprägt hatten. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür zu seinem Raum und Kelmend trat ein: „Ihr könnt euch jetzt um drehen wie ihr wollt, es ändert nichts daran dass ihr angemessen gekleidet seid für diesen Tag.“
Natürlich entging Orestes der amüsierte Unterton nicht: „Wie würdet ihr euch fühlen, Kelmend. Heute ist nicht irgend ein Tag für mich.“
Kelmend lachte leise: „Natürlich ist mir das bewusst. Aber ihr müsst ruhig bleiben, Orestes. Wenn ihr in Ohnmacht fallen solltet vor dem Altar, hätte unser harter Kampf den wir führten ein wenig den Sinn verloren.“ Er legte dem Magier freundschaftlich die Hände auf die Schultern.
Orestes atmete noch ein mal tief durch.
„Und nun, kommt!“ Die Beiden Männer begaben sich in den Saal, welcher eher Provisorisch eingerichtet war für diesen Anlass. Um sie herum waren die Gäste dieses Festes, unter ihnen auch Mitgleider des Rates und von Kelmends Männern. Zenon und Matthaios standen beim Altar und erwarteten den Magier.
Während Matthaios in einer eben gleichen Uniform wie sein Vater gekleidet war, trug Zenon, der als Vorsteher die Trauung durch führen sollte, eine vergoldete Robe. Hinter ihm, an der Wand befanden sich zwei große Banner mit dem Wappen ihres Clans.
Die Tür öffnete sich und Melania trat ein. Orestes musste kurz nach Luft schnappen, denn da trat keine Frau ein, sondern ein Engel. In einem weißen Kleid trat sie ein, welches an den Schultern golden verziert war.
Gemäß den anderen Tradidtionen des Clans trug sie weder einen Bratstrauß, aus Respekt vor den Pflanzen, noch einen Schleier, da Helios stets auf das Glück sehen sollte. Langsam trat sie auf ihren Geliebten zu während einige Sonnen-Magier im Chor ein Lied sangen.
Noch mehr als das Kleid strahlte Melania selber, als sie den Altar erreichte. Orestes Herz schlug wie ein kleiner Vogel. Die Sonne selber wärmte sein Innerstes. „Mein Engel,“ flüsterte er ehrfürchtig, als er Melanias Hand in die Seine nahm. Matthaios stellte sich stolz hinter die ineinander verschlossenen Hände.
Zenon begann: „Heute, liebe Freunde, vereinigt Helios dieses Paar. Auf dass das Licht der Sonne ihre Liebe auf ewig erstrahlen lassen möge und sie fruchtbar mache. So sollen denn diese zwei Menschen den größten Reichtum für immer in sich bewahren, sich selber schenken und in der Welt das Glück erfahren.
Denn dies, liebe Freunde, ist ein Reichtum der mit nichts bezahlt werden könnte und immer größer sein würde als jedes Gold unserer Welt.“
Er wandte sich an Orestes: „Orestes, Magier des Clans der Sonne. Schwört ihr, bei Helios, dass ihr mit dieser Frau in ewiger Liebe verbunden sein wollt? In jeder Lage, bei jeder Freude und jedem Schmerz den ihr haben werdet, euer Glück gemeinsam zu verdoppeln und jedes Leid mit ihr zu teilen? Bis zu jenem Tage, an dem Helios euch ruft?“
Orestes antwortete mit einem Lächeln: „Ja, so sei es und soll es bleiben. Ich schwöre es bei Helios.“
Das pure Glück und die größte Freude empfand er in jener Sekunde.
