Cover

Feuer Frei

 

Angepisst starrte ich auf den Fernseher. Warum in drei Teufelsnamen wurde ich gerade bitte von meiner kleinen Schwester in einem Videospiel platt gemacht?Es war heute echt nicht mein Tag.

 

Nach der dritten verlorenen Runde in SoulCalibur gab ich den Controller zu gerne ab. Sollte sich wer anders mit der Nervensäge prügeln und verlieren.

„Willst du nicht mehr mit mir spielen?“ Mit großen Hundeaugen und die kleinen Lippen zu einem Schmollen verzogen sah Anastasia, meine jüngste Schwester, mich an.

„Sorry Ana, hab keine Lust mehr. Ich verzieh mich nach oben, bevor diese Einzeller hier aufschlagen.“

„Was sind Einzeller?“ Neugierig blitzten Anas hellbraune Augen auf. Na da hatte ich ja was gesagt. Warum vergaß ich nur immer, dass sie in der neugierigen Phase war.

„Frag Papa. Der erklärt es dir.“

„Ja?“ Kurz schien die Zecke zu überlegen, warf dann jedoch den Controller auf die Couch und rannte, nach unserem Erzeuger schreiend aus dem Wohnzimmer.

 

Missmutig betrachtete ich mein Zimmer. Zwei Jahre hatte ich gebraucht um es herzurichten. Die perfekte Farbe, die perfekte Anordnung der Möbel, die perfekte Bettwäsche (in dreifacher Ausführung versteht sich) und dazu passende Vorhänge. Und nun hatte mein Vater alles zunichte gemacht.

„Ich hab neben euch noch eine Familie. Nächste Woche werden sie einziehen.“

Zwei kleine Sätze, mit denen mein Vater alles auf den Kopf gestellt hat.

Verdammte Scheiße!

Wie konnte der uns nur seelenruhig beim sonntäglichen Mittagessen so was auftischen?

Und warum hat meine Mutter nicht anders reagiert?

 

In jeder normalen Familie wären die Kinder als Scheidungskinder geendet. Bis zur Volljährigkeit von einem zum anderen geschoben, was bei mir glücklicherweise nur zwei Jahre gewesen wären, zumindest wenn die Eltern, anders als in meinem Falle, verheiratet gewesen wären. Aber nein. Anstatt sich von diesem Arsch zu trennen lächelt sie seelenruhig und schien sich sichtlich über die Neuigkeiten zu freuen.

 

Ich verstand die Welt nicht mehr.

Wie konnte sie es nur so kalt lassen? Warum belächelte sie sein Verhalten nur, obwohl sie es augenscheinlich schon die ganze Zeit wusste?

 

Und warum hatte sie nichts gesagt, als er gesagt, nein festgelegt, hatte, dass ich sobald sie eingezogen wären, das Zimmer mit dem ältesten Sohn von „Manulein“ –so nannte meine Mutter wirklich diese andere Schnepfe- teilen musste.

MEIN Zimmer. Ganz alleine MEINS. Das Zimmer in das ich so viel Zeit investiert hatte, von Geld ganz zu schweigen. Ruiniert durch das zweite, überhaupt nicht ins Bild passende, Bett, das vollgestopfte Regal, da ich dem Eindringling auch die Hälfte meiner Schränke und Regale abgeben musste und die kahlen Wände neben eben genanntem, störenden Bett.

 

Wütend trat ich gegen das fremde Bett, verfluchte diese Kurzschlussreaktion doch sogleich, da stechender Schmerz begann durch meine Zehe zu pulsieren.

Verflucht!

Scheiß Bett. Es soll verschwinden und diese dämliche Frau mit ihren dämlichen Kindern auch. Als wären drei Geschwister nicht mehr als genug.

 

Und warum gerade mein Zimmer?

Konnte er nicht woanders schlafen? Meine Mutter fand diesen Typen das so sympathisch und herzallerliebst und reizend, da konnte der doch bei denen im Ehebett schlafen. Am Fußende oder meinetwegen auf dem Teppich oder im Katzenkörbchen. Nur nicht in MEINEM Zimmer!

 

„Julian! Komm runter! Manuela und die Kinder sind da!“ Ekelerregend freudig rief der männliche Teil der Erzeugerfraktion die Treppe nach oben.

Gott, lass ein Wunder geschehen und diese Leute verschwinden.

Begrüßungsrufe, lachen und das freudige quieken meiner beiden kleinsten Schwestern ließ diesen kleinen Hoffnungsschimmer verpuffen.

Anastasia und Annika freuten sich schon seit letztem Sonntag auf die neuen Geschwister. Hatten sie doch nun endlich jemanden in ihrem Alter zum Spielen. Selbst Effie, eigentlich Elfrun – was sich unsere Erzeuger dabei gedacht haben konnte ich nie herausfinden- störte sich nicht daran. Ihr Zimmer musste ja auch nicht als Fremdenzimmer herhalten.

 

„JULIAN!“ Diesmal klang mein Vater nicht mehr so begeistert als er nach mir rief. Von mir aus kann er richtig wütend werden und platzen!

Ich dachte gar nicht daran, nach unten zu gehen und einen auf heile Familie zu machen. Bis letzten Sonntag waren wir eine heile Familie, dank meinem Vater waren wir nun irgendeine Abartigkeit, die mir absolut zuwider war.

„Du kannst mich mal!“ Um meine gebrüllte Antwort zu unterstreichen ließ ich meine Zimmertür lautstark zufallen.

Gedanklich malte ich mir aus, wie mein Erzeuger drauf und dran war die Treppe nach oben zu stürmen und mich in meine Schranken zu weisen, Mum ihn jedoch abhielt mit der Begründung das ich momentan in einer schwierigen Phase sei und er es doch nicht so eng sehen sollte.

Von wegen Phase.

Ich würde ihr schon zeigen was eine Phase war.

 

Mit der Überlegung spielend doch noch den Abend in der Stadt zu verbringen, anstatt hier zu versauern und den lieben Jungen mimend stand ich vor dem Spiegel.  Tine, meine beste Freundin seit dem Kindergarten und die einzig vernünftige Person in dem Kuhkaff hier, war aber bestimmt schon aufgebrochen, vorglühen bei Thungh und den anderen, ehe es zur rechten Zeit, irgendwann nach neun, man wollte ja nicht verzweifelt wirken, losging.

 

Trotzig ignorierte ich das Klopfen an der Tür. Sollten sie doch klopfen bis sie schwarz wurden! Basta!

„Darf ich rein kommen?“

Verwirrt, durch die fremde Stimme, zog ich die Augenbrauen zusammen, besah mir den Neuankömmling im Spiegel und befand: der Typ war noch schlimmer als gedacht.

Einen Streber mit dicker Brille und Pullunder hätte ich ja noch ein winziges Bisschen ertragen können. Vielleicht hätte der mir meine Hausaufgaben gemacht oder so. Aber DAS ging gar nicht.

Schnöseliger Sunnyboy, absolut von sich überzeugt und hundert pro mehr Volt in die Arme als Licht in der Birne.

Ich hasste solche Typen.

 

Wer von euch jetzt sagt: ach komm, du kennst ihn doch gar nicht. Vielleicht ist er ja ganz in Ordnung. Euch sag ich eines. Haltet die Klappe! Der ist mit Sicherheit NICHT in Ordnung! Ihr würdet das genauso sehen wenn der sich in euer Leben zwängen und euer Zimmer besetzen würde!

 

„Nein!“ Meine Antwort kam etwas spät. Irgendwie musste ich mich erst sammeln. Erste Eindrücke zu verarbeiten dauerte bei mir manchmal etwas länger.

„Hat Silke schon vermutet.“ Silke war meine Mutter. Da er sie duzte nahm ich einfach mal an, dass er in dieser seltsamen Sache aufgeklärter war als ich, oder zumindest meine Mutter schon kannte. Gut, womöglich war er auch einfach dreist genug sie auf Anhieb zu duzen. Bei dem Lackaffen hätte sie es sich bestimmt gefallen lassen. Immerhin ist er ja so ein netter Bursche.

Hatte ich schon erwähnt, dass das Geschwärme meiner Mutter Kotzreiz bei mir auslöste?

„Und warum bist du dann hier?“ Wenn sie ihn schon vorgewarnt hatte, warum blieb er nicht gleich weg? Wollten mich alle ärgern? Hatte ich irgendwas verbrochen? War mein Karma SO schlecht? Ich wusste es beim besten Willen nicht.

„Ich sollte mir das Zimmer ansehen. Und dich kennenlernen. Und dich zum Abendbrot holen“, zählte er, mit seiner ach so tollen tiefen Stimme, die jede Frau zum dahinschmelzen brachte (PAH!), auf.

„Ich bin beeindruckt. Kannst dir ja drei Dinge auf einmal merken.“

„Ich bin beeindruckt. Du bist angepisster als gedacht.“

Langsam drehte ich mich zu dem Kerl um.

Wolle er vorlaut werden?

Na das wollen wir doch mal sehen.

Böse dreinblickend machte ich zwei Schritte auf Mr.Schokobraune-Haarpracht zu. Um ihn nun ansehen zu können musste ich mir den Hals verrenken, der war mindestens anderthalb Köpfe größer als ich, aber ich ließ mir nichts anmerken. Wäre ja noch schöner.

„Oh, glaub mir. Meinen Grad des angepisst seins, kannst du dir nicht mal in deinen gewagtesten Träumen ausmalen.“

 

Anders als erwartet schwieg der Typ mich an. Ihn als Typ zu bezeichnen war irgendwie seltsam, dummerweise hatte ich seinen Namen verdrängt, dabei hatte Mama ihn ja ständig in Gebrauch. Ach egal. Das war er halt der Typ. Oder Lackaffe. Parasit. Eindringling. Kerl… Später würden mir bestimmt noch andere Sachen einfallen, aber jetzt war ich zu faul weiter darüber nachzudenken.

„Ich bin im übrigen Jennis.“

Eine meiner Augenbrauen wanderte nach oben. Jenni? Und ich dachte er wäre ein Kerl. „Wer nennt sein Kind Jenni wenn es eigentlich männlich sein sollte?“ Ich befürchtete, ich sah ihn an wie ein Eichhörnchen. Ein verschrecktes. Zumindest ähnlich bescheuert.

„Jennis wird nicht Dschenni, wie der Mädchenname sondern Jänniss, das Je wie das Jä in Jäger.“

Ich sah schon, er musste sich oft erklären. Machte es aber nicht unbedingt besser. Leute die einen auf Klugscheißer machten konnte ich noch weniger ausstehen als arrogante Lackaffen.

Er hatte eindeutig Pech heute.

„Und? Denkst du es interessiert mich wie du heißt?“

Zögernd bewegte er den Kopf. Deutete ein Nicken an. „Sollte es. Aber wenn es dir zu schwer sein sollte, Kleiner, kannst du mich auch Jens nennen. Ist vielleicht einfacher für eine Blondine.“

Klein? Blondine?

Ich glaub ich spinne!

Ja, klar. Ich war offensichtlich kleiner als er und ja, zurzeit war ich Blond –eine Schande, dass er der Erste ist, dem dies auffällt, obwohl der mich gar nicht kannte- jedoch nur um meinem Vater eins auszuwischen.

Er hegte riesige Antipathien gegen gefärbte Haare… aber wie gesagt, ihm ist es noch nicht einmal aufgefallen und ich hab schon seit vorgestern keine braunen Haare mehr.

Konnte ein einziger Mensch, besser: eine ganze Familie, SO blind sein?

Gut möglich bei meiner Sippschaft.

 

„Kommst du jetzt mit essen?“

„Nein.“

„Sicher?“

Saß er auf seinen Lauschern? „JA!“

„Wirklich?“

Er ging mir auf den Keks dieser Jenni-Typ. Konnte er nicht sehen, dass er störte, dass ich allein sein wollte, dass ich ihn mir in die Sahara wünschte?

„Verschwinde endlich!“ Ungehalten fuhr ich ihn an, leider verzog er keine Miene.

„Silke sagte ich soll ihr zickendes Juliettchen endlich zum Essen holen oder sie müsste über diverse taschengeldbedingten Maßnahmen nachdenken.“

 

Fies!

Meine Mutter drohte mir ernsthaft mit Taschengeldentzug? Wie alt war ich? Acht? Dummerweise zog dieses Argument noch immer. Weshalb ich nun auch, gezwungenermaßen, am Esstisch platznahm, Jenni-Kerl mit einem Fauchen von meinem angestammten Platz vertrieb und jedem einen hasserfüllten Blick zuwarf, der mich auch nur schräg ansah.

 

Die wollten sich alle mit mir anlegen?

Konnten sie haben.

Arschloch sein konnte man auch zu zweit.

 

Grinsend, eines dieser ‚Fick-dick-Arschloch-Mittelfinger-zeig‘ Grinsen, hielt ich dem Blick meines Vaters stand, als dieser endlich realisierte, das ich Blond war und biss demonstrativ in den überbackenen Brokkoli, den meine Mutter mir vorsetzte.

 

Kein Schreien am Tisch.

Er kannte die Regeln. Ich jedoch auch.

 

****

Hier endet das einführende erste Kapitel... welches ich zweimal schreiben durfte.

Die Idee zu dieser Story kam mir beim Schlafen... man war das ein Stuss... aber eine Sache blieb mir im Hirn. Julians Gesicht und die "Bruder"-Geschichte.

Auf dem Cover sind übrigens Julian und Jennis zu sehen. (Spoiler vom feinsten)

Ich hoffe es gefällt und ihr habt schöne Ostern.

Da ich nächste Woche Urlaub hab, hoffe ich hier noch ein zwei Kapitelchen fertig zu kriegen, ebenso will ich bei Gémeaux noch etwas schaffen.

Wer eine Info will wann es hier weiter geht... einfach ne Freundschaftsanfrage stellen und ich schreib euch.

 

LG

AugustDaemon

Naschkatzen-Kriege

Am Esstisch wurde es schließlich laut. Teller klapperten. Mama und diese Manuela schnatterten um die Wette. Mein Erzeuger versuchte Effi dazu zu bringen ihr Smartphone endlich beiseite zu legen und „ordentlich“ mit uns zu essen. Was auch immer das heißen mochte, da Ana und Anni sich gegenseitig mit kleinen Brokkolistückchen bewarfen.  Evi, Manuelas jüngstes Kind, schien dieses Spiel zu gefallen. Heimlich sah sie sich mit ihren großen blauen Kulleraugen um, griff sich, ein diabolisches Grinsen im Gesicht tragend, ihre Gabel und machte schließlich mit. Adam, ihrem Bruder, gefiel dies gar nicht. Recht hatte er. Grün passte nicht zu seiner Haarfarbe.

 

Manuelas Kinder hatten kaum Ähnlichkeit mit uns.  Adam und Evi, als ich sie Eva nennen wollte, wie sie ja eigentlich hieß, warf sie mir einen Blick entgegen der ziemlich gruselig war, hatten beide rotblonde Locken, wie ihre Mutter. Ob sie ihre blauen Augen von Manuela oder unserem Vater hatten war schwer zu sagen. Jenni, ja ich nannte ihn aus trotz so, hatte mit beiden wenig Ähnlichkeit. Kurze, dunkelbraune Haare, ganz glatt und dunkelblaue Augen. Gab halt auch genetische Ausnahmen.

 

„Leg endlich dieses Drecksding weg!“

Effi dachte jedoch gar nicht dran, verzog nur trotzig das Gesicht und tippte fröhlich weiter auf dem „Drecksding“ herum.

„Elfrun! Ich werde…“

„Ach Bernd. Am Esstisch soll doch nicht geschrien werden.“ Tadelnd sah meine Mutter ihren Mann an, mit einem leisen „Aber Silli“ wollte er protestieren, gab sich dann jedoch geschlagen.

Meine Mutter wurde nie laut. Aber er wusste, wie wir alle, wenn man sie zu sehr reizte explodierte sie. Ein sehr seltenes, aber extrem heftiges Schauspiel.

„Aber dein Vater hat recht Effi. Schreib deinen Freunden, dass du essen musst. Wenn du fertig bist darfst du gehen.“ Vielsagend deutete das Muttertier auf Effis Teller. Unberührt lag das Essen darauf und wurde kalt. „Gut.“ Unzufrieden nickte meine Schwester, legte das Telefon beiseite, schlang absolut nicht Ladylike ihr Essen hinunter und verkrümelte sich auf ihr Zimmer.

 

Tja, Vatti so macht man das. Von der Frau konntest du noch einiges lernen.

 

„Auf welche Schule gehst du denn Julian?“ Unerwartet richtete Manuela das Wort an mich. Sah sie nicht, dass ich nicht mit ihr reden wollte? „Aufs Gymnasium“, brummte ich leise, überlegte ob ich einen Nachschlag wagen konnte. Hunger hatte ich definitiv noch, aber dann musste ich noch länger hier sitzen und mir diese Familienidylle antun.

„Wirklich? Das ist ja toll. Jennis wird auch aufs Gymnasium gehen wenn die Schule wieder anfängt. In welche Klasse gehst du denn?“ Ein unermüdliches Lächeln auf den Lippen sieht sie mich. Eigentlich konnte sie ja nichts dafür. Mein Vater war Schuld… Sie schien sogar ganz nett zu sein. Zumindest konnte sie backen, falls das Zeug so gut schmeckte wie es roch. Vielleicht doch kein Nachschlag. Auf den Nachtisch warten wäre womöglich besser. Der dauerte aber noch und ich hatte HUNGER. Warten oder essen, essen oder warten? Ach Nachtisch passte auch nach einem Nachschlag noch!

„Komm in die Elfte“, murmelte ich mit vollem Mund, sah kurz zu ihr und ignorierte ihr nachsichtiges Lächeln. Meine fehlenden Manieren lagen ja eh an meiner sogenannten Phase. Danke Mutter!

„Wie nett. Jennis kommt in die Zwölfte. Stimmt es, dass man bei euch dreizehn Klassen machen muss?“

Ich nickte. War irgendein  Pilotprojekt an unserer Schule. Die A- Klassen wurden seit der Fünften darauf ausgerichtet ein Jahr länger in der Schule zu hocken, die B-Klassen  wurden „normal“ unterrichtet. Am Ende sollte festgestellt werden, welche Methode besser war.

Mir war es damals egal gewesen, dass meine Mutter mich in die A-Klasse gesteckt hatte.

Hatte ich eben ein Jahr länger Zeit zu überlegen was ich machen wollte.

„Geht Jens“, meine Mutter strich ihm fürsorglich durch die Haare, fast so als wäre es ihr eignes Kind und sah ihn entschuldigend an. Ich glaubte fast der Name Jennis wollte ihr nicht so recht über die Lippen kommen. „denn auch in die A-Klasse? Oder macht er in der B-Klasse dieses Jahr seinen Abschluss?“ Die zwei Frauen verfielen in eine tiefschweifende Diskussion über unser Schulsystem und ich sah meine Chance mich davon zu schleichen. Jedoch nicht wie zuerst geplant um auf mein Zimmer zu gelangen, sondern um in der Küche zu verschwinden, und der süßen Leckerei, die auf dem Küchenschrank abkühlte einen Besuch abzustatten.

Es würde schon keiner bemerken wenn ich ein Stück kostete. Oder auch zwei oder drei.

 

Schmeckte echt gut. Wäre ich eine Katze würde ich jetzt anfangen zu schnurren. Hm… von mir konnten alle wieder abziehen, Manu durfte gerne bleiben.

Genüsslich leckte ich mir über die Finger.

Ja, ich war mit Essen leicht um den Finger zu wickeln. Und die Frau hatte es echt drauf. Die würde ich behalten, von mir aus auch im Austausch gegen meinen Vater. Der konnte nicht kochen oder backen.

 

„Schmeckts?“

Erschrocken zuckte ich zusammen, ließ fast das zweite Stück Apfelstrudel auf den Fußboden fallen.

„Geht dich nichts an…“, murrte ich leise, stopfte mir das ganze Stück in den Mund und versuchte so auszusehen als hätte ich es nicht getan.

„Mama mag es nicht wenn man ihn isst bevor er ganz fertig ist. Da gehört eigentlich noch Puderzucker und Sahne drauf.“ Labertasche-Jennis sah mich an, als hätte mich das zu interessieren. Tat es aber nicht. Auch wenn der Gedanke an Puderzucker und Sahne hierdrauf eindeutig verlockend war und mich zu dem Rest des Strudels blicken ließ.

Aus! Julian reiß dich zusammen. Wenn du noch mehr davon in dich reinstopfst rächt sich das Zeug und du verbringst den restlichen Abend auf dem Klo. Das Argument zog. Mein Magen hörte auf zu gieren und ich konnte mich auf den Kerl vor mir konzentrieren.

„Und?“

„Nichts und.“ Grinsend zuckte er mit den breiten Schultern, ging auf mich zu, blieb jedoch etwas rechts von mir stehen und aß selbst ein Stück von dem süßen Gebäck. „Wollte es dir nur sagen.“

Gerade als ich den Mund aufmachen wollte, um ihm zu sagen, dass es mir reichlich egal war, was er mir sagte, betrat Manu die Küche, realisierte innerhalb eines Sekundenbruchteils, dass sich jemand an ihrem Strudel vergangen hatte und sah uns mit ihren blauen Augen finster an.

„Wer hat ihn gegessen?“

Man konnte die finster gucken.

„Er wars.“ Unschuldig lächelnd deutete ich auf meinen neuen Mitbewohner- ich hatte immerhin alle verräterischen Spuren entfernt, im Gegensatz zu ihm.

„Jennis Eustasius Schramm! Wie oft hab ich gesagt, dass der Strudel erst gegessen wird wenn er fertig ist?!“ Ungehalten fuhr sie ihren Sohn an, welcher nur beschämt zu Boden sah, jedoch nichts erwiderte.

Wenn Mütter wüteten war es besser die Klappe zu halten und zu warten bis es vorbei war, soviel hatte er anscheinend auch schon gelernt.

 

Grinsend verzog ich mich auf mein Zimmer und machte es mir auf meinem Bett bequem. Das da unten dürfte noch ein Weilchen dauern. Und bis es soweit war und ich meinen Anschiss bekam, Mama würde mich durchschauen und dann bekäme ich richtig Ärger, genoss ich das dumpfe Wüten von unten in vollen Zügen.

 

Ja, ja schon klar es war fies und ja es war moralisch vielleicht auch verwerflich… aber was solls? Ich bin heil davon gekommen, für den Moment zumindest und ich konnte die letzten Minuten alleine auf meinem Zimmer genießen, ehe er mit seinen Koffern hier reinplatzte und alles vereinnahmte- hier lauerte noch ein Punkt. Der Kerl hatte die Strafe verdient. Immerhin klaute er mir MEIN Zimmer!!!

UND ich hatte Apfelstrudel. Sehr leckeren. Dafür würd ich noch schlimmere Sachen machen als ihm die Schuld in die Schuhe zu schieben.

 

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Jaaa tralala ich trödel rum... das Kappi liegt schon seit dem WE auf meinem Lappi... aber ich war so abgelenkt... hab mir die tage Final Fantasy 1 für die PSP und Final Fantasy Dissidia 012 gekauft... PSP ist momentan eine richtige Sucht bei mir... Habs nicht mal geschafft gestern eine halbe Seite zu meinen Zwillingen zu schreiben...

Aber ich hab mir vorgenommen nun immer Dienstags bzw Mittwochs ein neues Kapi hier hochzuladen. Vielleicht schaff ich es ja mir einen kleinen Puffer zu erarbeiten...

Achja. Vielen Lieben dank für all die Lieben Kommis und Herzchen. Hätte nie gedacht, dass sowas soviel anklang findet.

Ich hoffe ihr lest fleißig weiter.

(Wie immer gilt: wer mein Freund ist kriegt ne Info-Mail)

Euch allen eine schöne Woche (hoffentlich mit Ferien bzw Urlaub so wie ich)

LG AugustDaemon

Gewissen vs Misstrauen

 

Es blieb lange ruhig. Langsam wurde ich misstrauisch. Sonst ließ sich das Muttertier nie so viel Zeit wenn ich Mist gebaut hatte.

Aber wer war ich, dass ich mich beschwerte?

Stattdessen nutzte ich die Zeit und verschwand ins Bad, welches direkt an mein Zimmer grenzte. Ein Grund warum ich dieses Zimmer haben wollte. Ich musste mich weder mit meinen Schwestern noch meinen Eltern um das Bad draußen auf dem Flur streiten.

 

Länger als eine halbe Stunde hielt ich es jedoch nicht im heißen Wasser aus, heute wollte mein Kreislauf nicht so recht mitspielen, weshalb ich aus dem dampfenden Wasser stieg, mich kurz im Spiegel musterte und in mein Zimmer spazierte, nachdem ich mich grob abgetrocknet hatte. Wasser auf dem Teppich ging gar nicht.

Leise summend, ich war komplett unmusikalisch, dennoch konnte ich es nicht lassen, begab ich mich zu meinem Kleiderschrank. Weggehen würde ich definitiv nicht mehr. Also musste etwas Bequemes herhalten…

„Nette Show.“

Erschrocken fuhr ich zusammen, griff nach der Tür des Schrankes und versteckte mich dahinter. „Was soll der Scheiß?!“ Ungehalten, jedoch immer noch hinter der Holztür versteckt, fauchte ich ihn an. Lugte nur mit einem Auge dahinter hervor um den Übeltäter böse anzufunkeln.

 

Lässig saß er auf seinem unbezogenem Bett, neben seinem Koffer, und grinste mich unverschämt an.

„Warum fragst du mich das? Du hast dich doch nackt präsentiert, nicht ich oder?“ Noch immer grinste er mich an.  „Bis jetzt hätte ich ja echt drauf gewettet, dass du doch ein Mädel bist, auch wenn deine Mutter etwas anderes behauptet hatte.“

Mistkerl.

Dieser miese kleine….

Wäre ich nicht nackt würde er jetzt was erleben können.

„Du…“

Hastig griff ich nach ein paar Hosen und zog mich an, wie geplant.

Als wäre nichts gewesen, begann er seinen Koffer auszupacken und die Sachen in den freien Schrank zu räumen.

„Mama hat dir Strudel mit hochgegeben.“ Ohne von seinem Koffer aufzusehen, deutete er auf meinen Nachtschrank.

„Warum sollte sie das tun?“ Misstrauisch beäugte ich das Ganze.

Mit Sahne sah es definitiv noch leckerer aus.  Aber irgendwas war da doch faul.  Warum sollte sie mir was mit hochgeben? Ich hatte schon zwei Stück.

Und immer noch keinen Ärgern mit meiner Mutter.

„Damit du armer Kerl was davon abbekommst“, schulterzuckend verließ er das Zimmer, zog den leeren Koffer mit sich.

 

Verwundert sah ich ihm nach. Irgendwas passte definitiv nicht ins Bild. Wenn Mama es nicht von alleine rausbekommen hat, dann hätte doch der Typ petzen müssen…

Kopfschüttelnd verwarf ich den Gedanken, machte mich über das Stück Apfelleckerei her, ich konnte es ja nicht verkommen lassen und überlegte, ob ich mich bedanken sollte.

Nur bei Manu versteht sich. Nicht bei Jennis.

Darauf könnte er lange warten.

 

Dennoch nagte mein schlechtes Gewissen an mir. Ja so was besaß ich durchaus. Auch wenn es sich nicht so oft zeigte.

Als mein neuer Mitbewohner mit einem zweiten Koffer ankam, ich hoffte der hatte nicht noch mehr, schlich ich mich aus dem Zimmer nach unten.

 

Manu und meine Mutter lümmelten auf der Couch im Wohnzimmer, Evi zwischen ihnen, mein Vater gebannt auf den Fernseher starrend  saß auf seinem durchgesessenen Sessel. Keiner beachtete mich.

Kein Wunder. War ja auch Tatort-Zeit. Lief das jeden Tag? Oder guckten die das auf DVD bzw. Video? Den Schauspielern nach zu urteilen war die Folge, die sie gerade anschauten, älter als ich.

Wie konnte man nur so versessen auf so eine Serie sein? Oder auf diese Flimmerkiste?

Gut, wenn Disneyfilme angekündigt waren, war ich der Erste der mit meinen kleinen Schwestern guckte, nur zur Tarnung natürlich.

 

Ungesehen schlich ich mich gänzlich in die Küche.

Unzufrieden stellte ich fest, dass der Rest der Sippschaft bereits zugelangt hatte und der Apfelstrudel alle war. Aber deshalb war ich gar nicht hier. Mein schlechtes Gewissen hatte mich auf dieses Schlachtfeld  getrieben.

Kochen konnte Mama, futtern konnten wir alle, aber wenn es ans Aufräumen ging drückten wir uns alle ganz gekonnt.

Um mein Gewissen zu beruhigen hatte ich beschlossen dieses Chaos etwas zu reduzieren. Wenigstens die Spülmaschine wollte ich anstellen. Wenn ich schon keinen Anschiss bekam…

Falls Mama sich den nicht für morgen aufgehoben hat.

Oh bitte nicht.

Morgen wollte ich mit Tine und Pam nach Leipzig zum Shoppen, wenn sie mir das nun verbietet? Mist. Da durfte Paminda schon mal weg, ihre Eltern waren etwas seltsam was das anging, wilde Tiere oder so könnten ihr heiß geliebtes Töchterchen ja auffressen, und ich machte Mist, sodass ich bangen musste.

Ach was. Wenn sie mir was aufbrummen will dann bettle ich einfach ein bisschen und kratz mich ein, dann wird das schon.

Hoffentlich.

 

Nachdem das Gewissen besänftigt war und ich mir noch eine Tüte meiner Lieblingschips geschnappt hatte schlich ich zurück auf mein Zimmer, begann mich jedoch zu fragen wohin mein neuer Mitbewohner verschwunden war.

Seine Abwesenheit machte mich mindestens genauso Misstrauisch wie der fehlende Anschiss und das Stück Apfelstrudel.

Irgendwas war definitiv faul an der ganzen Sache, nur was genau es war, wusste ich nicht zu bestimmen.

Aber das bekam ich schon noch raus. Irgendwann.

Später… erst mal verhaftete ich die Chips und machte mich dann lang. Schlafen schadete nicht. Online war ja eh keiner meiner Freunde.

 

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So es ist Dienstag... und ich war letzte Woche "fleißig" sodass ich heute wirklich was hochladen kann.

Auch wenn es nur ein kurzes Kapitel ist und nicht wirklich spannend...

aber nächsten Dienstag geht es weiter mit den Jungs (morgen werd ich denke ich euch mit den Zwillingen und Aleks beglücken können)

Kampfspuren

„Bin dann mal weg.“

Nur schnell raus hier. Mama hatte heute Morgen beim Frühstück diesen Blick drauf gehabt. Wenn ich jetzt schnell genug weg kam dann…

„Wohin willst du denn?“

Oh Gott. Kein Julchen? Kein Juliettchen? Keine andere Abnormität meines Namens? Nichts? Ich war so was von am Arsch.

„Mit Pam und Tine nach Leipzig?“ Einfach dummstellen. Vielleicht nahm sie es mir ab und ließ mich ziehen.

Skeptisch wanderte eine ihrer Augenbrauen nach oben, während sie die Arme vor ihrer Brust verschränkte.

„Und du denkst, dass du gehen darfst?“

„Hat der Typ gepetzt?“ Ich hätte es wissen müssen!

Ein leises Seufzen entkam meiner Mutter. „Der ‚Typ‘ hat einen Namen und nein hat er nicht. Kannst du dich nicht mit ihm vertragen? Er ist nett…“

Wieso kamen Mütter eigentlich immer mit dieser ‚er ist doch nett, freunde dich mit ihm an‘-Tour? Aber halt mal. Er hatte nicht gepetzt?Wieso bekam ich dann Ärger?

„Ich kenn dich Naschkatze. War klar, dass du die verschwundenen Apfelstrudelstücke zu verschulden hast“, sagte sie, als hätte sie meine Gedanken gelesen. Mütter sind echt unheimlich was das anging.

„Das heißt ich soll zuhause bleiben?“ Ich wollte das ganze schnell hinter mich bringen.

„Nein.“

„Gut, ich bin auf m… was?“ Irritiert von ihrer Antwort –hatte sie echt ‚nein‘ gesagt?- sah ich sie an, versuchte herauszufinden, ob das ein blöder Scherz war.

„Nein. Du darfst gehen…“ Ich wollte schon anfangen zu jubeln, als dieses verheißungsvolle ‚aber‘ meine Stimmung dämpfte.

„Du sorgst heute Abend für das Essen. Kaufen, selberkochen, mir egal. Sieh nur zu, dass es um sieben auf dem Tisch steht und für alle reicht. Und wenn ich alle sagte dann mein ich alle. Auch Manu, Adam, Eva und Jens.“

Diese Strafe war noch schlimmer als nicht mit shoppen gehen zu dürfen. Die Frau wusste wirklich was Folter war.

Für meine Familie zu kochen glich einem Trip durch die Hölle. Einer mochte dies nicht, der andere vertrug das nicht, grünes Essen gab es nur am Donnerstag… blablabla… und dann musste man ja auch so kochen, dass sechs, pardon zehn Leute davon satt wurden.

Schöne Scheiße. Kaufen war aber auch keine Option. Mein Taschengeld für ein halbes Jahr wäre dabei drauf gegangen. Mindestens.

 

Den Bummel durch Leipzig konnte ich nur bedingt genießen. Pam und Tine hatten mich in zigtausend Schuhgeschäfte gezerrt. Klar, ich war schwul, aber deshalb war ich kein Schuhfanatiker! Obwohl meine Errungenschaft aus Laden neun schon ein Hingucker war. Oder werden würde. Paps würde mich so bestimmt nicht rauslassen.

Aber der konnte mich mal. Die Schuhe passten zu meiner neuen Hose. Und dem Oberteil. Und dem Gürtel und den neuen Ohrringen, pardon, die Dinger hießen ja anders… aber Tunnel klingt so Mainstream und nach Autodurchfahrt- so riesig würden meine aber nie werden, ganz bestimmt nicht. Das bissel was ich hatte um meinen Alten zu ärgern reichte vollkommen. Auf eine passende Tasche hatte ich verzichtet. Ich war ja kein Mädchen.

Außerdem grübelte ich die ganze Zeit, was ich kochen musste.

Tine hatte sich sorgen gemacht. Sonst war ich begeistert bei der Sache wenn wir unterwegs waren. Aber wollte ihr noch nichts von der Sache erzählen, dass kam noch zeitig genug wenn die Schule wieder anfing. Sie brauchte sich deswegen jetzt noch keinen Kopf machen.

Und vielleicht konnte ich den Typen bis dahin vergraulen… oder mit meinem Essen ins Krankenhaus befördern. Für die nächsten Jahre. Was das Kochen anging kam ich eher nach meinem Vater, auch wenn es nicht immer in einer Katastrophe endete.

 

Um kurz vor vier saß ich in der Küche. Alleine. Der Rest der Sippschaft war ausgeflogen. Gott sei Dank. Dennoch wusste ich nicht, was ich kochen sollte.

Einen Blick in die Schränke verriet mir, dass auch nicht viel da war, was hätte verwerten können. Welches Fressvieh lebte nur unter unserem Dach?

Achja…

Ich.

 

Da in unserem Kuhkaff der letzte Bus um viertel fünf fuhr, danach keiner mehr hier anhielt, beschloss ich mit dem Rad zu fahren. Warm genug war es dafür und Bewegung konnte nicht schaden. Da die meisten über den Sommer weggefahren sind, war nicht wirklich an Training zu denken. Zu dritt machte Fußball wenig Sinn.

 

Während der sieben Kilometer, die mir vorkamen wie siebzig -ich verfluchte diese Berg- und Talstrecke jedes Mal aufs Neue- grübelte ich hin und her, wie man es der Bagage recht machen konnte, bis mir schließlich, kurz vorm Supermarkt- Namen werden nicht genannt, man will ja keine Schleichwerbung für Letto oder Nidl oder so machen- die rettende Idee kam.

Was aßen alle aus meiner Familie gerne? Also alle die ich länger als ein paar Stunden kannte? Richtig! Fettiges Zeug auf dem Backofen. Ich persönlich hätte zwar lieber Pizza aus dem Ofen genommen, oder wahlweise vom Lieferservice, aber die Mühe machte ich mir nicht. Würde ich zeitlich auch gar nicht schaffen.

Kurz nach halb fünf schon. Jetzt schnell durch den Laden gehuscht, dem Taschengeld nachgeheult, nebenbei den Naschvorrat meinerseits aufgestockt und zurückgeradelt. Die gleiche ätzende Strecke.

 

Schniefend, laufen war weniger anstrengend als diese Tortur, kam ich schließlich später als gedacht zuhause an. Die Mühe das Rad wegzustellen machte ich mir nicht. Keine Zeit. Ein bisschen mehr als eine Stunde, dann musste die Meute gefüttert werden. Sonst gab es tote.

Hungrige Wagners - auch wenn mein Vater Naumann heißt und es einzeln genannt werden müsste,-waren schlimmer als diese seltsamen Spinnen, die sich gegenseitig auffressen!

 

Nach dem hektischen Kartoffel häuten und zerhacken –fast wären ein oder zwei Finger dabei draufgegangen!- und einem panischen Blick zur Uhr schob ich diverse Auflaufformen in den Ofen. Zwei Ebenen, jeweils fünf kleine Formen. Ob das reichte?

Bei Gott –auch wenn ich nicht gläubig war- bitte lass es reichen! Bei dieser verfressenen Bande konnte man nie vorher wissen wie viel verschlungen werden würde.

 

„Sind wieder da“, flötete die Stimme meiner Mutter, gefolgt von verzücktem Gekreisch meiner nun drei ganz kleinen Schwestern -konnte man zwischen 8 und 10 als „klein“ bezeichnet werden?- während ich versuchte die Sauerei in der Küche zu beseitigen.

Jeder Krieg würde weniger Spuren hinterlassen.

Mamas Blick verriet mir, dass sie genau das gleiche dachte.

„Ich mach ja schon sauber“, murmelte ich unter ihrem Blick kleinlaut und schrubbte weiter.

Mist aber auch.

Und so wie sie geguckt hatte durfte ich den Abwasch der anfiel auch noch abwaschen.

Waren zwei Stück Apfelstrudel das wirklich wert?

Meine Erinnerung an gestern schrie eindeutig JA!

Scheiß Verfressenheit.

 

„Hunger!“ „Wann gibt’s Essen?“ „Juleeeeee“

Ich wusste nicht wer mehr nach Essen brüllte, meine Schwestern oder mein Erzeuger. Durch dieses Geplärre ging es auch nicht schneller.

„Ruhe. Sonst ess ich alles alleine und ihr dürft zugucken!“, fauchte ich in die Runde. Manu und meine Mutter zeigten sich wenig beeindruckt, die Mädchen hielten kurz den Mund, nölten dann jedoch weiter, dass sie Hunger hätten, Adam schloss sich der Meute nun auch an. Nur mein Vater nahm meine Drohung wirklich ernst.

