Kapitel 1
Zwei junge Menschen. Verliebt, glücklich. Ein junger, 22 Jahre alter Mann, eine junge Frau, eben so alt. Sie jagten sich, als ob sie noch immer kleine Kinder wären. Vielleicht war man das eben, wenn man unzertrennlich einander verfallen war.
Man machte sich keine Gedanken über Pflichten, Rituale, die einem keine Freude gaben oder keinen Spaß machten. Es gab nur die andere Person, welche die Welt bedeutete. Wie eben auch das kleine Kind, welches die Welt in so vielen Dingen nicht versteht, und gerade deswegen sich mit so vielen Sorgen nicht rumschlagen muss.
Schließlich fing er sie doch noch und zog sie mit sich lachend zu Boden. Der schwarz haarige, welcher seine Lederweste und eine Lederhose trug, drang nun mit dem Blick seiner braunen Augen in ihre grünen Augen.
Wärme, ein Kribbeln, Glück erfüllte und durch floss sie beide. „Nacera...“ flüsterte er leise, als er sanft ihre Wange streichelte. Dabei schob er eine Strähne ihres braunen Haars, welches ihr bis zur Hälfte ihres Rückens reichte, hinter ihr Ohr.
Mit einem Lächeln wischte sie sich kurz ein wenig Erde von ihrer Wollbluse, ehe sie sich ihm wieder hingab. Es existierte nichts mehr, außer ihnen, als er sich langsam ihrem Gesicht näherte und die Augen schloss.
„Ingwin! Ingwin! Verdammt noch mal, komm gefälligst her!“ Wütend ertönte diese Stimme, voller Enttäuschung. „Ach du meine Güte!“ waren seine Gedanken, als er sich erhob, kurz den Dreck von seiner Kleidung abklopfte und seiner Freundin noch kurz einen Kuss auf die Wange gab.
Schon sah man einen Mann in schwarzer Uniform, an der Rechten Seite seiner Hüfte ein Schwert. Sein Blick, der aus Blauen Augen kam, verriet ohne Zweifel, dass er nicht gerade gut gelaunt war, als der Junge Mensch schon auf den rot haarigen, schon über 30 Jahre alten Mann zu eilte.
Ingwin verbeugte sich kurz: „Herr Eginhart!“
Eginhart erwiderte nur, weiter mit ärgerlichem Ton: „Hast du deine Magie Abwehr Übungen gemacht?“ Doch bevor der Lehrling etwas erwidern konnte, fiel ihm Eginhart schon dazwischen: „Nein, natürlich nicht. Ich habe es gesehen. Was soll das? Du sollst das Schloss nur verlassen, wenn du dazu aufgefordert wirst.“
„Herr,“ sprach nun Ingwin, „ich verstehe diese Regel nicht. Ihr seid doch auch hier? So ganz nebenbei, ihr fordert mich immer auf diese Übungen am intensivsten zu machen. Was ist mit dem Rest?“
Sein Lehrer, der nun wieder in Richtung des Schlosses mit seinem Schüler ging, war es langsam Leid. Immer wieder diese Fragen. „Ingwin, du hast viel Kraft, bist schnell und deine Schwertkampf-Technik sucht ihres gleichen, aber du weißt ganz genau, ein Treffer durch Magie, und du bist tot. Nur die wenigsten haben das überlebt.“
Immer wieder muss Ingwin das hören. Weshalb nur? An sich mochte er seinen Herren. Er achtete gut auf ihn und sie waren sehr befreundet. Aber wenn es um seine Ausbildung zur Leibgarde der Prinzessin geht, war er unglaublich streng. Insbesondere verlangte Eginhart eiserne Disziplin, und volle Konzentration nur auf ihre Aufgabe. Voll und ganz. Nichts anderes war erlaubt.
Schließlich kamen sie in einen kleinen Hof, umgeben von Schlossmauern. Der Boden war bunt, viele verschiedenfarbige kleine Fließen zierten ihn.
„Geh in den Trainingsraum und mach deine Übungen. Und hör endlich auf dich irgendwo herum zu treiben.“ befahl er.
„Herr,“ sprach Ingwin, „ist es wirklich nicht erlaubt am Leben teil zu haben? Ich glaube, mit mehr Freude im Herzen fällt es leichter als mit Training allein.“
„Fällt es nicht!“ war die Antwort. „Als ich dich gefragt habe, ob du deinem Vater in der Leibgarde folgen willst, habe ich dir eindeutig erklärt, was es bedeutet. Für andere Dinge ist kein Platz, auch nicht für diese Person, bei der du warst. Du hast es akzeptiert.“
Ingwin dachte voller Trauer an seinen Vater, aber er dachte auch an seine Geliebte. Es war ihm eigentlich nicht erlaubt, bei ihr zu sein, aber er konnte nicht anders. Nur war es stets ein leichtes, ihn von den Schlossmauern zu beobachten, und sein Herr kannte jede Möglichkeit das zu tun.
„Glaubt ihr wirklich, dass Erkmar, mein Vater, euch so reden hören will?“
Eginhart ging in Richtung einer Holztür, welche zu seinen Gemächern führte, drehte sich um und sprach: „Dein Vater war mir stets ein guter Freund und er hat hierfür gelebt. Nur verstand ich nie wie er da noch die Zeit für eine Frau hatte. Aber ich weiß genau dass er in seiner Ausbildungszeit sich zurückgehalten hat.
Ehrlich gesagt wünschte ich, er hätte es auch nach seiner Ausbildung getan. Dann wäre ihm vielleicht sein Schicksal erspart geblieben. Jedenfalls hat er mich stets angetrieben, und ich will es mit dir weiter führen.
Glaub mir, ich will damit nicht sagen dass es grundsätzlich schlecht ist dass er sich für eine Familie entschieden hat, sonst wärst du ja nicht da. Nur glaube ich hat er seiner Familie zu viel Aufmerksamkeit geschenkt.
Das Leben in der Leibgarde ist hart. Wir haben unseren Schwur getan, immer für die Sicherheit der Thronfolger zu sorgen. Wichtige Ereignisse stehen an, die unserem Land einen ewigen Frieden bescheren können. Und vieles davon liegt an uns.
Versteh endlich, es gibt für uns keine Abzweigungen, keine mehreren Auswahlmöglichkeiten. Für uns ist es wichtig die Gefühle in Zaum zu halten. Denn es gibt nur den einen Weg.
Und jetzt keine Einwände mehr. In den Trainingsraum mit dir!“
Mit diesen Worten begab er sich in Richtung seiner Gemächer. Ingwin atmete tief durch und sprach diese Worte, die man ihm schön so oft gesagt hatte, nach: „Es gibt nur den einen Weg!“ und dachte sich dabei: „Ich werde ihm schon noch einen anderen Weg zeigen.“
Eginhart ging eine steinerne Wendeltreppe hinauf. Nur wenige Kerzen beleuchteten den Gang. Schließlich erreichte er eine Holztür. Er öffnete sie und betrat ein eher schlichtes Zimmer. Rote Vorhänge waren am Fenster angebracht. Das Bett war aus Ahornholz gemacht und simpel. An der Wand hingen ein paar Lederhandschuhe, Lederwesten und Lederhosen, wie auch eine braune, lederne Reisetasche zum Umhängen.
Der Krieger setzte sich auf sein Bett und atmete tief durch. Sein Schwert legte er neben sich ab, dann griff er in seine Tasche. Im nächsten Moment kam eine silberne Anstecknadel zum Vorschein. Sie trug eine Feder als Wappen. Es war das Wappen des Königshauses ihres Landes Bagmos, welches jedem in der Leibgarde von König Baltfried verliehen wird.
Trauer erfasste Eginhart, als er sich das Symbol betrachtete. Sein alter Freund Erkmar, Ingwins Vater, war ihm ein guter Freund. Gemeinsam hatten sie die Ausbildung zur Leibgarde durchlebt und die Prüfung abgelegt. Im Gegensatz zu Eginhart hatte sich Erkmar auch zu einem Leben neben der Leibgarde entschieden.
Eginhart dagegen hatte stets den festen Glauben, dass, wenn man sich für dieses Leben entschieden hatte, es auch nur das einzige für ihn sein konnte. Volle Loyalität dem Königshaus gegenüber. Stets nur darauf bedacht, keine Gedanken an etwas anderes zu verschwenden.
„Dein Sohn,“ flüsterte er nun leise, „ist in vielen Dingen wie du. Immer sich auf seine Gefühle verlassend, weniger auf das, was er lernt und gelernt hat. Erkmar, ich frage mich manchmal wirklich warum ich dir dieses Versprechen gegeben habe.“
Eginhart ging zum Fenster und sah auf die Wiesen, die sich ihm darboten. Er dachte über das Leben in der Leibgarde nach. Sie bestand nie aus mehr als vielleicht zwei bis vier Mann und war zum persönlichen Schutz der Thronfolger vorgesehen.
Außerhalb des Schlosses mussten sie sich um die Sicherheit der Kinder der Könige kümmern, wenn sie unterrichtet wurden oder auf einer Reise waren. Die Herrscher suchten sich nach ihrer Krönung immer einen eigenen Schutz aus auf eine von ihnen bestimmte Zeit, während die Leibgarde der Thronfolger immer durch die älteren Mitglieder ausgesucht und ausgebildet wird und eine Dienstzeit von 20 Jahren hatte.
Allerdings erreichten die wenigsten, wie eben leider auch Erkmar, diese Dienstzeit. Die meisten starben vorher, wenn sie ihren Auftrag erfüllten. Besonders wie Erkmar zu Tode kam, schmerzte Eginhart jedes mal, wenn er daran dachte. Es versetzte ihm eine Kälte in seinem Herzen. Allerdings war er der einzige, der es genau wusste. Nie hatte er sich jemand anderem anvertraut.
Es gehörte für ihn zur Notwendigkeit in diesem Dienst, mit solchen Dingen alleine fertig zu werden. Es nicht zu können, war für ihn eine unverzeihliche Schwäche.
Ingwin schlug voller Wut über mit seinem Schwert auf die Kugeln, die durch eine Apparatur im Trainingsraum abgeschossen wurden für seine Magie Abwehr Übungen. Es ärgerte ihn jedes mal, wenn er von seinem Lehrer wegen seiner Ausflüge zu Nacera gerügt wurde. Im Trainigsraum standen mehrere verschiedener Dinge, die mechanisch das Ausweichen und Abwehren trainieren sollten.
Er hatte einen solchen Zorn, dass er dadurch unkonzentriert wurde.Prompt wurde er von einigen Kugeln getroffen, und das waren einige harte Schläge die alles andere als sanft waren, denn zum ersten hatten die Kugeln eine höhere Geschwindigkeit, und zum zweiten waren sie aus Holz, und zwar sehr hartem Holz.
Eine weibliche Stimme ertönte: „Ach, du mal wieder. Beherrsche doch doch endlich mal!“ Ingwin sah zur Tür des Trainingsraumes, wo an die Wand gelehnt eine Junge Frau, etwa 18 Jahre alt, stand. Sie trug ein weises Kleid und hatte Schulter lange, zu einem Zopf gebundene braune Haare, und sah nun etwas mahnend zu Ingwin mit ihren grünen Augen.
Ingwin ließ sich sofort auf seine Knie fallen: „Prinzessin Hortensia!“
„Na na, wir sind doch hier auf keinem Ball. Jetzt steh schon auf!“ amüsierte sich die Prinzessin. Sofort stand er mit einem Lächeln auf und umarmte die Prinzessin, die auf ihn zu getreten war.
„Also, was ist denn? Wider mal mit der Liebsten erwischt worden?“ fragte sie nun ihren Freund.
Ingwin und Hortensia hatten sich sehr schnell angefreundet und waren schon fast wie Geschwister, seit Ingwin das erste mal die Prinzessin beschützt hatte. Hortensia war so ziemlich auch die einzige Person, mit der sich Ingwin mal richtig unterhalten konnte seit Beginn der Ausbildung, abgesehen von Nacera.
„Ja, wurde ich, und wieder ein mal hat mich mein Herr gewaltig gerügt. Ich frage mich nur wie er so werden konnte.“ war nun die Antwort.
Die Prinzessin seufzte: „Ich frage ich auch warum er den Schutz von mir über absolut alles stellt. Ich glaube, er hat nie gelebt.“
Was die beiden neben ihrer Freundschaft gemeinsam hatten war ihre Sorge um den erfahrenen Leibwächter und Ingwins Lehrer. Sie mochten ihn beide. Ingwin sah in ihm einen zweiten Vater, und die Prinzessin war stets beeindruckt von der Loyalität gegenüber ihrem Vater.
„Na komm,“ meinte jetzt Hortensia, „atme einfach mal tief durch. Wenn du so durchdrehst könnte man meinen die Maschine übt mit dir und nicht du mit der Maschine. Dass dir das aber auch immer passieren muss.“
Der Angesprochene nickte und setzte die Maschine wieder in Gang. Dann hob er sein Schwert und bereitete sich vor. Schon kamen die ersten Kugeln auf in zu geflogen. Ingwin wich ein mal aus, wehrte die nächste Kugel mit dem Schwert ab.
Er konzentrierte sich auf seine Sinne, versuchte die Geschosse zu hören, prüfte die Luftzüge. Ausweichen und abwehren, ausweichen und abwehren. Immer wieder wiederholte sich die Prozedur. Fit musste man dafür schon sein, und viel Zeit zum atmen ließ man ihm nicht gerade. Aber das gehörte nun mal dazu.
Endlich kamen keine Geschosse mehr hervor und Ingwin ließ sich nieder. „Geschafft!“ rief die Prinzessin voller Begeisterung und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter: „Du bist wirklich ein toller Kämpfer!“
Ingwin war froh, dass ihm Hortensia immer wieder aufbaute. Sie war ihm wirklich wichtig geworden, zwar nicht so wichtig wie Nacera, aber auf jeden Fall jemand, der ihm Freude schenkte hier, an diesem Ort, und für die es sich lohnte, sie beschützen.
Inzwischen erhielt in seinem Arbeitszimmer König Baltfried eine Nachricht. Das Arbeitszimmer war nicht so eingerichtet, wie man es vielleicht von einem König erwartet. An sich begnügte er sich damit, Dokumente in einem Schrank auf der einen Seite zu verwahren, und auf der anderen Seite befand sich ein Bücherregal mit verschiedenen Nachschlagewerken: Neben Lexika Bücher über die Gesetzte der Vergangenheit und Zukunft, alte Legenden, eben was er so für sich als wichtig erachtet.
Er saß an seinem sehr dunklen Schreibtisch und nahm die Rolle vom Boten entgegen: „Vielen Dank, ihr dürft euch entfernen.“
„Eure Majestät!“ verbeugte sich der Bote und verließ den Raum. Baltfried war schon etwas über 50 Jahre alt. An seinen dunkelblonden Haaren zeigten sich die ersten grauen Strähnen. Sein Gesicht hatte die ersten Falten erhalten, was aber mehr an Sorgen lag, als am Alter.
Und diese Sorgen waren berechtigt. Bevor Baltfried regierte kam es leider des öfteren zum Krieg zwischen Bagmos und seinem Nachbarland Auzingo. Und egal was die Ursachen waren, gelitten hatte doch stets das Volk.
Diese Kriege hatten nun ein Ende, aber seit nun fast 30 Jahren mussten Baltfried und der benachbarte König Dagwin hart darum kämpfen. Immer wieder gab es Spannungen zwischen einzelnen Gruppen an der Grenze.
Er dachte sich auch wer dahinter steckte. Es gab gewisse Leute, die von Kriegen eher profitierten als von Frieden. Und jedes mal, wenn diese Leute es versuchten Krieg zu schüren, bedarf es der gesamten Verhandlungskunst der beiden Könige, die selber miteinander befreundet waren, um eine Eskalation zu verhindern. Denn auch ein König ist machtlos, wenn das gesamte Volk von sich aus zu den Waffen greift.
Aber nun hatte sich das Schicksal eingemischt, welches zu einem glücklichen Umstand führte. Schon bald würde es einen endgültigen Frieden geben. Sie alle werden gegen die Feinde dieses guten Lebens vereint vor gehen können.
Baltfried studierte die Botschaft ganz genau. Ihm gefiel überhaupt nicht was er las. Eine Kälte durch fuhr ihn. Schock. Er starrte erst einige Zeit lang vor sich hin, ehe er die Rolle auf den Tisch legte. Dann fasste der König sich an die Stirn.
Leise sprach er vor sich hin: „Nicht schon wieder. Diese...uns läuft die Zeit davon.“ Schweiß lief ihm über das Gesicht, welches sich schon mit so vielen Sorgen befassen musste. Und das eben nicht nur mit der Erziehung seiner Tochter oder mit der ewigen Trauer um seine Frau, welche vor zehn Jahren an einer Krankheit verstarb.
„Mir bleibt nichts anderes übrig,“ flüsterte er, „ich muss handeln. Ich kenne jemanden, der sich mehr als freuen würde. Und einige, für die es schwer wird.“
Er setzte sich wieder an seinen Tisch: „Wache!“
Ein Wachmann trat ins Zimmer: „Euer Hoheit!“
„Geht und lasst Eginhart ausrichten, dass ich ihn in einer Stunde im Thronsaal erwarte!“ befahl er.
„Wie ihr wünscht!“ Nachdem die Wache das Zimmer verlassen hatte, stand der Herrscher auf und holte ein altes Buch her raus, in dem viele verschiedene Legenden standen.
Er blätterte durch bis er die Seite erreichte, in der Zeilen standen, die ihm sein Vater mal zeigte, eine Seite mit einer Regel, von der er sich erhoffte, dass man sich an sie halten würde, aber diese Hoffnung sich nie verstärkte:
„Beherrsche die Magie nie für dich. Andere sollen durch sie leben. Diene jedem, der Hilfe bedarf. Schütze mit ihr den Frieden. Stehe nur für das ein, das anderen nutze. Und nur so, wirst du erkennen, wie man glücklich wird. Vor allem aber: Nutze sie nie für den Krieg!“
Kapitel 2
Eginhart verließ sein Zimmer. Die Nachricht sich zum Thronsaal zu begeben hatte ihn beunruhigt. Neben Aufträgen gab es fast nie gute Nachrichten seines Herrn. Vor allem nicht, wenn er in den Thronsaal befohlen wird.
Den König bewunderte Eginhart für seinen eisernen Kampf um den Frieden. Ein harter Kampf, der fast so lange dauerte wie das Leben des Kriegers. Er wusste, gegenüber dieser Pflichten und dieser Arbeit des Königs waren die zehn Jahre Dienstzeit, die er in der Leibgarde insgesamt abrichten musste, ein Witz.
Als er auf dem Hof ankam und sich in Richtung des Thronsaals bewegte, begegnete ihm eine
dreißig-jährige Frau mit Schwarzen Haaren, gebunden zu einem Pferdeschwanz. Sie trug eine rote Schürze und ein festes, starkes kariertes Baumwoll-Hemd.
„Sei mir gegrüßt, Gabriana!“
„Ihr mir auch!“
Eginhart trat auf sie zu: „Wie geht es meinem Pferd und dem von Ingwin?“
Die Angesprochene wischte sich kurz etwas Dreck von der Schürze und wandte sich an ihn: Sie haben beide gut gefressen und sind auch sonst in guter Verfassung. Besser könnte es ihnen nicht gehen.“
Anerkennend legte er ihr eine Hand auf die Schulter: „Kein Wunder, wenn sie in euren Händen sind. Ach übrigens, danke für die neue Schutzkleidung. Das war dringend nötig. Eure Schneiderinnen haben gute Arbeit geleistet, bitte sagt ihnen das.“
Schnell nahm er wieder seine Hand von ihrer Schulter, als er spürte das ein Gefühl in seinem Magen aufkam, das ihm überhaupt nicht gefiel. Denn Gefühle behindern nur in dem, was er tat. Dessen war er sich sicher. Er war etwas verlegen.
„Ja;“ antwortete Gabriana, „Das werde ich tun. Danke.“ Seit nun mehr acht Jahren kannten sich die beiden. Gabriana war verantwortlich für die Versorgung der Pferde und für das Wohl der Leibgarde.
Sie sorgte für Reise-Proviant, ließ die Kleidung anfertigen, konnte gut Wunden versorgen-auch, wenn das Versorgen von Wunden zur Ausbildung der Krieger gehörte, ließ doch insbesondere Eginhart es hier lieber von ihr machen, jedenfalls bei Trainingsverletzungen, denn Fingerspitzengefühl, das musst er sich eingestehen, hatte er eher weniger.
Als Gabriana an ihm vorbei ging, sah er ihr nach: „Gabriana!“
„Ja?“ sah sie zu ihm.
„Ich habe es öfters gesagt und werde es immer sagen: Ihr seid ein Glücksfall für die Leibgarde und werdet es immer sein.“
Gabriana nickte kurz dankend und hoffte doch in ihrem Inneren, dass Eginhart vielleicht doch die Sehnsucht in ihrem Blick sah. Aber dieser war wieder auf dem Weg zum König.
Sie sah ihm nach, seufzte: „Seit acht Jahren. Ich sehe es nun schon so lange. Das bist du nicht.“ Es war ein Gefühl der Wärme in ihr, und doch auch ein Gefühl der Traurigkeit. „Warum nur tust du das?“ flüsterte sie. „Nur das Leben als Beschützer? Gibt es sonst für nichts Platz in deinem Leben? Nicht für....“ Sie stockte, ehe sie sich abwandte und ausatmete: „Mich.“
Mit einem gemischten Gefühl erreichte Eginhart die Tür zum Thronsaal: „Ich könnte mich ohrfeigen. Dass ich mich auch nie in ihrer Gegenwart zurückhalten kann. Ganz ruhig, Eginhart, ganz ruhig. Gefühle sind nichts. Gar nichts. Vergiss das nie.“
Es gelang ihm Gefühle zu verbannen. Stets. Und auch, wenn es um Gabriana ging, ließ er nichts zu. Auch wenn er spürte, dass etwas in ihm dagegen kämpfte. Aber er konnte es nicht zulassen. Nein niemals. Es gibt mächtige Feinde. Wenn er nicht die Kälte erzeugen konnte um die störende Wärme zu vernichten, wie könnte er gegen diese kämpfen?
Eginhart öffnete nun die Tür und trat in den Thronsaal. Er war groß, ja riesig. Von überall her blitzten die Schilde und Schwerter, die an der Wand hingen und das Licht der Lampen an der Wand und des Kronleuchters reflektierten. Die Fliesen waren aus Marmor und spiegelglatt, die Wände bestanden aus weißem Stein. Im Thronsaal hing an der Wand der Kronleuchter, übergroß, fast musste man daran zweifeln, dass der Haken, an dem er hing, das Gewicht aushielt.
Langsam trat Eginhart in die Mitte des Raumes. Jeder Schritt hallte unglaublich. Was vor allem daran lag, dass niemand in der Halle war. Das war allerdings sehr ungewöhnlich. Normalerweise waren hier die Berater und Minister und beratschlagten, wenn König Baltfried sich hier befand. Eine Tatsache, die Eginhart umso mehr beunruhigte.
Besonders beunruhigt wurde er, als er den leeren Thron bemerkte. Ein Holzthron, in dessen Vorderbeine das Wappen des Landes geschnitzt war, auf dem sich ein rotes Samt-Kissen befand und ein eben solches in der Lehne eingearbeitet war.
Der Krieger sah nach links, dort bemerkte er den König wie er an einem Holztisch saß und eine Karte von Bagmos und Auzingo studierte. Eine Stelle schien markiert zu sein, jedenfalls sah es für Eginhart so aus angesichts der ein paar Meter großen Entfernung.
Er trat auf den König zu, ließ sich auf die Knie sinken: „Euer Hoheit, ihr habt mich rufen lassen!“
Baltfried sah auf, lächelte und reichte dem Beschützer seiner Tochter, nachdem dieser sich wieder aufgerichtet hatte, die Hand: „Eginhart, seid mir gegrüßt. Setzt euch!“
Der Krieger kam der Aufforderung nach und ließ sich gegenüber dem König auf einem Stuhl nieder. Als nächstes erhielt er vom König mit den Worten: „Diese Botschaft hat mich heute erreicht,“ die Schriftrolle. Aufmerksam sah er sich das Geschriebene an. Wie dem König einige Zeit zuvor lief es auch Eginhart eiskalt den Rücken runter.
„Oh mein Gott!“ waren seine Gedanken. „Hört das denn nie auf?“ Er legte die Schriftrolle auf den Tisch und wandte sich dem König zu: „Wo haben die Angriffe statt gefunden?“
„Hier!“ antwortete Baltfried und deutete auf das von ihm markierte Gebiet. „Rund herum um dieses Gebiet an der Grenze gab es Feuerbälle, die auf beiden Seiten fast für einen größeren Verlust an Angebautem gesorgt hätten. Man hat absolut niemanden entdeckt, und prompt gab es wieder Verdächtigungen gegenüber den Anderen. Wieder mal misstrauen sich die Bauern von Bagmos und Auzingo.“
Eginhart besah sich die Karte: „Feuerbälle ohne dass jemand gesehen wurde und ohne Spuren eines Kriegsgeräts? Für mich riecht das sehr nach nach dem erneuten Werk von Magiern.“
„Ganz meine Meinung, Eginhart,“ war die Antwort des Königs.
An sich hatten sie eine hohe Meinung von den Magiern. Nur, wer das Blut einer Magier-Familie in sich trägt, kann überhaupt zaubern. Und bestimmt nicht alles. Denn man kann sich nicht einfach so etwas herbei zaubern, wie Essen oder Gold.
Und auch nicht alles und jeden verwandeln. Nur Eben die Dinge, für die es Zaubersprüche nach Jahre langer Forschung gab. Ja, die Magier mussten erst mal forschen, ehe es was zu zaubern gab, und unbegrenzt ging das zaubern eben nicht.
Magier erhielten sich eben mit ihren Diensten am Leben. Manche heilten Krankheiten und Verletzungen, wieder andere schafften es Zerstörungen rückgängig zu machen, es gab welche die mit Magie Handwerkern halfen bei ihrer Arbeit.
Aber Häuser einfach so erscheinen lassen konnten sie nicht. Magie kann nicht erschaffen, nur reparieren, helfen-oder eben auch zerstören.
Und das taten leider einige. Sie helfen Räubern, Soldaten, Rebellen. Feuerzauber, der eigentlich einem Schmied helfen soll beim Schmieden, wird für das verbrennen von Häusern genutzt. Wasserzauber für Überschwemmungen statt um Feuer zu löschen.
Jedem Magier wird eigentlich gelehrt, zu erhalten und die Magie nicht für den Krieg zu verwenden. Aber es hielt sich eben nicht jeder daran. Es gab eben jene, die sich mit ihrem Dienst für Gewalt über Wasser hielten, und ihnen sind die Friedensbemühungen der Könige ein Dorn im Auge. Und eben dies sorgte für höchste Alarmstimmung bei König und Leibgarde.
„Gibt es Verdächtige?“ fragte Eginhart.
„Nein!“ war die ernüchternde Antwort des Königs, der nun aufstand und im Raum hin und her lief. Man sah ihm an dass er an jenem Tage um Jahre gealtert war. Es gefiel Eginhart überhaupt nicht, denn die Sorgen des Königs waren immer auch seine Sorgen. Eine schwere Probe, vermutlich die schwerste, die dieses Land auf sich nehmen würde. Das wusste er genau.
„Eginhart,“ sprach nun der König, „wir müssen unser Vorhaben beschleunigen.“
Eginhart wurde es ganz anders im Magen: „Meint ihr...nein, euer Hoheit, das ist unmöglich.“
Baltfried besah sich jetzt den treuen Beschützer: „Uns rennt die Zeit davon. Es geht nicht anders. Es ist die einzige Möglichkeit.“
Eginhart stand nun auf und sah dem König ermahnend ins Gesicht: „Euer Hoheit, Ingwin ist für diesen Auftrag noch lange nicht soweit. Das ist zu riskant.“
Die Antwort des Herrschers ließ nicht lange auf sich warten: „Und das Risiko zu warten bis ein Bürgerkrieg ausbricht?“
Nun musste das Leibgarden-Mitglied durch atmen. Ihm war klar, wenn sein Herr ein mal eine Entscheidung von größerer Bedeutung getroffen hatte, war es fast unmöglich ihn wieder um zu stimmen.
Aber er gab sich nicht geschlagen: „Euer Hoheit, Ingwin ist meiner Meinung nach noch viel zu ungestüm. Auch denke ich, dass ihm die Beherrschung fehlt. Denkt ihr wirklich, ich würde es nicht sagen, wenn dem nicht so wäre?“
Baltfried schüttelte kurz den Kopf: „Nein, natürlich nicht, aber wenn wir Frieden wollen müssen wir Maßnahmen ergreifen bevor es zu spät ist, und ich fürchte die Bedrohung ist größer als wir alle annehmen.“
„Nun, euer Hoheit, ich darf euch nur Ratschläge geben, die Entscheidung trefft ihr. Wenn ich das sagen darf, ihr seid nicht darum zu beneiden. Also?“ fragte der Krieger.
„Ihr werdet morgen aufbrechen Eginhart! Bringt meine Tochter nach Auzingo! Alles weitere wird sich ergeben!“ befahl das Staatsoberhaupt und überreichte Eginhart einen Ring, mit Bagmos Wappen. „Durch dieses Zeichen soll man euch dort erkennen.“
Sein Diener und Freund, jedenfalls sah der König stets so etwas in ihm, nahm den Ring an sich. Dann redete Baltfried weiter: „Wie ihr es macht, ist euch überlassen. Ich bin sicher, ich kann mich auf euch verlassen.“
„Euer Hoheit!“ Eginhart verbeugte sich, drehte sich um und verließ den Thronsaal. Baltfried sah ihm nach.
„Manchmal,“ so schoss es ihm durch den Kopf, „frage ich mich wirklich wer von den beiden der Lehrer und wer der Schüler ist. Weshalb nur tut er so vernünftig? Ein bisschen weniger Rationalität täte ihm sicher gut.“
Im Kopf des Eginhart brummte es richtig und tausende von Gedanken schwirrten darin. „Was soll ich nur tun? Was anderes bleibt mir nicht übrig. Aber...Ingwin...er muss endlich verstehen dass Gefühle, abgesehen von wenigen, einen nur behindern. Das muss doch auch Baltfried wissen.“
Immer weiter ging er in Richtung seines Zimmers, bis er es erreichte.
