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Emil Droonberg

Im Tal der grünen Schlangen

 

Coverbild:  © una_llenella/Shutterstock

 

 

Im Tal der grünen Schlangen

Das Ranchhaus des Mr. Baldy Rob lag mit seinem geräumigen Bunkhaus (Wohnhaus der Cowboys) und den sonstigen Wirtschaftsgebäuden, die natürlich alle nur aus ausgedörrten Bretterbuden bestanden, wie ausgestorben vor mir, als ich mich ihm an diesem heißen Sommertag mit meinem erschöpften Pferd näherte. Ich lenkte es im Schritt über den mit zollhohem Alkalistaub bedeckten Wüstenboden, oder vielmehr ich lenkte es nicht. Es bedurfte dessen nicht, denn es hatte diese einzige menschliche Niederlassung in einem Umkreis von wenigstens zwanzig Meilen wohl schon eher erspäht als ich und die Sehnsucht nach einem endlos langen Trunk Wasser aus einem der Tröge dort beschleunigte seinen müden Schritt etwas.

Neben dem Bunkhaus befanden sich die Korrals, von denen einige mit einem Leinendach versehen waren, um dem Dutzend Remudapferden, die darin dösten, wenigstens etwas Schutz vor der glühenden Sonne zu gewähren. Remudapferde sind die Dienstpferde der Cowboys, die zum Unterschied von den ungebrochenen Pferden draußen auf der Range (die zur Ranch gehörenden Weideplätze) so genannt werden. Es sind kleine unansehnliche Pferde, selten mehr als siebenhundert Pfund schwer, aber unglaublich ausdauernd, an den härtesten Dienst und die größten Entbehrungen gewöhnt. Dabei außerordentlich klug. Sie wissen im richtigen Augenblick stets, was sie zu tun haben, sodass sich der Reiter ausschließlich mit dem zusammenzutreibenden Vieh beschäftigen kann.

Aus diesem Grund hat der Cowboy meist seine eigenen Pferde, die er mitbringt, wenn er eine Stellung auf einer Ranch antritt, und mitnimmt, wenn er diese wieder verlässt.

Ich hatte Baldy Rob einige Monate vorher in Albuquerque im Staat Neu-Mexiko, gelegentlich eines Rodeos kennen gelernt, über das ich für meine Zeitung zu berichten hatte.

Ein Rodeo in den südwestlichen Staaten der Union ist eine jahrmarktähnliche Festlichkeit, wobei Wettkämpfe in allen möglichen Ranchkünsten, wie das Brechen wilder Pferde, das Einfangen und Fesseln von Stieren in Bestzeit, Lassowerfen und anderes mehr veranstaltet werden.

Baldy Rob war sicherlich nicht sein richtiger Name, sondern der, den ihm seine Freunde und Nachbarn zugelegt hatten; da er aber so gut war wie irgendein anderer, genügte er mir. In unserm Gespräch über die verschiedenen Leistungen der Cowboys im Rodeo hatte er geäußert, wenn ich ein wirkliches Rodeo mit ansehen wolle, möge ich ihn doch einmal zu solcher Zeit auf seiner Ranch besuchen.

Er war Eigentümer der -UR Ranch; dieses Zeichen war in den Herdenbüchern der Cattle Association eingetragen und seinen Rindern und Pferden eingebrannt. Die Ranch war nicht sehr groß. Zu viele Farmer hatten sich im Laufe der Jahre in den Staaten, die früher ausschließlich der Viehzucht dienten, niedergelassen und behauptet, nachdem ihnen die Viehzüchter durch heimliches Niederbrennen ihrer Blockhäuser und Vorräte das Leben lange Zeit schwer genug gemacht hatten. Der große Entwicklungsgang, der die endlosen Weideflächen mehr und mehr unter den Pflug bringt, obwohl in den andern Staaten noch reichlich Platz für Ackerwirtschaft vorhanden ist, konnte eben nicht aufgehalten werden. Der wenigen Farmer, die zuerst kamen, hatte man sich in der erwähnten Weise entledigen können; den vielen gegenüber, die ihnen folgten, war das nicht mehr möglich. Die Zeit der großen Ranches und Viehherden war endgültig vorüber. Auch die romantische Gestalt des Cowboys mit seinem hohen, breitrandigen Stetsonhut, den Angorafellhosen, den hochschäftigen Stiefeln mit den hohen Absätzen und den riesigen Sporen verschwindet mehr und mehr. Heute unterscheiden sich die Rancher nur noch wenig von den Farmern, und wenn sie nach einer mehr oder wenigen langen und anstrengenden Zeit einsamer Tätigkeit auf der Ranch in die Stadt ziehen, was früher mit wildem Gejohle auf ihren flinken Ponys geschah, erblickt man sie heutzutage bescheiden und zahm auf den Gummirädern ihrer Autos, um dann in aller Stille die ‚Speak-easy’s‘, die Flüsterkneipen ohne Konzession, aufzusuchen, in denen sie einen schauderhaften Bootleg Whisky (von: Bootlegers = Alkoholschmuggler zur Zeit der Prohibition) erhalten.

