Wie jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit. Es regnete und ich war spät dran. Als ich an einem Mülleimer vorbeiging sah ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung. Neben dem Eimer lag ein kleines Kätzchen, grau getigert. Nass bis auf die Knochen.
Na super, pünktlich zur Arbeit zu erscheinen konnte ich jetzt wohl knicken. Behutsam hob ich das Kätzchen auf, wickelte es in meinen Schal und ging so schnell ich konnte den gleichen Weg nach Hause. Das Kleine zitterte die ganz Zeit. Aus Angst oder Kälte kann ich nicht sagen, vielleicht beides.
Angekommen, holte ich mir ein Handtuch und rubbelte es ab, begleitet von jämmerlichen maunzen. Einigermaßen trocken wickelte ich es wieder in einen Schal und setzte es neben meinen Heizlüfter.
Schnappte mir das Telefon und informierte meinen Chef das ich furchtbar Krank sei und heute vielleicht auch morgen fehlen würde. Er war natürlich besonders begeistert, aber meiner jämmerliche Stimme konnte er nichts entgegensetzen. Er wünschte mir gute Besserung und legte auf. Das wäre erledigt, was nun?
Ich war kein großer Freund von Katzen und Tieren im allgemeinen, darum schmiss ich meinen Computer an und suchte einen Tierarzt in der Nähe. Bald hatte ich einen gefunden, am anderen Ende der Stadt, na super, aber zum Glück hatte er gerade Sprechstunde. Daraufhin setzte ich das Kätzchen, inklusive Schal in einen Karton, mangels eines Katzenkorbs, packte es auf den Beifahrersitz und fuhr mit meinem alten, knatternden Opel Corsa Richtung Tierarzt. Natürlich, wie sollte es anders sein war das Wartezimmer rappelvoll und so musste ich gut eine Stunde warten bis wir dran kamen.
Die Zeit vertrieb ich mir mit den Zeitschriften die Ausgelegt waren und ging meine Finanzen durch. Hoffentlich kostete es nicht zu viel, das Geld war eh jeden Monat knapp und jetzt Tierarztkosten? Na Prost-Mahlzeit. Als wir endlich ins Behandlungszimmer durften erwartete mich eine Flut von Hiobsbotschaften. Katzenschnupfen, Flöhe, ein Blindes Auge- das rechte- inoperabel, ein gebrochenes Bein, wahrscheinlich angefahren. Nachdem er fertig war riet er mir tatsächlich das kleine Würmchen einzuschläfern. Hatte dieser Mensch kein Herz? Natürlich lehnte ich ab. Danach hagelte es wenig begeisterte Anweisungen. Warm halten, Katzenmilch füttern, und und und, zwei Spritzen, eine Rechnung die ich lieber nie gesehen hätte und wir waren entlassen. Kurz Futter kaufen, ein paar andere dringende Dinge wie ein Katzenklo und wieder nach hause gedüsst.
Wieder zu hause bettete ich den Kater, wie ich inzwischen wusste, aufs Sofa, machte mir eine schöne Tasse Kaffee und wir verbrachten einen Nachmittag vor dem Fernseher.
Er wurde wieder gesund, natürlich war er immer noch auf dem rechten Auge blind und das gebrochene Bein war etwas steif geblieben aber sonst ging es ihm so gut wie nie zuvor. Natürlich dankte Mozart, so nannte ich ihn, meine Fürsorge mir mit in die Wohnung pinkeln, sich unter Sofa verstecken und ähnlichem. Zum Glück legte er diese Macken wieder ab, und bekam eine süße Macke dazu, obwohl vielleicht kann man es keine Macke nennen?
Als ich Weihnachten, ein paar Wochen später, einen Hightech-Kaffeemaschine bekam stellte ich sie in die Küche. Sie bekam einen Ehrenplatz. Kaffee das wichtigste in meinem Leben bzw. das wichtigste in meinem Leben vor Mozart. Jetzt standen beide an gleicher Stelle, auch wenn er mir die Haare vom Kopf frisst.
Die Kaffeemaschine war immer so befüllt das ich nur auf einen Knopf drücken musste und ein paar Minuten später war in meiner Tasse herrlicher, dampfender, dunkelbraun -schwarzer Kaffee. So verliebt in den Kaffee war ich, das sogar immer eine frische Tasse zum Befüllen bereit stand. Eines morgens, es war Samstag und ich musste nicht in die Arbeit wurde ich durch das Schnurren meines Katers geweckt, der direkt neben meinem Ohr lag. Es war schön so aufzuwachsen. Ich drehte mich in seine Richtung und streichelte ihn sanft im Gegenzug fuhr er mit seiner rauen Zunge über meine Nase und Augen. Unser fast tägliches Ritual. Dann sprang er auf und lief zur Tür, dort blieb er stehen sah mit mit seinem durchdringenden Katzenauge an und miaute. Da ich mich wunderte stand ich auf und ging auf ihn zu um zu sehen was er den hätte, da lief er wieder etwas weiter, schaute mich an und miaute. Dies machte er bis wir in der Küche waren. Dort sprang er auf die Küchenzeile auf der meine Lieblingskaffeemaschine stand. Zuerst wunderte ich mich darüber doch dann sah ich, das aus der Tasse Dampf aufstieg. Eine Tasse heißen, köstlichen, schwarz-braunen Kaffees stand dort. Wie hast du den das fertig gebracht wunderte ich mich. Das wiederholte sich jeden Tag, jeden morgen bekam ich eine frische Tasse Kaffee praktisch ans Bett serviert. Eines Tages erwischte ich ihn dabei, da ich früher aufgewacht war, wie er mit seiner Pfote den Knopf drückte. Mein süßer Mozart.
Leider wurde er alt und krank. Da er sein Essen kaum noch anrührte ging ich zum Tierarzt – die Diagnose schrecklich. Krebs in der Lunge. Er könne nicht mehr richtig Essen und Atmen irgendwann würde er ersticken. Man könne noch versuchen ihn zu operieren mit wenig Aussicht auf Erfolg und der Krebs würde früher oder später wiederkommen. Ich ließ in operieren. Er lebte noch ein halbes Jahr, einen Sommer lang. Er lag immer gern auf einem Sessel, der auf dem Balkon stand. Trotzdem machte er mir jeden Morgen einen Kaffee. Als ich eines Morgens nicht durch ein Schnurren geweckt wurde oder durch das leise Summen der Kaffeemaschine wusste ich er war Tod.
Tag der Veröffentlichung: 30.09.2010
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