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Manche glauben, die Hölle sei ein Ort, an dem sie für alle Ewigkeit unter den Fußsohlen geröstet werden oder auf einer Art auf Dauerbetrieb geschaltetem Grill schmoren. Andere, mehr prosaische Gemüter stellen sich die Hölle als einen Computer-Arbeitsplatz vor, an dem sie mit ihrer Excel-Tabelle – die natürlich bis vorgestern fertig sein muss – nicht weiterkommen, weil sie für alle Zeiten auf jene bewusste Sanduhr starren müssen, die auf dem Bildschirm klebt und einfach nicht weichen will. Wieder andere sagen, Afghanistan, Filme von Oliver Stone, die Happy Tree Friends oder Romane von Peter Handke seien die Hölle.

Ich kenne die Hölle. Noch nicht sehr lange, aber dafür gründlich.

Ich weiß auch, wer mich hingeschickt hat: Ich selbst. Ich habe nämlich Harald, meinem Chef, dem Herausgeber des Regionalmagazins Weisch?! voller Tatendrang verkündet, ich würde ins Anzeigengeschäft einsteigen. Harald ist ein Oberteufel und mit allen Wassern gewaschen, weshalb er gleich vorschlug, das Ganze doch auf Provisionsbasis aufzuziehen. Leistungsorientierte Bezahlung, Erfolgsprämien, das ist genau das, worauf unsereins aus ist, denn man möchte ja am Ende des Monats schwarz auf weiß sehen, was man geschafft hat. Nicht wie diese Witzbolde von Gehaltsempfängern, die allein für das Anwärmen ihres gemütlichen Sessels am Ende jedes Monats mit Gold überschüttet werden! Dieses Modell ist doch völlig passé.

Weisch?! ist, wie der Name schon verrät, ein an Informationen reiches Magazin für Schwaben, genauer gesagt: Oberschwaben, und ist Haralds ganzer Stolz. Er hat es selbst gegründet und aufgebaut. Unser Magazin ist farbig auf Hochglanzpapier gedruckt, weshalb niemand ahnt, dass es in den verfallenden Räumen eines ehemaligen Reisebüros neben einer halb eingestürzten Fabrik am Rande von Mengen-Hohentengen entsteht. Bei Start-Ups gehört so etwas natürlich dazu. Daran hat auch der 11. September 2001 nicht viel geändert. Wer in einem schicken Büro mit Empfangsdame in bester Innenstadtlage residiert, mit dessen Selbstbestimmungsrecht ist es nicht mehr weit her, das steht für mich felsenfest.

Inzwischen liegt unsere Auflage bei 50.000. Vor allem im ländlichen Raum sind wir schwer angesagt, denn bei uns stehen nicht nur der Ulmer Schwörmontag, das Biberacher Schützafescht und die Memminger Wallenstein-Festspiele drin. Nein, bei uns findet der geneigte Leser auch den Blutritt in Weingarten, das Aulendorfer Sommerfescht, die Illertisser Stadt-Putzete, den Oldtimertreff in Kißlegg, und nicht zu vergessen die Feuerwehr-Hockete von Unteressendorf, ein hochpolitisches Event, bei dem jeder mal dabei gewesen sein muss. Wir bekommen jedes Jahr Freikarten für die Weihnachtsfahrt vom Öchsle – für Uneingeweihte: die Museumseisenbahn zwischen Warthausen und Ochsenhausen – da niemand über die Schönheiten der Region, ihre Attraktionen, doch auch ihre politischen Intrigen so ausführlich berichtet wie wir.

Ich mache also Harald meinen Vorschlag und denke, so schlimm kann das doch gar nicht sein. Harald selbst, der Hinz und Kunz kennt, besonders in den Sprengeln
Mengen, Ehingen, Biberach und Laupheim, verkauft so viele Anzeigen, dass ich nur mit den Ohren schlackern kann. Schließlich muss jede farbenprächtige Magazinseite auch finanziert sein, und wenn wir etwas über ein Feuerwehrfeschtle berichten, brauchen wir Platz dafür. „Alles klar“, sagt Harald, „fünfzehn Prozent für dich, für den Anfang“, wir drücken uns die Hand, die Sache ist geritzt.

Unser Thema im nächsten Weisch?! ist der Kampf gegen die Grüne Gentechnik, ein weltweit stark auf dem Vormarsch befindliches Phänomen, das die oberschwäbischen Bauern mit größter Skepsis betrachten. Sehr verständlich – am beliebtesten in unserer Region sind Bio-Getreide und -gemüse, die hier reichlich und üppig wachsen und von denen eine unüberschaubare Menge an Landwirten und Hofläden lebt. Wer mag sich das schon von wild durch die Landschaft wirbelnden Genmaispollen zunichte machen lassen? Das können wir gut nachvollziehen. Deshalb haben wir eine kleine Artikelserie zum Thema gestartet, in der Politiker verschiedenster Couleur sowie in Schwaben ansässige Erzeuger, Verbraucher und Bürgerinitiativen zu Wort kommen sollen.

