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Prolog

Progrediente Multiple Sklerose

Ich lag im Krankenhaus, mein älterer Sohn, Andreas war gerade zu Besuch, da kam eine große Visite mit Professor, Andreas wollte hinaus gehen, doch der Professor erkundigte sich, wer er sei und meinte er solle bleiben.
Er
fragte mich: "Warum haben sie die Tabletten nicht genommen?"
"Niemand hat mir gesagt wofür sie sind. Es war mir seltsam etwas ein zu nehmen, von dem niemand weis wofür."
"Es ist ein Stimmungsaufheller", erklärte er.
"Wenn ich endlich eine Diagnose habe, brauche ich so etwas nicht, das Einzige was mich kaputt macht, ist daruber zu reden, da niemand meine Störungen ernst nahm. Manchmal glaubte ich selbst, dass ich es mir einbilde. Haben sie jetzt eine Diagnose?"
"Ja, dazu möchte ich, dass sie zu ihrer betreuenden Ärztin Frau Dr. Strasser-Fuchs gehen. Sie wird mit ihnen ein klärendes Gespräch führen."
"Ich habe mehr Kontakt zu jedem hier anwesenden Arzt, selbst zu ihnen. Frau Dr. Strasser habe ich genau so lange gesehen, wie sie brauchte mich auf zu nehmen. Ich möchte es jetzt wissen!"
Umständlich erklärte er von den Ergebnissen des CD´s ,der MR und der Lumbalpunktion und sagte dann: "Sie haben Multiple Sklerose mit progredienten Verlauf, dies wird ihnen Frau Dr. Strasser-Fuchs erklären. Jetzt erhalten sie eine Cortison Kur, die hilft ihnen nicht gegen die Krämpfe, aber entspannt ihre Muskulatur. Dazu werden sie eine Magen schützende Tablette bekommen und sie sollten auch die Venenspritzen nehmen."
Die hatte ich verweigert, da ich hier im Krankenhaus auf Grund der Therapie mehr Bewegung hatte, als sonst.
"Frau Binder, sie wirken so gefasst, es ist eine schwere Diagnose'?"
Da antwortete mein Sohn: "Für meine Mam ist nur wichtig endlich eine Diagnose zu erhalten. Bis jetzt hat nur ein einziger Arzt ihre Störungen ernst genommen und das war die Amtsärztin. Sie hatte einen Verdacht, zog Erkundungen ein und veranlasste diese Untersuchungen. Und dies obwohl meine Mutter erst aus dem Krankenhaus kam."


Progrediente Multiple Sklerose
Und ich war erleichtert


In der Abendschule sass am nächsten Tisch ein junges Mädchen im Rollstuhl, sie hat Multiple Sklerose. Da sagte meine Schwester: "Du wolltest dich schon immer damit beschäftigen, jetzt hast du die Möglichkeit."
Immer wieder war diese Krankheit in meinem Kopf,
aber ich wusste nicht, wie sehr.


Ich sage gern zu meinen Leuten: "Es kommen immer Menschen mit solchen Probleme zu einem, mit welchen man selber zu tun hat."


Irgendwie hielt ich mich darüber erhaben,
oh wie sehr hab ich mich geirrt.


MULTIPLE SKLEROSE IN MEINEM KOPPF

Das erste Mal, als ich auf sie traf, da war ich siebzehn. Mein Vater lag auf der Neurologie, Bandscheibenvorfall. Es waren sehr viele Schwerkranke in seinem Achtbettzimmer und einer mit Multipler Sklerose.
Von diesem Kranken war ich sehr betroffen und seine Hoffnungslosigkeit, da es keine Behandlung gibt.
Immer wieder musste ich an diese Krankheit denken, also auch darüber reden. Jedoch traf ich auf keinen weiteren Betroffenen und so setzte ich mich nicht mit den einzellnen Bestandteilen der Krankheit auseinander.
Hätte ich es getan, wäre mir vielleicht selbst ein Verdacht gekommen und meine Psyche hätte nicht so Schaden erlitten.
Jahrelanges Erklären, immer wieder eben einzellner Symptome, machte es mir irgend wann nicht mehr möglich darüber zu reden ohne zu weinen, in späterer Folge verzerrte sich mein Gesicht zu einer unkontrollierten Fratzke.
Also ging ich nicht mehr zu Ärzten.

