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Mississippi-Fahrt im Waschtrog

 

Was für ein wildes Leben die Leute doch in all jenen noch halb zivilisierten Ländern der Erde führen! Wir in der Heimat haben wahrlich keine Idee davon und halten einen Menschen, der einmal nachts draußen im Freien hinter einem Heuhaufen schläft, schon gewöhnlich für einen entsetzlichen Strolch, auf den die hochlöbliche Polizei um Gottes willen ein wachsames Auge haben müsse. Und wie treiben sich Tausende nachher dort drüben herum, die, als sie auswanderten, von goldenen Bergen träumten, und denen es nicht an der Wiege gesungen wurde, auf welche Art sie sich später einmal durch die Welt schlagen und am Leben erhalten sollten, nur ganz allein um des nackten Lebens willen.

Dort drüben stehen Grafen und Barone neben dem Neger vor den Kesseln der Dampfer, mit der Schürstange in der Hand oder hinter dem Schenktisch, um irgendeinem durstigen Gast ein Glas Kognak und Wasser zu mischen oder hinter der Table d’hote – an der sie sonst die Kellner springen ließen – mit der Serviette unter dem Arm; dort drüben klopfen Gelehrte und Ungelehrte Steine an den Chausseen und hüten Schafe oder Kinder (fand ich doch in Australien einen österreichischen Leutnant als Kindermädchen) – da kehren alle Schichten der Gesellschaft die Straßen, tragen Theaterzettel und Zeitungen aus, schleppen für Reisende Koffer vom Landungsplatz ins Haus oder Mehl- und Kaffeesäcke und rollen Fässer mit Schweinefleisch oder Spiritus vor sich her – um kargen Lohn.

Aber wunderbarerweise schadet es ihnen nichts – wenn auch einmal ein Muttersöhnchen dabei zugrunde geht. Sie sind deshalb von der „Gesellschaft“, die sich daheim mit Entrüstung von einem solchen Individuum abwenden würde, nicht weniger geachtet, weil sie sich ihr Brot ehrlich verdienen, und haben sie sich etwas verdient, sodass sie sich wieder in die Gesellschaft mischen können, dann fragt keine Seele, was sie früher getrieben, ob sie selber gedient oder sich einen Diener gehalten haben.

Wunderlich geht es da drüben zu, und wer draußen in der Welt herumfährt und sich diese Welt nicht bloß durch das Kajütenfenster eines bequemen Dampfers und nachher aus der ersten Etage eines ersten Hotels betrachtet, kann oft sonderbare Sachen zu sehen bekommen.

Wenn ich so manchmal zurückdenke, welche Leute ich getroffen habe und in welchen Stellungen und Situationen, während ihre Familien, deren alten Namen sie tragen, indessen hier in Deutschland spazieren gehen, ich könnte bunte Geschichten davon erzählen. Aber haben Sie keine Furcht, ich bin nicht indiskret, und was ich hier erzählen will, ist einfach eine Szene aus meinem eigenen Leben, denn ich

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 18.04.2013
ISBN: 978-3-7309-2370-2

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