Der Heini neben Manu und Ana, Ana wollte unbedingt neben ihrem tollen, neuen Bruder sitzen, hatte gar nichts gesagt oder getan. Stattdessen besah er sich wahlweise die Teller, die leer auf dem Tisch standen, oder die hässliche Tapete von der meine Mutter sich einfach nicht trennen konnte, oder mich. Gah! Der sollte dringend aufhören so versöhnlich zu Lächeln!

Glaubte der ich ließ mich einwickeln?

Klar, ich war schwul und stand auf hübsche Kerle. Aber der da war… grrrr… Mir fehlten die Worte bei diesem Exemplar der Spezies Mensch. Mit so was konnte ich UNMÖGLICH verwandt sein!

 

„Auauauauauauauuu!“

Ein vernichtender Blick traf meinen Vater, der schmerzverzerrt die Zunge herausstreckte. „Was bist du auch so gierig“, war der wenig mitleidige Kommentar meiner Mutter, welcher ihn verstummen ließ.

Konnte ein Mann zuweilen wirklich so unterm Pantoffel stehen? Schreckliche Vorstellung.

Gesitteter als mein Vater, begannen nun auch wir anderen zu essen. Immer schön pusten. Ich wollte keinen Blick meiner Erzeugerin ernten.

Den Mädchen war es egal, sie pusteten nur kurz, in unserem Haus musste man lernen schnell zu essen, da sonst alles weg war, stopften sich die Kartoffeln dann in den Mund.

Es gab keine Beschwerden aus der Damenfraktion. Kein grünes Essen. Stattdessen aufwändig geschälte Tomaten und Paprikas und Zucchinos und Schinken. Wenn sich wer beschwerte dann…

„Hast du keinen Hunger, Jens mein lieber?“

„… ähm… doch…“

Der Kerl war ein schlechter Lügner. Wie sollte es schmecken, wenn er nur verschreckt auf die Käsekruste starrte und sich nicht traute zu kosten? Glaubte der Ernsthaft ich würde da was reinmischen? So blöd war ich nun auch nicht. Beseitigung von unliebsamen Dingen machte man unauffälliger. Nicht zuhause.

„Jennis“, mischte sich nun auch Manu ein, die ihren Sohn fragend ansah.

„Ich mag nur keinen Spinat“, murmelte er leise. Ich hatte es trotzdem gehört.

So ein Weichei! Die „großen“ beschwerten sich immer, wenn es nur das „Kiddi-Zeug“ gab. Deshalb gab es für die Spinat im Auflauf, keine leckeren Sachen. Hätte ja keiner ahnen können, dass das arme Jenni-Mäuschen noch das Essen der Kleinen brauchte.

Gut, ich aß auch das Zeug mit Tomate, aber das war was anderes. Ich war noch nicht volljährig. Der da schon. Bäh!

„Ach Julian!“ Streng sah seine Mutter zu mir.

„Was?“ Hatte ich irgendwas falsch gemacht? Ich konnte doch nicht wissen, dass die Memme so was  nicht isst. Pff.

„Tu nicht so. Ich hab dir so oft gesagt, dass er keinen Spinat mag.“

Hatte sie das? Zuzutrauen wäre es ihr. Als hätte ich zugehört was sie über diesen Kerl zu sagen hatte. Er war mir ein Dorn im Auge und konnte mich mal kreuzweise.

„Und?“ Zu ändern war es eh nicht mehr. Was wollte sie also von mir?

Ihr Blick verriet es mir. „Oh nein. Vergiss es.“

„Julian.“ Noch immer blickte sie vielsagend von meinem Essen zu mir und zurück. Das konnte nicht ihr Ernst sein.

Ich hatte grad richtig das Bedürfnis, meinen Finger anzulecken und in meinen Auflauf zu stecken, in der Hoffnung, dass sie diesen Gedanken dann vergisst.

Würde sie aber nicht, deshalb ließ ich es. Wollte mich auch nicht verbrennen.

Scheiße aber auch!

„Pff.“ Missmutig schmiss ich mein Besteck auf den Tisch und schob mein Essen von mir.

Sollten die doch alle machen was sie wollten. Aber ohne mich.

„Julian!“ Erneut sah mich der weibliche Teil der Genspender streng an. „Was glaubst du, dass du tust?“

„Gehen! Du sagtest ich soll kochen. Das hab ich. Du hast gesagt alle sollen satt werden. Werden sie. Ich bin‘s schon. Glaub mir. Vor mir aus kann das Zeug diesem Etwas da im Hals stecken bleiben!“ Leicht ausfällig werdend deutete ich auf das älteste Kind in der Runde, der alles schweigend über sich ergehen ließ. Arsch!

Wütend trat ich gegen meinen Stuhl, ignorierte die Proteste meiner Erzeuger und stürmte aus dem Haus. Musste ich mir so was wirklich geben lassen?

Sollten die da drin alle glücklich werden und einen auf heile Familie machen. Aber ohne mich. Die konnten mich allesamt kreuzweise. Und ihren scheiß Abwasch konnten sie auch schön selbst machen! Es ist ihr Dreckskind, es ist ihr Dreck, sollten sie alleine damit fertig werden!

Was hatte meinen Vater nur zu so einer Scheiße bewegt? Oder meine Mutter?

Alles hätte so schön normal, langweilig bleiben können…

Frustriert trat ich einen Stein beiseite, ignorierte das Kläffen des Nachbarhundes, wie das schimpfen meiner Mutter zuvor und verkrümelte mich.

 

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Wieder nur was kurzes... aber naja ich hoffe das nächste wird dann länger... ich denke im nächsten Kapi gibts den allgemeinen Schulwahnsinn und Jules heißgeliebte Freundinnen (und THungh) auf die Augen.

Jetzt muss ich mich erstmal wieder ans Lernen machen... blöde Tests diese Woche... *seufz*

und Dank Ishtar und ihren tollen Geschichten (die auf ff.de vollständig sind falls es einen interessiert) wurde ich abgelenkt... ich hoffe ich krieg heute noch das Kapitel für die Zwillinge fertig.

Derweil brüte ich noch etwas in der Sonne mit meinem Hefter und wünsch euch angenehme Tage.

der normale (Schul-)Wahnsinn

 

Das mein Verhalten Konsequenzen nach sich zog war klar. Aber ich werde nicht drüber reden. Mütter waren zu grausamen Strafen fähig… Hausarrest, Küchendienst, im Garten helfen… alles wäre drin gewesen, alles hätte ich erduldet…

Aber nicht so was…

Darüber brauchte ich mir nun keine Gedanken mehr zu machen.

Es war vorbei. Stattdessen fing der Irrsinn von neuem an.

Der erste Schultag.

War ich aufgeregt?

Nee.

War ich müde?

Definitiv!

Und warum war ich das?

Ganz einfach, weil der Wecker viel zu früh losgeschrillt hat, damit ich mich fertig machen konnte.

War ich eitel? Vielleicht ein bisschen… manchmal.

Heute musste das aber sein. Wenn man schocken wollte, dann richtig.

Heute würden meine neuen Sachen, die ich –oh Schande!- noch nicht ausführen konnte, Premiere feiern.

Ich freute mich schon auf die Gesichter der Leute.

 

Kurz vor sechs stand ich in der Küche, mit nassen Haaren und ins Handtuch gewickelt. Mama war fleißig am Brote schmieren, da fiel auch eins für mich zum gleich essen ab. Manchmal war sie halt doch lieb zu mir. Manchmal. Wenn alle anderen schliefen und dich nichts Dämliches anstellen konnte.

„Weckst du Effi und die anderen?“

„Klar“, quetschte ich mit vollem Mund heraus, während ich mich nach oben begab.

Ani und Ana waren leicht zu wecken. Einfach reingehen, Knutscher auf die Backe drücken, Decke mopsen und mit Cornflakes locken. Bei Adam und Eva klappte das irgendwie auch. Nur den Knutscher ließ ich bei denen weg. Ich küsste doch keine fremden Kinder, wer war ich denn? Auch wenn Eva mich so ansah als würde sie auch einen wollen. Die muss sich aber mit einem Kopftätscheln zufrieden geben. Vorerst. Vielleicht räumte ich ihr dieses Privileg auch irgendwann mal ein. Bei guter Führung.

Effi war da schwerer. Die hatte es nicht so mit Küsschen geben und Cornflakes. Und sie schloss ihre Tür ab. Lautes gegen die Tür hämmern und rumschreien half jedoch immer. Da wurde Papa auch gleich wach. Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen sozusagen. Ich bin so gut.

Der letzte der noch schlief war das große Aas in meinem Zimmer.

Wie konnte der nur pennen bei dem Krach?

Sollte er es doch verpennen…

Grrr.

Hatte Mama aber was gegen. Vermutlich.

Also doch wecken.

Anfassen würde ich den aber nicht. Schreien brachte aber auch nichts.

Mist.

Der kalte und tropfnasse Waschlappen zeigte aber Wirkung. Er saß senkrecht im Bett, verschreckt wie ein Karnickel.

„Aufstehen Goldkind“, flötete ich ihm entgegen. Arsch! „Falls du heute noch ins Bad willst. Die Mädels sind alle wach. Und mein Bad ist belegt.“

Ja, ja. Eigentlich brauchte ich nicht nochmal ins Bad. Anziehen und Haare föhnen ging auch im Zimmer. Aber ich wollte ja nicht zu nett sein. Hab ihn ja wenigstens geweckt.

 

Zehn nach halb sieben verfiel ich in Hektik. Kurz nach sieben fuhr der Bus, die Tasche war noch nicht gepackt… wenigstens war ich angezogen.

Schnell stopfte ich ein paar Blöcke und die Federmappe in die Schultasche, mein alter hellblauer Rucksack... ich hatte das Ding seit der fünften Klasse, hielt immer noch prima, auch wenns mehr als einmal geflickt werden musste. Taschenbeerdigung kam gar nicht in die Tüte.

 

Auf dem Weg nach unten schlüpfte ich in meine neuen Schuhe. Herrliche, giftgrüne Sandalen. Wenigstens hatten die Riemchen keine Glitzerdeko. Sah schon so tuntig aus.

Kaum die Treppe runter gestürzt begab ich mich gen Küche, krallte mir meine Brotbüchse –auch Horn alt, mit Einhornaufdruck… Kein Kommentar dazu bitte, ja? Mit elf mochte ich die Viecher – huschte ins Esszimmer, verabreichte dem Muttertier eine Dosis Aufwiedersehenschmatzer und sprintete gen Haustür. Die Mädels hatten irgendwelche Projekte, mussten später in die Schule. Deshalb durften die auch noch gemütlich frühstücken und wurden dann von Papa kutschiert. Effi war schon weg. Die Mutter ihrer Freundin nahm sie hin und wieder mit. Heute auch.

Also musste nur noch ich los. Gut, Jenni-Heini auch, aber das tangierte mich wenig.

„Wo willst du hin?“, rief plötzlich mein Erzeuger wenig begeistert. Sein Blick verriet, dass meine Klamottenwahl geglückt war.

Er hatte es nie verkraftet einen schwulen Sohn zu haben. Sein Pech. Musste er mit kurzen Hosen, engen Shirts und Weibersandalen leben, der hatte mir ja auch eine größere Familie aufgehalst als mir lieb war. Jeder hatte so sein Päckchen zu tragen.

„Schule?“

„Aber nicht so!“

„So oder nackt!“

Schon war er ruhig. Klappte jedes Mal. Glaubte der ernsthaft ich wäre so veranlagt? Also echt. Ich rannte bestimmt nicht nackt in unserer Schule rum.

„Jennis kann dich doch mitnehmen“, sprach mich Manu plötzlich an, als ich schon wieder verschwinden wollte.

„Lass mal. Hab ein Date mit dem Bus. Er ist beleidigt wenn ich ihn sitzen lasse.“

Die Aussage klang auf jeden Fall besser als: ich hasse dein Kind.

Und schon war ich weg.

Mama sollte gar keine Zeit haben auf die Idee zu kommen mich in das Auto dieses Blödmanns zu zwingen.

Da kriegten mich keine zehn Pferde rein. Ein gelber Opel im Miniformat… ging gar nicht. Nicht wegen dem Auto… nur wegen dem Kerl am Steuer.

 

Kreischend drängten sich die „kleinen“ Kiddies aus der Fünften vor dem Bushaltestellenhäuschen. Wie konnte so ein kleines Kuhkaff nur so viele Kinder beherbergen? In meinem Alter  gab es hier sonst nur Tine und Sabrina. Sabrina mochte ich aber nicht. Dämliche Zicke.

 

Mein Recht als momentan Größter hier einräumend, drängte ich mich in den Bus, belegte meinen Stammplatz hinter der zweiten Tür –sollten die plärrenden Zwerge doch den „coolen“ Platz in der letzten Reihe in Anspruch nehmen.

Fünfzehn Minuten später hielt der Bus vor der Mittelschule. Noch war es ruhig hier. Unser Bus war einer der ersten. Innerhalb von Zehn Minuten würde es jedoch proppenvoll werden, weshalb ich die Gunst der frühen Stunde nutzte und mich auf den Weg zum Gymnasium machte.

Schulstadt schimpfte sich unser Kaff. Das ich nicht lachte. Eine Grundschule, eine Mittelschule und ein Gymnasium. Das war’s. Dafür wurden aber auch alle Schulen im Umkreis dicht gemacht und die Schüler zu uns gesteckt. Unschöne Sache, aber nicht zu ändern.

 

Fünf Minuten später machte ich mich auf der Wiese neben dem Sportplatz lang. Unterrichtsbeginn war in zwanzig Minuten, Tine und die anderen würden auch bald kommen, bis dahin sollte ich noch schnell die restlichen angenehmen Sonnenstrahlen aufsaugen.

 

„Moin Jules!“ Überschwänglich ließ Tine sich neben mich fallen. Ihr Rucksack plumpste dabei unsanft auf mich.

„Au, du grobe Schnepfe!“, kam nur als Erwiderung meinerseits.  Ich war bestimmt keine Memme, aber Tines ständig überfüllte Tasche war nicht grade leicht.

„Dein Vater hat dich so rausgelassen?“ Ihre braunen Augen musterten nur kurz mein Outfit. Im Laden sah es wohl anders aus als an mir. Irgendwas schien ihr auf der Zunge zu liegen, doch sie verkniff sich jeglichen Kommentar. Vermutlich hatte sie vor sich die Sachen irgendwann mal auszuleihen und hatte schiss es sich mit mir zu verscherzen. Wie praktisch es doch war einen schwulen besten Freund zu haben, der die gleiche Größe hatte wie man selbst.

„Jup. Er hatte die Wahl zwischen dem hier und nackt.“

„Wie immer.“ Sie kannte das schon. Gut, sie kannte mich auch seit dem Kindergarten. Damals war ich neidisch auf ihre langen braunen Haare. Ich hab sie ihr abgeschnitten. Sie hat mich geschlagen dafür und in der Strafecke hatten wir uns angefreundet.

Ihre Haare sind mittlerweile nachgewachsen. Fast wieder so lang wie damals. Wenn sie nicht aufpasste setzte sie sich auf die Spitzen.

Heute war ich nicht mehr neidisch drauf, auch wenn ich dennoch manchmal das Bedürfnis hatte zur Schere zu greifen. Das einzige was mich abhielt war ihr schwarzer Gürtel in Karate… ach nein… bei der hieß der Mist ja Teak-won do.  Oder so…

 

„Wo hast eigentlich Debbi gelassen?“

Erst jetzt fing ich an mich zu wundern. Tine hatte immerhin bei ihr geschlafen, warum sollten sie getrennt gehen?

„Knutscht mit Jochen rum.“

„Achso.“

 

Als es das erste Mal klingelte gesellten sich schließlich auch die knutschende Debbi, Pam und Thungh zu uns.

Debbi quetschte sich wie jedes Jahr neben Pam in die erste Reihe, was alle anderen verärgerte. Debbi war nicht so knuffig klein wie ihr Name verlauten ließ. Groß, mindestens einsfünfundachzig, lange blonde Haare und definitiv nicht zerbrechlich. Handball und Boxen sah man ihr eindeutig an. Sanft wie ein Lämmchen die Gute und auf Paminda angewiesen um gute Noten zu kriegen.

Thungh setzte sich hinter die beiden, da Debbi an der Wand saß konnte er locker an ihr vorbei schielen, wenn er sich mühe gab, oder sich hinter ihr verstecken.

Tine und ich lümmelten und in der dritten Reihe.

Wenn wir Pech hatten wurden wir wieder durcheinander gewürfelt. Wie letztes Jahr. Da musste ich neben Martin sitzen. Nerviger Kerl.

Genauso nervig wie die Einführungsstunden.

 

„Gott, warum geht die Frau nicht endlich in Rente!“ Genervt aufstöhnend fuhr ich mir durch die Haare. Irgendwann hätte ich während der Frau noch eine Glatze. Frau Hansen, gefühlte sechshundert Jahre und unsere Klassenlehrerin, beglückte uns jedes Jahr aufs Neue. Dabei hatte sie die Rente bestimmt schon vor dem ersten Weltkrieg überschritten. Die Frau kannte Mona Lisa vermutlich persönlich!

„Besser als der Keller.“ Damit hatte Tine wohl Recht. Dann sollte die Hansen bitte bleiben bis er sein Abi hatte. Lieber eine Schnarchnase mit dem Sarkasmus eines hungrigen Drachen, als einem rassistischen Arschloch.

„Stimmt“, stimmten alle einstimmig zu, während wir uns zwischen ein paar Sechstklässlern nach draußen quetschten.

 

„Na wenn das nicht unsre Dorfschwuchtel ist.“ Achims widerliche Stimme wehte quer über den Schulhof.

Wie hatte ich diesen Kerl vermisst. Genauso sehr wie einen fetten Pickel, Fußpilz, faulige Zähne – muss ich noch mehr sagen?

„Lass ihn“, zischte Debbi mir zu. Sie war stark, leider war sie Pazifistin, anders als Tine die mich anfeuerte dem Kerl paar reinzuhauen. Thungh und Pam hielten sich aus dem ganzen raus. Auch wenn sie Achim gerne eine reinhauen würden. Ausländer, seien es nun Vietnamesen oder Inder, kamen direkt nach Schwulen auf Achims Liste. Kaum zu glauben aber der Kerl hatte eine Liste. Wirklich! Ich hab sie gesehen. Vermutlich würde er sonst vergessen was er alles hasst.

Hohlkopf.

„Na wenn das nicht unser geistig zurückgebliebener Aushilfsnazi ist“, imitierte ich seinen Tonfall, während ich mich zu ihm drehte und versuchte zuckersüß anzulächeln. Am liebsten hätte ich ihm vor die Füße gekotzt so widerlich war er. Mein halb verdautes Essen war mir dann aber doch zu schade für den Kerl.

„Du!“

„Ich…“ Warum tat ich mir das an? Einfach zuschlagen. Ihn in die Schranken weisen. Aber nein. Ich fass den bestimmt nicht an.

Es gab Ekelgrenzen.

Er schien zu überlegen was er mir an den Kopf werfen konnte. Dauerte zumindest lange, weshalb ich das einfach mal vermutete. Eine Traube Schaulustiger hatte sich gebildet. Das übliche Kino nach den Ferien. Nach Wochenenden fiel es nicht ganz so spektakulär aus.

„Was soll das da überhaupt darstellen!“ Angewidert deutete der Möchtegern auf meine Fußbekleidung.

„Sandalen.“ Überschwänglich deutete ich auf das grüne Material, brachte meinen Fuß in Position, sodass er besser gucken konnte. Immer schön gegen halten. Der gab immer klein bei.

„Bist du ein Mädchen oder was, dämliche Schwuchtel!“

Ich glaub jetzt fing er an zu spucken. Die Sandalen mussten ihn wirklich aufregen. Normalerweise machte er so was nur wenns unter die Gürtellinie ging.

Glücklicher Weise stand ich nicht in seiner Sprühzone. Igitt.

„Durftest du mittlerweile während eines Spieles das Spielfeld betreten?“ Konnte er nicht. Ich wusste es. Er auch. Jeder wusste es. Er war scheiße. Oder zumindest schlechter als ich. Hielt selten Bälle. Warum sollte er eingetauscht werden, wenn ich einsatzfähig war? Oder die Großmutter des Trainers? Ein leeres Tor war besser als Achim.

„Oder wärmst du immer noch die Bank an?“ Ja es war gemein. Aber er hatte angefangen. Er fing immer an. Vermutlich war der Kerl innerlich stockschwul und geilte sich an so was auf. Oder irgendwas ähnlich Schräges.

Seine Augen sprühten Funken, Debbi versuchte mich von hier wegzukriegen, Tine murrte weiter irgendwas von „ferddschmachn“. Gott konnte die Frau Sächseln.

„Du!“„Das hatten wir schon. Sind wir jetzt fertig? Ich hab besseres zu tun als deiner Gülle zuzuhören.“

„Scheiß Revolution“, angewidert verzog er das Gesicht. „Leute wie dich sollten immer noch im Ofen landen!“

Grundgütiger. War er in Geschichte Kreideholen gegangen? Welche Revolution?! Ich zweifelte, dass er überhaupt wusste was Revolution bedeutet. Was der an unserer Schule zu suchen hatte war auch fraglich. Ihm fehlte jegliche Intelligenz für das Anstreben eines Abiturs.

„Gaskammer.“

„Was?“

„Du meinst eine Gaskammer. Keinen Ofen. Schwule und Juden und dergleichen wurden vergast. Hirnverbrannte Leute, wie du, die nicht mal als Fußvolk zu gebrauchen waren, wären im Ofen gelandet, damit die Herrschaften wenigstens nen warmen Arsch hätten.“

Die Umstehenden sahen mich pikiert an. Schäm dich Julian drückten ihre Blicke aus. Scheiß verklemmte Idioten. War doch so! Mehr als Futter für den Ofen wäre der nicht geworden. Maximal vielleicht Fußabtreter, wenn man sehr optimistisch war.

Dann doch lieber schwul und tot. Damals zumindest. Heute reichte mir nur schwul. Tot musste noch nicht sein.

„Du…“ etwas entgeistert brachte Achim erneut dieses Bröckchen hervor. Hatte ich ihn geschockt? Unwahrscheinlich. Vermutlich arbeitete sein Hirn nur so langsam, dass er erst mal alle Wörter durchgehen musste um den Sinn zu verstehen.

„Lass mich in Ruhe. Komm lieber mal mit dir selbst klar als andere zu schikanieren. Kein Wunder, dass du so ne Niete bist.“ Augenverdrehend wendete ich mich ab. Er würde es nicht riskieren mich zu schlagen oder dergleichen. Er war ein Schisser. Hatte Bammel von der Schule zu fliegen, das seine Eltern es erfahren würden, das er doch ins Tor müsste und die Mannschaft ihn hasste weil er alles versaute. Dafür hasste er mich wahrscheinlich mehr, als für mein Schwulsein. War mir aber Rille. Sollte er besser werden.

 

„Musste das sein“, zischte Pam mir entgegen, während wir uns ein sonniges Fleckchen suchten um unsere Pause dort zu verbringen.

„Scheint so.“

„Erwarte kein Mitleid wenn du mal eins drauf kriegst“, war Thunghs typischer Kommentar zu alledem. Sein Pausenbrot war wichtiger als Kerle wie Achim. Thungh musste vermutlich mehr ertragen. Vietnamese, Streber, Arzteltern, Ass in Leichtathletik und nicht schwul, auch wenn alles danach schrie.

Damals konnte ich kaum glauben, dass er nicht schwul sein sollte. Als er neu in die Klasse kam, vor zwei Jahren hatte ich mich gnadenlos an ihn ran gemacht –schlecht sah er ja nun wirklich nicht aus. Gar nix. Entweder war er eine völlige Hete oder asexuell, konnte ich nicht ganz rauskriegen.

War auch Wurst. Trotz der Anmache hat er sich mit uns angefreundet. Gezwungenermaßen nehme ich an. Selbst Streberasiaten brauchten Freunde und wir waren die Freaks die ihn nicht schräg anstarrten, anders als die anderen. Er MUSSTE also an uns hängen bleiben.

 

Während ich in der Sonne briet und Thungh sein Buch las, irgendwas hochtrabendes was keiner kapierte außer Superstreber, hingen die Mädels dem Dorftratsch nach.

Weiber.

 

Als dieser Tratsch jedoch unliebsame Bahnen erreichte stöhnte ich genervt auf. Drei Paar Augen schielten zu mir, Thungh las lieber weiter.

„Der Neue ist nicht süß!“, fauchte ich die Mädels an. Erntete fragende Blicke, erklärte meine Reaktion jedoch nicht.

Mein Gott, die hielten mich bestimmt für bekloppt. Klar sah der „Neue“ gut aus… trotzdem würde ich ihn lieber vor einen Bus schubsen als ihn so zu sehen.

 

„Sag mal ist er das?“ Tine begann den Hals zu recken, was jedoch nichts half. Sie war einfach zu klein. „Möglich“, murmelte nun Debbi, die zwar glücklich mit ihrem Jochen war, jedoch mindestens genauso gerne hübsche Kerle ansah wie alle anderen.

„Du Jules, warum hängt Effi an dem Kerl dran?“ Fragend hefteten sich Pams dunkle Augen auf mich, während sie sich eine Strähne des schwarzen Haares hinters Ohr strich.

„Frag sie doch.“

„Stimmt“, brummte nun auch die Leseratte zu meinen Füßen. „Immerhin scheint sie hierher zu kommen.“

Alles bloß das nicht, alles bloß das nicht!

Meine Gebete wurden nicht gehört. Stattdessen ließen sich Effi und Jennis neben uns sinken und wirbelten mehr als eine Frage auf. Vor allem nachdem meine Schwester erzählen musste, dass der „Neue“ gar nicht so neu war, da er ja bei ihr wohnte und ihr „Bruder“ war.

„Bruder?“ Entsetzt blickte Tine von Jennis zu mir, schlug mir schließlich gegen den Arm und fuhr mich an warum ich so was nicht erzählte. Immerhin seien wir beste Freunde blablabla.

„Glaubst du ernsthaft ich will über den da reden wenn ich mir mit ihm schon ein Zimmer teilen muss?“, giftete ich zurück, auch wenn es unfair ihr gegenüber war. Sie würde es nicht verstehen. Sie mochte Jennis, das war offensichtlich, genau wie meine Schwester, die dämliche Verräterin.

Wenigstens nutzte ihr der Typ was. Dieser Heini den sie so anhimmelte stierte sie und Jennis an, als würde er ausrasten wollen, weil sie sich immer noch an dem „Neuen“ festkrallte.

Interessierte mich aber noch weniger als alles andere. Effi musste ihr Liebesleben allein auf die Reihe kriegen. Mir half auch keiner.

 

Jennis starrte immer noch mein Outfit an, der farblich passende Nagellack auf meinen Zehennägeln schien ihn mehr zu irritieren als der Rest. War auch nicht mein Problem.

„Wohin willst du?“ Immer noch böse über meinen Ausbruch sah Tine mir nach als ich aufstand und mich in Bewegung setzte.

„Schmollen“, kam ein nerviger Kommentar der Asiafraktion.

„Pinkeln.“ Dann war ich weg.

Schmollen würde ich jetzt gerne. Wütend werden, um mich schlagen, ja auch das. Schreien. Oh ja. Pinkeln weniger. Mir war alles vergangen.

Warum verschwand der nicht einfach? Mit Addi und Evi konnte ich leben. Mit Manu auch… bloß nicht mit dem.

Warum verstand das nur keiner?

 

„Jules?“

„Das hier ist das Jungsklo!“

„Und? Lass mich rein ja?“

Tines Schuhe, dreckige, ausgelatschte Turnschuhe, die Würgreiz bei mir auslösten, dreckige Schuhe waren ein Graus, erschienen vor der Kabinentür hinter welcher ich mich verkrochen hatte.

Ich wollte nicht reagieren, schloss dann jedoch auf. Hätte ich es nicht gemacht wäre sie über die Tür geklettert und hätte sich was gezerrt, gestaut oder gebrochen. Vielleicht auch alles auf einmal.

„Was?“

„Rutsch mal.“ Ohne abzuwarten schubste sie mich mit ihrem Hintern ein Stück beiseite und quetschte sich neben mich auf den viel zu schmalen Toilettensitz.

Schweigend legte sie ihren Kopf an meine Schulter. Ihre Haare purzelten in dicken Strähnen über mein Oberteil.

Gedankenverloren spielte ich mit einer davon.

„Bist du sauer, wenn ich Jennis nett finde?“

„Du bist mein Tiny-Tinchen… wie könnte ich sauer auf dich sein?“

Sie war so nett nicht auf die Stichelei einzugehen wie sonst immer wenn ich sie mit diesem Spitznamen belegte.

„Pennst du heut bei mir? Ich muss dir dringend ordentlich Nagellack auflegen. Was du fabriziert hast ist beschämend. Für jeden schwulen Kerl des Planeten.“

Ich liebte diese Frau. Eine der wenigen bei denen ich eine Ausnahme machte.

„Danke.“

„Lass uns verschwinden“, murmelte sie immer noch an mich gelehnt. „Hier drin riecht es erbärmlich. Sicher das hier drin nichts gestorben ist?“

Kurz nickte ich. „Weiß nicht…“ Es wäre möglich. Aber so viele Leichen konnte es gar nicht geben, wie es für diesen Geruch gebraucht hätte.

Ein Zwölftklässler quiekte leise als Tine und ich ihm entgegen kamen, doch wir waren schneller weg, als dass wir etwas gesehen hätten. Wäre vermutlich eh nicht lohnenswert gewesen.

Schulfest

*Jennis*

 

Neben mir rumste es. Hörte sich an wie ein Kartoffelsack der vom Tisch fällt. Aber hier waren keine Kartoffelsäcke? War das blonde Wunder aus dem Bett gefallen?

Verschlafen schielte ich erst zum Wecker –bah halb Fünf erst!- und dann zur Lärmquelle. Doch nichts mit runtergefallenem Kartoffelsack. Zischend rieb Julian sich den Fuß, war wohl gegen den Schrank gelaufen. Leicht verpeilt war der nicht am frühen Morgen, oder?

Erneut rumste es dumpf. Diesmal musste die arme Tür zum angrenzenden Badezimmer leiden. Nebenan begann es zu rascheln, ehe er erneut ins Zimmer gestolpert kam, die Tür zum Flur aufriss und begann nach Silke zu schreien.

Aua!

„Mama! Wo hast du die neuen Kontaktlinsen hingepackt?!“

Ahja. Kontaktlinsen? Gut zu wissen. So wie der überall gegen gerannt ist, muss er blind wie ein Maulwurf sein ohne die Dinger.

„Schrei nicht so! Ich hab keine Kontaktlinsen irgendwo hingetan. Warum sollte ich?“

„Weil du gestern welche holen wolltest!“

„Hab ich aber nicht!“

„Ich brauch aber welche!“

„Nimm die von gestern!“

„Die drücken. Außerdem sind die schon im Müll gelandet!“

„Dann nimm deine Brille. Heute wird es doch gehen!“

„Graaah!“

Nun war bestimmt die halbe Nachbarschaft wach. Die andere Hälfte war schwerhörig. Bei mir würde das auch nicht mehr lange dauern, wenn der so weiter machte.

 

Aufstöhnend kniff ich die Augen zu, als das Licht ohne Vorwarnung anging. Blind wurde ich deswegen auch noch. Schöner Mist.

„Kannst du das Licht wieder ausmachen?“, fragte ich versucht nett –gelang mir morgens nicht wirklich, bekam jedoch nur ein ‚machs doch selbst‘ entgegen geworfen.

 

Halb sechs saßen wir zu dritt am Frühstückstisch. Silke die brave Mutter, die für alle schon die Schulbrote geschmiert hatte, Effi die genauso müde dahing wie ich und meine Wenigkeit, die versuchte nicht vorüber in die Cornflakes zu kippen.

Die Kleinen durften noch schlafen. Gegen sechs mussten die erst raus. Wegen irgendeinem Schulfest mussten wir eher raus. Halb sieben war treffen für alle Neunten bis Dreizehnten. Unchristliche Uhrzeiten.

„Wo bleibt Jule?“ Auf die Uhr schauend fragte Silke in die Runde. Einstimmiges Schulterzucken war die Antwort. Keine wollte ihn danach holen gehen. Irgendwann kam der schon von alleine runter. Außer er fiel in seinem Zustand irgendwo drüber und brach sich das Genick. Au weia. Sollte vielleicht doch einer gehen.

Wenn die Schüssel leer war würde ich nachsehen, beschloss ich. Hatte aber Glück. Kurz darauf tapste er die Treppe hinunter. Mit nerdiger Brille auf der Nase und glatten Haaren. Nach dem Aufstehen wirkte er immer ziemlich explodiert um den Kopf. Naturlocken waren schlimm wenn man sie nicht leiden konnte. Und er konnte sie definitiv nicht leiden, so wie er ihnen mit dem Glätteisen zu Leibe rückte. Kein Wunder, dass der so zeitig aufstand. Das wär es mir nie im Leben Wert.

Schweigend setzte er sich zu uns an den Tisch, schnappte sich ein warmes Brötchen und begann zu essen.

Schweigen war bei ihm selten. Selbst im Schlaf quasselte er noch. Wenn auch nicht ganz so laut und wesentlich netter.

 

Leises Trippeln näherte sich der Küche. Keiner der Anwesend schien es zu bemerken. Geisterhaft, in ihrem weißen Nachthemd, schlich Ana durchs Wohnzimmer und zu uns in die Küche. Morgens wenn alle getrennt aßen wurde hier gegessen, das Wohnzimmer musste nur herhalten, wenn die ganze Familie zusammen essen musste.

Mit halb geschlossenen Augen steuerte sie auf Julian zu.

Noch immer kaute er desinteressiert an seinem Brot. Erst als die Kleine mit der Nase an seinen Arm stupste nahm er ebendiesen hoch und ließ sie auf seinen Schoß krabbeln, wo sie sich, leise gähnend, an ihn schmuste.

Zu seinen kleinen Schwestern konnte er definitiv nett sein. Selbst zu Evi und Adam. Nur zu mir anscheinend nicht. Hatte ich ihm irgendwas getan? Außer in sein Zimmer gesteckt worden zu sein? Dafür konnte ich nun wirklich nichts. Mir wäre es auch lieber gewesen wenn wir nicht hierher gemusst hätten. Ich hatte meine ganze Kindheit an der Küste verbracht. Alleine meine Freunde und Lucy wohnten in Rostock, bzw. in dessen Vororten.

Aber ich konnte es ihm nicht verübeln. Wäre ich an seiner Stelle hätte ich mich auch für alles Schlechte dieser Welt gehalten.

 

„Juli…“, leise gähnend drückte sie ihre kleine Stupsnase gegen Julians Hals, der kaum merklich zusammen zuckte.

„Hm?“

Große, braune Rehaugen hefteten sich auf den Blonden. „Darf ich dir die Haare machen?“

Oh, oh. Gleich explodiert er. Dieser Blick. Als würde er jemanden an seine Haare lassen.

„Sicher.“

Was?

Ernsthaft?

Er ließ seine kleine Schwester an seine Haare ohne zu murren?

Ich war baff.

„Aber denk dran. Das Krönchen darf laut richterlicher Verfügung nicht näher als zwei Meter an mich ran.“

Ihr Gesicht verzog sich schmollend, dann schien Ana sich jedoch damit abgefunden zu haben und hüpfte von seinem Schoß, um sich, wie ich vermutete, alle Utensilien für Julians Haare zu besorgen.

Als sie zurück kam, mit pinkem Köfferchen in der Hand, drehte er den Stuhl brav mit der lehne nach vorne, sodass diese nicht hinderlich für die Kleine war und aß in aller Seelenruhe weiter, während Ana begann seine Haare zu verunstalten.

 

„Ihr solltet langsam los“, riss Silke mich aus meinem Entsetzen.

Artig nickend zerwuschelte der Blonde die Haare seiner Schwester, ging nach draußen in den Flur und kam fertig angezogen zurück um zwei der Bleche mit Kuchen zu tragen. Meine Mutter hatte für heute gebacken wie die Wilde. Fünf Bleche voll. Wenn niemand sie gestoppt hätte, da angeblich keine Backbleche mehr da waren, hätte sie fröhlich weiter gemacht.

Meine Klasse durfte heute für die Verpflegung der anderen aufkommen. Ich fand den Gedanken eines Schulfestes ohne Grund zwar merkwürdig, aber wenns so üblich war. Bitte. An mir sollte es nicht scheitern. Hoffentlich bekam nur keiner einen Zuckerschock von Mamas Feenkuchen. Schokoteig, Schokofüllung, Schokoglasur und Zuckerperlen drauf.

 

„Willst du so gehen?“ Erstaunt musterte ich den Kopf meines neuen Bruders. Glitzernde Schmetterlinge zierten seine blondierten Haare, die fein säuberlich zu einem Zopf gebunden worden sind –eher eigentlich zu einem Pinselchen, für einen richtigen Zopf, der diese Bezeichnung verdient hatte, waren seine Haare eindeutig zu kurz.

„Ja?“ Sichtlich genervt darüber, dass ich ihn angesprochen hatte und er auch noch gezwungen war, mit mir mitzufahren –wie sollte er auch sonst um solch eine Uhrzeit in die Schule kommen. Tines Eltern hatten das Auto immerhin voll mit Deko, da seine Klasse fürs Schmücken des Schulgeländes zuständig war- strich er sich eine lose Strähne hinters Ohr. Sein Pony war nicht lang genug, um in den Zopf zu passen und Anas Haarreifen –glitzernd pink- hatte er dankend abgelehnt.

„Du hast aber Schmetterlinge in den Haaren. Und die glitzern wie wild, gab ich zu bedenken.

„Und?“ Grinsend demonstrierte er mir seine heutige Schuhpracht. „Passen doch hierzu.“ Irgendwelche Sandalen aus der Damenabteilung der Kitschschuhhandlung grinsten mir entgegen. Knapp Kniehoch, mit zwölf Riemchen, jedes an der Seite versehen mit einem Schmetterling, welche denen in seinen Haaren in nichts nachstand.  Das irritierendste  waren jedoch immer noch seine Zehen. Der grellgrüne Lack hatte mir schon gestern den Rest gegeben. Hatte er einen Frosch getreten, oder warum gerade grün?

„Fertig mit glotzen? Wir müssen los!“ Ungeduldig sah er mich an. Durchbohrte mich mit seinen hellbraunen Augen und hoffte vermutlich ich würde dadurch tot umfallen. Tja, Pech meine Liebe… ähm… mein Lieber, so schnell sterbe ich bestimmt nicht nur weil du mich ansiehst. Das haben schon andere vor dir versucht.