Der erste Text ist fertig. Er handelt von einer Gruppe tapferer Streiter aus Allmendingen, allesamt Landwirte – nicht einmal ausschließlich Bio – die sich bis nach Brüssel begeben haben, um den EU-Landwirtschaftsausschuss restlos von der Gefährlichkeit der Maispollen zu überzeugen. Richtige Kämpfertypen, und sie sind, was ich am meisten bewundere, völlig von ihrer Mission überzeugt. Für die ist das keine PR-Aktion, um in den Augen ihrer Kunden gut dazustehen – nein, die suchen wirklich die Konfrontation mit den höchsten Entscheidungsträgern, um ihnen klar zu machen, dass es hier um keine Sache geht, die mit einem Achselzucken abgetan werden darf. Zu schreiben war das leicht! Der Gruppe gefällt der Text. Nun aber kommt das wirklich Schwierige: Das Suchen und Finden von Sponsoren, sprich: Anzeigenkunden.

Naiv wie ich bin, spaziere ich zuerst einmal einfach in meinen Ulmer Stamm-Bioladen, bei dem es immer so leckeren Käse gibt. Ich kaufe eine Portion und halte dann dem Geschäftsführer – gleichfalls völlig überzeugt von meiner Mission – das aktuelle Exemplar von Weisch?! unter die Nase: „Herr S., Sie kennen doch sicher schon Weisch?! Wir starten gerade eine wunderbare Kampagne gegen die Grüne Gentechnik…“

Weiter komme ich gar nicht. Herr S. winkt ab: „Bitte, verschonen Sie mich. Jeden
Monat fragen mindestens 40 Verlage bei mir an, ob ich eine Anzeige schalten will. Nein danke, das möchte ich wirklich nicht.“

Ich packe also notgedrungen Weisch?! wieder in den Rucksack, wo es meinem Käse Gesellschaft leisten muss. Hier in Ulm ist wahrscheinlich die Konkurrenz einfach zu groß, überlege ich. Da wir ja hauptsächlich auf dem Land vertreten sind, sollte ich es vielleicht mal um Ulm herum versuchen…

Ich wälze das Telefonbuch und schreibe mir alle Biohöfe, Hofläden und andere Geschäftsleute, die in meinen Augen als Gentechnikgegner in Frage kommen, heraus. Haidenai, sind das viele! Die Liste wird zwei Seiten lang. Ich hole das Telefon von der Ladestation und wähle die erste Nummer. Eine Stunde später bin ich ziemlich ernüchtert, um nicht zu sagen, genervt. Bei ungefähr 50 Prozent ist
keiner rangegangen, bei weiteren zehn ein kleines Kind, das nur „Mama isch it da“ in den Hörer gezwitschert hat. Bei dreien erhielt ich die eher unfreundliche Rückfrage „Weisch?! Wer isch au des?!“, auf meinen Erklärungsversuch hin wurde einfach der Hörer aufgeknallt, Bei einem schließlich, der sich immerhin für unsere Anzeigenpreise interessierte, krachte nach etwa zehnminütigem Austausch von Größen- und Preisvorschlägen dann schließlich ebenfalls der Hörer auf die Gabel.

Ich rufe bei Harald an, um mir etwas Luft zu machen. Der, ganz Oberteufel, lacht nur. „Du musst dicke Bretter bohren. Du brauchst viel Geduld.“ Ja, danke Harald, das hätte ich nicht gedacht! Ich wüsste gerne, wie der das macht, immer so viele Anzeigenkunden an Land zu ziehen. Bin ich vielleicht nicht freundlich genug? Ist es mein Nei’g’schmeckten-Akzent? Jedenfalls schaffe ich die nächsten Tage nicht einen einzigen Abschluss oder auch nur eine mündliche Zusage – obwohl ich versuche, wie der Sonnenschein selbst zu klingen, während ich kurz angebundenen, geistig auf einem anderen Planeten befindlichen, jedenfalls deutlich unwilligen Vielleicht-Kunden die Vorzüge unseres Magazins zu unterbreiten versuche. Einige – und das verbuche ich als Erfolg – kennen das Magazin sogar. Andere wollen Länge mal Breite erklärt haben, wer wir sind, was wir machen und wo es uns gibt, bevor sie dankend – oder auch nicht – abwinken.

Einer fragt gar nach unserer Preisliste. „Jetzt hab ich dich“, triumphiere ich innerlich. Mit Tausenblumenhonig in der Stimme frage ich ihn nach seiner E-Mail-Adresse, um ihm unsere Daten zuzusenden. Und natürlich – das Wichtigste von allem - ein Auftragsformular.

„Oh, das isch jetzt ab’r schlecht. Ich hab ka E-Mail. Könnet Sie es vielleicht au faxe?!“ – „Selbstverständlich“, stimme ich eilfertig zu und notiere mir die Nummer. Ich lege alle unsere Daten und Formulare – sieben Stück an der Zahl – aufs Faxgerät. Doch auch nach endlosen Wiederholungen, während derer mich ständiges Gepiepse quält, weigert sich der Apparat, das Vertragswerk durch die Leitung zu jagen. Ist das Empfängergerät kaputt? Hat der mir eine falsche Nummer genannt? Ich lasse dem Gerät eine Stunde Pause und klingele beim nächsten Kunden an, beim nächsten und nächsten… So vergehen die Stunden, so wird es Abend, es ist kein Abschluss in Sicht, und am Morgen setzt sich der Höllentrip fort.

