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Vor ungefähr 1200 Jahren, zu Zeiten Karl des Großen, keimte eine kleine Eichel und streckt ihre ersten Blättchen der Sonne entgegen. Zu dieser Zeit dachte niemand daran, das dieses Pflänzchen, ein paar Zentimeter hoch um Jahrzehnte und Jahrhunderte überdauern würde. Wahrscheinlich ist es sogar, dass es die wenigsten auch nur im grinsten interessiert hätte. Damals war die Eiche noch von Wald umgeben. 200 Jahre später wurde der Wald um diese Eiche langsam gerodet, durch unerfindliche Umstände wurde sie verschont. Im laufe der Jahre sah die Eiche durchziehende Völker und Armeen die eine neue Heimat suchten und neues Land eroberten. Die Herrschaft von Friedrich Barbarossa, der das Land auf dem sie stand zum Herzogtum erhob, überdauerte sie spielend, den zu dieser Zeit war sie erst 350 Jahre alt. Dieses Alter waren praktisch noch die Kinderschuhe im Gegensatz zu dem alter, das sie erreicht hat oder noch erreichen wird. Die Jahre flogen vorbei, manchmal wurden Versammlungen in ihrem wachsenden Schatten abgehalten, Geschichten erzählt und frisch Verliebte trafen sich heimlich in den Abendstunden. In den Jahren entdeckte Columbus Amerika und Napoleons Truppen kampierten in ihrer nähe.

„Gestatten, mein Name Egidius Dair. Eine alt eingesessene Eiche, tief verwurzelt im jetzigen Österreich um genauer zu sein in der Steiermark. Da ich nicht viel Gelegenheit habe einem aufmerksamen Zuhörer Geschichten zu erzählen, möchte ich ihnen heute eine besonders schöne erzählen, die in der Zeit Napoleons spielt. Dessen Truppen in meiner Nähe kampierten. Ich sage euch die machten einen lärm, es war fast nicht zum aushalten. Aber nun zu meiner Geschichte."

Zu Zeiten Napoleons gab es im nahegelegenen Dorf, nebst vieler anderer angesehenen Familien, eine sehr arme Bauernfamilie und eine reiche Kaufmannsfamilie.
„Amelie, helfe mir doch beim abschern der Pferde.“
„Ja, Vater. Mutter ist schon im Haus und deckt den Tisch.“
„Gut, nach dem Tag auf dem Feld, wird mir dass essen richtig gut tun. Ich hab auf dem Weg übrigens Jakob gesehen. Er war mit ein paar Freunden auf den Weg in die Wirtschaft.“
„Oh, ehrlich hat er etwas gesagt?“
„Nein, warum? Sollte er Tochter?“
„Nein, nein“, wehrte Amelie schnell ab, „Wir sind fertig, komm sonst wird das essen kalt.“ Als sie hinter ihrem Vater die Hütte betrat galten ihre Gedanken Jakob. Der Sohn eines reichen Kaufmannes, der ein Sommerhaus in der nähe der kleinen Stadt hatte. Als Kind hatte sie mal mit ihm gespielt bis seine Mutter kam und ihn von der "kleinen schmutzigen Landgöre" wegzuziehen und letzen Herbst waren sie sich unter der alten Eiche begegnet, als sie dort rast machte.
"Amelie? Amelie? Hallo, hörst du mir zu?", fragte die strenge Mutter in scharfem Ton, "Stell den Topf auf den Tisch."
"Nein, ja Mutter."
"Wo ist den Joseph, hast du ihn auf dem Feld gelassen? Wenn er nicht bald zum Abendessen erscheint, bekommt er nurnoch die Reste."
"Ich hab ihn ins nächste Dorf geschickt um den Schmied eine neues Wagenrad in Auftrag zu geben. Das vom Pflug ist heute gebrochen. Er dürfte bald wirder zurück sein."
"Dann lohnt es sich wohl nicht zu warten. Amelie willst du das Tischgebet sprechen?" Nickend faltete sie die Hände: "Aller Augen warten auf dich, Herr, du gibst ihnen ihre Speise zu seiner Zeit, du tust deine milde Hand auf, und sättigst alles, was da lebt, mit Wohlgefallen. Amen." Später, zur schlafenszeit musste Sie wieder an Jakob denken. Er war etwas älter als sie, mit schwarzen Haaren, die modisch geschnitten waren. Ausserdem hatte er braune Augen mit denen er sie immer charmant und mit einem lächeln anschaute, wenn sie sich trafen. Ob er wohl auch auf das Sommerfest kam? Hoffentlich, vielleicht würde er dann auch mit ihr tanzen.
Und so kam es, auf dem Sommerfest des Dorfes trafen sie sich. In ihrem hellblauen Kleid sah sie laut ihrer Mutter hinreisend aus.