Zenon fragte nun Melania: „Melania, schwört ihr bei Helios, mit jenem Magier unseres Clans in ewiger Liebe verbunden zu sein? Stets mit ihm das Licht der Sonne und auch die Schatten zu teilen? Ihm immer zu helfen und Hilfe zu empfangen, auf dass Helios auf euch und eure Familie strahlen werde, bis zu dem Tage, an dem er euch ruft?“
Melania strahlte noch mehr, als sie die Antwort gab, die einen langen weg für sie beendete: „ich schwöre es, bei Helios.“
Zenon lächelte die beiden an, als er sich zwei Ringe von Matthaios geben ließ, auf denen die Namen dieser Verbindung eingetragen waren: „Dies soll das Zeugnis eures Bandes sein.“
Er überreichte auf einem kleinen Kissen Orestes die Ringe.
Der Magier nahm einen Ring, steckte ihn Melania an und sagte, mit aller Freude seines Herzens: „Melania, ich verspreche es bei Helios. Du und ich: Für immer.“
Melania nahm nun ihrerseits den anderen Ring, um ihn Orestes an zu stecken: „Orestes, ich verspreche es bei Helios. Du und ich, für immer.“
Sie drehten sich zu den Gästen, sagten gemeinsam: „Helios sei unser Zeuge.“ Dann drehten sie sich zu Zenon: „Und ihr, ehrenwerter Vorsteher, sein Vollzieher.“
Zenon schmunzelte angesichts dieses Leuchtens in den Augen der beiden, als ob Helios selber hier wäre, ehe er abschloss: „So hat Helios euch nun für immer miteinander verbunden, als Mann und Frau. Ihr dürft euch küssen.“
Das frisch getraute Ehepaar küsste sich unter dem Jubel und dem Klatschen der Gäste, dann umarmten sie noch ihren gemeinsamen Sohn.
Am Abend, als die Feier beendet war, genoss die Familie die letzten Sonnenstrahlen an einem Berghang der untergehenden Sonne.
„Und jetzt, Papa?“, fragte Matthaios neugierig.
Orestes und Melania schmunzelten, ehe sein Vater antwortete: „Nun können wir gemeinsam dies tun, was wir die letzten Jahre nicht tun konnten: leben. All die Jahre sind nun beendet. Jetzt haben wir wieder ein neues Leben. Wir alle!“
Spontan ergriff Orestes die Hände seiner Frau und seines Sohnes, rannte mit ihnen bis zum Höchsten Punkt des Hanges, und rief der untergehenden Sonne entgegen: „Ich lebe!“ Er blickte ein mal in die strahlenden Gesichter seiner Familie, ehe sie gemeinsam riefen: „ Wir leben!“
Siebzehn Monate Später.
Ungeduldig wartete Matthaios vor dem Raum. Er war zwar etwas reifer geworden in der letzten zeit, aber geduldiger war er nicht wirklich. „Mann, wann ist es denn endlich soweit?“
Zenon schmunzelte: „Große Dinge brauchen nun mal ihre Zeit, und dies ist eine sehr große Sache Matthaios.“
„Naja, aber sie könnte sich ruhig beeilen,“ gab der Junge trotzig zurück.
„Ich denke mal, sie will sich damit auch beeilen, da bin ich sicher,“ erwiderte Zenon.
Da öffnete sich die Tür und Orestes sah zu deinem Sohn: „Hier will dich jemand kennen lernen.“
Sofort eilte Matthaios in den Raum. In einem großen Bett lag seine Mutter, in ihren Armen ein kleines Bündel.
Lächelnd ging er auf Melania zu, die ihm auch sofort das Gesichtchen zeigte: „Ein Junge.“
Matthaios bewunderte das Baby: „ Er ist so niedlich. Kann ich ihn halten?“
„Natürlich!“ Vorsichtig nahm Matthaios den kleinen Jungen auf den Arm und lächelte in die Augen des Säuglings: „Hallo kleiner Bruder!“
Ja, so wollte Orestes es eines Tages sehen. Seine Familie, mit der er auf ewig verbunden sein würde, da war er sich sicher. Und auf Matthaios Frage: „Wie wird er heißen?“, antwortete der Magier: „Aias.“
Tag der Veröffentlichung: 02.02.2012
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