Mit zwei weiteren Blechen bewaffnet, Silke trug das Letzte, begab ich mich zu meinem Auto. Ein Geschenk meiner Mutter. Kurz bevor wir hierhergekommen sind hat sie es mir geschenkt, meinte hier bräuchte man so was, da die Bus- und Zugverbindungen mies waren. Recht hatte sie. Zwei Busse um sieben am Morgen, fünf Busse am Nachmittag nur in eine Richtung. Keine anderen Zielorte, nur mit Umsteigen kam man weit und das dauerte. Um nach Leipzig zu kommen musste man zwei Mal umsteigen, fuhr für die eigentlich acht Kilometer fast eine dreiviertel Stunde nur um dann in den überfüllten Zug zu steigen, der nur einmal in der Stunde fuhr, und nochmal eine halbe Stunde bis ans Ziel brauchte. Und das nur außerhalb der Ferien. Während der Sommerferien fuhren insgesamt nur vier Busse! War das zu glauben?

 

Mit etwas basteln schafften wir es die Kuchen im Auto zu verfrachten und uns auf den Weg zu machen. Jedoch nicht ohne Ana von ihrem Bruder loszueisen und ihr zu beteuern, dass die Frisur bis heute Nachmittag so blieb. Julian tat das. Ich nicht. Mich irritierten die grünen Zehennägel und die Glitzerdeko im Haar noch immer. Hoffentlich baute ich deshalb keinen Unfall.

 

Während der Fahrt würdigte er mich keines Blickes. Stattdessen stierte er aus dem Fenster oder auf sein Handy. Wenigstens hielt er auch die Klappe. Das einzige Geräusch, das er verursachte war ein leises Klackern, wenn die Fingernägel auf das Brillengestell trafen, wenn er versuchte es auf der Nase zurechtzurücken. Mit Entsetzen musste ich feststellen, dass die Fingernägel genauso giftig aussahen wie seine Zehen. Gruselig.

 

„Bis später.“ Mehr als widerwillig brachte er diese Worte hervor. Nicht gerade freundlich. Aber immerhin kam kein Blödmann oder dergleichen. Er war kreativ was solche Bezeichnungen für mich betraf.

Seufzend starrte ich auf vier Bleche. Na wenigstens schleppte er eins davon. Hoffentlich auch zu seinem Bestimmungsort und nicht zu seinen Freunden um es selber zu essen. Wäre ihm aber zuzutrauen.

Doch wie bekam ich die vier anderen heil an den Bestimmungsort? Zweimal laufen war ja uncool. Und viel zu anstrengend.

 

Irgendwie hatte ich es geschafft und konnte den Mädels, ich hatte die Namen schon wieder vergessen, irgendwas mit Vanessa oder Sandra oder so… Ach Namen waren nicht meins. Und ob ich mich mit denen anfreunden musste wusste ich auch nicht recht.

 

Auf dem Schulhof tümmelten sich hier und da ein paar von Julians Klassenkammeraden. Seltsame Vögel wenn ich das schon beurteilen durfte. Irgendwo, in der Menge untergehend sprang mir ein vertrauter brauner Wuschelkopf ins Auge. Tines Haar wurde heute durch lamettaartiges Glitzerbehängsel verziert.

„Neuer Trend aus Mailand?“

„Seh ich aus wie Jule oder was?“ Mit den Augen rollend zupfte sie an dem Glitzerzeug, konnte es jedoch nur mäßig aus dem Gewüchs, was sich Haar schimpfte befreien.

„Naja… nicht wirklich… Du hast da vorne mehr… und hier.“ Demonstrativ griff ich nach ihren Haaren und tat so, als wäre ich ein netter Mensch.

Das Zeug war aber auch hartnäckig. Wenn die das auf dem Schulhof verteilt hatten konnte man das doch nur mit einem Flächenbrand beseitigen.

„War Ana wieder an seinen Haaren?“ Skeptisch schielte sie zu mir hoch. So klein wie sie war ging sie mir kaum bis zur Brust. Wenigstens erschienen ihr diese Schmetterlinge ebenso suspekt wie mir.

Schwul hin oder her… durfte man so etwas wirklich in der Öffentlichkeit tragen ohne verklagt zu werden? Vermutlich schon.

„Wo ist die Kratzbürste eigentlich?“

„Dekoriert mit Debbi und dem Brummbär in der Nähe des Sportplatzes.“

„Wer ist Brummbär?“ Hatte ich was verpasst? Waren solche Namen in Deutschland zulässig?

„Jochen. Debbis Freund. Jules nennt ihn immer Brummbär. Wenn du ihn siehst weißt du warum.“

 

Jochen direkt kennengelernt hatte ich nicht, aber ich hatte ihn von weiter mustern können. Ein Kerl wie ein Schrank, kurze blonde Haare und Julian auf den Schultern balancierend, da jeder von ihnen zu klein war um ganz nach oben zu kommen. Warum da überhaupt Deko hinmusste war mir ein Rätsel.

 

Alles in allem schienen die kleinen Klassen spaß an der ganzen Sache zu haben. War ja auch Sinn und Zweck der Sache, wie mir netterweise erklärt wurde.  Von Tine, die netter war als man vermutete. Das blonde Wunder schien nicht abzufärben.

Zumindest nicht seine Bissigkeit. Tine war mindestens genauso überschwänglich wie ihr Freund. Deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass ich mich nicht wehren konnte, als sie mich, mit Schraubstockgriff um mein Handgelenk, hinter sich herzog.

Erst neben Thungh blieb sie stehen.

„Du solltest mich nicht hier anschleppen. Julian dreht sonst nur wieder am Rad“, leise murrend versuchte ich mich aus ihrem Griff zu befreien. „Der hat andere Probleme.“ Grinsend ließ sie mein Handgelenk los, und deutete nach vorne, auf eine Art Anhöhe.

„Was…“

„Debbi und Pam zwingen ihn mit ihnen zu singen“, klärte sie mich auf, da ich nicht wirklich viel sehen konnte und das, obwohl ich größer war als sie. Tine schmulte bestimmt durch die Beine der anderen. Bücken musste sie sich dafür nicht.

„Kann er denn singen?“ Skeptisch zog ich die Augenbrauen zusammen. Wenn nicht würde ich das gerne wissen und die Flucht ergreifen.

„Möglich. Auch wenn ihm das Lied nicht so recht gefallen mag.“

Kurz darauf wusste ich auch warum.

One Direction hörte er nicht wirklich. Davon konnte ich ein Lied singen. Immerhin erhielt ich ständig Dauerbeschallung durch ihn. Manches war erträglich. Anderes nicht.

 

One way or another I'm gonna find ya , setzten die drei an.

Paminda mit heller, recht hoher Stimme, jedoch jeden Ton treffend. Debbi tiefer und etwas neben den Tönen.

Julian übertönte sie beide. Obwohl er nicht lauter war.

Seine Stimme hatte was, wenn er nicht grad mit Beleidigungen um sich warf.

I'm gonna getcha getcha getcha getcha One way or another I'm gonna win ya I'm gonna getcha getcha getcha getcha One way or another I'm gonna see ya I'm gonna meetcha meetcha meetcha meetcha One day, maybe next week I'm gonna meetcha, I'm gonna meetcha, I'll meetcha One way or another I'm gonna win ya I'm gonna getcha getcha getcha getcha One way or another

 

Erst als die letzten Töne verklangen waren, bemerkte ich, dass ich angefangen hatte zu starren. Je weiter das Lied voranschritt, desto mehr taute er auf. Wirkte nicht mehr so verkrampft, so als ob es ihm Spaß machen würde.

Tat es auch. Immerhin hatte er die Aufmerksamkeit der meisten hier auf sich gezogen.  Ob das dem Gesang, dem Herumgehüpfe oder der Haardeko lag war unklar. Vermutlich lag es am Gesamtbild.

 

„Fertig mit glotzen?“

Erschrocken fuhr ich zusammen, sah schließlich an mir herunter um den Übeltäter anzusehen.

„Gut. Dann bist du jetzt dran.“

„Ich?“ Oh neinneinneinneinneinneinnein…

Verdammt!

 

*Tine*

 

Jennis entsetzter Blick sprach Bände, auch wenn sein Gestarre mich vorher irritiert hatte. Ich wollte glaub ich gar nicht wissen wen oder was er angestarrt hat. Obwohl es mehr als offensichtlich war.

„Hey Pam! Hier ist ein freiwilliges Opfer!“, brüllte ich über die Menge, als Jules sich in meine Richtung drängte, um den beiden Mädels zu entkommen.

Zufrieden mit der Reaktion des Dunkelhaarigen schubste ich diesen nach vorne durch die Menge, wo ihn Pam schließlich in Empfang nahm und auch ihn zu einer Runde Karaoke zwang. Ob er so glücklich mit ihrer Auswahl –Taylor Swift, gruselig- war, konnte ich nur erahnen.

Wie ein glücklicher Mann sah er nicht aus, was meinem besten Freund ein Grinsen ins Gesicht trieb.

„Ich nehm an, du findest, es geschieht ihm recht?“

„Jup.“ Noch immer grinsend quetschte er sich an mir vorbei, funkelte mich mit diesen abartigen Flatterviechern in seinen Haaren an und huschte in Richtung der Fressalien.

Wenn der mal nichts in sich reinstopfte war er krank oder tot.

 

„Gott…“ Zwei Lieder musste Jens sich mit den Mädels antun, ehe er sich drücken konnte.

„Geht’s? Brauchst du nen Notarzt?“

Augenrollend schüttelte er mit dem Kopf, griff dann nach seinem Telefon, tippte kurz etwas, ehe er sich mir wieder zuwandte. „Muss nicht sein. Aber Paminda und Debbi brauchen einen… so ein Sing-Zwang muss doch krank sein.“

Leise lachte ich. Was Julian nur gegen ihn hatte?

Ich würde gerne mein Zimmer mit ihm teilen.

Auch wenn er nicht so guckte, als hege er irgendwelches Interesse an meiner Person.

„Du Jen, hast du eine Freundin?“ Fragte ich einfach direkt was Sache war. Wenn er keine hatte konnte man ja immer noch was an der Sache mit dem Interesse drehen.

„Einige.“

„Ich meinte richtige… nicht so was wie ich und Jules.“

„Dann nicht.“

„Wie findest du die Mädels in deiner Klasse?“

Er zuckte mit den Schultern. „Laut.“

„Und die anderen hier?“

„Auch. Manche sind nett… andere überflüssig was mich angeht.“

Na das waren ja gute Voraussetzungen.

„Hast du vor dir in nächster Zeit ne Freundin anzulachen?“

„Weniger. Auch wenn dein Angebot nett ist.“

War ich wohl direkt genug. Hatte aber auch nichts geholfen.

„Bin ich nicht dein Typ?“ Wenn ich schon eine Abfuhr kassierte, wollte ich auch wissen warum. Ändern würde ich mich zwar nicht, aber dann konnte ich das auch ab. Außerdem war das der Bruder meines besten Freundes, wie abartig war das denn? Wie kam ich drauf über so was nachzudenken?

„Sind die wenigsten hier“, gab er schließlich zu. „Die haben alle… zu viel… oder zu… wenig…“ Viersagend blickten seine dunklen Augen mich an.

„…“ Kurzzeitig sah ich ihn fragend an, während mein Hirn ratterte.

Ja Holla die Waldfee…

Wenn das mal keine versteckte Aussage war.

„Weiß Julian es?“

„Wohl kaum, oder glaubst du ernsthaft, dann würde mir das Katzenkörbchen erspart bleiben?“

„Du weißt von der Katzenkörbchen-Idee?“ Das wunderte mich.

Jule redete doch nicht freiwillig mit ihm und ich hatte es auch nicht ausgeplaudert also… „Er quatscht mal wieder im Schlaf?“, mutmaßte ich und bekam Recht.

„Na das kann ja heiter werden. Freu dich schon mal drauf wenn er die Schweinkram um die Ohren haut…“

Nachts tat er das gerne. SEHR gerne. Ich hatte mir angewöhnt, nur noch mit Oropax in den Ohren in seiner Nähe zu schlafen.

„Ich freu mich…“ DAS konnte man sehen. Jede Zitrone guckte begeisterter.

„Lass uns was essen gehen“, beendete ich das Thema dann einfach. Trotz dass ich keine Chance bei ihm hatte, hing ich mich an ihn ran, zeigte den Damen um mich herum den imaginären Mittelfinger und tat wenigstens so als ob. Was keiner wusste, war besser für mich!

 

*Julian*

 

Mit ein paar Ausnahmen war das Schulfest lustig. Ich musste nicht mit aufräumen, das war gut. Dafür hatte ich definitiv zu viel Kuchen gegessen und lümmelte mich nun im Bett.

Es war sogar so ernst, dass ich freiwillig mit dem Taylor Swift Verschnitt nach Hause fuhr und drauf verzichtete neue Kontaktlinsen zu holen. Spielte ich eben nochmal Brillenschlange. Hatte ja eh alle schon das hässliche Ding gesehen, auch wenn Anas Spangen sie irritiert haben wie Hölle.

Ich sollte doch Debbi anrufen, dass die mi welche holen ging. Geld würde sie morgen kriegen… Gierig starrte ich zu meinem Handy, befand jedoch, dass es zu weit weg lag und ließ es bleiben.

Brillenschlange würde morgen wieder zur Schule gehen.

Außer mein Bauch spielte mit und drückte morgen immer noch… Ein bisschen Wimmern, ein bisschen brüllend über der Keramik hängen, wäre doch alles besser als mit dem Ding auf der Nase zur Schule zu müssen.

Ach, das wurde morgen entschieden. Erst mal schlafen.

Falls der Typ neben mir aufhörte zu starren. Erwartete er jetzt ein Danke dafür, dass er mich hier hoch buxiert hatte?

Mit Sicherheit nicht! Wäre ja noch schöner. Der sollte bloß nicht denken ich würde weich werden, nur weil ich nicht pampig war während der Autofahrt oder ihm die Finger abgebissen hab als er mich ins Bett gebracht hatte.

Morgen musste ich eindeutig wieder gemeiner sein. Ging ja gar nicht meine nette Seite.

 

„Starr wo anders hin“, knurrte ich, starrte jedoch nur weiter an die Decke und zählte imaginäre Kuchenstücke. Schafe waren mir zu doof. Da konnte ich nicht schlafen.

„Ich starre nicht. Ich warte nur, dass du pennst und ich rausfinden kann was für Schweinereien du von dir gibst.“

Tine du elendes Aas.

Demonstrativ zeigte ich ihm den Mittelfinger und versteckte mich unter dem Kissen. Hoffentlich hielt ich die Klappe.

 

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dieses mal nicht nur aus Jules Sicht geschrieben. Ich glaub so was kommt in nächster Zeit öfter... damit ihr auch mal die andere Seite sehen könnt.

Mir ist heute das nächste Kapi durch den Kopf gegangen. Ich freu mich schon irgendwie dauf.

 

Schwachstellen

 

Es passierte nicht oft, doch es passierte.

Murrend blickte ich gen Decke, rieb mit den Händen über meinen Bauch und hoffte, dass es vorbei gehen würde.

Das letzte Stück Kuchen war ein Fehler, ich sah es ja ein. Dadurch wurde es aber auch nicht besser.

Ich fühlte mich wie…

Einfach zum kotzen um es nett auszudrücken.

Gekotzt hätte ich auch gerne, leider wollte es nicht. Nachhelfen brachte nichts. Ich konnte mir die ganze Hand in den Hals stecken ohne dass etwas passierte. Manchmal eindeutig von Vorteil, in solchen Situationen weniger.

 

„Mama… Ich bin krank!“, jammerte ich, als ich sie in der Küche entdeckte. Kurz schaute ich an ihr vorbei auf die Brote die sie schmierte und verkniff mir ein würgendes Geräusch. Hier würde es bestimmt klappen. Dann müsste ich aber alles wegwischen… und neu machen.

Bäh….

Skeptisch musterte sie mich. Ich sah ernsthaft krank aus. Ich hab es im Bad gesehen.

„Du hast zu viel gegessen. Selbst Schuld. Wer frisst wie du muss auch die Konsequenzen tragen. Du gehst zur Schule.“ Das war ihr letztes Wort.

Das allerletzte für diesen Morgen. Ehe sie noch etwas sagen konnte, fand ich mich in Jennis Auto wieder, meine beste Freundin hinter mir –aus Sicherheitsgründen, ihr dürfte mein grünes Gesicht aufgefallen sein- die diese Situation schamlos ausnutzte.

Bus fahren? Wozu denn. Wenn der neue große Bruder des Freundes doch ein Auto hatte.

Elende Kuh. Zu dumm, dass ich sie gern hatte.

 

Die ersten beiden Stunden schleppten sich so dahin, kamen mir wie zehn Stunden vor. Als es klingelte war ich einer der ersten der verschwand; aufgebrochen gen weiße Halle. Scheiße war mir schlecht. Hinter mir hörte ich Tine rufen. Die konnte warten.

 

*Tine*

 

Seufzend sah ich Jule nach. Grün wie ein Frosch. Ob sein Nagellack abgefärbt hatte? Weniger…

Ich spielte mit der Überlegung auf den Schulhof zugehen, oder ins Klassenzimmer, tat aber beides nicht. Stattdessen zückte ich mein Buch und wartete vor dem Jungsklo. Zu kotzen schien er nicht. Dafür war es zu ruhig.

Nur nicht drauf achten was da drin abgeht. Wende dich Goethe zu… die olle Drecksau die. Wer wollte wissen wie Mephistos „Pfropfen“ aussah? Soll der die Alte einfach nageln und fertig.

Es schüttelte mich kurz, als ich es mir vorstellte. Wenn Mephisto wenigstens jung und knackig wäre… oder Faust… aber nein, alles alte Säcke.

 

„Hey, warum stehst du hier so einsam rum? Debbi und die anderen suchen dich schon… und den Frosch.“ Grinsend stellte Jennis sich mir gegenüber. Ich verstand wirklich nicht was Julian gegen ihn hatte. Er war wirklich nett obwohl sein Humor gewöhnungsbedürftig war.

„Warte auf den „Frosch“ wie du so schön sagst. Er sah aus als wolle der die weiße Schüssel anbeten.“

„Und?“

„Noch hört man nichts.“ Schulterzuckend deutete ich auf die verschlossene Tür.

Als er ein ‚wenigstens einmal in Leben‘ von sich gab musste ich lachen, versuchte es jedoch zu unterdrücken. Jules redete gerne, oder meckerte  oder pampte andere an… Da hatte er schon Recht.

 

„Weißt du wie man ihn ruhig stellen kann?“ fragend sah ich an dem anderen auf, der sich neben mich gehockt hatte und augenscheinlich keine Lust hatte wieder zu verschwinden.

„Seh ich so aus?“ Resigniert hob er die Hände in die Luft, wirkte etwas bedröppelt. Armer Kerl.

Eigentlich sollte ich das nicht erzählen, aber Jens hatte es eindeutig nötig.

„Ich verrat dir einen Trick ja?“

 

*Jennis*

 

Hellhörig sah ich auf. „Trick?“ Eifrig nickte sie, trug ein Lächeln im Gesicht, welches ich nie sehen wollte wenn es gegen mich ging.

„Kennst du das Herz auf seinem Arm?“

Ich musste kurz überlegen, dann jedoch nickte ich. Sie meinte diesen Pigmentfleck auf dem linken Oberarm, dessen Spitze halb in der Armbeuge lag. „Ja kenn ich. Warum?“

Irgendwie sah das Ding niedlich aus. Silke hatte mir ein Foto gezeigt. Im Winter war es kaum zu sehen, da erinnerte seine Haut an Eisbärenfell, genau wie der Fleck. Erst jetzt, im Sommer, konnte man es richtig sehen, wenn er Farbe annahm.

„Naja“, hastig sah sie sich um, als sie niemanden sehen konnte begann sie zu erzählen. „Das Ding, die Dinger, er hat ja noch eins, ist seine Schwachstelle. Wenn du an dem Ding richtig Hand anlegst ist er zahm, wie eine Schmusekatze.“

„Ernsthaft?“

„Oh ja, was glaubst du, wie ichs mit ihm aushalte?“

Das war ein Witz. Sie hielt mir ihm aus, weil sie ihm ziemlich ähnlich war, irgendwie. Beide waren laut und… gewöhnungsbedürftig.

„Wo ist das andere?“

Wenn ich sie recht verstanden hatte, dann gab es noch eins. Das hatte ich noch nie zu Gesicht gekriegt, zumindest nicht wissentlich.

„Hast Griechenland noch nie zu Gesicht gekriegt oder?“

Was?

Griechenland?

Warum redet sie über Griechenland? Ist ihr nach Urlaub?

Ich verstand den plötzlichen Themenwechsel nicht.

„Hä?“

Lachen hallte über den Gang. Lachte sie mich wirklich aus? Gemeinheit!

„Entschuldige. Weißt du bestimmt nicht. Der andere Pigmentfleck sieht aus wie Griechenland. Ernsthaft. Wir haben es mit der Karte im Atlas verglichen. Aber egal. Der zweite Schwachpunkt ist auf seinem Oberschenkel, kurz unterhalb seines Hinterns.“

Vielsagend grinste sie mich an.

Bloß nicht drauf reagieren. Sonst reimte sie sich irgendwas zusammen. Musste ich nicht haben.

 

„Boah, nee oder?“ Genervt traktierten mich hellbraune Augen, als deren Besitzer aus der Toilette geschlichen kam und mich entdeckte. „Hat man nicht mal hier Ruhe vor dir.“

Er sah noch immer grün aus im Gesicht. Lustlos waren seine Haare zusammengebunden –diesmal ohne Anas Hilfe- die kurzen Strähnen von vorne mit irgendeinem kitschigen Haarreifen nach hinten gehalten. Hatte Ana wohl doch mitgewirkt. Indirekt. Oder Evi. Ich glaub meine kleine Zecke hatte auch so einen. Gruselig.

„Kannst du nicht jemand anderem auf die Nerven gehen du…“, setzte er an, während er auf mich zukam. Missmutig dreinblickend.

Sollte ich einen Versuch wagen? Ich beschloss ja. Ehe er den Satz noch beenden konnte und ich mir eines seiner kreativen Bezeichnungen einhandeln würde. Davon hatte ich definitiv genug gehört. Fürs erste zumindest.

 

Eins, zwei, drei und los, ermutigte ich mich in Gedanken selbst, ehe ich zugiff. Etwas verwirrt sah er von seinem Arm, den ich wohl etwas zu grob gepackt hatte, zu mir und begann wohlige Geräusche –Tine hatte Recht, er klang irgendwie wie Schnurren – von sich zu geben, während meine Finger über das Herz fuhren. Flatternd schlossen sich seine Augen und zum Erstaunen aller Anwesenden –was nur Tine und ich waren, zum Glück- drückte er seinen Kopf gegen meine Brust und rieb die Wange daran.

Okay…

Ich sollte damit aufhören.

Obwohl… noch ein bisschen wäre schon okay. Er ist auf jeden Fall zutraulicher als sonst.

Leider ließ die Wirkung ziemlich schnell nach.

Unwirsch schüttelte er den Kopf, drückte sich von mir weg und entriss mir seinen Arm.

„DU elender… urgh…“, begann er mich anzuschreien, kam jedoch nicht dazu seinen Satz zu beenden. Stattdessen stürzte er zurück ins Bad und gab widerliche Laute von sich.

Ich hoffte, dass er die Schüssel getroffen hatte. Wenn es so widerlich aussah wie es sich anhörte, dann wollte ich niemandem zumuten, das wegwischen zu müssen.

Bäh.

 

„Hätte nicht gedacht, dass du es testest.“ Andächtig mit dem Kopf nickend zückte sie erneut Faust I, während des Schauspiels hatte sie es brav beiseitegelegt und uns ihre volle Aufmerksamkeit geschenkt.

„Ich auch nicht. Aber gut zu wissen, dass es auch bei mir klappt.“

„Urghhhs!“

Angeekelt schauten wir zur Tür.

Ging das auch leise?

Als Antwort auf meine stumme Frage ertönte ein neues „Buaaargh“.

 

„Tine?“

„Hm?“ Fragend hob sie den Blick aus der alten Schwarte.

„Was passiert wenn man das mit Griechenland macht?“

Schon wieder schlich sich dieses Grinsen auf ihr Gesicht und ich ahnte, dass ich es eigentlich gar nicht hören wollte.

„Sagen wir es mal so… wenn du weißt wie du das Ding zu behandeln hast –und das Echo verträgst- dann katapultierst du ihn geradewegs gen „emotionalen Himmel“. Wenn du weißt was ich meine.“

Oha. Klang ja… reizend. Würde ich das dort machen, dann, würde ich wetten, beißt er mir bestimmt die Hand ab. Im besten Falle. Im Schlimmsten würde ich eine gemütliche Holzkiste bekommen.

 

„Ich glaub er ist fertig…“

Tine hatte womöglich Recht. Im Bad wurde es leise. „Und?“

Ich wollte da unter Garantie nicht rein. Es gab auch Grenzen was die innige Liebe zu ihm anging.

„Ich wird mal nach ihm schauen. Nicht das er in der Schüssel ertrinkt oder so. Pause ist eh gleich vorbei. Musst bestimmt auch los.“ Da vermutete sie richtig. Also wünschte ich ihr viel Erfolg in dem Kriegsgebiet und begab mich in den Kunstsaal. Hoffentlich überlebte ich die Stunde. Pinsel liebten es, mir übel mitzuspielen.

 

*Julian*

 

Fürsorglich wie es sich für eine beste Freundin gehörte, richtete mich Christine nach der Kotzerei wieder her, sodass ich einigermaßen annehmbar aussah.

Dennoch: fiese Mistkröte. Gemeine Verräterin!

Ich strafte sie mit Ignoranz, nachdem sie mich ins Biozimmer buxiert hatte.

Wie konnte sie dem Typen so was nur verraten? IHM?!

Elende Verräterin!

So peinlich.

Auch wenn seine Brust richtig kuschelig war. Nein nicht wabbelig oder so… aber angenehm… irgendwie.

Bääh, bring mich einer aufs Klo zurück. Der Gedanke war ja abartig…

Leicht schüttelte ich mich und versuchte die Aufmerksamkeit auf die Trantüte an der Tafel zu richten. Die Schulmumie, besser bekannt als Herr Reinard, der Biolehrer, der die Evolution live miterlebt hatte, versuchte uns irgendwas über Zellteilung zu erklären.

Langweilig. Was interessieren mich Mitose und Meiose? Aber wenigstens konnte ich hier etwas dösen. Danach wäre ich wieder auf der Höhe und könnte mich in die Mensa begeben. Hab gehört da gibt’s heute Lasagne… ohne Pferd versteht sich.

Pyjamaparty

„Debbi hat den echt eingeladen?“ Missmutig öffnete ich ein Auge, traktierte „den“ mit einem Blick, ließ mich dann jedoch weiter in der Sonne grillen. Bald würde es Herbst werden, dann wärs vorbei mit dem schön braun sein. Sobald die Sonne nichtmehr ständig auf mich runter prasselte werde ich wieder weiß wie ein Geist. Scheiß Gene. Hatte ich von meinem Vater.

„Ach sei nicht so. Debbi mag deinen Bruder. Und du musst zugeben, wie er da so im Blumenbeet deiner Mutter hockt, dreckverschmiert und halbnackt, ist er schon ein kleine Sahneschnittchen.“ Anzüglich grinsend deutete Tine, die sich neben mir auf der zweiten Gartenliege räkelte, auf meinen Bruder. Neuerdings klang Bruder wie ein Schimpfwort bei mir.

„Lieber schluck ich Arsen als diese „Sahneschnitte“.“

Sie verdrehte ihre Augen, weshalb auch immer. Sollte sie doch. Den Kerl himmelte doch jeder an. Tse. Selbst Achim und Torben hielten sich bei ihm bedeckt, waren sogar fast so was wie nett.

Arsch!

Langsam konnte mich Mr. Perfect wirklich mal. So viel „nett“ und „toll“ und „wundervoll“ war das reinste Brechmittel.

Und jetzt war der auch noch zu Debbis Geburtstag eingeladen. Wäre sie nicht eine meiner besten Freundinnen würde ich glatt nicht hingehen. Aber ich mag sie zu sehr, als dass ich sie wegen dem Hirni sitzenlasse. Außerdem hab ich ihr Geschenk schon seit Ende des letzten Schuljahres. Dank dem Brummbär, ohne ihn hätte ich bis heute nichts gehabt.

 

Mama war natürlich restlos begeistert, dass ihr Jenni-Baby so schnell Anschluss gefunden hatte. Bei meinen Freunden! Grrr. Vor Begeisterung nur so strotzend lud sie spontan Tine zum Essen ein, die eigentlich schon gehen wollte, jedoch bei der Einladung –und der Antwort, auf ihre berechtigte Nachfrage, das Manu gekocht hatte- spontan länger blieb und nun mit an der Tafelrunde speiste. Tafelrunde, nicht in Camelot, dafür in der Irrenanstalt Von-und-zu-Wagner-Residenz-für-leidiges-Menschenpack. Hier schien ja alles aufgenommen zu werden. Kranke Katzen die aussähen als wären sie schon längst hinüber –Anni hat sie aber gut wieder hingekriegt, das Mistvieh pennt immer auf meinen Schuhen-, suspekte Anhängsel die sich in meinem Zimmer breit machen –da ist mir das Fellknäul mit Schuhfetisch eindeutig lieber- mein Vater… Ja, im Hause Wagner fand echt alle Zuflucht. Momentan kotzte mich das an. Sonst war es relativ praktisch. Vor allem für Tine. Immer wenn ihre Mutter ne neue Flamme hatte, quartierte sie sich für ein paar Tage hier ein, bis der Typ die Nase voll hatte und wieder entschwand.

„Was ist eigentlich dieses Mal das Motto von Debborahs Geburtstagsparty?“ Neugierig strahlte meine Mutter uns an. Eigentlich liebte sie Spitznamen jeglicher Art. Julietta, Effili, Berndilein, Anni-Maus, Anaschka und Jennibär waren da die harmlosesten die sie zu bieten hatte. Wobei einige sehr suspekt sind. Anaschka klingt irgendwie russisch, was gar nicht zu meiner Mutter passen will, auch wenn sie ein Ossikind war, und von Jennibär möchte ich nicht reden. Der saß mir gerade gegenüber und schien für einen Moment genauso verwirrt wie ich.

Motto?

Oh scheiße da war ja was… wie jedes Jahr.

Debbi hatte es einfach nicht verdient einen Spitznamen von meiner Mutter zu kriegen. Das wird es sein. Die findet die Mottopartys insgeheim genauso schlimm wie ich. Wäre zumindest eine Erklärung warum Debbi nie Debbi sondern immer Debborah bei ihr ist.

„Pyjamaparty“, nuschelte Tine, ihre gute Erziehung vergessend, mit vollem Mund.

„Entzückend.“

Fand ich nicht. Wollte die echt DAS als Motto? Im letzten Jahr war es Poolparty, da durften alle in Badesachen antanzen. Bedeutete das, dass wir dieses Mal in Schlafsachen kommen mussten? Warum war sie meine Freundin? Keinen Schimmer, aber das „Jennibärchen“ im Schlafanzug sehen? Bäh, nee. Muss ich mir jeden Tag antun, wenn ichs nicht verhindern kann.

Ach was soll‘s. Wäre er letztes Jahr hier aufgeschlagen wäre es schlimmer gewesen.

Konnte ich nur hoffen das die nächstes Jahr, zu ihrem Achtzehnten –ja Debbi war die Älteste in der Runde- keine Dildoparty veranstalten wollen würde. Allein der Gedanke ließ mich schlimmer würden als das letzte Stück Kuchen von letztens.

Igitigittigitt.

 

Das Motto diesen Jahres stellte mich vor eine große Herausforderung.

Was sollte ich anziehen?

Meinen letzten Schlafanzug besaß ich mit zwölf. In Unterwäsche konnte ich da schlecht hin, oder? Nee, besser nicht. Wer weiß wen Debbi noch alles eingeladen hatte, neben den üblichen Verdächtigen.

Jennis fragen?

Kurz schielte ich zu dem Knäul auf seinem Bett.

Bäh, bloß nicht. Lieber nackt.

Tine hatte vielleicht einen für mich.

Jaja, ich weiß, keine gute Idee, ich sollte lieber jemand anderes fragen oder mir noch einen zulegen, aber dafür war es zu spät. In nicht mal einer Stunde würden wir dort aufschlagen und Tine wohnte gleich um die Ecke und wir hatten die gleiche Größe…

 

Und ich hasste mich dafür, als sie eine halbe Stunde später in meinem Zimmer stand und mir das DING –anders konnte es wirklich nicht bezeichnet werden- strahlend, wie die Sonne persönlich, entgegen hielt.

Igitt. Ich sagte das in letzter Zeit oft, ich weiß, aber nochmal Igitt. Immer und immer wieder würde ich das sagen, wenn es etwas bringen würde.

„Was ist das?“ Voller Entsetzen stiere ich auf das Ding, pink und rosa und weiß. Das war doch nicht wirklich ihr ernst. Das konnte es nicht sein. Oh bitte, bitte nicht.

„Ein Schlafanzug.“

Hoffentlich ist der für sie, hoffentlich ist der für sie.

„Der steht dir bestimmt… gut“, quetsche ich hervor und versuche überzeugt zu klingen. Gar nicht so einfach, wenn etwas aussah wie Einhornkotze.

„Nee, der ist für dich.“

Verdammter Mist!

„Du weißt schon das der rosa ist und pinke und weiße Sterne hat.“

„Ja.“

Na wenigstens sah ich das Grauen nicht alleine.

„Das Ding ist aber hässlich.“ Und absolut unmännlich. Ich bin zwar schwul und alles, trag auch gerne mal zu dick auf was Klamotten angeht, aber DAS ist doch etwas übertrieben. Ana würde vor Entzücken schreien wenn sie das Ding kriegen würde. Ich würde nur schreien.

„Einen anderen hab ich nicht.“

„Und was ist mit dem?“ Demonstrativ deutete ich auf das, was sie anhatte. Hellblaues Oberteil ohne Arme und eine weiß-blau karierte Hose. Auch nicht das Paradies aber besser. Männlicher.

„Den hab ich an.“

„Dann zieh doch das rosafarbene Etwas an und gib mir den.“

„Spinnst du?“ Skeptisch zog sie eine Augenbraue nach oben. „Denkst du ich zieh so was an? Das Teil ist rosa/pink/weiß und hat Sterne. Wer bin ich bitte? Die Bonbon-Fee, Königin von Tuntenhausen, Prinzessin Teilehorn aus dem kunterbunten Zauberwald? “

Aber ich oder was?

„Nimm es oder lass es. Was anderes als das hier hab ich nicht zu bieten“, meinen Blick richtig deutend ließ sie das rosa Bündel sinken.

Ich sollte wirklich nackt gehen. Oder in Unterwäsche. Hab ich ordentliche die für einen Geburtstag taugen? Kurz ging ich meine Schublade in Gedanken durch, ehe ein „Ieeeeh“ mich aus dem Konzept brachte.

„Woaaah, was ist das für ein ekliges Ding. Du willst das doch nicht anziehen, oder?“ Genauso entsetzt wie ich zuvor war, begutachtete mein heißgeliebtes Bruderherz –möge die Erde sich auftun und ihn einfach verschlucken- Tines Schlafanzug –ja den pinken, nicht den, den sie anhatte- und schaute dann zu mir.

„Das Teil ist ja die Hölle. So was trägt doch keiner freiwillig.“

„Doch.“ Scheiße, hatte ich das laut gesagt? Verdammt.

„Ernsthaft?“ Tine und Jennis starrten mich synchron an.

„Jaaaaa….“ Langgezogen und gar nicht überzeugt von meiner geistigen Gesundheit griff ich nach dem Ding und verschwand damit im Bad.

Schade über mich. Das ich solch eine Modesünde jemals anziehen würde… Was tat man nicht alles, um den Kerl zu ärgern. Dem gefiel es offensichtlich noch weniger als mir. Oder er hat den Trick mit der umgekehrten Psychologie entdeckt und lacht sich nun ins Fäustchen.

Wie dem auch sei. Zu meinem Bedauern sieht das Ding auch noch gut aus an mir. Bleibt nur noch die Frage ob ich die Bonbon-Fee oder Königin von Tuntenhausen bin… oder einfach beknackt.

 

Überschwänglich wurden wir vom Geburtstagskind begrüßt.

Diesmal hatte Mama drauf bestanden uns zu fahren, hatte höchst wahrscheinlich Angst, dass wir - naja Jennis, ich durfte eh nicht fahren- morgen noch nicht wieder soweit auf der Höhe wären und das Auto in den Graben setzen würden. Berechtigt, wenn man so hörte was sie in ihrer Jugend so getrieben hatte. Ich würde auch von mir auf meine Kinder schließen, wenn ich jemals welche haben würde. Nicht wirklich. Egal.

„Schön, dass ihr da seid. Schicker Pyjama. Kommt rein, kommt rein.“ Hibbelig wie es nur Debbi sein kann, wenn sie sich über alle Maßen freut, schiebt sie uns ins Haus. Puh. Können die fiesen Nachbarn –die NIE etwas sehen, aber ständig an den Fenstern hängen und alles mit den anderen Leuten beim Kaffeekränzchen ausdiskutieren müssen, was sie ja angeblich nicht sehen mit ihrem grauen oder blauen oder roten Star…- nicht mehr glotzen.

Neben uns war nur Jochen da. Die anderen würden bestimmt auch gleich kommen. Pam würde bestimmt mit ihren Eltern diskutieren –man ging doch nicht im Schlafanzug weg- und Thungh würde bestimmt verpennt haben seinen Computer auszuschalten und loszumachen. Und der wohnte nur fünf Minuten von hier. Spätestens wenn es was zu beißen gab wäre er da. So was riecht er.

„Guckt mal, guckt mal, guckt mal.“ Aufgeregt wedelte sie mit zwei Papierfetzen vor unseren Gesichtern rum. Sollten bestimmt Eintrittskarten sein. Jochen hatte so was erwähnt, glaub ich. Für irgendeine Band die mir nichts sagte, die in den Herbstferien im Werk II spielte. Ich versuchte gar nicht zu lesen wie die hießen. Stattdessen nickte ich nur begeistert und drückte ihr mein Geschenk in die Hand. Tine und Jennis taten es mir gleich.

 

Kurz nach uns kamen Pam und eine Brünette, die ich von irgendwoher kannte, jedoch nicht auf ihren Namen kam, an. Nachdem Janine aus unserer Parallelklasse aufschlug hielt sie es nicht mehr aus und begann ihre Geschenke aufzureißen. In ihrem Wahn ignorierte sie die Tür, weshalb es an uns war, den Rest, bestehend aus Thungh und seinem älteren Bruder, Tom, Hannes, A-Hörnchen und B-Hörnchen –ich vergaß ständig die Namen der Zwillinge, beide hübsche Mädels, dennoch blieben sie bei mir nie hängen-, hereinzulassen.

Erst als auch die ihre Geschenke auf der Blonden abluden, bemerkte sie deren Anwesenheit und begrüßte auch diese so überschwänglich wie zuvor uns.