"Oh, ich sag euch sie sah wirklich hinreißend aus und sie stach wirklich jedem ins Auge mit ihren pechschwarzen Haaren und ihrem hellen Teint, obwohl sie auf dem Feld arbeitete. Wenn ich kein schon in die Jahre gekommene Eiche wäre, könnte ich mich auch für sie erwärmen. Auch Jakob konnte kaum seinen Blick von ihr lassen. Allerdings sah ich etwas was die Zwei nicht sahen. Amelies Vater und Jakobs Vater, die sich gegenseitig zwar mit höflichkeit aber nicht mit freundlichkeit oder gar Freundschaft begegneten. Wie Amelie und Jakob schwungfoll bei einem schnellen tanz über die Tanzfläche fegten, schaute er missbilligend zu, genauso wie seine vornehme Frau."

"Oh, Franz, schau doch nur wie schneidig unser Sohn tanzt. Allerdings sagt mir dieses Mädchen überhaupt nich zu, meinst du es könnte sich etwas ernsthaftes entwickeln? Das würde ich garnicht gerne sehen, in ein, zwei Wochen fahren wir wieder in unsere Stadtresidenz dort gibt es so viele hübsche und wohlerzogene Töchter. Frau von Trettins Tochter Katharina hatte diesen Sommer debütiert."
"Meine liebe Margarite, du siehst zu viel, wenn überhaupt ist es eine kleine Schwärmerei, er weiß das die Bauerstochter weder Standesgemäß noch in unserem Sinne ist. Also mach dir keine Sorgen und genieße das schöne Wetter und das Fest. Hättest du Lust zum Tanzen, meine Liebe?", mit diesen Worten tat er ihre und seine Sorgen ab. Denn er wünschte sich eine Standesgemäße Schwiegertochter kein armes Bauernmadel. Unterdessen auf der Tanzfläche. "Es ist ein wunderschöner Tag für ein Sommerfest, Amelie und ich muss dein Kleid wirklich loben."
"Danke Jakob, es freut mich das es dir gefällt. Allerdings habe ich nicht vermutet das ich dich heute hier antreffe. Seid ihr nicht letztes Jahr schon früher abgereist?"
"Ja, sind wir. Allerdings lassen wir dieses Jahr ein paar Gesellschaftliche Anlässe am Anfang aus. Es ist so heiß diesen Sommer das wir lieber noch ein oder zwei Wochen bleiben. Meine verehrte Frau Mutter, findet den Sommer in der Stadt so schwül."
"Oh, natürlich. Hier auf dem Land ist die Bevölkerung etwas dünner gesät als in der Stadt. Wollen wir kurz eine kleine Pause machen? Ich bin ganz auser Atem."
"Gerne, Amelie.", mit diesen Worten fürte er sie von der Tanzfläche zu einer Bank die im Schatten lag.
"Möchtest du etwas trinken oder etwas essen? Ich hole dir gerne etwas."
"Oh ja gern.", lächelnd erwiederte sie das Angebot und er ließ sie alleine zurück. Die jungen Männer im Dorf waren nie so charmant und freundlich wie Jakob. Anders als Jakob warteten sie mit derben Sprüchen auf und ließen sich Bedienen anstatt so zuvorkommend zu sein. Lächelnd und außer Atem schaute sie auf die vielen Gäste des Festes wie sie sich unterhielten, tanzten und lachten. Alle im Schatten der rießigen Eiche die sich hinter ihr emporreckte. Wie alt mochte sie wohl sein?
"Willste tanzen?", riss sie ein junger Mann namens Martin aus ihren Träumen.
"Oh, nein danke. Ich habe gerade mit Jakob getanzt, nun bin ich ganz außer Atem. Etwas später vielleicht."
"Was mit dem feinen Herrn, solltest dich besser an uns halten. Der benutzt dich doch blos. Ach was solls.....", mit diesen Worten ließ er sie auf der Bank alleine.
"Der ist doch nur eifersüchtig und gekränkt.", sagte sich Amelie , "Jakob ist kein Taugenichts, er meint es ernst, außerdem haben wir nur Spaß und plaudern miteinander. Dabei ist doch nichts. Oder ist er nur so freundlich, weil es ihm hier langweilt?"
"Entschuldigung, Amelie. Es war so viel los das es etwas gedauert hat bis ich etwas zu essen und trinken ergattern konnte."
Mit diesen Worten reichte er ihr einen Holzbecher mit leichtem Wein und einen Teller mit gebratenem Fleisch.
"Oh, dankeschön, wie nett von dir." bedankte sie sich, etwas zu überschwenglich mit schlechtem Gewissen, wie sie nur so etwas denken konnte. Auf solche Schwätzer wie Martin durfte man einfach nicht hören. Sie plauderten noch recht angeregt miteinander bis zum Abend und Jakob fand immer mehr gefallen an ihr. Obwohl sie nur eine Bauerstochter war zeichnete sie sich durch einen schnellen und klugen Verstand aus. Auch wenn sie nicht viel über das gegenwärtige politische Geschehen wusste, war sie sehr interessiert und brachte ihn so zum reden. Die Damen in der Stadt interessierten sich nicht dafür und verließen, was auch zum guten "Ton" gehörte, das Zimmer wenn Männer davon sprächen. "Es wird langsam dunkel und ich sollte dich zu dir nach Hause bekleiten, wenn du möchtest kann ich dir in den nächsten Tagen, ein paar Zeitungen und Broschüren vorbeibringen über dieses Thema.", bot sich Jakob an, den es war zum einen schon sehr dunkel und zum anderen erfreute es ihn, das Amelie nicht so sterbenslangweilig war, wie seine weiblichen Bekannten in der Stadt. "Das wäre wirklich sehr freundlich von ihnen mich nach Hause zu begleiten."
In den nächsten zwei Wochen besuchte Jakob Amelie oft und brachte ihr immer die neueste Zeitung oder eine Broschüre mit. Oft machten sie einen kleinen Spaziergang zu der alten Eiche oder setzten sich vor dem Haus auf eine Bank. Natürlich nie lange, den Amelies Eltern sahen es nicht gerne, wollten aber nicht direkt etwas sagen auserdem dachten sie sich, das es sich in zwei Wochen von alleine erledigen würde, den Jakob und seine Familie Herr und Frau Schubeck würden wieder in die Stadt zurückkehren. Und so kahm es dann auch. Jakob verabschiedete sich und übergab ihr ein Buch als Geschenck für die schöne Zeit. Amelie war zwar traurig aber sie hatte von Anfang an gewusst das es so kommen würde. "Es war eine schöne Zeit, aber leider ist sie nicht für ewig, er ist ein Herr Schubeck und muss wieder in die Stadt zurückkehren. Ich werde ihn als netten Freund in Erinnerrung behalten.", dachte sie bei sich und bewahrte das Buch in ehren.
Doch einige Wochen später, als Amelie im kleinen Tante Emma - Laden etwas Faden zum nähen kaufen wollte überreichte, der Inhaber Herr Krämsel, ihr einen Brief. Mit geschwungenen sauberen Buchstaben war ihr Name darauf zu lesen. Auf dem Nachhauseweg setze sie sich unter die alte Eiche und öffnete den Brief neugierig. Er war von Jakob.

