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Am Lagerfeuer
Emil Droonberg
Coverbild: solarseven/Shutterstock.com
Im Goldgräbercamp
Durch die Straßen der ‚Stadt‘ Wyndham, die erst vor einem Jahre hier, in der Sandwüste Arizonas, aus der Erde gesprungen war und jetzt schläfrig in der Sonne brütete, wanderte eine zerlumpte Gestalt. Es wäre aber falsch gewesen, von der Kleidung auf die Bedeutung der Persönlichkeit zu schließen. Das hätte hier auch niemand getan, denn Wyndham war eine Goldgräberstadt und gewöhnt an durchwandernde zerlumpte Gestalten, die nach wochen- und monatelanger Arbeit in den Bergen mit oder ohne, meist freilich ohne Gold wieder nach der ‚Stadt‘ zurückkehrten.
In diesem Falle besonders wäre der Schluss von der Kleidung auf den Mann falsch gewesen, denn es war niemand anders als Bud Wyndham selbst, dessen Name die Stadt trug und der ihre Entstehung veranlasst hatte. Nicht etwa, dass das Letztere in seiner Absicht gelegen hätte. Er hatte nur eben mit seiner Spitzhacke einen Klumpen Gold im Gewichte von drei Pfund aus der Erde gegraben, und das hatte genügt, in zwei Monaten eine Stadt an der Stelle entstehen zu lassen.
Freilich bestand sie einstweilen nur aus einer einzigen Straße, in deren Mitte auch noch immer ein paar kümmerliche Tannen standen, da sie niemand im Wege waren und sich deshalb auch niemand die Mühe genommen hatte, sie hinwegzuräumen. Und die Häuser waren Bretterbuden und Zelte.
An diesem heißen Sommernachmittage lagen die meisten ihrer Bewohner irgendwo im Schatten und rafften sich nur dann zu dem heroischen Entschluss einer Bewegung auf, wenn die Sonne in ihr Gesicht kroch. Oder sie saßen am Rande des dürftigen Waldes an Feuerstellen, in denen die Holzstücke langsam verglühten, und tauschten kurze, müde Bemerkungen über neue zweifelhafte Goldfunde aus, die in einem Minencamp den ständigen Gesprächsstoff bilden. In den Bergen klopfte eine Stampfmühle taubes Erz. Die Minen waren erschöpft, sie hatten sich nach einer kurzen hektischen Periode als Trug erwiesen.
Bud Wyndham selbst zeigte in seiner ganzen Erscheinung denselben ausgebeuteten Charakter wie die Mine, für deren Existenz er verantwortlich war. Sein wirres Haar drängte sich durch die Löcher des Hutes, sein Hemd bestand nur noch aus Streifen, und die Hosen wiesen Risse auf bis zum Knie. Nur sein rechter Fuß war mit einem Schuh bekleidet, der linke dagegen mit einem Sacke umwickelt, der mit einem Stricke zusammengebunden war. Selbst seine beiden Goldwäscherpfannen waren vom Rost zerfressen, und die Schaufel ließ das Tageslicht durch.
Er war vom Kopf bis zum Fuß mit rotem Staub bedeckt. Man konnte aber im Zweifel sein, ob er von außen oder von innen gekommen war, denn Entbehrungen in den Bergen schienen nicht nur das Fleisch seines Körpers verzehrt haben, sondern jetzt auch noch seine Knochen in Staub verwandeln wollen.
Plötzlich, wie in einem schon vorgefassten Entschluss, blieb er stehen und begann gemächlich an einer Stelle mitten in der Straße Sand in eine seiner Pfannen zu schaufeln. Das Geräusch seiner Arbeit ließ die Müßiggänger aufmerken. Seit Monaten hatte niemand mehr versucht, zu graben, denn der ganze Boden war längst abgesucht und aufgegeben worden. Wenn jetzt noch einer versuchte, hier etwas zu finden und noch dazu an einer so sonderbaren Stelle, so musste das eine eigene Bewandtnis haben.
Bud sah sie herankommen, einige mit Pfannen in der Hand. Er stellte die seinige nieder und begann mit abgezählten Schritten und irgendwelche Gegenständen, die er finden konnte – Zweige, Holzsplitter, Blechkannen – einen Claim abzustecken.