Kaum einer widmete meinem Outfit einen zweiten Blick. Die hatten mit was Schlimmeren gerechnet, oder genau damit. War ich zu berechenbar bei solchen Sachen? Ach quatsch.

 

Nachdem Debbi endlich alle Geschenke von deren Verzierung bereift hatte und alle Papierleichen im Müll gelandet sind, kamen wir endlich zu spaßigen Sachen.

Grill anzünden.Grrrrr.

Wäre Jochen, unser großer, starker Retter in der Not, nicht gewesen, hätten Tine und ich wohl unser Haupthaar verloren. Böser Spiritus. Böse Stichflamme. Böse lachende Meute.

Aber dank dem Brummbär mussten wir uns keine Perücken zulegen oder verhungern.

Wenn er nicht absolut hetero und in Debbi verschossen wäre würde ich ihn glatt heiraten. Groß, stark, brachte Essen auf den Tisch, war gut im Bett –Debbis Worte nicht meine!- und hässlich war er auch nicht.

Aber sollte halt nicht sein.

 

Mit einem halben Putenschnitzel im Mund, der anderen Hälfte auf dem Teller, ergatterte ich mir einen der freien Liegestühle, der Tisch war nicht für so viele Leute konzipiert worden und machte mich darauf lang.

 

Leise dudelte mein Handy vor sich hin. Hatte Mum jetzt schon Sehnsucht oder Angst das wir uns die Kante gaben?

„Ja?“ Nahm ich den Anruf entgegen, als ich sah, dass es nicht meine Mutter war, die da klingelte.

„Bist du zuhause?“

„Nee.“

„Bist du es nachher?“

„Nee. Penn bei einer Freundin.“

„Achso. Und morgen?“

„Weiß nicht. Geb‘ dir Bescheid.“

„Gut.“

Damit war das Gespräch beendet. Nett wie immer. Das der Kerl auch nie auftaute. Sah ihn doch keiner.

 

„He Jules?“

Fragend schaute ich auf, als Tine mir das Telefon entriss und fies grinste.

Oh, oh.

 

*Jennis*

 

Fasziniert bestaunte ich, was Tom und Tun-Anh mit Julian veranstalteten. Oder es versuchten.

Er sträubte sich wie eine Katze, zerkratzte ihnen höchst wahrscheinlich ebenso deren Arme. Arme Kerle. Nach einer kurzen Rangelei landeten die zwei Übeltäter im Wasser, während ihr „Opfer“ davon stolzierte und sich eine Limo schnappte. Der Schuss ging wohl nach hinten los.

Schade für euch Jungs.

„Schon komisch, das er Wasserscheu ist, oder?“

Fragend schaute ich auf. Tine hockte sich, mit einem Handy spielend, welches ganz stark nach Julians aussah, neben mich auf die Hollywoodschaukel, etwas abseits des Geschehens.

„Ist er das?“

„Hast du doch gesehen.“

„Wirklich komisch,“ stimmte ich ihr zu. Silke war eine Wasserratte, in ihrer Jugend war sie eine begeisterte Schwimmerin, hatte sogar diverse Medaillen gewonnen, war sogar bei großen Veranstaltungen in Westdeutschland gewesen, was damals viel zu sagen hatte, und soweit ich es mitbekommen hatte die drei Mädels auch. Anni machte es im Verein, Ana spielte bei den Juniors Wasserball, Effi hielt es wie alle Teenies: im Bikini gut aussehen.

„Er war schon in der Grundschule so drauf. Als wir in der Vierten Schwimmunterricht hatten wurde er hysterisch als er mitmachen sollte, bis Silke ihn abgeholt hat und er die zwei Wochen anders verbringen durfte.“

 

Ich konnte mir das Ganze nicht erklären. Anfangs war er nicht Wasserscheu. Dazu gab es zu viele Fotos von ihm mit Schwimmring, fröhlich vor sich hin planschend und strampelnd. Mit drei war er wirklich knuffig. Große Kulleraugen, rote Bäckchen, total pummlig mit Wuschelkopf. Wirklich schade, dass die Zeiten vorbei waren.

Um ehrlich zu sein hätte ich ihn gerne so kennengelernt. Wenn Bernd nicht so viel Bammel gehabt hätte, vor was auch immer, hätten wir vielleicht zusammen aufwachsen können und hätten uns die ganze Situation jetzt sparen können.

Aber man konnte nicht alles haben.

 

Als es draußen zu dunkel wurde, die Außenbeleuchtung wollte nicht so wie Debbi das gerne hätte, verkrochen wir uns geschlossen nach drinnen ins Wohnzimmer.

Dieses war rustikal eingerichtet. Wie man es von Debbi irgendwie erwartet hätte. Typisch deutsch, wie sie selbst.

 

*Julian*

 

Gegen neun verschwanden die meisten. Mussten früh raus und so ein Quatsch. Alles Weicheier. Die verpassten doch das Lustigste. Aber so blieben wir wenigstens unter uns, das Anhängsel mal ausgeklammert. Warum mochten den nur alle? Nein, das interessierte mich nicht. Anders gefragt: warum mochten ihn nur alle meine Freunde?!

„Endlich Ruhe!“, flötete Tine vielsagend, während sie in ihrer XXL-Tasche wühlte und etwas suspekt Erscheinendes zu Tage förderte.

„Was ist das?“ Skeptisch musterte Debbi, was die andere in der Hand hatte. Sie hoffte vermutlich, dass es harmloser ist, als Tines Blick. Wenn sie heute Mist bauen würde, würden ihre Eltern ihr nie wieder was erlauben. Die waren da strikt. Verständlich bei Polizisten. Arme Debbi…

„Ein Geschenk von meiner Mutter,“ ließ sie erneut überschwänglich verlauten. Sofort lichtete sich das Gesicht der Blonden. „Cool.“

Grinsend sahen die beiden Mädels sich an, Jennis wirkte verwirrt und Pam besorgt. Thungh war wie immer nur körperlich anwesend. Vermutlich träumte er von irgendeinem Onlinespiel.

„Muss das sein, was wenn deine Eltern es merken?“ Unruhig tat Paminda ihre Sorge kund. Doch Debbi winkte nur ab. „Und? Ich hab die letztens auch mit dem Ding erwischt. Solange ich nichts Schlimmeres mache sind die glücklich. Die wissen ja, dass es da draußen schlimmeres gibt, als das bisschen Hasch von Tines Mutter.“ (Anmerkung: Ich hab keine Ahnung von irgendwelchen Drogen. Deshalb weiß ich auch nicht wie man das Zeug richtig verwendet. Achja: lasst die Finger davon! *Pädagogeraushängenlass*)

Sich nicht weiter um die Bedenken ihrer Freundin kümmern, machten sie sich dran, das Zeug zur Nutzung fertig zu machen. Was an nicht so alles als Polizistenkind lernte. Bei Tine wunderte es mich nur, dass es so harmloses Zeug war. Nicht, dass ich sie für eine Drogensüchtige Tussi hielt, aber LSD würde besser zu ihr passen.

Dennoch sagte Pam zum Schluss auch nicht nein. Einen oder zwei Züge, vielleicht auch drei, gönnte sie sich, ehe sie leise lachend die Finger davon ließ.

 

Also ich merkte nix. Keine bunten Farben, keine Halluzinationen, nichts. Nicht einmal seltsame Gelüste. Scheiß Zeug, hielt auch nicht das, was es verspricht.

Neben Pam schien es nur auf Jochen zu wirken, der erschien etwas abwesender als sonst. Doch sonst wirkten alle normal auf mich.

Oder was auch immer sie sonst sind. Normal hatte bestimmt eine andere Definition als dieser Haufen.

 

Nein, auch die zweite Runde hatte keine Wirkung. Reine Geldverschwendung das Zeug. Zum Glück hatten wir dafür nichts ausgegeben. Anke, Tines Mutter, hoffentlich auch nicht.

 

Na gut, vielleicht wirkte das Zeug doch, ein kleines Bisschen. Wer wäre sonst so blöd in unserem Alter Flaschendrehen zu spielen. Nachdem Pam, sie hatte es echt umgehauen, sonst hätte sie nie etwas in dieser Richtung vorgeschlagen, uns praktisch diese Idee aufgezwungen hatte und wir uns spontan bereit erklärt hatten dafür eine gute Flasche von Debbis Mutter zu opfern – so was konnte doch nicht mit einer Selterflasche gemacht werden- hockten wir alle im Wohnzimmer auf dem flauschigen Teppich und stritten darum, wer denn anfangen dürfte.

 

Schlussendlich durfte Debbi, da sie ja Geburtstag hatte und all das, anfangen. Die ersten Runden verliefen mehr als schnarchend. Ich wurde nicht getroffen und so viele peinliche Sachen –die ich noch nicht wusste- hatten die anderen nicht zu bieten. Vor allem Mr. Grinsebacke nicht. So ein Langweiler!

Doch irgendwann wurde es interessanter.

„Tine!“, begeistert warf Debbi die Arme in die Luft, als hätte sie nur darauf gewartet. „Raus mit der Sprache. Hattest du mit Hannes oder mit Martin dein erstes Mal?“

Tine hatte es wohl nie erzählt. Dabei ist sie sonst so gesprächig. „Weder noch.“ Desinteressiert zuckte die Gefragte mit den Schultern, ganz zum Verdruss der Blonden. „Was? Na wer war es denn dann?!“

Meine beste Freundin grinste unschuldig „Das war nicht die Frage.“

„Du bist so fies! Sags doch endlich!“

„Ach nein.“ Gedehnt winkte Tine ab, dann schaute sie verschwörerisch zu mir. „Das behalten wir doch lieber für uns, nicht wahr Julchen?“

Artig nickte ich. Ich würde die Klappe halten. Ging mich schließlich nichts an.

„Ich scheide aus,“ unterbrach der Brummbär seine Freundin, die bereits weiter schimpfen wollte. „Bin im Bett.“ Jochen sah richtig fertig aus. Deshalb wünschten ihm alle nur brav eine gute Nacht und entließen ihn ohne zu murren. Flaschendrehen entkam man nicht. Niemals. Außer alle hatten genug peinliche Sachen machen müssen oder wir hatten keine Lust mehr auf den Mist.

 

„Ich bin dran.“ Überschwänglicher als nötig drehte Tine die Flasche. Mit unbewegter Miene sah sie dem Drehen zu, bis sie schließlich bei mir hielt. Wäre ja zu schön gewesen wenn man nicht dran gekommen wäre. Mist aber auch.

„Okay. Jules… du drehst die Flasche und du musst die Person auf die es zeigt mindestens zehn Sekunden lang küssen.“

Pikiert musterte ich das Weib. Wie konnte sie nur. Hier saßen drei weibliche Menschen, ein abartiger und Thungh –dieses asexuelle Wesen- alles keine tollen Kussobjekte. Warum tat sie so etwas Abscheuliches? Ich deckte sie in dieser Sache und sie tut mir solche Dinge an. Miese Freundin. Ganze miese Freundin. Da ich jedoch nicht um die Sache herum kam gab ich der blöden Kirschweinflasche Schwung –hoffentlich zeigte es auf mich selbst!- und wartete und wartete und… Grundgütiger.

„Ich hasse dich…“

Emotionslos sah ich Tine an. „Wirklich. Ich hasse dich abgrundtief. Du bist ein übles Monster.“

„Ja. Ich weiß. Und nun küss den Jennibär.“

Nie im Leben.

Nein.

Nix da.

Vergiss es.

Aber es war nur ein Spiel und ich drückte mich nicht davor. Sollte ich aber. Ist schon eklig seinen Bruder zu küssen. Aber ich muss ihm ja nicht die Zunge in den Hals stecken. Ich stell mir einfach vor es wäre Ana oder Anni… mit Bartschatten. Konnte der sich nicht ordentlich rasieren wenn er aus dem Haus ging? Fand der das cool? An dem war rein gar nichts cool. Nicht mal der eklige Pfirsicheistee den er immer in sich reinkippte. Pfirsich schmeckte wie Seife. Ich war ja eher der Zitroneneistee-Fan.

Egal. Augen zu und durch.

Ungewohnt ruhig krabbelte ich auf allen vieren über den Teppich zu ihm rüber. Er bewegte seinen Arsch ja nicht, musste ich eben die ganze Arbeit machen. Aber laufen ging gar nicht, krabbeln war schon schwer. Irgendwie haute der Wein mit der Zeit richtig rein.

Tief durchatmen.

Nun guck nicht so du blöder Arsch. Mir macht das auch keinen Spaß.

 

Er fühlte sich an wie… ein Laternenpfahl. Genauso unterkühlt und steif. Nun nicht dran denken wer da wirklich grad an deinen Lippen hängt. Kotze würde ihm zwar bestimmt stehen, aber ich musste mein Essen nicht nochmal sehen. Hatte ich letztens erst.

 

Wie lange ist es denn noch?

Wir sind doch bestimmt schon bei ner Minute oder so?

Wäre den Tussen zuzutrauen. Alles dämliche Fan-Girls.

Einfach mal mitzählen.

Eins.

Na wird doch langsam.

Zwei.

Immer noch nicht schlimm.

Drei.

So was hab ich in der ersten Klasse sogar mit Tine gemacht.

Vier.

Und mit der Nachbarskatze.

Fünf.

Das werd ich aber nie wieder machen. Das Vieh hat mich gebissen und zerkratzt.

Sechs.

Über die Hälfte ist schon um. Jippi.

Sieben.

Von den blauen Bergen kommen wir, von den blauen Bergen kommen wir…

Acht.

Definitiv kein suspektes Zeug mehr für mich, was Tine von ihrer Mutter hat.

Neun.

Ob Anke ihr das wirklich gegeben hat?

Zehn.

Geschafft.

Jetzt hab ich irgendwie Hunger.

Ich glaub Debbi hatte den Rest vom Grillen im Kühlschrank deponiert.

Jetzt ein Putensteak. Yammi.

Fanden meine Beine nicht, denn auf dem Weg in die Küche wollten sie dann und wann nicht mehr. Aber ich blieb hartnäckig, immerhin verzichtete ich deswegen auch auf mein Anrecht ein neues Opfer zu erdrehen und es zu quälen.

 

*Jennis*

 

Eeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeh.

Piep

Pieeep

Pieeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeep.

Patient tot.

Scheiße.

War das grade…

Oder?

Dagegen waren die Haschkekse meiner Mutter ja Babykram. Zumindest lief das ohne Hallus ab.

Mist.

War nicht echt, war nicht echt, war nicht echt.

Aber Tine grinst betüdelt vor sich hin.

Pieeeeeeeeeeeeep.

Patient –Hirn- definitiv tot.

Keine Macht den Drogen.

Nie wieder. Hoffentlich.

 

„Was war das?“

Unsicher darüber wie ich auf der Luftmatratze gelandet bin, mit dem Lockenteufel im Arm, mustere ich den Raum.

Das Licht wurde vorsichtshalber ausgelassen, alle waren etwas empfindlich was Helligkeit anging. Nur die Straßenlaternen strahlten die Wände, mit diversen skurrilen Postern und Fotos behangen, an. Debbi hatte sich zu Jochen ins Bett verkrümelt. Paminda hatte das kleine Sofa für sich beansprucht. Wo Thungh war konnte ich nicht herausfinden. Vielleicht hatte er sich in einer dunklen Ecke oder unter dem Bett verkrochen.

„Jules hat dich geküsst. Ganz harmlos…. Schade eigentlich…“

„Ach so…“ Sehr intelligent. Mein Hirn wollte nicht mehr so wie ich das gerne hätte. Hoffentlich ging es morgen wieder.

„Ist das, was er da macht nicht unbequem?“, murmelte ich, ohne aufzusehen. Langsam aber sicher wurden die Augenlider immer schwerer, wollten nicht mehr oben bleiben. Dennoch wusste sie, was ich meinte.

Was, außer Julian, sollte ich auch sonst meinen.

Der hing, bereits im Reich der Träume gelandet, in einer Art Sessel/Hängematte-Dings. Ich konnte es nicht wirklich zuordnen. Es hing an der Decke, wie diese komischen, übertriebenen Sitze die es gab. Nur, dass das Teil nicht aus Plastik oder so war, sondern aus einer Art Hängematte, nur ohne Holzstreben und so.

Einen halben Meter über dem Boden schwebend, zusammengerollt wie eine Katze und am Kissen knabbernd konnte unmöglich gesund sein.

„Scheint nicht so. Der pennt immer so. Wenn einer versucht ihn von da zu vertreiben faucht er und kratzt dir die Augen au…ääääääähhhhhs“, gab sie gähnend zurück, rückte meinen Arm zurecht und tat es ihrem Freund gleich.

 

Warum konnte ich nicht einfach schlafen, wie die anderen?

 

Ich hatte Griechenland gesehen.

Ruckartig verschwand die bleierne Schwere und meine Augen schnappten auf. Warum musste der rumrennen wie Prinzessin Lillifee für Schwule?

Dieser Pyjama war ja nicht zum Aushalten!

Und warum zur Hölle hat er mich geküsst? Ohne zu meckern!

Und wie konnte er danach nur essen?

Gaaaah!

Der Kerl macht mich wahnsinnig!

Warum war es mir nur nie vergönnt mit normalen Menschen zu tun zu haben. Das war doch unfair.

 

Unfair war auch, dass es wirklich aussah wie Griechenland und ich mir ausmalte was wohl passieren würde wenn man…

Aus!

Schlaf!

Spring aus dem Fenster!

Irgendwas, nur lass das Denken!

 

Brav…

Lucy

 

*Jennis*

 

„He, Hase.“

„Hey“, begrüßte ich Lucy, die unruhig vor ihrer Webcam herumfuchtelte. Ich hatte sie seit meinem Umzug hierher nicht mehr gesehen, nur zwei drei Mal mit ihr Telefoniert, was nicht gut für meine Telefonkarte war, da sie bis gestern irgendwo in Australien unterwegs war. Vom Betrieb aus, sollte sie dort für vier Wochen arbeiten. Praktischerweise hatte sie gleich noch zwei Wochen Urlaub drangehangen und war nun knackig Braun, sodass ich vor Neid blass wurde. „Ist es schön, wieder deutschen Boden unter den Füßen zu haben?“

„Und wie, auch wenn Down Under genial war. Ich habe wirklich Kängurus gesehen und Koalas. Weißt du wie süß die Viecher sind? Viel cooler als im Zoo.“ Aufgekratzt –vermutlich wirkten diese seltsamen Pillen noch, die sie immer vorm Fliegen nahm, da sie sonst vor lauter Panik eingehen würde- hüpfte sie auf und ab. Der arme Stuhl.

„Hat Pierre dich vom Flughafen abgeholt?“

„Ja, der schleppt grade noch mein Gepäck. Er konnte ja nicht mit wegen der Arbeit und so, weißt du ja. Aber ich hab dich soooo vermisst und musste dich einfach sehen. Auspacken ist ja unwichtig. Er macht das schon.“ Ohne Luft zu holen brabbelte sie auf mich ein. Nun konnte ich auch Pierre sehen, der im Hintergrund herumschniefte. Er sah aus, als hätte sie Wackersteine im Koffer. Ich wollte gar nicht wissen was sie da unten alles gekauft hatte und wie viel sie für das offensichtliche Übergewicht blechen musste. Aber sie hatte es ja. Als angehende Bankkauffrau einer riesigen Bank.

„Ich hab dich auch vermisst meine Süße“, gab ich schließlich wahrheitsgemäß zu. Aus Rostock weg zu sein war an sich gar nicht schlimm. Aber Lucy vermisste ich wie die Hölle. Tine erinnerte sich zwar hin und wieder an mein aufgedrehtes Lockenköpfchen –wären Tines Haare kürzer und heller hätten sie sogar die gleiche Frisur- aber ersetzen konnte sie diese nicht. Lu war nun mal meine beste Freundin.

„Aaaaaaaaw. Ich liebe dich mein Schmusekaterchen.“ Wären nicht hunderte Kilometer zwischen uns würde sie mir nun um den Hals fallen und mich zerquetschen. Und nur für die Akte: ich hasste diese Bezeichnung!

„Ich dich auch…“ Ehe ich das ‚Mistkröte‘ anfügen konnte ließ mich ein „Bäääh“ aufsehen.

„Oha…“  Wie kam das Schlammmonster in mein Zimmer?

Achja… war ja seins.

 

Irritiert schaute ich dem blonden Wunder nach, als dieser hinter der Badtür verschwand. Hatte er Schwein gespielt, oder warum war er so …schlammig?

„Wer war denn der Dreckspatz?“

„Julian… nehm ich an.“

„DAS? Das war der ominöse Julian? Holla die Waldfee.“ Kopfschüttelnd versuchte sie an mir vorbei zu sehen, was durch die Webcam leider nicht funktionierte.

 

*Julian*

 

Abartig.

Der Matsch war langsam aber sicher eingetrocknet. Dennoch nicht halb so schlimm wie den beiden zuzuhören. Auch wenns eine fünf Sekunden waren.

Können die nicht wo anders rumturteln?

Schmusekaterchen. Bääh. ABARTIG! Ich wiederhole das gerne noch zehntausendmal.

Zum Glück scheint die Tussi weit weg zu sein, da können die zwei wenigstens nicht wie wild rumknutschen.

Ich darf es ja auch nicht.

 

Mit diesem kindischen Gedanken –wenn ich nicht darf, darf auch kein Anderer- stieg ich unter die Dusche. Scheiß Regenguss. Scheiß aufgeweichtes Fußballfeld. Scheiß Trainer der mich aus dem Tor genommen und ins Mittelfeld gesteckt hat. Und VERDAMMTE aggressive Pfütze die mich so hinterhältig anspringen musste!

Wie konnte sie nur.

Jetzt starrten meine Klamotten vor Dreck und ich gleich mit. Von meinen Schuhen brauchte ich gar nicht anfangen. Ich würde ewig brauchen um die sauber zu kriegen.

Ich hasste schmutzige Schuhe.

 

Ganze zwei Ladungen Shampoo brauchte ich, ehe meine Haare wieder blond waren und nicht mehr Schlammverkrustet. Jetzt hieß es zurück in die Hölle von Zimmer. Hoffentlich waren die langsam fertig mit rumturteln. Hoffentlich würden die auch sonst wie geartete Schweinereien sein lassen. So was musste nicht sein wenn man selbst nicht durfte und Frauen einen zum Würgen brachten.

Nicht das ich Frauen hasste, im Gegenteil, trotz ihrer fiesen Ader liebte ich Tine und meine restlichen Mädels wie verrückt, aber nicht wenn sie so was machten. Ich wollte weder zusehen noch zu hören wie sie ihre Kerle anschmachten und abschlecken und befummeln oder sonst was.

Klingt verklemmt, ist aber so.

Großes Bäh!

 

Meine Hoffnung, dass die Olle nicht mehr auf dem Bildschirm herumtollte und quasselte, oder wahlweise der Blödmann das Zimmer geräumt hatte, wurde zunichte gemacht.

Die laberten immer noch so verliebt herum.

Grässlich. Ich sollte wieder verschwinden… aber in einer Stunde würde es Essen geben, da konnte ich nicht mehr ausfliegen. Und wenn ich runter ginge müsste ich, oh Schreck, vielleicht mit helfen.

Nee, lieber nicht. Dann blieb ich doch lieber hier. Konnte ja langsam mal anfangen diesen Faustheini zu lesen. Aber mit dem Gesäusel neben mir ging das schlicht und ergreifend nicht.

Musste eben meine Anlage und die Kopfhörer herhalten. Wäre ja noch schöner, wenn ich den beiden zuhören würde.

 

*Jennis*

 

Er hatte, als er aus dem Bad herauskam keinen Kommentar losgelassen. Gut so.Wenigstens war er einmal nicht auf Streit aus. Wollte er sich etwa bessern?

„Irgendwie sieht er ja ganz süß aus…“, stellte Lucy nach einer Weile fest und deutete hinter mich aufs Bett. „Aber nur wenn er pennt“ Und das tat er gerade. Begraben unter dem alten ausgeleierten Schulexemplar des Klassikers und mit viel zu lautem Gewummere auf den Ohren. Dass er dabei schlafen konnte wunderte mich. „und wenn er die Klappe hält“, beendete ich meinen Satz. War nicht mal gelogen. Schlafend und leise konnte man ihn glatt für ein Engelchen halten. Wenn man ihn nicht kannte. Wenn man es tat… dann nicht. Nein, absolut nicht. Dann hatte er selbst im Schlaf was fieses an sich, wenn auch nicht mehr so schlimm wie sonst.

„Vertragt ihr euch mittlerweile?“

Klar hab ich ihr irgendwann mal geschrieben, dass das Verhältnis zwischen uns nicht gerade berauschend ist, was wirklich nicht meine Schuld ist. Aber mehr als versuchen nett zu ihm zu sein geht nicht. Ehrlich!

„Nicht wirklich… Er ist immer noch die Oberzicke und ich der Blöde der an allem Schuld ist.“

Seufzend rollte sie mit den Augen. „Männer. Dann sag mal noch einer wir wären schlimm. Ihr zwei übertrefft ja alles. Aber das scheinen schwule Jungs so an sich zu haben…“

Nett. Vor allem ihr grinsen dabei. Blöde Dumpfbacke. Warum hatte ich ihr das eigentlich erzählt? Beste Freundinnen mussten nicht alles wissen. NEIN! Alles Gerüchte. Scheiße das ich denen damals geglaubt hab.

„Lucy!“ kam es aus dem Hintergrund gebrüllt und die angesprochene verdrehte erneut die Augen. „Herrje. Ich helf meinem Göttergatten wohl besser. Ehe der noch den Koller kriegt.“

Falls der arme Pierre das nicht schon hatte, dachte ich für mich, während sie sich kurz angebunden verabschiedete und das Bild schließlich schwarz wurde, da sie die Verbindung getrennt hatte.

Und jetzt?

Ich gammelte nicht gerne rum, Hausaugaben waren fertig und ich hatte nichts mehr zu tun.

Kurzerhand beschloss ich meiner Mutter und Silke beim Abendbrot zu helfen, ehe ich jedoch das Zimmer verließ warf ich einen Blick zurück zum Bett, was seit vorgestern in grellem Türkis bezogen war.

Na gut.

Mit viel Fantasie konnte man vielleicht einen kleinen Heiligenschein erahnen. Aber nur einen klitzekleinen.

 

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Wundert ihr euch, dass das Kapi einen Tag zu früh kommt? gut so. Ich versuche mich diese Woche etwas ranzuhalten und mehr als ein Kapitel hochzuladen...

Das ist denk ich mal die gute Nachricht.

Die Schlechte ist, dass nächste und übernächste Woche vermutlich nichts kommen wird. *nicht schlagen bittebittebitte* Ich bin betrieblich in Slowenien und Kroatien unterwegs. Leider weiß ich nicht wie wann und ob ich zum Schreiben bzw hochladen komme.

Ich hoffe ihr könnt mir verzeihen.

nächtliche Besucher

 

Guten Morgen ihr Lieben,

das Nachwort von mi ist heute mal ein Vorgelabere...

Ich wollte nur sagen, dass das Kapi und das nächste, eigentlich viel später kommen sollte, aber beim einschlafen sind mir letztens zwei Situationen in den Sinn gekommen die hiermit zu tun haben und später einfach nicht mehr funktionieren würden.

 

Ich hoffe ich krieg die Woche noch was zustande, wegen zwei Wochen gar nix und so.

 

Viel Spaß beim lesen.

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„Pssst. Mach leise.“ Vor mich hin giggelnd -was war in der Cola bitte drin?- versuchte ich die Haustür aufzuschließen. Blödes Ding. Warum wollte das grade nicht? Ach ja. Der falsche Schlüssel. Tsihi. Irgendwie nicht witzig, dennoch musste ich leise lachen und brach meine eigene Anweisung ruhig zu sein. Aber was solls.

Endlich hatte ich den richtigen Schlüssel gefunden, traf jedoch dennoch nicht das Schlüsselloch. Hinterhältig wurde ich überfallen.

„Fabian… Lass das. Sonst kommen wir nie…“ Ähm, was wollt ich sagen? Ähm… ach egal. Betten werden überbewertet. Soll der doch von mir aus weiter auf der Veranda an mir rumfummel. Isf mir auch recht. Ist ja erst Spätsommer. Warm genug für solche Aktionen.

Ach Mist, jetzt ließ er doch von mir ab. Schade. Konnten wir das ganze doch nach drinnen verlagern. Hoffentlich schlief die Erzeugerfraktion schon. Wäre zumindest zu hoffen um kurz nach zwei Uhr morgens. Ich hatte keine Lust mit ihm schon wieder Rapunzel spielen zu müssen. Obwohl er es mittlerweile raus hat, wie man ungesehen in mein Zimmer kommt, ohne sich dabei zu verletzen.

 

Auf Zehenspitzen trollten wir uns nach oben.  Im Haus war alles ruhig. Danke! Stumm schickte ich ein Gebet gen Himmel, auch wenn ich nicht wirklich an den Kerl da oben glaubte.

Mittlerweile kannte ich alle knarzenden Stufen, die uns hätten auffliegen lassen können und umging diese geschickt, sodass wir ohne Zwischenfall in meinem Zimmer ankam und Fabien die Finger nicht mehr bei sich behalten konnte.

Seltsamer Kerl, ich weiß. In der Öffentlichkeit war er Mr. Eisklotz persönlich, aber wenn man alleine mit ihm war, konnte er schnurren wie ein Kätzchen. Oder naja… eben andere ansprechende Dinge tun. Schade, dass er sich nicht aufraffen und als das Outen kann was er ist. Stockschwul. Ernsthaft. Wenn man mit ihm alleine ist wirke ich wie der totale Hetero im Vergleich zu ihm. Leider ist er viel zu verklemmt um sich zu outen. Und ob ich auf irgendwas Ernsteres als das hier Lust hätte wusste ich auch nicht recht. War doch gut so wie es bisher war.

 

Egal was er da gerade mit meinem Hals anstellte, es war gut und er sollte nie wieder damit aufhören. Dennoch ließ der blöde Arsch es sein. Wollte der mich veräppeln? „Was…“, setzte ich murrend an, hielt jedoch inne als ich sein Gesicht sah. Wie in Zeitlupe –in der Cola musste echt was drin gewesen sein, so duselig wie ich mich grad fühlte- folgte ich seinem Blick und wurde schlagartig nüchtern.

Scheiße.

Den Kerl hatte ich ja total vergessen. Verfluchter Mist.

„Der schläft.“ Das tat er wirklich. Ich wollte Fabian nicht beruhigen. Naja, doch irgendwie schon, sonst würde der weiter wie erstarrt an der Tür stehen und hier würde gar nichts mehr laufen. Was wirklich ZU schade wäre. Hier hat gefälligst was zu laufen! Hier lief ewig nichts mehr. Grrrr. Das ließ ich mir doch nicht von dem Kerl da vermiesen!

„Aber…“

„Klappe Fabi… Ich sagte der pennt. Außerdem ist es dunkel und er kennt dich eh nicht. Also ruhe und ran ans Eingemachte“, zischte ich ihm zu, sodass er etwas zusammenzuckte, dann jedoch nickte und den Mut wieder fand erneut auf mich zuzukommen.

Oh ja. Da ist gut, da ist sehr gut. Solange er mir keinen Knutschfleck macht liebe ich es wenn er meinen Hals traktiert.

Ein leises Seufzen entkam mir, was ihn erneut zusammenzucken ließ.

„Schisser…“ murrte ich schlicht und zog ihn am Kragen seines Shirts mit mir mit zum Bett. Er ließ es sich auch ohne zu murren gefallen. Tja, triff das Ego eines Mannes und er macht was du willst. Naja, wenn man wusste wie.

Gezielt griff ich mir den Saum seines Oberteils, zog es ihm über den Kopf und ließ es neben mein Bett fallen. Das störte nur. Wie der Rest auch, den er anhatte. Doch da kam ich so schnell nicht mehr ran. Momentan schien er Dornröschen neben uns vergessen zu haben.

Gut so.

Während er meine Sachen entfernte, begann ich mit seinen Haaren zu spielen. Fabian war nicht wirklich was Besonderes, nicht besonders hübsch oder so, Durchschnitt, ja, aber nichts Herausragendes… außer seine Haare. Seufzend fuhr ich ihm durch die braunen Locken. So weich. Das vermisste ich vermutlich am meisten… naja… fast. Manches war dann doch besser als seine Haare.

Leise lachte ich auf. Seine Lippen trafen unvorbereitet meinen Bauch, winzige Stoppeln kratzten über die Haut, ließen mich erschauern.

Ich war wirklich viel zu lange schon auf Entzug.

„Mach hin…“ ungeduldig rieb ich mich an ihm, auch wenn zu viel lästiger Stoff zwischen uns war und ich ihn nur erahnen konnte. Auch er schien ungeduldig zu werden, seine Hände schienen überall zu sein, rauben mir den Verstand, ließen mich lauter werden als geplant. Wenigstens knarzte das Bett nicht. War ganz was Neues. Sonst war das Ding nie leise.

 

„Scheiße, muss das sein?!“

Erschrocken fuhr Fabian von mir zurück, während ich ein genervtes Stöhnen entlasse.

Oh ganz toll.

„Schnauze. Lass uns gefälligst in Ruhe weiter machen“, keifte ich in der Dunkelheit quer durchs Zimmer und zog Fabian bestimmt zurück zu mir.

Wo waren wir stehen geblieben.

Ach ja.

Küssen.

Küssen war gut, da konnten wir weiter machen.

„Lasst den Scheiß. Ich will schlafen. Könnt ihr das nicht wo anders machen?“

Boaaaah.

„Das hier ist mein Zimmer. Ich kann hier tun und lassen was ich will du Blödmann.“

„Das hier ist zufällig auch mein Zimmer“, fauchte Jennis zurück. Schemenhaft konnte ich erkennen, dass er sich aufgesetzt hatte und wohl böse zu uns stierte. „Und ich will jetzt schlafen ohne euer dämliches Rumgestöhne als Einschlafmusik!“

„Dann schlaf doch wo anders. Weil ich  hör jetzt bestimmt nicht auf.“ Grade verfluchte ich ihn aufs Neue. Warum musste Manu DEN mitbringen? Hätte mal lieber im Flachland in der großen Stadt bleiben sollen. Da könnte seine Freundin ihm jetzt bessere Laune bereiten und ich würde endlich meinen wohlverdienten Fick kriegen!

„Macht ihr das doch wo anders. Der Typ teilt sich bestimmt nicht mit mir das Zimmer. Geht zu dem.“

Würde ich ja gerne, aber leider ist Fabian so verklemmt, dass er schiss hat so was innerhalb von drei Kilometer Umkreis um sein Elternhaus zu tun. Glücklicherweise wohnte ich vier entfernt und zwischen seinem Kaff und meinem war eine Grenze. Deshalb ging er auch nicht auf unsere Schule. Leute aus Sachsen-Anhalten sollten schließlich nicht auf gute sächsische Schulen gehen, oder umgedreht.

 

Gerade wollte ich Jennis weiter angehen, als meine Matratze sich ein Stück hob. Was? „Wo willst du hin?“ Entgeistert starrte ich Fabian an, griff dann sauer nach der Nachttischlampe um diese einzuschalten, da ich ihn genauso wenig erkennen konnte wie Jennis zuvor.

„Ich hau ab. Das wird mir zu blöd.“ Kopfschüttelnd zwängte er sich zurück in sein Oberteil und stürmte schließlich aus dem Zimmer. Wenn durch den Krach unsere Erzeuger nicht wach wurden, dann wusste ich auch nicht.

Als die Haustür zufiel sprang ich vom Bett auf und begab mich zum Fenster. „Fabi!“

„Lass mich in Ruhe! Das ist doch krank!“ Zischten wir uns an, dann war er weg.

Schöne Scheiße.

Und wer war dran schuld, dass ich in diesem Kuhkaff nun wieder jemand neues finden musste?

DER?!

„DU!“ Fauchend stürmte ich auf sein Bett zu, würde ihm am liebsten den Hals umdrehen, ekelte mich jedoch davor so einen Kerl anzufassen. „Warum verpisst du Arsch dich nicht einfach? Warum musst du mir das Leben zur Hölle machen?“ Er wollte etwas ansetzen, doch ich ließ ihn nicht soweit kommen. Ich hatte keine Lust mir sein beklopptes Gelaber anzuhören. Er kotzte mich an.

„Verpiss dich meinem Leben.“ Bei meinem Zimmer und unserem Haus hatten meine Erzeuger leider etwas zu sagen, weshalb ich das außen vorließ.

„Du bist wie die Pest. Ätzend. Das Letzte! Ich HASSE DICH!“

Bei jedem meiner Worte hoffte ich, das Blitze auf ihn einschlagen würden. Jedoch geschah nichts. Außer, dass er geschockt zusah, wie ich im Bad verschwand.

Verdammter Scheißdreck. Hätte der nicht schlafen können bis mein Problem beseitigt ist? Scheiße! Ich hasse kalte Duschen.

 

*Jennis*

 

….

Hass…

Er… er hasste mich…

erpresserische Schwestern

 Immer noch auf hundertachtzig verließ ich das Bad, nachdem mein Problem beseitigt wurde, auf eine unerträglich grausame Art und Weise, triefnass wie ich war. Und alles nur wegen dem da. Der immer noch belämmert aus der Wäsche guckte.

Sollte er nur auf die Badtür starren wie ein Eichhörnchen. Selbst Schuld. Auch wenn es nervte wie die Pest.

Halt falsch. Der Kerl war die Pest.

„Tsetsetse… Brüderchen, Brüderchen…“

 

Erschrocken fuhr ich zusammen und starrte zur Tür.

„Effi, du…!“ Begann ich zu knurren, doch sie bedeutete mir nur, ruhig zu sein. Als würde ich machen was meine kleine Schwester will. Doch jetzt wäre es wohl besser. So wie sie guckte, wäre es zumindest ratsam, da sie irgendwas wusste, was mir eine Menge Ärger machen könnte. Vermutete ich zumindest ganz stark. Die Kröte wusste doch immer was.

„Was willst du?“

„Nichts…“ Gespielt unschuldig klimpert sie mich mit ihren zu stark geschminkten Wimpern an. Als würde DAS bei mir klappen. Tse. Ich war keiner ihrer kleinen Verehrerchen, von denen sie ungewöhnlich viele hatte, wie ich fand. Ich wollte auch einen, oder zwei... schmollte ich innerlich vor mich hin.

 

„Obwohl…“

Ein mieses Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht. Ich wusste sie hat irgendwas vor, nur was… das würde ich erst erfahren, wenn sie weiter redete. Tat sie aber nicht. Elende Mistkuh.

„Obwohl was?“ Fuhr ich sie an, damit sie endlich ausspuckte was sie wollte. Wenn der Penner schon Fabi verscheuchen musste, dann wollte ich jetzt wenigstens schlafen gehen und mich im Traum weiter über den Kerl aufregen.

