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Weißt du noch, wie es war?
Du warst in meinem Zimmer, saßt auf meiner Bettkante. Viele heiße Tränen waren über dein Gesicht gelaufen.
Papa, ich habe deinen Worten geglaubt. Habe meine Arme um deine breiten Schultern gelegt und deinen Kopf an meine Brust gezogen. Ich habe mit dir geweint. Denn für mich brach da eine Welt zusammen. Tagelang war ich ab diesem Moment von der angstvollen Erwartung erfüllt, die Seifenblase meiner neugeborenen Hoffnung könnte platzen. Fürchtete, du könntest weggehen. Könntest uns alleine lassen. Mich alleine lassen. Dabei hab ich dich so geliebt...
Damals hast du gesagt, es tut dir leid. Du hast mir versprochen, dass du bei uns bleibst. Bei Mama, bei meiner Schwester, bei meinem Bruder... bei MIR...
Voll Hoffnung hab ich mich wieder ins Leben gestürzt, das ich eigentlich gar nicht mehr wollte. Denn es war plötzlich zerbrechlich geworden. Es hatte mich plötzlich verletzlich gemacht. Es kam mir kaum noch einen Pfifferling wert vor... Denn meine Welt war schon am zerbrechen.
Der große Riss in meiner Fassade war schon da. Und er hatte eine große, breite, hässliche Narbe in meinem Herzen hinterlassen. Aber ich wollte gar nicht hinsehen. Ich machte meine Augen zu und sah einfach nicht mehr hin. Ich wollte nicht wissen, dass unsere Familie noch viel zu labil war, um alle Vorsicht zu vergessen. Krampfhaft klammerte ich mich an deinem Versprechen fest.
Aber du hast gelogen, Vati. Hast mich voll auf den Arm genommen.
Hast du dein Versprechen überhaupt ernst gemeint? Oder warum hast es mir gegeben, um es dann doch zu brechen? Hat es dir wirklich leid getan? Weshalb hast du geweint? Wozu, wenn du ja doch gelogen hast?!
Eines Tages hast du soviel getrunken, dass du Mama gesagt hast, dass du ihr untreu warst. Das war ja nicht das erste Mal, nicht wahr, Vati? Nur ein oder 2 Monate vorher hatten wir, deine Kinder, schon einmal einen Fehltritt von dir aufgedeckt. Nicht? Aber der war gar nichts gegen das, was du Mutti an diesem Abend erzähltest.
An diesem Abend habe ich meine kleine Schwester im Arm gehalten und versucht ihr glauben zu machen, dass alles wieder gut wird. Wir schaffen das, habe ich zu ihr gesagt. Aber die Worte klangen hohl und schwach, selbst in meinen Ohren. Damals wusste ich schon, dass dies der Anfang vom Ende würde. Mir wurde mit einem Schlag klar, dass wir dich verloren hatten. Dabei hattest du mir doch versprochen, du bleibst bei uns. Jenen Abend wurde mir bewusst: DU HATTEST UNS ANGELOGEN! DAFÜR habe ich dich gehasst. Ich war nicht nur einfach wütend auf dich. Du hast nicht nur gelogen. DU HAST UNS VERARSCHT!!!
Aber nach außen tat ich, als wäre ich stark. Als wäre ich voll Hoffnung, dass wir auch ohne dich klar kommen würden. Mutti hat uns Mädels sogar gefragt, ob wir denken, es ist richtig, wenn sie sich von dir trennt. Meine schwester war etwas zögerlich... Weißt du, was ich gesagt habe? Ich habe gesagt, wäre ich an ihrer Stelle, hätt ich dich schon VIEL EHER rausgeworfen! Am Liebsten wollte ich dich gar nicht mehr sehen, Papa. Doch Mama war viel zu nett. Sie hat dir sogar noch einen Monat Zeit gegeben, damit du eine Wohnung finden konntest und nicht auf der Straße sitzen musstest. In jener Zeit hätte ich dir oft gern das Gesicht zerkratzt!
Willst du wissen weshalb?
Denke doch nur wenige Wochen zurück. Damals hatte ich meinen allerersten Freund. Alles war noch harmlos. Nur ein bisschen Händchenhalten, verliebte Blicke und Küsschen auf die Wange. Ich war ja soo verliebt...
Und als ich heimkam, da hast du schon auf mich gewartet und vor Wut gekocht. Ehe ich wusste, wie mir geschah, hast du mir eine geklatscht. Mich angebrüllt, was ich mir dabei denke. Was für eine Hure und Nutte ich denn sei! Billiges Flittchen hast du mich genannt. LÄUFIGE HÜNDIN! Über eine halbe Stunde musste ich deine Strafpredigt anhören. Ich habe geweint. Ja sogar zurückgeschriehen. Und dafür noch eine gefeuert bekommen.
Bei einem Fremden hätte ich nicht geweint. Hätte einfach weggehört. ABER DU WARST DOCH MEIN PAPA! Kannst du dir vorstellen, wie sehr du mir wehgetan hast?
Ich fühlte mich elend. Mein Selbstwertgefühl sank rapide in den Keller. Ich glaubte, dir nichts wert zu sein. Und wenn ich für meinen Vater ein Nichts bin, was war ich dann schon noch für andere?!
Innerlich ging ich völlig zu Grunde. Ich zerbrach. Doch nach außen hielt meine Fassade, obwohl sie einen weiteren hässlichen Riss bekommen hatte. Mir selbst war ich nichts mehr wert.