"Geschätzte Zuhörer, ab diesem Tag las Amelie, dieses liebe intelligente Mädchen jede Woche bestimmt zwei Briefe vor. Sie setzte sich immer in meinen Schatten. Es waren zuerst recht steife Briefe die allerdings immer freundschaflicher wurden. Er schrieb über Klatsch und Tratsch, Freunde, Bekannte, Feste und Politik. Natürlich hatte Amelie nicht ähnlich viel zu Berichten aber die Antworten waren immer sehr geschickt formuliert. Den größten Teil ihrer Freizeit verbrachte sie nun bei mir und ich genoss natrülich ihre Anwesenheit. Allerdings machte ich mir große Sorgen. Es spann sich eine Liebesgeschichte zwischen den beiden und Amelie schwärmte schon lange für ihn, wer konnte es ihr verübeln. Wenn man die Dorfjungen und Herrn Jakob verglich.... . Es dauerte bestimmt ein Jahr bis Jakob wieder auf sein Landgut zu Besuch kam. In Hinsicht auf sein Aussehen war er weltmänischer und erwachsener geworden und auch Amelie hatte sich von einem hübschen Mädchen zu einer jungen Frau im heiratsalter entwickelt. Vater und Mutter drängten sie oft einen Mann zu nehmen, doch Amelie, nun ja, sie war verliebt und ein Ersatz ist nie das Original. "