Gedehnt gab sie ein ‚also‘ von sich, während sie kurz vor der geschlossenen Zimmertür auf und ab ging, um mich auf die Folter zu spannen. Miststück. Blöde Kuh… Grrrr. Von wem hatte sie diese miese Ader nur?

„Du kennst den süßen Blonden aus deiner Parallelklasse, oder?“

Süß, Blond, Parallelklasse. Sehr aufschlussreich.

Pfff.

Na gut, schließen wir mal aus. So viele „süße“ gab es in meiner Parallelklasse nicht. Schon gar keine Blonden.

„Anton?“

„Boah, Anton doch nicht. Der ist ja mal so was von gar nicht süß. Ricki mein ich“, zickte sie pompt.

Na gut. Lag ich ja nur knapp daneben. Ja ‚Ricki‘ –Richard Braun, absolutes Ekelpaket- kannte ich. Flüchtig. Wäre mir lieber wenn nicht. Aber warum wollte sie das wissen?

Irgendwie stand ich auf dem Schlauch. Scheiß Sexentzug. Da ging mein Hirn oft mal flöten.

„Ja Richard, gut. Was ist mit ihm?“ Warum nur musste man ihr alles aus der Nase ziehen? Fand sie es cool die Undurchschaubare zu mimen? Nervig das Weib. Aber gut, spielte ich halt mit.

„Ich will seine Nummer. Und ein Date mit ihm“, brachte sie nach andächtigem Schweigen heraus, welches mich fast in den Wahnsinn getrieben hätte.

„Dann frag ihn.“

„Ich bin nicht in seiner Klassenstufe, oder älter. Mich beachtet er nicht. Aber…“

Oh nein. Nein, nein, nein, nein.

„Vergiss es!“ Rief ich eilig aus, als ich begriff, worauf sie hinaus wollte. „Bestimmt nicht. Ich habe gar keinen Grund so eine Scheiße für dich zu tun.“

Die sollte sich mal schön selbst um ihre Verabredungen kümmern. Konnte ruhig sehen, wie schwer so was sein konnte. Ich hatte es ja auch nicht grad einfach!

„Meinst du?“

Oh, oh. Dieser Giftschlangenblick war nicht gut.

„Ja?“, versuchte ich es, bereute es jedoch sofort.

„Also kann ich Papa von dem Kerl gerade erzählen? Ich glaube er wird ihn genauso nett finden wie ich. Ist doch der Sohn von der Oma-Frisöse aus dem Nachbarort, nicht?“

Scheiße.

Scheiße!

SCHEISSE!

„Miststück“, fauchte ich sie an, erntete jedoch nur ein zufriedenes Lächeln.

„Gut“, gab ich schließlich nach. „Montag hast du beides. Aber beschwer dich danach nicht bei mir.“

Ich wusste, dass der Kerl ein Arsch hoch drei war, aber das sollte Effi mal schön selbst herausfinden, auch wenn das mies klang. Sie war alt genug ihre eigene Entscheidungen zu treffen. Außerdem war ich nicht ihr Vater. Und sie konnte sich wehren. Besser als mir lieb war. So konnte ich sie nicht mal mehr in die Mangel nehmen.

 

Zufrieden mit meiner Antwort nickte sie, richtete dann jedoch ihre braunen Rehaugen –wie konnte so eine fiese Persönlichkeit nur so unschuldig aussehen?- auf Jennis, der immer noch wie bekloppt auf die Tür zum Badezimmer starrte.

Wenn es ihm Spaß machte…

„Und mit was wird er bestochen, damit er die Klappe hält?“

Ich hasste mich dafür, dass ich zwei Sekunden darüber nachgedacht hatte. Den bestechen. Wäre ja noch schöner. Ein intrigantes, hinterhältiges, erpresserisches und mieses Familienmitglied reichte.

„Weiß nicht wen oder was du meinst.“ Zischend verschränkte ich die Arme vor der Brust. Der redete schon nicht. Der Kerl war viel zu nett für so was.

Ein Grund mehr ihn nicht leiden zu können. Wer konnte solche ewig netten Typen schon leiden?

 

 

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Ein kleines Überbrückungskapitel... Langweilig ich weiß... aber ich musste unbedingt Effis miese Seite zeigen. (Jule hätte es nicht anders gemacht)

Das nächste Kapitel wird hoffentlich länger und interessanter. (wenn auch... gemeiner... *seufz*)

Vielleicht krieg ich das die Woche noch fertig...

 

Hass

Nervenaufreibend schrillte der grässliche Wecker viel zu früh los. Lustlos schlug ich nach dem Gerät, fluchte innerlich, als ich dabei halb auf den Nachtschrank schlug, das Schrillen jedoch nicht nachließ.  War das nicht mal mein blödes Mistding…

Mürrisch öffnete ich ein Augenlid, erkannte die Ziffern und stöhnte ins Kissen.

Ätzend.

Noch nicht mal um sechs. Mist.

Eigentlich würde ich schon eher aufstehen müssen, doch mir war nicht danach. Duschen war ich die Nacht ja schon gewesen. Gezwungenermaßen.

Sähe ich heute halt aus wie durch den Wolf gedreht, war mir doch egal. Zähne putzen und anziehen sollte ich mich trotzdem. Müffelnd und in Unterhosen, auch wenn sie noch so schick waren –wagt es irgendwas anderes zu Donald Duck zu sagen- musste ich bestimmt nicht zur Schule gehen. Auch wenn ich das noch nicht hatte. Wäre einen Versuch wert oder?

Nein.

Lieber nicht.

Es gab auch Grenzen. Ekelgrenzen. Ich hasste ungeputzte Zähne. Wäre ich nicht zu faul würde ich mir jede halbe Stunde die Zähne putzen. Gut, das war übertrieben, aber saubere Zähne mussten sein.

Mühsam schälte ich mich aus meiner Bettdecke und kraxelte aus dem Bett. Leise klopfte es gegen die Scheibe. Mist aber auch.

Langsam aber sicher wollte sich der Sommer doch verziehen. Regnerisches Herbstwetter war zum kotzen. Vor allem so früh am Morgen. Dann war es den ganzen Tag über so nass und ungemütlich wie am Morgen.

Nicht gut für mein zartes Gemüt…

Ich wollte Sommer. Immer. 365 Tage im Jahr… was hatten nur alle gegen Sommer, dass es auch noch drei andere Jahreszeiten gab? Na gut, SO schlecht war der Frühling nicht. Aber der Herbst war eklig, so wie das Wetter draußen. Und der Winter war viel zu kalt und hatte kaum Ferien.

 

Nachdem ich mich endlich ins Bad geschleppt und fertig gemacht hatte ließ ich mich im Wohnzimmer zwischen den andere, die ausnahmsweise auch mal wach waren, an den Esstisch sinken.

Die Mädchen, die kleinen, nicht Effi das Biest, schliefen noch halb am Tisch und aneinander gelehnt, Adam versuchte tapfer zu sein und nicht vorn über auf sein Nutellatoast zu kippen und dort weiter zu dösen, die Elternteile waren aufgekratzt wie eh und je am Morgen -was erwartete man auch bei zwei Kannen Kaffee?- und Effi sah mich berechnend an. Ja, ja Schwesterherz. Ich vergaß deinen Prinz Charming schon nicht.

Irgendwann kam auch der letzte im Bunde. Sah ja schlimmer aus als ich heute Morgen. Selber Schuld würde ich meinen.

Zwei Toasts bereits intus und das dritte in der Hand, erhob ich mich vom Tisch, verabschiedete mich von den meisten und wandte mich zum Gehen.

„Jule?“ Fast konnte ich den verwirrten Blick meiner Mutter sehen. Logischerweise. Wer lief schon um halb sieben los, wenn der Bus erst um sieben fuhr? „Wo… gehst du denn hin?“

Gott, gleich kommt die Frage, die sie wirklich interessiert. Nur weg hier. Keine Diskussionen mit Müttern am frühen Morgen.

„Zur Schule“, rief ich ihr deshalb nur zu und beeilte mich nach draußen zu kommen.

Ehe ihr ‚jetzt schon‘ und ‚warum fährst du denn nicht mit Jennibär mit‘ kommen konnte schlug ich die Tür hinter mir zu und hasste mich im selben Moment.

Nass…

Alles nass.

Bäääh. Und ich hatte in der Eile meinen Schirm im Flur vergessen. Reingehen wäre jedoch tödlich. Dann doch lieber nass werden und mir was wegholen als mit dem Muttertier im Fragerundenmodus konfrontiert zu werden.

 

Die Lehrer waren heute noch ätzender als das Wetter draußen und das wollte was heißen. Es war ein Scheißtag, eindeutig. Wenigstens gab es einen Lichtblick.

Wir hatten nach der sechsten Stunde frei, Bio fiel aus, was bedeutete ich konnte problemlos auf den Rummel gehen, der jedes Jahr im Frühherbst und zu Pfingsten in der Stadt war und mich mit Süßkram à la Hummeltüte (gebrannte Mandeln) und Zuckerwatte und Waffeln eindecken. Die Fahrgeschäfte und Buden waren nicht wirklich was für mich. Die Preise wurden von Jahr zu Jahr schlechter, warum also Geld für ausgeben? Autoscooter und „Riesenrad“ fahren machte hier auch nur spaß wenn man unter Zehn war. Denn nur solche Kiddies trauten sich da drauf und belagerten alles.

Lieber wartete ich auf die Kleinmesse in Leipzig.

 

„Jules!“ Tine kam hinter mir her auf den Schulhof gelaufen. Hatte noch irgendwas mit der Zicke von Lehrerin zu besprechen, weswegen ich bereits vorgeflüchtet war. „Warte doch mal.“ Aufgeregt kam sie neben mir zum Stehen. „Leg einen Schritt zu, du Trantüte. Ich will endlich Zucker haben“, maulte ich ihr entgegen und stierte in den grauen Himmel. Wirkte nicht gerade Vertrauen erregend. Wenigstens behielt die graue Masse ihr Wasser bei sich.

Verständnislos sah meine Freundin mich an, sagte jedoch nichts zu meiner Äußerung.

 

Mit schnellen Schritten überquerten wir den Schulhof, beteten dafür, dass es trocken blieb. Zumindest tat ich das. Tine schien es nicht so eilig zu haben. Stattdessen fing sie an wie wild mit den Armen zu fuchteln.

Was…?

Skeptisch beäugte ich ihre Gesten, kriegte jedoch die Krise, als ich es zu deuten wusste.

Boar, bleib ja weg, bleib weg, bleib…

Klar. Wenn Tine winkt kommst du angedackelt.

Arsch.

Ich wollte ihn anknurren, stattdessen strafte ich ihn mit Ignoranz –als würde mich sein herzerweichendes Lächeln irgendwie tangieren, pah!- und wartete darauf, dass Tine endlich in die Pötte kam, damit wir auf den Rummel konnten.

Leider schien sie andere Pläne zu haben als ich.

„Habt ihr schon Schluss?“

„Ja, Bio ist ausgefallen. Nimmst du uns mit?“ Auch wenn ich nicht hinsah, wusste ich, dass Tine ihn mit großen Augen angrinste. Stand sie auf den Kerl? Man hatte die es nötig. Scheiße!

„Sicher.“ Und der war auch scheiße. Musste der so… argh! Immer ruhig Julian. Ignorier es. Geh einfach weiter deinen Plänen nach. Genau. Was kratzt es dich, dass deine beste Freundin deinen dämlichen Bruder anschmachtete. Sollte sie doch, wenn es sie glücklich machte.

 

„Jules?“

Gerade am Schultor angekommen hielt ich inne. Was denn nun noch?

„Hm?“ Fragend drehte ich mich um, nur wegen dem da musste ich ja nicht ZU pampig zu meiner Freundin sein. Sie konnte ja nichts für ihr krankes Verhalten. Sollte deswegen aber dringend mal zum Kopfdoktor gehen.

„Wohin gehst du?“

„Rummel?“

„Ich dachte du kommst mit uns mit?“

„Was meinst du?“ Ich tat unschuldig, obwohl ich wusste was sie meinte. War ja offensichtlich.

„Na Jens fährt uns nach Hause…“

„Echt jetzt? Du glaubst ernsthaft ich steig mit dem da ins selbe Auto? Eher würde ich die Dreckskarre mitsamt dem beschissenen Fahrer die Klippen runterschubsen –wenn wir welche hätten und ich nicht bereits Strafmündig wäre- als nochmal mit dem in dieses Ding zu steigen!“ Miesgelaunt keifte ich meine Freundin an –ich sollte mir langsam wirklich überlegen warum sie eigentlich meine Freundin war- und deutete auf ebengenannten beschissenen Fahrer, der mich –oh Wunder!- erneut anguckt wie ein Auto. Ein Auto mit Totalschaden. Kam ja häufiger vor in letzter Zeit. Sollte er untersuchen lassen. So ein Gesicht war nicht normal.

„…“ Tine klappte der Mund auf, sagte jedoch nichts, sondern starrte nur fassungslos hinter mir her, als ich mich in Bewegung setzte um endlich zu meinen heißersehnten Süßigkeiten zu kommen.

Konnte jetzt echt welche Vertragen.

 

*Tine*

 

Was.Zur.Hölle?

Entsetzt starrte ich Julian hinterher. Hatte der grad wirklich…?

„Je…“, ich stockte als ich Jennis‘ Gesichtsausdruck sah. Armer Kerl.

Irgendwas lief hier eindeutig falsch. Nur was?

So fuhr der uns aber bestimmt gegen einen Baum, davon gab es in unseren Gefilden ja reichlich.

Schöner Mist aber auch. Jetzt musste ich den Kerl wieder runter kriegen. Dem ging Jules Verhalten ganz schön nah.

Armer Tropf… den hat es wohl ganz schön erwischt…

„He Jen…. Komm mit…“ Bestimmend griff ich mir seine Hand und zog ihn hinter mir her, weg vom Parkplatz und den Schulhof in Richtung Stadtmitte verlassend. Ich wäre doch nicht ich, wenn ich ihn nicht wieder auf die Beine kriegen würde… irgendwie.

„Ich sollte dich doch nach Hause bringen“, kam es stumpf von ihm, doch ohne Gegenwehr zu leisten.

Mit einem ‚Später‘ zog ich ihn weiter, ohne mich zu erklären. Erst vor der hiesigen Eisdiele –die Blaue Tomate (will auch hier keine Schleichwerbung machen XD) hatte wirklich das beste Eis im Umkreis- blieb ich stehen und buxierte Jennis nach drinnen. Trotz dass es recht kühl geworden war, tummelten sich recht viele Leute hier drin, dafür war draußen alles leer. Die Typen hatten Angst nass zu werden nahm ich an. Alles Schisser.

„Was wollen wir hier?“

Augenrollend musterte ich den Brünetten. War die Frage ernst gemeint? „Eis essen?“

„Aber es ist kalt…“

„Trotzdem. Jetzt such dir was aus und diskutier nicht. Ich geb einen aus.“ Und dann bequatsch ich dich so lange bis du wieder normal läufst! Den letzten Teil verschwieg ich ihm jedoch. Konnte ja nicht wissen wie er reagieren würde. Und was er dachte, das ich für normal hielt.

 

Nach kurzem diskutieren stand schließlich vor jedem von uns ein Eisbecher, auch wenn seiner mehr als nur gewöhnungsbedürftig aussah. Schweigend, das helle Blau des eklig süßen Eises anstarrend, leerte er nach und nach den Becher. So ging das wirklich nicht weiter.

„Jennis… Du bist einfach viel zu nett!“, fuhr ich ihn an, klatschte den Eislöffel unsanft auf die Glasplatte. Das Starren der anderen Gäste beachtete ich nicht weiter. Was interessierten mich diese Typen? Hatten die nichts Besseres zu tun?

„Was?“ Etwas unsicher hob sich der Blick von der blauen Pampe.

„Du bist zu nett! Wenn du willst, dass er dich mag, dann musst du ihm was bieten! Er hasst Leute, die ständig nett zu ihm sind. Er braucht bissige Menschen um sich rum. Selbst Thungh kriegt das hin. Du bist selber schuld, wenn er solche Dinge zu dir sagt. Gib ihm Kontra, zeig das du ein Kerl bist und kein Einzeller ohne Rückgrat.“

„Ab…“, setzte er an, schloss jedoch den Mund als ich ihn weiter anfuhr. „Julian ist nicht wie andere Leute. Er kann Leute die ständig lieb und nett sind um sich herum nicht ertragen. Selbst Debbi und Pam wissen das und rasten von Zeit zu Zeit aus. Wenn du also willst, dass er netter zu dir ist, dann lass das Arschloch raushängen, aber zieh nicht so ein Gesicht, nur weil du es nicht verträgst, wenn er dir die Meinung sagt!“

Ja, ich gebs zu, er tat mir irgendwie leid. Wenn ein großer Kerl wie er, mich verschreckt wie ein Reh, ansieht ist das nicht witzig. Na gut. Doch. Ein bisschen.

„Und jetzt spuck es aus. Was hast du gemacht, damit er zu solchen Mitteln greift?“ Meine Neugier hatte nun ihr Maximum erreicht und ich wollte endlich eine Antwort. Julian soweit zu treiben erforderte schon einiges. Mehr als ich Jennis zugetraut hätte und mehr als der anscheinend vertrug.

„Ich…ähm…“, setzte er an, wurde dann jedoch rot wie eine Tomate und schwieg.

Oha.

Das war ja interessant.

Diverse Szenarien schossen mir durch den Kopf und ließen mein Fan-Girl Herz, welches ich nun einmal hatte, höher schlagen. Leider vernichtete er jede der herzergreifenden Szenen, die mein Hirn mir vorgaukelte, mit der Realität.

„Ich hab ihm gesagt, dass er ruhig sein soll, als er mit seinem Freund oder so im Zimmer rummachen wollte. Der ist dann abgehauen und Julian war sauer…“

Boah wie langweilig… Aber…Freund?

Jule hatte keinen Freund. Davon hätte er mir doch erzählt. Obwohl…

„Wer?“ Fragend bohrte ich meinen Blick in die Stirn meines Gegenüber, bis dieser aufsah und mit den Schultern zuckte.

„Flori oder so hieß der… glaub ich. Ich war müde. Habs nicht richtig mitbekommen. Effi wusste aber glaub ich wer es war…“, als er zu Ende gemurmelt hatte begann ich zu Grinsen.

Effi kannte ihn also?

Ich könnte wetten dieser ‚Flori oder so‘ ist der Kerl, mit dem Jules hin und wieder so kurz angebunden redete. Keine Namen, keiner ging ran, wenn man die Nummer zurück rief.

Sehr mysteriös.

Und definitiv mein Fall.

Jetzt war es wohl soweit. Tine geht auf geheime Mission. Und Effi wird mir unter garantiert helfen, die war für so was immer zu haben, das kleine intrigante Biest.

„Tine…?“

„Hm?“ Fragend schaute ich auf. Stimmt, da war ja noch was.

„Warum grinst du so? Das macht mir Angst…“

Jennis wirkte wirklich etwas verschreckt, doch ich konnte das Grinsen auch nicht abstellen. Mist.

„Ach nichts. Können wir los?“

Verunsichert nickte er. Fuhr uns dann jedoch ohne Probleme nach Hause. Hoffentlich hatte der Gute sich zusammengerissen. Wäre doch schade um die zwei. Da könnte einiges draus werden, wenn sich beide nicht so anstellen würden.

 

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mal wieder etwas länger.

Hoffentlich zu eurer Zufriedenheit.

Auf das nächste Kapitel freu ich mich irgendwie.

 

Das folgende Lied hat mich beim Schreiben dieses Kapis begleitet. Könnt ja gerne mal reinhören und überlegen warum dieses olle Lied irgendwie gut -meiner Meinung nach- zu den beiden Jungs hier passt. 

Paula Abdul Straight up

http://www.youtube.com/watch?v=ocn4X5PFU4c

Schulsport

 

Wie die Irren rammelten die Dämlichkeiten und Herrschaften aus meiner Klasse von den Umkleidekabinen in die Turnhalle.

Ich verstand diese Aufregung nicht. Die meisten hassten Schulsport. Die ganzen Tussen, die sich die Nägel abbrechen könnten hockten eh immer nur da, weigerten sich wo es nur ging und meckerten rum, da sie doch ran mussten. Bei den Kerlen war es genauso, auch wenn die eher Panik hatten sich zu blamieren vor den Damen.

Heute wollten alle mitmachen. Sehr merkwürdig.

Könnte vielleicht dran liegen, dass wir nicht alleine waren.

Die Turnhalle war überbesetzt und anstatt es ausfallen zu lassen mussten wir mit einer anderen Klasse Sport machen.

Nicht das ich was gegen gehabt hätte… wenn es nur nicht diese Klasse gewesen wäre.

Man hatte auch nie Ruhe vor diesem Kerl!

 

Missmutig quetschte ich mich zwischen Tine und Thungh auf die überfüllte Bank.

„Hast du auch vor dich so anzubiedern?“ Das Verhalten meiner Mitschüler trug nicht unbedingt dazu bei meine Laune zu heben. Die Weiber zeigten zu viel von ihren Titten –fiel nur mir auf, dass die nicht hübsch waren wenn die überall rausquetschten und hochgeschnürt waren und absolut grotesk wirkten?- wackelten zu sehr mit den Ärschen –die waren nicht wirklich besser als der Rest- versuchten verzweifelt sexy zu wirken, was tierisch in die Hose ging. Und wofür das alles? Für die tollen Kerle aus der anderen Klasse.

„Als ob ich das nötig hab. Wenn die mir zu blöd werden fall ich Jen um den Hals und knutsch ihn ab, damit die mal sehen wie man so was richtig macht.“ Abwinkend knabberte Tine an ihren Fingernägeln, wirkte nicht sehr überzeugt von ihrer Aussage –eher immer noch sauer, weil ich unbedingt Bus fahren wollte und sie mich, laut eigener Aussage, nicht alleine lassen konnte-, obwohl ich ihr solch ein Verhalten zutrauen würde. Dem Kerl übrigens auch. Der soll ja die Finger von meiner Tine lassen. Nur weil seine Ische grad ein paar hundert Kilometer weit weg ist muss er sich nicht an meine beste Freundin ranmachen.

Grrrr.

 

„Wagner!“

Erschrocken zuckte ich zusammen, rutschte fast von der winzigen Holzbank.

„Hier…“ groß starrte ich zu unserer Sportlehrerin. Ein Dämon wenn ihr mich fragt, leider verstand sie ihre Arbeit. Irgendwie mochte ich die Frau. Manchmal.

„Das seh ich. Hören Sie auf zu träumen!“ Knurrend zog sie weiter. Keifte den letzten Namen –Zimmermann- der Anwesenheitsliste ehe sie sich zusammen mit dem Sportlehrer der anderen Klasse –ein zurückhaltender Mann, der neben der Braun unterging. Ich kannte ihn kaum, war recht neu hier- vor uns aufbaute.

„Die meisten von euch sind nur zur Deko hier, das ist mir mittlerweile klar, ihr faules Pack, deshalb sitzt euch meinetwegen eure Ärsche breit aber hofft dafür, dass eure Kameraden sich zusammenreißen und denen mal zeigen, dass nicht alle solche bequemen Faulenzer sind wie ihr!“

Eine sehr motivierende Rede. Eine der nettesten, die sie zustande gebracht hatte in all den Jahren.

Wirklich. Wollte bei den anderen wohl einen guten Eindruck hinterlassen.

Die hatte schon schlimmere Dinger gebracht. Tine und ich spekulierten, dass die Braun früher beim Militär war, jedoch wegen ihrer rüden Art gegangen worden ist. Dass die wirklich Pädagoge sein sollte, konnte keiner von uns glauben.

 

„Wagner, Richter, Schreier, Bär, Haupt – aufs Feld mit euch. Zum warm werden mit den anderen gibt’s Basketball. Man geht ja auch die Wünsche anderer ein, nicht wahr Mädels?“ Das nur Elisa Schreier von uns fünfen ein ‚Mädel‘ war, ignorierte die Braun wie immer.

Und ich hasste Basketball. Laufen? Kein Ding. Mit dem Ball in dieses kleine Ding da ganz weit oben treffen? Auch kein Problem. Körpergröße von unter 1,70? Nicht gut. Gar. Nicht. Gut. Selbst Elli ist größer als ich. Blöde Kuh.

Und die Gegnermannschaft auch. Der nette Jenni-Bär –war ja klar, dass der Vogel unbedingt spielen muss, ich krieg schon wieder die Krise- war mit seinen fast 1,90 mit der Kleinste. Ja ich wusste wirklich wie groß der war. Nein, nicht von Tine, sondern von Evi, die kleine vergöttert ihren Bruder von Zeit zu Zeit wirklich krankhaft.

Hatten die als Babys in Fruchtzwergen gebadet? Wie konnte man so groß werden? Hätten die mir nicht ein paar Zentimeter abgeben können? Wenigstens so viel, dass ich mir nicht den Hals verrenken muss um die anzugucken?

Unfair!

Hätte die Kuh nicht Debbi spielen lassen können? Die trifft zwar nicht, passt aber von der Größe her, wenigstens zu den anderen.

Grrr.

 

Die Kerle nahmen uns nicht ernst. Gute Sache. Zwei Treffer konnten wir kassieren, da sie uns unterschätzt hatten. Dann wurden sie leider aufmerksamer. Hätte so ein leichtes Spiel werden können. Nun kam ich nicht mal mehr in die Nähe des Korbes.

 

Unsanft pralle ich gegen einen der Riesen. Wie konnte ich den nur übersehen? Die Schrecksekunde nutzend nahm er mir den Ball ab, warf mir ein ‚zu klein? Giftzwerg.‘ zu und war weg.

Oh. Mein. Gott.

Perplex starrte ich dem Kerl nach.

Hatte er wirklich…

Der hatte mich nicht allen Ernstes als Giftzwerg betitelt? Und mir den Ball geklaut, Und jetzt einen Korb gemacht.

Kopfschüttelnd raffte ich mich zusammen.

Na warte du… du… DU!

Grah! Warum fiel mir kein passender Begriff für diesen Elendigen H… nein, lieber nicht. Manu wollte ich dann doch nicht beleidigen. Die konnte nichts dafür, dass ihr Kind so ein dämliches Arschloch war.

„Solltest dich besser konzentrieren, Kleiner. Oder auf der Bank Schönheitsschlaf halten. Hättest du irgendwie nötig, so wie du grad aussiehst.“

Mir schlief das Gesicht ein.

Was fiel diesem Mistkerl ein? Wenn hier einer Schönheitsschlaf brauchte dann der, wenn ich mit ihm fertig bin!

 

Ein schriller Pfiff –ich hasste Trillerpfeifen!- hielt mich davon ab, ihm gewaltig in die Weichteile zu treten. Da kam ich ran. Ohne Probleme. Praktisch wenn man ein Giftzwerg war, nicht?

„Wagner! Nicht glotzen, zeig dass deine Klasse kein fauler Haufen ist!“

Doch, das war er. Würde mir Sport kein Spaß machen würde ich wie die ganzen Tussen auf der Bank hängen und mir die falschen Nägel feilen.

Na gut. Vielleicht doch nicht. So schwul, dass ich Plastiknägel wollte, war ich dann doch nicht. Ne Feile wäre aber ganz gut… Blöder Weise war mir ein Nagel abgebrochen. Sah scheiße aus so was. Anas pinkfarbener Nagellack machte es auch nicht besser. Eher im Gegenteil, na wenigstens hielten die Kerle die Fressen deswegen. Wenn man von Achim absah, der jedoch die Bank zieren durfte –kennt er ja schon… nein ich bin nicht gehässig- und sich deshalb nur von weitem über mich aufregen konnte.

 

Die Braun signalisierte uns, dass wir nur noch kurz zu spielen haben, ein indirekter Hinweis, dass wir uns am Riemen reißen und die Typen in den Arsch treten sollen, aber pronto!

Leider war das leichter gebrüllt als getan. Wir kamen einfach nicht an den Typen vorbei und wenn doch, dann kam der Ball, leider nie in die Nähe des Netzes.

Ich hasste so was. Abgrundtief.

Und das alles wegen dem da.

Warum musste der so riesig sein?

Und so dämlich?

Und warum konnte der nicht einfach die Klappe halten!

Kurz vor dem Schlusspfiff gelang Elisa ein letzter Treffer. Der Ausgleich. Die Typen ärgerten sich schwarz. Na gut. Jennis eher grün und blau… am Allerwertesten. Was fiel der auch um wie ein nasser Sack… wenn ich in ihn rein renne. Unsanft… mit Absicht.

Ups. Passiert.Sein Blick war Gold wert. „Was? Hat der Zwerg dich umgehauen? Dann pass das nächste Mal auf, mit wem du dich anlegst… Püppi…“

 

*Jennis*

 

Püppi? Dieser kleine miese… au… verfluchter Mist. Warum war der Hallenboden so unsanft zu meinem Popo? Und warum musste er das Püppi so laut rausbringen? War ja klar, dass diese Neandertaler bei so was anfingen zu lachen.

Elender… Ach Mist. Ich konnte das einfach nicht.

Er war ein Giftzwerg, keine Frage. Aber gemein zu sein lag mir einfach nicht. Nicht wirklich.

Tine schien jedoch zufrieden. Grinste mich breit an, als Julian sich neben sie setzte und es nicht sehen konnte.

War wohl doch nicht so schlecht, auch wenn er aussah, als wolle er mich fressen. Am Stück. So wie ich hier stand… saß.

Umständlich hievte ich mich hoch, begab mich zurück zu meinem Platz auf der Bank und fragte mich, was der Drachen von Sportlehrerin –die passte zu Julian, ganz ehrlich. Wäre sie jünger und er nicht schwul wären sie ein Traumpaar- und unser kuschender Hans-Wurst –der war doch bestimmt heimlich in die Frau verknallt, so wie der sich verhielt- als nächstes für uns erdacht hatte.

Ne Runde Yoga wäre nett, oder Power-Napping…

War mir natürlich beides nicht gegönnt. Stattdessen mussten wir Volleyball spielen. Sechs Mannschaften, jeder gegen jeden, wer die meisten Siege hatte, hatte am Ende gewonnen, stand jedoch ohne Preis und Ruhm da wie alle anderen auch.

 

Zum Mannschaft wählen wurde ich nicht ran gezogen. Ein Glück. Ich wusste von über der Hälfte nicht wie sie hießen, geschweige denn wollte ich irgendeinen davon aussuchen um ihn mir ans Bein zu binden. Volleyball war nicht meins. Es machte einfach keinen Spaß. Stupide auf seinem Platz stehen war öde. Beim Wählen zuzusehen jedoch nicht. Wer hätte mit so was gerechnet?

Der liebe gute Thorben –genau der, Achims bester Freund und Anhängsel- durfte als erstes aussuchen wen er wollte. Achim war sich hundert pro sicher, dass er seinen Platz auf der Bank endlich aufgeben konnte. Falsch gedacht. Dich hätte ich auch nicht gewählt, ganz ehrlich.

„Wagner!“

Ich hätte jedoch auch nicht damit gerechnet, dass er Julian als erstes wählen würde. Die anderen wohl auch nicht. Die konnten sich doch nicht leiden. „Thorben was machst du für Scheiße? Warum nimmst du die dämliche Schwuchtel? Stehst auf ihn oder was?“, fuhr Achim ungehalten seinen Freund an. Mussten hier wirklich alle rumschreien wenn sie mit einander befreundet waren? War ja nicht zum Aushalten.

„Schnauze! Ich hab keinen Bock gegen diese Schnarchnasen zu verlieren!“ viersagend deutete er auf die besagten Schnarchnasen die unwillig auf der Bank lümmelten und versuchten unsichtbar zu werden.

Damit war Ruhe. Zumindest vorerst. Auch wenn der Aushilfsnazi so aussah, als würde er heute noch platzen und seine Wortkotze überall verteilen wollen. Hoffentlich war ich schon weg, wenn das passierte.

War natürlich nicht weg, hatte sogar das Glück mit dem Deppen in eine Mannschaft zu kommen. Wenigstens hatte er mich nicht auf dem Kieker und ließ mich in Ruhe.

So schlecht waren wir auch nicht. Standen bis jetzt sogar ganz gut da. Drei Siege eins unentschieden ein Spiel stand noch aus. Mir war es egal. Wie gesagt, Volleyball war nicht meins. Julian ging jedoch voll auf. Irgendwie. Tänzelte in den viel zu kurzen Hosen über das Spielfeld, wirkte, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Er erinnerte mich fast an eine Katze. Träge, nur am fressen und schlafen, doch wenn er etwas wollte oder wenn man etwas nicht erwartete verbissen, ehrgeizig, nicht aufzuhalten. Er fuhr die Krallen aus, fixierte die Beute und machte sie ohne viel federlesen fertig.

Tine klärte mich auf, als ich anfing ZU blöd zu gucken, vermutete ich.

„Der Spiel den Scheiß im Verein. Deshalb hat Thorben ihn auch gewählt. Auch wenn er nicht mehr richtig aktiv ist, isser noch gut. Früher hat er richtig was abgesahnt mit der hiesigen Mannschaft. Mittlerweile ist es nur noch Spaß an der Freude für ihn, was für nebenbei, wenn der Fußball ihn lässt… oder der Rest.“

„Welcher Rest?“ Wusste gar nicht, dass er  so viel  Sport machte. Ich sah ihn immer nur meckern, schlafen und essen. „Leichtathletik.“

„Guter Witz.“ Ungläubig schüttelte ich den Kopf. Der machte garantiert keine Leichtathletik.

„War keiner. Er und Thungh sind echt gut da drin.“ Zur Bestätigung ihrer Aussage kam ein leises Schnaufen von ihrer anderen Seite, wo Thungh hockte und ebenso wie wir alle hoffte, dass diese Folter bald ein Ende hatte. „Wirklich! Guck dir die großen Vitrinen im Eingangsbereich an. Dann siehst du WIE gut die sind. Letztes Jahr durften beide zu den deutschen Schulmeisterschaften… waren nur knapp schlechter als die Mecklenburger. War echt Hammer was sie da…“ „RUHE!“ „Okay…“ Kleinlaut sank Tine auf ihrem Platz zusammen, als der Drache brüllte. Da wäre ich auch lieber ruhig… die Frau machte mich nervös.

Breit grinsend heimste Julians Mannschaft, die ja eigentlich nicht seine Sondern Thorbens war, was aber keiner so sah, einen weiteren Sieg ein. Dritter Sieg. Durch Dummdusel hatten sie ein Unentschieden kassiert. Achim war deshalb fixierter als sonst. Trieb uns an, die anderen fertig zu machen. War der Kerl so besessen davon Julian zu schlagen? Was konnte er dafür, dass er einfach besser war? Nicht, dass es mich nicht reizen würde ihn bei etwas zu schlagen, das ihm lag. Doch selbst bei einer Niederlage würde ich nicht sterben. Es war ein Spiel. Im Schulsport. Das unwichtigste was man sich vorstellen konnte also.

„Reg dich ab…“ brummte ich ihm entgegen, wurde jedoch gekonnt ignoriert. So viel Sturheit war kaum zu verkraften.

Warum sollte man sich auch abregen, wenn man sich stattdessen zum Idioten machen konnte?

Der Kerl spielte lausig wenn er sich aufregte. Jeden zweiten Ball versiebte er. Er konnte froh sein, dass außer dem blonden Wunder keiner wirklich spielen konnte aus der anderen Mannschaft. Sonst lägen wir mit Sicherheit weiter zurück. Zwölf zu zehn für die, war gar nicht so übel.

Dachte ich bei 20 zu 18 immer noch. Achim sah es aber immer noch nicht ein, dass das alles nur ein unwichtiges Spiel war. Stattdessen passierte, was passieren musste.

Er übertrieb.

Mitten in Julians Gesicht.

Der Ball hatte keinen Abdruck hinterlassen. Dafür ein unschönes Knacken verursacht.

Autsch.

 

Ulkiger Weise wurden alle ruhig, wie im Film. Ich auch. Jetzt würde es ein Donnerwetter geben. Ich war mir sicher. Zum Glück hatte ich nicht drauf gewettet.

 

„Wagner!“ Fast könnte man meinen der Drache wäre besorgt, als sie sich die Nase des Blonden  betrachtete. „Runter vom Feld mit dir, lass deine Nase verarzten.“

Ich riskierte einen Seitenblick zu Achim. Der Kerl grinste dämlich vor sich hin. Wenn Julian weg war, würde es leicht werden noch aufzuholen.

„Wieso?“ Unschuldig dreinblickend –wo hatte er solch einen Blick gelernt? Da wurde man ja weich wie Pudding- konterte er den Blick der Sportlehrerin, wischte sich mit dem Handrücken über die Nase –es muss nicht erwähnt werden, dass er tierisch Nasenbluten hatte und das Zeug verschmiert auf seinem Arm auch nicht besser aussah- ehe er den Ball auf nahm und sich in Position begab.

Noch einmal wurde Protest erhoben, diesmal kam er von unserem Sportlehrer, doch schließlich lief das Spiel weiter.

Schlechter als zuvor.

Für uns.

Achim hatte Mist gebaut. Das bekam er zu spüren.

Julian drehte auf. Schaltete einen Gang höher und machte uns fertig, in Rekordzeit.

 

Dummer Kerl.

Nach dem Sieg seiner Mannschaft stürzte Tine auf ihn zu, zu recht besorgt wie ich fand. Er sah scheiße aus. So wie das Blut lief kein Wunder. Trotzdem winkte er ab, alles sei halb so schlimm.

Mit viel drängen brachte sie ihn dazu trotzdem mit ihr mitzugehen. Kurz bevor sie in der Damenumkleidekabine verschwand wandte sie mir den Blick zu, grinste kurz und nickte mir zu.

Nur kein Mitleid mit ihm. Schon klar. Er wollte es so. Ich soll gemein sein? Dann durfte ich ihn nicht bemuddeln. Das durfte anscheinend nur Tine… aber auch nur wenns ihm schlecht ging.

Ich wollte aber nicht gemein sein.

Das lag mir nicht.

Konnte er nicht normal im Kopf sein und mich hinnehmen wie ich bin?

 

*Julian*

 

Unsanft schälte Tine mich aus meinem Sportshirt. Ich hatte das Ding ganz schön eingesaut. Pfui, war das eklig. Meine Nase wollte auch einfach nicht weniger bluten. Erst als die anderen Mädels aus der Turnhalle zu uns kamen, ließ es langsam nach.

Einen Moment wartete ich noch, dann machte ich mich dran in meine normalen Sachen zu kommen.

Keine der anwesenden Dämlichkeiten störte sich an mir. Vermutlich war ich einmal zu oft hier drüben gewesen um mich umzuziehen, als dass es sie noch stören würde. Was sollte ich ihnen auch weggucken? Titten mochte ich nicht und mein Arsch war definitiv hübscher als die anderen hier. Na gut, manche konnten mithalten. Die meisten nicht.

 

Elisa verließ vor uns die Kabine. Wir waren ungewohnt langsam, sodass außer uns keiner mehr anwesend war. Sollte mich nicht stören, dafür drehte mir es zu schön im Kopf.