Ich befand mich jetzt auf dem Wege, Baldy Rob den zugesagten Besuch abzustatten. Am Morgen war ich in der Eisenbahnstation eingetroffen, hatte mir in einem Leihstall ein Pferd gemietet und war nun seit vielen Stunden unterwegs durch die baumlose, sonnendurchglühte Wüste, die nur stellenweise einige ausgedörrte Grasflächen aufwies.

Als ich in den Ranchhof, der von einem zweireihigen Stacheldrahtzaun umgrenzt wurde, einritt, trat aus dem Bunkhaus ein Cowboy, einer von denen, die an dem Rodeo in Albuquerque teilgenommen hatten. Er grinste, als er mich erkannte.

„So sind Sie also doch noch gekommen“, sagte er. „Baldy hat Sie erwartet. Kunststücke werden Sie nun freilich nicht zu sehen bekommen, dafür aber Arbeit, harte Arbeit. Und das wird Ihnen einen besseren Begriff vom Ranchleben geben als so ein Rodeo in der Stadt.“

„Ich nehme an, es ist wie bei den Farmern die Ernte: harte Arbeit, und doch freut man sich darauf.“

„So ähnlich“, brummte der Mann, der als Ranchmann für Farmer und Ernten nichts übrig hatte.

Ich war vom Pferd gestiegen, und der Cowboy begann, ihm den Sattel und das Zaumzeug abzunehmen, worauf er es in den Korral der Remudapferde einließ.

„Baldy ist im Haus“, bemerkte er dann, als ich einen Augenblick zögerte. „Hat Sie wahrscheinlich noch gar nicht gesehen.“

Ich wandte meine Blicke nach dem Haus.

Entlang der Vorderseite lief eine Veranda, zu der mehrere Stufen hinaufführten. Ich schritt darauf zu und war eben im Begriff, die Stufen hinaufzusteigen, als ich dicht neben mir ein verdächtiges Klappern hörte. Gleichzeitig wurde die Gazetür des Hauses aufgestoßen, eine junge Indianerin stürzte heraus und hatte im nächsten Augenblick mit einem geschickten Griff eine Klapperschlange dicht hinter dem Kopf gefasst, die dort im Schatten gelegen und bereit gewesen war, gegen mich vorzustoßen, um mir ihren tödlichen Biss zu versetzen.

Einige Sekunden hielt sie die sich windende Schlange mit der rechten Hand hoch, strich ihr dann mit den Fingern der Linken leise den Körper entlang, was das Tier auffällig zu beruhigen schien, und schritt dann mit der Schlange die Stufen hinab.

Meine Aufmerksamkeit wurde jetzt von ihr abgelenkt, weil sich die Tür von Neuem öffnete und mein Freund Baldy Rob heraustrat. Er warf der Indianerin, die mit der Schlange eben um die Ecke des Hauses verschwand, einen flüchtigen Blick nach und sagte:

„Well, Sir, da sind Sie ja! Hätten bald einen üblen Willkomm gehabt, wie ich sehe. Das Zeug kriecht überall umher, und man ist niemals sicher vor

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Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Cover: una_llenella/Shutterstock
Lektorat: Jürgen Müller / Abenteuerverlag Pockau
Tag der Veröffentlichung: 26.01.2013
ISBN: 978-3-7309-0875-4

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