Dort angekommen, öffnete er eine Geheimschublade, die in seinem Bett versteckt war. Er nahm etwas längliches her raus, umwickelt mit einem Leinentuch. Langsam wickelte er das Schwert, dass sich in ihm befand aus.
Er besah es sich genau, prüfte die Klinge und den Griff. „Die nächste Generation,“ sprach er. „Wie immer, geschmiedet in 20 Jahren, nachdem das Schwert, das ich heute trage, fertig gestellt worden war. Ob es die richtige Zeit ist?“
Sich erhebend, das Schwert in der Hand, begab er sich zum Fenster und blickte nach draußen, wo gerade ein paar Kinder miteinander spielten, unbeschwert, da sie bisher noch nie etwas von der dauernden Kriegsgefahr erfahren haben. „Uns bleibt nichts anderes übrig!“ musste er feststellen. „Also dann.“
„Vater!“ Prinzessin Hortensia trat in den Thronsaal. „Du wolltest mich sprechen?“
Baltfried rannte fast zu seiner Tochter und nahm sie mit einigen Tränen in den Augen in den Arm. Erst überrascht, dann aber die Wärme genießend, schmiegte sie sich an die Brust ihres Vaters.
„Hör mir zu, Hortensia!“ sagte er zu ihr, nach dem er die Umarmung gelöst hatte, „du wirst dich morgen von Eginhart und Ingwin begleitet auf die Reise nach Auzingo machen.“
Hortensia wurde es warm und kalt zugleich. Eine Furcht und eine Freude stieß in ihr hervor. Sollte sie sich freuen? Oder doch nicht?
Sie wusste, weshalb sie nach Auzingo gehen sollte. Und das es sehr wichtig ist. Aber andererseits, würde sie ihren Vater jemals wieder sehen?
Es vergingen einige Momente, ehe sie etwas über ihre Lippen brachte: „Vater...ich bin bereit...aber....ich habe Angst. Was, wenn ich dich niemals wieder sehen werde? Und...kann ich das schaffen? Ich weiß doch, was dann auf mich zu kommt.“
Baltfried sah ihr in die Augen: „Wir werden uns sicher wieder sehen, spätestens einige Zeit, nach dem du in Auzingo angekommen bist. Denkst du denn, Dagwin würde mich nie mehr zu Gast haben wollen?“
„Das ist es nicht!“ war die Antwort der Thronfolgerin.
Baltfried hob verwundert eine Augenbraue: „Sondern?“
„Wenn ich nun versagen bei allem, was kommen wird.“
„Hortensia,“ lachte da der König, „du bist unglaublich stark. Ich sehe, wie du von Tag zu Tag immer mehr an Kraft gewinnst. Und ich glaube, dass du noch lange nicht deine Grenze erreicht hast.“
Dann nahm er Hortensias Hand und flüsterte: „Weißt du, woran ich glaube? Ich glaube, jede Generation ist dafür da, es besser zu machen als die vorherige. Deswegen versuche ich nun, mit deiner Hilfe, den Frieden zu beginnen. Und du wirst ihn festigen.“
Ein Ring aus Silber, mit einer Rosenblüte, dargestellt durch viele kleine Diamanten. „Dieser Ring gehörte meiner Mutter, und sie gab ihn an deine Mutter. Nun sollst du ihn erhalten. Vergiss bitte niemals, woher du kommst und wer du bist.“
Hortensia hätte gerne etwas erwidert, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt, während der Ring über ihren Finger gestreift wurde. Sie betrachtete ihn, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Kurz kniff sie die Augen zusammen, um die Tränen zurück zu halten, die in ihr aufstiegen, aber es ging nicht, sie flossen schon bald, warm über ihr Gesicht.
Sich in die Arme ihres Vaters werfend schluchzte sie alles aus sich heraus, die Freude ihrem Vater zu haben mit einer Mischung aus Angst vor der Zukunft und der Trauer, sich von ihm verabschieden zu müssen.
Auch Baltfried musste jetzt weinen. Er umschlang seine Tochter so fest es nur ging, legte seinen Kopf auf den ihren. In seinen Tränen lag auch Stolz auf seine Tochter: „Ich wünschte, deine Mutter könnte dich sehen, mit diesem Ring, und wie viel Kraft du in dir hast.“
„Sie weiß es!“ erwiderte Hortensia. „Ich bin mir nicht sicher, wie stark ich wirklich bin, aber sie weiß, dass ich bereit bin!“ kam die etwas erstickte Stimme von ihr.
„Also dann Ingwin,“ ertönte im Trainingsraum Eginharts Stimme, „bevor es morgen los geht, will ich doch mal sehen, wie du hiermit umgehen kannst.“ Er holte das Schwert her raus und übergab es Ingwin.
Dieser musste im ersten Moment aufpassen dass es ihm nicht aus der Hand rutscht. Das Gewicht war im ersten Moment ungewohnt. „Was ist das Herr?“
„Dies, Ingwin, ist das Schwert der Leibgarde. Geschmiedet aus einem Metall, dass Magie abwehren kann. Zu schwer für eine Rüstung, aber als Waffe sehr gebräuchlich. Wenn man weiß, wie.“
Ingwin schwang das Schwert einige Male hin und her und merkte, dass es auf ein mal ganz leicht war. Zuerst schmerzte der Arm ein wenig, und das Gewicht schien unerträglich, aber nur wenige Sekunden später fühlte es sich leicht wie ein Holzstock an.
„Warum,“ fragte Ingwin verwundert, „ist es auf ein mal so leicht es zu benutzen?“
Eginhart ging in Kampfposition: „Halte es nicht für zu leicht. Das Schwert erkennt zwar durch das Metall schnell, wenn jemand talentiert ist, aber du musst darauf achten, ob du wirklich die Waffe beherrscht, oder die Waffe dich. Und um das zu prüfen, wird jetzt noch mal trainiert.“
Verwundert blickte Ingwin auf: „Wie meint ihr das Herr?“
„Das wirst du schon noch merken Ingwin. Darf ich bitten?“
Ingwin machte sich zwar bereit, aber eines wollte er noch wissen: „Herr, weshalb bringen wir die Prinzessin nach Auzingo?“
Aber als Antwort erhielt er nur: „Absolute Geheimhaltung, Ingwin, auch dir gegenüber. Und jetzt stell keine Fragen mehr.“
Der junge Lehrling atmete ein mal tief durch. Irgendwie hatte er diese Antwort erwartet. Hätte sein Herr doch nur ein wenig mehr vertrauen zu ihm. Und auch erkannte er: es würde wohl sehr lange dauern, bis er in sein Bett kommen würde.
Kapitel 3
Nacera und Gabriana führten am nächsten Morgen eine rot-braune Stute und einen weißen Schimmel auf den Hof vor einem der Schlosseingänge.
„Mir wird Ingwin fehlen,“ sprach Nacera. „Außer ihm hab ich niemanden. Hoffentlich kommt er wohl behalten wieder zurück.“
Naceras Eltern waren nie davon begeistert dass sie im Schloss diente. Denn sie haben noch die Kriege unter Baltfrieds Vater miterlebt und deswegen ist ihre Meinung von der Königsfamilie nicht die beste. Die Folge war ein schlechtes Verhältnis zwischen ihnen.
Gabriana rüffelte sie: „Lass das nur nicht Ingwin hören. Du kennst seine Meinung über das aufkommen von Gefühlen bei den Leibgardisten.“
Nacera seufzte: „Ja, ich weiß.“ Sie wandte sich an ihre Freundin: „Ihr leidet schrecklich darunter, nicht wahr?“
Ein Schock durch fuhr Gabriana. Schnell sagte sie: „Ich weiß nicht was du meinst.“
„Gabriana,“ war die Antwort, „ich bin nicht blind.“ Seit auch Nacera für das Wohl der Leibgarde angestellt war, bestand eine große Freundschaft zwischen den beiden. Nacera hasste es wenn es ihrer Freundin schlecht ging. „Ihr empfindet viel für Eginhart, nicht war?“
Gabriana blieb stehen, was auch Nacera zum Anhalten veranlasste. In ihr war es warm aber ihr Herz schmerzte richtig gehend. Leere, die so verdammt schmerzte. „Ich...“ ein dicker Kloß steckte in ihrem Hals, den sie runter schluckte. „Acht Jahre. Seit acht Jahren. Mein Herz entschied sich für ihn im ersten Moment als ich ihn sah. Er ist immer so bestimmt und kühl mir gegenüber. Und doch, mein Herz will nicht anders. Ich wünschte, er würde weiteren Platz in sich finden neben seinem Dienst. Platz für...“
Tränen lösten sich aus ihrem Auge, die zu Boden fielen. Da spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. Sie vernahm Naceras sanfte Stimme: „Euch, nicht wahr?“
Gabriana nickte Stumm. Nacera sprach, was sie glaubte: „Eines Tages wird er es erkennen. Wie stark uns Gefühle in Wahrheit machen. Und er wird euch dann auch sehen - mit dem Herzen. Und es wird sicher ein schöner Tag.“
Eine Wärme und Dankbarkeit floss in Gabriana hinein. Dankbarkeit, für diese feste Freundschaft. Und doch, sie hatte Zweifel: „Ich wünschte, ich hätte so sehr den Glauben daran wie du.“
Mit einem lauten Seufzer trat Ingwin aus seinem Zimmer. Er wusste nicht genau, wie wenig er geschlafen hatte. Richtig schlapp und fertig war er. Das Schwert schleifte er eher mit als dass er es trug.
Gemäß der letzten Anweisung von Eginhart trug er die eher bäuerliche Kleidung, welche er schon am Vortag an hatte.
Kaum erreichte er einen Kreuzgang, als ihm schon die Stimme der Prinzessin entgegen schlug: „Na, was ist denn mit dir los? Schlecht geschlafen?“
Ingwin betrachtete die Prinzessin, welche auch eine eher bäuerliche Kleidung trug, bestehend aus einem gelbem Hemd und einer Lederhose. So war es ihr bereit gelegt worden.
Tief atmete der Angesprochene durch, ehe er erwiderte: „Frag besser nicht. Mein Herr hat mich bis tief in die Nacht richtig gehend getrimmt. Ich weiß gar nicht wann ich überhaupt ins Bett gekommen bin.“
Wer erinnerte sich wieder zurück. Vor allem daran, dass er sein Schwert irgendwie zu Beginn des Trainings gar nicht unter Kontrolle hatte: „Her, es kommt mir so vor, als ob das Schwert selbstständig kämpft?“
„Nun,“ war die Antwort, „das ist die einzige Magie, die in der Waffe steckt. Im Schwertkampf verteidigt dich die Waffe automatisch so lange du nicht angreifst. Aber deswegen musst du nicht glauben, selber nichts tun zu müssen. Denn die Waffe greift nicht von sich aus an.
Würdest du also gar nichts tun, so wärst du irgendwann erschöpft. Du würdest die Waffe nicht mehr halten können, und dann wärst du verloren. Merke dir also, du musst den Gegner angreifen, um die Waffe zu beherrschen. Dann verteidigst du sich auch nur dann, wenn du es willst. Dies ist der Preis für eine Waffe, welche Magie abwehren kann.“
„Und bei magischen Angriffen?“ hatte Ingwin darauf hin wissen wollen.
Die Antwort war: „Diese umgibt eine Aura, welche diese schwache Magie des Metalls außer Kraft setzt. Deswegen musst du hier schon selber aufpassen. Das ist alles, was du wissen musst. Und nun weiter. Du kommst nicht ins Bett, bevor du die Waffe nicht beherrschst.“
So kam es auch. Ingwin und Eginhart trainierten stundenlang, ehe es Ingwin gelang, das Schwert wirklich zu kontrollieren.
„Wo ist Eginhart eigentlich?“ fragte Hortensia, als sich die Prinzessin und der Schüler des Gardisten auf dem in Richtung des Hofes machten.
Eginhart prüfte noch ein mal seine Tasche: „Mal sehen: Proviant, Ersatzkleidung, Salben, Verbände, Karte, alles da. Dann kann es ja jetzt los gehen.“ wie Ingwin trug nun auch Eginhart eine Leder Weste, ein festes Woll-Hemd und eine Lederhose. Das Schwert verbarg er so gut es ging in einer Öffnung in der Hose, sicher ist sicher.
Auf dem Weg zum Hof gingen ihm tausende von Gedanken durch den Kopf: „Wann nur erkennt Ingwin endlich wie sehr unnötige Gefühle einen behindern? Wenn er so weiter macht ergeht es ihm wie seinem Vater.“
Bei diesen Gedanken kamen schlimme Erinnerungen in seinen Kopf, sie hämmerten richtig, sie taten so weh.
Doch er konzentrierte sich auf andere Probleme: „Wir müssen diese Mission erfolgreich zu Ende bringen. Wenn wir es schaffen, haben wir ihn endlich: den Frieden. Wir müssen es schaffen.“
Etwas später erreichte er endlich den Hof, wo Ingwin, Hortensia, Gabriana und Nacera mit den Pferden bereits warteten. Eginhart ging auf die Knie: „Euer Hoheit!“
„Seid mir gegrüßt, Eginhart!“ antwortete die Prinzessin. Eginhart erhob sich und begrüßte nun den Rest.
Anschließen musterte er seinen Schimmel: „Er ist in hervorragender Form. Gut gemacht, Gabriana.“
„Danke, Eginhart!“ erwiderte sie zaghaft. Erneut bildete sich ein Kloß in ihrem Hals.
Sanft streichelte der Krieger den Kopf seines Pferdes: „Also, Venda, alter Freund. Vollbringen etwas unglaubliches und lenken wir das Schicksal. Lust darauf?“ Ein lautes Wiehern erklang. „Das dachte ich mir.“
Kaum sah er zur Seite auf Ingwins Pferd, die Stute Flugla, bemerkte er wie dieser verstohlen zu Nacera flüsterte: „Gut gemacht!“ und ihr einen kleinen Kuss auf die Wange gab.
Mit leichtem Zorn trat er auf sie zu, sah seinem Schüler stechend in die Augen: „Ingwin!“
Ertappt seufzte dieser: „Keine Gefühle!“
„Merk dir das endlich, klar?“ sagte Eginhart verärgert. Danach fragte er Gabriana: „Habt ihr die Taschen für sie?“
„Ja, gepackt gemäß eurer Anweisung.“ sie reichte dem Krieger die Taschen und einen grauen Kapuzen-Umhang,dabei streiften sich ihre Finger. Ein warmer Schauer ging ihnen beiden über den Rücken.
Verlegen redete Eginhart: „Ähm, gut so...ja, danke. Laos, sagt doch, habt ihr kein Pferd für die Prinzessin?“
„Der König,“ so sprach nun Gabriana zu ihm, „hat mir gesagt dass er sich darum kümmern wird. Wir sollen hier auf ihn warten.“
„Und hier ist er auch schon!“ ertönte es. Alle drehten sich nach König Baltfried um, welcher einen schwarzen Hengst führte. Sein Fell glänzte und schimmerte wie kleine Blitze. Es war Fulgor, ein wunderbares Pferd.
Mit Tränen in den Augen trat Hortensia auf das Pferd zu. Sie hatte ihn schon vor einigen Jahren ins Herz geschlossen. „Vater, ist er wirklich für mich?“
„Was denkst du denn?“ lächelte Baltfried. Hortensia legte ihren Kopf an den von Fulgor und genoss die Weichheit des Fells, die Wärme, streichelte ihn.
Ihr Vater fühlte ihre Freude. Er konnte nicht beschreiben wie gut es ihm tat. Es milderte ein wenig den Abschiedsschmerz. „Hortensia,“ sagte er, „Ich habe ihn herangezogen seit er ein Fohlen war, naja, seine Mutter hat natürlich etwas mit geholfen. Achte gut auf ihn.“
„Ich danke dir, Vater. Ich danke dir.“
Im nächsten Moment warf Eginhart ihr den grauen Umhang zu: „Prinzessin, bitte tragt das. Es wäre besser, wenn man nicht weiß, mit wem wir reisen, oder wer wir sind. Es gibt zu viele, die uns schaden wollen.“
Erst etwas verwirrt, folgte sie schließlich der Aufforderung. „Wie ist also euer Vorgehen, Eginhart?“wollte der König nun wissen.
Die Antwort war: „Wir werden uns möglichst bedeckt halten. Übernachten werden wir in den Wäldern, ich traue den Wirtshäusern nicht. Unser Proviant reicht für drei Tage, also müssten wir es rechtzeitig schaffen.“
„Gut!“ erwiderte der König. „Ich erwarte aus Auzingo eine Botschaft über euer erfolgreiches Eintreffen.“
Er wandte sich seiner Tochter zu: „Achte immer gut auf dich und vergiss nicht, was dich zu dem gemacht hat, was du heute bist. Du kannst alles schaffen, mein Stern.“ Fest umarmten sie sich. „Ich hab dich so lieb!“
„Ich dich auch!“ ertönte die etwas erstickte Stimme von ihr. Schmerz erfüllte sie, gemischt mit diesem Zusammengehörigkeitsgefühl.
„Es wird Zeit, Prinzessin!“ hörten sie die Stimme von Eginhart.
„Ich weiß!“ Sie löste sich von ihrem Vater und bestieg Fulgor, wie auch nun Ingwin und Eginhart ihre Pferde bestiegen. Hortensia setzte ihre Kapuze auf und sah noch mal ihren Vater an. Einige Tränen fielen auf den Boden.
Eginhart wandte sich dem König zu: „So wahr ich lebe, euer Hoheit, wir werden sie sicher begleiten. Dies legt mir mein Schwur auf.“
Baltfried antwortete: „Ich weiß, Eginhart.“
Mit einem Schnalzen ritt Eginhart los, gefolgt von der Prinzessin und Ingwin.
Nacera und Gabriana sahen ihnen nach. „komm bitte zurück!“ flüsterte Nacera.
„Ich denke, wir müssen uns eher Sorgen um meine Tochter machen,“ sprach der Herrscher, der es gehört hatte, „als um ihre Beschützer.“
Kapitel 4
Im Trab ritten die Drei auf den Straßen. Eginhart und Ingwin beobachteten aufmerksam die Gegend, bereit zu reagieren, sobald sich eine Gefahr abzeichnete. Begegnete ihnen ein Reisender, wurde er freundlich begrüßt, aber die Prinzessin hielt sich verdeckt.
Ihre Route führte sie stets nach Norden, dies war der kürzeste Weg zu den Grenzen von Auzingo. Städte vermeiden, eben so Wirtshäuser, Eginhart hatte sich auf diesen Plan festgelegt. Die Strecke gestaltete sich als abwechslungsreich: mal ging es an einem Wald vor bei, dann kamen ein paar Getreidefelder.
Trotz allem wurde es der Prinzessin langweilig. „Eginhart,“ sprach sie nach einiger Zeit, „wie seid ihr eigentlich in die Leibgarde gekommen?“
Der Krieger wollte sich aber nicht ablenken lassen: „Prinzessin, ich denke nicht dass es wirklich vorteilhaft wäre all zu lange Gespräche zu führen.“
Dock Hortensia gab nicht nach: „Wir können doch nicht einfach immer nur reiten, erzählt doch ein mal etwas von euch. Ich kenne euch so lange, und doch kenne ich euch nicht wirklich. Ihr seid da, um mich zu beschützen, aber nie redet ihr wirklich mit mir, nie geht ihr aus euch her raus. Gebt euch einen Ruck.“
Ingwin sah zu ihr mit einem Blick, der ihr eindeutig vermittelte: „Gib lieber auf. So was macht er nicht.“
Umso überraschter war er allerdings als er von seinem Lehrer folgende Worte hörte: „Mein Vater gehörte zu den wenigen, die ihre zwanzig jährige Dienstzeit überlebt haben. Ich muss zugeben, er war ein großes Vorbild für mich. Ich bewunderte ihn. Er war überall geachtet wegen seiner Treue zum König, gemessen an der Tatsache, dass dieser König noch häufiger auf dem Kriegsfuß mit Auzingo war. In dieser Hinsicht war ich wie du, Ingwin,“ wandte er sich kurz an seinen Schüler.
Ingwin glaubte das alles nicht. Noch nie war sein Herr so offen geworden. Ob es die Langeweile war oder das Zureden von Hortensia, konnte er nicht ergründen.
Eginhart erzählte weiter: „Somit entschied ich mich, auch dem Königshaus zu dienen. Dies war vor
14 Jahren. Ich war also älter als du damals. Meine Ausbildung dauerte zwei Jahre. Damals lernte ich Erkmar kennen.“
„War die Ausbildung schwer?“ fragte Hortensia.
„Die Ausbildung zum Leibgardisten ist immer hart, Prinzessin, aber das ist auch kein Wunder angesichts der Bedeutung unserer Aufgabe. Sie hat keinen festen Zeitraum. Der Ausbilder entscheidet, wann der Lehrling den Status erreicht hat. Dann sagen wir den Schwur, er ist gültig, wenn er vor einem Mitglied der Königsfamilie gesprochen wird.
Erkmar und ich sprachen ihn gemeinsam nach zwei Jahren Ausbildung. Du, Ingwin, warst bereits geboren als er in Ausbildung ging. Ich verstand nie, weshalb er überhaupt sich dafür entschied, er hatte ja bereits eine Familie.“
„Ich erinnere mich,“ erwiderte Ingwin. „Mein Vater und meine Mutter waren doch beide sehr jung, nicht wahr? Ich war acht Jahre alt, als er mir mitteilte, dass er in die Ausbildung gehen würde.“
Eginhart bestätigte: „Ja, so ist es. Nun, in seiner Ausbildungszeit konnte er sich wirklich zurück halten, er war aufmerksam wenn er im Schloss war. Abgelenkt war er nie durch euch. Wie es zu dieser Zeit bei euch war, habe ich nie erfahren.
Mit 16 waren sie Eltern, und obwohl alle gesagt haben, sie würden es nicht schaffen, haben sie es geschafft. Was aber besonders an der Unterstützung von Erkmars Familie lag. Immerhin konnte er auf dem Hof, den du mit deiner Mutter bewohnst, gut für euch sorgen. Aber dass er wohl auch heimlich den Schwertkampf übte, merkten wir im Schloss, denn darin war er gut.
Aber ich schweife ab. Nach der Ausbildung widmete sich Erkmar stets seiner Familie wenn der Dienst am Tage zu Ende war, während ich mich davon fern hielt. Ich habe ihn nie verstanden, aber durch Gesetz verboten ist es keinem Gardisten. Ich befasste mich lieber mit den nächsten Tagen und ihrer Vorbereitung.
Und doch, fürchte ich, ihm wäre sein Schicksal erspart geblieben, wenn er nicht zu viel Zeit mit euch verbracht hätte. Ich weiß, das klingt hart für euch, aber so ist meine Überzeugung.“
Eginharts Gedanken stritten mit ihm, rügten ihn, denn er war dabei Gefühle zu zu lassen. So schnell es auch ging unterdrückte er sie.
„Wart ihr gute Freunde?“wollte Ingwin wissen.
„Ja,“ war die Antwort, „Das waren wir. Ohne das wären wir auch nicht so gut gewesen. Diese kleine Schwäche des Stolzes erlaube ich mir, wir verrichteten unseren Dienst stets zur Zufriedenheit unseres alten Lehrers und des Königs. Bis zu dem Tag...“
Eginhart Stockte. Ein Schmerz durch fuhr ihn, schlimme Erinnerungen. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals.
Ingwin wollte die Wahrheit: „Wie ist er gestorben?“
„Als er seinen Dienst durchführte,“ antwortete Eginhart. „Mehr musst du nicht wissen.“
Ingwin sorgte sich um Eginhart, der ihm ein Freund war. „Etwas bedrückt ihn. Warum vertraut er mir nicht? Er muss es doch ein mal zulassen, sich mit jemandem auszusprechen. Vielleicht hat er einen ersten Schritt getan,“ dachte sich Ingwin.
Eginharts Gedanken waren ganz andere. „Verdammt, du Idiot!“ schrie eine Stimme in seinem Kopf. „Hör auf damit. Willst du dich von Emotionen kontrollieren lassen? So wirst du den Auftrag nie erfüllen. Was geschieht hier mit mir?“
Unsicherheit stieß in sein Herz, welches er stets verschlossen hielt. Er beeilte sich damit, die Mauer in sich wieder zu erhärten. Es gibt Dinge, die helfen und Dinge, die ihn nur schwach machen, und Gefühle und das denken mit dem Herzen gehören dazu.
Um sich ab zu lenken, holte er die Landkarte her raus und prüfte den vor ihnen liegenden Wald. Die Sonne ging bereits unter. „Wir werden im Wald übernachten und uns stärken. Morgen setzen wir unseren Weg fort.“
„Wie ihr wünscht Herr!“ erwiderte Ingwin.
Gemeinsam ritten sie in den Wald hinein und suchten sich eine Richtung als Lagerplatz aus. Dort legten sie die Schlafsäcke, welche sich in den Satteltaschen befanden, bereit und versuchten das Lager einigermaßen gemütlich zu machen.
Während sich Hortensia etwas zu trinken gönnte, sammelte Ingwin Feuerholz und Eginhart begann mit seinem Schwert eine Vertiefung zu schaffen. Dort legten sie etwas trockenes Stroh hinein, sammelten sie das Feuerholz und entzündeten mit einem Feuerstein, welchen Eginhart und Ingwin stets bei sich trugen, dieses, so dass sie schnell ein loderndes Feuer hatten.
Auf Spieße steckten sie etwas Fleisch ihres Proviants um es zu braten. Während es briet nahmen Ingwin und Eginhart die Landkarte in Betracht.
Nach einiger Durchsicht meinte Eginhart: „Diese Straße müssen wir entlang. Nach meinen Kenntnissen ist diese eher weniger von Durchreise von Händlern oder Reisenden betroffen. Damit dürften wir weniger Aufmerksamkeit erregen.“ Dabei zeigte er die von ihm beschriebenen Straßen entlang. „Des weiteren ist der Weg hier relativ kurz.“
Er rollte die Karte ein und nahm sich einen Spieß. Der Krieger begann das Fleisch zu essen.
„Herr,“ redete Ingwin seinem Lehrer zu, „Was sollen wir tun sobald wir die Grenze überschritten haben?“
„Wir müssen so schnell wir möglich die Hauptstadt Selas erreichen. Sollte uns eine Patrouille begegnen die zu König Dagwin gehört, werden wir ins zu erkennen geben, damit keine falschen Eindrücke entstehen. Das Schlimmste haben wir überstanden wenn wir die abgelegeneren Gebiete weit, und ich meine weit, hinter uns gelassen haben.“ Erneut biss er in sein Fleisch, während sich Hortensia und Ingwin auch jeweils ein Stück nahmen.
„Ich denke, es wird Zeit euch davon in Kenntnis zu setzten, dass es schon länger Gerüchte über eine Magier-Gilde in den Grenzgebieten gibt, welche den Krieg unbedingt will.“
Etwas erschreckt sahen Ingwin und die Prinzessin zu Eginhart als er diese Worte gesprochen hatte. „Warum habt ihr uns das nicht früher mitgeteilt?“ fragte die Prinzessin.
Eginhart wandte sich ihr zu: „Manche Dinge sagt man besser erst, wenn es die richtige Zeit ist Prinzessin. Passt immer gut auf. In den Grenzgebieten müssen wir uns verdammt getarnt bewegen. Es wäre alles andere als gut wenn irgend jemand erfährt dass wir unterwegs sind.“
„Verstanden Herr!“ nickte Ingwin ihm zu.
Nach einiger Zeit war das Fleisch verzehrt. Ingwin und Eginhart löschten das Feuer indem sie etwas von ihrem Wasser darüber schütteten. Die restliche Glut überdeckten sie mit Erde.
„Ihr solltet euch zur Ruhe begeben Prinzessin,“ wandte sich Eginhart ihr zu. „Ingwin und ich werden abwechselnd Wache halten. Sobald sich irgend etwas tut, werden wir rechtzeitig reagieren.“
Hortensia nickte und begab sich zu ihrem Schlafsack.
„Du solltest dich auch schlafen legen, Ingwin, nachdem wir gestern so viel trainiert haben wäre das besser für dich. Wir wechseln uns stündlich ab, ich habe meine Sanduhr dabei. Ich werde dich dann wecken.“
„Wie ihr wünscht, Herr.“ Während Ingwin also schlief, hatte der Krieger Eginhart Zeit zum Nachdenken. Irgendwie war auch das der Grund dafür, weshalb er die erste Wache übernehmen wollte.
Denn auch wenn er es nicht zugeben wollte, an diesem Tag war vieles in ihm durcheinander geraten. Es war das erste mal überhaupt, dass Eginhart darüber gesprochen hatte, wie und weshalb er zur Leibgarde gekommen war.
Besonders fragte er sich, was die Prinzessin nur mit ihm angestellt hatte. Eine solche Offenheit zeigte er an sich nie, weil das ebenso für ihn eine unverzeihliche Schwäche ist wie sich von Gefühlen beherrschen zu lassen.
Die Sterne leuchteten am Himmel und der Vollmond erleuchtete den Wald ein wenig, so dass man immer noch die Umrisse der Bäume und der Gegend erkennen konnte. Eginhart sah hinauf und fast kam es ihm so vor, als ob jedes einzelne Licht von ihnen mit ihm sprechen wollte. Er flüsterte leise: „Erkmar, mein alter Kamerad. Was geschieht hier nur? Ich verliere das wichtigste aus den Augen.
Mein ganzes Leben habe ich unseren Herrschern verschrieben, und ich war stets zufrieden und stolz darauf. Weshalb nur kommen mir ausgerechnet jetzt Zweifel? Zweifel, dass dieses Leben das ist, was ich will?“
Der Leibgardist sah zur Schlafstätte Ingwins, ein paar Meter entfernt zur Prinzessin. „So viel steht ihr bevor. Die Zukunft lastet auf ihren Schultern. Und doch geht sie der Sache mit einer Leichtigkeit und Fröhlichkeit entgegen, als ob es nichts wäre.