Der Kerl hatte ganze Arbeit geleistet. Zum Arzt wollte ich aber nicht. Ich hoffte einfach, dass nichts gebrochen war. Das brauchte ich momentan gar nicht.

„Dämlicher Mistkerl…“ knurrte ich vor mich hin; versucht nicht auf mein schmerzendes Riechorgan zu achten. Wenn man den Schmerz ignorierte ging er vielleicht weg.

„Wer? Achim?“

„Nee… der andere Mistkerl.“ Als hätte ich Zeit mich über den Aushilfsnazi aufzuregen. Der konnte mich mal Kreuzweise.

„Der hat mich Giftzwerg genannt. Kannst du das glauben? Bei dem hackt es doch, oder? Was fällt dem eigentlich ein…!“

Das konnte der doch nicht einfach machen! Ich versuche ihn zu hassen und der kommt mir so. Hassen heißt ignorieren. Das geht doch nicht wenn der mich Giftzwerg nennt. Da MUSS man doch reagieren. So ein dämlicher Arsch! Warum durchkreuzte der bitte alles? Hatte der keine Hobbys?

Nicht mal in Ruhe hassen konnte man hier…

Schöner Mist auch.

 

*Tine*

 

Jules Nase sah übel aus. In der Mensa sollte ich nach Eiswürfeln fragen, vielleicht hatte er glück und es würde nicht richtig anschwellen.

Bevor wir losmachten kontrollierte ich nochmal seine Nase. Nein da floss nix mehr. Hoffentlich war es nur dicht und nicht komplett leer.

So viel wie er am Arm und auf den Klamotten kleben hatte würde mich das nicht wundern.

 

Zu schlecht ging es ihm allem Anschein nach nicht. Er konnte sich zumindest über den armen Jen aufregen. Der arme Kerl hatte nichts getan, da war ich mir zu 100% sicher. Er war ein Lamm… der KONNTE gar nichts gemacht haben. Er hatte es nicht verdient…

Aber das meckern war ein gutes Zeichen. Wenn er über ihn meckerte und ihn anging –das Püppi war irgendwie süß- war alles wieder gut. Nicht gut-gut aber Julian-gut.

Jetzt musste ich nur noch irgendwie hinkriegen, dass es richtig wurde. Jennis kriegte das nie alleine hin, Jules schon gar nicht. Der wusste nicht mal was richtig wäre in diesem Fall. Der Fabian war es garantiert nicht.

Effi hatte wie vermutet geplaudert –nachdem ich ihr verraten hab wie man Kerle wie Richi wieder los wird, warum ließ sie sich auch auf so ein Arsch ein?- danach war es nicht schwer undercover was über den Typen rauszukriegen. Total die Flasche. Stockschwul ja, schien aber nicht aus seinem Schneckenhaus kommen zu wollen, hing stattdessen mit irgendeiner Kuh rum, die weniger IQ hatte als ein Toast und machte einen auf Hete.

Zum Glück war Jules den los. Wäre nie gut gegangen. Er sollte Jen danken, dass er ihn vergrault hat, nicht versuchen ihn zu hassen.

 

Eifriges Winken erregte meine Aufmerksamkeit als wir auf den Flur traten. Blondi bemerkte es nicht, sondern schimpfte weiter leise vor sich hin.

Fragend deutete Jen auf seinen Bruder, schien sich nach seinem Befinden zu erkundigen.

So süß.

Warum sah er das nur nicht. Bei Jule war definitiv irgendwas schief gelaufen.

„Alles gut“, deutete ich an, hoffte das es auch so war. Wenn nicht, wäre ein Arzt direkt um der Ecke. Kein Grund zu Panik.

„Komm rüber“, versuchte ich ihn immer noch stumm dazu zu bewegen mit uns zum Essen zu kommen, erntete jedoch nur ein Kopf schütteln.

>>Wieso nicht?<<

Als er außer Sichtweite war, stieg ich auf SMS um. Kostete mich nix und sah nicht ganz so beschränkt aus wie rumfuchteln auf dem Gang.

>>Lass ihn in Ruhe fluchen. Kann ihn später weiter ärgern. <<

Ich musste mir ein Schmunzeln verkneifen.

>>Du Gentleman, du.<<

>>Immer.<<

>>>Hast du gut gemacht<<

>>Meinst du? <<

Ich nickte heftig, was außer Jule jedoch keiner sah. >>Ja.  <<

>>Ich kann aber nicht fies sein. Das Giftzwerg wollte schon nicht so recht. <<

>> Ach Püppi<< Ich MUSSTE ihn einfach damit aufziehen. Jules färbte zu sehr auf mich ab, war mir klar. >>Nur hin und wieder sticheln reicht. Hassen kann der dich doch eh nicht lange. <<

Und du konntest nicht lange gemein sein.

Ich unterdrückte ein Seufzen.

Warum machten es sich Kerle nur so schwer?

Musste man sie wirklich aneinander ketten und mit der Nase drauf stoßen?

Bitte nicht.

Das hielten meine Nerven nicht aus.

 

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Schulsport ist ätzend... auch drüber zu schreiben. Eigentlich hab ich mich riesig auf dieses Kapitel gefreut...

wurde aber nicht so wie es sollte...

naja egal. Muss ich durch.

Drückt mir die Daumen, dass mein Muskelkater weggeht...

hab mir Spaßershalber das PCD-Workout angetan...

*hust* ist witzig wenn dich jemand anschreit "Hoch den Popo, hoch den Popo" oder "Schlag den Po..."

ähm...

gut...

ist auch irgendwie peinlich... aber mich sieht ja keiner... Macht irgendwie spaß... *don't cha wish your girlfried was hot like me...* hrmmm gut... lassen wir das... ich weiß, dass ich nen Schaden hab... und weder tanzen sollte noch dazu irgendwas sagen sollte....

Agent 00Tine

 

Ich kam mir vor, wie James Bond. Nur nicht so bewaffnet, und explosiv, zerstörerisch und professionell.

Mit Motorrad über Dächer fahren konnte ich auch nicht bieten.

Dafür hatte ich einen schwereren Fall, als Mr.Bond je haben könnte. Verrückte Ex-Agenten? Kartenspielender Bösewicht? Irgendeine goldene Lady –ja ich gebs ja zu… ich kenn nur die neuen Bond-Filme, schlagt mich doch deswegen!- pfff. Kinderkacke. DAS HIER war viel schwerer zu bewältigen.

„DU…!“

„Ich?!“

„Du…du… kannst du dich nicht einfach in irgendein dämliches Erdloch verkriechen? Du nervst wie sau!“

„Und warum sollte ich das tun? Du nervst hier doch rum und keifst mich an. Ich tu ja nicht mal was!“

„Weil du eine dämliche Ratte bist, deshalb. Und du keifst doch mit!“

 

Wie ein altes Ehepaar die zwei, oder? Ich wollte ihnen wirklich die Bratpfanne überziehen  à la Rapunzel, Mum wollte ihre aber nicht rausrücken.

Dreck!

Mussten doch andere Geschütze her. Reden konnte man mit ihnen einfach nicht, zumindest mit Jules nicht, nicht jetzt. Erst musste man ihn langsam für  Jen erwärmen. Wie auch immer ich das anstellen sollte. Alleine würde der das NIE hinkriegen.

Die zwei wollten mich echt fertig machen! Insgeheim haben sie sich doch zusammengetan um mich zum Nervenzusammenbruch zu bringen. Hundert pro.

Alleine klappte das doch nie…

…aber…

 

Ein Grinsen schlich sich auf mein Gesicht, während ich mich Ninja-like an Jennis Rucksack schlich. War nicht schwer. Das Ding stand neben mir und der stritt lautstark mit Jule. Debbi und Pam hatten sich verzogen um was zu essen zu holen –faule Ausrede, die wollten nur nicht bei den Streithähnen bleiben!- und Thungh interessierte nicht, was ich tat.

Ich musste etwas kramen, doch dann fand ich das Objekt meiner Begierde.

 

Böser Jen, kein PIN im Handy. Ganz schlimme Sache. Für dich. Mir kam es nur zu gute. Eilig durchforstete ich das Telefonbuch.

Wie hieß seine Schnecke noch gleich? Linda? Lilli?

Ach nee, Lucy. Gefunden!

Lautlos schlich ich von den Jungs weck, ließ mich auf einer der Bänke nieder, auf der ich sie dennoch im Blick hatte.

 

Es tutete zwei Mal, bis jemand ranging.

„Hey Jenjen, was ist passiert? Sonst rufst du nie an wenn ich arbeiten bin.“

Hoffentlich war die so drauf wie sie klang!

„Hey Lucy, ich bin nicht Jenjen, tut mi leid. Ist nur sein Handy. Ich bin Tine.“

„Oh Gott, ist irgendwas passiert? Er wird doch nicht…“

„Keine Bange“, versuchte ich sie zu beruhigen. Die ging ja gleich vom Schlimmsten aus. Gutes Mädel! „Jen geht’s gut. „

„Und warum rufst du mich dann an?“ Man konnte ihre Verwirrung fast körperlich spüren. Ginge mir aber auch nicht anders, wenn ich an ihrer Stelle wäre.

„Ich brauch deine Hilfe.“ Ehe sie noch verwirrter werden konnte klärte ich sie auf und hoffte, dass sie es Jennis nicht sofort aufs Butterbrot strich, sobald sie die Gelegenheit dazu hatte. Wäre nicht förderlich für meine Mission.

 

„Okay… Also du willst die zwei echt…?“

„So was in der Art. Es passt bei den beiden irgendwie… aber so klappt das nie bei denen. Noch ist es wie eine Blu-Ray in einem DVD-Spieler. Passt optisch, funktioniert aber nicht. Dabei wäre der Film richtig gut…“

Leises Kichern drang aus dem Mobilknochen. Jaja, mach dich nur lustig über meinen Vergleich.

„Wer ist die Blu-Ray und wer der DVD-Spieler?“

Gute Frage. Wusste ich auch nicht. War doch auch egal. Aber wenn dann wäre Julian glaub ich der DVD-Spieler, da steckte man immerhin auch was rein… nicht gut Tine. Stell es dir nicht vor. Alles wird gut.

„Egal! Hilfst du mir nun?“

Ohne zu zögern stimmte sie zu. „Wie?“ War ihre einzige Frage.

„Weiß noch nicht. Wir müssen uns einen Schlachtplan überlegen. Aber nicht jetzt. Sonst fällt es auf. Unsre Pause ist gleich vorbei, da sollte ich nicht mit seinem Handy telefonieren, oder?“

„Stimmt.“

 

Jennis hatte von dem Handyklau nichts bemerkt. Konnte das Ding grade rechtzeitig zurückstecken, hab aber einen fragenden Blick von Thungh kassiert. Klasse, was wird der auch jetzt auf seine Umgebung aufmerksam. Musste ich ihm halt später sagen was los war. Vielleicht wäre es ihm auch egal und er würde es vergessen.

 

Noch am selben Abend machten wir unseren Schlachtplan. Versuchten es zumindest. Obwohl wir mehr rumblödelten vor der Webcam. Lu war aber auch irgendwie witzig. Kein Wunder, dass Jen sie so gern hatte. Ich wäre auch ihre Freundin geworden, wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre.

„Ok… und was machen wir nun?“ Geschickt lenkte sie das Gespräch zurück auf unser Hauptthema.

Doch mir wollte einfach nichts einfallen.

„Hm, Jen ummodeln, dass es passt wird nicht gehen, wäre auch zu schade. Jules kriegen wir auch nicht anders… aber irgendwie MUSS es doch gehen…“

Eine Weile grübelten wir beide. Bis Lucy eine Idee zu haben schien.

„Eigentlich liegt doch bei Julian das Problem, oder? Jenjen müsstest du nicht zwei Mal fragen ob er ihn… nehmen würde.“ Zur Bekräftigung nickte ich. Wenn man drüber nachdacht hatte sie recht. Wobei ich ihre Bezeichnung etwas… komisch fand, aber egal. „Ihn zu drängen würde auch nichts bringen, vermute ich mal?“ Erneut ein Nicken meinerseits. „Und was wenn du es unterschwellig machst? Redest mit ihm. Machst ihm Jenjen schmackhaft. Nur nicht zu übertrieben. Er muss glauben, alles was später passiert, wäre auf seinem Mist gewachsen.“

„Und das klappt?“

„Ich hoffe es. Ich hab euer blondes Wunder nur zickend gesehen und verdreckt, aber wenn Jennis so einen Narren an ihm gefressen hat kann er doch gar nicht SO schlimm sein, oder?“

Das oder ließ ich im Raum stehen.

 

Wir hatten also einen Plan.

Jetzt musste er nur noch klappen.

Und alles blieb an mir hängen.

Lucy musste ja nur Jen ein bisschen zureden. Nicht das der noch aufgab und hinschmiss. Wäre leichter für ihn. Machte unseren Plan jedoch zunichte und überflüssig.

 

Der sollte es wagen den Plan zu sabotieren. Ich fresse jeden der das versucht. Mach mir solche Mühe doch nicht aus lieber Langerweile!

 

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Ein kurzes Kapi für zwischendurch.

War nicht geplant... aber Tinchen wollte mir nicht aus dem Kopf raus.

Musste ichs halt schreiben...

Passte ja auch noch irgendwie...

denk ich (auch wenn ich wieder was umstellen musste)

Julian und die Dussel-Trine

Unruhig schielte ich immer wieder auf die Uhr.

Wo blieb die denn nur?

Da war heute schon mal schönes Wetter und dann brauchte das Weib ewig. Gerade als ich mich laut aufregen wollte, hörte ich ein leises Scharren an unserem Gartentor und kurz darauf ein ungeduldiges Bellen.

Endlich!

 

Wie ein geölter Blitz schoss ein weißes Fellknäul auf mich zu, riss mich von den Beinen und schleckte mir fröhlich übers Gesicht, während ich versuchte den schweren Brocken von mir runter zu schieben. Besagter Fellball wollte dies jedoch nicht. Zu gerne hockte die Pit Bull Dame auf mir drauf. Schwanzwedelnd, mit zufriedenem „Grinsen“ im Gesicht.

„Runter Trixi.“

Für einen Moment sah sie mich fragend an, folgte der Anweisung jedoch und begann, wie jedes Mal ihren Rundgang durch den Garten.

 

Das zweite, deutlich größere, Fellknäul trottete gemächlich neben Tine her, die es nicht ganz so eilig hatte wie der kleine Hund.

Ein verschlafenes ‚Moin‘ wehte mir entgegen, während ich mich dran machte auch von Stella, der Bernhardiner-Dame begrüßt zu werden.

„Na Trulla“, grinsend zerwuschelte ich Stellas Fell. Sie liebte es. Genauso sehr wie Trixi es liebte andere Leute abzuschlecken und auf ihnen zu hocken.

 

„Nimm das Vieh weg!“

Normalerweise hätte ich Jennis ignoriert. Heute jedoch nicht. So panisch wie der klang würde es bestimmt lustig werden zu sehen, was Trixi anstellte. Ob sie die Rosen ausbuddelte, die er gerade versuchte in Form zu bringen?

 

Nein… schade. Stupste nur an sein Bein und wollte gestreichelt werden.

Warum war der deswegen so panisch? Sie war doch lieb. Man… immer diese Vorurteile.

Kopfschüttelnd machte ich mich dran, Stella weiter hinter den Ohren zu kraulen.

 

„Julian!“

Da mich meine Mutter sonst nie bei meinem richtigen Namen nannte –außer natürlich ich hatte was ausgefressen- fühlte ich mich dazu genötigt von der Hündin abzulassen und die Aufmerksamkeit auf die Tür zum Haus zu richten, durch welche sie gestürmt kam. „Hol Trixi weg!“, fauchte sie weiter, während sie selbst versuchte die Pit Bull Dame von Jennis wegzuscheuchen.

Falscher Fehler werte Frau Mutter… Nun will sie spielen. Pech gehabt.

Kurz schaute ich mir das Theater weiter an, raffte mich dann jedoch auf und rief die Hündin zu mir. Für einen Moment blickte Trixi zwischen Jennis, der irgendwie übel aussah und von meiner Mutter betüdelt wurde –Zitat: Jens Schatz, geht’s dir nicht gut. Komm mit rein. MANU!!! Ist gleich vorbei Engelchen- und mir hin und her, ehe sie auf mich zugetrabt kam um von mir gekrault zu werden. Wenn schon sonst keiner lieb zu ihr war.

„Arme Dussel-Trine… keiner mag dich…“

„Ist ja auch ein dummes Vieh…“ knurrte es neben mir.

Tine mochte den Hund ihrer Mutter nicht. Konnte ich absolut nicht nachvollziehen. Ich fand sie klasse. Auch wenn Pit Bulls nicht meine erste Wahl wären.

„Hör nicht auf sie. Tinchen ist nur frustriert.“ Besitzergreifend hob ich die doch recht alte, doch recht schwere Dame auf meine Arme und drückte ihr einen Kuss zwischen die Augen, welcher sie wie immer etwas bedröppelt drein schauen lässt.

„Knutsch das Vieh nicht auch noch“, kam es erneut grummelig von meiner besten Freundin, die sich dran machte Stella die Leine anzulegen. „Wir sollten langsam los…“ Vielsagend warf sie mir die grüne Leine zu, die Trixi immer trug und sah mich auffordernd an.

War klar. Wenn es möglich war, trat sie die arme Trixi an andere ab. Warum sie solch eine Antipathie gegen den Hund hegte war mir unbegreiflich. Sie hatte nie irgendwas getan. Trixi war die Liebe in Person.

„Na dann… Komm Dusselchen,  gehen wir planschen.“ Hellhörig geworden schaute die HHHhhslkdjihdeijHündin auf, wedelte schließlich wie bekloppt mit ihrem Schwänzchen und gierte danach, die Leine angelegt zu bekommen. Wenn ein Spaziergang in die Wiesen, mit zugehörigem Flüsschen –Rinnsal traf es eher- anstand, dann erduldete man auch die verhasste Leine.

 

*Tine*

 

Der ständige Regen in letzter Zeit hatte die Umgebung aufgeweicht. Keine zwei Schritte konnte man tun, ohne bis zu den Knien im Schlamm zu stecken. Wurde es nur eine kurze Runde für uns. Bis zur Brücke über das, durch den Regen breiter gewordene, Rinnsal gab es eine befestigte Straße, danach bestand alles aus Wald- und Wiesenwegen, die momentan unpassierbar waren. Doch den Hunden reichte es. Sie hatten ihr Wasser zum Planschen und einen dusseligen Vogel, den sie jagen konnten, jedoch nie fingen.

Seufzend lehnte ich mich gegen das rostige Geländer, hoffte einfach, dass es wie die mindestens sechzehn Jahre zuvor –ich schwöre, das Ding vegetierte seit meiner Geburt, mindestens, vor sich hin und sah schon damals so schrecklich unsicher aus- halten würde und beobachtete Julian, der versuchte die Hunde von dem Vogel wegzuholen.

Der würde nachher heulen wegen seinen Schuhen. Darauf konnte man wetten.

 

Eine ganze Weile beobachtete ich, wie er abwechselnd mit Stella und dem Mistvieh spielte.

Ich hatte nie verstanden, warum Jule Trixi so abgöttisch liebte.

Gut, vielleicht war ich voreingenommen… aber trotzdem.

Seit ich klein war, fünf um genau zu sein, verhielt es sich so zwischen uns.

Mein Vater hatte sie von einem Kollegen geschenkt bekommen, liebte das Vieh auf Anhieb… hat mich dafür behandelt als würde ich nicht existieren, zumindest wenn Trixi ein Furz der Quere saß, oder so. Vorher hatte Papa immer mit mir gespielt. Danach immer nur mit dem Hund. Ich war egal.

Bis er diese neue Tussi kennengelernt hatte. Da wurde das Vieh genauso sitzen gelassen wie meine Mutter und ich. Jetzt hatten wir das Biest am Hals.

Eigentlich, da es uns gleich ergangen war, müssten wir uns mögen… gut Trixi tat das bestimmt auch, so treuherzig und schmierig wie die immer ankam und gekrault werden wollte, doch ich konnte die Abneigung nie ablegen. Manchmal wünschte ich mir einfach sie würde abhauen und nicht wiederkommen oder beim Spielen im Wasser absaufen. Ich vermutete jedoch, dass ich genauso um das Vieh heulen würde wie Jule oder meine Mutter. Oder Stella. Stella liebte ihre Ziehmama. Die zwei teilten fast alles. Ihre Schlafdecke, ihr Fressen… alles.

Nein, war besser wenn das Vieh noch ein bisschen unter uns weilen würde. Stellas jaulen, wenn Trixi nicht dabei war, war grausam.

 

„Wasn los?“ Etwas außer Puste lehnte Jule sich neben mich, entlockte dem rostigen Metall ein ächzen und strich sich die blonden Strähnen aus der Stirn. Irgendwie hatte ich mich immer noch nicht an seine hellen Haare gewöhnt. Er sah nicht schlecht aus damit… aber in Natur gefielen sie mir besser. Behielt ich jedoch für mich. Hätte ihn eh nicht interessiert. Solange er sie nicht rosa färbte oder blau oder grün war alles gut.

„Nix.“

Damit verlief sich unser Gespräch, sodass wir schweigend den Hunden beim herumtollen im Wasser zusahen, bis diese müde geworden zu uns trotteten und es sich zu unseren Füßen gemütlich machten.

 

„Du Jule…“

„Hmmm…“

„Kann ich dich was fragen?“

„Machst du doch sonst auch immer ohne Erlaubnis.“

Da hatte er wohl Recht.

„Warum hast du eigentlich was gegen Jennis? Er ist wirklich kein schlechter Kerl… Getan hat er dir nie was… ich versteh dein Verhalten ihm gegenüber einfach nicht.“

Er schwieg eine ganze Weile, sodass ich glaubte, er würde ganz einfach nicht antworten, bis er schließlich, kurz bevor wir uns auf den Rückweg machten, doch eine Art Antwort von sich gab.

„Ist wie bei Dusselchen und dir. Sie hat dir nichts getan und du kannst sie trotzdem nicht leiden. Ohne Grund.“

„Stimmt nicht“, protestierte ich. „Ich hab sehr wohl einen Grund!“ Den kannte er auch. Vermutlich als Einziger.

„Dann solltest du mich verstehen… er wird hier angeschleppt und ich muss drunter leiden. Hast du gesehen wie meine Mutter ihn betüdelt hat? Mich hat sie ohne die Miene zu verziehen zur Schule geschickt obwohl mir nicht gut war.“

„Du hattest dich nur überfressen!“

„Trotzdem hab ich gekotzt!“

„Bist ja auch selbst schuld. Was frisst du so viel?!“

„Auch egal“, Schulter zuckend stieß er sich vom Geländer ab, stieg über Stella hinweg und begann den Heimweg anzutreten.

 

Seufzend musterte ich die Hunde, die noch immer vor meinen Füßen lagen, sich jedoch langsam aufsetzten, um Julian nach Hause zu folgen.

„Bist trotzdem blöd…“ murrte ich, während ich über Trixis weißes Fell strich und dafür ein zufriedenes Hecheln und diverse freudige Schläge mit dem Schwanz kassierte. Das Vieh freute sich auch über jedes Fitzelchen Aufmerksamkeit.

 

„Du Julchen…“, ich hatte es meinen Hunden gleich getan und bin dem Blonden nachgelaufen.

„Hm…“

„…versuchst du netter zu ihm zu sein?“

„Wozu?“

„Weil er es braucht… denk ich…“

 

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Kurz kurz kurz... ja ich weiß...

hab mich irgendwie mehr gequält damit als gedacht.

Hoffe ihr konntet Tinchen etwas näher kennen lernen... und dadurch irgendwie auch Jule... der nun mal so ist wie er ist....

 

stellt ihn euch in diesem Kapitel einfach total schlabberig vor... riesiger Kapuzenpulli, schlabberige graue Jogginghose undgefütterte Stiefel, da der arme Kerl ne echte Frostbeule ist.

 

Und NEIN ich bin nicht Tines Meinung. Ich liebe Hunde. Alle Hunde... auch wenn sie mich hassen... oder doch recht merkwürdig aussehen.

Ich bin kein großer Fan von Pit Bulls. Steh eher auf Boxer oder Rottweiler.

Einkaufsbummel

„Muss das sein?“ genervt stöhnte ich auf.

Da wollte man, ganz spontan zum Zug gefahren werden, da man ganz spontan einen Einkaufsbummel starten wollte, da man ganz spontan nichts Passendes zum Anziehen im Schrank hatte. Ganz spontan halt. Und ebenso spontan sollte Erzeugerfraktion eins oder zwei oder nicht direkt Erzeugerfraktion einen zu ebendiesem Zug fahren, da die 30 Kilometer mit dem Rad nicht das wahre waren, schon gar nicht, wenn man in dem Ausmaß einkaufen konnte wie ich. Wenn es mich überkam.

Aber nein. Was bekam man zur Antwort?

„Vergiss es“ und „Keine Zeit“ und „Du weißt doch ich kann nicht fahren, Liebling.“

War schon seltsam, dass Manu mich Liebling nannte und die Erzeuger so ruppig klangen, oder?

„Ich muss eh nach Leipzig.“ „Wie schön, dann nimm ihn doch bitte gleich mit.“ Die zwei Sätze ließen mich die Frage von oben stellen.

 

Natürlich musste das sein. Das Muttertier ließ nichts anderes zu. Warum hatte ich auch gefragt.

Nun saß ich doch wieder in Jennis hässlichem Auto und ließ das Geschnatter meiner Schwester –Effi hatte sich spontan bereit erklärt uns zu begleiten- über mich ergehen. Die Einkaufsliste meiner Mum lag ignoriert in meiner Hosentasche. Konnte nichts Gutes sein, sonst hätten sie es gleich bei uns gekauft.

Ich würde mich einfach überraschen lassen oder es Jennis aufschwatzen.

 

Letzteres ließ der leider nicht zu, als er einen kurzen Blick auf die Liste geworfen hatte. Effi hatte von vornherein gesagt, dass sie weder für unsre Eltern einkaufen noch uns irgendwie kennen würde. An das nicht kennen hielt sie sich nur bedingt, sie klebte praktisch an Jens, welcher mir einfach hinterher dackelte, wie es schien.

Was war ich bitte? Fremdenführer? Babysitter? … Fiesling?

Oh ja, der Gedanke gefiel mir. Dann doch erst in die Drogerie, vielleicht könnte ich dann ohne Zuschauer Klamotten kaufen gehen und heimlich vorbei schauen, ob es im hiesigen Elektroladen –Uranus GmbH & Co.KG- neues in der DVD Abteilung gab. Hab gehört Bambi soll neu rausgekommen sein….

Zum Glück kannte keiner meine peinlichen Gedanken. Nicht auszudenken, was andernfalls passieren würde.

 

Endlich in der Drogerie –md , die Pferdefrau mochte ich nicht so gerne- angekommen, die Geschwisterfraktion noch immer an den Hacken klebend, zückte ich Mamas Einkaufsliste und einen dieser kleinen Körbe, mit denen man sich wie Rotkäppchen fühlte.

Zum Glück, hatte ich eine ziemlich hohe Schmerzgrenze was peinliche Situationen anging –Disneyfilme mal ausgeschlossen- sonst hätte ich das kommende wohl nie gestartet.

 

Zielstrebig steuerte ich die gewünschte Regalreihe an, entdeckte sogar mehrere Kundinnen mit Freunden/Ehemännern/unfreiwilligen Opfern im Schlepptau und besah mir schließlich das Objekt meiner, bzw. Mutterns Begierde.

 

„Was meinst du…“, setzte ich lauter als nötig an, ein paar der Umstehenden sahen schon pikiert auf und besah mir diverse weiße Packungen. Aus den Augenwinkeln erkannte ich, das Effi Böses zu ahnen schien und sich heimlich in eine andere Reihe schlich. „Welche sind wohl saugfähiger? Die rosafarbenen hier“, demonstrativ deutete ich auf die Tamponpackung mit den normalen Dingern, was auch immer normal sein sollte. „Oder die ‚super‘ in gelb?“

Auffordernd richtete ich meinen Blick auf Jennis, der wohl ziemlich verwirrt zu sein schien, jedoch prompt rot wurde.

Musste wohl noch nie für seine Mutter einkaufen gehen. Der Glückliche.

„Ähm… äh…äh…ich ähm…“

„Ja hast Recht. Die gelben sind bestimmt besser. Die anderen halten bei mir auch nie lange.“

Der Fluchtgedanke schlich sich in Jennis Kopf, dass konnte selbst ich sehen, doch irgendwie schienen seine Beine nicht machen zu wollen, was sein Hirn schrie.

Glaub mir, ich wäre lieber auch nicht hier. Mit dir. Über Tampons redend, die ich im Leben nicht brauchen werde.

Nachdem ich dennoch beide Packungen –Effi bräuchte bestimmt auch welche, das Biest sollte mir dankbar sein, dass ichs mit auf Muttis Rechnung packte- in den Korb geworfen und bemerkt hatte, dass mein ach so toller Bruder immer mehr einer Tomate glich, bewegte ich mich auf das nächste auf der Liste zu.

 

Damenbinden waren auch ein tolles Thema, welches Jennis peinlich war. Fast schlimmer als die Sache mit den Tampons, wer hätte das gedacht.

Obwohl es mir auch etwas unangenehm war über die Konsistenz dieser Dinger –einige fühlten sich echt scheiße an- zu reden. „Oh schau mal, die sollen nach Veilchen riechen, willst du mal testen?“ Demonstrativ hielt ich es in die Richtung des Brünetten, welcher noch immer starr vor Schreck auf diese Dinger sah. „Nein… schon… gut…“, waren seine letzten Worte, ehe ich ihn weiter zog.

Hygieneartikel dieser Art wurden langsam langweilig.

Ernsthaft.

Irgendwas anderes musste her.

Nur was?

Diverse Mittelchen für Körperbehaarung jeglicher Art –fragt bloß nicht nach!- flogen Kommentarlos in mein Körbchen, die waren ihm vermutlich auch unangenehm. Das oder er mochte es nicht, dass ich an seinem Arm hing. Das Homopärchending war anscheinend nicht seins.

Meins auch nicht. Nicht mit ihm. Bäääh.

 

Langsam normalisierte sich seine Gesichtsfarbe. Fand ich schade. Leider hatte ich die komplette Liste abgehakt, war nichts Peinliches mehr drauf.

 

Auf dem Weg zur Kasse ließ ich mich, unschöner Weise vom Weg abbringen. Ich hatte mir fest vorgenommen nichts mehr zu kaufen, mein Geld sollte schließlich für Klamotten drauf gehen.

Aber was sein muss, musste sein.

 

„Hmmm… Erdbeer oder normal?“ Unsicher begutachtete ich die Sachen in meinen Händen. Warum konnte ich mich nie wirklich entscheiden bei so was? Warum hatte ich nur nicht Tine mitgenommen. Mit der hätte ich diskutieren können was denn wohl besser wäre.

„Jen…“ Setzte ich der Verzweiflung nahe an und schaute von dem Packen Kondome zu dem Gleitgel und schließlich zu Jennis, der sich endlich aus der erneut einsetzenden Starre lösen konnte.

Wann war er bitte wieder rot geworden? Was hatte ich verpasst?

„Vollkommen egal!“ Aufgewühlt nahm er mir alles aus den Händen, verfrachtete es in meinem Korb und schob mich bestimmend zur Kasse.

 

Ehe ich mich wehren konnte lag alles auf dem Kassenband, war bezahlt und in Tüten verstaut.

 

Gut zu wissen. Über Sex und Menstruation konnte man also nicht mit ihm reden. Sollte das Thema wohl öfter anschneiden.

 

Leider war der Trip durch die Drogerie nicht abschreckend genug, sodass er mir weiter nachlief und sich im ‚Berliner‘ auch Effi zu uns zurück gesellte, mit Tüten der Konkurrenz behangen.

Wäre ja zu schön gewesen seine Ruhe zu haben.

Vielleicht sollte ich, entgegen meinem sonstigen Verhalten, mir ein kurzes Röckchen in der Frauenabteilung suchen und die zwei dazu befragen.

Einen auf Transe machen…

Hatte ich noch nicht.

 

*Jennis*

 

Der Kerl war die Hölle. Musste er so schreien?

Und mit Kondomen spielen?

Gott… war das peinlich.

Warum tat er mir das an?

Warum tat ich mir das an?

Ich wusste es nicht.

Es war gelogen, dass ich hierher wollte. Ich brauchte rein gar nichts…

Außer jemand, der Julian das Gen entfernte, welches für solche Peinlichkeiten verantwortlich war.

Ernsthaft.

 

„Effi?“

„Hm?“

„Was macht er da?“

„Wenn ich das nur wüsste…“

Sie klang beinahe so verzweifelt wie ich, als er definitiv die falsche Abteilung ansteuerte…Worauf hatte ich mich nur wieder eingelassen?

Ich hasse mich gerade selbst dafür… aber was tat man nicht alles… für… Egal…

 

Vielleicht gab es ja noch interessante Einblicke… falls ich die nächsten zehn Minuten überlebte.

 

 

----

Hast ihr mich gerade? Irgendwie? Ein bisschen?

Auch egal.

Das Kapitel ging mir schon lange durch den Kopf... wenn auch peinlicher...

Ich musste Jenni-Bär einfach ärgern...

dafür kriegt er ja auch noch was zu sehen...

 

Und zur Beruhigung: das nächste Kapitel ist laut Planung länger. hoffentlich krieg ich das auch so hin wie erdacht. Außer es kommt noch was anderes dazwischen...

 

Bis dahin könnt ihr gerne spekulieren ob Jule oder ob er nicht in der Damenabteilung eingekauft hat.

Fußballdiva

 

*Jennis*

 

Im Hause Wagner/Schramm- die Fraktion Naumann lag noch im Bett und würde heute bestimmt nicht mehr rauskommen- herrschte reges Treiben. Um halb sieben am Morgen. An einem Sonntag. Ich hielt so was bis heute für unmöglich. Selbst Julian –besonders er- war schon auf den Beinen, rannte wie wild quer durchs Haus, suchte etwas, rannte weiter, schleppte von A nach B und zurück. Erst Silke, die ihn auf die Couch im Wohnzimmer drückte und ihm sein Frühstück in die Hand drückte konnte ihn zur Ruhe bringen.

Ich verstand die ganze Aufregung nicht. Mama hatte mir gestern nur gesagt, dass wir heute früh wegfahren würden. Wieso, weshalb, warum… na gut eher wohin, hatte sie mir wohl vergessen zu sagen, sodass ich die ganze Aufregung nicht verstand.

„Hey Prinzessin“; passte ich meine kleine Schwester ab, die gerade an mich vorbei rennen wollte und hob sie mir auf die Arme.

Die Kleine war ganz schön schwer geworden, wobei man mit acht nicht mehr wirklich „klein“ war.

„Warum machen hier alle solche Hektik?“

„Na wir fahren weg“, breit lächelnd präsentierte sie ihre neuste Zahnlücke. „Und wohin?“ „Hmmmm…“ Überlegend zog sie die Augenbrauen zusammen, übernahm dabei eindeutig Mamas Mimik, was mich zum Schmunzeln brachte, dann zuckte sie mit den Schultern.„Weiß nicht mehr…“, gab sie schließlich zu und wirkte enttäuscht.

Ein langgezogenes „Fußball“ von Adam, der gerade die Treppe runter kam und sich zu den anderen gesellte, die eilig versuchten ihr Frühstück zu vernichten, klärte die Sache auf.

„Ach richtig. Wir gehen zum Fußball. Juli muss heute spielen. Und wir müssen ihr anfeuern. Sonst gewinnt seine Mannschaft ja nicht.“ Stolz, nun doch eine Antwort parat gehabt zu haben, grinste sie von neuem, orderte dann jedoch streng an, dass ich sie, wenn ich sie schon mal auf dem Arm hatte, auch gleich in die Küche tragen könnte. Die Prinzessin hatte Hunger, also musste sie gefüttert werden, ehe sie zum Drachen mutierte.

 

In zwei Autos gequetscht machten wir uns auf den Weg, irgendwo ins Nirgendwo. Wenigstens waren wir nur knapp zwanzig Minuten unterwegs. Noch länger konnte ich diese Kleinkindermusik wirklich nicht ertragen. Außer ich sollte das Auto um den nächsten Baum wickeln…

Diese Musik war purer Hass…

 

Aufgeregt hüpften die Prinzessinnen –ja alle drei, nur Jule fehlte, der hatte sich aber ganz provokativ zu Silke und Mama gesetzt- aus dem Auto, kaum dass dieses stand und liefen zu den anderen, die bereits auf uns warteten. Bei Silkes Fahrstil war es kein Wunder, dass ich hinterher hing.

Auf dem Parkplatz standen nur ein paar andere Autos.

Entweder waren wir zu früh dran, oder Spiele so kleiner Mannschaften waren einfach unbeliebt.

 

Zwei Stunden später erkannte ich, dass wir einfach zu zeitig waren. Warum? Wusste keiner.

Nach und nach hatten sich die Tribünen –den Namen hatten sie nicht unbedingt verdient, doch ich wusste nicht wie ich es sonst ausdrücken sollte- gefüllt. Aufgeregtes Schnattern wehte durch die morgendliche Luft.

Wer legte ein Fußballspiel auf Sonntagmorgen? Ein Irrer vermutete ich.

Dennoch hielt es keinen der Anwesenden davon ab, unnatürlich fröhlich zu sein.

Schrecklich!

Schweigend schielte ich zu Effi, die jedoch lehnte  an dem Metallpfosten, der das Dach der Tribüne trug, und döste seelenruhig vor sich hin.

Wenigstens eine, die ihren Schönheitsschlaf nachholen konnte. Fand ich doof. Jetzt musste ich mich weiter langweilen.

Adam wollte sich Trinken holen, zusammen mit Mama und Silke war dabei die kleinen Mädels zur Toilette zu bringen.

Julian war bereits seit geraumer Zeit verschwunden, als auch der Rest der Mannschaft eingetroffen zu sein schien.

 

Um kurz nach zehn wurde schließlich angepfiffen. Musste ich erwähnen, dass ich Fußball nicht sonderlich interessant fand? Zweiundzwanzig schwitzende Kerle in kurzen Hosen… naja gut. War vielleicht doch nicht SO übel. Einige sahen sogar ganz gut aus, auch wenn meine Augen sowieso nur das Tor zu meiner Rechten fixierten.

Hohe, grüne Kniestrümpfe –ach nein, die hießen bei den Diven hier ja anders-, schwarz-grüne Schuhe, passend zur schwarze-Shorts-grüner-Pulli-Kombi, grelle Handschuhe und ein Haarband, dass zum Weglaufen aussah.

Julian sollte aufhören bei Ana zu klauen, auch wenn es ihn nicht wirklich verunstalten konnte.