Ich rufe wieder Harald an, um einen Zwischenbericht abzuliefern. Der oberste aller Oberteufel sagt: „Versuch’s einfach weiter! Und vergiss nicht die Brauereien und die Autohändler. Ich muss jetzt auf einen Termin zu Liebherr“, und er legt auf, grinsend vermutlich. Liebherr!! Dieser Rosinenpicker hat sich natürlich wieder den besten Teil vom Anzeigenkuchen geschnappt. Ha! Jetzt fällt mir etwas ein. Zwar nicht ganz in Oberschwaben, doch nicht sehr weit weg in Legau, sitzt die Rapunzel AG. Ein Gentechnikgegner par excellence, wenn das klappt, kann ich sogar gegen Haralds Liebherr punkten.

Ich rufe die Webseite auf. Das erste, was mir ins Auge springt, ist ein Pop-Up-Fenster mit dem Slogan: Ich geh’ gegen Genfood! Das ist genau das Richtige: Eine Wanderaktion gegen Grüne Gentechnik, zum Mitmachen für alle. Wenn die nicht bei uns werben, ziehe ich nach Dublin und nenne mich fürderhin Leopoldine Bloom.

Ich tippe die Nummer. Professionell, da geht gleich jemand ran. „Grüß Gott, hier L. vom Weisch?! Wer ist in Ihrem Hause Ansprechpartner für das Marketing?“
Die freundliche junge Dame schwäbelt nur in homöopathischer Dosis. „Der Herr F.! Der ist aber seit gestern auf Dienschtreise, tut mir Leid.“
„Wann erwarten Sie ihn denn wieder zurück?“
„Warten Sie mal… Dienschtag in zwei Wochen.“
„Wer vertritt ihn denn?“
„Normalerweise die Frau G., aber die isch heut ’nicht im Haus.“

Ich spare mir meinen Riesenseufzer auf, bis ich aufgelegt habe, und notiere mir den Namen und den Termin. Das wird zwar knapp bis zum Anzeigenschluss, doch zumindest könnte ich dem Herrn F. schon mal die Unterlagen mailen. Oder faxen. Oder die Buschtrommel benutzen? Egal! Bevor ich resigniere, schaue ich in die Mailbox. Richtig, Harald hat mir eine lange Liste mit Brauereien geschickt. Soll ich die wirklich alle anrufen? Ich gönne mir eine kleine Kaffeepause, während der Drucker rattert, und frage mich, wie ich eigentlich in diese Situation geraten konnte. Die Antwort darauf fällt mir bald ein.

Ich muss weit zurückgehen in meiner Erinnerung. Schnee schwebt weich aus einem samtgrauen Himmel herab, idyllisch anzusehen vom Inneren einer prächtig renovierten Altbauwohnung mitten in Ulm. Eher lästig, kalt und Zeit raubend für jemanden, der unterwegs ist und noch lange nicht nach Hause kann, weil er Staubsaugervertreter ist. Möglicherweise hat er längst keine Lust mehr, wahrscheinlich ist er hungrig, vielleicht fürchtet er, sein Auto bleibe liegen. Jedenfalls muss er sein Umsatz-Soll erfüllen. Ein böser Zufall oder eine Tücke seines Einsatzplanes will es, dass ihn sein Weg zu mir führt, dass sein Finger wie von einem unsichtbaren Faden gezogen auf ausgerechnet meinem Klingelknopf landet.

„Drrrrrrrrrr!“
Eine frostige Stimme klirrt ihm aus der Sprechanlage entgegen: „Was gibt’s?“
„Guten Abend, hier ist M. von der Firma V., Sie sind hier offenbar neu eingezogen, herzlichen Glückwunsch! Ich möchte Ihnen gerne etwas zeigen.“
„Muss das sein?“, knurrt die Stimme.
„Verzeihen Sie, wenn ich ungelegen komme. Sie sind wohl gerade erst nach Hause gekommen und brauchen noch etwas Zeit zum Herunterschalten. Aber ich war gerade in der Gegend, ich habe mich informiert über diese Wohnanlage und wir bieten gerade für Wohnungen wie Ihre Modelle an, die…“
Nun dreht die Stimme aus der Sprechanlage auf: „Jetzt reicht’s mir aber, ich brauche keinen Staubsauger, gehen Sie mir nicht auf den Wecker und verschwinden Sie au-gen-blick-lich!!“ Ich schäme mich, es zuzugeben, aber die Furcht erregende Stimme aus dem Sprechgerät ist meine.
„Bitte entschuldigen Sie die Störung“, sagt der Vertreter, „ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.“ Er klingt weder dreist noch aufdringlich, das hat er von Anfang an nicht. Ich habe mit Kanonen auf Spatzen geschossen, und als ich durch den Türspion schaue, sehe ich eine kleine gebückte Gestalt, die durch den Schnee davon stapft, den Kragen seines grauen Mantels bis zu den Ohren hochgeschlagen.