Bin ich dermaßen schwach geworden?“ Er besah sich sein Schwert, welches er nun schon einige Jahre bei sich trug. „So ist es nun mal. Ich habe mich hierfür entschieden.“
Nachdem die erste Stunde zu Ende gegangen war, weckte Eginhart seinen Schüler, damit er die nächste Wache übernahm. Eginhart ging zu seiner Schlafstätte und legte sich hin.
All zu viel Schlaf bekam er nicht. Nach einiger Zeit rüttelte jemand an ihm. Eginhart öffnete die Augen und sah Ingwin, welcher so eben auch die Prinzessin weckte und ihr zu verstehen gab, sich zu verstecken und ruhig zu Verhalten.
Eginhart stand auf und fragte: „Ist was geschehen, Ingwin?“
„Ja Herr. Ich habe etwas gehört. Irgend jemand umzingelt uns.“ Sofort war der Krieger hell wach, stand auf, zog sein Schwert möglichst langsam und leise und begann auf jedes Geräusch aufmerksam acht zu geben.
Hortensia zog sich schnell den grauen Umhang über, um schwieriger erkennbar zu sein. Dann stellte sie sich eng an einen Baum, drückte sich so sehr sie konnte an ihn, zog ihre Kapuze vor den Kopf.
Weil auch das Training der Sinne, besonders des Gehörsinns zur Ausbildung gehörten, erkannte Eginhart ganz leise die Schritte, welche sich um das Lager herum taten in den Waldboden.
Leise wisperte er: „Also Ingwin, deine Meinung: Wer?“
Auch in Gefahrensituationen, oder besser gesagt gerade in dieser Situation, testete er die Fähigkeiten des Schülers.
Ingwin antwortete: „So feige wie die sich bewegen, um uns herum, Banditen. Fünf Mann wenn ich mich nicht verhöre, jedenfalls glaube ich fünf verschiedene paar Stiefel zu bemerken.“
„So empfinde ich das auch. Sie werden das Lagerfeuer gesehen haben. Dass wir sie hören können heißt wohl, sie sind schon sehr nahe. Oder sehr unvorsichtig.“
Beide hielten ihre Schwerter bereit. Die Schritte schienen zu stocken. „Sie greifen gleich an. Verhaltet euch ruhig Prinzessin!“ sagte Eginhart möglichst leise zur Prinzessin. Ein weiteres Geräusch: kein Schritt, eine Bogen-Sehne.
Es war hinter ihm, sein Instinkt ließ Eginhart selten im Stich. Sein Griff um das Schwert wurde fest, wartend auf den Richtigen Moment. Ein kurzer Blick zu Ingwin, ein Nicken.
Der Luftzug. Der Pfeil fliegt. Mit einer Drehbewegung weichen die beiden aus, Eginhart schlägt zu, und trifft den Pfeil. Im nächsten Moment hören sie den Ruf der Banditen. Zwei rennen auf Eginhart zu. Er wehrt den ersten Schlag ab, duckt sich unter den zweiten hindurch.
Ingwin wehrt einen Gegner mit dem Schwert ab, tritt einem weiteren in den Magen. Anschließend stößt er den ersten Weg, springt über den Hieb einer Axt nach vorne, rollt sich ab und kann mit einem weiteren Tritt denjenigen, welcher sich mit seinem Bogen genähert und einen weiteren Pfeil gespannt hatte, von den Beinen zu holen. Mit einem Hieb verletzte er ihn an der einen Hand, erkannte die Schritte hinter sich, rollte sich zur Seite ab, schon verletzte einer der Banditen den Bogenschützen beim Versuch Ingwin zu erwischen an der anderen Hand.
Hortensia hielt sich so weit es ging und sie auch wollte von den Kämpfen fern, drückte sich stets an einen Baum, damit niemand sie von hinten überraschte. Mit schnell klopfendem Herzen beobachtete sie das Geschehen, war nicht im Stande zu denken, so stark lähmte sie die Angst, ihr kam nicht die Idee in den Kampf ein zu greifen.
Eginhart erwehrte sich weiter seiner beiden Angreifer, oder wohl eher sie sich ihm. Denn seine Ausbildung damals und seine Erfahrung machten es ihm fast zu leicht, jedenfalls seiner Meinung nach. Immer wieder wich er aus, nutzte die offensichtlichen Schwächen der Kontrahenten. Zwei, drei Schläge gegen den einen, dann ein Tritt gegen den anderen.
Ein blitzschneller Hieb gegen eine Schulter, ein lauter Schmerzensschrei. Schon suchte der Feind das Weite.
Sofort widmete der Krieger sich dem anderen zu. Ein schneller Schwertkampf begann, blitzschnelle Bewegungen zu verschiedenen Seiten sowohl von Eginhart als auch seines Gegenübers. Er erkannte die Geschicklichkeit dieses Mannes. In ihm war schnell der Gedanke, den Anführer vor sich zu haben.
Ingwin glaubte nicht, was ihm geschah. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er sich stets nur mit seinem Herrn gemessen am Schwert, und da ist er immer ins Schwitzen gekommen. Diese Feinde dagegen waren für ihn fast wie Kleinkinder.
Eine Drehung nach links, schon verletzte ein Bandit den anderen. Der Bogenschütze hatte bereits die Flucht bevorzugt, da floh schon der nächste. Der letzte, der Ingwin gegenüberstand, schrie: „Na warte,du verdammter...“
Er holte aus und schlug zu, aber viel zu langsam. Ingwin wich aus, schlug mit dem Knauf des Schwertes gegen den Kopf seines Gegners, welcher taumelte, hinfiel und beim Anblick eines nun ausholenden Feindes so schnell wie möglich den Kampfplatz in den Rücken bekam.
Er sah zu seinem Herrn, der sich immer noch mit dem Anführer duellierte. Eine andauernde schnelle Folge von Bewegungen war zu erkennen.
„Für einen daher gelaufenen Räuber bist du gar nicht schlecht!“ rief Eginhart in einer kurzen Verschnaufpause.
Die Antwort war: „Du solltest besser auf deinen Kopf achten!“ Dann griff er wieder an.
„Genug gespielt!“ redete Eginhart, drehte sich um das Schwert herum und richtete seine Waffe an den Hals des Banditen: „Du hättest wohl besser auf deinen Kopf geachtet.“
Ernst und stechend sah er nun in die Augen des Diebs. Angstschweiß lief diesem über das Gesicht. Eginharts Gesicht ließ kein bisschen etwas erblicken, was er nun als nächstes tun würde. „Was glaubst du, wie lange kann man ohne Kopf laufen?“
Ingwin war dieses Verhalten befremdlich. Er begriff dies alles nicht: „Herr, was habt ihr vor?“
Schnell zuckte Eginhart, was den Banditen erschreckte, fürchterlich.
„Dein Glück,“ sprach nun Eginhart, nahm die Waffe des Räubers, welche dieser bei seinem Schreck hat fallen lassen und ließ das Schwert sinken, ehe er weiter sprach: „dass ich zu viel stolz und Achtung vor dem Leben habe. Ich töte nicht wenn ich es nicht sein muss, im Gegensatz zu dir wahrscheinlich. Ich verteidige nur, ich ermorde nicht. Verschwinde, aber sofort!“
Es wird wohl keinen Tag gegeben haben, an dem dieser Räuber nicht schneller gerannt ist. Die beiden Leibgardisten steckten die Schwerter ein. „Prinzessin,“ rief Eginhart, „es ist alles in Ordnung.“
Immer noch leicht zitternd trat Hortensia auf den Lagerplatz. „Alles in Ordnung Hortensia?“ fragte Ingwin?
„Ja, ich denke schon,“ antwortete sie. Verstört war sie nach allem Erlebtem.
Eginhart plagte das schlechte Gewissen: „Verzeiht mir Prinzessin. Ich wünschte wir hätten euch das alles ersparen können.“
Hortensia atmete tief durch: „Ist schon gut. Ich frage mich nur ob ich jetzt noch einschlafen kann.“
„Das wird schon,“ meinte Ingwin. „Leg dich hin.“ Hortensia ging wieder an ihre Schlaf-Stätte. „War das vorhin wirklich nötig, Herr?“ wollte er wissen.
„Jedenfalls weiß er jetzt wie es seinen Opfern ging. Wahrscheinlich werden sie so schnell niemanden mehr ausrauben wollen.“
„Denkt ihr, dass es richtig war sie laufen zu lassen? Sie könnten uns verraten.“ Dem Schüler behagte diese Möglichkeit überhaupt nicht.
Aber Eginhart erwiderte: „Sie werden nur erzählen können dass sie meinten einfache Reisende zu überfallen, die sich als gute Schwertkämpfer erwiesen haben. Mach dir da keine Sorgen.“
Eigentlich genügte Ingwin diese Antwort nicht, aber er vertraute der Erfahrung seines Herren.
„Leg dich Schlafen, Ingwin, ich übernehme wieder für eine Stunde.“
„Ja, Herr.“
Gerade als Ingwin gehen wollte, rief ihn Eginhart noch mal: „Ach, Ingwin. Hervorragend. Du hast sehr früh die Banditen ausgemacht, erstklassiger Schwertkampf. Du bist nicht mehr weit davon entfernt, dass du den Schwur aufsagen darfst, der dich zum Mitglied der Leibgarde macht. Du bist ein starker Kämpfer, wie dein Vater es war, vielleicht noch besser.“
Ingwin konnte nicht beschreiben, was er fühlte. Ein starker Stolz erfasste ihn, so groß, dass er meinte gleich platzen zu müssen. „Danke, Herr!“ rief er fasst voller Freude.
Eginhart sah seinem Schüler nach. „Tja,“ dachte er sich, „nur die Gefühlssache musst du noch lernen, Ingwin.“
Er besah sich noch mal kurz sein Schwert: „Morgen dürfte es ein nicht wirklich weniger harter Tag werden.“
Kapitel 5
Der nächste Tag kam. Die Reisenden räumten ihren Lagerplatz und versuchten so viele Spuren wie möglich zu verwischen, ehe sie die Pferde sattelten, sie bestiegen und die Reise,die ihnen bevorstand, fortsetzten.
Es war erst mal ein eher eintöniger Ablauf. Immer wieder holte Eginhart seine Landkarte her raus, um zu prüfen dass sie den richtigen Weg nahmen und die richtigen Abzweigungen an Kreuzungen zu nehmen.
Die Landschaft war friedlich und so entfernt von den Problemen, welche Bagmos und Auzingo bedrohten. Wälder, Wiesen, hier und da ein Acker, es erfüllte einen richtig mit Frieden und Zufriedenheit. Zu wissen über andere Dinge die es gab, eben nicht nur Politik, das Ringen um den Frieden, die Bedrohung durch Unruhestifter.
Besonders aber war es das Wissen, darum, es würde sich lohnen, alles zu tun, dies alles zu schützen und den Krieg von ihm abzuwehren. Ein Gefühl des Stolzes floss in Eginhart und Ingwin hinein.
Doch dieses Gefühl wurde unterbrochen durch ganz andere Sinnes-Eindrücke, die sie nun erfassten. Ein stechender, beißender Geruch erreichte auf ein Mal die Nase Eginharts. Es versetzte ihm einen gewaltigen Schrecken.
Nicht wegen dieses Gestanks, sondern weil er wusste, was er bedeutete. „Rauch!“ rief er, „Ich rieche Rauch. Einen Rauch des Todes. Ingwin, bemerkst du das auch?“
„Herr, das ist eindeutig kein Lagerfeuer!“ schrie der Schüler voller Panik.
Eginhart gab seinem Pferd Venda einen eindeutigen Befehl durch einen leichten Tritt in die Seite. Er bevorzugte es, Venda an der Seite zu berühren, ohne Sporen, denn er wollte das Pferd nie verletzten.
„Kommt, los!“ stieß er laut hervor zu den anderen beiden. „Irgend etwas schlimmes ist geschehen. Beeilt euch, vielleicht können wir helfen.“
Schnell gaben Hortensia und Ingwin den Befehl zum schnellen Rennen und folgten Eginhart. Inzwischen war die Sonne oben am Himmel zu sehen und schien ein wenig in das Gesicht der Reisegruppe. Aber das störte angesichts des immer stärkeren und brennenderem Geruch des Rauchs wenig.
Panik verhinderte jedes Denken in Eginhart, außer einem Gedanken: „Wo nur, was, wieso, wer?“ Immer wieder sichten seine Augen eine Säule, welche grau oder schwarz sein musste, die aus Wolken bestehen müsste.
„Dort!“ riss ein Ruf Ingwins Eginhart aus dessen erster Panik. Sofort blickte er sich um und sah nun eben diese, von ihm gesuchte schwarze Rauchsäule, die sich wie Turm in den Himmel aufbaute und aller Welt anscheinend die Katastrophe, welche sich hier eindeutig ereignete benachrichtigen wollte.
Er drehte Venda in diese Richtung, wollte erst mal nur noch hin, dorthin, wo jemand gebraucht wurde, wo eine Hilfe gebraucht wurde.
Die Säule schien größer zu werden, das Ziel kam immer näher. Das knackende Geräusch von Feuer wurde immer deutlicher neben panischen Schreien, die einem eine Kälte gaben, die nicht zu beschreiben und unglaublich folternd war.
Das helle Weinen von Kindern, der laute, tiefe Ruf um Hilfe und Wasser durch Männer. Kreischen von Frauen. Aus dem Frieden, der ein paar Minuten vorher herrschte, wurde der Krieg, den man fürchtete.
Endlich erreichten sie den Platz. Ein Bauernhof, dessen Haus lichterloh brannte. Vor ihm kauerten Frauen und Kinder, in typischer Bauerntracht gekleidet, währen die Männer verzweifelt versuchten Wassereimer vom Brunnen in einer Kette zu überreichen, aber das Feuer konnte durch das Wasser kein bisschen eingedämmt werden.
Gerade eben wollte Hortensia, nachdem sie angekommen waren, eine Geste machen, als Eginhart schon ihre Hände ergriff und eindringlich flüsterte: „Es ist zu spät. Nicht hier, Prinzessin. Es bringt nichts mehr, und würde unnötige Aufmerksamkeit erregen. Ich bitte euch!“
Erschrocken blickte Hortensia zu ihm und verstand. Doch ihr Herz blutete, erste Tränen bahnten sich ihren Weg über ihr Gesicht. Die Fesseln der Verzweiflung erfassten sie.
Die beiden Leibgardisten sprangen von den Pferden und rannten zu den Männern, welche voller Angst auf das Gebäude blickten.
„Wir werden euch helfen!“ rief Eginhart denjenigen an, der am nächsten war. „Ist noch jemand im Haus?“
„Meine Frau, meine Tochter, sie sind hinter diesem Eingang!“ kreischte der Bauer fast. Sofort sahen die Krieger auf den Eingang, auf welchen der Mann zeigte. Hinter diesem war das laute Husten einer Frau zu hören.
Drei brennende Balken versperrten den Weg. „Ingwin, dein Schwert, beeile dich!“ befahl Eginhart. Der Schüler zog seine Waffe ebenso wie der Lehrer, ehe er ihm zum Eingang folgte. Dann rief Eginhart dem Bauern zu: „Wir werden den Eingang frei machen und offen halten, ihr müsst in der Zwischenzeit eure Familie da raus holten.“
Der Bauer nickte und folgte ihnen. Im nächsten Moment schlugen Eginhart und Ingwin so schnell und stark sie auch konnten auf die Balken ein. Die Hitze ließ sie unglaublich schwitzen, ihre Augen schienen ihnen auch in Flammen zu stehen.
Das Husten und erstickte Schreien der Frau und ihres Kindes ließen sie noch mehr dazu bringen, die Balken aus dem Weg zu schaffen. Endlich fielen sie zu Boden. Mit einem lauten„Stützen!“ stieß Eginhart sein Schwert in die Türleiste über dem Eingang, damit der Bauer hinein konnte. Ingwin tat es ihm nach. Der Bauer schlüpfte durch sie hindurch und rannte zu seiner Frau.
Das große Gewicht und die sengende Hitze setzten den Kämpfern zu. Die Schwerter erhitzten sich schnell, ließen unglaubliche Schmerzen entstehen. „Beeilt euch!“ brüllte Eginhart schmerzverzerrt. Seine Schulter tat weh, sein Arm schien ihm fast durch zu brechen, dazu diese Hitze, welche er in seinem Gesicht spürte. Ingwins Gesicht, welches er mit seinem Blick erfasste, hatte die selben Ausdrücke, von denen er sie sich selber vorstellte sie zu haben.
Aber er wollte nicht aufgeben: „Haltet durch! Wir schaffen es!“ hörte er die Stimme Ingwins. Endlich sah er die Frau durch sie hindurch springen, danach den Bauern, ein kleines Mädchen, etwa
sechs Jahre alt, in seinem Arm, völlig Ruß verschmiert im Gesicht und am Körper.
„Los, Weg!“ Eginhart zog sein Schwert weg wie auch Ingwin, dann flüchteten sie weg vom Haus, das Knirschen von brechendem Holz in ihren Ohren. „Es stürzt ein, spring!“ rief er seinem Schüler zu, ehe er einen Sprung von seinen Beinen verlangte, trotz der Tatsache, dass sich diese mit Krämpfen dagegen wehrten.
Sie landeten im Gras, drehten sich um. Alles war in sich ineinander gefallen, als wäre das Haus die ganze Zeit nur aus Zahnstochern gewesen, welches nun einfach so von zwei Händen zerquetscht worden wäre. Mit verzerrtem Gesicht standen sie auf, danach sprach Eginhart: „Hole deine Salben Ingwin. Es dürfte Verletzte geben.“
Die nächsten Stunden verbrachten die beiden also damit, mit ihren Salben die Wunden der Verletzten zu versorgen. Es gehörte zur Ausbildung, dies zu können, sowohl was eigene Wunden als auch fremde Wunden betraf.
Prinzessin Hortensia hielt sich auf Anweisung von Eginhart im Hintergrund. Zu groß sei das Risiko erkannt zu werden. Und das besaß für Eginhart weiterhin höchste Priorität. Unerkannt bleiben, so weit es geht.
Eginhart verband so eben den Bauern, dessen Frau im Haus zurückgelassen war. Dabei befragte er ihn: „Könnt ihr mir sagen was geschehen ist?“
Wütend knurrte der Bauer: „Das müssen die aus Auzingo gewesen sein!“
Augenblicklich wurde es Kalt in Eginharts Körper. „Nein,“ dachte er, „nicht schon wieder. Haben wir denn nie Ruhe?“ Schnell sah er zu Ingwin, welcher ein ebenso schockiertes Gesicht zeigte. Sein Schüler wollte er so eben etwas erwidern, aber Eginhart legte den Finger an seinen Mund, um weiter fort zu fahren: Sagt mir bitte genau was geschehen ist.“
Der Bauer fing an zu berichten: „Es war eigentlich ein ganz normaler Tag. Wir bereiteten uns auf unsere tägliche Arbeit vor, das Vieh hüten, die Felder bestellen, eben, was zum Alltag auf dem Land gehört.
Auf ein mal flogen viele Feuerbälle auf den Hof zu. Wir hatten nichts mitbekommen außer dieser schrecklichen Geräusche, als der Hof in Flammen auf ging.“
„Hat es irgendwelche Geräusche davor gegeben oder ähnliches?“ fragte der Krieger.
„Nein, überhaupt nicht. Diese Angreifer aus Auzingo müssen sehr gute Schützen gewesen sein, aus einer so großen Entfernung mit Maschinen zu treffen.“
Eginhart erkannte die Wut und Verbitterung aus den Worten des Landwirtes. Klar, viele haben die letzten Kriege miterlebt und wünschen sich den Frieden, setzten alle ihre Hoffnungen darauf. Und und gab es wieder Angriffe, und sie glaubten, es wäre die Bevölkerung des Nachbarlandes, welche den Frieden nicht wollen, sondern den Krieg.
„Hört mir zu,“ redete nun Eginhart, „ich denke eher nicht, dass es wirklich die Menschen aus Auzingo waren. Ohne Kriegsgeräte ist es unmöglich Feuerbälle ab zu schießen. Und so gut entwickelte, das glaube ich nicht:“
„Und wer soll es dann gewesen sein?“ empörte sich der Bauer, welcher so eben den Verband an seinem Arm prüfte.
Eginhart erwiderte: „Es gibt Kräfte, die keinen Frieden wollen und dafür alles tun. Ich empfehle euch, schickt einen Boten zu unserem König, ich bin mir sicher, er weiß was zu tun ist. Ich würde es selber gerne machen, aber ich muss einen wichtigen Auftrag für meinen Herrn erfüllen,“ als er dies sagte, hoffte er inständig, man halte ihn für den Leibwächter eines Grafen, Herzogs oder Kaufmanns.
„Ich kann euch leider nicht mehr sagen als das, was ich gehört habe. So, die Wunde ist gut verbunden. Ich weiß, es ist ein harter Schlag für euch, aber unser König wird euch sicher helfen.“
Eginhart erhob sich, machte in Richtung von Ingwin und Hortensia die Geste, sich wieder auf den Weg zu begeben, nachdem er sich vergewissert hatte, dass die Wunden der Verletzten versorgt waren.
Bevor sie den Platz verließen, gab der Krieger der Familie noch den Rat, erst mal im nächstgelegenen Dorf um Hilfe andere Bauern zu bitten. Ihr Haus werde sicher von den Bauleuten des Herrschers neu aufgebaut, sobald er von ihrem Schicksal erfahre.
Der Bauer ging auf auf Eginhart zu: „Ich danke euch für eure Hilfe. Ihr habt uns Hoffnung erhalten, diesen Schlag zu überstehen, so schwer er auch ist. Möge der Herr euch beschützen!“ Fest drückte er Eginharts Hand.
Ein gewaltiges Gefühl des Stolzes, der Freude, neuer Energie erfasste Eginhart. Was geschah nur mit ihm? Beinahe hätte er geweint. „Ich habe getan, was ich tun musste,“ antwortete er. „Möge der Herr euch helfen. Ich bin mir sicher, ihr werdet es schaffen Denkt an meinen Rat, schickt so schnell wie möglich einen Boten. Lebt Wohl!“ Danach verließen sie den Ort, welcher nun eher einem Schlachtfeld als einem Bauernhof ähnelte.
Ingwin näherte sich seinem Lehrer: „Herr, das geht nicht mit rechten Dingen zu, nicht wahr?“
„Da muss ich dir Recht geben. Das müssen wieder Magier gewesen sein. Feuerbälle, ohne dass Kriegsgeräte in auch nur dem leisesten Anzeichen erkannt worden waren. Wo gibt es denn so etwas?“
Die Besorgnis erfasste ihn. Überall konnten diese Magier jetzt sein. Jederzeit angreifen. Denn das würden sie, auf jeden Fall, man will ja die Meinung aufrecht erhalten, die Bauern aus dem anderen Land waren es.
Ingwin fragte nun seinen Herrn: „Sollten wir nicht vielleicht die Magier suchen, die hierfür verantwortlich sind?“
„Auf gar keinen Fall!“ erwiderte Eginhart, leicht verärgert, weil er meinte, sein Schüler verliere den Verstand. „Unser Auftrag ist die Prinzessin nach Auzingo zu bringen, zu König Dagwin, unversehrt und wohlbehalten. Wir bringen sie bestimmt nicht in unnötige Gefahr.“
Ingwin wollte das aber nicht akzeptieren: „Aber Herr, eventuell nach dem...“
„Kein Wort mehr!“ schrie der Leibgardist beinahe. „Wir bringen die Prinzessin nach Selas und kehren dann wieder sofort zurück. So lautet unser Auftrag und dabei bleibt es!“
Voller Ernüchterung ritt Ingwin etwas zurück an die Seite von Hortensia, welche etwas mitleidig zu ihm sah: „Sein Pflichtbewusstsein kann einen manchmal in den Wahnsinn treiben, Hortensia.“
„Wie Bitte?“ Verdammt, wie konnte er auch das gute Gehör seines Lehrers vergessen.
„Nichts Herr!“
Weiter ritten sie ihren Weg. Schweigend. Ingwin und Hortensia fühlten sich nach der kleinen Meinungsverschiedenheit nicht wirklich berechtigt, irgend etwas mit Eginhart zu besprechen, und Eginhart blieb dabei sich voll und ganz auf mögliche Gefahren zu achten und abzuwehren.
Sie waren im Grenzgebiet. Hier war es jetzt am gefährlichsten. Eginhart sprach: „Achtet auf absolut jede Auffälligkeit, absolut jede Bewegung. Hier könnten überall diese Magier sein.“
Die Atmosphäre der Bedrohung drückte auf die Seele der Prinzessin. Irgendwie meinte sie, so müssten sich immer Tiere fühlen, welche sich getarnt haben und hoffen, dass der Räuber, dass das Raubtier sie nicht bemerken und an ihnen vorbei geht. Nur schien es ihr, nicht wirklich getarnt zu sein.
Auch Ingwin fühlte sich nicht Wohl in seiner Haut. Fast schon meinte er, man warte nur darauf angegriffen zu werden. Dieser Tag, irgendwie wusste er es, wird sein ganzes Leben verändern, ja das Leben von ihnen allen. Er spürte es.
Weshalb nur? Woher kommen nur solche Ahnungen, solche Instinkte. Ist es Erfahrung, Erlebtes, oder dich etwas Übernatürliches? Oder hatte er nur einfach das erste mal in seinem eben wirklich Angst: Angst, um seine Freundin Hortensia, Angst um seinen Herrn, Angst um sein eigenes Leben, Angst vor möglichen Folgen, wenn der Auftrag nicht erfüllt wird.
Oder war es dies alles? Von jedem ein bisschen. „Verdammt,“ dachte sich Ingwin, „diese Welt ist doch einfach nur verrückt. Besonders in den Dingen, die einem Normal erscheinen. Eigentlich ist doch alles Verrückt, was ich für normal halte,und alles normal, das mir verrückt erscheint. Wer soll diese Welt nur begreifen?“
All diese Gedanken schwirrten in seinem Kopf herum. Es machte ihn beinahe krank. Also versuchte er sich abzulenken, indem er Eginhart fragte: „Was denkt ihr sind das für Auffälligkeiten?“
Kaum hatte er das Ausgesprochen, flog schon ein Feuerball dicht an ihnen Vorbei, so dass sich Venda, Eginharts Pferd, panisch auf bäumte.
Völlig überrascht und geschockt atmete Ingwin hektisch, und bei einem Seitenblick sah er einen stummen Schreckensschrei in Hortensias Gesicht.
Voller Anstrengung versuchte Eginhart sein Pferd wieder unter Kontrolle zu bringen und rief: „So eine Auffälligkeit. Weg hier, Schnell!“
Nun begab sich die Gruppe zur Flucht. So schnell wie möglich ritten sie los, spornten ihre Pferde an. Die Landschaft, welche sie am Morgen noch genossen hatten, raste nur an ihnen vorbei. Angst ließ jedes Denken nicht zu, jedenfalls bei der Prinzessin.
„Immer mir nach, Prinzessin, immer mir nach!“ schrie Eginhart hinter sich. So gut es ging folgte Hortensia ihm, fasste stets dessen Pferd in ihr Auge, stets auf Flugla, Ingwins Stute, hörend, um die Sicherheit zu haben, ihn zum Schutz zu haben.
Ingwin wusste aus dem Unterricht mit Eginhart, dass es immer besser ist einem Konflikt mit Magiern aus dem Weg zu gehen. Sicher, sie hatten ihr Training zur Abwehr und zum Kampf, sie hatten ihr Schwert, aber gegen einen Magier zu kämpfen ist immer noch was ganz anderes als gegen Räuber, Banditen und Attentäter.
Hinter sich hörten sie immer wieder: „Fietus, Fietus!“ Der Spruch, welcher Feuerbälle entstehen lässt. Sie flogen an ihnen vorbei. Treiben sie immer weiter zur Flucht an.
Aber ihre Feinde sind schnell. Auf ein mal, eine Explosion, direkt vor ihnen. Sofort stürzten sie zu Boden. Eginhart blickte sofort instinktiv auf, erkannte die Gegner, welche auf sie zu kamen.
So viel hängt nun von seiner Entscheidung ab. Frieden, Leben, Schicksale. Eine Bürde, schwerer als alles andere, das er kennt. Er trifft seine Entscheidung.
„Ingwin,“ redete er, „bring die Prinzessin von hier weg. Beschütze sie, was auch immer kommt. Bring sie zu König Dagwin.“
„Herr...“ Ingwin wurde es im Herzen kalt. „Was....was....“
„Ich halte sie auf,“ setzte er fort. „Dies ist der Dienst, den ich Bagmos erweisen muss.“
Ingwin wollte ihn nicht alleine lassen, während Hortensia sich zu ihm schleppte. „Aber Herr...“
„Ich befehle es dir als dein Lehrer, verstanden? Kommt erst gar nicht auf die Idee, um zu kehren. Geht jetzt endlich!“ In Eginhart brodelte es, als er sein Schwert zog. Alles war in Aufruhr, was in ihm war. „Wirds bald!“ brüllte er.
„Wie ihr wünscht, Herr!“ antwortete Ingwin niedergeschlagen. Er nahm die Zügel seines Pferdes, dann Hortensias Hand: „Lass uns hier verschwinden!“
„Aber, Ingwin...“
„Mach schon!“
Ingwin zog Hortensia nach oben, stieg auf sein Pferd, und flüchtete mit Hortensia, nachdem auch sie auf Fulgor wieder sicher saß.
Eginhart sah die Magier, wie sie von ihren Pferden sprangen. Aber er kannte keine Angst. Oder verdrängte er sie auch nur? Nun wollte er sein Schicksal so lenken, wie es ihm richtig erschien: Für Bagmos! Und den Frieden!“ sprach er in Gedanken.
Ingwin und Hortensia flüchteten wieder zu Pferde, doch erkannten sie an den Hufgeräuschen, dass Eginhart nicht alle Feinde abgelenkt hatte. Immer noch wurden sie verfolgt. Auf ein mal standen drei Magier vor ihnen: „Stehen bleiben!“ riefen diese.
