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Kleine Vorrede

Mein lieber Ignaz Wrobel, ich widme Dir dieses Büchlein, weil Du es brauchen kannst. Du bist ein ernster Mann, nicht wahr, und stehst unter Deinen Mitmenschen geachtet da, als ... sagen wir ... Pädagoge, Fotograf oder als Redakteur oder Buchhändler ... Du bist ernst. Denn dass das Leben eine ernste Sache sei, haben sie Dir schon auf der Schule bei Gelegenheit des kleinen deutschen i beigebracht. Du hast es geglaubt.

Dem ist aber nicht so. Glaub's nicht, mein Ignaz, glaub's nicht! Dass jede Wirkung auch eine Ursache haben muss, dass in allem eine Kausalität versteckt liegt, glaub's nicht! – Kausalität, mein Junge, ist, wenn man dran glaubt.

Lerne von den englischen Exzentriks, dass man sich vom Schwergewicht, vom Satz vom Grunde und wie all die dummen Sachen heißen, sehr wohl befreien kann, wenn man nur den Mut hat. Denn das, was danach kommt, ist das Himmelreich. Wer sagt, dass Weinen der Ausdruck einer Gemütsempfindung sei? Oder ein physiologischer Vorgang? – Glaub's nicht! Weinen ist eine Tätigkeit, die nicht motiviert werden kann.

Bleib äußerlich der ernste reputierliche Mann mit dem Bart, als den sie Dich kennen und schätzen. Innerlich aber, mein Junge, innerlich: Lache!

Stets der Deine

Ignaz Wrobel

 

Der Zeitsparer

Am 27. Februar 1926 war es soweit.

Die Herren in weißen Laboratoriumsmänteln erfüllten den großen Raum, bewegten sich unruhig, lachten, gestikulierten und sprachen aufgeregt durcheinander. Denn sie hatten zwei Stunden regungslos gehorcht, abwechselnd auf den ungefügen Apparat gestiert, der in der Mitte des Hörsaales stand, und auf den kleinen Mann, der leichenblass auf einem Stühlchen saß und mit leiser Stimme Erläuterungen gab ...

Der deutsche Professor Gottlieb Friedrich Waltzemüller hatte den Zeitsparer erfunden.

Der Apparat hob die Zeit auf. Er war gar nicht so kompliziert, und wenn Sie Ihrerseits aufs Patentamt gehen, werden Sie sehen, dass ich recht habe: Denn da bekommen Sie die Erklärung zu dem Ding, das aussah – damals, heute sind sie ja anders – wie ein zugedecktes Bett aus Stahl. Man legte sich hinein, und was man da an Zeit ersparte – denn drinnen liefen ja die Uhren nicht, nicht die elektrischen und nicht die Sanduhren –, das konnte man beliebig irgendwo in seinem Leben wieder ankleben und einfügen – wo man es gerade brauchte ...

Das gab einen Hallo! Mit dem Herumtrödeln auf der Erde war es auf einmal vorbei. Niemand hatte mehr Zeit zu verlieren.

Die Redensart: »Ich habe keine Zeit« wurde Formel für den Offenbarungseid – und es war ganz erstaunlich, wie sich die Menschen beeilten, um mit den nötigsten Obliegenheiten fertig zu werden.

Sie sparten! Keiner tat noch etwas anderes, als im Eiltempo die wenige Nahrung zu sich zu nehmen und sich dann befriedigt in den Apparat zu packen. Da drinnen sparte er nun Zeit und legte sie auf die hohe Kante. Wer ging noch spazieren? Wer hatte noch Augen zu sehen; was auf der Welt vor sich ging? Sie lasen nicht, sie liebten nicht, sie freuten sich nicht mehr – sie sparten.

Carnegie hatte zu allem Zeit. Er aaste geradezu mit der Zeit, als ob er sie später nicht noch einmal brauchen könnte. Aber dafür war vorgesorgt: Er kaufte Zeit auf. Und tausend arme Teufel legten sich krumm, damit der kleine weißhaarige Herr sich so recht gemütlich eine Birne

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 13.02.2014
ISBN: 978-3-7309-8369-0

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