Lässig krämpelte er sich die Ärmel über die Ellenbogen, kassierte dafür eine kurze Diskussion mit seinem Trainer, ließ sie dennoch oben und machte es sich im Tor bequem.

Die meiste Zeit wirkte er gelangweilt. Verfolgte den Ball mit seinen Augen, kam jedoch kaum zum Einsatz. Als es jedoch so weit war, wurde ich doch etwas nervös. Nur die drei Mädels schräg vor mir hielten mich vom Mitfiebern ab.

Die waren schlimmer als ich. Jedes Mal, wenn das Blondchen, einen Ball gehalten hatte jubelten sie laut auf und veranstalteten mit seinem Namen einen voodooartigen Singsang.

War schon seltsam, was die veranstalteten. Tat ich mir auch nicht sonderlich lange an, ehe ich mich zu ihnen beugte und sie ansprach.

 

„Ihr scheint ja ganz schön auf die Diva zu stehen…“

Drei Augenpaare –eins mit dicker Brille versehen- wanderten zu mir, schienen mich erdolchen zu wollen. „Ihr müsst aber wissen, das ihr ihm zu weiblich seid. Er steht eher auf Kerle.“ Weiblich war gelogen. Die drei waren flach wie Bretter, bis auf die pummelige, das machte es aber auch nicht besser.

„Tun wir.“

„Beides.“

„Was dagegen?“

Plötzlich wurde es eisig um uns herum, obwohl die Sonne wie verrückt strahlte. Die Rothaarige –ich ließ das Wort Ginger sein, da meine Mum eine war- mit Zahnspange machte mir Angst. Mit jedem Satz –den sie im Übrigen völlig synchron von sich gegeben hatten- kam sie näher zu mir und erdolchte mich mit ihren Blicken.

Himmel. Kinder von heute. Älter als elf waren die doch kaum, oder?

„Beruhigt euch Mädels…“ gähnend raffte Effi sich auf, lenkte die Aufmerksamkeit der drei Grazien auf sich. „Der gehört zur Familie, weiß noch nicht wie der Hase läuft. Ist vermutlich tierisch eifersüchtig. Lasst ihn am Leben ja?“

Effi irritierte mich, da sie die drei zu kennen schien. Woher, das klärte sich kurz danach auf, als sich herausstellte, dass die Zahnspange und die Pummlige totale Fan-Girls waren und die Brille sowieso alles mochte, was mit Jule zu tun hatte und sie wohl das Kriegsbeil begraben hatten.

Was in deren Köpfen vorging wollte ich besser nicht wissen.

Auf jeden Fall erzählten sie, während dem langweiligen Teil des Spieles, ihre Lebensgeschichte. Auch woher sie Jule kannten.

Kaum zu glauben, aber wahr, diese drei… netten Mädels… spielten auch Fußball, im Verein bei uns zuhause. Mich wunderte es, dass ich sie nicht kannte. So groß war das Kuhkaff doch nicht.

„Julchen hat uns nicht für scheiße gehalten. Der Trainer hatte immer gesagt wir würden eh nicht spielen können …“ Synchrones Seufzen folgte.

Kurzfassung der langen Geschichte: Julian hatte die drei so gedrillt, dass sie das spielen wohl gelernt hatten und nun ganz gut waren mit ihrem Verein.

 

„Bist du sein Freund?“ Brille –ich hatte die Namen schon wieder vergessen… Irgendwas mit Kim oder Lisa oder Gertrud war es glaub ich- musterte mich gespannt. Effis kichern neben mir verriet mir, dass ich wohl rot wurde, als ich verneinte. Warum wurde die grade wach, wenn man es nicht brauchte? Die tat bestimmt nur so als würde sie pennen. Heimlich beobachtete die doch das gesamte Spiel. Ihr Schal verriet sie als Fan. Ehe sie weiter spekulieren konnten, regte sich auf dem Spielfeld etwas.

Die Uhr zeigte an, dass nur noch knapp zwei Minuten zu spielen waren und die gegnerische Mannschaft versuchte erneut ein Tor zu erzielen. Vergebens, wie auch zuvor. 3:0 prangte es an der Anzeigetafel. 3 für uns, null für die, logisch, oder? Der erneute Torschuss war auch nicht wirklich Grund der Aufregung. Eher war es Julians merkwürdiges Grinsen und das kaum merkliche Kopfnicken in Richtung der restlichen Mannschaft, als er den eben gehaltenen Ball fallen ließ und ihn in hohem Bogen in Richtung Spielfeldmitte schoss. Erstaunt verfolgte ich die nächste Aktion. Unter irritiertem Blick des erfolglosen Torschützen, schoss der Blonde an diesem vorbei, ließ das Tor einsam zurück.

Die Mannschaft glich einer Dampfwalze.  

Ob es überhaupt erlaubt war so etwas zu tun?

Der Schiri pfiff nicht ab, also nahm ich es so hin. Konnte jedoch nicht ganz fassen, warum plötzlich alle geschlossen, den Ball nicht herausrückend, auf das Gegnertor zurasten.

 

Ein 4:0 konnten sie dennoch nicht kassieren. Ehe sie dazu ansetzen konnten wurde das Spiel abgepfiffen.

Jubel brach über uns herein, ganz vorne dabei –so schien es mir- meine Sippschaft und die Grazien, die dem Blonden eifrig zuwinkten, was er jedoch nicht zu sehen schien, da er momentan Kopf über auf den Händen stand –warum konnte der Kerl ein perfektes Rad schlagen? Das war unlogisch!- und dann von den restlichen weiß-grün-schmutzig Trägern mitgerissen wurde. Selbst Achim, der nur auf der Bank gesessen und missmutig dreingeblickt hatte ließ es sich nicht nehmen, die Mannschaft zu feiern. Sich feiern zu lassen. Arsch…

 

„Ihr wart SOOOO toll.“

„Die hatten keine Chance!“

„Wir lieben dich!“

Der Chor setzte ein, als das eingesaute Etwas, dass sich Torhüter nannte auf uns zukam und schließlich die Grazien in Empfang nahm. Er freute sich sichtlich die Drei zu sehen. Hätte ich nicht gedacht… doch … eigentlich schon. Sie schienen eine fiese Ader zu haben, die beste Grundlage sich mit ihm anzufreunden. Oder ihn zu verabscheuen, wie man an Achim sah.

 

Noch eine ganze Weile brachten wir auf dem Gelände des „Stadions“ –es wäre gemein es als Wald- und Wiesenbolzplatz zu bezeichnen-  zu. Feierten den Sieg. Mümmelten das recht gute miese Essen, was angeboten wurde. Wurden hier und da in Gespräche verwickelt. Ich kannte keinen der Gesprächspartner. Aber die anderen schienen zu wissen wer die Leute waren.

Schön für sie.

Ich fand es doof.

Nicht mal Lucy konnte ich belästigen. Mein Handy lag dummer Weise noch immer neben meinem Bett. Manchmal hasste ich mich selbst für meine Vergesslichkeit.

Wenigstens hatten die anderen ihren Spaß.

Mama und Silke wirkten ausgelassener als sonst, doch wen wunderte es. Bernd war nicht da. Die Kleinen rannten über den Rasen, versuchten selbst, mehr schlecht als recht, Tore zu schießen bzw. sie zu halten. Effi suhlte sich in der Aufmerksamkeit von ein paar Spielern der Gegnermannschaft.

Und Jule… der feierte seinen Sieg. Ausschweifend. Ebenfalls mit der Gegnermannschaft. Besser gesagt mit der Nummer 5.

Danach war er jedoch so ausgelassen, dass er selbst für mich ein freundliches Gesicht übrig hatte und kein blöder Kommentar seine Lippen verließ.

 

Nachmittag verzog sich das schöne Wetter, machte dicken Gewitterwolken platz. Daran jedoch störte sich niemand so wirklich und auch wir brachen erst auf, als Silke frustriert ihr Handy an stöhnte und uns anordnete langsam zu den Autos zu gehen.

Der Höhlenmensch zuhause hatte wohl Hunger und konnte sich alleine keine Beute jagen. Blöder Kerl. Bernd wurde mir immer unsympathischer. Wäre er nicht der Vater meiner Geschwister würde ich mich fragen, was Mama von dem Typen will.

 

Die gute Stimmung überdauerte bis in den Abend hinein, drängte Bernds miese Laune an den Rand des Geschehens und klang erst am Sonntagabend aus. Zu meinem bedauern. Der Montag begann wie jeder andere, zuvor. Julian war wieder der alte und würdigte mich keines Blickes. Doch lieber so, als zu wissen, dass seine nette Ader durch irgendeinen Typen freigelegt wurde, der nicht ich war.

 

Klang das eifersüchtig?

Ja?

Gut…

 

Mit einem zufrieden grinsenden, völlig verschwitzen und von oben bis unten dreckigem Gesicht vor Augen wurde ich die nächsten Tage ins Land der Träume begleitet und unternahm auch nichts, damit sich dies änderte. Wenigstens dort konnte er nett zu mir sein… einfach um meinet Willen, wegen nichts anderem.

 

Blöde Diva…

Dämlicher Kerl…

 

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Da isses... irgendwie halte ich mich nicht mehr an die Dienstagssache... kann das sein?

*seufz*

Und kürzer als gedacht ist es auch...

Na egal.

Mir geht aber grad was durch das Köpfchen...

 

was meint ihr... soll ich posten was Jenjen so träumt in dieser Woche?

Wenn ihr lieb zu mir seit könnt eich vielleicht über meinen Schatten springen und was "versautes" schreiben...

Traumprinz (Sonderkapitel)

Kapitel  18-EXTRA: Traumprinz

 

Es war merkwürdig. Kein Geschrei. Kein sonstiger Lärm. Rein gar nichts, außer Stille.

Beängstigender Stille.

Ich hasste es wenn es leise war. Ich wollte meine kreischenden Schwestern, Adam der laut fluchend irgendetwas spielte, meine Mütter die Adams Wortschatz eindämmen wollten… Jules gezicke.

Alles.

Ich verstand Ruhe einfach nicht.

Wenn alles ruhig war, dann war ich alleine.

Ich wollte nicht alleine sein.

 

Hilflos sah ich mich um.

Irgendwas versuchte mich auf dem Sessel in unserem Wohnzimmer festzuhalten. Seltsame Ranken, die mich stark an die Rosen in Silkes Blumenbeet erinnerten. Ich mochte diese Teile, hasste es jedoch sie in Ordnung zu halten, doch was sein muss…

 

Ohne Orientierung irrte ich durchs Haus, welches einem Irrgarten glich. Zu viele Treppen führten in zu viele einsame Sackgassen. Erst die gefühlte fünfhundertsiebenundzwanzigste Treppe führte mich an mein ungeahntes Ziel. In grellen Farben getränkt prangten Buchstaben, die wirr herumzufliegen schienen und keinen Sinn ergaben, über das Holz. Auch wenn es massiver wirkte als normal wusste ich was ich dahinter finden würde.

Ruhe die ich genießen konnte, weil ich wusste, dass ich nicht allein sein würde.

 

Die Tür sträubte sich dagegen geöffnet zu werden, würde sie nun auch noch anfangen zu sprechen, dann würde ich vermutlich bald Alice genannt werden und einem Karnickel nachlaufen. Wenigstens bin ich nicht in ein Erdloch gefallen… noch nicht.

 

Nach und nach tat sich die Tür ein Stück weit auf, bildete eine Art Astloch durch welches ich mich, trotz dessen winziger Größe quetschen konnte. Dahinter vermutete ich mein Zimmer, unser Zimmer, doch irgendwie glich das Innere einem Dschungel. Die Schränke und das Bücherregal waren mit Grünzeug überwuchert, die Wände schienen wie die Tür aus Holz zu sein. Kein totes Holz. Eher Bäume, lebend, denkend, sich verändernd. Langsam, beständig. Kitschige Gardienen hingen an den Ästen, machten das ganze surrealer als der merkwürdige Rest.

Zwei Betten ragten wie gewohnt aus dem Boden. Normal. Wie sie sein sollten. Nur minimal zu gewuchert, ein schriller Kontrast zum Rest.

 

Das rechte Bett war leer. Meins nicht.

„Hey!“ Aufgeregt fuhr ich den Eindringling an. Niemand durfte ungefragt in mein Bett. Da war ich eigen! Selbst wenn so keiner da rein wollte im Moment. „Das ist…“ Ich brach ab.

Blaue Augen blitzten mich unverwandt durch eine dieser riesigen, im Moment wohl modernen Brillen an. Ließen mich vergessen, was ich eigentlich sagen wollte.

Ja, ich gebe es zu. Ich stand auf diese Brille. Und die Nase auf der sie saß und die Augen, die mich sonst nie so ansahen.

„Hallo~“ Ein schnurrender Laut entkam dem Bettbesetzter- der das im Übrigen durfte. Immer!- während er fröhlich mit den bunt lackierten Zehen wackelte, Dabei wirkte er so, als würde er mich damit zu sich winken wollen, da seine Hände zu beschäftigt damit waren, seinen Kopf in der Höhe zu halten.

„Hi“, murmelte ich leise, den Blick auf den Schwanz richtend, der vor meinen Augen genüsslich hin und her zuckte.

Scheiße… seit wann hatte der so was?

„Warum…“ irritiert schüttelte ich den Kopf, versuchte das Ding näher zu betrachten, nach dem ich zu ihm getreten war, zuckte jedoch zurück als mir dieses Ding an der Nase kitzelt. „Ieh… Warum hast du einen Katzenschwanz?“

Ein schnurrendes Lachen erklang. Das plüschige Teil wedelte mir erneut durchs Gesicht, ehe ich es zu fassen bekam und das Lachen verschwand. Nur das Lachen. Das Schnurren blieb. Wurde lauter. Halleluja war das seltsam.

Aber es fühlte sich lustig an. Sein ganzer Körper schien zu vibrieren und das Schwänzchen fasste sich auch plüschig an. Würde er jetzt in die Steckdose greifen… oh man, den Durchmesser wollte ich unbedingt sehen. Also… nicht das hier irgendwo Steckdosen wären oder so… aber… ach egal.

Rot werdend ließ ich es los, wusste jedoch nicht was ich sonst tun sollte.

„Warum nicht… Jenjen.“ Aufreizend krabbelte er über mein Bett zum Rand, richtete sich vor mir auf, sodass er mir direkt ins Gesicht sehen konnte.

Scheiße… hätte er jetzt keinen Schwanz –das Katzenpüschel meinte ich- würde ich mir vorkommen wie in diesen dämlichen Hollywoodstreifen in denen so eine heiße neue Lehrerin in den Raum kommt, ihre Möpse fast aus der Bluse springen, der Rock zu knapp ist um ihr nicht vorhandenes Höschen zu bedecken, während sie sich mit Schmollmund das Stäbchen aus den Haaren zog und die dunkle Matte verführerisch hin und her warf, sich schließlich die Brille auf der Nase zurecht rückte und dem armen Tropf in der ersten Reihe eine Erektion vom Feinsten beschaffte.

Gut. Ihm fehlten Titten und lange Haare und Schmollmund und Röckchen und Bluse, Stäbchen im Haar, das Klassenzimmer… Außerdem fand ich Frauen eklig. Ernsthaft. Die bluteten einmal im Monat wie sau, drückten irgendwann mal was aus sich raus was Lärm machte, in die Hosen schiss und ein Haufen Geld kostete und… naja… ihr wisst schon… sie sind schwierig… meistens. Kerle waren da erträglicher. Da geht’s eher: He Schatz willste n Bier? Und nicht: Ach Schatz nie willst du kuscheln. Gut, scheiß vergleich. Ich kuschelte gerne und Bier fand ich eklig… aber ich hoffe es verdeutlichte das Prinzip…

Apropos Prinzip…

Im Prinzip gefiel mir das Schwänzchen doch ganz gut. Also schüttelte ich vehement mit dem Kopf, als er fragte, ob es mich stören würde.

Neeeein. Gar nicht. Vor mir aus konnte er es behalten. Und auch damit weiter machen… Wer hätte gedacht, dass es sich so… angenehm anfühlen würde, wenn sich so ein Ding um die eigene Hüfte legte und verspielt in der Hose verschwand.

„Sicher?“ Grinsend leckte sich das blonde Kätzchen über die Lippen –ich kam mir vor wie ein Schälchen Sahne, ehrlich!- ließ die imaginären Krallen über meine Brust fahren –hatte ich nicht grade noch was an? Seltsam- und zog mich schließlich ruckartig zu sich aufs Bett.

Ich nickte heftig. Mein Kopf dankte mir mit sich anbahnenden Kopfschmerzen.

„Gut.“ Heine Hüften bekamen augenblicklich Besuch. Fanden den Druck jedoch äußerst… nett. Sehr nett. Klein Jennis mochte es sehr Besuch zu bekommen. Vor allem wenn klein Julian ihm einen Besuch abstattete.

Warum meine Hose nicht mehr zwischen uns war und warum ich bis dato nicht bemerkt hatte, das der Blonde so was gar nicht getragen hatte, ignorierte ich einfach. Wen interessierte schon Logik wenn er so was vor sich hatte. Oder auf sich.

Wie es wohl wäre wenn ich…

„Du bist süß wenn du rot wirst…“ demonstrativ wurde mir in die Wange gepiekt. Die Aktion vertrieb jedoch nicht meine Gedanken. Fand ich gut.

 

„Liebst du mich denn gar nicht?“

Erschrocken sah ich auf. „Was?“

„Ich hab gefragt, ob du mich denn gar nicht liebst…“ Ok. Das mit dem fehlenden Schmollmund nehm ich zurück. So was hatte er doch. „Warum fragst du so etwas?“ „Na… würdest du dein Kätzchen lieben, dann würdest du es kraulen. Ich war doch so ein braves Kätzchen. Ich hab sogar die verkleckerte Sahne wieder weg geschleckt.“

Oh ja. JA. Braves Kätzchen. Mist. Warum mutierte ich bei dem Gedanken daran wieder zur Tomate?

„Willst du denn gekrault werden?“

Eifrig nickte diesmal mein Gegenüber.

Na gut…

Hier war so vieles seltsam. Warum sollte ich dann nicht meinen „Bruder“ kraulen, der zum Teil eine Katze war. Eine äußerst rollige wenn ich mir das ganze genauer besah.

„So?“ Vorsichtig betastete ich erst seine Ohren –fluffig wie der Schwanz sag ich nur- begann dann jedoch zu kraulen, da er nicht die Krallen ausfuhr, sondern doch recht zufrieden klang. „Hmmm… nein“, brummte er jedoch, sodass ich es wohl anders probieren musste.

Beim Hals schnurrte er erneut, verneinte jedoch wieder. Wie konnte man nur so lügen? Und mein Gekraule nicht mögen. Frechheit!

Das Schwänzchen gab mir schließlich Hilfestellung.

Wie nett.

Als könnte ich so was nicht alleine.

Ein zufriedener Laut verließ seine Lippen, als meine Finger diese kleinen rosa Knubbelchen streiften. ----Hört auf euch zu fragen warum ich die Dinger nicht Nippel oder Brustwarzen nenne. Das erste lässt mich rot werden und das zweite klingt eklig ok? Lebt mit Knubbelchen! Bitte?-

Mir gefiel der Laut. Ich hoffte ihn nochmal zu hören, wenn ich erneut darüber strich. Ich wurde nicht enttäuscht. Ich fand sogar Gefallen daran, ihn soweit zu reizen, bis ihn schließlich eine Gänsehaut überrannte, seine Augen mich anflehten endlich weiter zu machen. Sein Ziel war etwas anderes gewesen, war mir mittlerweile klar. Aber er konnte ruhig warten. Erst wollte ich meinen Spaß. Er hielt mich sonst auch an der langen Leine.

 

Als ich zaghaft eine Hand zur meinen Mund ersetzte fragte ich mich, warum er nach Mamas Apfelstrudel schmeckte. Hatte er darin gebadet… Ach egal. Hauptsache er schmeckte weiter so gut. Sollte er doch machen was er wollte um das zu erreichen.

Zitternd krallte er die Finger in meine Schultern, versuchte sich meinem Griff zu entwenden, doch ich dachte gar nicht daran ihn gehen zu lassen. Jegliche Bedenken über Bord werfend –ein Großteil diverser Hemmungen wollte unbedingt hinterher-  biss ich in das zarte Stück Haut saugte es immer wieder zwischen meine Lippen, ehe ich es kurzzeitig entließ, nur um das Spiel von vorne zu beginnen. Erst sein leises Wimmer –nein… er tat mir nicht Leid. Er hatte es verdient. Wirklich… warum machte er auch vor meinen Augen mit anderen Kerlen rum?- ließ mich innehalten und seinem Wunsch, endlich weiter zu machen, nachkommen.

 

Meine Hände glitten tiefer, während mein Mund noch etwas auf seinem Bauch verweilte, die Zunge mit seinem Bauchnabel spielte –wer hätte gedacht, dass er hier so empfindlich war?- und sich die Zähne in der straffen Haut verewigten. Doch bald wurde mir dieses Spiel leid. Viel zu neugierig wurde ich auf das, was meine Hände schon seit geraumer Zeit erkunden durften, was ihn so wohlig aufseufzen ließ.

Mit Freuden stellte ich fest, dass nicht nur ich in meiner hormongesteuerten Teeniephase stecken geblieben war, wie es so schien. (Ich hasste es eigentlich, mich an die Zeit zu erinnern in der schon ein seltsamer Ton ausgereicht hatte um mir ein Problem zu bereiten. Kalt duschen hatte bei so was auch nicht geholfen. Wisst ihr wie peinlich es war, seiner Mutter zu erklären warum man einen Tennisarm hatte obwohl man seit Jahren kein Tennis mehr spielte? Heute ignorierte ich diesen Gedanken jedoch. Ihm ging es wie mir. Mein Arm würde demnach glimpflich davonkommen.)

 

„Gott…“ Erneut wand er sich unter meinem Griff. „Elendes Spielkind!“ Begierig darauf mehr zu bekommen rieb er seine Hüfte an meiner. „Du wolltest es doch aber so?“ Unschuldig dreinblickend schob ich ihn ein Stück von mir, kraulte ihm weiter die prekäre Stelle, die ihn im Moment so wahnsinnig zu machen schien.

„Scheiße Mann!“ Ungehalten begann er zu fluchen. Fluchen war böse. Es war nicht nett. Aber bei ihm machte es mich an. Und wie. Ich stand drauf wenn er laut wurde oder versaut oder vulgär. „Fick mich endlich!“, drang es laut an meine Ohren, nachdem er endlich keine Flüche mehr gefunden hatte, mit denen er mich belegen konnte.

Ich hätte zwar schönere Ausdrücke dafür gefunden, aber was solls. Das Resultat wäre das Selbe. Und wer wollte seine Zeit mit denken verschwenden wenn er… Dinge mit Julians Hintern tun konnte, von denen seine Mutter besser nichts erfahren sollte. Oder meine. Oder irgendwer.

Besitzergreifend schloss sich sein Katzenschwanz um meine Hüfte, presste mich gegen ihn.

Hatte ich erwähnt, das er sich gut anfühlte, wenn er so unter mir lag, erregt wie Hölle, einen Hintern an meinen Freund da unten gepresst, während der entzückende Muskel an seinem Eingang erregt zuckte und mich versuchte wahnsinnig werden zu lassen?

Ficken war gar kein Ausdruck für das, was ich mit ihm tun würde…

„Jen…“ Wie flüssiger Zucker glitt mein Name –oder zumindest ein Fragment davon- über seine Lippen während…

…mir etwas widerlich Nasses und Kaltes ins Gesicht klatschte.

„Ieh“ Widerwillig öffnete ich ein Auge. Erdolchte den Mistkerl, der mich aus dem Schlaf gerissen hatte, mit einem Blick aus ebendiesem und wurde schlagartig rot, als er mir die Worte „Raus aus dem Bett und hör endlich auf dein Bettlaken zu begatten… ist ja abartig“ entgegen warf und aus dem Zimmer rauschte.

 

So wollte keiner geweckt werden am Montagmorgen um kurz nach sechs. Schon gar nicht wenn er so was träumte wie ich.

Scheiße.

Hätte er mich nicht fünf Minuten später wecken können? Jetzt drohte mir doch wieder kaltes Wasser… oder ein einsetzender Tennisarm.

Scheiße aber auch!

Der Kerl sollte gefälligst zurückkommen und das beenden was sein Katzenich angerichtet hatte. Sofort…

Ich sollte wirklich dringend Duschen. So wie Mr.Hyperaktiv mich ansah –was fiel mir auch ein nicht sofort zu kuschen- würde der seinen Arsch bestimmt nicht zur Verfügung stellen… Zeit zum handanlegen blieb auch nicht mehr…

Ich hatte auch gar kein Glück heute Morgen…

 

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Ja ähm... was wollt ich euch sagen?

hmm... alles aus Jenjens Sicht...

und... äääh.... tut mir leid.

Nach diversen schmuddeligen Storys die ich gelesen habe wollte ich auch sowas schreiben...

Ging ziemlich in die Hose... bin rot wie ne Tomate und giggle wie ein hyperaktives Schulmädchen... deshalb ist nur so was bei rumgekommen.

Hoffe ihr verzeiht mir.

Ich hoffe bis ... naja bis "DAHIN" halt schaff ichs solle Stelldicheins zu schreiben... ansatzweise... ähm...

gut.

Gute Nacht euch allen.

-//Bilder//-

(Warum fidne ich im internet nur keine Bilder die zu den beiden passen?)

 

Jennis:

 

Seine Frisur sitzt schief... und irgendwas anderes stört mich auch noch...

ka was...

sein Blick muss so sein...

Aber was genau er so ansieht... ich bin mir unsicher

 

Julian:

 

er ist zu hell... und er guckt doof... aber egal... ich mal sonst nicht wirklich realistisch... wie man sieht.

Bald gehts mit nem richtigen Kapitel weiter. Bin schon fleißig am schreiben.

*Hier folgen jetzt noch ein paar Bildchen.... diemal mit reelen Personen.

 

Hier sind "Jennis"

Haare etwas zu hell und "Jule" sieht zu männlich aus.... aber ich mag die Pose...

Und hier sehen "Jules" Haare merkwürdig aus.... fand ich aber auch süß.

Wer noch ein paar süße Bilder fidnet, die die beiden "zeigen" könnten: immer her damit

 

Familienausflug

 

„Na Prinzessin, was willst du zu deinem Geburtstag machen?“

Mit diesem einfachen Satz fing alles an.

„Freizeitpaaaaaaark!“

Und dieser markerschütternde Schrei besiegelte es.

Wir würden im tiefsten Herbst in einen Freizeitpark gehen. In einen weit entfernten Freizeitpark. Mit mehreren Stunden Fahrt und Hotelübernachtung.

Doppelzimmer. Mir war klar, woran diese Zimmerverteilung hinauslaufen wird.

Meine Aggressionen deswegen hatte ich schon bei Tine herausgeschrien. Mittlerweile hatte ich mich damit abgefunden. War ja eh immer der gleiche Scheiß.

Teilte ich mir halt wie immer mein Zimmer mit dem Kerl.

Hoffentlich hatte der seine Hormone langsam unter Kontrolle. Nochmal muss ich nicht geweckt werden, nur weil er unbedingt seine Matratze besteigen musste.

Irgendwie tat er mir auch leid. Musste ja tierisch Samenstau haben. Immerhin war seine Freundin noch oben bei die Klippenkotzer (Bitte nicht beleidigt sein, ich find Norddeutschland toll, nur Julchen hat eine Abneigung gegen die Jungs dort…) und hier schien es auch nicht so, als hätte er was zum Druckabbau gefunden.

 

„Alle fertig?“ Das Brüllen meiner Mutter ließ mich zusammenzucken. Sicher waren wir fertig.

Waren wir schon vor einer Stunde. Aber die Frau musste ja alles drei Mal kontrollieren ehe sie sich halbwegs sicher war, dass alles da bzw. aus war und nichts schief gehen konnte.

Ein ‚Ja‘ in vielen Variationen, von absolut gelangweilt bis aufgekratzt-am-durchdrehen, reichte ihr als Antwort, sodass sie begann uns aus dem Haus und zu den Autos zu scheuchen.

„Teilt euch auf. Wenn wir nicht bald loskommen, dann stehen wir noch im Stau.“

Als ob das unsere Schuld wäre. Doch das behielt ich lieber für mich.

 

„Jules und ich fahren mit Jennis!“ Grob packte Effi mich am Arm, brachte meine einsetzenden Proteste mit einem bösen Blick zum Schweigen. „Halt den Rand, Brüderchen. Keiner von uns will mit Kindermusik gefoltert werden, oder? Also ertrag die Fahrt mit Jen wie ein Mann!“ Ihr gezischtes Argument, während sie mich zum Auto schleifte, wirkte Wunder.

Eine Fahrt mit Jennis konnte ich, wenn ich Glück hatte unbeschadet überstehen. Eine fünfstündige Fahrt mit Kindermusik –immer die gleiche CD in Dauerschleife- gespickt konnte nur schlecht Enden. Wenn nicht gar tödlich für meine Ohren, meine Nerven und mein Hirn.

„Okay…“ Vollkommen überzeugt, schmiss ich meine Reisetasche in den Kofferraum, sprang auf den Rücksitz und machte mich dort so breit wie möglich, damit ja keines der Mädels –oder Adam- auf die Idee kommen konnte, ebenfalls mit in Jennis Auto fahren zu wollen.

 

„Uh… du hörst Placebo?“ Gelangweilt durch die Fahrt, immerhin dauerte diese schon fünf Minuten, wühlte meine Schwester sich durch das Handschuhfach.

„Ja. Brian Molko kann schon singen… Manchmal sieht er sogar ganz gut aus…“

Jaaa… klar. Wie ein Mädchen… Na gut. Manchmal war er schon ne geile Sau…

Innerlich seufzte ich auf. Warum waren solche nett aussehenden Kerle nur nichts für mich?

Ich sollte mir irgendeinen treuen, lieben, verständnisvollen Kerl anlachen, dann wäre das Leben einfacher. Aber nein. Ich gerate ja immer nur an Typen die bescheuert, dämlich und was nicht alles sind und Panik haben aus ihrem Schrank herauszukommen. Wenn sie schon drauf stehen Kerle zu ficken, dann sollen sie es auch zugeben. Punkt.

 

Effi hatte die zweite Placebo-CD durch, kramte nun nach einer dritten. Radio zu hören wäre ja langweilig. Sie moserte ja schon herum, wenn jede halbe Stunde der Verkehrsfunk die CD unterbrach.

So wie sich das ganze anhörte würden wir länger als fünf Stunden brauchen. Irgendwo auf unserer Strecke soll wohl Stau sein. Auf der Umleitungsstrecke auch. Konnten wir nur hoffen, dass es sich aufgelöst hat, wenn wir dort sind. Sonst würden wir heute nicht mehr ankommen. Auch wenn es erst um elf am Vormittag war.

Höchste Zeit für ein Nickerchen. Das Muttertier hatte uns ja schon um fünf Uhr am Morgen aus dem Bett scheuchen müssen.

 

*Jennis*

 

Langsam wurde es auf der Rückbank ruhig.

Manchmal kam ein gemurmelter Kommentar zum Lied, welches gerade lief. Manchmal nörgelte er rum, dass ich viel zu langsam war. Manchmal ging es ihm zu schnell, oder ihm tat etwas weh, oder er musste pinkeln…

Doch jetzt kam… nichts. Absolute Ruhe. Wenn man vom Beifahrersitz absah. Effi summte fröhlich „Song to say goodbye“ mit.

Neugierig geworden, was das blonde Wunder nun schon wieder ausheckte, riskierte ich einen Blick nach hinten und war erstaunt.

Der Kerl schlief doch tatsächlich.

Konnte seine Schwestern nicht vom selben Dornröschenschlaf übermannt werden? War ruhe beim Fahren so viel verlangt?

 

Entnervt seufzend griff Effi zum Radio, schaltete dieses aus und meckerte leise vor sich hin. Irgendwas von wegen ‚keine ordentlichen CDs mehr im Auto‘ und ‚scheiß Radiomusik‘ und so weiter.

„Dann musst du mich halt unterhalten“, beschloss sie dann kurzerhand, während sie mich eindringlich anstarrte.

Sah ich so aus, als hätte ich nichts anderes zu tun, als Alleinunterhalter zu spielen?

„Und wie stellst du dir das vor?“ Das wollte ich zumindest fragen, kam jedoch nicht ansatzweise so weit, da ein zartes Stimmchen, aus den hinteren Reihen, meine Aufmerksamkeit auf sich zog.

„Ach leck mir doch die Rosette du dämliche Fotze.“

Meinte der jetzt mich?

„Was?“

„Straße.“

„Hä?“ Irritiert blickte ich vom immer noch selig schlummernden Julian zu dessen Schwestern und schließlich zurück auf die Straße. Einen Unfall brauchte ich nicht.

Aber was zur Hölle war das gerade eben bitte?

Hatte ich mir das Ganze nur eingebildet?

War ich übermüdet?

High durch das neue Duftbäumchen?

Ein gemurmeltes Lutsch dir doch die … wund belehrte mich eines Besseren.

Ich fragte mich erneut: Was. Zu. Hölle?!

Und was bitte sollte ich mir wund lutschen? Gott. Ich wollte es lieber doch nicht wissen.

 

„Was macht er da?“

Gelangweilt zuckte Effi mit den Schultern. Störte sich gar nicht an dem, was Julian so von sich gab. „Noch nicht erlebt? Macht er öfter mal. Deshalb kriegt er meistens die Einzelzimmer wenn wir wegfahren.“

Ach stimmt. Da war ja was. Tine hatte so was doch mal erwähnt… Hatte es für Unsinn gehalten, bis jetzt war so was nicht vorgekommen. Zum Glück.

„Ich will aber beide in den Mund nehmen… quatsch… da passen auch größere Dinger rein…keine Sorge…na komm schon her… dann leck ich dir die Kugeln rund…“ 

Mit brennenden Wangen starrte ich aus dem Fenster.

Von was bitte träumte dieser Perverse bitte?

Warum musste er jetzt davon träumen?

Und warum zur Hölle war ich mindestens genauso pervers, dass ich zu wissen glaubte worum es ging?

Ein schnurrender Laut vom Rücksitz, lenkte erneut meine Aufmerksamkeit auf sich.

„Hmmm… du schmeckst nach Karamell wenn du k...argh!“

Im Rückspiegel beobachtete ich, wie eine meiner CD Hüllen von Jules abprallte und ihn aus dem Schlaf riss.

„AU! Warum bewirfst du Penner mich mit …“ kurz hielt er inne, fixierte das Wurfobjekt und meckerte weiter. „einer beschissenen CD?!“

Erstens: die CD war nicht beschissen.

Zweitens: WIE um alles in der Welt sollte ich werfen? Ich musste fahren! Dachten meine Mitfahrer vielleicht mal nach?

Das sagte ich ihm auch. Aber er hörte schon gar nicht mehr zu, sondern lag sich mit Effi in den Haaren.

 

Das Resultat?

Ein: dann behalt deinen perversen Scheiß für dich, von Effi und ein eindeutig gelogenes: Ich hab nur von Eis geträumt von Jules, welches wir alle mit einem skeptischen Blick quittierten, das Thema jedoch damit auf sich beruhen ließen.

 

*Julian*

 

Gegen eins waren wir endlich da. Doch von den Erzeugern keine Spur. Nach einem kurzen Telefonat mit Muttertier eins und zwei wussten wir auch warum. Die standen noch im Stau. Hatten sich anstellen müssen auf der Umleitungsstrecke. Hatte vor ihnen wohl gekracht. Sie bräuchten noch eine Stunde, oder so.

Klasse.

Und Effi, die Verräterin, hatte beschlossen sich umzusehen und mich mit dem Kerl alleine zu lassen.

Hätte ich mir mal die vorbestellten Eintrittskarten vor der Fahrt geben lassen, dann hätte ich wenigstens schon mal rein und in unser Hotel gekonnt. Ne Dusche wäre nett gewesen oder ein Fernseher, Hauptsache Ruhe.

Stattdessen stand ich an Jennis Auto gelehnt da und wirkte wie bestellt und nicht abgeholt. Der Herr hatte sich nämlich auch verkrümelt.

Arschloch!

„Du hast nicht wirklich von Eis geträumt, oder?“

Sichtlich erschrocken zuckte ich zusammen, als mir eines dieser bunten, widerlich süßen Eispops vor die Nase gehalten wurde.

Ich liebte diese Dinger.

Deshalb war mir auch egal, von wem ich es bekam. „Nicht wirklich…“

Den anderen so weit wie möglich ausblendend schleckte ich an dem Eis.

„Kannst eigentlich froh sein, dass ich nicht von Spitzenschlüpfern geredet hab…“

Das Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Seine Reaktion war mir schon klar gewesen, ehe ich den Gedanken laut ausgesprochen hatte.

Wie konnte man in seinem Alter nur so rot werden? War es ihm wirklich SO peinlich? Oder nur wenns um solche schwule Dinge ging?

„W-was?“

„Naja du hast Fabi doch kennengelernt, ne.“ Was hieß kennengelernt, zumindest wusste er, wen ich meinte. „Er stand drauf solche Dinger anzuhaben.“

Verstört schauten mich diese dunklen, blauen Augen an. Er war kaum mehr in der Lage sein Eis richtig fest zu halten. Wer kaufte im Herbst eigentlich Eis? Egal. Zurück zum lustigen Thema.

„Ernsthaft?“

Ich nickte.

„Immer?“

„Ach wo denkst du hin.“ Ich machte eine beschwichtigende Handbewegung. Erleichtert wollte weiter sein langsam schmelzendes Eis vernichten, als ich das Gesagte vervollständigte. „Nur beim Ficken…“

Klatsch.

…nein sein Eis ist nicht auf dem Asphalt gelandet. Sein Hirn hatte dieses Geräusch verursacht, als es explodiert und an die Hirnschale –oder wie auch immer das hieß- geklatscht ist.

Es dauerte etwas, ehe er wieder lebensfähig wirkte und sich endlich zusammen riss.

„Du….“

Unschuldig sah ich ihn an, keiner Schuld bewusst.

„Warum erzählst du mir so was? Was hab ich dir getan?!“

Hm, ja warum nur?

Um ihn zu ärgern…

Weil es Spaß macht…

„Vielleicht wird ich dich so eher los, als durch gemein sein?“

Skeptisch sah er mich an. „Glaubst du ernsthaft daran?“

… ähm… ja…

„Nicht wirklich. Macht trotzdem spaß.“

Mein Eis war schließlich alle. Als ich die Überreste in den Müll werfen wollte hielt er mich mit einer Frage zurück, die ich jedoch unbeantwortet ließ. „Hat er die Dinger getragen oder du?“

Hatte er ernsthaft geglaubt, er würde eine Antwort bekommen? Mal abgesehen von dem Grinsen, welches er deuten konnte, wie er wollte.