Schon tut es mir Leid, dass ich meine üble Laune an dem Vertreter ausgelassen habe. Es stimmt zwar, dass ich keinen Staubsauger brauche, aber eine Spur
freundlicher und höflicher hätte ich sein können. Ich beneide den Mann um seinen Job wahrhaftig nicht. (Ich frage mich gerade, ob er auch auf Provisionsbasis gearbeitet hat…) Mir ist klar, dass ich das Geschehene so schnell nicht wieder gut machen kann, wahrscheinlich gar nicht mehr. Es waren diese sprichwörtlichen unbedachten Worte, wie Löwen, die, einmal losgelassen, nicht wieder angekettet werden können, oder wie es auch immer heißt.

Doch jetzt ist Harald da, der mir Gelegenheit zur Buße gibt. Und Harald ist, wie gesagt, ein Oberteufel.

Anzeigen verkaufen in Oberschwaben ist, außer für Oberteufel, ein Geschäft, das einen in den Wahnsinn treiben kann. Die Oberschwaben sind äußerst trickreich, um sich anbahnende Anzeigenverkäufe im Keim zu ersticken. Einer ihrer Tricks ist der virtuelle Mitarbeiter.

Auf einer der Listen, die Harald mir geschickt hat, steht der Name einer in Oberschwaben sehr bekannten Brauerei. Wer im Sommer das endlos wogende Gerstengold hierzulande gesehen hat, weiß, dass es sich um eine Bierregion par excellence handelt, die selbst manch bayerischen Landstrich vor Neid erblassen lässt. Doch die Brauerei, von der ich spreche, verfügt über einen virtuellen Mitarbeiter. Er ist nach offiziellen Angaben Chef der Marketingabteilung und heißt Herr Niemietz-Kaczmarek. Das klingt nicht sehr schwäbisch, nicht einmal donauschwäbisch, doch bei einem virtuellen Mitarbeiter spielt das keine Rolle. Hauptsache, E-Mails an ihn kommen erst einmal wegen falscher Schreibweise des Namens wieder an den Absender zurück, in diesem Fall: an mich.

In mehreren Telefonaten mit Herrn Niemietz-Kaczmareks Büro ermittle ich schließlich die korrekte Buchstabenfolge inklusive Mittel-Minuszeichen. Endlich landet die Mail. Sie wird jedoch nicht beantwortet, nicht einmal mit einer automatischen Empfangsbestätigung. Da gibt es abermals nur ein Hilfsmittel: Das Telefon. In Herrn Niemietz-Kaczmareks Büro tun zwei hilfsbereite junge Damen Dienst. Die beiden sind anscheinend in Wechselschicht mit der Aufgabe betraut, mir zu erzählen, Herr Niemietz-Kaczmarek sei auf Termin, zu Tisch, auf Dienstreise, in einer Besprechung, im Haus unterwegs, im Sterilbereich, im Funkloch, im Stau, erkältet, bei einem Fassanstich, einkaufen, Reifen wechseln oder gerade damit beschäftigt, das Inventar zu zerschlagen, wobei er nicht gestört werden dürfe. Immer höre ich neue kreative Gründe, warum Herr Niemietz-Kaczmarek ausgerechnet jetzt nicht mit ausgerechnet mir sprechen kann. Wenn es nicht so Nerv tötend wäre, könnte ich für die Vielzahl der ebenso glaubwürdigen wie fantasievollen Ausreden ehrliche Bewunderung erübrigen.

Etwa nach fünf Wochen täglichen, stets vergeblichen Telefonierens dämmert es mir, dass Herr Niemietz-Kaczmarek kein real existierender Mitarbeiter der Brauerei M. ist, sondern ein Avatar sein muss. Das könnte mir völlig egal sein, wenn nicht die Brauerei M. gleichzeitig mehrere Anzeigen in unserem Konkurrenzmagazin Etz häsch’ es geschaltet hätte. Weil ich üben muss, freundlich zu bleiben, gleichgültig was passiert, rede ich mir ein, dass das nicht aus Boshaftigkeit geschehen ist, sondern infolge verwandtschaftlicher Beziehungen des Geschäftsführers der M. mit dem Etz häsch’ es-Herausgeber. Oder habe ich doch etwas falsch gemacht? War ich zu hartnäckig? Klinge ich vielleicht zu bierernst? Oder wie jemand, der Bier hasst? Oder spreche ich Herrn Niemietz-Kaczmareks Namen auch nach dem 48. Anruf um eine winzige Nuance falsch aus? Fragen, auf die mir niemand eine Antwort gibt. Harald jedenfalls glaubt mir die Geschichte nicht. Aber meine Frage, ob er je persönlich mit Herrn Niemietz-Kaczmarek gesprochen oder ihn gar gesehen habe, verneint er.