Sofort sprang Ingwin ab, wie er es gelernt hatte, zog sein Schwert, als schon die ersten Angriffe anfingen: „Fietus!“ Sofort schwang er das Schwert und lenkte den Feuerball ab. Erneut flog einer, wieder wehrte er ab. Wieder und wieder wehrte er ab, aber seine Versuche selber an zu greifen waren nicht von Erfolg gekrönt.
Jeder Treffer auf dem Schwert drückte ihn zurück. Schweiß floss von seinem Kopf, ihm wurde heiß. Der Arm schmerzte, fing an zu pochen, er keuchte, die Luft wurde knapp.
Wieder ein Feuerball, und nun war es zu stark, dieser plötzliche Druck. Ingwin verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden. „Ingwin!“ rief die Prinzessin verzweifelt.
Ingwin sah auf die Magier, welche mit einem teuflischen Grinsen auf ihn zu kamen. Sie waren komplett in Rot gekleidet, maskiert, Kapuzen, so dass niemand ihr Gesicht hätte erkennen können. „Man sollte sich nicht mit der Gilde der Erleuchter anlegen!“ Nun bereiteten sie den finalen Zauber vor.
Ingwin fing an zu weinen, nicht vor Angst, sondern aus Enttäuschung. Er hatte sich selber in Stich gelassen, er hatte Hortensia im Stich gelassen. Seinen Herrn, weshalb nur? Es war vorbei, alles war umsonst. „Verzeiht mir, Eginhart. Nacera, Hortensia...Vater. Ich habe versagt.“
Nun wollten sie es beenden, sie riefen: „Fietus!“
„Aqua!“ Plötzlich löschte eine Wasserwand den vereinigten Feuerball. Völlig verwundert sah Ingwin dies an. „Aber...es ist uns doch sonst keiner gefolgt, es sei denn...“ Völlig geschockt blickte er nun hinter sich. Er sah, wie die Prinzessin einige Gesten mit ihren Händen machte.
„Wie...was...“ stammelte er. Das kann doch nicht wahr sein.
Sein Herz setzte kurz aus, als Hortensia rief: „Procella!“ Schon schoss ein gewaltiger Wind ausgehend von ihren Händen gegen die Feinde, welche nach hinten geschleudert wurden.
Ingwin glaubte es nicht. Er lebte immer noch, aber besonders, die Prinzessin.
„Aber wieso...?“ fragte er. Immer noch war sein Körper gelähmt, er meinte seine Gelenke wären aus Stein, als sie seine Hand ergriff. „Ich erkläre dir alles später,lass uns hier erst mal verschwinden!“ sagte sie zu ihm, zog ihn hoch, und so schnell es ging, stiegen sie wieder auf und machten sich daran, diesen Ort in den Rücken zu bekommen.
Kapitel 6
Langsam, ganz langsam stieg ein Geruch nach feuchter Luft und Moder in seine Nase. Er spürte feine Luftzüge. Eginhart fragte sich, ob er nicht doch tot war. Was war überhaupt geschehen?
So langsam kam es ihm wieder in den Kopf. Er hatte Ingwin befohlen, mit der Prinzessin zu fliehen. Er wollte die Magier, welche sie angegriffen hatten, aufhalten, sie von der Thronfolgerin fern halten. Er war auf sie zu gerannt.
„Der Kampf!“ rief es in seinen Gedanken. „Der Kampf, was ist mit mir im Kampf passiert?“ Krampfhaft versuchte er alles in seinem Kopf zusammen zu bekommen, es bereitete ihm unglaubliche Schmerzen, die in seinem Schädel hämmerten.
Dann kamen die Bilder wieder. Er hatte alles angewendet, was er konnte, auch wenn er wusste, dass er keine Chance hatte, es waren zu viele. Alle vermummt, in diesen merkwürdigen roten Gewändern.
Wie viele Minuten hatte er durchgehalten? Er wusste es nicht. Nur noch eines, wie er einen Schlag auf seinen Hinterkopf bekam, es ihm schwarz vor den Augen wurde. „Ich habe mich tatsächlich so einfach überrumpeln lassen,“ war er von sich selber und seinen Fähigkeiten enttäuscht.
Doch dann erahnte er die Folge davon: „Sie haben mich nicht getötet? Gefangen genommen? Aber weshalb?“
Erst jetzt spürte er das schmerzhafte ziehen in seinen Armen. Sie hingen über ihm, waren mit eisernen Handschellen gefesselt. Er hing an der Decke. Langsam öffnete er die Augen.
Erst war alles verschwommen, dann aber wurde es immer klarer.
Ein nicht gerade all zu starkes Licht erhellte die Höhle, in der er sich befand. Vor sich den sehr schmalen Eingang. Der Raum war ausgegraben, überall hingen frei hängende Wurzeln und Wurzelfasern. Nur wenige Balken stabilisierten die Decke, an welcher er festgehalten wurde. Fackeln waren an den Wänden befestigt, die unablässig loderten.
Er sah an sich herunter und bemerkte, dass er seiner Oberbekleidung entledigt war, sein athletischer Körper lag frei. Auch sein Schwert hatte man ihm abgenommen.
Plötzlich hörte er die hallenden Schritte. Ein Echo, das von weit her kam. Es ertönten Stimmen: „Wir wollen nach unserem Gast sehen.“
„Wie ihr wünscht, Mylord.“ Die Schritte wurden lauter, dann traten zwei Personen in den Raum. Die erste von ihnen hatte einen schwarzen Vollbart und kurze, ebenso schwarze Haare. Ein schmales Gesicht, an dessen rechter Wange eine Narbe, wohl von einem Schwert stammend, sich befand. Braun war sein Oberteil wie auch seine Hose, angesichts der Beschaffenheit der Kleidung vermutete Eginhart, es handle sich um Leder.
Sein Begleiter war ein wenig größer, besaß eine Glatze und das markanteste an ihm war die wohl spitze Nase. Auch er hatte diese braune Lederbekleidung, trug zusätzlich aber auch Lederhandschuhe, welche sich nun auch der Mann mit dem Vollbart anzog.
Das Schlimmste war aber, wie kühl sie auf ihn blickten. Keinerlei Regung zeigte sich in ihren Augen. So kalte Augen. Eginhart musste sich eingestehen, zum ersten mal in seinem Leben jemanden zu erblicken, an dem er nichts erkennen konnte, was seinen Charakter betraf. Eine Tatsache, die ihn noch mehr beunruhigte. Denn eigentlich las Eginhart ansonsten schnell, wie jemand fühlte, welche Art von Gedanken er vielleicht hatte, so etwas kommt eben mit der Erfahrung im Leben.
Die Männer traten etwas auf ihn zu: „So,“ sagte nun der Bärtige, „wie schön, dass wir euch mit unserer Gastfreundschaft beehren können.“ Eginhart erkannte sofort den Sarkasmus, welcher in der Stimme lag. Kopfspiele, die man erwarten konnte, aber er selber konnte das auch.
Also antwortete er: „Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite!“
Daraufhin verbeugte sich der Mann: „Erlaubt mir: Nandrad,“ dann zeigte er auf seinen Nebenmann, „Dies ist Aziz. Wir sind die Vorsteher der Magier-Gilde der Erleuchter.“
Die Person, welche als Aziz vorgestellt wurde, verbeugte sich nun ebenso abfällig: „Seid mir gegrüßt!“
Klang die Stimme von Nandrad noch fast wie ein knurrender Wolf, hatte Azizs Tonfall eher etwas von einem Jugendlichen. Daraus schloss der Leibgardist, dass er wohl erst vor kurzem den Rang eines Meistermagiers erhalten hat.
Eginhart zog einen seiner Mundwinkel kalt lächelnd hoch, ehe er sprach: „Für den Titel eurer Gilde sind die Räume aber schwach erleuchtet.“
Seine Gesprächspartner hatten selber ein müdes Lächeln dafür übrig. „Man tut, was man kann, aber hier in diesen Räumlichkeiten ist es nicht einfach, viel Licht zu machen. Dafür ist man größtenteils ungestört.“Er klang wirklich wie ein Gastgeber, welcher sich nicht schämte für die Nachteil seines Raumes, wo er die Gäste eingeladen hatte, betonte aber die Vorteile.
Nun trat Nandrad noch näher auf ihn zu: „Wohin wolltet ihr mit der Prinzessin?“
„Prinzessin? Welche Prinzessin?“ erwiderte Eginhart. Nervosität kam in ihm auf, er hoffte, sie würden auf die Lügen rein fallen.
Nandrad schien etwas verwundert, aber im nächsten Moment trat er einige Schritte zurück und brachte Eginharts Schwert zum Vorschein: „Ich kenne dieses Metall. Es ist das Metall, welches magische Angriffe abwehren kann.“ Er betrachtete das Schwert ausgiebig, ehe er wieder Eginhart in seinen Blick nahm: „ Zwanzig Jahre geschmiedet, für die nächste Generation, nicht wahr? Nur Mitglieder der Leibgarde tragen so eine Waffe. Du kannst mich nicht rein legen. Wohin wolltet ihr mit der Prinzessin?“
Dem Krieger wurde es ganz flau im Magen. So schnell wie möglich versuchte er seine Angst zu verbergen. Was tun? Nie und nimmer durften sie dahinter kommen, wohin die Reise ging, weshalb man sie unternahm.
Er konzentrierte sich darauf, nicht in Schweiß aus zu brechen. Da kam ein Mann herein und flüsterte Aziz was zu. Im nächsten Moment sprach Aziz Nandrad völlig überrascht und erschreckt an: „Die Frau hat unsere Handlanger mit Magie abgewehrt. Angesichts des Schwurs, dass ein Magier keine Königreiche regieren darf, kann es also unmöglich die Prinzessin gewesen sein, das würde die Königsfamilie niemals riskieren.“
„Das ist doch nicht möglich!“ ereiferte sich Nandrad. So bemerkten sie nicht, wie Eginhart durch atmete, als ihm ein richtiger Felsbrocken vom Herzen fiel, in Gedanken sprach er: „Danke, Hortensia. Dies war der richtige Augenblick.“
Jedoch stachen im nächsten Augenblick Nandrads hasserfüllten Augen in die seinen: „Wer ist sie?“
„Mein Großvater verliebte sich in die damalige Königin, meine Großmutter. Er war ein Magier,“ erklärte Hortensia Ingwin. Sie hatten jegliche Verfolger angehängt, ließen ihre Pferde grasen und ruhten sich aus. „Und so kam es, dass Magierblut in unserer Familie ist.“
Ingwin verstand das alles nicht: „Aber..Jeder Magier muss einen Schwur sprechen, niemals ein Reich regieren zu dürfen, mein Herr hat mir das erzählt.“
Hortensia meinte: „Außer durch die Liebe. Diese Passage ist recht unbekannt. Weil meine Großeltern sich liebten und ich meine sich wirklich liebten, unzertrennlich, war es meinem Großvater erlaubt König zu werden, ohne gegen den Schwur zu verstoßen. Und somit waren seine Nachkommen ebenso erlaubt zu herrschen, da sie durch die Liebe lebten und dazu wurden, was sie sind.“
Hortensia ließ sich neben Ingwin nieder: „Nur wissen das die wenigsten, deshalb halten wir es geheim und wenden die Magie nur zur Verteidigung an, wenn es unbedingt sein muss. Sonst nie.“
In Ingwins Kopf ratterte und trommelte es. Hortensia war eine Magierin, ihr Vater demnach auch. Das gibt es doch nicht. Nun aber kam ihm noch ein Gedanke: „Eginhart wusste es, richtig?“
„Wir vertrauen dieses Geheimnis jedem der Leibgarde mit, welcher den Schwur gesprochen hat. Und da du noch nicht den Schwur sagen durftest, mussten wir dich im Unwissen lassen.“
In den nächsten Minuten verarbeitet Ingwin alles, was er nun erfahren hatte. Es dauerte einige Zeit, wie lange aber, das konnte er nicht abschätzen.
Einige Zeit lang saßen sie nur so da, ließen die Natur auf sich wirken. Den Wind, die Vögel, aus der Ferne das leise rauschen eines Baches. Es war beruhigend und entspannend.
Diese Ruhe wurde im nächsten Moment durch ein Wiehern unterbrochen. Sofort blickten sie auf, als ihnen schon ein Pferd entgegenkam, ein ihnen bekanntes Pferd, leider, wie sie fest stellen mussten ohne Reiter: „Venda!“ reif Ingwin voller Verwunderung.
„Tja, wer mag sie wohl sein?“ sprach Eginhart abfällig und verstellt unwissend. „Ich weiß es nicht, wir haben nur den Auftrag, sie zu ihrem Ziel zu bringen.“
„Welches Ziel?“ fragte Nandrad jetzt voller Zorn. Richtigen Hass konnte Eginhart nicht nur hören, nein, er spürte ihn, eine bedrohliche Energie lag in der Luft.
„Lass mich mit ihm allein!“ befahl er nun Aziz.
Dieser erwiderte: „In Ordnung,“ und verließ den Raum.
Nun wandte sich Nandrad erneut dem Krieger zu: „Warum verteidigst du eigentlich die Familie, welche oft genug den Krieg über unsere Länder gebracht hat?“
„Und warum willst du den Frieden vernichten, der schon bald endgültig sein wird?“ war die Antwort.
Nandrad ging immer wieder herum, links, rechts, mal nach vorne, mal nach hinten. Eginhart dachte sich schon, dass es auf ein echtes Spielchen her raus laufen würde. Nandrads Hartnäckigkeit gegen seine eigene Willenskraft. Und er wusste auch, wenn er die absolute Willenskraft beweisen muss, und eine Stimme sagte ihm, er würde sie nutzen müssen, dann konnte das sehr weit gehen. „Ich bin bereit!“ sprach er für sich ganz leise.
„Also du denkst, es wäre der König, der diesen Frieden bringen könnte,“ meinte Nandrad.
Die Erwiderung war: „Das wird er auch.“
Nandrad sah nun wieder zu ihm: „Nun, wir Magier haben da unsere andere Meinung.“ Dann trat er erneut auf ihn zu: „Ich weiß, wir benötigen noch einen Krieg. Dann ist für immer Frieden.“
„Dafür also,“ wurde es Eginhart schlagartig klar. Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen. „Ihr wollt den Krieg nicht mehr für Verdienste, nicht wahr?“
Nandrad zeigte keine Reaktion, sondern hielt nun noch mal das Schwert nach oben. Schrecklich daran war, dass er anscheinend die Beobachtung durch den Leibgardisten genoss, sie richtig in sich aufnahm.
Dann redete er richtig neutral: „Weißt du, immer wieder werden Magier nicht genügend geehrt und zur Kenntnis genommen. Wir müssen uns an einen irrsinnigen Schwur halten, der Bescheidenheit von uns verlangt.“
Es klang so beifällig, selbst Eginhart begann es, eiskalt den Rücken runter zu laufen, und er schämte sich sehr dafür, war es dich immer wichtig für ihn, sich nicht von Gefühlen beherrschen zu lassen, besonders von Angst.
Nandrad fuhr fort: „Wir, die Erleuchter, werden dies nun beenden.“
„Die Bevölkerung bewundert jeden Magier, welcher dem Zweck dient, der ihnen hilft. Macht bedeutet Verantwortung, das betrifft Könige, die über ein Land herrschen, und euch Magier, die ihr besondere Kräfte habt.“
Doch Nandrad schien es egal zu sein, was ihm gesagt wurde: „Nein, es gibt genug, welche nie Danke sagen. Oder uns nicht mal bezahlen. Damit ist nun Schluss, wie auch mit Königen, welche Kriege verursachen.“
Er drehte sich um: „Es wird wieder Krieg geben, und an dessen Ende, werden Dagwin und Baltfried nicht mehr herrschen. Dann werden Aziz und ich die richtigen Herrscher sein für Bagmos und Auzingo. Wir Magier, sind die einzigen, welche diese Länder retten können. Wir werden ihnen Frieden geben, ewigen Frieden.“
Nun zog Eginhart einen Mundwinkel nach oben für ein spöttisches Lächeln: „Und du glaubst, Aziz ist dir loyal? Ich denke das nicht. Wer sagt dir, dass er ein Reich akzeptieren würde?“
„Er ist nur ein junger Magier, welcher erst vor kurzem Meister wurde. Er wagt es nicht, sich mit mir zu messen. Und er ist Loyal, loyaler als du es sein kannst, wie ich dir noch beibringen werde.“
Der Krieger kannte solche Methoden zu gut, er ließ sich nicht verunsichern: „Das denkst auch nur du.“
Nandrad legte das Schwert bei Seite: „Genug geplaudert. Wer ist die Frau und was ist ihr Ziel?“
„Töte mich, dann erfährst du es vielleicht. Meine Loyalität gehört Bagmos, seiner Königsfamilie und dem Frieden. Sie reicht weiter, als du es dir auch nur entfernt vorstellen kannst.“ Unglaublicher Stolz und Kraft floss in ihn hinein. Er glaubte, gegen den Teufel kämpfen zu können, als er diese aussprach. Eine unbeschreibliche Energie.
Aber war Nandrad dies auch nur im Entferntesten klar? Wohl kaum, wie es Eginhart schnell deutlich zu machen war: „Töten werde ich dich nicht, dafür bist du zu wertvoll. In dieser Hinsicht musst du dir keine Sorgen machen.“
Nun blickte Nandrad stechend zu Eginhart, erhob eine Hand. Sein Blick bohrte sich in Eginhart hinein, stach richtig gehen in dessen Geist. Er setzte seine kleine Rede fort: „Und was deine Loyalität betrifft....Fietus!“ Eine Flamme erschien in der Hand und Eginhart wurde bewusst, nun seiner schwersten Prüfung, wie auch der schwersten für seinen Körper entgegen zu blicken, als er die Worte vernahm: „Wir werden ja sehen, wie weit sie wirklich reicht.“
Ingwin versuchte den aufgebrachten Venda zu beruhigen: „Ganz ruhig, mein Junge. Es wird alles wieder gut.“ Auch wenn er selber dies nicht glaubte. Denn Venda war hier, aber nicht Eginhart, nicht sein Lehrer, sein Freund.
Es dauerte seine Zeit, bis er das Pferd an einen Baum angebunden hatte. Inzwischen trat Hortensia neben ihn: „Meinst du, er lebt noch?“
Ingwin blickte zu Boden. Leere, Unwissen, Verzweiflung. Zum aller ersten mal in seinem Leben spürte er eine feste Kette, die sich um ihn legte, um seinen Kopf, ja, die Kette bedrohte selbst sein Herz. „Ich weiß es nicht, Hortensia,“ hauchte er aus, „ich weiß es einfach nicht.
Wieder so eine Stimme, welche ihm sagte, Eginhart lebt, aber war das nicht einfach nur Wunschdenken? Oder erneut ein Instinkt, eine Ahnung, vielleicht eine Verbindung, welche zu seinem Herrn bestand, seit die Ausbildung begann?
„Er könnte leben,“ sprach er nach einiger Zeit. „Sicher wollen sie von ihm wissen, wer du bist, wohin wir wollten. Lebendig nutzt er ihnen mehr. Da du Magie angewendet hast, was man mit Sicherheit den Vorstehern der Gilde mitteilen wird, werden sie wegen des Schwurs die Idee, dass du die Prinzessin bist, schnell aufgeben.“
„Was wird mit ihm geschehen?“ wollte die Prinzessin wissen. Leichter Wind umspielte die Blätter der Bäume, sie zeugten wieder von den Dingen, die nicht in der Hand des Menschen liegen. So manches Blatt schien tanzen zu wollen, zu einer Musik, die niemand zu komponieren fähig ist.
Ingwin kannte Eginhart, wie auch die damit verbundene Wahrheit, die bitter war: „Er ist loyal, zu loyal bei dieser Sache.“ Ein dicker Kloß bildete sich in seinem Hals, erste Tränen rollten seine Wange hinab, ein Stich in seinem Herzen folgte dem nächsten. „Wenn es sein muss, wird er sich zu Tode foltern lassen.“
Sofort schlug seine Freundin eine Hand vor den Mund. Ingwin sah ihre geweiteten Augen, voller Schrecken. Richtig krampfhaft versuchte er, den Kloß hinunter zu schlucken.
„Wir...Wir....“ Hortensia stotterte, weil Angst und Entschlossenheit in ihr kämpften. Und sie fühlte, wie beides in ihr bleiben würdet sie aber eines davon mehr erkannte. „Ich kenne die Gegend hier genug, ich habe oft genug die Karten unsres Reiches und unseres Nachbarlandes studiert. In der Nähe gibt es ein bergiges Gebiet, der ideale Platz, wie ich denke, um sich zu verstecken.“
Ingwin wusste, dass sie Recht hatte. Er kannte diese Karten ja selber gut genug, um zu wissen, welche Gebiete ideal wären für ein Versteck, wie eine Höhle.
Und nun, da sie hier angegriffen wurden, und in der Nähe nur eine Berglandschaft war, konnte man nun konkret davon ausgehen, wo diese Magiergilde war. Aber er fürchtete, sie würde etwas sagen, was er nicht wollte, was die Vernunft in ihm nicht wollte. „Wir müssen ihm helfen!“
Ingwins Blick wurde Ernst, so ernst, wie es Hortensia noch nie sah. Es machte ihr Angst, als er erwiderte: „Mein Auftrag ist, dich nach Selas zu bringen, wohlbehalten, und diesen Auftrag werde ich erfüllen.“Dies zu hören, schürte die Kehle der Prinzessin richtig gehend zu. Sie wollte nicht wahr haben, was sie gehört hatte: „Willst du ihn sterben lassen? Er ist dein Freund, dein Lehrer, deine Familie, wie du es mir immer wieder gesagt hast.“
Nun fühlte Ingwin zum ersten mal, wie Vernunft und Herz, Verstand und Wille sich duellierten und ihn quälten. Es tat ihm überhaupt nicht gut. Er wollte, dass der Verstand siegt: „Er ist ein Vater für mich, aber seine Anweisung war eindeutig, dich nach Selas zu bringen, zu König Dagwin. Du hast es selber gehört.“
Das nächste was er zu hören bekam, war: „er hat dir auch befohlen mich zu beschützen, und ich werde in dieses Gebiet gehen, damit ich ihm helfen kann. Du wirst mich begleiten müssen, u mich zu beschützen.“
Als diese Worten ertönten, siege das Herz. „So konnte man es auch sehen,“ dachte er sich, „Aber ich weiß jetzt schon, dass ich das noch sehr bereuen werde. Ich muss völlig verrückt sein.“
Zu Hortensia meinte er: „Wenn es so ist, bleibt mir wohl keine andere Wahl.“ Und dann lächelte er. Auf ein mal besaß er wieder Hoffnung in seinem Herzen und neue Kraft. Ja, gemeinsam werden sie es tun, sie werden es schaffen.
„Was machen wir mit Venda?“ fragte Hortensia, nachdem sie aufgestiegen waren.
„Wir werden ihn mitnehmen. Wenn ich Eginharts Anweisung schon, na sagen wir teilweise missachte, so möchte ich doch wenigstens sein Pferd ihm wieder zurückgeben. Ich binde seine Zügel an meinen Sattel.“
Dies tat er auch. Dann gab er Flugla einen leichten Stoß, wie auch Hortensia Fulgor, und sie ritten los-hinein in die Höhle des Löwen.
Kapitel 7
Es dauerte seine Zeit, bis sie die Berglandschaft erreichten, und es dämmerte bereits. Fast schien die Felswand direkt vor ihnen eine Grenze zum Wald dar zu stellen.
„Und was nun?“ fragte Hortensia.
Ingwin stieg ab, nahm den Zügel von Flugla, betastete die Felsen. „Sie werden den Eingang mit einem Zauber getarnt haben. Ohne, dass jemand raus kommt, werden wir nicht reinkommen.“
Hortensia stellte sich, nachdem auch sie sich abgesetzt hatte, neben ihn: „Und was ist mit deinem Schwert, es wehrt Magie ab, vielleicht setzt es sie auch außer Kraft!“
Ingwin erkannte schnell, wie Hortensia damit Recht haben könnte: „Vielleicht...wenn ich das Schwert stets an der Wand halte, aber es kann sein, dass der Tarnzauber zu stark ist, um durch das Schwert blockiert zu werden. Aber einen Versuch ist es wert.“
Somit liefen sie nun langsam die Wand entlang, stets darauf bedacht, auf jedes kleine Detail zu achten, welches nicht zu einem Felsen gehört, aber auch auf mögliche Magier und Feinde achtend.
Plötzlich kam Hortensia in den Sinn, sie haben sich über ihre Schritte keinen wirklichen Gedanken gemacht: „Was sollen wir tun, wenn wir den Eingang gefunden haben?“
Auch Ingwin erkannt nun, wie schwierig die Situation ist. „Hmmm...in erster Linie unauffällig bleiben und nicht entdeckt werden. Leicht wird das nicht.“
„Du weißt doch, ich liebe Schwierigkeiten!“ scherzte die Prinzessin.
„Worauf habe ich mich da bloß eingelassen!“ schoss es Ingwin durch den Kopf.
Weiter, immer weiter, schlichen sie, hofften, den Eingang zu finden. Ingwin hielt sein Schwert direkt an der Wand, drückte immer wieder, um sicher zu stellen, das an jener Stelle ein wirklicher Felsen war.
So war es auch, einige Zeit lang, bis er auf ein mal keinen Halt spürte und zu Boden fiel. „Alles in Ordnung?“ wollte Hortensia wissen.
Er stütze sich auf das Schwert und antwortete: „Ja, ich denke schon. Aber da war irgendwie auf einmal nichts mehr.“
In der Prinzessin wuchs Hoffnung: „Meinst du...“
„Das werden wir gleich sehen.“ er hob das Schwert und stach gegen die Wand-die auf ein mal ein Loch zeigte rund um das Schwert herum. „Wir haben den Eingang gefunden!“
Jetzt musste es erst mal schnell gehen. Ingwin ließ die Waffe liegen, damit sie die Stelle nicht verlieren konnten, band dann die Pferde einige Meter weiter weg hinter einem Gebüsch an, um sie verstecken zu können. Dabei zwang er regelrecht Venda, hin zu knien, denn die anderen beiden konnte man in der sich nun anbahnenden Dunkelheit gut verstecken, aber der Schimmel Venda fiel durchaus schnell auf, weshalb er ihn zwischen die anderen beiden festmachte. Dann begaben sie sich in die Höhle.
„Bleib dicht bei mir. Ganz ruhig,“ sprach er leise zu ihr. „Wir müssen eine der Wachen erwischen, um heraus zu finden, wo sie Eginhart gefangen halten.“ So langsam wie es ging, so leise wie es möglich war, tasteten sie sich voran.
Schwach waren die Gänge ausgeleuchtet, durch wenige Fackeln. Ingwins Herz schlug ihm bis zum Hals, die ständige Bedrohung war in der Luft spürbar, lastete auf ihm wie ein Berg. Sie schlichen die Gänge entlang, immer wieder achteten sie auf jedes Geräusch, stoppten, wo sie Schritte hörten. Aber es war ein Labyrinth.
Da, Stimmen. „Begibst du dich zur Nachtruhe?“
„Noch nicht ganz, ich soll noch mal nach dem Gefangenen sehen. Also, bis Morgen.“
„Das ist die Chance!“ dachte sich Ingwin. „Bleib hinter mir, und mach keinen Mucks!“ wisperte er der Thronfolgerin zu.
Sie versteckten sich an einem Kreuzgang, als der Schatten in ihre Nähe kam, sie drückten sich an die Wand. Der Schüler wartete bis der Magier an ihm vorbei ging, dann packte er ihn blitzschnell von hinten, hielt ihm den Mund zu und das Schwert an die Kehle: „Eine falsche Bewegung oder ein falscher Ton, und dir ergeht es schlimm, verstanden?“
Sofort zwang er den Feind nun mit ihm zu kommen. Sie versteckten sich in einer Nische. Dort nahm Ingwin die Hand vom Mund des Zauberers, hielt das Schwert aber weiter hin an dessen Hals:
„Du sagst mir jetzt sofort, wo der Gefangene ist!“
„Warum sollte ich dir das verraten?“ kam die verärgerte und zugleich verängstigende Stimme des Anderen im entgegen.
Ingwin drückte mit dem Schwert: „Ich denke, weil du doch sicher noch einige Zeit lang deinen Kopf auf dem Hals haben willst, oder?“
„Das wagst du nicht!“
„Willst du es her raus finden?“
Nun fing der Magier an zu zittern: „Schon gut, den Gang da vorne entlang, und die erste Abzweigung, die nach rechts geht!“
Ingwin nickte Hortensia zu und sagte: „Wenn diese Antwort nicht ganz korrekt gewesen sein sollte, bin ich schnell wieder bei dir und kümmere mich darum!“ Als nächstes schlug er mit dem Knauf des Schwertes ein mal schnell und hart gegen den Kopf des Feindes, welcher sofort bewusstlos auf den Boden fiel.
Ingwin legte ihn in die Nische, anschließend redete er Hortensia zu: „Also schnell, wir haben keine Zeit zu verlieren!“
Sie eilten den Gang entlang, vergaßen kurzzeitig jede Vorsicht, ehe sie plötzlich durch ein Gespräch erschreckt wurden. Erst nach einigen Momenten erblickten sie das Licht, welches von links kam. Im nächsten Augenblick pressten sie sich wieder an die Wand, Ingwin blickte vorsichtig in den Raum und belauschte die Unterhaltung.
„Das Sommerfest im Schlosse Dagwins findet morgen statt, alle Vorbereitungen sind abgeschlossen, Nandrad.“
„Sehr gut Aziz!“ war die Antwort. „Vielleicht glaubt Dagwin an den Frieden bei Übergriffen an der Grenze, aber sein Sohn Sacharja erschossen während des Festes durch den Pfeil, Markiert mit dem Zeichen des Heeres von Bagmos, oh nein, das wird endlich den Hass schüren, den wir brauchen. Wenn nicht durch den König, was sehr unwahrscheinlich ist, dann durch das Volk.“
Als er diese Worte vernahm, drückte Ingwin sich erst mal weg. Ein richtiger Schlag traf ihn. „Was ist los?“ fragte Hortensia.
„Sie planen anscheinend ein Attentat auf den Prinzen von Auzingo, um einen Krieg zu provozieren,“ war die Antwort.