Dann hob er die schon vorher vollgeschaufelte Pfanne so hoch als sein Arm reichen konnte, worauf er ihren Inhalt in die andere Pfanne zu seinen Füßen rieseln ließ. In Ermangelung von Wasser wird dieser Prozess des trockenen Goldwaschens angewandt, wozu aber etwas Wind gehört, der den leichteren Sand fortbläst und den schweren Goldstaub, wenn solcher vorhanden ist, in die untere Pfanne sinken lässt.
Der Wind war hier da und reichlich, denn er blies die Staubwolken direkt in Dick Bakers Store, vor dem Bud seinen Claim ausgesteckt hatte.
Aufgeschreckt aus seinem Nachmittagsschlummer erschien Dick Baker, ein langer, sehr langer, hagerer Mann, in der Türe.
„Wirst du verdammter Sohn einer Kanone gleich machen, dass du hier wegkommst!“, schrie er wütend.
Bud blieb völlig ruhig.
„Was willst du, Dick?“, entgegnete er gleichmütig und in einem Dialekt, der unzweifelhaft den Irländer verriet. „Wir sind in einem freien Lande, und ich kann hier so gut prospektieren wie wo anders, wenn ich den Boden nur wieder in Ordnung bringe.“
„Aber du verdirbst mir meine ganze Ware!“, geiferte der andere, denn er hatte sich nicht einmal Zeit genommen, seinen Tabaksaft auszuspucken. „Sieh, wie du mir die Hemden hier staubig gemacht hast.“
„Die wirst du nun eben billiger verkaufen müssen. Sie waren ohnehin zu teuer“, entgegnete Bud ruhig.
Das brachte den andern noch mehr in Wut, so dass er kaum noch zusammenhängend sprechen konnte.
„Nach allem – was ich für dich – getan habe –!“
„Du? – Willst du vielleicht, dass ich dir meine Gegenrechnung aufmache? – Wer hat die Goldfelder hier entdeckt? – Das war ich. Und wie heißt die Stadt? Wyndham. Das ist mein Name, nicht deiner. Die Trockenwäscherei von Gold hat dir Geld gebracht. Du hast dich dabei nicht abzuplagen brauchen. Das taten Männer für dich wie ich und andere, und wir brachten unser Gold dann zu dir für teure Waren. Aber du bist weich geworden und schlappig und hast vergessen, was andere für dich getan.“
Die Menge der gaffenden Zuhörer war größer geworden. Der Streit zwischen den beiden Männern verhieß das Schauspiel eines Boxkampfes, das man sich nicht entgehen lassen wollte, denn der Ausgang war unsicher. Baker war besser genährt, Bud aber sehniger.
Baker hatte sich indessen bereits in das Innere seines Stores zurückgezogen und die Tür geschlossen. Er wusste, dass er Bud nicht von seinem ‚Claim‘ vertreiben konnte, schon deshalb nicht, weil die anderen des Spaßes wegen geneigt schienen, seine Partei zu nehmen.
„Dick!“, schrie Bud durch das dünne Bretterwerk des Hauses. „Gib mir einen Sack Mehl und etwas Tee, und ich erkläre das, was ich gesagt habe, als unparlamentarisch und rufe mich zur Ordnung. Ich will es später auch bezahlen, denn ich habe in den Coradillobergen ‚Farbe‘ gesehen. Ich will meinen Claim hier aufgeben und dir deine Ware abstauben und den Store kehren.“
Von drinnen kam keine Antwort.
„Und dabei waren wir früher Partner, Dick und ich“, wandte sich Bud, tief verletzt, an die Umstehenden. „Aber er gab das Prospektieren auf und geriet auf Abwege, wie ihr hier seht!“
Er streckte seinen Arm in der Richtung des Stores aus, der seiner Überzeugung nach offenbar den Abweg darstellte, auf den Baker geraten war.
„Es wird nicht mehr lange dauern, dann bindet er einen steifen Kragen um, setzt sich einen Panamahut auf und geht nach dem Osten, wo er den Leuten erzählt, dass er ein Pionier aus Wyndham ist. Könnt ihr es glauben, dass es Leute gibt, die so wenig Moral in den Knochen haben? Und mir verweigert er ein bisschen Mehl –“
Er wurde unterbrochen, denn die Tür öffnete sich jetzt wieder, und Baker schrie:
„Der Kerl lügt wie ein Politiker. Ich habe ihm immer beigestanden, und er schuldet mir schon fünfhundert Dollars für all den Proviant, den ich ihm schon verschafft habe. Wir waren Partner, und er hatte genauso viel ‚Staub‘ wie ich, aber er verprasste alles in den Bars und auf den Rennplätzen, und nun –“
Er vollendete nicht, denn er sah, wie Bud seine Hemdsärmel oder wenigstens, was von diesen noch vorhanden war, aufstreifte.