Endlich, nach zermürbenden sechs Wochen, erfahre ich von einem der zwei Engel für Niemietz-Kaczmarek, dass der betreffende Herr unser Angebot zur Kenntnis genommen, jedoch kein Interesse an einer Annonce habe. „Herzlichen Dank, dann weiß ich Bescheid! Bitte grüßen Sie Herrn Niemietz-Kaczmarek ganz herzlich von mir im Namen des ganzen Weisch?!-Teams. Wir freuen uns jederzeit über eine künftige Zusammenarbeit!“ Diesen Text spule ich gelassen-melodiös ab und denke dabei: „Hätte er das doch gleich gesagt, dann müsste ich jetzt keine Eukalyptus-Gutsle lutschen und mir kein Leukoplascht auf die Fingerspitzen kleben.“ Und ich hätte nicht Woche für Woche davon geträumt, bei diesem im wahrsten Sinne des Wortes unnahbaren Kunden einen Treffer zu landen, was mir Ansehens-Pluspunkte in der aufstrebenden Schar von Haralds Akquise-Unterteufeln verschafft hätte.

Fünfzehn Prozent von Null bleiben unwiderruflich Null, weshalb ich mir nun die Autohändler von Haralds nächster Liste vornehme.

Autohändler, so glaube ich in meiner Naivität, müssen die reine Freude sein. Die Schwaben haben ja das Auto sozusagen erfunden. Innovative Köpfe mit einem Händchen für technische Tricks und pfiffig im Vermarkten! Nicht umsonst findet man in Oberschwaben die prächtigsten gläsernen Auto-Paläste. Sonntags frühstückt man hier nicht bei Tiffany, sondern bruncht bei Hold & Strahle mit anschließender kostenloser Probefahrt mit dem neuesten Luxusmodell. Und der Autosalon Ungeheuer mit seinem Slogan „Lieber zu UNGEHEUER als zu UNSCHEINBAR!“, der auf vielen Nummernschildrahmen Oberschwabens prangt, hat sich in meinen Augen fast schon für die Cannes-Rolle qualifiziert. Für gute Slogans habe ich wirklich etwas übrig, vor allem, wenn sie die edlen, hochglanzschimmernden Seiten von Weisch?! zieren.

In der nächsten Weisch?!-Ausgabe wollen wir eine neuartige Antriebsart vorstellen, die im ölfruchtreichen Oberschwaben genau das Richtige zu sein scheint: Bioethanol! Wer innovativ und sparsam ist und auch noch etwas für den Klimaschutz tun möchte, für den ist das einfach ein Must-have. Wenn die Autohändler da anzeigenmäßig nicht mitziehen, dann lasse ich mich begraben! Für einen Moment vergesse ich prompt, dass ich in der Hölle bin.

Als ich nach drei Viertelstunden und doppelt so vielen Absagen – die ich inzwischen schon als Routine verbuche - das renommierte Autohaus Straße nach Süden in Kirchberg/Iller an der Strippe habe, bin ich verblüfft, so schnell zum Chef weiterverbunden zu werden. „Der beißt an!“, frohlocke ich stumm. Für mich ist das ein Glückstreffer, denn bei der Straße nach Süden gibt es im Gegensatz zu den meisten anderen Händlern schon den Porsche Cayenne BioPower XLE. Schnell erkläre ich Herrn G. junior die Vorzüge unseres Magazins und stelle ihm den Text vor, den mein Kollege Johannes längst geschrieben und Harald sofort gelayoutet hat. Ich will ihm den auch gleich aufs Fax legen. „Den ergänzen wir, wenn Sie Interesse haben, um einen ausführlichen Abschnitt zum neuen Cayenne und Sie bekommen natürlich auch Platz für einen eigenen PR-Text“, locke ich.

Herr G. junior verstummt für eine Minute, während der ich die Luft anhalte und versuche, seinen Geist durch die Übertragung positiver Gedanken zu beeinflussen.
Schließlich räuspert sich der Chef der Straße nach Süden bedeutungsvoll.

Seine Antwort ist klar formuliert, allerdings verschlägt sie mir zunächst völlig die Sprache:

„Mir schaltet da ka Anzeige, weil sich das Auto ’it verkauft.“

„Wie bitte?“, rutscht es mir heraus. Will Herr G. junior mich vielleicht veralbern? Luft anhalten, freundlich bleiben!

„Haijo“, fährt Herr G. fort, langsam, als halte er mich für ein wenig schwer von Begriff, „mir hänt das Auto uff d’Schauraum stehe, aber es verkauft sich ’it. Tut mir Leid.“

Wie wär’s denn mal mit Werbung, guter Mann?! Schnell, positive Gedanken! Mir fällt blitzschnell etwas ein, das mich und meine fünfzehn Prozent hoffentlich rettet. „Herr G., das Auto ist ja noch so neu, und Sie sind der erste, der es anbietet“, zirpe ich, „wenn die Kunden bei Weisch?! erst einmal erfahren, dass ausgerechnet Sie diesen Cayenne haben – Sie werden sehen, dann verkauft er sich wie warme Semmeln, und Sie profitieren davon…“
Doch Herr G. junior bleibt unerschütterlich. Er bedankt sich und beendet das Gespräch mit der Begründung, er müsse jetzt zu einer Besprechung. Der Uhrzeit nach, meint er vermutlich Mittagessen.