Sofort schlug Hortensia vor Schreck eine Hand vor den Mund. Da ging das Gespräch schon weiter: „Wenn im Rahmen des Krieges die Könige sterben, durch die Attentäter, welche durch den Feind geschickt wurden,“ dies wurde richtig gehend betont, so das Ingwin klar war, was gemeint ist, „und auch die Prinzessin, wird man verzweifelt nach neuen Herrschern suchen. Dann schlägt unsere Stunde!“ sprach eine tiefe, knurrende Stimme.
„Das ist es also!“ dachte Ingwin. „Sie wollen an die Spitze der Königreiche, solche Verräter!“
„Zusammen werden wir Magier Bagmos und Auzingo den wahren Frieden geben, Aziz.“ Der ältere Mann drehte sich vom Jüngeren weg und studierte die Karten auf seinem Tisch, wie Ingwin erkannte, als er nochmals um die Ecke sah.
„Ich fürchte nur, da gibt es ein Problem,“ meinte nun die jüngere Person.
„Nein, ich denke nicht. Was denn für eines, Kamerad?“ fragte der Ältere.
„Gladius!“ Da durchbohrte schon ein Schwert, welches in Azizs Hand entstanden war, den ersten Vorsteher der Gilde, als Aziz sprach: „Ich teile nicht gern!“
Ingwin lief es eiskalt den Rücken runter, als er das sah. „Oh mein Gott!“
„Was, was ist denn?“ wurde Hortensia panisch.
Ingwin wollte erst mal nur weg: „Komm!“ Als Aziz, die Leiche seines Partners eiskalt ignorierend weg vom Gang sah, huschten die beiden vorbei und setzten ihren weg in Richtung des Verlieses von Eginhart fort.
Nach einigen Schritten ließ sich Ingwin erst mal nieder, um zu verarbeiten, was er gesehen hatte. Eiskalt hatte dieser Mann seinen Partner ermordet. Welcher Mensch kann nur so etwas tun.
„Ingwin!“ flüsterte die Prinzessin voller Sorge. „Was ist mit dir?“
„Einfach so umgebracht, Hortensia, er hat seinen Kameraden einfach so umgebracht, um alles für sich zu haben.“ Hortensia schlug eine Hand vor den Mund, ehe er weiter sprach: „Ich dachte, mich könnte nichts wirklich schocken, aber das eben...Hortensia, ich kann nicht glauben, wozu manche Menschen fähig sind.“
Hortensia wollte so eben etwas erwidern, als Ingwin plötzlich ihre geweiteten Augen bemerkte. „Was?“ fragte er.
„Ich glaube, den wahren Schock bekommst du erst noch. Da!“ Hortensia zeigte hinter ihn. Sofort drehte Ingwin sich um, da sah er den Raum, das Verließ, erhellt durch schwaches Licht, und in dessen Mitte hing eine Person. „Eginhart!“ Er sprang auf, rannte hin: „Gütiger Himmel!“
Eginhart war bewusstlos und schwer verletzt. Fast schon leblos hing er an den Fesseln, überall blutete er aus unzähligen Wunden, an seinen Armen, seinem Körper wimmelte es nur so von Verbrennungen, schweren Verbrennungen, sein Gesicht Ruß verschmiert.
Recht hatte die Prinzessin, Ingwin durch fuhr ein eisiger Schauer, nun glaubte er endgültig das Schlimmste überhaupt gesehen zu haben. Schlimmer konnte es einfach nicht werden. Wie viele Augenblicke, Sekunden, vielleicht Minuten vergingen, ehe er endlich fähig war, sich wieder zu regen, er konnte es nie sagen, außer, das er nun mit seinem Schwert ausholte und auf die Ketten schlug.
Diese zerbrachen sofort, was Ingwin verwunderte. Aber, wenn diese Ketten mit Magie erschaffen wurden, eigentlich doch nicht verwunderlich, oder es war sein Wille, Eginhart zu befreien. Wie dem auch sei, er nahm Eginhart sanft auf seine Schultern, legte ihn kurz zu Boden, prüfte seinen Herzschlag, horchte auf das Gesicht.
Hortensia fragte: „Was ist mit ihm?“
„Er atmet noch, aber sehr schwach. Hilf mir!“ Sofort legte Hortensia mit Hand an, und sie suchten den Ausgang. Panik erfasste sie nun, sie wussten, dass es irgendwann auffallen würde, wenn die Wache sich nicht meldet, und dann würde es ganz schwer zu entkommen.
Ein Gang, dann der Nächste, erschwert durch Eginharts Körper, den sie auf den Schultern gemeinsam mitnahmen, dazu diese Angst. Wann würde Alarm geschlagen werden?
„Wo ging es nur lang, wo nur?“ fragte Ingwin sich immer und immer wieder. Jeder Gang schien unendlich lang zu sein, es nahm kein Ende, Ingwin versuchte sich wieder auf seinen Instinkt zu verlassen.
Plötzlich Licht, da hinten: „Der Ausgang!“rief Ingwin. Er hatte alle Vorsicht vergessen, schön erklang ein „Was war das eben?“ , die Panik stieg, sie erhöhten ihr Tempo.
Nur noch weg, nur weg, sich in Sicherheit bringen, das waren ihre einzigen Gedanken. „Da lang!“ keuchte Ingwin. Immer weiter, hin zu den Pferden. „Beeile dich!“
endlich erreichten sie die Stelle, wo sie die Pferde versteckt hatten. Sie zogen sie nach oben, dann holte Ingwin einige Verbände aus seiner Tasche: „Wir können im Moment keine Rücksicht auf die Wunden nehmen, binden wir ihn damit fest, und dann nichts wie weg von hier.“
„In Ordnung,“ erwiderte die Thronfolgerin, und sie gut sie konnten legten sie Eginhart auf Venda, befestigten ihn mit diesen Verbänden, in ständiger Hektik. Gerade wollten sie aufsteigen, als sie schon die Stimmen hörten: „Sie haben den Gefangenen befreit.“
„Da hinten, ich glaube da sind Pferde!“
„Los, holen wir sie uns!“
Ingwin erfasste nun erneute Angst, Kälte. „Jetzt aber schnell, Los!“ Sie bestiegen ihre Pferde, Ingwin nahm Vendas Zügel zusätzlich in seine Hand, und sie ritten los. Aber sie konnten nicht wirklich schnell reiten, die Gefahr, dass Eginhart von Venda fallen könnte, war zu groß. Und so kam es, wie es kommen musste.
Sie hörten, wie die Pferde ihrer Verfolger immer näher kamen. „Verdammt,“ dachte sich Ingwin, „irgendwie müssen wir ihnen doch entkommen können.“ Sie eilten durch den Wald, und wenn man da ein weiteres Pferd mit sich ziehen muss, ist es wirklich schwierig, einen schnellen Weg zu finden.
Und so hörte er die Feinde, er sah sie nicht wirklich wenn er sich umdrehte, denn die Dunkelheit des Waldes wurde nur durch etwas Mondlicht durchbrochen, aber er hörte, wie sie schrien, ihre Pferde antrieben.
Verstecken war wohl kaum möglich, mit drei Pferden, und hier gab es keine Höhlen, Gruben, Gebüsche, die groß genug waren. Die einzige Möglichkeit war aufhalten. Aber wie? Ingwin duckte sich an Flugla heran, sah die kleinen Staubwolken, welche die Hufe der Stute hinterließen.
„Moment mal,“ schoss es ihm durch den Kopf, „Staubwolken, so trocken ist der Boden? Vielleicht...“
Da sauste ein Feuerball knapp an ihm vorbei, schlug einige Meter von ihm entfernt ein, es brannte. Sofort wich er dieser Stelle aus: „Folge mir!“ rief er zu Hortensia, welche dieser Aufforderung nach kam.
Dann aber kam ihm wieder der Gedanke mit den Staubwolken, und nun eine Möglichkeit, doch entkommen zu können: „Hortensia, kannst du deinen Windzauber gegen den Boden richten, damit sich eine große Staubwolke bildet? Vielleicht können wir so entwischen?“
Hortensia sah zu ihm, ehe sie antwortete: „Ich versuche es mal!“ sie hielten an, Hortensia machte eine Geste und sprach: „Procella!“ Sofort entstand wieder dieser Wind, den sie gen den Waldboden stieß, etwa zehn bis zwanzig Meter vor ihr, und tatsächlich, die Erde, Blätter, Zweige wurden aufgewirbelt, bildeten eine Wolke, die immer dichter wurde, in welche die Verfolger, wie sie mithörten, hinein gerieten, ein Husten war zu hören, und wie einer schrie: „Wo sind sie?“
„Das ist unsere Chance, lass uns verschwinden!“ reif Ingwin. Sofort ritten sie nun zu, soweit es ihnen möglich war.
Sie ritten und ritten, sahen nicht mehr zurück. Nach einiger Zeit hielt Ingwin an, hörte genau auf die Umgebung. Aber das einzige was er vernahm, waren die Geräusche, die es in einem Wald in der Nacht gibt. Dort rief ein Uhu, und hier zirpten ein paar Grillen.
Ingwin war es, als ob mehr als ein Stein von seinem Herzen fiel, ein ganzer Felsen. Sie hatten es geschafft. „Wir haben sie abgehängt!“
Sie stiegen von ihren Pferden ab. Der Mond durchbrach ein wenig die Bäume, trotz allem war ihnen klar, jetzt müssten sie ein Lagerfeuer errichten. Als sie schließlich ein solches erzeugt hatten, ging Ingwin zu Venda, löste den Verband und nahm Eginhart vorsichtig vom Pferd. „Lege eine Decke da hin, dort kümmern wir uns um seine Wunden,“ trug er der Prinzessin auf.
„Und?“ ertönte die zornige Stimme Azizs.
„Es tut uns Leid, Mylord, sie sind uns entkommen,“ redete einer der ihm Untergebenen.
Im nächsten Augenblick schlug Aziz gegen die Wand. „Ihr verdammten Versager, ist euch klar dass diese Teufel vielleicht von unseren Plänen erfahren haben, als sie ihn befreiten?“ schrie er.
„Es tut uns Leid!“ entgegnete der Diener.
Aziz packte ihn am Kragen: „Deine Entschuldigungen kannst du dir sparen. Nehmt euch noch drei Mann und dann durchpflügt ihr den Wald nach ihnen!“ Voller Aggressivität schleuderte er ihn nun gegen die Wand, so dass dieser kurz vor Schmerz aufschrie, sich dann aber sofort wieder auf die Beine stellte.
Dann drohte der nun alleinige Vorsteher der Gilde mit dem Finger: „Ihr bringt mir ihre Köpfe, oder eure werden nicht mehr lange auf euren Hälsen sein. Ansonsten werden wir fortfahren wie bisher geplant.“
„Ja, Mylord!“
Kapitel 8
So schnell es ging kramte Ingwin seine Utensilien für die Behandlung von Wunden aus seiner Satteltasche. Dass er die Salben, Verbände und Kräuter für so ziemlich alle Verletzungsarten, abgesehen von Knochenbrüchen, benötigen würde, hätte er sich wohl kaum erträumen lassen. Ihm ging es gar nicht gut, als er daran dachte.
Hortensia hatte Eginhart sanft auf die Decke geleckt, das heißt, sie wollte es, aber da Eginhart am ganzen Oberkörper Wunden hatte, die sich hätten entzünden können, musste sie damit warten. Um den Oberkörper soweit zu stützen, dass die Wunden den Boden nicht berührten, zog sie den Umhang aus und knüllte diesen zusammen. Einen besseren Kissenersatz konnte sie nicht finden, es ging nicht anders.
Der Krieger fing an zu zittern, er stöhnte. Der Prinzessin wurde es ganz flau im Magen, während Ingwin nun endlich mit den Verbänden und den Salben neben sich sie setzte.
Als erstes tränkte er ein Tuch mit Wasser aus seiner Flasche, um die Wunden zu säubern, doch kaum berührte das Tuch Eginharts Körper, da schrie dieser auch schon vor Schmerz auf. Den Beiden fuhr ein erster Schreck in die Glieder, als der Krieger sich wand. Dann aber sprach Ingwin zur Prinzessin: „Halte ihn fest!“
Leichter gesagt als getan, Eginhart hatte schließlich Kraft, so dass Hortensia schon beinahe rabiat werden musste, um es Ingwin zu ermöglichen, die Verletzungen zu säubern. „Anscheinend haben sie auch noch Salz in die Wunden gestreut. Sie müssen unbedingt gewusst haben wollen, wer wir sind, wie ich es erwartet habe. Eginhart und sein Stolz!“
„Aber er hat uns damit wahrscheinlich beschützt!“ antwortete Hortensia.
Ingwin musste sich eingestehen, dass sie Recht hatte: „Ja, wenn auch nur für kurze Zeit. Denn jetzt sind sie auf der Suche nach uns.“
Die Verletzungen waren gereinigt, jetzt begann Ingwin damit, die Salben auf zu tragen. Er hoffte nur, sie würden reichen, ein solches Ausmaß war auch ihm noch nie begegnet, jedenfalls bei seinem Herrn. Sicher, mal ein Schnitt oder ähnliches, aber nicht so was.
„Halte ihn oben, während ich den Oberkörper verbinde.“ immer noch schüttelten Krämpfe den Krieger, als Ingwin den Verband um ihn herum rollte, er stöhnte, wandte sich, Ingwin wurde es beinahe schlecht, noch nie hatte er seinen Lehrer in so einem Zustand erlebt.
Als der Verband fertig war, legten sie Eginhart wieder auf die Decke. Immer noch zitterte er, was aber die Beiden noch mehr schocken sollte, waren die Sätze, welche der Krieger nun von sich gab:
„Ingwin, Prinzessin, eure Hoheit, nein! Gabriana;“ stöhnte er schließlich, es hörte sich an, als würde er weinen: „Gabriana, Gabriana, nein, nicht du, Gabriana!“
Immer lauter, immer verzweifelter. Entsetzt sahen sie sich an. „Fieberträume?“ fragte Hortensia.
Doch Ingwin fürchtete etwas Schlimmeres: „Wenn es nur das wäre-Hortensia, lege eine Hand auf seine Stirn und schließe deine Augen, und sag mir dann, was du siehst.“
„Warum denn?“
„Tue es einfach.“ Hortensia seufzte und tat, wie ihr geheißen. Kaum waren ihre Augen geschlossen, sah sie Bilder. Sie selber, Ingwin, ihr Vater, Nacera, Gabriana, sie fühlte sich gefesselt, wurde davon erfasst.
Erkannte, wie sie alle brutalst getötet werden, durchbohrt durch Schwerter, verbrannt, und Gabriana stets als letztes, und wie sie auf dem Boden zu ihr sah, während sie Eginharts Stimme vernahm: „Nein, Gabriana, Nein!“
Hortensia öffnete ihre Augen, nahm ihre Hand von Eginharts Stirn, keuchte hektisch. „Hast du etwas gesehen?“ wollte Ingwin wissen.
„Ja!“ erwiderte sie und berichtete, was ihre Augen erkannt hatten.
„Ich wusste es!“ sprach Ingwin, als der Bericht zu Ende war. „Da du Magierblut in dir trägst,konntest du es sehen, ein schrecklicher Zauber zum Foltern.“
Die Prinzessin fragte: „Was genau für einer?“
„Ursprünglich, wie mein Herr mir im Unterricht es mich lehrte, war er dafür da, Menschen mit schönen Dingen von Fieberträumen zu befreien. Aber hier benutzt man die schlimmsten Dinge, die es für das Opfer geben kann, und quält es damit, unendlich lange.
Es wird nie im Kampf angewendet, weil die nötige Konzentration sehr groß ist. Aber zum Foltern. Und nur der Magier, der den Fluch ausgesprochen hat, kann ihn vom Opfer nehmen.“ Als er dies sagte, wuchs ein dicker Kloß in seinem Hals.
Hortensia spürte, wie sich ihre Kehle zu zog, als sie redete: „Und...das heißt?“
Ingwin sah zu ihr,fühlte, wie erste Tränen sich in seinen Augen bildeten: „Wenn dieser ältere Magier, der jetzt tot ist, ihn gefoltert hat, wird er irgendwann vor Wahnsinn sterben. Es sei denn, er kann in diesem Traum den Verlauf verändern und durchbrechen. Aber das hat bisher noch nie jemand geschafft, der davon betroffen war und von dem der Fluch nicht genommen wurde.“
Hortensia schlug sich eine Hand vor den Mund, die den Schreckensschrei somit dämpfte, als sie eine richtige Wand traf. Sie versuchte zu verarbeiten, was sie gehört hatte. „Er...er schafft es, nicht wahr? Er wird überleben?“
Ingwin nahm Eginharts Hand, während dieser immer weiter stöhnte. Ein unglaublicher Schmerz erfasste sein Herz, er war kaum kleiner als damals, als er vom Tod seines Vaters erfuhr, als er fast schon wisperte: „Das kann nur die Zeit und sein Wille zeigen!“
Sie sahen nun wieder auf Eginhart, der sich wand, schrie, weinte, den diese Qualen zu zerreißen schienen, und auch deren Herzen nah daran brachten, in Stücke zu zerfetzten. Ingwin flehte: „Bitte,ihr müsst kämpfen Herr. Ihr seid mir wie ein Vater, ich brauche euch, Bagmos und Auzingo brauchen euch. Ihr müsst es schaffen. Bitte.“
Eginhart wurde immer wieder aufs neue gequält. Immer wieder sah er, wie Ingwin in einem Schwertkampf unterlag und durchbohrt wurde, immer wieder sah er die Könige in einer Schlucht verschwinden.
Aber das Schlimmste war, wie Gabriana von einem Feuerball erfasst wurde, auf den Boden ging, vor Schmerzen schrie und sich wand. Und er konnte nichts dagegen tun, weil er sich nicht bewegen konnte.
Jeder Schrei, jedes Zucken, sein Herz blutete. Und jedes mal schrie er: „Nein, Gabriana, ich will dich nicht verlieren!“ Ein grausamer Tanz. Und er wiederholte sich, wieder, und wieder, und wieder, erneut der Feuerball, erneut das Schreien, das Zucken.
Dieses Leiden. „Warum nur?“ weinte er. „Lass es aufhören, lass es aufhören, nein, nein, Schluss damit, bitte!“ Er weinte,sein Herz fühlte sich an, als würde es zerrissen werden, sein Kopf pochte. Er muss sich befreien, aber er kann nicht.
Diese Fesseln, die er nicht sieht, aber die er spürt. Wieder der Feuerball des Magiers, erneut wird sie getroffen, sie sieht zu ihm hin, fleht ihn an: „Hilf mir!“
Weshalb muss er dieses schreckliche Gefühl, diese Leere, diese Stiche auch noch stets von neuem ertragen? „Ich kann das nicht mehr aushalten! Lasst mich bitte sterben!“ Ja, sterben, vielleicht hört das alles dann endlich auf.
Die unsichtbaren Fesseln, dieser Druck erhöht sich, macht ihm das Atmen schwer. Immer fester. Und doch muss er immer noch die Bilder sehen. Wieder steht sie da, und der Magier bereitet sich auf den Angriff vor.
„Es wird nie ein Ende haben...“ sprach er zu sich verzweifelt. Da loderte plötzlich ein Feuer in ihm. Es wurde immer größer, größer, stärker, heißer, er biss auf die Zähne: „...nie,wenn ich nichts dagegen tue.“
Er begann sich zu bewegen, kämpfte gegen den Druck, diese Fesseln, diese Macht. „Nichts,“ schrie er, „nichts wird mir das Wichtigste nehmen. Gar nichts, hörst du, wo und wer du auch bist. Nichts nimmt mir meine Gabriana, das Liebste, das ich habe. NIIIIIIICHTS!“
Weiter drückte, zerrte er, brüllte, spürte das Feuer, welches ein Inferno wurde. Noch nie hatte er diese Kraft, diese Energie in sich gefühlt. Der Druck kämpfte gegen ihn, aber für ihn gab es nur Gabriana, auf welche es der Magier abgesehen hatte, die er töten wollte. Nein, nicht diesmal, es wird einen Schluss haben, ein Ende.
Noch mal drückte er, da fiel der Druck plötzlich ab von ihm, dann sprang er, stieß den Magier um. Plötzlich hatte er das Schwert in seiner Hand, er tötete den Feind. Welche Last fiel von seinem Herzen.
Er war frei. Er spürte eine Freiheit, die ihn noch nie so sehr wie jetzt durch flossen hatte. Es war, als ob er ein Kleiner Vogel wäre, der aus seinem Käfig kommen konnte, er spürte richtig Wind, Leichtigkeit.
Und dann rannte er auf die Gabriana zu, welche auf dem Boden kniete, umarmte sie so fest er nun könnte. Sein Herz war so leicht und frei, und schnell. Er weinte vor Glück.
„Eginhart!“ flüsterte sie.
Er gab ihr die Antwort: „Gabriana!“ Und er wisperte es immer wieder: „Gabriana, Gabriana, Gabriana...“
Hortensia und Ingwin erkannten, wie Eginhart diesen Namen immer und immer von sich gab. Nun, das an sich war nicht verwunderlich, sie wussten ja, wer in diesem Traum vor kam. Aber, hörte es sich nicht glücklich an? Irgendwie erleichtert, zufrieden?
Ingwins Herz begann wild zu schlagen, und ein Hoffnungsschimmer erleuchtete sein Inneres.
„Was ist mit ihm?“ fragte Hortensia. Das immer lauter werdende Sprechen seines Herrn, ließ ihn wieder weinen-vor Freude.
„Hortensia, ich glaube...er hat es geschafft. Er...wacht auf, er hat den Traum...er hat sich davon befreit!“ Die Prinzessin lächelte ihn an, als Eginharts Stimme, die immer noch diesen Namen leise rief, lauter und fröhlicher wurde.
Da öffnete Eginhart seine Augen, erneut rief er: „Gabriana!“
Sofort sah Ingwin ihn eindringlich an: „Herr, geht es euch gut, ich meine besser, seid ihr richtig wach,seht ihr mich?“ Der Schwall der Gefühle, welcher ihn erfasste, ließ Ingwin einfach nicht mehr richtig denken.
Eginhart sah in das Gesicht seines Schülers, er fragte sich was um alles in der Welt plötzlich alles geschehen war, sein Geist war völlig verwirrt: „Ingwin?“ Dann sah er zur Seite: „Prinzessin?“ als er sich aufsetzten wollte, spürte er das schreckliche Brennen, welches seinen gesamten Körper wie ein Blitz durchzuckte: „Ah, mein Körper fühlt sich an als ob der Teufel in der Hölle mich zu früh vom Grill genommen hat, und ich erst mal nur leicht angebraten wäre.“
Sofort wurde der Krieger von den Beiden sanft wieder zu Boden gedrückt. „Herr, ihr wurdet schwer verletzt, ruht euch erst mal aus!“ riet Ingwin, nach der ersten großen Glückseligkeit nun wieder voller Sorge.
Eginhart versuchte seine Gedanken zu ordnen: „Dieser....dieser Nandrad,er hat mir den Feuerzauber verpasst, und danach irgendetwas gemurmelt, was war...Augenblick mal!“
Sofort blickte Eginhart Ingwin an: „Wenn ich nun wieder hier im Wald bin-Ingwin, verdammt, ich hatte euch befohlen nach Selas zu gehen, ohne Rücksicht auf mich. Seid ihr verrückt? Mein Leben ist nichts im Vergleich zur Sache. Wisst ihr denn nicht, das war eine ganze Gilde von feindlichen Magiern, was sollte das?“
Zorn und Enttäuschung mischten sich in ihm, als Ingwin erwiderte: „Herr, wir konnten euch nicht eurem Schicksal überlassen...“
Aber er sollte nicht weiter kommen, als Eginhart seine Schmerzen vergaß und schrie: „Hast du wieder auf deine Gefühle gehört? Ich verzweifele an dir, du hattest einen Befehl, Gefühle sind nichts, wann begreifst du das endlich? Du hast die Prinzessin in Gefahr gebracht, weißt du das eigentlich?“
„Hört mir doch bitte zu damit ich euch erklären kann, was wir in der Höhle erfahren haben, und danach könnt ihr immer noch entscheiden, wie falsch es gewesen ist, dass wir auf unsere Gefühle statt auf den Verstand gehört haben?“
Eginhart verstummte. Noch nie hatte er Ingwin so erlebt. In dessen Stimme schwang Stolz und auch Wut mit. Was war hier nur los?
Ingwin erklärte jetzt seinem Herrn, was sie in der Höhle mitbekommen haben. Sowohl, was geplant ist, als auch, wie Aziz Nandrad ermordete. Eginhart durchdachte nun alles, was er erfahren hatte, ehe er sich dazu äußerte: „Das Aziz Nandrad hintergehen würde, hatte ich erwartet. Ich sehe jemandem an, wenn er voller Machtgier ist.“
„Das ist doch erst mal egal Herr, wichtiger ist, was wir jetzt tun sollen,“ meinte Ingwin eindringlich.
Eginhart musste das bestätigen: „Wir müssen jetzt umso schneller nach Selas um Prinz Sacharja zu warnen, das hat....ahhhhh, verdammt noch mal!“ Eginhart hatte seine Verletzungen völlig vergessen, wieder begann dieses schreckliche Brennen.
Ingwin legte seinen Lehrer sanft zurück: „Herr, wir sollten erst mal eine Nacht schlafen, und ihr seid verletzt, ich bitte euch.“
„Ich fürchte, du hast Recht. Nun, dann reden wir doch noch ein mal darüber, dass du meine Anweisung missachtet hast.“ Dass Eginhart wieder darauf zurück kommen sollte, wäre Ingwin nicht so einfach in den Kopf gekommen.
Der Schüler wollte seinen Lehrer noch mal davon überzeugen, dass es richtig war: „Herr, ihr wärt nicht mehr am Leben, und jetzt kennen wir ihre Pläne, bitte, warum glaubt ihr mir nicht, es war richtig.“
Aber Eginhart war nicht der Meinung: „Du hast die Prinzessin in Gefahr gebracht, dich selber, die Mission gefährdet, Gefühle sind nichts!“
Jetzt konnte sich Ingwin nicht mehr halten: „Ihr konntet euch nur von diesem Albtraum, der euch quälte, befreien, in dem ihr eure Gefühle befolgt habt! Eure Gefühle für Gabriana, Hortensia, ich weiß, sie hat Magierblut in ihren Adern, konnte mir sagen, was euch quälte, euch quälte es, immer wieder den Tod Gabrianas zu sehen!“
Eginharts Gedächtnis rief nun die ersten Bilder hervor, die er in diesem Traum gesehen hatte. Dieser Folterzauber. Ja, sie war immer wieder getötet worden, ja, er wollte sie davor bewahren, ja, er konnte sich davon befreien, den Albtraum beenden. Aber nein, nie und nimmer durch seine Gefühle: „Ich habe keine Gefühle für Gabriana!“
„Warum nur, Herr?“ Ingwin war so langsam der Verzweiflung nahe. „Warum nur hört ihr nicht auf eure Gefühle,oder wollt es nicht zugeben? Was ist mit euch los? Es war nicht euer Verstand, der mir und Hortensia befahl, zu fliehen. Dies alles führte dazu, dass wir die Gilde nun besser kennen. Warum?“
Eginharts Gefühlswelt geriet durcheinander, die schmerzhaften Erinnerungen, sie kamen zurück. Diese Schuld, sie war da, der Verlust, dies alles.
Ingwins Herz krampfte sich zusammen, schmerzhaft, als er sah, wie eine Träne zu Boden ging. Eginhart weinte? Derjenige, welcher sich immer vor Gefühlen verschloss, weinte? Er sah zu Hortensia, welche ihn mit großen Augen anstarrte. Auch sie hatte dies noch nie erlebt.
„Du willst es wissen, Ingwin?“ schluchzte Eginhart. „Du willst einen guten rund kennen, weshalb es besser wäre, nicht auf seine Gefühle zu hören, sie nicht zu zu lassen? Ich kenne einen sehr guten Grund, Ingwin. Aber er wird dir nicht gefallen.“
„Das habe ich nicht erwartet Herr,“ erwiderte der Schüler. „Bitte sagt es mir, ich will euch verstehen.“
Eginhart sah auf seinen Schüler. „Er wird es mir niemals verzeihen, niemals. Aber...Erkmar, wärst du nur hier. Was soll ich bloß tun?“ Angst erfasste ihn, wieder diese Kälte.
„Ich sage es dir Ingwin,“ wisperte Eginhart, „ich lud eine schwere Schuld auf mich, vor einigen Jahren.“
„Welche Schuld?“ fragte die Prinzessin.
„Ingwin, dein Vater, Erkmar...“ begann Eginhart, ehe er schließlich richtig her raus brüllte: „er ist wegen mir gestorben!“
Kapitel 9
Ingwins Herz krampfte sich zusammen. Der Schlag war hart, und tief. Ihm war, als ob er in ein Loch hinein fiel. Sein Herr, Eginhart? Schuld am Tod seines Vaters, dessen bester Freund er war? Das konnte nicht sein, niemals.
„Wie?“ wollte Ingwin nach einigen Minuten, in denen er das eben gehörte verarbeitet hatte, wissen: „Wie ist mein Vater gestorben, bitte sagt es mir! Bitte sagt es mir endlich!“
Eginhart atmete ein mal tief durch, schluckte den dicken Kloß in seinem Hals runter, dann fing er an zu erzählen:
„Es geschah, einen Monat bevor ich dich in meine Lehre zog Ingwin. Erkmar und ich hatten durch Spione erfahren, dass eine Magiergruppe auf das Schloss zu kam, und das nicht mit guten Absichten, so war jedenfalls der Eindruck für die Spione.
Wir verließen das Schloss in der Nacht. Niemand hatte davon erfahren, nicht der König, nicht die Prinzessin, niemand. Die Soldaten hätten wohl keine Chance gehabt gegen feindselige Magier, sie waren ja nicht geübt im Umgang mit den Schwertern, welche Magie abwehren.
Wir überraschten die Feinde, und wir kämpften. Kämpften, die ganze Nacht hindurch. Es waren viele Gegner.“
„Habt ihr erkannt, wer es war?“ sprach Ingwin.