„Das muss ausgekämpft werden“, sagte dieser. „Du hast mich schwer beleidigt. – Hat er das nicht, Partners? Komm heraus, Dick, und versuche mal für ein paar Minuten ein Mann zu sein. Wir wollen um eine Woche Rationen kämpfen.“
Aber Baker hatte sich wieder in seinen Store zurückgezogen, und Bud rüttelte an der Türklinke, dass die ganze Hausfront wackelte.
„Ich werde den Teufel tun und mich noch einmal hier vor meinem Hause mit dir boxen. Es ist noch ganz aus den Fugen vom letzten Mal. – Schafft doch einer von euch den Kerl weg!“
Das Ersuchen blieb nicht vergeblich. Einer aus der Menge beging tatsächlich die Unvorsichtigkeit, Bud am Arme zu fassen, um ihn fortzuführen, kam aber im nächsten Augenblick, als er sich verdutzt wieder aus dem Staube aufrichtete, zu der Überzeugung, dass Friedenstiften nicht immer eine empfehlenswerte Beschäftigung ist. Die sechs Fuß Knochen und Muskeln, über die Bud verfügte und in der Einöde gestählt hatte, trugen nicht wenig zur Vervollkommnung dieser Überzeugung bei.
Bud begann die Gruppe der Leute um ihm herum jetzt etwas genauer zu mustern. Es waren meist solche, die aus irgendeiner Stadt in die Goldfelder hier gekommen waren, verführt dazu von der Vorstellung, dass Prospektieren und Goldwaschen den leichtesten und lohnendsten Erwerb von der Welt darstellt, und die dann, als sie der Wirklichkeit der Dinge gegenüberstanden, den Mut nicht mehr aufgebracht hatten, die Sache überhaupt erst anzufangen. Sie wären wohl auch längst wieder in die Stadt und zu ihren gutbürgerlichen Berufen als Barbiere, Geschirrwäscher, Clerks oder Landagenten zurückgekehrt, wenn ihnen nicht das Geld dazu gefehlt hätte. So hatten sie sich damit abfinden müssen, die ‚Stadt‘ Wyndham noch eine Weile länger mit ihrer Gegenwart zu beehren und das Problem ihrer Existenz jeden Tag von Neuem in der einen oder anderen Weise zu lösen, wobei es ihnen freilich nicht selten passierte, dass ihre Mittags- oder Abendmahlzeit und manchmal auch beide aus einem oder auch aus zwei Löchern bestand, um die sie ihren Gürtel enger schnallen mussten.
Bud, als echte Wüstenratte, hatte für solche Grünhörner aber nur die mitleidige Geringschätzung des Fachmannes dem Amateur gegenüber.
„Lasst eure Hände von mir, das rat ich euch!“, sagte er im Tone einer väterlichen Warnung. „Ihr wisst wahrscheinlich nicht, wer ich bin. Ich bin Bud Wyndham, dem die Stadt hier ihre Existenz verdankt. Die Goldfelder hier habe ich der Welt gegeben.“
„Hättest auch etwas Klügeres tun können. Dann säße ich heute noch in Seattle und hätte meine Arbeit und meinen Verdienst!“, rief einer, auf den die erwähnte große Tat Buds ihren Eindruck völlig verfehlt hatte.
„Goldfelder!“, rief ein anderer höhnisch. „Hat einer von euch schon mal Gold hier zu sehen bekommen?“
„Die Mining-Kompanien entlassen ja schon ihre Mitarbeiter, weil sie mehr Gold in ihre Claims hineinstecken als sie herausholen“, ein Dritter.
„Ganze Sache war Schwindel“, meinte noch ein anderer, indem er verächtlich in die dicke Staubschicht der Straße spuckte.