Über dieses Gespräch muss ich eine Weile grübeln. Böse Zungen behaupten von den Schwaben, sie gäben nicht gerne Geld aus. Doch ich habe noch nie gehört, dass sie nicht gerne welches verdienten. Und was hilft beim Geldverdienen mehr als Werbung? Selbst Global Player wie Coca Cola, die es doch eigentlich nicht „nötig“ hätten, lassen sich in Sachen Werbung nicht lumpen und schalten Fernsehspot über Fernsehspot, nur um zu zeigen, dass sie liebevoll an ihre Kunden denken. Als verschickten sie Grußkarten. Gut, nicht jeder hat den Werbeetat von Coca Cola, aber dafür kostet Werbung bei Weisch?! auch nicht gerade die Welt.

Meine Stimmung ist, aller guten Vorsätze zum Trotz, auf den Nullpunkt gesunken, als das Telefon munter trillert. „Ein Anzeigenkunde!“, jubele ich innerlich und springe gleich auf, um den Hörer abzunehmen. Aber es ist Harald mit einem Eilauftrag.

„Fahr doch gleich mal an den Buxheimer Weiher. Ich habe dir eine Liste gemailt mit allen Gastronomiebetrieben, die es dort gibt. Das wäre zwar eine Blitzaktion kurz vor Toresschluss, aber wenn du einen oder zwei zusammenbekommst, können wir den Buxheimer Weiher auf einer Extraseite vorstellen. Und baden kannst du ja vielleicht auch noch!“ Harald lacht zufrieden. Wahrscheinlich schwitzt er im wahrsten Sinne des Wortes höllisch in seinem improvisierten Büro, denn draußen sind es gefühlte 36 Grad. Doch ein Oberteufel fühlt sich vermutlich darin wie ein Fisch im Wasser!

Während der ganzen Fahrt nach Buxheim rinnt mir der Schweiß übers Gesicht. Die
Autobahn führt mich an grünen Weiden, schmucken Häuschen und aufstrebender Industrie vorbei. Allerorten ragen Wälder aus Kränen in den blauen Himmel – wir befinden uns in einer Boomregion. Die Felder strotzen in reifem Gelb, mittendrin kündigt ein Schild ein Maislabyrinth an. Ich überlege, ob ich den Besitzer ausfindig machen und ihn für unsere Anti-Gentechnik-Seite als Anzeigenkunden anwerben soll: Garantiert genfreies Maislabyrinth! Die eistütenartigen bunten Kuppeln der Kunstraststätte Illertal kommen in Sicht. Jetzt ist es nicht mehr weit. Ich muss sechs Gastronomen ansprechen. Fast alle Betriebe liegen an ein und derselben Straße. Das ist in einer Stunde zu schaffen, denke ich, die Hin- und Rückfahrt nicht eingerechnet. Vielleicht hat mich die Kunstraststätte inspiriert, aber ich träume von einem leckeren Eischen hinterher zur Belohnung. Ich wette mit mir selbst: Einer hat Ruhetag, bei zweien ist der Chef nicht da, zweien isch’es zu kurzfrischtig und einer – einer nur, aber immerhin einer! – wird mir zusagen.

Bei Memmingen verlasse ich die Autobahn. Eine winzige Straße schlängelt sich unter dieser durch und führt direkt nach Buxheim hinein. Der Weiher ist rasch gefunden, er liegt hinter wunderschönen uralten Lindenbäumen unter einem weiß-blauen Himmel, beides spiegelt sich auf der schimmernden Wasserfläche. Und wieder vergesse ich für kurze, aber entscheidende Zeit, dass ich in der Hölle bin.

Ein Schild „Bootsverleih“ weckt meine Neugier. Ich steige aus dem Wagen – es ist reichlich Platz zum Parken – und begebe mich zum Wasser hinunter. Tatsächlich schaukeln einige Bötchen einladend am Kai. Doch kein Mensch ist zu sehen, der mir eines hätte vermieten können. Ich schirme die Augen gegen die gleißende Sonne ab. Fährt dahinten jemand Boot? Nein, es ist nur eine Ente, die gemächlich zwei Streifen Kielwasser hinter sich her zieht. Schräg gegenüber fällt das grüne Ufer, als eine Art Liegewiese, sanft zum Weiherspiegel ab. Niemand sonnt sich. Einige Meter vom Strand entfernt ragt eine kleine hölzerne Badeplattform in die Höhe – oder sind es nur deren Überreste? Jedenfalls sitzt lediglich ein Kormoran darauf, kräht mir fröhlich zu und lässt sich triumphierend in den See gleiten.

