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Der Aufmacher




Bis Morgen!, Ciau!, Wir sehen uns! Als ich mich von meinen Freunden verabschiedet hatte und aus der Disco ging, war es ungefähr halb drei. Es war Winter. Ein eisiges Vergnügen um diese Zeit draußen auf den Straßen. Und auch ein Dunkles. Ich zog mir den Kragen meiner Jacke höher ins Gesicht. Mein Atem schlug eine lange weiße Wolke durch die klirrende Luft. Unheimlich war es. Trotz der Beleuchtung der Straßenlaternen. Ich fühlte mich unwohl. Als würde ich beobachtet. Ich konnte förmlich den Blick auf mir spüren. Es war als würden hundert Augen auf mich starren. Um mich zu beruhigen rief ich meine Mutter an. Nach dreimal Klingeln wurde abgehoben.
Ja Bitte!, sagte die müde Stimme ihres neuen Lovers.
Hi ich bin’s! Ist Mum zufällig in der Nähe? Ich muss dringend mit ihr sprechen!, sagte ich hellwach und unbehaglich. Ich spürte immer noch die Blicke.
Wenn’s denn unbedingt sein muss. Er klang genervt. Wie immer. Wenn ich die nächtliche Ruhe der beiden störte. Eigentlich immer. Ich glaubte, er mochte mich noch nie.
Schätzchen? Was ist denn los, dass du zu so später Stunde anrufst? Ist alles in Ordnung? Soll ich dich irgendwo abholen? Wie immer war sie besorgt um mich. Hätte die Welt auf den Kopf stellen können, nur um mich zu sehen. Denn ich war nicht oft bei ihr. Das hasste sie. Wegen ihrem Freund. Aber ich verstand, dass sie ihn nicht gehen lassen wollte. Sie war endlich wieder glücklich mit ihm.
Nein Mum, alles im grünen Bereich. Ich brauche nur etwas Ablenkung. Ich hatte einen anstrengenden Tag. Also wie läuft’s denn so? Eigentlich interessierte es mich nicht wirklich. Aber ich wusste, dass sie sonst nichts gesagt hätte. Also so. Ich hörte gar nicht richtig zu. Während sie von ihm schwärmte. Es interessierte mich ja nicht. Der Typ war mir so lieb wie Fußpilz. Obwohl, Fußpilz mochte ich wahrscheinlich noch tausendmal lieber.
Meine Wohnung befand sich in einem eher unschönen Viertel der Stadt. Es war ziemlich herunter gekommen. Überall stank es nach vermodertem Fisch. Vermoderter Fisch und Katze. Und an jeder dritten Ecke saß oder lag ein Obdachloser. Es gefiel mir nicht sonderlich. Doch immerhin besser als bei meiner Mutter und diesem Spinner zu leben. Und zu mehr hatte es nicht gereicht.
Und stell dir vor, wir werden heiraten! Heiraten! Ist das nicht aufregend? Endlich hatte meine Mutter meine volle Aufmerksamkeit.
Wie bitte? Was werdet ihr machen? Ich glaubte mich verhört zu haben.
Wir heiraten! Ich freue mich schon so darauf. Sie klang so glücklich. Das konnte ich ihr nicht nehmen.
Na dann herzlichen Glückwunsch. Ich freue mich für euch. Ich versuchte so fröhlich wie möglich zu klingen. Doch ich wusste, dass es mir misslang.
Du kommst uns doch bald besuchen, oder? Allein an diesem Satz merkte man, dass sie wusste, wie ich darüber dachte.
Ich seufzte.
Ich weiß noch nicht wann ich Zeit habe. Ich schaue mal. Ich bin gleich da, also wir hören uns dann.
Ohne ein weiteres Wort von ihr abzuwarten legte ich auf. Einfach so. Ich wusste, dass sie versuchte wieder anzurufen. Mein Handy vibrierte noch ein paar Mal, dann war es still. Alles war still um mich herum. Nur meine eigenen Schritte hallten von den Wänden wider. Leise liefen mir ein paar Tränen über das Gesicht. Wut stieg in mir auf. Und doch konnte ich nichts tun. Ich war klein und hilflos.
Ich kam an einer kleinen Seitenstraße vorbei. Wäre wahrscheinlich weitergegangen, hätte mich nicht ein Scheppern aufmerksam gemacht. Ein Blick nach links. Zwei Männer standen da. und blickten auf etwas herab. Etwas, das am Boden lag. Etwas, das zuckte. Jemand.
Na, wie gefällt dir das?, sagte einer und trat nach ihm. Ein lauter Schmerzensschrei. Doch niemand hörte ihn. Nur ich. Und ich war gelähmt.
Das kommt davon wenn man sich mit mir anlegt. Kapiert? Die andere Gestalt schlug unerbärmlich auf die Person ein, bis sie sich nicht mehr regte. Ich rannte davon. Zu meiner Wohnung. Der Schlüssel in meiner Hand zitterte wie verrückt, als ich die Haustür aufschloss. Dann die Wohnungstür.
Den nächsten Tag blieb ich zu Hause. Ich hatte mich krank gemeldet. Ich fühlte mich auch krank. Und verrückt.
Morgen würde alles besser werden!, sagte ich mir. Morgen wäre ich wieder normal.
Doch als ich die Zeitung holte, sah ich den Aufmacher.
JUGENDLICHER BRUTAL ERSCHLAGEN! – KRIMINALITÄT NIMMT ÜBERHAND!

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Tag der Veröffentlichung: 22.10.2011

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