Amelie kam gerade aus dem Kramerladen als die vornehme Kutsche der Kaufmannsfamilie Schubeck durch die Stadt fuhr. Sie musste an sich halten um nich vor freude laut aufzulachen und hinter der Kutsche herzurennen.
"Morgen früh beim Gottesdienst werde ich bestimmt gelegenheit haben mit ihm zu sprechen.", dachte sie und ging leichtfüßig nach Hause um ihre Arbeit zu verrichten. Wie erwartet traf sie Jakob beim Gottesdienst an, doch unerwarteter weise war die Zahl der üblichen Gäste um ein Dame in ihrem alter gestiegen. Sie war ohne jeden zweifel hübsch und elegant. Ohne Vorwarnung traten ihr die tänen in die Augen. Er hatte nie von einer Begleitung geschrieben. War er am ende doch nicht anders alls die Dorfjungs?
Zwei Tage später kam der Vater mit "freudigen" Nachrichten nach Hause. In zwei Wochen würde hier im Dorf eine Hochzeit statt finden zwischen Jakob Schubeck und Maria von Trettin. Am selben Abend rannte Amelie zu der alten Eiche, an dessen Stamm gelehnt, sie die vielen Briefe ihres Jakob gelesen hatte. "Wie habe ich mich nur so in ihm täuschen können?" fragte sie sich immer wieder und weinte ihren Kummer bei dem alten ruhigen Baum aus. So fand auch Jakob sie, der ihr einen Besuch abstatten wollte und abgewiesen worden war. "Amelie, was ist den los? Warum sitzt du den hier ganz alleine? Du weinst ja.", rief er bestürzt aus als er sie dort in der dämmerung sitzen sah. "Es ist nichts.",brachte sie wütend hervor. Jakob merkte den Zorn in ihrer Stimme. Zuerst sah er sie verständnisslos an, dann dämmerte aber Verständniss.
"Ist es wegen Maria von Trettin?"
"Nein, natürlich nicht. Mir ist es doch egal ob ihr heiraten werdet wo und wann auch immer.", ihr Ton strafte ihre Worte lügen.
"Oh Amelie, meinst du ich möcht Maria heiraten. Ich habe keine andere Wahl. Meine Eltern haben meine Verlobung beschlossen."
Mit diesen Worten schloss er Amelie in die Arme. Sie umarmten sich gegenseitig und Amelie vergrub ihre Gesicht an seiner Halsbeuge. Es fühlte sich so gut an von ihm in den Arm genommen zu werden. Mit sanften Bewegungen strich er ihr über das schwarze Haar. "Amelie, wenn ich die Wahl hätte, würde ich mich sofort für dich entscheiden. Meine Liebste."
"Jakob, du weist das ich dich liebe und du liebst mich auch. Gibt es den keine Chance für uns?"
"Unsere Eltern würde keiner Heirat zwischen uns zustimmen. Die einzige Möglichkeit wäre sie vor vollendete Tatsachen zu stellen."
"Du meinst wir sollen durchbrennen?"
"Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Wollen wir es wagen meine Liebste?"
"Ja, mein Geliebter." Mit diesen Worten fanden ihre Lippen zum ersten mal zueinander.

"So endet nun die Geschichte der Beiden. Liebe Zuhörer, ihr wollt wissen wie es der Zukünftigen Amelie Schubeck, Jakob Schubeck und seiner Verlobten Maria von Trettin ergangen ist. Nun Gerüchten und den zwei geschätzigen Weibern zu folge, die manchmal in meinem Schatten rast suchen, hat Maria von Trettin Jakobs älteren Bruder geheiratet und sind nun sehr glücklich miteinander, ihr Geschäft floriert. Jakob und Amelie Schubeck sind nach Amerika ausgewandert. Dort leben sie auch glücklich mit ihren zwei Kindern, mit dem Geld seines Vaters soll er sich eine Baumwollplantage erworben habe. Wie ihr seht, manchmal gehen Liebesgeschichten zwischen Arm und Reich auch gut aus. Nun muss ich mich allerdings verabschieden, ich bin müde und schließlich bin ich auch kein Junger hüpfer mehr mit meinen 1200 Jahren."

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 25.04.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Die alte, noch ganz junge Eiche die uns noch um Jahrzehnte überdaueren kann. Bierbaum an der Safe, Österreich

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