Wohin ich auch schaue, kein Mensch, kein Bus, kein Auto, kein verlorengegangener Flip-Flop, keine verknäuelten Angelschnurreste, ja nicht einmal ein verbogener Campingstuhl! Und das bei Badewetter vom Feinsten, an einem Donnerstagnachmittag nach Ferienbeginn! In einem Biergarten unter sanft rauschenden, uralten Kastanien hätte ich die freie Platzwahl, es sieht jedoch nicht aus, als würde hier heute noch ein Fass angestochen. Irgendwie gruselig. Ist dieses Gebiet etwa evakuiert worden? Hat man in dem unschuldig ausschauenden See Kolibakterien oder gar Dioxin entdeckt? Oder eine Buxheimer Variante von Nessie? Buxie?

Meine Mission fällt mir ein: Die brauchen dringend Werbung! Ich kehre beschwingten Schrittes zum Wagen zurück und ritze mit Hilfe meines Schlüssels eine noch unangetastete Kiste Weisch?! an, der ich ein Heft nebst Infobroschüre zu Demonstrationszwecken entnehme. Beherzt steige ich die Holzstufen zum ersten Gasthaus auf meiner Liste empor.

An der verschlossenen Tür – ich habe, um mich nicht durch unnötiges Zögern selbst auszubremsen, schon auf den Klingelknopf gedrückt – brüllt mich ein Schild förmlich an:

RUHETAG!!!
Mit drei Ausrufezeichen.
Da ertönt auch schon eine Stimme aus der Sprechanlage. Zähne fletschend, schnarrend, wehrhaft wie ein Wachhund mit vielen Dienstjahren in einem üblen Viertel auf dem Buckel:
„Mir hänt heut’ Ruhetag und mir kaufet nix!!!“

Ich kann nicht antworten, denn die Sprechleitung hat sich mit einem aggressiven Klicken verabschiedet, das wie ein viertes Ausrufezeichen klingt. Hier jedenfalls ist meine Mission abrupt beendet, ich schiebe das Magazin mitsamt Broschüre zusammengerollt in den Briefkasten und trolle mich, zutiefst nachdenklich, zum Auto.

Okay, dass einer Ruhetag haben würde, hatte ich ja vorhin schon mit mir selbst gewettet. Vielleicht könnte ich dort morgen noch einmal anrufen. Allerdings, so, wie die Frau klang, hat sie bis dahin unser schönes Weisch?! schon längst ungelesen in die Gastro-Tonne geworfen und droht, uns wegen unangeforderter Werbung zu verklagen.

Vor dem nächsten Gasthaus erwartet mich eine große handgemalte Tafel: Grillplatte vom schwäbisch-höllischen Landschwein! Die Wirtsleute haben das zweite „ä“ etwas zu schnörkelig geschrieben. Vielleicht kommt der Hauptstrom der Grillgäste ja erst am Abend, im Biergarten sitzen jedenfalls ganze zwei Touristen vor je einem Eiskaffee. Keins der mit adretten Vorhängen verhängten und mit Petunienkästen geschmückten Zimmer scheint bewohnt. In der Gaststube macht sich eine rundliche Frau in Jeans und T-Shirt an der Kaffeemaschine zu schaffen. Als ich grüße, schaut sie auf, und ich frage nach Herrn B., der laut meiner Liste dieses Lokal führt.

Sie begibt sich zu einer entfernten Tür, öffnet und ruft hinein: „Chef! Hier isch ä Frau von Weisch?!“
„Was will au die?“, tönt es zurück.
„Weisch ’it, i glaub, die will Ihna was zeige!“
„Soll’s dolasse, i ka’ grad ’it!“

Die Frau schließt die Tür und wendet sich mir wieder zu: „Der Herr B. isch grad’ mit dem Einkauf beschäftigt.“

„Aha, ja, dann… geben Sie ihm bitte diese Materialien, ich rufe dann morgen noch einmal bei Ihnen an“, antworte ich mit meinem schon routinemäßigen Strahlen, Eigentlich wäre ein teuflisches Grinsen angebracht: Der Mann muss für ganze zwei Gäste einkaufen, der ist ja wirklich vielbeschäftigt!

Nummer drei und Nummer vier dösen friedlich im Sonnenschein, ein paar Gäste lassen Boule-Kugeln und Eislöffel klappern. Bei beiden sind zwar Angestellte, doch keine verantwortliche Person im Hause. Bei Nummer fünf, die ich erst einmal suchen muss, weil sie sich in einer abseitigen Stichstraße hinter hohen Hecken versteckt, dösen zwei verlassene Autos vor der Tür. Obwohl weder ein „Ruhetag“- noch ein „Betriebsferien“-Schild zu sehen ist, rührt sich kein Mensch. Bei Nummer sechs – dies muss mein Abschluss werden, sage ich mir eingedenk meiner kleinen
Wette – schöpfe ich Hoffnung. Die Wirtin ist anwesend und auch sehr freundlich. Dennoch bedauert sie sehr: Sie habe bereits mehrere Anzeigen im Tourismusmagazin der Lokalzeitung gebucht.