„Nein, sie waren getarnt, hatten Roben an, ihre Gesichter waren verschleiert. Ich glaube, es waren neun von ihnen. Dass wir so lange gegen sie durchhalten konnten, war eigentlich ein Wunder. Nun, es zahlte sich aus, jeden Tag trainiert zu haben, nicht zu vergessen unsere Erfahrung, welche wir hatten und in einigen Kämpfen angeeignet hatten.
Wir hatten auch einige besiegt. Aber ich war unvorsichtig. Im Siegesrausch war mir verborgen geblieben, wie einer von ihnen einen unglaublich starken Feuerzauber vorbereitete. Und obwohl er lange dafür brauchte, ich sah es nicht, hörte es nicht, ich war einfach in diesem Moment ein Anfänger, der nicht wusste, was erforderlich ist.
Ich bemerkte es zu spät. Der Zauberer griff an. Und dann....verdammt Erkmar, verdammt seist du!“ So war es, Eginhart hasste seinen Freund in diesem Moment für das, was dieser damals tat.
„Er sprang dazwischen, ihn traf ein riesiger Feuerball!“ Ingwin fiel zu Boden, seine Füße verloren jedes Gefühl in diesem Moment, er glaubte, die Welt gibt es nicht mehr.
Eginhart erzählte weiter, als seine Tränen begannen, aus den Augen zu kommen. „Ich weiß nicht genau was geschah danach, besser gesagt wie, weil irgend etwas nicht mehr in mir war in diesem Augenblick. Nur, dass ein Loch in mir war. Ich sah nur noch, wie ich den Zauberer voller Wut, das denke ich, durchbohrte. Erst dann kehrte mein Verstand zurück.
Ich nahm Erkmar in meinen Arm, stützte seinen Körper, aber es war zu spät. Ich beschimpfte ihn dafür, fragte, was das sollte, ich hätte sterben sollen, es war mein Fehler, aber er hauchte nur, es wäre so recht für ihn, weil ich erst mal etwas lernen müsste, bevor ich in Ruhe hätte sterben können. Bevor sein Leben endete, bat er mich, dich auszubilden.“
Nun schwieg der Krieger. Er besah sich die Gesichter Ingwins und Hortensias, in denen Tränen waren. „Bis heute,“ fuhr er fort, „habe ich es nie jemandem gesagt. Ich erfüllte seinen Wunsch, denn das war ich ihm schuldig. Aber verzeihen konnte ich es mir nie. Und ich verfluche ihn, weil er seinem Gefühl gefolgt war, mich beschützen zu müssen, statt seinen Verstand zu nutzen, wie er es immer getan hatte.
Deshalb will ich nicht, dass du deinen Gefühlen folgst Ingwin. Ich habe schon einen Menschen auf dem Gewissen. Und wenn dir das gleiche geschehen würde, wie sollte ich mir das je vergeben, mein Leben wäre dann endgültig nichts mehr wert.“
Ingwin kämpfte mit den Tränen, und ja, ein Teil wollte Eginhart hassen, denn ob Schuld oder nicht, wäre Eginhart nicht da gewesen, ja wenn.
„Hasse mich, Ingwin, ich habe es verdient!“ ertönte die Stimme des Lehrers. War ihm das möglich? Ein Teil wollte, er wollte, aber er konnte es nicht. Er ist sein Herr, für ihn war er wie ein Vater, Eginhart hatte ihm so viel beigebracht.
„Ich kann nicht, ich kann euch nicht hassen, Herr!“ sagte er schließlich. „Denn,...es war seine Entscheidung, so weh es mir tut, so weh es euch tut.“ Danach, er wollte es selber nicht glauben, fing er an zu Lächeln: „Ich bin stolz auf ihn. Er hat getan, was ich getan hätte. Ihr könnt nichts dafür.“
Aber Eginhart hatte da eine andere Meinung: „Verdammt Ingwin, ich habe deinen Vater auf dem Gewissen, soll ich es dir auch noch auf einen Brief schreiben? Dein Vater ist wegen mir tot, und nur wegen mir!“
Doch Ingwin legte eine Hand auf die Schulter seines Lehrers: „Er hat sich für euch geopfert, weil er wusste, dass ihr mich ausbilden könnt. Ich weiß auch nicht, weshalb mir dieser Gedanke kommt, aber irgendwie denke ich, es war so. Und ich glaube auch, zu wissen, was ihr lernen solltet.“
„Und was soll das sein?“ Richtig trotzig und verärgert erklangen diese Worte Eginharts.
„Oh weh“, dachte sich Ingwin, „jetzt muss ich meinem Lehrer etwas beibringen. Verrückt, diese ganze Welt ist einfach nur verrückt.“
Nur wie sollte er das machen? Er musste seinem Herrn, der ihn so vieles gelehrt hat, endgültig klar machen, wie stark einen das Handeln nach Gefühlen machen konnte. Irgendwie erschien ihm das Unmöglich, war sein Lehrer doch ein richtiger Dickkopf, wenn es um diese Frage ging.
Aber dann fiel ihm wieder etwas ein. „Herr, wie habt ihr euch vom Folterzauber befreit?“
„Was soll das jetzt?“ war die trotzige Antwort Eginharts. Sein Schüler hatte doch immer wieder merkwürdige Gedanken. Doch Ingwin ließ nicht locker: „Was ist im Traum geschehen?“
Eginhart wollte nur noch seine Ruhe haben, also hoffte er, diese durch eine Antwort zu erhalten: „Ich habe mich von diesen unsichtbaren Fesseln befreit und dann den Tod Gabrianas verhin...“
Er stockte. Nein, das konnte nicht wahr sein, er hatte den Zauber doch nicht wirklich befreit, weil...weil er...unmöglich.
Ingwin grinste in sich hinein: „Erwischt!“ Irgendwie fühlt er sich wie der schlaue Fuchs, welcher seine Beute überlistet hatte. Nun, eventuell war dem auch so, eventuell hatte er in seiner Zeit als Schüler immer wieder den Gedanken gejagt, seinem Lehrer klar zu machen, was er, Ingwin, für sich schon wusste.
Er sah nun auf Eginhart, der sich inzwischen etwas aufgesetzt hatte und ungläubig mit dem Kopf schüttelte, immer und immer wieder. Jetzt wollte er nur noch schließen, was unweigerlich begonnen hat: „Was fühlt ihr für Gabriana?“
Das schnelle Schlagen seines Herzens klang in Eginharts Ohren, so laut schien es ihm, dass er die Frage nur noch gerade so hörte. Die Wärme brannte aus ihm, erfasste seinen gesamten Körper. Nach und nach, die Mauer, welche er sein Ganzes Leben lang erbaut hatte um sein Herz, sie bekam Risse, bröckelte, schließlich fiel sie. Und wieder begann er das Weinen.
„Ich liebe sie;“ flüsterte er, noch immer nicht wirklich dazu entschlossen, es sich endgültig ein zu gestehen.
„Was habt ihr gesagt?“ Fragte Ingwin, obgleich es ihm bewusst war, was sein Herr eben gesagt hatte. Doch es sollte jetzt endgültig klar sein, besonders für Eginhart.
Genau dieser Eginhart schrie jetzt richtig gehend, aufgebracht von der Frage, dem, was ihm klar wurde, von alle dem: „Ich liebe sie, verdammt noch mal. Ich liebe sie mehr als mein eigenes Leben, mehr als ich meinen Schwur liebe. Wenn ich nicht wüsste, sie wäre sicher, am Leben, bei dem Gedanken kann ich nicht atmen, kann ich nicht leben, kann ich nicht Kämpfen. Wenn es nur noch eine Sache gäbe, die mich auf dieser Welt halten könnte, dann wäre sie es.“
„Endlich. Die ganze Zeit, seit ich ihn und Gabriana kannte, kannte ich sein Empfinden für diese Frau,“ dachte sich Ingwin. „Irgendwann lernt es auch der Starrköpfigste.“
Und sein Lehrer, der Krieger Eginhart? Nun, dieser begriff, was ihn gerettet hat: „Ich habe mich von dem Zauber befreit, weil ich Gabriana beschützen wollte. Weil ich es nicht ertragen konnte, sie zu verlieren.“
Ingwin kniete sich hinab, sah in das Gesicht seines Freundes: „Herr, ich war mir stets sicher, Gefühle können uns stärker machen, viel stärker, als wir es für möglich halten.“
Kurz musste der Krieger lachen. So schnell konnten sich die Rollen vertauschen. „Die ganze Zeit über, Ingwin, warst du mein Lehrer, und nicht ich deiner. Sieh nur was aus mir geworden ist. Ein alter, dummer Narr, und dabei bin ich nicht mal wirklich alt.“
Kurz darauf vernahm er das Gefühl von weichem Fell, dass sich an seinen Kopf schmiegte: „Venda. Mein alter Freund, du lebst!“ Er streichelte den Kopf des Schimmels, welcher an ihn getreten war.Es war ein beruhigendes Gefühl und wohltuend für Eginhart.
Einige Minuten vergingen, in denen jeder, absolut jeder, alles überdachte. Jeder nahm nun alles durch und fragte sich, was als nächstes geschehen würde. Und was als nächstes getan werden muss.
Eginhart streichelte den Kopf Vendas: „Ihr habt ihn gefunden und mit euch genommen. Ingwin, was bin ich nur für ein Krieger, wo du doch ein eindeutig stärkerer bist.“
Im ersten Augenblick glaubte Ingwin nicht, was er hörte: „Was, was habt ihr gesagt?“
„Du hast schon richtig gehört, deine Schwerttechnik, wie schnell du alles wichtige gelernt hast. Wenn...wenn ich nicht an meinen Gedanken festgehalten hätte Gefühle zu verbannen, hätte ich dich schon vor Monaten den Schwur sagen lassen. Sieh mich doch an: Ich bin ein richtiger Esel, Ingwin. Ein unwürdiger, sturer Esel.“
Nun sah Ingwin verwirrt zur Prinzessin. Er fasste nicht, was er gehört hat. Er, Ingwin, hätte schon vor Monaten den Schwur sagen sollen, ein vollwertiges Mitglied der Leibgarde? Doch dann kam ein anderer Gedanke: Warum ließ Eginhart sich plötzlich so hängen?
„Herr,“ sagte er nun, „ihr habt mir so viel beigebracht, ohne euch wäre ich nicht dieser Krieger. Wolltet ihr das nicht? Ihr wolltet doch, dass ich ein vollwertiges Mitglied der Garde werde, oder etwa nicht?“
„Ja, schon...aber“ wollte Eginhart einwerfen, als plötzlich die Stimme der Prinzessin ertönte:
„Na also, ihr habt euer Ziel erreicht. Nun gibt es noch andere Ziele, die wir erreichen müssen.“
Eginhart begann zu lächeln: „Ich schätze, ich habe gegen euch zwei sowieso keine Chance in dieser Hinsicht. Nun, mir bleibt nichts anderes übrig.“
Er musste sich eingestehen, er hatte wirklich sein wichtigstes Ziel erreicht: „Ihr habt Recht, du bist ein wirklich starker Krieger geworden.“
Dann stand er auf, ignorierte die Schmerzen: „Morgen müssen wir so schnell wie möglich nach Selas, rechtzeitig zum Fest, um Sacharja zu beschützen. Auch, damit ich Gabriana sagen kann, was so lange auf meinem Herzen liegt. Ingwin,“ er legte eine Hand auf dessen Schulter, „ich bin sehr stolz auf dich. Nicht nur, dass du mich da raus geholt hast, du hast mir eine wichtige Lektion erteilt. Du bist ganz dein Vater, nein, vielleicht noch besser.
Aber so muss es sein. Die nächste Generation ist immer dafür da, es besser zu machen als die vorherige. Es wird Zeit.“
„Wofür?“ wollte Ingwin wissen, welcher durch diese Worte Eginharts derartig erfüllt worden ist, dass er glaubte vor Stolz zu platzen.
„Für den Schwur!“ antwortete Ingwin.
„Aber, Herr, dafür müssten wir doch die Zeremonie vollführen,“ warf Ingwin ein.
Doch Eginhart erwiderte: „Laut Gesetz, Ingwin, muss der Lehrer den Schwur abnehmen, und ein Mitglied der Königsfamilie muss es bezeugen. Die Zeremonie ist nur eine Feier, als kleine Dekoration, die wir hier nicht brauchen. Wir haben die Prinzessin hier, das genügt. Naja, bis auf mein Schwert, das benötige ich. Habt ihr es?“
„Hier, ich habe es schnell einstecken können, als wir die Höhle verließen,“ sprach Hortensia. Eginhart nahm es entgegen: „Also dann: Knie nieder, Ingwin, Sohn des Erkmar.“
Ingwin tat, wie ihm geheißen, dachte sich zitternd vor Freude, als er auch eine Träne des Stolzes verdrückte: „Vater, kannst du mich sehen? Siehst du mich?“
Eginhart fuhr fort: „Ich habe dich den Schwur gelehrt. Sprich.“
Nun konnte sich Ingwin vor lauter Aufregung erst mal gar nicht mehr an den Spruch erinnern, aber dann fiel er ihm doch ein, und er sagte ihn auf:
„Ich, Ingwin, Sohn des Erkmar, schwöre auf mein Leben, die Familie des Königshauses von Bagmos stets zu beschützen, jeglichen Schaden von ihr ab zu wenden, und den Frieden zu sichern. Ich schwöre, ich werde bis zu meinem letzten Atemzug in den nächsten zwanzig Jahren dafür kämpfen.“
„Prinzessin Hortensia von Bagmos, Tochter des Baltfried,“ wandte sich der Krieger an die Prinzessin, „bezeugt ihr Ingwins Schwur und nehmt ihr ihn an?“
„Ja, das tue ich.“
Eginhart grinste voller Freude und Stolz, legte sein Schwert kurz auf Ingwins Schultern, danach nahm er es von ihm: „Stehe auf, mein Kamerad.“
Ingwin stand auf, immer mehr Tränen liefen aus seinen Augen: „Danke, mein Herr.“
„Wir sind nicht mehr Lehrer und Schüler, wir sind jetzt Kameraden, Ingwin, das Herr kannst du dir in Zukunft sparen. An jetzt und für immer, bin ich Eginhart,“ beschwichtigte Eginhart seinen ehemaligen Schüler, welcher nun sein Kamerad war.
Hortensia fragte: „Und was machen wir nun?“
„In einer Hinsicht,“ sprach Eginhart, „habt ihr Recht.“ Er ließ sich wieder zu Boden, als die Schmerzen, welche er ignoriert hatte, nun umso stärker auf ihn wirkten. „Ich, und damit wir, können nichts tun bevor nicht die Heilsalben gewirkt haben, und das heißt, wir müssen erst mal schlafen. Morgen müssen wir die letzte Strecke nach Selas aber so schnell wie möglich hinter uns bringen, wir müssen noch vor dem Fest dort sein, um das Attentat zu verhindern.“
„Ich werde Wache halten. Schlaft euch aus, Eginhart!“sprach Ingwin der sich erst daran gewöhnen musste, Eginhart jetzt beim Namen zu nennen.
„Was anderes wir mir wohl nicht übrig bleiben, Ingwin. Ich vertraue dir. Prinzessin,“ wandte sich Eginhart Hortensia zu, „ihr solltet euch auch zur Ruhe begeben. Denkt ihr, ihr könntet Ingwin nach einer gewissen Zeit ablösen? Ich bin zu geschwächt.“
Eginhart gefiel es überhaupt nicht diese Worte zu sprechen, aber es war die Wahrheit. Er wusste, da er seine Kraft erst wieder neu sammeln musste, wäre er kein wirklich guter Wachposten.
Hortensia stimmte zu: „ich werde das schon schaffen, macht euch keine Sorgen.“
Eginhart legte sich endgültig hin und fühlte die Müdigkeit, die ihn endgültig in den Schlaf treiben würde, aber davor musste er es noch sagen: „Ingwin: Danke. Danke, dass du meine Augen geöffnet hast, welche ich mein ganzes Leben lang geschlossen hielt. Ich danke dir.“
Danach schloss er die Augen und schlief sofort ein, so dass er nur noch ganz leise von Ingwin vernahm, was ihm ein Lächeln im Schlaf ins Gesicht zauberte: „Es gab nichts was ich lieber täte. Eginhart, mein Kamerad.“
Kapitel 10
Erste Sonnenstrahlen durchbrachen das Laubdach des Waldes und weckten Eginhart. Die Salben und Verbände schienen ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben, als er sich aufsetzte, fühlte er sich zwar noch etwas schwach, aber er spürte keine Schmerzen mehr.
Eginhart beschloss, auf zu stehen und etwas für sich allein zu sein. Also entfernte er sich etwas vom Lagerplatz. Er vertraute Ingwin und Hortensia vollkommen. Nun musste er aber nachdenken. Der Krieger erreichte einen kleinen Abhang.
Hinunter blickend erkannte er den kleinen Bach, welcher das rötliche Licht der Morgensonne sanft reflektierte. Es glänzte, als wäre der ganze Strom voll mit Gold. Ja, das ist die Schönheit der Natur, welche Eginhart kannte, und auch liebte.
Eginharts Gedanken befassten sich mit dieser Reise. Alles war anders. Dass eine Reise ein Leben derart ändern könnte, war ihm einfach unerklärlich. Er war nicht mehr der, als welcher Eginhart diesen Auftrag begann.
Als er Aufbrach, war er Eginhart, der Krieger,Leibgardist von Bagmos, welcher stets Gefühle vermied, immer nach seinem Verstand und seiner Erfahrung entschied. Für den das Aufkommen von Gefühlen eine Schwäche ist.
Aber wer war er nun? War er immer noch dieser Krieger? Nein, er war jetzt Eginhart, der Mensch. Das musste er sich eingestehen, er hatte sich nach acht Jahren seine Gefühle für Gabriana eingestanden.
Ohne seine Gefühle für Gabriana wäre er niemals aus diesem Folter-Zauber gekommen. Und wenn Ingwin nicht nach seinen Gefühlen entschieden hätte, wären die Pläne dieser Magiergilde niemals offenbart worden.
Ingwin und Hortensia hatten seine Augen geöffnet, die sein ganzes Leben geschlossen waren. Nichts würde jemals wieder so sein wie früher. Wenn dieser Auftrag erfüllt sein würde. Wusste er, was er als erstes tun würde: Gabriana muss es wissen. Auch, wenn sie nicht das gleiche fühlt, oder sich enttäuscht von ihm abgewendet hatte, diese Last belastete sein Herz, seine Seele, und er musste beides befreien.
So blickte er noch einige Minuten auf den Bach, ehe er sich zum Lagerplatz zurück begab. Schon kam ihm Ingwin entgegen: „Eginhart, alles in Ordnung? Weshalb seid ihr weggegangen?“ Ingwin musste sich eingestehen, dass es gewöhnungsbedürftig war, Eginhart beim Vornamen zu nennen, und nicht mehr seinen Herrn.
„Ja Ingwin,“ wurde geantwortet, „ich musste nur über einiges nachdenken. So vieles hat sich verändert, mein Freund. Alles ist irgendwie neu geworden für mich, als wäre ich immer noch ein Schüler.“
Ingwin erwiderte: „Ihr mögt wohl Recht haben. Ja, es hat sich viel verändert. Ich habe mich auf jeden Fall verändert, denn ich bin jetzt ein festes Mitglied der Garde. Und ihr?“
„Ich habe mich auch verändert, Ingwin. Vieles ist so anders. Ob ich das alles kann?“ fragte Eginhart.
„Wer, wenn nicht ihr, Eginhart. Ich vertraue euch;“ meinte Ingwin. „Kommt, wir müssen los!“
Somit begaben sie sich zurück. Hortensia war auch wach und packte ihre Sachen zusammen. Auch Eginhart und Ingwin schafften alles zusammen und verstauten es in ihren Satteltaschen.
Als sie dann auf saßen und los ritten, redete Eginhart zu den anderen beiden: „Wahrscheinlich wird die gesamte Gilde dort sein, damit beim Attentat nichts schief geht. Es wird sicher nicht einfach. Aber ich denke, wir können es schaffen.“
Ingwin wollte wissen: „Denkt ihr, wir können die Palastwachen rechtzeitig warnen?“
„Wenn wir vor dem Fest dort sind, ja. Aber wenn nicht, werden wir uns darum kümmern müssen. Wir werden uns eine Verkleidung besorgen, sollte es nötig sein,“ antwortete Eginhart.
„Aber wie wollt ihr mit so vielen Magiern fertig werden, Eginhart?“ fragte die Prinzessin.
Daraufhin lachte Eginhart kurz auf: „Ich habe noch so manchen Trumpf in der Hinterhand Prinzessin. Glaubt mir, es wird schon.“
„Was denn für einen Trumpf?“ wunderte sich Ingwin.
„Alles zu seiner Zeit, Ingwin, das weißt du doch.“ Als Reaktion auf diese Antwort sahen sich Ingwin und Hortensia verwundert an.
Inzwischen liefen auch woanders Vorbereitungen auf das fest in Selas, wenn auch nicht friedliche. Aziz hatte sich mit den Mitgliedern der Gilde um einen Tisch versammelt,um die letzten Instruktionen zu erteilen, ehe sie die Höhle verlassen wollten:
„Hier postiert sich unser Schütze,“ zeigte er an, „dort werden der König, die Königin und Sacharja eintreten. In der Nähe der Ausgänge stellt sich je einer von euch auf und beachtet alles. Ich will keine weiteren Verzögerungen.
Sobald Sacharja getroffen ist, machen wir uns so schnell wie möglich davon. Jegliche mögliche Störung müsst ihr mit unsichtbarem Zauber unterbinden. Keine Element-Magie, ist das klar?“
„Ja wohl, Mylord!“ ertönte es mehrfach.
„Wenn alles glatt gegangen ist, dürfte so oder so endlich der Krieg ausbrechen, der uns an die Spitze von Bagmos und Auzingo bringen dürfte. Nur wir Magier können ihnen den Absoluten Frieden geben.“
„Was ist mit diesen Gardisten?“ fragte einer seiner Leute.
„Unsere Vorhut dürfte auf sie treffen und erledigen. Sie sind die besten Zauberer für solche Dinge. Außerdem sind es nur noch ein Krüppel von Gardist und dessen Schüler, und auch wenn diese Frau Magie beherrscht,ich denke sie kennt nur weniger Grundlagen, keine besseren Dinge. Also dann,“
sah Aziz nun auf, „lasst uns den beiden Königreichen eine bessere Zukunft geben.“
„Eginhart dürfte ich etwas fragen?“ Ingwin war inzwischen neben seinen Herrn geritten. Die Grenze war schon seit einiger Zeit hinter ihnen, und sie waren auf dem kürzesten Weg nach Selas, der Hauptstadt von Auzingo.
„Ja, was denn Ingwin?“
„Ihr lehrtet mich, dass die Magier nichts aus dem nichts erschaffen können, abgesehen von ihren Zaubern mit den Elementen,“ fuhr Ingwin fort. „Aber dieser Aziz hat doch ein Schwert erschaffen, wie kann das sein?“
„Nun, Ingwin,“ sprach Eginhart; „er hat es nicht aus dem nichts erschaffen, er wird ein Stück Stahl in seiner Hand gehabt haben. Aus diesem Stahl ist das Schwert entstanden. Die Elemente Feuer, Wasser, Wind und Erde,sind überall, aber für so etwas braucht ein Magier Material.
Will er einen Stuhl, wird er ein Stück Holz benötigen. Will er ein Hemd, benötigt er Stoff. Und will er ein Schwert, so benutzt er ein Stück Metall.
Die Schwerter werden von den Magiern nach einem Kampf meist wieder zurückverwandelt in das Stück Stahl, dass es ursprünglich war. Und damit kämpfen können sie auch, definitiv.“
„So also,“ erkannte Ingwin. In seinem Innern vermischten sich inzwischen Stolz, ein Gardist zu sein, und die Furcht vor dem, was vor ihnen lag. Etwa zwanzig Magier, alle mit dem Ziel, den Prinzen Sacharja zu ermorden, und aufs Äußerste entschlossen. Das dürfte nicht einfach werden. Diese Gedanken wiegten schwer in seinem Herzen.
Nun drängte sich Ingwin aber noch eine Frage auf: „Eginhart, kann ich ein durch Magie erschaffenes Schwert alleine durch die Berührung mit meinem Schwert vernichten?“
„Nein Ingwin, denn das Schwert von deinem Gegner ist Realität und kein magischer Angriff. Es bleibt dabei, dass du kämpfen musst. Wo wir gerade davon reden,“ wandte sich Eginhart jetzt seinem Kameraden zu, „ich muss dich bitten, wenn wir dort sind, gegen Aziz an zu treten sollte es nötig werden.“
Ingwins Herz krampfte sich zusammen, als er dies hörte. „Aber weshalb?“
Eginhart sprach daraufhin: „Ein Vorsteher einer Magiergilde ist auch der beste Schwertkämpfer. Und ich bin trotz der Salben und Verbände immer noch zu schwach. Mit den einfachen Magiern werde ich fertig, aber nicht mit einem Vorsteher.“
Ingwin behagte dieser Gedanke nicht: „Ihr denkt, ich kann ihn besiegen?“
„Ich denke es nicht, Ingwin, ich weiß es. Es gibt keinen besseren Schwertkämpfer in Bagmos als dich-mich mal ausgenommen. Du wirst es schaffen, daran habe ich...“
Auf ein mal zischte ein Pfeil an ihnen vorbei, was die Pferde sofort aufscheuchte: „Verdammt!“ schrie Eginhart wutentbrannt. „Weg hier!“
Schon begannen ihre Pferde einen schnellen Ritt, als sie auch schon das Getöse weiterer Pferdehufe erkannten. „Das ist eine Vorhut, besser wir entkommen ihnen!“ rief Eginhart den anderen beiden zu.
Über Stock und Stein ging die Verfolgungsjagd, vorbei an Bäumen, so wie das erste mal. Doch waren ihre Verfolger nicht die einzigen. Plötzlich landeten weitere Magier direkt vor ihnen, welche aus den Gebüschen sprangen, und das Gelände sofort mit Feuerbällen unpassierbar machten. „Ergebt euch, dann schenken wir euch euer Leben!“ forderte einer von ihnen.
Doch Eginharts Antwort war: „Niemals, du verdammter Abschaum!“ Ingwin, Hortensia und Eginhart steigen von den Pferden: „Wenn du uns haben willst, wirst du uns erst bekämpfen müssen!“ zischte Eginhart zwischen seinen Zähnen hervor und zog sein Schwert. „Geht in Deckung!“ forderte er die Prinzessin auf.
Hortensia verbarg sich hinter einen Baum, während ihre Beschützer den Kampf mit dieser Gruppe, bestehend aus sechs Magiern, aufnahmen.
Sofort begannen wieder mal die magischen Attacken. Um sich besser zu schützen, standen beinhart und Ingwin Rücken an Rücken, als sie die Feuerbälle und Wasserkugeln abwehrten. Dabei versuchten sie, diese auf die Zauberer selbst zu lenken.
Aber schon bald mussten sie diese Formation aufgeben, als die Feinde auf sie zu kamen. Wie auch die Magier beim ersten Angriff, waren sie in dunkle Mäntel gehüllt und kaum zu erkennen. Somit erwehrten sich Ingwin und Eginhart jetzt im Nahkampf den Angreifern.
Hortensia wusste selber nicht, ob sie mehr Angst hatte um sich, oder ihre beiden Freunde, die sie vor Gefahr bewahren sollten. Doch sah sie, es war nicht wie gegen diese Räuber. Dies waren Magier, und weit aus bessere, als man es zuerst annehmen konnte.
Denn die beiden Leibgardisten mussten nach jedem Stoß, jeder Attacke, sich sehr anstrengen, um nicht zu Boden zu gehen. „Verdammt noch mal, die sind geschickter als man zuerst glauben will,“ dachte sich Ingwin. „Mir reichts, Schluss jetzt mit dem Verteidigen!“
Ingwin griff nun mit dem Schwert einen der Gegner an und verletzte diesen an der Schulter. Als Eginhart sah, was sein jetziger Kamerad tat, staunte er zunächst über den neuen Mut Ingwins. Dann aber fühlte er dadurch auch in sich eine unglaubliche Energie, und attackiert jetzt seinerseits seine Gegner umso härter.
Und wirklich, nach und nach gewannen sie die Oberhand. Eginhart verletzte einen Feind am Arm, einem weiteren verpasste er einen Schlag gegen den Kopf mit dem Knauf des Schwertes. Den Magiern, die Ingwin attackierten, ging es nicht Besser. Ob zu zweit, zu dritt, sie waren den Gardisten, welche mit aller Kraft die sie hatten kämpften, einfach nicht gewachsen.
Hortensia beobachtete den Kampf und war von Minute zu Minute beruhigter, sah sie doch, wie die Gegner diesen Kampf anscheinend verloren, sie ihre reise fortführen können. Doch auf ein mal schlang sich eine kalte, raue Hand um ihr Gesicht und hielt ihr den Mund zu.
Hortensias Herz setzte aus, ein eiskalter stoß erfasste ihren Körper, als ein Mann sie festhielt. Sie versuchte zu entkommen, zerrte, wandte sich, aber sie hatte keine Chance. Ihre Hände waren gefesselt durch diese Arme, sodass es ihr auch nicht möglich war, sich mit einem Zauber zu befreien.
„Stellt euren Kampf ein!“ Eginhart und Ingwin drehten sich um, erkannten die schlimme Lage, in der sich die Prinzessin befand. Ängstlich aufgerissene Augen sahen zu ihnen herüber.
„Du verdammter...“knurrte Eginhart.
„Eine Falsche Bewegung,“ sprach nun der Magier, als er eine Hand direkt vor das Gesicht Hortensias hob, „und ihr schönes Gesicht wird verbrannt!“
Ingwin schrie ihn an: „Lass sie los! Wir werden nichts tun!“ Völlig starr vor Schreck, wer es ihnen auch nicht möglich, etwas zu tun.
„So gefallt ihr mir besser!“ höhnte der Zauberer. „Und jetzt eure Schwerter. Los, her damit!“ Ingwin und Eginhart traten langsame Schritte vor. Eginhart wollte es nicht glauben: wie konnte das nur passieren. War jetzt alles umsonst? War ihr Auftrag gescheitert? Das konnte doch einfach nicht sein. Sie konnten doch jetzt nicht die Geiseln dieser Gilde werden.