„Was wisst ihr denn davon!“, schrie Bud tief verletzt. Ihr seid alle verweichlichte Stadtmenschen und denkt, ihr müsst umkommen, wenn euch mal eure Zigarette fehlt, und verdursten, wenn ihr mal kein Bier mehr habt und Wasser trinken sollt. Ihr werdet niemals Gold finden, auch wenn es in Klumpen daliegt, dass ihr darüber stolpert und Hals und Beine brecht, was euch übrigens recht gesund wäre.“
„Du hast es aber auch nicht gefunden“, wehrte einer seinen Zweifel an ihre Befähigungen zum Prospektieren ab, „wenigstens habe ich mir von einem Millionär bisher immer eine ganz andere Vorstellung gemacht.“
„Deine Schuld!“, wies ihn Bud zurecht. „ich sage euch, das Gold ist da, und ich – ich – Bud Wyndham, werde es wiederfinden!“
Das war mit einem Nachdruck gesprochen, der wenigstens seinen eigenen Glauben an diese Verheißung bewies.
Der Mann, den er in den Staub geworfen, teilte diesen Glauben aber offenbar nicht. Er hatte eine Anzahl Steine aufgesammelt, um sie aus einer gewissen Entfernung, die er für die Ausführung dieser Absicht als wünschenswert ansah, auf Bud zu werfen. Die Hitze war aber so drückend, der Staub und die Verödung der ganzen Gegend wirkte so lähmend auf jede Entschlusskraft, dass keiner und schließlich auch er selbst nicht, irgendwelche Lust mehr besaß, den nutzlosen Streit fortzusetzen, und einer nach dem andern sich in den Schatten der wenigen Bäume zurückzog.
Buds Camp befand sich an einem Bergabhange. Auf dem Wege dahin überschritt er den langen Graben, der die Stätte seines ersten glücklichen Fundes anzeigte, die sich allerdings schon nach kurzer Zeit wieder als erschöpft erwiesen hatte. Die zu beiden Seiten lagernden roten Erdmassen waren allmählich weicher Staub geworden, der in Wolken in die Luft stieg, als er jetzt hindurchwatete.
Diese Erde, zum ersten Male von Bud mit seiner Hacke und Schaufel an das Licht gehoben, seit in Urzeiten das Gold aus dem glühenden Schoße tief unter der harten Kruste in der Form von Gas emporgestiegen war, hatten nach ihm noch Scharen von Prospektoren bis auf die letzte Hand voll durchwühlt. Da das Wasser fehlte, war nur die Methode der Trockenwäscherei möglich gewesen. Man hatte Pfannen benutzt, aus denen der Erdstaub, nachdem man etwaige Klumpen mit den Händen zerdrückt, einfach fortgeblasen wurde, bis der schwere Goldstaub sich als Farbe auf dem Boden zeigte. Flache Fässer, wo das Gleiche mittels Blasebalg geschah, und Siebe und Maschinen. Auf jede erdenkliche Art war das letzte Stäubchen Gold hier herausgeholt worden. Allmählich nach einem halben Dutzend der hier freilich recht seltenen Regengüsse, würde sich der Boden wieder zu einer festen Kruste formen, bis diese Hülle wieder durch eine dürftige Vegetation, die sich aus ihm hervorquälte, gesprengt wurde. Mit der Zeit würden dann auch die Haufen leerer Blechdosen, die Knochen eines Maultiers, die in der Sonne bleichten, und die Überreste eines umgestürzten Karrens, dessen eines zerbrochenes Rad den Eindruck der Verödung hier noch viel deutlicher machte, von zähen Büschen und Salbeipflanzen verdeckt werden.
Trotz der den Leuten von Bakers Store gegenüber zur Schau getragenen Zuversicht in den Erfolg seiner Tätigkeit hatte Bud doch jetzt mit der unangenehmen Tatsache zu rechnen, dass sein Wasserbeutel nur noch halb gefüllt und sein geringer Vorrat an Schiffszwieback bedenklich zusammengeschrumpft war.
Drüben auf der anderen Seite des tiefen Grabens befand sich die Lazy Jim Mine, die einen Syndikat im Osten gehörte. Hebebalken und Winden waren zwischen Haufen von Diorit, grauem Granit und gelbem Schiefer sichtbar, und über die mit einem dürftigen Grün überzogenen Berghänge liefen tiefe Gräben wie hässliche Wunden.