UND NUR EINEN MONAT SPÄTER GEHST DU FREMD?! Du hast damit nicht nur Mama verletzt. Du hast auch mich betrogen! Und meine Geschwister! Du hast uns einfach im Stich gelassen. Hast mir meinen Vater genommen. Und einen Teil meines Herzens völlig zerbrochen. Dabei hattest du mir versprochen, dass du bei uns bleibst... hast gesagt, du hast mich lieb...
DU LÜGNER! Du elender, verdammter Lügner!
Seid jenen Abend, als du Mama gesagt hast, was du getan hast... Seid dem warst du für mich der Schlechteste aller Menschen. Der erste Mensch, den ich hasste. Und trotzdem hatte ich dich lieb. Also zeriss ich förmlich. Denn einerseits hasste ich dich abgrundtief, auf der Andern jedoch, liebte ich dich.
Und weißt du, womit du mir noch einen Tritt verpasst hast?
Papa, weißt du, an welchem Tag du zum ersten Mal mit der anderen Frau geschlafen hast? Nein, bestimmt nicht. ABER ICH WEISS ES!!! Weißt du wieso? Weil es MEIN GEBURTSTAG war! Ich bin 16 geworden an jenem Tag. Und an solch einem Datum machst du deine eigene Familie kaputt! Einer der wenigen Tage im Jahr, die ich mir merken konnte...
Und aller Logik wiedersprechend suchte ich nun auch noch die Schuld dafür bei mir! Nur weil du an meinem Geburtstag Mutti betrügst, fühle ich mich verantwortlich dafür, dass meine Familie auseinander gerissen wurde!
Von dem Tag an, als ich all das erfuhr, wurde mir klar: DU MUSST WEG! Raus aus unserer Wohnung. Raus aus meinem Leben. Einfach weg!
Denn ich wusste, ich könnte dir noch weniger verzeihen, als Mama oder meine Geschwister.
Aber unsere Zeit war noch nicht ganz vorbei. Mutti hatte dir ja die Frist gesetzt. Und in diesen Wochen hast du dich aufgeführt wie ein armer Irrer! Das hast du voll an uns ausgelassen. AN DEINEN KINDERN!!! Aber nicht nur an uns großen Mädchen. Nein, auch an meinem kleinen Bruder! AN DEINEM PRINZCHEN! Dabei war der Kleine doch erst 4 Jahre alt! Der hat das noch gar nicht verstanden. Aber du Idiot hast uns Kinder versucht, gegen Mama aufzuhetzen. Warum, Papa?
Seid dem Tag deines Geständnises hast du viel Bier getrunken. Manchmal warst du so betrunken, dass du uns Kinder sogar geschlagen hast. Wieso, Vati? Sag es es mir!
Deine Trinkerei war mir so peinlich! Du hast dich zulaufen lassen, wie ein Assi! Ich hab mich so sehr für dich geschämt. Denn MEIN PAPA, auf den ich immer so stolz gewesen bin, war auf einmal ein Alkoholiker! Vati, du hast dich benommen, wie ein Assoszialer! DEINE TÖCHTER MUSSTEN SICH FÜR DICH SCHÄMEN! Weißt du, wie ich mich gefühlt hab?
Mir war ständig zum Weinen zumute. Aber das taten schon Mama und meine Geschwister. Einer musste doch stark bleiben oder? Also konnte ich nicht weinen. Ich durfte einfach nicht schwach sein. Keine Schwäche zeigen, war mein Motto.
Das war zuviel für mich. Ich habs 3 jahre lang durchgehalten.
Papa, damals bin ich zerbrochen. Mein kleiner Bruder auch.
Das ist lang her, sagst du?
Papa, ich habe drei lange Jahre nicht geweint. Ich war stark für meine Familie, als du uns verlassen hast. Jeden Geburtstag vergieße ich bittere Tränen, aber den Rest des Jahres biete ich dem scheiß Leben die Stirn. Das Einzigste, was mich etwas ablenkt sind diese scheiß Pillen und das verdammte Teufelszeug, das ich mir spritze! Dabei wollte ich das nicht. Und seid Mama weiß, dass ich Drogen nehme, wär sie voll fertig! Aber ich kann nicht mehr aufhören. Das Zeug brauch ich.
Jetzt ist genug. Ich will nicht mehr. Seid einigen Monaten habe ich eine eigene Wohnung, weil ich fertig mit der Ausbildung bin und woanders Arbeit bekommen habe.
Aber hier läuft mir doch tatsächlich deine Geliebte übern Weg! Nachdem du weg warst, hab ich dich 3 Jahre nicht mehr gesehen und dann holst du sie von der Arbeit ab. Ich habe nicht gewusst, dass ich dich hier wiedersehe.
Du hast mich nicht erkannt. gestern hatte ich Geburtstag. heut hab ich dich gesehen.
das ist zuviel.
Du hast mich angeschaut, aber nicht erkannt. Die junge Frau vor dir kam dir bekannt vor. Du wusstest nur nicht woher...
Dabei bin ich dir so ähnlich Papa. ich habe deine Augen und deine Nase. Ja, sogar mein Lächeln ist das selbe, wie deines...
Ich geb auf, Papa.
Ich kann dir nicht verzeihen. und die drogen machen mich fertig...

Good Bye, Dady
I sleep now
forever

Good Bye, Dady

Impressum

Texte: alle Rechte bei Avena FatuaDas Cover ist eine eigene Fotografie
Tag der Veröffentlichung: 02.09.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für die, die zu mir gehalten haben, mich ermutigt haben und denen, die mir weh getan haben...

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