der beinbruch

Nachts, ich wollte noch ein parr Holzstücke in den Ofen legen, vier Meter Weg, aber meine Beine ließen aus ich stürzte, zog mich noch das fehlende Stück um nach zuheizen.
Zurück zu meinem Bett war echt mühsam und schmerzhaft. Zum Glück war Verbandszeug gut erreichtbar, ich machte mir eine Kartonschine mit einer Salbe für Knochenverletzungen, die schon oft ihre Wunder tat.
Am nächten Morgen konnte ich mich noch auf Krücken dahin schleppen, mühsamer als sonst, aber es ging.
Trottzdem ließ ich mich von meinem Vater überreden zum Arzt zu gehen, obwohl ich weis, dass sie mir selten bekömmlich sind.
Also ab mit Rettung ins Krankenhaus.
Ein CD ergab einen vierfachen Bruch der Fußwurtzelknochen, ich bekam ein Spaltgips und wurde aufgenommen.
Meine Beschwerden, dass der Gips nicht passt, wurden negiert, ich bekam Kühlbeutel gegen das Drücken. Am dritten Tag sollte ich aufstehen, dürfte mit dem Spaltgips aber nicht auftreten.
Ich erklärte der Ärztin: "Ohne mein linkes Bein kann ich stehen, auch nicht mit Krücken. Die hab ich zur Stütze des rechten Beins."
Zwei Tage später bekam ich eine Psychologin, in einem winzigem Kämmerlein, wollte sie mich von meiner Angst zu gehen heilen.
Ich sagte ihr, dass ich ohne Tränen nicht davon reden, dass liegt daran, dass egal was ich sage, ungehört verhallt.
"Sehen sie hier meinen Gips, ich hab zig mal gesagt, dass die Watteeilage fehlt und die Brösel meinen Fuss wundreibt. Der Arzt ist nicht einmal bereit es anzuschauen, obwohl morgens eine Menge Gipsstaub neben meinem Bett liegt. Ein Pfleger hat ihn mir etwas geweitet, damit ich den Kühlbeutel besser hinein brachte.
Seitdem schlüpfe ich jede Nacht heraus, versorge meine Wunden und entleere die Schale.
Aber es kümmert niemandem. Ich habe Krücken, weil ich mein rechtes Bein nicht benützen kann.
Ich sehe mich außer stande ohne Beine mit Krücken zu gehen."
Sie: "Aber die Weinerlichkeit zeigt von tiefen Leiden!"
"Wissen sie, diese ewig sinnloe Erklärungen, dass ich etwas habe und mir an hören zu müssen, es seien Einbildungen, bringt mich zum Schreien. Aber ich schreie nicht, deshalb verzerrt sich mein Gesicht."
Sie sah betrübt aus. Ich glaube, sie kennt es auch, dass nicht gehört wewrden und sag es ihr auch. Nach einiger Zeit des Redens sagte ich ihr: "Sehen sie, wenn ich mich nicht mit der Vergänglichkeit meines Körper auseinander setze, bin ich der glücklichste Mensch, denn ich kenne. Ich brauche nur eine Diagnose.
Aber ich kann leben, denn mein Geist ist frei beweglich."
Nach dem Mittagessen betritt ein Mann unser Zimmer, setzte sich an unseren Tisch und schrieb, ohne Worte. Meine Zimmerkolleginen und ich wechselten, ebenso stumm, schulterzuckende Blicke. Da steht er auf und fragt: "Frau Binder?" stellt sich als Neurologe vor, stellt zwei, drei Fragen und verabschiedet sich.
"Was war das?", fragte ich die anderen und alle lachten.
Ich hab nie erfahren, was das Untersuchungsergebnis war.