Nur einige der Winden wurden von Arbeitern in einer Weise bedient, die bewies, dass sie es mit ihrer Arbeit keineswegs sehr ernst nahmen. Sie schienen sich damit in Übereinstimmung mit einem kleinen Gasolinmotor zu befinden, dessen müde Puffe wie die letzten Stoßseufzer einer verendenden Kreatur klangen, und mit der Stampfe, die fast nur noch taubes Erz zermalmte.
Bud sah den Leiter der Mine in sauberem Hemd und unten umgeschlagenen weißen Hosen vor der Stampfe stehen und sich im Haar kratzen. Er war aber nicht der einzige Kopf, der diesen Sommer infolge der immer schlechter werdenden Resultate der Arbeit hier die gleiche unsanfte Behandlung erfuhr. Schächte und Tunnel in das Erdreich treiben kostet Geld. Maschinen auf Maultieren mehr als hundert Meilen weit von der letzten Bahnstation heranzuschaffen, hatte unter den hohen Preisen, die an den wenigen Trinkstationen für Wasser gezahlt werden mussten, bisher immer noch mehr Gold verschlungen, als sie aus der Erde herausgeholt, und die beteiligten Kapitalisten waren kaum noch zu bewegen, weitere Betriebsmittel herzugeben. Die Shares waren bereits bis auf den Wert von wenigen Cents gesunken und fanden nicht einmal zu diesen Preisen Abnehmer.
Die Aussichten für die Lazy Jim Mine waren entschieden nicht ermutigend.
Bud brauchte Tabak nötiger als eine Mahlzeit. Seine Hände wühlten in den Taschen. Er fand auch noch einen kleinen Rest, der seine Pfeife aber kaum halb füllte. Der Manager der Lazy Jim Mine rauchte eine Zigarre und brauchte wohl nicht so sparsam damit umzugehen, denn es war gewiss nicht seine letzte.
Bud wollte aber nichts mit ihm zu tun haben. Er hatte eine ausgesprochene Abneigung gegen Leute, die das bisschen Wasser, das hier überhaupt nur vorhanden war, zum Waschen ihrer Hosen verschwenden ließen.
Das Quietschen einer roh mit der Axt gezimmerten Winde und das Aneinanderstoßen blecherner Eimer klangen an sein Ohr. Dort befand sich die Dolorosa Mine. Ein Arbeiter stand auf der Winde und holte eben ein paar andere aus dem Schacht herauf. Fast gleichzeitig gab auch die Dampfpfeife der Lazy Jim Mine in kurzen Stößen, denn Dampf musste gespart werden, das Zeichen zur Beendigung der Arbeit. Die Männer warfen ihre Schaufeln und sonstigen Werkzeuge beiseite, nahmen ihre Wassertaschen und kamen den Bergabhang herab.
„Hast du einen Priem?“, fragte Bud den nächsten.
„Eben mein letztes Stück genommen“, antwortete dieser. „Bin neugierig, wo das nächste herkommen wird. Wir sind entlassen.“
„Entlassen? Hat euer Manager den Sonnenstich bekommen? Ihr habt den besten Claim in der Welt. Gerade die Alluvialschicht über der Stelle, wo ich zuerst das Gold entdeckte. Und sieh dir doch nur die Lage des Gesteins an. Die Lazy Jim Mine ist nichts wert. Aber auf eurem Claim muss sich der Erzgang finden, von dem das Gold herkam.“
Buds Hacke-und-Schaufel-Geologie begegnete aber nur tauben Ohren. Der Mann hatte genug von der Dolorosa Mine und seiner Arbeit in taubem Gestein. Er wanderte weiter.
„Was weiß ich davon“, entgegnete er schon im Weitergehen. „Ich bin kein Miner, und mich kümmert’s auch nicht mehr. Ich gehe zurück nach Oregon. Dort gibt’s wenigstens Wasser.“
Bud befand sich bald allein. Unmerklich, aber noch schnell, sank die Nacht auf die Landschaft herab.
Also die Dolorosa Mine entließ Arbeiter, behielt nur so viele, um den Betrieb, den Vorschriften entsprechend, wenigstens dem Namen nach aufrechtzuerhalten, und würde ihn wohl demnächst ganz einstellen.
Die
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
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Lektorat: Jürgen Müller / Abenteuerverlag Pockau
Tag der Veröffentlichung: 12.02.2013
ISBN: 978-3-7309-1110-5
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