Erschöpft besteige ich wieder meinen Wagen und lehne den Kopf an die Nackenstütze. Ist es möglich, grüble ich, dass die Buxheimer überhaupt keine zahlenden Gäste wollen? Dass sie ihre smaragdene Landschaft, die stille Schönheit ihres spiegelnden Weihers am liebsten für sich selbst genießen, ohne ständig von Reifenquietschen, Hupen und Wasserspritzen gestört zu werden? Fährt vielleicht der Bootsverleiher früh morgens selbst zum Angeln aufs Wasser, nur von Kormoranen begleitet? Kauft der „schwäbisch-höllische“ Wirt vielleicht lauter Köstlichkeiten für sich selbst ein? Trinken die Biergartenbetreiber am liebsten entre eux-mêmes ihr Krischtallweizen unter den uralten Kastanien, von keinem unsinnigen Touristenwunsch gestört? Und Herr G. von der Straße des Südens, könnte er vielleicht den Porsche Cayenne BioPower nur gekauft haben, um ihn selbst durch die Illerauen zu kutschieren?

Vielleicht liegen die schwäbischen Landbewohner unter einem geheimnisvollen Zauberbann, der sie in einer Zeit vor hundert Jahren gefangen hält? Dann wäre ihnen die hochglänzende, schnelllebige Werbekultur mit ihren kurzfristigen Entscheidungen einfach zu modern und zu städtisch. Oder, sinniere ich weiter, sind die Leute vielleicht deshalb nicht darauf aus, Geld zu verdienen, weil sie mit dem, was sie haben, glücklich sind?

Wenigstens liege ich im Zeitplan: Die ganze Aktion hat gerade eine Stunde gedauert. Allerdings war sie so überflüssig wie ein Kropf – es sei denn, ich erreiche mit den morgigen Anrufen noch etwas.

Was natürlich, wie zu erwarten, nicht der Fall ist. Es gibt nämlich einen weiteren Schwabentrick der Anzeigenabwehr-Taktik. Variante eins: Sich telefonisch für eine Anzeigengröße zu entscheiden, dem hoffnungsvollen Werber aber dann kein Auftragsformular zu faxen. Ohne das wichtigste Papier von allen geht nämlich gar nichts. Bei Rückfragen ist man dann für mindestens 48 Stunden nicht erreichbar und die Frist verstreicht.

Variante zwei: Man behauptet, grundsätzlich eine Anzeige schalten zu wollen, lässt sich einen PR-Text entwerfen, den man dann gegenliest und noch um einiges ergänzen lässt, und stellt sich dann einige Tage tot. Ruft der Werber wieder an, um nachzufragen, ob er den Anzeigenauftrag nun offiziell verbuchen darf, gibt es wiederum drei Möglichkeiten:

Man hat das Auftragsformular verlegt. Schickt es der Werber noch einmal, verlegt man es ganz einfach wieder.

Man hat über Nacht unerklärlicherweise plötzlich kein Geld mehr im Etat.

Man kann sich mit dem Kollegen oder Geschäftspartner nicht einigen, etwa in diesem Stil: „Ich habe das letzte Mal eine Anzeige geschaltet, jetzt ist er mal wieder dran! Aber er ist leider gerade in der DomRep…“

Doch warum beklage ich mich? Schließlich bin ich nicht auf Urlaub, sondern in der Hölle, ich habe mich selbst dazu verdonnert, und ich weiß, warum.

Harald, der Oberteufel, der immer gewinnt, hat tatsächlich eine ganzseitige Annonce von Liebherr an Land gezogen. Es kommt sogar noch viel dicker. Als ich in die druckfrische, allerneueste Ausgabe von Weisch?! schaue, prangt dort eine komplette Anzeigenseite von der Rapunzel AG! Ja, genau der AG, bei der ich vor knapp zwei Wochen angerufen habe, um sie wegen ihrer „Ich geh’ gegen Genfood“-Aktion anzuwerben. Genau diese Aktion ist Thema der Annonce. Neid erweckend, ganzseitig und in Farbe. Das ergibt die höchste Provision, die Weisch?! einem Akquisiteur zahlt. Mein Herz schlägt höher. Das Rauschgift des Triumphes schießt durch meine Adern. Fünfzehn Prozent vom Preis einer ganzen Seite, das ergibt…

„Na, was sagst du dazu?“, reißt mich Harald aus meinen Träumen. „Rapunzel habe ich seit Jahren in meiner Großkundenliste, ich baggere sie ständig an, und jetzt habe ich sie erstmals gekriegt…“ Harald, du? , denke ich. Aber widerlegen kann ich das nicht, denn ich bin mit meinem Telefonat nicht einmal ins Vorzimmer des Marketingleiters durchgekommen. Hundert Punkte für Harald. Null Punkte und fünfzehn Prozent von null für mich.

Anzeigen verkaufen in Oberschwaben ist ein Job für Oberteufel, und wie es aussieht, werde ich nie einer. Jedenfalls grüße ich alle Staubsaugervertreter Oberschwabens, ganz besonders den, den ich so schlecht behandelt habe. Falls er nicht schon zum Oberteufel aufgestiegen ist.

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Tag der Veröffentlichung: 21.12.2009

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