Plötzlich traf den Zauberer ein Stein. Er ließ Hortensia los, welche die Gelegenheit sofort nutze und zu ihren Beschützern floh.
Alle sahen sich jetzt in die Richtung um, aus der der Stein kam, und sahen eine Person, eingehüllt in rote Gewänder. Der Mann trug eine rote Hose, ein rotes Tuch über dem Kopf, welches sein Gesicht bis auf die braunen Augen verdeckte, und ein Gürtel war in der Hose. Er steckte die Steinschleuder, welche er anscheinend gerade benutzt hatte, an diesen, um hinter seinen Rücken zu greifen, in der nächsten Sekunde zog er ein Schwert hervor.
„Lass sie in Ruhe!“ rief der Mann, welcher seiner Stimme nach zu urteilen noch sehr jung war.
Außer sich vor Zorn, brüllte der Zauberer: „Du weißt gar nicht, mit wem du dich anlegst. Fietus!“
Der Feuerball flog auf den Mann zu, dieser machte eine Bewegung, und schon prallte der Angriff vom Schwert ab.
„Was?“ der Magier glaubte nicht, was er da sah. Das Schwert wehte Magie ab, aber wie? Nur die Leibgarde von Bagmos besaß diese Schwerter.
„Los, das ist unsere Gelegenheit!“ rief nun Eginhart. Sofort griffen Ingwin und Eginhart jetzt den Zauberer an, der sich nicht mehr wehren konnte und einen Stoß durch seinen Bauch von beiden Schwertern bekam.
Als die anderen Magier sahen, wie ihr offensichtlicher Anführer zu Boden ging, und die beiden Krieger nun unterstützt durch den Mann, welcher auch ein Schwert, gegen das Magie nicht ankam, besaß, auf sie zu rannten, flüchteten sie sofort.
Aber als Ingwin sie verfolgen wollte, hielt Eginhart ihn auf: „Lass sie laufen, Ingwin, wir haben nicht die Zeit dafür!“ Also ließ Ingwin von ihnen ab.
Eginhart wandte sich nun Hortensia zu: „Alles in Ordnung, Prinzessin? Habt ihr euch verletzt?“
„Nein,“ war die Antwort, „ich denke nicht.“Sie musste sich setzten und erst im Kopf hinter sich bringen, was eben geschehen war. Sie wusste, dass ihr Leben so eben am seidenen Faden gehangen hat, und diese Person hatte sie vor dem Schlimmsten bewahrt.
Eginhart trat jetzt auf den Mann zu: „Ich danke euch. Wer weiß wie es ausgegangen wäre, wenn ihr nicht gekommen währt.“
„Oh,“ war die Antwort, „nichts zu danken. Ich war auf der Jagd, als ich den Kampf hörte und folgte den Geräuschen. Als ich diesen Ort hier erreichte, sah ich dann, wie sie festgehalten wurde. Also habe ich sofort meine Steinschleuder ergriffen, ich übe das Zielen ja jeden Tag.
Im Übrigen,“ und mit diesen Worten nahm er das Tuch vom Kopf, das rotes, kurzes Haar offenbarte, nahm danach auch das Tuch vor dem Mund ab, „ist es mir ein vergnügen, euch wieder zu sehen, Eginhart.“
„Das hätte ich mir auch gleich denken können!“ fuhr es Eginhart durch den Kopf, als die Prinzessin auch schon stürmisch den Mann an sprang, voller Lachen, und ihn ganz fest umarmte: „Du, du Kerl, warum auch gewöhnst du es dir nie ab, vermummt auf die Jagd zu gehen!“
Dann sah sie ihm in die Augen, und er in die ihren. Ingwin erkannte den Glanz in den Augen beider, als er ihre Wange streichelte: „Ich bin auch froh, dich wieder zu sehen, Hortensia. Mein kleiner Engel.“
„Nenne mich nicht klein!“ schmollte Hortensia, ehe sie kurz auflachten und sich dann küssten.
Ingwin war jetzt endgültig verwirrt. Was war denn nun auf ein mal los, und wer war dieser Mann eigentlich? Und weshalb küsste er jetzt einfach die Prinzessin?
„Kann mir bitte jemand sagen, was hier gerade geschieht?“
Das Paar brach den Kuss ab, kicherte kurz, ehe Hortensia sich mit einem: „Verzeih, Ingwin!“ entschuldigte.
„Ich freue mich auch, euch wieder zu sehen,“ sprach Eginhart mit einer kurzen Verbeugung, ehe er sich Ingwin zu wandte: „Ingwin, darf ich dir vorstellen: Prinz Sacharja von Auzingo, verlobter Prinzessin Hortensias. Eure Hoheit, mein vormaliger Schüler und jetziger Kamerad in der Leibgarde: Ingwin, Sohn des Erkmar.“
Prinz Sacharja verbeugte sich jetzt vor Ingwin, welcher aber nur stammelte: „Ver...Ver...lobter?“
„Prinz Sacharja, ist euer Pferd in der Nähe?“ wollte Eginhart wissen.
„Ja,“ erwiderte dieser, „es ist nur einige Meter in dieser Richtung entfernt,“ und zeigte hinter sich, nach dem er Hortensia,welche aus dem Tiefsten ihres Herzens lächelte, wieder im Arm hatte.
„Gut,“ redete Eginhart, „Ingwin, steig auf, wir werden unsere Reise zusammen mit dem Prinzen fortsetzen. Ich werde dir alles erklären. Ach, und Prinz, auch euch müssen wir einige Dinge nahe bringen.“
Sacharja sprach: „Wie ihr es verlangt, mein Freund!“ Somit bestiegen Ingwin, Eginhart und Hortensia ihre Pferde, begleiteten den Prinzen zu seinem Pferd, eine weiße Stute, deren Name Briseis war, auf welches dieser nun aufstieg. Somit setzten sie nun in etwas schnelleren Tempo ihre Reise fort. Es war nicht mehr weit bis nach Selas.
Kapitel 11
Eginhart erklärte nun Sacharja die Lage, indessen ritten sie immer weiter in Richtung der Hauptstadt. Sacharja zeigte sich bestürzt: „Es ist nicht zu glauben, was diese Gilde alles vor hat. Nun bin ich aber bei euch, und nicht um mich auf das Sommerfest vor zu bereiten. Mein Vater gestattete mir, noch ein mal auf die Jage zu gehen. Aber, vielleicht, wenn ich eben nicht auf dem Fest bin...“
„Euer Hoheit, wenn ihr nicht dort seid, wird euer Vater das Ziel des Anschlags sein, oder eure Mutter Alexa,“ warf Eginhart ein.
„Ja,“ stimmte Sacharja zu, „da habt ihr wohl Recht. Also, wir müssen hin, bevor das fest beginnt. Ich glaube,“ und dabei sah er auf den Stand der Sonne, „wir haben noch zwei Stunden.“
Nun wollte Ingwin aber wissen: „was ist hier also los, Eginhart, wozu unser Auftrag die Prinzessin nach Auzingo zu bringen?“ In ihm brodelte richtig gehend die Neugier, sein Unwissen machte ihn richtig gehend verrückt.
Eginhart begann: „Nun, Ingwin, wir sollen die Prinzessin nach Selas, der Hauptstadt Auzingo bringen, damit die Hochzeit zwischen Hortensia und Sacharja statt finden kann.“
„Die Hochzeit?“ fragte Ingwin. Seine Verwirrung stieg an. „Was hat das mit dem Frieden zwischen den Königreichen zu tun?“
„Es ist eine Fügung des Schicksals, Ingwin,“ erwiderte Eginhart. „Vor einiger Zeit, auf dem letzten Herbstball unseres Königs, du weißt das nicht, weil du an jenem Tage krank warst, war Prin6z Sacharja der Ehrengast. Auf diese Weise wollte Baltfried die Beziehungen zwischen den Ländern stärken, vor allem dem Volke zeigen, dass er ein Freund des Nachbarn ist. Und dort geschah es.“
„Ich erinnere mich noch gut,“ sprach Hortensia mit einem Lächeln. Sie ritt die ganze Zeit an des Prinzen Seite. „Ich war eigentlich gar nicht darauf aus, an diesem Fest teil zu nehmen, aber Pflicht war Pflicht. Als ich mit einem Herzog tanzte, stieß ich jemandem an. Ich drehte mich um und entschuldigte mich sofort, aber als ich dieser Person in die Augen sah, traf mich der Blitz. Alles veränderte sich mit einem Male. Mein Herz schlug mir sofort bis zum Hals, ich-ach ich weiß es nicht, es war eben sofort passiert.“
„Diese Person war Sacharja, richtig?“ wollte Ingwin wissen.
„Ja, und alles weitere nahm seinen Lauf,“ fuhr Eginhart fort. „den Rest des abends tanzten die beiden miteinander, und als der Ball zu Ende ging, gestand Sacharja ihr seine Liebe, dass er sich sofort in sie verliebt hatte. So war es doch, nicht war?“
„Oh ja!“ redete Sacharja, „und auf dem Frühlingsball bei euch, bat ich sie meine Frau zu werden. Niemandem haben wir es erzählt, außer meinen Eltern, Baltfried und Eginhart.“
„König Baltfried,“ erzählte Eginhart weiter, „hatte zwar durchaus, ebenso wie Dagwin, eine zukünftige Vereinigung der Königreiche im Blick, aber nie um den Preis einer Hochzeit ohne Liebe.
Nun aber, hat diese Liebe uns allen die Möglichkeit auf Frieden gegeben. Die Liebe zwischen den Thronfolgern von Bagmos und Auzingo wird ein Vorbild für die Völker sein. Und dadurch werden wir in einem Reiche leben, in Frieden, wenn die Herrschaft ihrer Väter zu Ende geht.“
Ingwin begriff: „Durch die Hochzeit werden die Länder zu einem, wir zu einem Volk. Ja, Eginhart, ihr habt Recht, dies alles kann den ewigen Konflikt beenden. Nein, es wird!“
„Es wird, Ingwin, aber erst, wenn wir den Anschlag verhindert haben!“ sprach Eginhart.
„Und warum trägt Sacharja ein Schwert, welches Magie abwehrt?“ fragte Ingwin, worauf er die Antwort erhielt: „Es ist das Schwert meines Lehrmeisters, der auch deinen Vater ausgebildet hat. Dass Sacharja durchaus Ziel von Magiern werden konnte, war mir bewusst, weshalb ich ihm das Schwert überließ, denn unser Kodex untersagt es nicht, die Schwerter denen zu geben, welche sie zum Schutz gebrauchen können.“
Die Reise ging nun weiter, je schneller, desto besser. Die Zeit, welche verrann, drückte auf die Gefährten, als ob ein Felsen sie daran hindern wollte, das Ziel zu erreichen. Es war kaum zu ertragen.
Schließlich kam Selas nun doch zum Vorschein. Die ersten Umrisse machten sich deutlich. „wir haben es geschafft: Selas, Hauptstadt Auzingos!“ reif Eginhart erleichtert. „Schnell, absitzen, wir benötigen einen Plan.“
Somit steigen sie von den Pferden. Eginhart durchsuchte seine Taschen: „Zum Glück habe ich diese weiteren Umhänge mitgenommen. Ich hatte sie eigentlich für die Nächte vorgesehen, aber um uns unkenntlich zu machen werden sie uns auch nützen. Sacharja, Ingwin, hier!“ Eginhart reichte ihnen die grauen Umhänge.
„Die Zeit wird nicht reichen, um die Wachen zu warnen. Das Fest beginnt in weniger als einer Stunde, um diese Zeit sind die Vorbereitungen in ihrer eiligsten Phase!“ stellte Sacharja fest.
„Also dann, wir haben nur eine Möglichkeit: wir müssen uns in den Vorhof des Schlosses begeben und auf alles Acht geben. Dieser Attentäter wird sich gut verstecken. Prinzessin,“ wandte Eginhart sich ihr zu, „ich möchte euch bitten stets in der Nähe Sacharjas zu bleiben.“
„Ja, Eginhart!“
Ingwin Besorgnis stieg wieder an: „Eginhart, wenn es uns gelingt, das Attentat zu verhindern, müssen wir mit Sicherheit gegen die gesamte Gilde kämpfen: Bedenkt, es werden bis zu zwanzig Magier sein!“
Der ältere Krieger legte Ingwin eine Hand auf die Schulter: „Wir haben alle eine gute Ausbildung genossen, Ingwin, auch ist Prinz Sacharja ein hervorragender Schwertkämpfer. Und wir haben schließlich auch jemanden, mit magischen Kräften.“
„ich werde tun, was ich kann.Das verspreche ich!“ versicherte Hortensia. Ihr Herz schlug heftig gegen ihre Brust, die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Sie blickte zu Boden: „Aber ob es reicht? Ich weiß es nicht.“
Doch da umschlangen sie bereits diese Arme, welche ihr ein solches Glücksgefühl gaben, dass es fast schon weh tat. Die Wärme, welche von Sacharja strömte, war tröstend: „Ich bin bei dir. Immer, das weißt du,“ sprach er.
„wir müssen das Volk, sobald der Kampf beginnt, irgendwie so schnell wie möglich vom Platz wegbringen. Es wird nicht anders gehen, als die Wache von Baltfried irgendwie zu benachrichtigen. Sie haben die falschen Waffen, sie hätten keine Chance,“ fuhr Eginhart fort. „Ich werde versuchen einem von ihnen heimlich den Ring zu zeigen, und sie auf den Moment vor zu bereiten.“
„Wir werden sie töten müssen,“ stellte Ingwin niedergeschlagen fest. „Eine zu milde Strafe, aber wir haben keine andere Möglichkeit. Wir müssen die Magier töten, sonst können wir nichts verhindern, alleine wegen des möglichen Ausmaßes ihrer Macht. Ganz zu schweigen davon, dass es unmöglich sein dürfte, sie gefangen zu nehmen. Keine Fessel kann einen Magier gefangen nehmen. Verdammt!“
Wut stieg in ihm auf, er schlug mit der Faust auf einen Baum ein, was seine Hand schmerzen ließ. Aber das verging schnell, er konnte keinen Schmerz fühlen: „Sie vor Gericht zu stellen, das wäre mir um einiges lieber, als das!“
Eginhart holte einen größeren Beutel hervor: „Zu sterben, wenn ihr Plan fehl schlägt, wäre ihnen auch lieber. Aber, daraus wird nichts.“
„Wie meint ihr das?“ fragte Sacharja.
„Hier!“ Eginhart holte einige Ringe hervor, welche sich als Handfesseln her raus stellten.
Ingwin glaubte sich fast schon verhöhnt: „Wie sollen uns einfache Fesseln helfen?“
„Das sind keine einfachen Fesseln, Ingwin. Diese Fesseln sind aus dem selben Metall geschmiedet wie unsere Schwerter
Erkmar und ich haben uns stets gefragt, weshalb Magier, die ein Mitglied der Leibgarde getötet haben, diesem Mitglied zwar die Waffe abnahmen, sie aber nie selber getragen haben. Schließlich würden sie ihnen in Kämpfen mit anderen Magiern einen Vorteil gewähren.
Wir entwickelten eine mögliche Erklärung dafür und ließen von einem Schmied diese Fesseln anfertigen. Als wir dann gegen einen Magier kämpfen mussten, gelang es uns, ihm diese Fesseln an zu legen. Er konnte seine Kräfte nicht mehr einsetzen!“
„Was?“ Ingwin fasste nicht was er da hörte.
Eginhart fuhr fort: „Offensichtlich blockiert das Metall die Kräfte eines Magiers, wenn er es am Körper trägt. Somit können wir sie gefangen nehmen, und können sie vor Gericht stellen. Du hast nie etwas davon erfahren, Ingwin, weil wir ja nie gegen Magier kämpfen mussten, seit ich dich in die Ausbildung nahm. Hier, nehmt alle einige. Prinzessin, ihr nicht, sonst könnt auch ihr eure Kräfte nicht benutzen. Legt einem Gegner die Fessel an, sobald es euch möglich ist. Danach können wir der Palastwache den Rest übernehmen lassen.“
Eginhart übergab Ingwin und Sacharja einige Fesseln. „Also, man wird alles von uns abverlangen. Das schwierigste wird sein, den Attentäter rechtzeitig zu erwischen. Wir kommen in große Gefahr, Prinzessin. Ich will euch dieser nicht aussetzen. Ich möchte deswegen noch ein mal eure Entscheidung: Kommt ihr mit uns oder wollt ihr in Sicherheit bleiben?“
„Ich komme mit euch!“ antwortete sie. „Ich weiche nicht von Sacharjas Seite, und ihr seid meine Freunde. Ich lasse euch nicht allein.“
„Ingwin, Sacharja?“ fragte der Krieger.
„Nun, wo ihr mein Kamerad seid, bleibe ich an eurer Seite, Eginhart!“ sprach Ingwin.
Und auch Sacharja meinte: „Ich habe eine Pflicht, die werde ich erfüllen. Mein Vater ist in Gefahr, wie auch unsere Länder. Ich muss es tun!“
Eginhart spürte, wie eine Zuversicht ihn erfasste und stärkte. Ja, alles war möglich. Kein Magier konnte das verhindern, sie würden es schaffen. Ein Ereignis, das in die Geschichte eingehen könnte, und sie waren Teil dieser Geschichte.
„Nun, dann kann der Spaß anfangen!“ Sie steigen wieder auf ihre Pferde und machten sich auf nach Selas.
Da, auf ein mal, sprach Eginhart ein Gedicht, welches jedem der Leibgarde beigebracht wurde, und nach einiger Zeit stimmte Ingwin mit ein. Somit erschien ihnen die Aufgabe, die so schwer erschien, ihnen umso leichter:
Wer bin ich, dass ich kämpfe.
Wer bin ich, zu sagen, was ich tue, ist richtig.
Ich bin doch nur eine Masche im Schal,
welcher die Welt ist.
Und doch weiß ich:
Ohne diese Masche, reißt er.
Ich bin klein auf dieser Welt.
Aber ich gehöre zu ihr,
ohne mich, zerreißt sie.
Und so gehe ich, auf dass der Schal bleibt,
auf dass ich bleibe, was ich bin.
Für mich, diese Welt.
Kapitel 12
Nach und nach versammelten sich immer mehr Gäste auf dem großen Hof vor der kleinen Bühne mit den zwei Thronen, auf der sich König Dagwin immer bei solchen Anlässen zeigt. Der ganze Hof war aber auch voll mit geschäftigen Menschen, welche Girlanden auf hingen.
Eine ganz andere Vorbereitung trafen die Magier, welche sich als einfache Bauern verkleidet unter das Volk gemischt hatten. So eben sprach Ingwin ein letztes mal mit der Person, welche die Tat durchführen sollte: „Versteck dort oben. Es wird kein Problem sein, da hin zu kommen,“ dabei zeigte er auf den kleinen Balkon, der in direktem Blick zur Bühne lag. „Überwältige die Wachen mit einem schnellen Betäubungszauber, schleiche dich an ihnen vorbei, und lasse sie wieder aufwachen, nach dem du dich in Deckung gebracht hast. Sie werden vergessen, eingeschlafen zu sein. Es befindet sich dort eine kleine Nische, der ideale Ort.“
„Ja, My Lord.“ der Magier tat, wie ihm geheißen.
Nun wandte sich Aziz an die anderen: „Achtet auf jedes erdenkliche Zeichen der Entkommenen, ich will nicht, dass diese Leibgarde stört. Da ich noch immer keine Meldung von unserer Vorhut bekommen habe, müssen wir mit allem rechnen.“
„Deshalb wollte ich gerade mit euch sprechen,“ wurde er von einem Mitglied einer kleinen Gruppe, welche zu ihnen kam, angesprochen: „Sie sind uns entwischt. Unser Anführer ist von ihnen getötet worden!“
„Was?“ Vor lauter Wut hätte Aziz um ein Haar los geschrien, er beherrschte sich aber: „Was seid ihr nur für Versager.“
„Wir können nichts dafür, My Lord, jemand hat uns überrascht, eine Person, welche ein Schwert besaß, das Magie abwehrt.“
Aziz wurde von einer großen Verwirrung getroffen: „Wie? Nur Mitglieder der Leibgarde erhalten diese Schwerter. Betet zu Gott, dass alles gut gehen wird, sonst seid ihr dran, verstanden?“
Völlig von Angst erfüllt, nickten die vier zögerlich, ehe Aziz fort fuhr: „Und jetzt sorgt dafür, dass uns niemand stört.“
So eben hatten Eginhart und seine Begleiter die Stadtmauer erreicht. Eginhart steig ab, wie auch die anderen, um ihnen schließlich die Umhänge zu reichen: „Zieht sie tief in euer Gesicht. Bedenkt, sie kennen uns, und sie würden uns sofort töten wollen.“ Somit betraten sie die Stadt.
Selas war voller kleiner Häuser. Die meisten von ihnen hatten spitze Dächer, graue Mauern. An den meisten hingen jetzt Wimpel, Flaggen, auch bunte Fähnchen.
Das Sommerfest war für die Einwohner Auzingos das wichtigste des Jahres. An jenem Tag galt es, dem Herrn zu danken, dass er erneut ein gutes Jahr für das Land gebracht hatte. Außerdem war es einer der wenigen Tage in Jahr, an dem alle ihre Arbeit vergessen konnten, um sich zu vergnügen, das Leben zu genießen.
In dieser Umgebung, in welcher überall die Menschen umher liefen, wagten sich zwei Krieger und zwei Thronfolger vorsichtig in Richtung des Schloss-Vorhofes. Immer wieder sahen sie sich um, erdrückt durch dieses Gefühl, von Überall lauere der Teufel auf sie. Jede Sekunde kam ihnen wie Stunden vor, der Weg schien unendlich lang.
Aber er endete. Nicht mehr lange, bis das Königspaar das Fest eröffnet. Wartet hier, und haltet alles gut im Auge,“ redete Eginhart zu den anderen, welche nickten.
Eginhart lief sofort zum Kommandanten der wache, zog den Ring aus seiner Hosentasche: „Verzeiht, werter Herr.“
„Ja, was wünscht ihr?“ fragte der Kommandant, ein sehr trainierter Mann, der durchaus Eindruck auf einen machen konnte. Als dieser den Ring sah, mit Bagmos Siegel, wurde er sofort leise und steckte richtig gehend mit Eginhart die Köpfe zusammen: „Was wollt ihr hier?“
„Hört mir zu, ein Attentat auf den König ist geplant. Ich bin Eginhart, Leibgarde von Bagmos. Hier sind zwanzig, vielleicht auch mehr, Magier, alle feindlich gesonnen. Sie stecken dahinter.“
„Was sollen wir tun?“ fragte der Kommandant.
„Wir werden uns um den Attentäter und die Magier kümmern, eure Leute sollen sich zurückhalten,“ erläuterte Eginhart. „Sobald der Kampf beginnt, bringt das Volk hier weg. Merkt euch des weiteren: Ihr dürft nur die Magier attackieren, welche Handschellen tragen. Ihr könnt diese gefangen nehmen. Wir werden den Kampf nicht mehr verhindern können, ich zähle auf euch.“
„Gut,“ erwiderte der Kommandant. „Ich gebe meinen Männern Bescheid.“
Eginhart ging wieder auf die anderen zu. „wäre es nicht besser gewesen zu empfehlen, dass König Dagwin nicht auf tritt?“ fragte Ingwin.
„Das geht nicht, Ingwin, das Sommerfest muss vom König eröffnet werden, außerdem ist es wegen der Vorbereitung für dieses Fest verboten, meinen Vater in der letzten Stunde zu stören,“ antwortete Sacharja.
„Wo bleibt nur Sacharja, er hatte doch nie die Zeremonie verpasst, auch nicht, als er noch ein eher ungeduldiges Kleinkind war?“ fragte ein größerer Mann, welcher einen Vollbart hatte und braune Haare.
„Du kennst ihn doch, er ergibt sich der Jagd voll und ganz. Nun sieh es mal nicht so streng,“ wurde König Dagwin von seiner Frau, Alexa, angesprochen. Sie hatten ihre Festtagesgewänder angezogen. Dagwin seine grüne Uniform, Königin Alexa ein gelbes Ballkleid, weil es einfach am besten zum Sommer passte. Alexas rote Haare umspielten richtig gehend ihren Hals. Auch wenn sie beide schon 52 mal dieses Fest erlebt hatten, so waren sie doch stets mit der gleichen Freude daran beteiligt.
Alexa lächelte ihren Mann an. Dieser musste daraufhin zurück lächeln. Die wärme, die er durch sie empfing, war stets die selbe wie an dem Tage, als sie ihren damaligen Vater begleitete, um Dagwin einen Besuch ab zu statten. Es war Liebe auf den ersten Blick.
Alexa legte ihre Hände um seinen Hals: „Nun komm, Sacharja muss ja schließlich nicht das fest eröffnen, sondern du.“ Dann gab sie ihm einen kurzen Kuss auf den Mund.
„Du hast recht. Außerdem will ich endlich mit dir tanzen. Also, auf ins Gefecht.“ sie lächelte wegen seines Humors, der sie immer wieder so sehr erfüllte. Sie war mehr als glücklich, ihn zu haben. Somit verließen sie die Gemächer.
„Achtet auf jedes Details. Beobachtet jede einzelne Veränderung,“ flüsterte Eginhart, als die Fanfarenstöße den Einzug des Königspaares ankündigten.
Dagwin und Alexa traten ein. Überall bejubelte sie das Volk. Nach einigen Augenblicken gab der König das Zeichen zur Ruhe, um seine Rede zu halten: „Seid mir gegrüßt. Wieder ein mal ist die Zeit gekommen, dem Sommer den Empfang zu bereiten, den er verdient.“
Während er sprach, sahen sich Eginhart, Hortensia, Sacharja und Ingwin weiter um. Der Attentäter begann damit, sein Vorhaben in die Tat um zu setzen. Er spannte einen Pfeil Pfeil in die Armbrust. Aziz, welcher sich die Kapuze eines schwarzen Umhangs tief ins Gesicht geschoben hatte, beobachtet dies alles. „Nur noch wenige Augenblicke, dann gehören Bagmos und Auzingo denen, denen es gebührt,“ dachte er.
Die Panik steig an in Eginhart. Wo war er nur? Wo war dieser Attentäter? Sie mussten ihn aufhalten. Aber er fand ihn nicht, alles schien so, wie es sein sollte. Nirgends eine Veränderung. „Das kann nicht sein,“ sprach er leise zu sich, „beide Königreiche sind in Gefahr, ich muss ihn finden.“
Inzwischen war der Attentäter soweit, und legte die Armbrust an. Aziz fing an diabolisch zu grinsen: „Lebe wohl, Dagwin.“
Ingwin sah auf den Boden. Aber, Moment mal. Da stimmte doch was nicht, hatte sich da nicht gerade der Schatten der Girlanden verändert? Sofort folgte er der Richtung, seinem Instinkt vertrauend. Dort ist er, ein Mann mit einer Armbrust, versteckt.
„Eginhart, dort!“ zeigte er dem Krieger an. Eginhart folgte Ingwins Finger, ebenso Sacharja und Hortensia, und er erkannte die Person.
Eginhart forderte Hortensia auf: „Prinzessin, schnell!“
Hortensia erhob so schnell sie Konnte eine Hand: „Fietus!“ Schon flog der Feuerball auf die Stelle zu, traf den Mörder, als dieser abdrücken wollte, er stürzte, der Pfeil flog und verfehlte Dagwin nur knapp.
Das Volk schrie auf, Dagwin und Alexa blieb das Herz stehen. Eginhart lief schnell und legte dem inzwischen Verletzten eine der Magie blockierenden Handschellen an. Dann zog er ihn hoch und schaffte ihn zu den Anderen: „Hat wohl nicht ganz geklappt mit deinem Spielchen, was?“
„Was ist hier los?“ rief Dagwin.
„Euer Majestät,“ antwortete Eginhart, nachdem er den Attentäter einem Wachen übergeben hatte, „eine Magiergilde wollte euch töten, um einen Krieg zwischen unseren Ländern zu verursachen. Ich bin Eginhart, Leibgardist von Bagmos. Die Gilde der Erleuchter will die Kontrolle über unsere Länder und schürt bereits länger einen Konflikt.“
„Tötet sie!“ ertönte da der erboste Schrei des Aziz. Und schon flogen die ersten Feuerbälle. Das Volk rannte voller Panik durcheinander.
„Bringt die Bevölkerung und den König hier weg, wir bekämpfen die Magier, denkt daran, was ich euch gesagt habe!“ reif Eginhart zum Kommandanten, als er sein Schert zog und die ersten Angriffe abwehrte, bemüht darum, niemanden zu verletzten.
Sacharja und Hortensia blieben beieinander. Somit wurde gekämpft, immer wieder wehrte man einen Feuerball ab, trat auf einen Magier zu, kämpfte mit diesem.
Eginhart rannte auf einen Feind zu, wehrte den Feuerball ab, drehte sich schnell, legte ihm die Fessel. Sofort versuchte der Magier einen weiteren Angriff, aber nichts geschah. Die Fessel hatte die Wirkung, wie sie Eginhart beschrieben hatte. Schon sah Eginhart zum nächsten, der auf ihn zu rannte, trat ein mal gegen dessen Kopf, fesselte ihn blitzschnell.
Die Fesseln waren so konstruiert, dass sie sofort ein schnappten sobald sie angelegt waren, und Eginhart war geübt genug, sie schnell aus seiner kleinen Ledertasche, die er bei sich trug, zu ziehen.
Sacharja und Hortensia standen meist Rücken an Rücken. Hortensia benutzte ihre Magie: „Aqua! Procella, Fietus!“ um sich zu schützen. Sacharja begegnete den Gegnern lieber direkt, um die Fesseln an zu legen.