Die Amtsärztin

Aber am nächsten Tag durfte ich heim, mit dem Spaltgips, zu Hause legte ich wieder Kor Tony´s Wunderverband an, Karton, Salbe und Klebebandage. Das Bein benützen konnte ich bald, aber ein paar Druckstellen vom Gips brauchten Monate zu heilen und solange konnte ich keine Schuhe anziehen.
Da ich mich weigerte die Krücken zu benützen und mit dem Rollstuhl nicht zu dem Wiedereinsteigerkurs konnte, musste ich zum Amtsarzt.
Andreas war mit und durfte mit hinein, nach zehn Minuten Gespräch sagte sie: "Ich hab da so einen Verdacht, dazu müssen ein MR machen", und ging zum Telefon. "Morgen um 9.35 haben sie einen Termin. Geben sie mir ihre Telefonnummer, damit ich sie erreichen kann." Wir verabschiedeten uns.
Am nächsten Tag im Diagnostischem Zentrum, machte zuerst die Beine Probleme und dann Metallteile ablegen.
"Ich habe eine Metallplatte im Unterkiefer." Diesem Unfall mit zweiundzwanzig Jahren wurden die meisten meiner Probleme zugeordnet, etliche meinem Beruf und manche meiner Einbildung.
Eine Ärztin kam und erklärte mir, dass ich sowohl im CD, wie in der MR darauf achten muss und schon bei der geringsten Temperaturveränderung den Notfallknopf drücken sollte. Es gab keine Störung.
Man teilte mir noch mit, dass die Befunde direkt zur BH gehen.
Wiederum nur ein Tag, da meldete sich die Abteilung des Amtsarztes für einen neuen Termin, sobald wie möglich, aber ich soll meinen Sohn wieder mitbringen.
Ich könnte gleich, aber es wird vielleicht zu spät sein, es war nach eins. "Das ist heute kein Problem, da Kinderimpftag ist, geht es bis fünf Uhr. Sie können gleich zur Anmeldung hineinkommen. Bis später."

Es war der 6. Juli 2005, sollte ich heute die lang ersehnte Erklärung für alles erhalten, Aufregung machte sich in mir breit.
Ich braucht für die Amtsärztin nicht einmal den Gips anlegen, sie weis vom Kor Tony Verband, er ist allen bekannt, auch wenn er jetzt schon einige Jahre tot ist. Sein Salbenrezept wurde weiter vererbt, sein Talent leider nicht.
Ich hab ihr auch gesagt, dass ich seit Jahren barfuss fahre, weil ich sonst die Pedale nicht spüre, also machten wir uns auf dem Weg.
Wir wurden sofort vorgelassen, sie kam gleich zur Anmeldung: "Ich hab meinen Verdacht mit einem Kollegen besprochen, das Diagnostische Zentrum hat es bestätigt, aber ich werde sie zur endgültigen Abklärung ins Krankenhaus einweisen. Sie haben am Montag, den 18. Juli um 10.30 einen Termin bei Frau Dr. Strasser-Fuchs im LKH. Ich hab den Termin so fest gelegt, dass sie das mit dem Gips nicht mehr machen müssen. Aber jetzt müssen sie stark sein, aller Wahrscheinlichkeit nach leiden sie an Multipler Sklerose."
Eine Diagnose, Andreas und ich schauten uns an und wir waren so erleichtert.
Die Ärztin fühlte sich nicht so gut.
"Es ist eine schwere Krankheit und es gibt keine Heilung, nur Erleichterungen", erklärte sie.
"Oh, sie missverstehen, wir freuen uns, dass es eine Diagnose gibt. Sie können sich nicht vorstellen, wenn jede Beschwerde abgetan wird als Hirngespinst. Mit Wissen kann man etwas tun."
Sie verstand uns und wünschte uns noch recht viel Glück.
Im Krankenhaus und der anschließenden Kur lernte ich wieder mit Krücken zu gehen.
Die Freude in den Augen meiner Söhne, als ich vom Krankenbett aufstand, werde ich nie vergessen.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 09.09.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Einer Amtsärztin die mir mein Leben zurück gab. Sie erkannte Symtome und glaubte mir: Dank an meine Söhne, die nie glaubten, ich bilde es mir nur ein und mit mir litten

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