Aziz wollte sich unbemerkt davon schleichen. Nur weg von hier. Doch Eginhart erkannte ihn, als er sich langsam in Richtung eines Ganges machte, denn den Eingang bewachten die wachen, nachdem die Bevölkerung geflohen und Dagwin und Alexa in Sicherheit gebracht worden war. „Oh nein, du Verräter. Du kommst mir nicht so einfach davon.“
er wehrte weiter Angriffe ab, als er zu Ingwin rief: „Ingwin, Aziz versucht zu entkommen. Hol ihn dir!“
Ingwin, der sich gerade noch mit einem Feind beschäftigt hatte, legte ihm die Fessel an, und rannte so schnell er konnte zur Tür, die sich eben schloss. Er war voller Zorn auf diesen Magier. Er hatte seinen Freund zwar nicht gefoltert, aber er war sich sicher, dass Aziz wusste, was sein Kamerad vor hatte. Und dazu dieser Zorn, weil der Magier den Frieden stören wollte, an den er selber glaubte. Oh nein, er entkommt nicht.
Aziz befand sich jetzt in einer kleinen Halle, durch deren Fenster das Sonnenlicht strahlte. Aber sie schien keinen Ausgang zu haben. Nun wollte er einen Feuerball benutzen, denn eines stand für ihn fest: Niemand würde ihn gefangen nehmen. Nein, er würde seinen Plan und sein Schicksal erfüllen, es würde sich nur etwas verschieben. Sie bekommen ihn nicht.
„Stehen bleiben!“ Ingwins Stimme, so voller Entschlossenheit, schockte Aziz kurz. Aber eben nur kurz.
Er drehte sich um, und lächelte boshaft: „Denkst du, ihr hättet jetzt gewonnen? Oh nein, ich werde bekommen, was mir zu steht. Fietus, Fietus!“
Doch Ingwin schwang mit dem Schwert, die Feuerbälle prallten an der Klinge ab. Wieder und wieder. Dann stand Ingwin vor ihm: „Du wirst bezahlen für deine Verbrechen.“
„Ich bin kein Verbrecher, ich tue das, was dazu nötig ist, diesen Ländern zum wahren Glück zu verhelfen,“ erwiderte Aziz, als er ein Stück Stahl hervor zog. „Gladius!“ Ein Schwert erschien.
„Es heißt ja, ihr Gardisten seid die besten Schwertkämpfer von Bagmos. Nun, wir werden sehen. Du wirst bald erkennen, dass wir Magier auch viel davon verstehen. Sogar mehr, als du es jemals wirst.“
„Das bezweifle ich,“ rief Ingwin und griff an.
Eginhart kämpfte weiter gegen die Magier. Er hatte bereits einigen so manche Fessel angelegt, mit Magie konnten sie sich nicht mehr wehren, womit die Wachen, welche dabei standen, ohne Probleme sie gefangen nehmen konnten.
Aber immer noch wahren viele von ihnen da. Anscheinend noch etwa zehn Gegner, und diese hatten sie so eben umzingelt. Aber aus irgend einem Grund empfand Eginhart, obgleich er mit Sacharja und Hortensia von ihnen umkreist wurde und sie beriet waren, alles zu geben, keine Angst, keine Zweifel. Ja es schien ihm, als ob er eher Vergnügen empfand.
War es die Tatsache, dass er Ingwin so sehr vertraute, oder dass die Prinzessin bei ihm war, mit Sacharja? Oder, dass er sich eingestanden hatte, was er für Gabriana empfand?
Vielleicht alles hiervon. Wahrscheinlich war es auch so. Viele Dinge, die klein erscheinen, aber wenn sie sich vereinen, werden sie auf ein mal so riesig.
„Schon müde, Eginhart?“ fragte Sacharja, und aus dessen Stimme hörte Eginhart, wie der Prinz wohl auch eher Spaß hatte.
„Nun, euer Hoheit,“ antwortete er, „ich lege jetzt erst los. Schon lange her, dass ich mich so amüsieren konnte.“
Da erklang Hortensias Stimme: „Sacharja und ich werden mehr von diesen Magiern ihrer Kräfte berauben als ihr, Eginhart.“
Mit einem verschmitzten Lächeln antwortete Eginhart: „Das wollen wir erst mal sehen.“ Da kamen die nächsten magischen Attacken, denen sie sich sofort erwehrten.
Ein Schlag gegen die Hüfte, einer gegen die Schulter, die Brust, das Bein, stets unterbrochen vom Schwert des Feindes. Immer weiter kämpfte Ingwin gegen Aziz, voller Wut.
„Du hast Eginhart diesem Schurken überlassen, du hast ihn in dieser Qual gelassen,“ schrie Ingwin und führte nun einen Schlag von oben aus.
Aziz blockierte, kam an Ingwin heran, sah ihm in die Augen, dabei erkannte der Gardist in den Augen des Zauberers den Hohn: „Ich habe ihn nicht gefoltert, und wir mussten wissen, wer ihr seid.“
Ingwins Zorn brannte immer stärker in ihm auf, als er mit einem Schwung von Aziz weg trat: „Dass du nichts getan hast, war fast noch schlimmer. Das verzeihe ich dir nie!“
Eine Drehung und ein Schlag, eine weitere Drehung, wieder ein Schlag. Aber Aziz hatte keine Probleme damit fertig zu werden, er griff jetzt an.
Da spürte es Ingwin, das Schwert, es war viel zu leicht, plötzlich war es zu leicht. Er hatte die Kontrolle verloren, es verteidigte automatisch, aber das musste er verhindern, sonst hätte er keine Chance.
Nur noch zwei Gegner. Nur noch zwei. Kaum zu glauben, dass sie es geschafft haben, zu viele Gegner ihrer Kräfte zu berauben und gefangen nehmen zu lassen.Kau zu glauben, dass sie es geschafft haben, zu viele Gegner ihrer Kräfte zu berauben und gefangen nehmen zu lassen.
Die Magier gaben aber nicht auf, kämpften mit ihren Sprüchen, Feuerbälle, aber Hortensia wehrte sie ab, und noch ehe die Magier, welche von den dreien umzingelt waren, noch reagieren konnten, hatten Eginhart und Sacharja ihnen die Fesseln angelegt. Der erste versuchte erneut einen Spruch: „Fietus!“ aber nichts geschah.
Sofort kam die Palastwache und nahm sie fest. „war ein ganz schön hartes Stück Arbeit, was?“ schnaufte Sacharja erschöpft.
„Ja, das war es. Aber wir haben es geschafft. Gemeinsam!“ lächelte Eginhart ihm entgegen. Hortensia ging zum Prinzen und lehnte sich an ihn.
Eginhart konnte sich nicht erinnern, jemals so mit sich zufrieden gewesen zu sein. So viele gegnerische Zauberer, doch sie hatten sie bezwungen. Und sie haben sie nicht getötet, nein, sie müssen sich vor Gericht verantworten.
Da unterbrach ein Gedanke jenen Stolz: „Ingwin!“
Er versuchte jetzt wieder seine Waffe unter Kontrolle zu bringen, aber Aziz ließ ihm keine Ruhe. Und schon spürte Ingwin langsam die Erschöpfung. Sein Herz musste immer stärker pumpen, sein Atem ging ihm aus, seine Lunge schien schon fast zu platzen.
Aziz erkannte Ingwins Lage, immer schneller schlug er zu. Er wollte ihm endgültig demütigen.
Ingwins Gedanken erinnerten ihn daran, nicht den Zorn bestimmen zu lassen. Sondern seinen Instinkt.
Sie waren kurz voneinander getrennt. Aziz fühlte sich sicher: „Jetzt werde ich einen Gardisten vernichten, und dann sorge ich dafür, dass Bagmos und Auzingo mir doch gehören werden,“ dachte er sich.
Zu Ingwin sprach er aber: „Nun, du hast stark gekämpft. Aber jetzt ist es Zeit für das Ende, meinst du nicht auch?“
„Denkst du wirklich, du könntest mir entkommen, und selbst wenn, deinen Plan noch in die Tat umsetzten?“ antwortete Ingwin. „dein Plan ist gescheitert, alle wissen jetzt, wer Krieg schüren will. Es ist vorbei, Aziz!“
Aziz lächelte boshaft: „Vorbei wird es gleich für dich sein! Aber nicht für meine Pläne. Ich werde über die Königreiche herrschen, verlasse dich darauf.“ Dann rannte er auf Ingwin zu.
Auch Ingwin stürmte jetzt gegen ihn. Aber es kam ihm alles irgendwie langsam vor. Vielleicht, weil er sich so sehr konzentrierte? Er wusste es nicht, aber eines wusste er: er würde gewinnen, für Nacera, für Eginhart, Hortensia, Sacharja, und besonders für seinen Vater. Und somit spürte er in jenem Moment, wie der Stolz ihn stärker machte, er fast dadurch platzte.
Während er Schritt für Schritt auf Aziz zu kam, griff er schnell in seine Tasche, holte die Fessel hervor. Er traf auf Aziz.
Aziz schlug nach Ingwin, Ingwin duckte sich ab. Die Fessel, schnell an den Arm gelegt, sie schnappt ein. Dann die Drehung, der Schlag. Ingwin legte alles, absolut alles in diesen Schlag, meinte, mit der Energie der Sonne zu kämpfen.
Aziz verlor sein Schwert. Sie drehen sich einander zu. Aziz hebt seine Hand: „Fietus!“, aber auch hier zeigte die Fessel ihre Wirkung.
Ingwin belächelt den Versuch. „Tja, das wars jetzt für dich,“ dachte er.
Der Magier sieht erschrocken auf seine Hand, aus der kein Feuerball erschien. Dann dreht er sich um, will fliehen, aber da steht Eginhart Er will nach rechts, wo Sacharja gerade her kommt, wieder dreht er sich, dort ist Hortensia.
„Nein,“ ging es durch seinen Kopf, „nein, das kann nicht sein, niemals.“ Zum aller ersten mal fühlt er sich hilflos.
Eginhart hob sein Schwert gegen die Kehle des Zauberers: „Du stehst unter Arrest, Aziz Hochverrat an Bagmos und Auzingo, Mord, Zerstörung, davor wird dich ein Gericht verurteilen!“
Unglaubliche Wut loderte in ihm auf, sie brannte wie ein Inferno, so unglaublich heiß wie die Hölle: „Das werdet ihr büßen!“
„Irrtum, Aziz, büßen wird nur einer: Du. Man wird dich bestimmt nicht zum Tode verurteilen, das wäre zu leicht. Ich bin sicher, du erhältst eine Strafe, die schlimmer sein wird als der Tod.“
Als nächstes kamen bereits zwei Wachen, nahmen Aziz gefangen, der Ingwin, als er abgeführt wurde, einen drohenden Blick zu warf.
Eginhart ging jetzt auf Ingwin zu, dabei spürte er eine Freude, wie sie ihm nie widerfahren war: „Ingwin, du bist der Beste. Heute hast du einen großen Sieg errungen. Ich bin sehr Stolz auf dich.“ er legte ihm eine Hand auf die Schulter, ehe er fort fuhr: „Und Erkmar, wo auch immer er ist, ist es auch.“
Ingwin fing an zu weinen. Zum aller ersten mal. Er weinte vor Stolz, der dich ihn hin durch floss, ehe er antwortete: „Danke. Ich danke euch Eginhart. Er ist sicher auch stolz auf euch.“
„Wir haben alle heute einen großen Sieg errungen!“, sprach jetzt Sacharja, während Hortensia sich bei ihm einhakte.
„Ja, da habt ihr Recht, euer Hoheit,“ erwiderte Eginhart. Er sah sich in der kleinen Rund um, blickte jedem in die Augen: „Heute ist ein großer Tag für unsere Königreiche. Man wird sich noch ewig daran erinnern.“
Kapitel 13
„Ich danke euch viele male, ihr habt mir mein Leben gerettet. Danke!“ sprach Dagwin. Er saß in seinem Thron, neben ihm Alexa.
Der Thronsaal war ganz schön groß, überall waren Verzierungen aus Gold und Silber, der Boden, welcher aus Marmor bestand, spiegelte alles wieder.
Vor dem Thron knieten Eginhart und Ingwin, bei ihnen standen Hortensia und Sacharja, glücklich lächelnd, und aneinander geschmiegt.
„Wir haben unsere Pflicht getan, König Dagwin,“ antwortete Eginhart, „die Pflicht, in welche wir uns begeben haben, als wir Mitglieder der Leibgarde wurden. Es ist unser Weg in dieser Welt.“
Dagwin lächelte auf seinen Sohn, mit diesem wunderbaren Menschen. Natürlich kannte er Hortensia, Sacharja lag ihm seit Wochen damit in den Ohren, wie sehr er sich auf die Vermählung freue, wie sein Herz vor Liebe brannte zu Hortensia.
„Nun“, fuhr er fort, „es ist offensichtlich wer ihr seid und wofür, wenn ich meinen Sohn so glücklich sehe, aber bitte überreicht mir dennoch das Erkennungszeichen.“
Eginhart trat vor und überreichte Dagwin den Ring, welchem ihm Baltfried gegeben hatte vor der Abreise.
Dagwin prüfte den Ring auf seine Echtheit, ehe er weiter redete: „Also, Eginhart, und auch ihr, Ingwin, beide Königreiche, mein Sohn, und auch ich stehen tief in eurer Schuld. Dank euch haben unsere Länder den wohl größten Schritt für einen dauerhaften Frieden getan.“
„Es erfreut mich, ein Teil dieses Schrittes gewesen zu sein,“ lächelte Eginhart voller stolz, der ihn zum überlaufen brachte. Er drehte sich um, sah zu Ingwin: „Vor allem, zusammen mit Ingwin.“
Ingwin lächelte ebenso zufrieden zu Eginhart zurück. Er war froh, diese Worte zu hören, und vielleicht noch glücklicher darüber, den Ländern einen großen dienst erwiesen zu haben.
„Was wird nun mit der Magiergilde geschehen?“ fragte Hortensia.
Dagwin strich sich über seinen Bart mit einem nachdenklichen Gesicht: „sie müssen auf jeden Fall vor Gericht gestellt werden.“
„Euer Majestät,“ warf Ingwin jetzt ein, „dürfte ich einen Vorschlag machen?“ Dabei trat er jetzt neben seinen Kameraden.
„Selbstverständlich, Ingwin!“ antwortete Dagwin.
„Aziz und die Gilde haben Hochverrat begangen an beiden Ländern, in dem sie einen Krieg auslösen wollten. Ich denke, es wäre das beste, wen ein gemeinsames Gericht von Bagmos und Auzingo sie zur Verantwortung ziehen würde.“
Kurz überlegte Dagwin, ehe wer zu stimmte: „Ihr habt Recht, Ingwin. Ich werde eine Botschaft schreiben.“
„Bitte tut das gleich, wir möchten sehr bald unsere Rückreise beginnen,“ bat Eginhart
Alexa zog wie ach ihr Mann eine Braue hoch: „Wir hatten gehofft, ihr würdet zum Sommerfest bleiben, Eginhart?“
„Verzeiht, eure Hoheit,“ verneigte sich der Krieger, „ich habe einen schweren Fehler begangen,welcher jetzt schon acht Jahre andauert, und ich will ihn so schnell wie möglich beseitigen.“
Ingwin und Hortensia mussten sich sehr anstrengen, um ein Kichern zu unterdrücken. Eginhart räusperte sich, damit die beiden wieder etwas stiller wurden.
„Das ist bedauerlich, aber ich denke ihr habt gute Gründe, Eginhart;“ sagte Dagwin, „ich schreibe eine Botschaft wegen des Gerichts und meinen alten Freund Baltfried von der sicheren Ankunft seiner Tochter zu unterrichten. Zur Hochzeit werdet ihr doch aber kommen, oder?“
„Selbstverständlich, Majestät. Darauf könnt ihr euch verlassen,“ erwiderte Eginhart.
Dagwin stand auf, ging in Richtung seines Arbeitszimmers, aber nicht ohne vorher noch zu sprechen: „Ich werde euch Proviant für die Rückreise mitgeben lassen.“
„Danke, euer Hoheit!“ sprachen die Gardisten gleichzeitig.
„Hat es einen bestimmten Grund, dass ihr so schnell wie möglich zurück wollt, Eginhart?“ fragte Ingwin und zog seine Mundwinkel dabei etwas hoch, als sie die Treppe vom Thron aus ab stiegen.
„Ingwin, sei nicht so...ach, vergiss es einfach,“ antwortete Eginhart. „Ich muss Gabriana eben die Wahrheit sagen, der Rest ist Schicksal. Auch wenn ich etwas Angst habe. Ob sie mir verzeiht?“ Noch nie hatte Eginhart solche Unsicherheit vor einem Vorhaben, welches er hatte.
Ingwin legte eine Hand auf Eginharts Schulter: „Ich bin mir sicher, sie fühlt das selbe. Fragt mich nicht warum, ich fühle es einfach. Und dann, wenn sie euch wirklich liebt, wird sie euch alles verzeihen. Glaubt mir.“
„Ich danke dir Ingwin,“ sagte Eginhart Sein Körper fühlte sich wieder etwas weniger schwer, eine Last war zum Teil von ihm gefallen. „Dann gehen wir doch einer guten Zukunft entgegen, Kamerad!“
„Ja, Kamerad!“ erwiderte Ingwin.
Die Bediensteten von Dagwin hatten die Satteltaschen der Krieger mit Proviant befüllt, außerdem wurden ihre Pferde ebenso gestärkt mit Futter und gepflegt. Sie waren bereits von Dagwin verabschiedet worden und jetzt, da sie am Tor zu Selas standen, kam der Abschied von Hortensia und ihrem Geliebten.
Hortensia fragte: „Seid ihr jetzt ohne eine Anstellung, wo ich nicht mehr in Bagmos bin?“
„Mitnichten,“ erwiderte Eginhart, „während ihr erst mal dem Schutz der Wache Auzingos unterliegt, werden wir euren Vater schützen und neue Leibgardisten ausbilden. Letztlich werden wir, so wie es ausgemacht ist, die Leibgarde der Thronfolger des gemeinsamen Königreiches von Bagmos und Auzingo, sobald sich Nachwuchs bei euch einstellt. Im übrigen, habt ihr euch schon überlegt, wie das gemeinsame Königreich heißen soll?“
„Ja, wir haben uns Gedanken gemacht, dabei ist uns ein Name eingefallen,“ antwortete Sacharja.
„Wie lautet der Name?“ wollte Eginhart wissen.
„Er lautet Fridu!“ redete Hortensia. „Auf das ewiger Friede herrsche.“
„Ja, so soll es sein. Ein guter Name,“ stimmte Eginhart zu. „Nun denn, es wird Zeit zu gehen. Prinzessin Hortensia, Prinz Sacharja,“ dabei verneigte er sich vor dem Paar, dass Arm in Arm nebeneinander stand, „wir sehen uns auf der Hochzeit wieder. Und lasst euch nicht zu viel Zeit mit euren Nachfolgern, wir wollen bald wieder eine richtige Arbeitsstelle haben.“
Auf diese Worte hin lachten sie alle miteinander. Es tat gut. Nach den letzten drei Tagen, in denen so vieles geschehen war, sie in einer sie schweren Situation waren, fühlte sich alles viel leichter an, und es war befreiend.
Ingwin umarmte Hortensia: „Pass gut auf dich aus, ja?“
„Natürlich!“
Ingwin verbeugte sich vor Sacharja: „Es war mir eine Ehre, euch kennen zu lernen, Sacharja, Achtet gut auf sie, Hortensia war mir stets wie eine Schwester.“
Sacharja sagte: „die ehre war ganz meinerseits, Ingwin,“ dabei verneigte er sein Haupt.
„Ich werde schon auf ihn aufpassen Ingwin,“ meinte Hortensia. Scherzhaft verärgert sah Sacharja auf seine Verlobte, ehe er aber dann doch in ihr leises Kichern einstimmte.
Eginhart und Ingwin bestiegen ihre Pferde und sahen noch ein letztes mal auf das Paar: „Wir sehen uns auf der Hochzeit. Bis dann!“ sprach Eginhart, dann drehten sie sich um, winkten zum Abschied und ritten davon. Lächelnd erwiderten der Prinz und die Prinzessin das Winken: „Auf Wiedersehen!“ riefen sie zusammen.
Nachdem die Krieger nicht mehr zu sehen waren, gingen sie ins Schloss. Sie waren überglücklich. Sie hatten sich, sie verband ein starkes Band der Liebe. Sie wussten, es würde niemals reißen. Gemeinsam in eine Zukunft, in welcher die Sonne so unglaublich stark, hell und warm in ihren Herzen schien. Die Sonne, welche sie sich gegenseitig schenkten.
Drei Tage später...
Gabriana trug einen schweren Eimer in Richtung des Stalls. Das Wasser war zur Säuberung des Futtertroges bestimmt.
Seit Eginhart mit seinem Schüler und der Prinzessin aufgebrochen war, war eine unglaubliche Leere im ihrem Herzen. Ihr fehlte Eginhart so sehr. Statt dass sich ihre Zuneigung, wie sie hoffte verringern würde, war sie noch stärker geworden, stärker als zuvor in den acht Jahren, in denen sie ihn kannte.
Dabei wusste sie doch, wie sinnlos es war. Eginhart sah nur seine Aufgaben wofür sie ihn auch bewunderte, sein Pflichtbewusstsein, es gab eben nichts sonst. Und doch, irgendwie hasste sie ihn auch dafür. Sie liebte ihn so sehr, dass es weh tat, aber er? Wollte er es nicht erkennen, wollte er es nicht? Es tat so weh.
Inzwischen war sie am Trog, der sauber werden sollte, angekommen. Sie schüttete das Wasser hinein. Dann wollte sie noch mal den Eimer füllen, da es ihrer Meinung nach noch zu wenig Wasser war. Also drehte sie sich um.
Ihr Herz blieb kurz stehen, ihr Atme stoppte, sie ließ den Eimer fallen, als sie auf Eginhart blickte.
Aber was war es mehr, was sie nun so erstarren ließ. War es die Tatsache, dass Eginhart überhaupt da war? Aber, war es doch eher die Art, wie er auf sie blickte.
Seine Augen, sie sahen so sehr mit Zuneigung auf sie. So hatte er sie noch nie angesehen. So freundlich, so warm, es verursachte in ihrem Inneren ein unglaubliches Kribbeln, welches sie schon lange nicht mehr verspürt hatte. „E...Eginhart!“
Eginhart wusste nicht, was er tun sollte. „Gabriana!“ Während der ganzen Rückreise hatte er sich Worte zu Recht gelegt, hatte er sich vorbereitet für diesen Moment, aber jetzt schnürte ihm seine Kehle zu, sein Herz schlug so schnell wie noch nie, sein Mund schien nicht mehr sprechen zu wollen,
Aber sein Herz schrie ihn jetzt richtig an, es doch endlich zu sagen, was ihm klar geworden war, ihr zu enthüllen, warum er nun hier stand. Diese Last war einfach zu unerträglich geworden für ihn, es musste jetzt einfach sein.
Er ließ sich auf seine Knie fallen: „Verzeih mir, Gabriana.“ Die Angesprochene glaubte nicht was sie vernahm. Verzeihen? Was?
Eginhart fuhr fort: „Ich habe acht Jahre lang immer nur auf meinen Verstand und nie auf mein Herz gehört. Acht Jahre lang belog ich mich, mein Herz. Ich war blind, taub, und dumm. Stets wollte ich nie Gefühle sprechen lassen, ich war zu schwach dafür.
Dabei hatten sich meine Gefühle und mein Herz schon in dem Moment für dich entschieden, als ich dich das erste mal sah. Ich kann dich nur um Verzeihung bitten, für alles Leid, welches ich dir angetan habe, und hoffen, dass dein Herz es mir vergibt. Aber, ich wollte nicht mehr weiterleben, solltest du mir nicht vergeben können, obgleich ich weiß, wie vermessen meine Bitte ist. Ich liebe dich Gabriana. Ich liebe dich so sehr!“
Gabrianas Herz machte riesige Hüpfer, ihre Augen füllten sich mit Tränen. Er erwiderte ihre Gefühle. So lange hatte sie darauf gewartet. Es war nie weniger geworden, eher mehr. Jetzt kniete er vor ihr, sah wie ein Häufchen Elend aus, aber das wollte sie nicht. Sie meinte vor Glück zu platzen. Sie wollte ihn so glücklich sehen, wie sie es war.
Gabriana kniete vor ihn hin, nahm sein Gesicht in ihre Hände, küsste ihn. Eginhart, nein sie beide fassten nicht, was ihnen geschah. Aber er erwiderte den Kuss, der sich intensivierte, und die Liebe zwischen ihnen so sehr verströmte, welche sie sich gegenseitig schenkten.
Als der Kuss endete, flüsterte sie: „Es gibt nichts zu verzeihen. Jeden Tag habe ich dich immer mehr geliebt, seit ich hier her kam, dich das erste mal erblickte. Jetzt, wo du es mir gesagt hast will ich nur noch mit dir leben, bei dir sein, dich nicht mehr verlieren, mein Leben mit dir verbringen. Vergesse einfach alles, heute fängt unser Leben wirklich an, Eginhart. Heute fängt es an.“
Eginhart wusste, wie Recht sie hatte. Ab heute lebte er wirklich. So viel Freude war fast nicht mehr zu ertragen, als er Gabriana fest in seinen Armen hielt, als könnte sie gleich wieder verschwinden. All das hatte er Ingwin zu verdanken, welcher ihm seine Augen geöffnet hatte.
Und schließlich konnte er nicht anders. Er lachte. Er lachte all seine Freude her raus, so dass es lauter und lauter, und immer wunderbarer wurde, sich auch so anfühlte. Sie lachte schließlich mit ihm. Das Lachen eines scheinbar frisch verliebten Paares, auch wenn sie es eigentlich seit acht Jahren waren: verliebt.
„Dass ich ihn jemals lachen hören werde wagte ich nie zu glauben,“ sprach Ingwin, welcher, Nacera an seinem Arm haltend, heimlich durch eine Lücke im Stall beobachtete.
„Dass verdankt er allein dir!“ meinte Nacera.
Lächelnd sah Ingwin auf sie: „Auch Hortensia, und diesem ganzen Auftrag. Nun ja, irgendwann lernt es auch der starrköpfigste.“ Er freute sich so sehr für seinen Lehrer, Kamerad, Freund, der nun sein Glück gefunden hatte.
Nacera neckte ihn: „Vieles davon ist doch auch auf dich übergegangen.“
Etwas verärgert blickte er sie an: „Wie bitte?“
„Ich könnte dir genügend Beispiele nennen, wie stur du sein kannst,“ kicherte sie.
Ingwin wurde nun noch etwas mehr verärgert: „Wirst du das zurück nehmen oder muss ich dich dafür erst foltern?“
„Dafür musst du mich erst mal kriegen!“ rief sie und lief lachend davon.
Sofort jagte Ingwin ihr hinterher: „Na warte!“ Und so jagten sie sich,lachten dabei. Ein junges Pärchen. Verliebt, Glücklich.
Es folgt noch ein Epilog.
„Hortensia! Ein Brief aus Bagmos, er kommt von Eginhart!“ die Prinzessin horchte sofort auf von ihrem Bild, an dem sie malte, als ihr Gatte Sacharja mit diesen Worten in ihr Zimmer kam. Sanft streichelte sie ihren sich immer weiter wölbenden Bauch und glaubte irgendwie immer noch nicht ihr Glück.
Da, sie fühlte etwas. Sofort nahm sie Sacharjas Hand: „Hier. Anscheinend freut sich unser kleines auch darüber.“ Sie war nun schon im siebten Monat. Sie und Sacharja freuten sich unglaublich auf ihr erstes Kind, ebenso wie auch ihre Eltern. Es war einfach ein Wunder.
Sacharja hätte fast geweint, als er die Tritte spürte, aber da fiel ihm schon wieder der Brief ein. „Komm, lass ihn uns lesen!“ Und so rollte er die Schriftrolle auf:
Prinzessin Hortensia, Prinz Sacharja,
seit wir euch zusammenbrachten sind nun schon achtzehn Monate vergangen und seit eurer Hochzeit ein Jahr. Es ist kaum zu glauben, wie schnell die Zeit vergeht.
Nachdem das gemeinsame Gericht über die Gilde der Erleuchter tagte, hat es sie nun zur wohl schlimmsten Strafe verurteilt: Sie müssen die Fesseln, welche ihre Kräfte blockieren bis an ihr Lebensende tragen, während sie ebenso lange im Gefängnis bleiben müssen. Eine Strafe, eindeutig schlimmer als der Tod.
Um eure Nachkommen braucht ihr euch keine Sorgten machen, Ingwin und ich bilden die neuen Leibgardisten aus, wir sind sehr zufrieden mit ihnen. Es sind fleißige Schüler, welche kämpfen können und viel lernen. Seid unbesorgt, dass eure Erben sicher sein werden.
Wo ich gerade davon rede, habe ich doch vernommen, dass der erste davon schon unterwegs ist. Sowohl ich als auch Ingwin gratulieren euch herzlichst dazu. Es ist schön zu wissen, wie euer Glück seinen Weg geht.
Nach einer so prachtvollen Hochzeit, bei der die Könige beider Reiche, wir natürlich und das Volk beider Staaten da waren, konnte dieser weitere Schritt nur kommen.
Auch ich habe einen ebenso wie Ingwin einen weiteren schritt getan. Ich bat Gabriana, meine Frau zu werden, und sie sagte ja. Ebenso hat Ingwin Nacera diese Frage gestellt. Ich kann euch nicht beschreiben, wie glücklich ich bin. Ich hoffe doch, ihr werdet die Gäste sein auf dieser Hochzeit. Ich bestehe darauf. Aber da muss ich mir wohl keine Sorgen machen.
Prinzessin Hortensia, Prinz Sacharja, zusammen mit Ingwin habt ihr mir eine wichtige Lektion erteilt. Ihr habt mir geholfen, mein wahres Glück zu finden.
Aber das wichtigste ist doch eines: Denn ich habe gelernt, immer gibt es mehrere Möglichkeiten, ans Ziel zu kommen, das man erreichen will, und doch nie nur den einen Weg.
So wünschen wir euch alles Glück dieser Welt, Ingwin und ich, welcher mich gebeten hatte, euch dies auszurichten, dass auch er euch das wünscht.
Euer Diener
Eginhart, Mitglied der Leibgarde.
Tag der Veröffentlichung: 13.09.2009
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