 

„Musstet ihr lange warten?“ Besorgt kam Muttertier zwei auf uns zu, drückte uns an sich, wie verloren geglaubte Kinder, ehe sie uns unsere Karten in die Hand drückte und wir geschlossen in Richtung Hotel liefen um unsere Sachen zu deponieren.

 

*Jennis*

 

„Ich möchte … dahin und dahin und dahin und dahin…. Und das da will ich machen und…“

„Ja Schatz, wir machen alles was du magst, aber nacheinander ja?“

Von der Kleinen von einer Attraktion zur anderen gehetzt verbrachten wir den Nachmittag, bis Ana schließlich auf Silkes Arm eingeschlafen war und wir in Ruhe die Dinge machen konnten, die uns interessierten.

 

Nach drei Mal Riesenrad stieg ich aus. Mein Mittagessen drohte erneut Hallo zu sagen. Nach sechs Mal stieg auch Mama aus. Eine Runde hielt Jule noch aus, dann war es ihm zu langweilig und wir konnten weiterziehen.

Gegen halb sechs hatten wir alles durch. Fast.

„Ich will aber noch Wildwasserbahn fahren!“, protestierte das blonde Wunder. Ließ sich auch von den Versuchen seiner Mutter, das Ganze auf Morgen zu verschieben nicht beirren.

Schließlich ließ Mama sich breit schlagen –mehr oder weniger, sie liebte Wildwasserbahn fahren- und sie reihten sich in die kurze Schlange ein.

 

„Die sitzen in der ersten Reihe…“ Silke beobachtete das ganze skeptisch, während sie mir Ana rüberreichte, da ihr die Arme einschliefen.

„Hm.“

„Die wissen schon, dass die da nass werden.“

„Ganz bestimmt.“

„Es ist Herbst…“

Das hatten sie vermutlich nicht kalkuliert.

Tropfnass kamen sie schließlich zu uns zurück. Breit grinsend, während Jule die Arme um meine Mutter geschlungen hatte.

 

„Wie süß.“ War klar das Silke das Bild süß fand. Wenigstens eine Person konnte Jule leiden. Gut, er mochte alle, außer mich. Egal.

Kurzerhand zückte sie ihre Kamera, verewigte das kuschelnde Gespann, wurde dann jedoch stutzig.

„Du kannst sie dann glaub ich loslassen. Sonst könnt ihr doch gar nicht laufen.“

Vielsagend blickten die Zwei sich an, schüttelten schließlich synchron den Kopf. „Besser nicht.“

„Manu will nicht das fremde Kerle ihre Nippelchen bewundern können“, ergänzte er, grinsend.

Mieser Arsch. Musste der so was über meine Mutter sagen? Gott. War fast schlimmer als die Sache mit den Spitzenschlüpfern. Aber nur fast.

„Bitte?“

„Sie ist nass geworden“, erklärte er. „Mit weißer Bluse und diesem ultradünnen Halfter kann man da wunderbar durchgucken.“ Sein Blick wanderte von seiner Mutter zu meiner während er anfügte: „Solche Teile zieht man im Übrigen auch nicht an. Die gepolsterten sind eindeutig besser. Bei den dünnen Teilen brauchst du auch gar nichts tragen.“

Eine rotblonde Augenbraue ging nach oben. „Als könnte ich es mir mit drei Kindern leisten ohne BH aus dem Haus zu gehen.“

„Sag das mal Mama, die hat vier und macht es…“

Ein pikiertes ‚HEY‘ ließ ihn verstummen.

Nach einigem hin und her, dass man ihr die vier Kinder doch gar nicht ansehen würde und sie es durchaus machen könnte –ich wollte es eigentlich gar nicht wissen- kümmerten sie sich schließlich um die wichtigen Dinge.

Trockene Sachen anziehen.

Jule machte es sich einfach.

Zog sich einfach mitten auf dem Weg das nasse Oberteil aus und schlüpfte in die flauschige Jacke, die er im Rucksack hatte. Ein Kerl –nein nicht ich- starrte ihn irritiert an. Hatte vermutlich mit Brüsten gerechnet…

Bei Mama war das ganze schwerer.

Umständlich begleitete Silke sie zur Damentoilette, wo sie sich in ihr dünnes Jäckchen und Bernds Karohemd –welches er nur abgetreten hatte, da er noch eine Jacke mit hatte- quetschte.

„Wir sollten lieber morgen noch mal herkommen…“

So nass wie beide dennoch waren, wollten nicht mal sie noch etwas anderes machen, als ins Hotel zu kommen und sich aufzuwärmen.

 

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Für alle die, die Jule im Schlaf reden hören wollten...

bitte.

Das Kapitel ist für euch...

Wenn auch entschärfter, als ich es geplant hatte...

So was konnte ich dann doch nicht aufschreiben.

Gründe schwul zu sein //EXTRA//

 

*Jennis*

Frisch geduscht und warm eingepackt machten wir uns auf den Weg zum Essen. Wir waren die Ersten, weshalb wir dafür zuständig waren einen Tisch zu suchen, der groß genug für uns alle war und diesen artig zu besetzen.

 

„Du Jules?“ Warum ich ihn so ansprach konnte ich nicht genau sagen, doch kaum einer nannte ihn Julian und er schien sich nicht dran zu stören, dass auch ich zu einer Kurzform griff.

„Hm?“ Er ließ den Blick weiter durch den Raum schweifen, sah mich nicht an.

„Warum… warum bist du eigentlich so?“

„Wie?“

„Naja… Schwul halt und… so offen damit?“

Warum ich die Frage gestellt hatte?

Weiß nicht, doch es interessierte mich. Ich würde damit nie so hausieren gehen. Ich würde zwar auch nicht abdrehen, wenn es jeder wüsste, es aber jedem auf die Nase binden… das war irgendwie zu viel des Guten.

„Willst du das echt wissen?“ Skeptisch zog er eine Augenbraue nach oben, fuhr sich durch die Haare, die meiner Meinung nach zu langgeworden sind und zu viel Ansatz zeigten.

Sacht nickte ich, fragte mich, ob ich die Antwort verkraften würde. Schließlich könnte die Antwort alles sein, oder auch gar nichts.

„Schwul bin ich, weil ich Muschis und Titten nicht so doll finde. Irgendwie sind die Dinger eklig.“ Er erklärte nicht genauer welche Dinger genau er eklig fand. „Und weil es einfach zu geil ist nen Schwanz im Arsch zu haben.“ Erneut grinste er wie zuvor schon, als er von Fabis Fetisch erzählt hatte. Mistkerl! „Na gut, nicht immer. Aber meistens ist es gut. Wenn der andere weiß was er zu tun hat. Männer wissen eh besser was du brauchst, was du willst. Und die kommen nicht an und wollen über ihre Gefühle sprechen, wenn man fertig ist. Mit Männern kann man durchaus mal ne schnelle Nummer einschieben, ohne das sie beleidigt sind, weil man keine Zeit fürs kuscheln hat… und das warum ich offen damit bin… hm… schwer…“

Kurz schwieg er, richtete den Blick gen Decke und schien zu überlegen.

„Vielleicht weil ich Leute nicht ausstehen kann, die nicht dazu stehen, die sich vor dem verstecken was sie sind. Vielleicht weil es für mich die ganze Sache einfacher macht. Ich kann mir sicher sein, dass meine Freunde zu mir stehen, da sie immer noch da sind, obwohl sie genau wissen was ich bin. Lieber ein frühes Outing, als eines, vor dem man Angst haben muss… außerdem…“

Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Kann man einige Leute so besser ärgern… wenn sie einem dumm kommen macht man sie ein bisschen an und schon ist man sie los, da sie schiss haben. Als würden mich solche Typen interessieren. Heten sind nicht mein Fall. Ich steh nicht auf die ganze umkrempel Sache, wie einige andere.“

Laute, jedoch unkenntliche Stimmen wehten zu uns herüber.

Da kamen wohl die anderen anmarschiert. Sehen konnte man sie noch nicht, aber hören. Jede Elefantenhorde war leiser.

„Und…“ Jule zog erneut meine Aufmerksamkeit auf sich. Dafür hatte er echt ein Talent. Genau wie in ‚verwirre-Jennis-bis-zum-geht-nicht-mehr‘. Woher hatte er das Getränk bitte? Er hatte doch gar nichts bestellt.

Fröhlich an diesem mysteriösen Getränk nippend deutete er quer durch den Raum. „…wenn man so offensichtlich am eigenen Ufer fischt, findet sich immer jemand, der Interesse zeigt. Und Drinks springen auch ganz gerne mal dabei raus.“

Als er den Kerl angrinste, der am anderen Ende des Speisesaals saß und eindeutiges Interesse an dem Blonden zeigte -von dem stammte wohl auch das mysteriöse Getränk- gab ich ein leisen knurren von mir, welches jedoch von den Mädels übertönt wurde, die endlich unseren Tisch erreicht hatten und sich lautstark breit machten. Die anderen Gäste würden uns hassen, doch das war mir vollkommen egal. So lange der Schnösel da, uns genauso schlimm fand und er Jule in Ruhe lassen würde, wäre mir alles recht.

 

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Und da die liebe Wonderland eine Woche nicht da ist, dachte ich mir: gibts extra für sie ein Extra-Kapitelchenchenchenchen.

Hiermit wünsch ich dir eine gute Fahrt, schönes Wetter, einen angenehmen Aufenthalt usw.

Und euch anderen wünsch ich natürlich auch schöne Tage. Mal schaun wie lange ich brauche das nächste Kapitel zu schreiben.
Nicht ganz so lieb wie all die anderen zuvor... aber Jules Leben ist nicht nur aus rosaroter Zuckerwatte...

es aknn auch Scheiße sein...

Also rüstet euch schon mal gegen Arschlöcher...

Bis zum nächsten kapi.

Von Einhörnern, Arschlöschern und rettenden Engeln

*Jennis*

 

Die Gunst der Stunde nutzend, erdreistete ich mich einfach Julians Bad zu benutzen. War wirklich nett, das Ding. Dusche, Wanne, alles da.

 

Frisch gemacht und nun langsam im Stress, immerhin wollte ich noch weg und Ulli, mein Freund und Helfer wenn mein Auto drohte abzunibbeln, drängelte schon, das wir langsam los wollten.

Nun muss er warten.

Ganz einfach.

 

Einen Moment überlegte ich, was ich anziehen sollte, verwarf den Gedanken jedoch bald wieder und griff mir irgendwas. War doch kein Mädchen… oder Jule… auch wenn ich ein bonbonrosa Einhorn auf dem Bett sitzen hatte.

Warum ich so ein hässliches Ding mit Regenbogenmähne besaß?

Ich sag nur Julian.

Der Kerl hatte doch tatsächlich, vor der Abreise aus dem Freizeitpark im letzten Monat, dieses Vieh an einer Schießbude gewonnen und mir mit einem ‚damit du nicht neidisch auf die Mädels sein musst Püppi‘ in die Hand gedrückt.

War ja auch irgendwo süß, weshalb ich das Ding vermutlich auch noch besaß… aber es war so hässlich. Ein unförmiges Bonbonding mit Horn irgendwo. Eigentlich erkannte man nur an der Mähne was es sein sollte, mehr oder weniger. Ich glaubte zumindest, dass das ein Einhorn sein sollte. Mit viel Fantasie könnte es natürlich auch… irgendwas anderes sein… Mit sehr viel Fantasie.

 

Evi und die beiden anderen waren neidisch. Die hatten von Jule auch überdimensionale Plüschtiere gekriegt –irgendwie hat der Kerl es hingekriegt die ganzen Dinger abzuräumen, während ich jedes Mal nur diese winzigen Fellbälle gewonnen hatte- aber nur so was Langweiliges wie einen blauen Löwen, einen pinken Delfin und eine grüne Maus, also nichts so exklusives wie mein… Ding…

Ich hasste das Vieh trotzdem. Es kränkte meine Männlichkeit.

Dennoch knuddelte ich es kurz, nachdem ich mich versichert hatte, dass niemand heimlich zusah, ehe ich mich auf den Weg zu meinem Auto machte. Wollte Ulli dann doch nicht zu lange warten lassen.

Nicht das ausversehen meine Bremsen mal versagen, nachdem ich das nächste Mal bei ihm war.

 

*Julian*

 

Langsam wurde es eng. Es war schon Ende November, Weihnachten drohte sich anzukündigen –der Weihnachtsmarkt stand ja schon- und ich hatte noch kein einziges Weihnachtsgeschenk. KEINES! Ich war so am Arsch. Wie sollte ich in einem Monat –nicht mal- für ALLE Geschenke zusammenkriegen? Waren ja einige Leute mehr zu beschenken als letztes Jahr noch.

Zum Glück hatten meine Mädels sich bereit erklärt, mich zu begleiten. Thungh natürlich nur, weil er ein neues Buch oder so brauchte. Der ging ja nicht shoppen. Wer es glaubte. Der liebte es doch von Tine erst in den einen, dann in die tausend anderen Geschäfte gezerrt zu werden. Manchmal dachte ich, die zwei würden ein süßes Gespann abgeben. Aber nur manchmal. Normalerweise hielt ich den Kerl immer noch für absolut asexuell. War doch nicht normal nur am Computer oder hinter Büchern zu hängen –ohne jeglichen Pornografischen Inhalt! Ich hab ewig gebraucht um das herauszufinden… wie ich seinen Computer hasse!

Mittlerweile hatten die Mädels und Thungh sich jedoch auch wieder vom Acker gemacht. Wollten bei dem Wetter –nasskalter Nieselregen bei fast null Grad- lieber nach Hause. Nur Pam und ich kuschelten uns unter ihrem Schirm zusammen und zogen weiter durch die große Stadt.

Mit ihr wollte ich wenigstens ein paar ordentliche Geschenke besorgen. Die anderen hatten ja nur miese Ideen. Manchmal brauchte man eben auch vernünftige Leute um sich. Ich konnte meiner Mutter doch keinen blinkenden, Weihnachtslieder singenden Plastikpenis schenken. Auch wenn es lustig anzusehen wäre.

 

„Wollen wir dann auch langsam zum Bahnhof gehen?“ Sichtlich durchgefroren schaute Pam mich an. Ein mitleiderregender Anblick. Rote Bäckchen, rote Nase, zitternd wie Espenlaub, da ihre dicke Daunenjacke bereits durchgeweicht war. Weshalb ich wohl auch nickte, obwohl mir noch einiges fehlte.

„Klar. Können wir tun.“ Mich orientierend ließ ich den Blick schweifen, zog sie schließlich durch die Menschenmassen, die trotz des Mistwetters unterwegs waren, in Richtung des Bahnhofs.

„Mir tun die Füße weh…“

„Mir auch Süße…“, seufzte ich, hakte mich bei ihr unter und versuchte sie aufmunternd anzulächeln. Weit hatten wir es nicht mehr. Durch eine Seitenstraße, über die Hauptstraße und an den Parkplätzen vorbei und wir wären am Bahnhof. Keine zehn Minuten mehr. Wenn die Leute, die es in Richtung der Passage drängte, in der wohl gerade ein neuer Film angelaufen war, uns durchlassen würden. Sonst würden wir länger festhängen. Nach drängeln und schubsen war uns beiden nicht mehr, denn ja, auch ich hatte meine ruhigen Phasen.

 

In der Seitenstraße angekommen lichtete sich die Menge, nur vereinzelte Personen hetzten an uns vorbei. Beachteten uns nicht weiter, bis wir schließlich alleine waren und die Ruhe genießen konnten.

Leipzig war keine schöne Stadt. Laut, voller Baustellen, überfüllt. Selbst die Grünflächen konnten dies kaum bessern. Doch ich liebte es. In solchen Momenten. In vollkommener Ruhe, nur weit weg hunderte blinkende Lichter, die Autos die auf der Hauptstraße entlangrasten. Nein. War schon ganz ok hier. Wenn erst der erste Schnee fallen und die Stadt weiß färben würde, wäre sie schöner als alle anderen.

Leise über dies und jenes redend näherten wir uns langsam aber sicher dem Ende der Straße, überhörten jedoch auch, was auf uns zukam.

 

Einen dumpfen Laut von sich gebend lief Pam, die als erstes um die Ecke biegen wollte, gegen etwas.Oder jemanden.

„Au… Entsch…“ Setzte sie an, sich zu entschuldigen. Auch wenn sie keine Schuld haben sollte, sie wurde so erzogen sich trotzdem zu entschuldigen, ohne sich darüber zu beschweren was für eine Blindschleiche der andere denn ist. Könnte ich leider nicht so ohne weiteres. Weshalb mich die aufgebrachte Antwort in Form von „Pass doch auf du Penner!“ ziemlich auf die Palme brachte.

Hatte der keine Augen im Kopf?Man ging eine Frau nicht in solch einem Ton an, oder mit solchen Begriffen!„Pass doch selber auf. Hast du keine Augen im Kopf!“ Schoss ich deshalb zurück und bereute es im nächsten Augenblick.Bei näherem Hinsehen erkannte man, was uns gegenüber stand.

Achim und seine Idioten.Andere Idioten als in der Schule. Vor denen hier ging mir schon irgendwie der Arsch auf Grundeis. Die wirkten nicht so blöd wie die in unserem Kaff. Naja, nicht nur. Die hier hatten etwas Seltsames an sich.

„Na wenn das nicht die Schwuchtel und die kleine Türkenschlampe sind“, meldete Achim sich zu Wort. Die anderen sahen nicht so aus, also würden sie viel reden. Oder denken. Oder andere… nette Sachen, wie einfach gehen und uns in Ruhe lassen.

„Inderin.“

„Was?“

„Sie ist keine Türkin, sie ist Inderin.“

Nein. Ich war nicht so bekloppt den Kerl vor diesen Schränken zu korrigieren. Das übernahm Thorben, den ich bis dahin noch nicht erkannt hatte, der die ganze Sache aber auch nicht besser machte.

„Scheiß egal. Elendes Ausländerpack ist und bleibt sie trotzdem!“ Geiferte Achim weiter seinen sogenannten besten Freund an, ehe er diesen schließlich ignorierte und sich in unsere Richtung wandte. Ebenso die Schränke.

Ich sagte ihm auch nicht, wie beschissen seine Grundeinstellung war, immerhin leisteten Pam und ihre Eltern mehr für die Gesellschaft als dieses asoziale Arschloch, denn oh ja, mir ging der Arsch definitiv auf Grundeis.Pam ging es nicht besser.Sie war ein zartes Seelchen. Man sah ihr an, dass ihr jetzt schon nach heulen war. Hatte zum Glück nicht oft mit so was zu kämpfen. In unserem Kaff tolerierten die meisten Leute sie und ihre Familie… aus ersichtlichen Gründen. Wer legte sich auch freiwillig mit einer Arztfamilie anlegen, wenn es im Umkreis keinen anderen guten Allgemeinmediziner gab.

 

„Lass…“

Die Kerle lachten auf, als wirklich die ersten Tränen kullerten. Pams Stimme war fast zu leise, um sie zu verstehen. „Lasst uns vorbei… bitte…“

Die Kerle lachten nur, traten dann jedoch grinsend ein Stück zur Seite.

 

Es war falsch zu glauben, sie würden uns gehen lassen. Ganz falsch. Dieses hirnverbrannte Arschloch würde sich eine Situation, in der er mich fertig machen konnte –anders als in der Schule- nie entgehen lassen.

Unsanft packte einer der Kerle Pam am Arm, schubste diese zu seinem Affen-Kumpel, welcher nur auflachte und sie zurück drängte, bis sie ins straucheln kam und vor ihm auf die nasse Straße fiel.

„Spinnt ihr!?“ Was fragte ich erst.

Natürlich spinnten diese Arschlöcher, sonst würden sie so was nicht tun, nur weil sie eine dunklere Hautfarbe hatte und einen nicht deutschen Namen.

„Keine Sorge… du kommst auch gleich dran“, zischend schwebte Achims Gesicht dich vor mir, ehe er auch mir versuchte einen Schubs zu verpassen. Klappte nur nicht, was ihn sauer werden ließ. So sauer, dass er schließlich nach meiner Freundin schlug, als diese sich aufgerichtet hatte und leise aufschluchzte.

Ein dumpfer Schlag hallte durch die Straße. Keiner schien ihn zu hören oder hören zu wollen. Jeder kümmerte sich hier um sich selbst. Als sie erneut auf dem Asphalt landete wurde ich sauer, versuchte auf dieses Riesenarschloch loszugehen, vergaß dabei jedoch, dass er nicht alleine war.

Achim alleine war kein Thema. Selbst Thorben nicht, der hielt sich dankend raus. Doch die Kerle waren zu viel.

 

Unsanft landete ich neben Pam, die noch immer leise schluchzte, sich sonst jedoch nicht regte. Zum Aufstehen kam ich nicht, irgendwer zerrte mich bereits am Kragen meiner Jacke nach oben, knurrte mir irgendwas entgegen.

Keine Ahnung was. Mein Hirn konzentrierte sich auf andere Sachen. Versuchte den stechenden Schmerz auszublenden, der sich über meinem Gesicht ausbreitete.Was hatte mein Gesicht ihm nur getan, dass er es immer darauf abgesehen hatte?

 

„Achim, lass den Scheiß. Weißt du was passiert wenn die plaudern?“

„Schnauze Thorben! Oder stehst du auf diese beschissene Schwuchtel?“ Grob drängte der Angesprochene seinen Freund von sich und ich wünschte, er hätte auf ihn gehört. Langsam fragte ich mich, ob ihm keine anderen Beleidigungen einfallen wollten. Es gab so viele andere schöne, neben diesem tollen ‚Schwuchtel‘…

„Achim ich mein es ernst… wenn…“

„Halts Maul!“

 

Erneut durchzuckte mich Schmerz.

Was genau den Schmerz verursacht hatte oder weh tat, konnte ich nicht sagen, es war zu viel auf einmal… und doch alles ohne Belang.

Ich sah, wie sich die Lippen des Typen bewegten, auf und zu und zu und auf… ich hörte nichts, nur das Blut in meinen Ohren rauschen. Fast war mir jedoch so, als könnte ich die gehässige Stimme meines Vaters hören. ‚So was passiert nun mal, wenn man sich wie eine dämliche Schwuchtel aufführt. Alles deine Schuld.‘ Solche Dinge hörte man gerne von seinem Vater.

 

Das nächste was ich danach relativ klar mitbekam, war ein grelles Licht- stirbt es sich so leicht?-, welches in meinen Augen stach und die Kerle ein Stück auseinander trieb. Selbst Achim ließ von mir ab. Ließ mich ungeachtet auf dem Boden aufschlagen.

Alles um mich herum dröhnte, wirkte surreal. Unecht. Wie eine Halluzination. Dachte ich zumindest…

 

Warum sonst sollte ich eine bekannte Stimme hören? Eine laut werdende Stimme.

Da schrie doch wirklich wer diese Kerle an… oder?

 

Blinzelnd versuchte ich den Blick zu heben, gab jedoch auf, da ich nur Schemen erkennen konnte.

„…wie kannst du es wagen, dich an meinen Freunden zu vergreifen? Oder an meiner Familie? Was funktioniert in deinem Spatzenhirn nicht?“ Ein ungehaltenes Knurren ließ mich erschauern, während ein leises Winseln erklang. Achim nahm ich an. Nur er konnte solch einen unmännlichen Ton von sich geben. Irgendwo klackerten, zwei oder drei Autotüren… dann konnte mein Hirn sich nicht mehr konzentrieren und ich war weg.

 

*Jennis*

 

„Kommt er langsam wieder zu sich?“ Ullis Freundin schaute fragend zwischen mir und Jule hin und her, während sie die Arme um Paminda gelegt hatte und versuchte sie zu beruhigen.

„Glaub schon…“ Langsam begann er sich zu regen. Endlich.

„Jules…“

„Hmmm…“

„Komm schon, wach auf.“

„Wasn?“

„Steh auf, sonst holst du dir den Tod auf der kalten Straße.“

Vorsichtig blinzelte er mich an, rappelte sich mit Mühe sogar auf, brauchte jedoch noch einen Moment, um richtig zu sich zu kommen.

„Geht’s?“ Sein Gesicht sah mitgenommen aus. Alles andere schien noch heil zu sein, auf den ersten Blick.

Ein knappes Nicken war die Antwort, ehe er sich panisch umsah. „Pam!“ Als er sie entdeckte drängte er Ullis Freundin –ich hatte ihren Namen vergessen. Lisa, Maria oder so wird es gewesen sein- beiseite, um sie an sich zu ziehen und auf sie einzureden. Mehr als ein Schluchzen bekam auch er nicht zur Antwort.

„Leute… habt ihr was gegen, wenn ihr ohne mich ins Kino geht? Ich sollte die zwei nach Hause fahren.“

Verstehend nickten sie, ließen mich mit den beiden alleine, nachdem sie mir geholfen hatten die beiden ins Auto zu verfrachten. Lisa-oder-so war kräftiger als sie aussah, auch wenn sie Haarspray brauchte um einen dieser Fleischberge von gerade zu vertreiben. Dürfte ganz schön brennen, wenn man keine Haare zum raufsprühen hatte… außer die in Augenhöhe. Dem Weib wollte ich nicht im Dunkeln begegnen.

 

„Ich bring euch nach Hause…“, versuchte ich den beiden zu erklären. Jule nickte nur, während die dunkelhaarige nur etwas lauter schluchzte und heftig den Kopf hin und her warf. „Nicht nach Hause…“

„Sie kommt mit zu uns…“

Ich fragte nicht weiter nach. Das blonde Wunder hatte schon seine Gründe, sie mit zu uns zu nehmen, wo sie zuhause besser versorgt werden würde. Apropos… sollte ich sie nicht doch besser in ein Krankenhaus oder zu einem Arzt fahren?

Als hätte Julian meine Gedanken gelesen schaute er mich im Spiegel verbissen an und murrte etwas von wegen, ich solle endlich fahren und mir keine unnötigen Gedanken machen.

 

*Julian*

 

Pam war schwerer als sie aussah, wenn sie sich an einen dran hängte und man sie vom Auto ins Haus, bis in mein Zimmer schleifen musste. Doch was tat man nicht alles.

Umständlich schaffte ich es schließlich, mit Jennis Hilfe, meine Freundin in mein Bett zu buxieren, ohne ihre feuchte Jacke und den klammen Jeans. Doch nun standen wir vor einer weiteren Hürde. Wie konnten wir sie beruhigen?Ich hatte absolut keinen Plan.Jennis auch nicht, so wie er mich ansah.

Ohne groß über andere Möglichkeiten nachzudenken, meine Mutter wollte ich damit nicht belasten, die würde es schon früh genug mitbekommen, zückte ich mein Telefon und rief die einzige Person an, die mir einfiel, die uns helfen könnte.

 

Keine fünfzehn Minuten später stand mein Engel –ja ich gebs zu… Engel Nummer zwei an diesem Tag- vor der Haustür, bewaffnet mit dem Notfallkoffer ihrer Mutter.Mitleidig musterte Tine erst mein Gesicht, beeilte sich danach jedoch an mein Bett zu kommen. Ich kam alleine klar… die süße Pam wohl nicht.

Da ich eh nicht weiterhelfen konnte – ich würde ja am liebsten mitheulen – verkrümelte ich mich ins Bad. Versuchte die schlimmsten Überbleibsel aus meinem Gesicht zu entfernen.

„Geht’s?“

Ich hatte die Frage heute schon einmal gehört, antwortete sogar wie zuvor darauf.

„Sieht es so aus?“

„Nicht wirklich…“ Leicht lächelnd wurde mir etwas Kaltes erst auf die Wange, dann auf die Nase gedrückt. Wäre es nicht so peinlich würde ich verzückt aufseufzen. So gut hatten sich Mamas Tiefkühlerbsen noch nie angefühlt.

 

„Danke…“ Wir standen uns eine Weile lang stumm gegenüber. Man konnte die Fragen, die in Jennis‘ Kopf herumspukten fast greifen. Da er keine davon stellte, sah ich mich nicht gezwungen zu antworten.

„Wofür?“

Ich stockte bei seiner Antwort. Ich musste mich dazu durchringen mich bei dem Kerl zu bedanken… und der fragte wofür ich mich bedankte?War das nicht klar?Musste ich es wirklich aussprechen?

„…naja… dafür…“ Vielsagend deutete ich nach Nebenan, wo Tine noch immer neben Pam auf dem Bett lag und es langsam schaffte sie zu beruhigen.

„Kein Ding.“

Schlicht wuschelte er mir durch die Haare –er konnte froh sein, dass ich ihm wirklich dankbar war, sonst würde ich ihn spätestens jetzt, niemand durfte an meine Haare, hochkant aus meinem Bad werfen- und ließ mich dann allein.

 

„…und weil du so … beschissen nett bist…“ Missmutig wandte ich den Blick von der leeren Tür ab. Betrachtete mein Gesicht erneut im Spiegel. Wie sollte ich das nur Mama erklären, ohne dass sie einen Koller bekam? Und wo sollte ich heute Nacht schlafen? Die Dämlichkeiten hatten sich ja in meinem Bett breiter gemacht als nötig.

 

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Nicht ganz so heftig wie es geplant war.... wie vieles andere hier auch *hust*

Na gut... ich denke... ich kanns sagen... ungefähr die Hälfte (oder etwas mehr) haben wir geschafft, was bedeutet... langsam muss sich was tun...

Ihr dürft gerne spekulieren was ich fürs nächste Kapitel geplant habe.

Glühweinzauber

*Jennis*

 

Kaum zu glauben wie die Zeit verging. Es kam mir vor, als wären wir erst hier eingezogen und jetzt war fast schon Weihnachten. Noch knapp eine Woche bis zum 24. Und doch herrschte bereits jetzt ein reges Treiben. Meine Mutter überflutete die Küche mit Weihnachtsplätzchen und Lebkuchen, die Mädels stritten sich um die Deko, Bernd grummelte auf der Couch vor sich hin –also wie immer, auch wenn er einen hässlichen Weihnachtspulli trug- und Silke rührte schon seit Stunden in irgendwas rum, das Julian fast schon gierig anstarrte.

Ich war gar nicht neugierig… nein… gar nicht.

Warum machte Silke nur so ein verfluchtes Geheimnis aus dem Zeug? Und warum giggelte Julian so vor sich hin? Es war unfair! Ich war der einzige der nichts tun konnte.

 

„Was machst du hier draußen?“

„Siehst du doch…“

„Erfrieren? Keine schöne Art draufzugehen…“

Als könnte ich Erfrieren wenn du blöder Kerl so nett klingst und…verwundert hob ich meinen Blick. Rote Wangen, Dauergrinsen, Gekicher vom feinsten… entweder war er frisch verliebt oder … dicht.Ich hoffte auf ersteres. Wusste es aber besser, als mir eine Glühweinwolke entgegen wehte. „Woher hast du Glühwein?“ Misstrauisch musterte ich ihn. So was konnte er unmöglich an Silke vorbei schmuggeln, also wie…

„Von Mama“, kam die überdrehte Antwort, während er mich am Arm packte, sich umständlich bei mir unterhakte und mich nach drinnen zog.

„Warum gibt sie dir so was? Und warum so viel?“ Ich konnte das Gesagte nicht wirklich glauben, auch wenn er gerade so nett zu mir war.Er durfte ruhig öfter was trinken… wenn er dann so klammert ist das… schon in Ordnung. Für mich… Hoffentlich kotzt er mich nicht gleich voll.

 

Zu schnell ließ er von mir ab, als wir gemeinsam die Küche erreichten. Grinsend entwendete er Silke die Tasse, die sie gerade gefüllt hatte und trank schon wieder von dem Zeug. Anders als erwartet, lächelte seine Mutter nur kurz und ließ ihn gewähren. Fragte sogar, ob er so in Ordnung war. Heftig nickend –das war bestimmt nicht gut für sein Köpfchen- verschwand er aus der Küche.

„Glaubst du es ist gut, ihn damit abzufüllen? Der hat doch schon mindestens 1.80 auf dem Kessel…“ gab ich meine Bedenken zum Besten, als auch ich eine Tasse von dem Zeug in die Hand gedrückt bekam.

„Ach was… er ist nur angeheitert… er macht nun mal jedes Jahr den Vorkoster, außerdem…“ Vielsagend grinste sie mich an, während sie den Glühwein –der im Übrigen alles wegätzte was ging. Ich fragte mich lieber nicht was da drin war. Schmecken tat er dennoch… irgendwie- abfüllte und in einer Tasche verstaute. „…ist er so verträglicher… Genieß es lieber, ehe er ausgenüchtert ist.“

„Geeeeenau… genieß mich lieber.“ Zwei Arme schlangen sich von hinten um meinen Bauch. Ein Kopf quetschte sich unter meinem Arm hindurch nach vorn und grinste mich an. Erinnerte mich an eine Katze… und erschreckte mich total. Wie konnte der Kerl sich nur anschleichen und so was tun? WIE? Sonst mied er mich, als hätte ich die Pest und heute tatschte er mich ständig an…Silke hatte Recht. Genießen solange er so drauf ist. Wer wusste schon, wann ich wieder in das Vergnügen kam, so von ihm umklammert zu werden.

 

„Kommst du eigentlich mit Julchen?“

„Würdest du mich ernsthaft SO mitnehmen?“

„Viel Spaß bei was auch immer du alleine zuhause machst. Mal wieder.“

Es klang, als hätten die beiden diesen Wortwechsel schon mehr als einmal gehabt. War das zu viel Glühwein trinken Berechnung gewesen? Von beiden?

„Aber du kommst doch mit, oder?“ Ihr fragender Blick richtete sich auf mich. Leider wusste ich nicht, wohin ich denn mitkommen sollte. „Eine Art Weihnachtsfeier, bei einer Bekannten“ klärte sie mich schließlich auf.

„Ich glaub nicht…“ Bernd würde definitiv mitgehen, der konnte einem den Spaß ganz gut verderben. Dann blieb ich doch lieber hier. Hier konnte ich wenigstens ein Auge auf Jule haben. Ganz allein war der wirklich nicht mehr, so wie der durchs Wohnzimmer turnte und seinen Vater auf die Palme brachte.

„Na gut… Benehmt euch, okay? Ich will das Haus in einem Stück vorfinden.“ Lächelnd wurde mir durch die Haare gestrichen, wie bei einem kleinen Kind, ehe ein schrilles ‚Bernd‘ den Raum erfüllte und Silke den Familienvater hinter sich ehr beorderte.

 

Die Kleinen waren begeistert, von der Aussicht auf eine Weihnachtsfeier, Effi nicht. Die hatte verlauten lassen, dass sie sich eh absetzen würde, um eine Freundin zu treffen. Wer’s glaubte…

„Bis später. Viel Spaß“, rief ich der Truppe hinterher, als sie mit dem Auto die Auffahrt zum Haus verließen.

Ruhe… Ich hatte das Haus fast für mich allein. Ein echtes Highlight in dieser Familie. Sollte vielleicht auch genutzt werden.Leises gegiggel vernichtete meine schöne Eingebung.„Was ist so lustig?“ Er war zwar süß wenn er, wie Silke es ausgedrückt hatte, angeheitert war, aber das alberne Kichern war mit der Zeit doch nervig.

„Du…“

„Ich?“

„Du stehst unter einem Mistelzweig.“

„Was?“ Genervt blickte ich nach Oben und entdeckte eines dieser grässlichen Drecksdinger. Evi war daran schuld, jede Wette. Die fand diese Dinger ja soooooo toll. Ich hasste sie. Nachbar Omis die einen deswegen ab schlabberten waren… unschön, das Trauma meiner Kindheit. „Und?“

„Naja…“ Unschuldig dreinblickend kam er auf mich zu. Was sollte das? Und wollte ich das allen Ernstes wissen? „…das heißt, dass du mich jetzt küssen musst.“ Hier ein erneutes ‚Was?!‘ meinerseits. „Ist so Tradition weißt du…“

Gott, bitte lass mich jetzt nicht wach werden. Bitte.

Ohne zu zögern legten sich zwei Hände auf meine Schultern, doch nur eine verweilte dort, während die andere in meinen Nacken wanderte und begann mit meinen Haaren zu spielen.

Er schmeckte zu stark nach Glühwein, als sich seine Lippen auf meine legten, doch das war mir egal. Innerlich jubelte ich los. Bedankte mich zutiefst bei meiner kleinen Schwester dafür, dass sie diese Drecksteile aufgehängt hatte.

Als seine Zunge frecher Weise über meine Lippen leckte, dann sogar in meinem Mund verschwand, vergewisserte ich mich –nur zur Vorsicht- ob das alles hier ein Traum war. Mal wieder. Hatte ich in letzter Zeit oft. Doch nein. Ein Katzenschwanz war ihm nicht gewachsen. Dann war das hier wohl kein Traum… dann lachte er wirklich in unseren Kuss hinein –ist das zu glauben? Julian. Ich. Kuss. In einem Satz- während ich auf primitivste Art und Weise seinen Hintern betatschte. Nicht, dass ich was dagegen hätte, er passt ganz gut in meine Finger, aber war schon ein seltsames Gefühl.

„Der scheint dir zu gefallen…“

„Was?“ Wollte er jetzt irgendwas? Mein Hirn musste abgeschalten haben. Was war grade noch? Ach ja, Kuss, Po… alles gut, ich riskierte lieber keinen Blick nach unten.

„Nicht was. Wer.“„Wie wer?“„Mein Popo.“„Was ist mit dem?“„Gefällt er dir?“„…wieso fragst du?“„Du krallst dich immer noch dran fest, als würdest du ohne ihn absaufen.“ Oh das würde ich. Und wie ich das würde. Ich mag ihn gar nicht mehr loslassen deswegen. Trotzdem tat ich es. Er musste ja nicht unbedingt wissen, was in mir vorging. „Tschuldige…“„Passt schon.“

 

Stumm seufzend ließ ich mich auf die Couch fallen. Ich musste das ganze erst mal verdauen. Ruhig schlafen war für die nächsten Tage wohl nicht zu erwarten. Verdammter Mist aber auch. Wieso könnte er nicht einfach sagen, dass er das jetzt immer macht, er mich … mag und … ach egal. Es bestand zwar die Chance, dass er es tat, doch die war so gering, dass ich mich gar nicht traute daran zu denken. „Warum hast du mich geküsst?“ Mein dummes Herz wollte nicht auf meinen Kopf hören. Stufte die Chance höher ein, als sie eigentlich war. Machte sich vermutlich sinnlose Hoffnungen.

„Tradition?“ Schulterzuckend setzte er sich ein Stück von mir weg auf die Couch, ließ sich, als er es bequem hatte, zur Seite kippen und platzierte seinen Kopf auf meinen Oberschenkeln.

„Tradition? Glaub ich nicht…“ Wäre DAS Tradition, dann gute Nacht. Die Nachbarsomi sollte mir definitiv nicht die Zunge in den Hals schieben!„Ja… gut… wollte wissen ob nette Kerle küssen können.“ Das leise gemurmelte: muss ja wissen ob solche Kerle sich überhaupt lohnen, konnte man nur erahnen, was mir jedoch nicht gelang.„Und da musst du mich küssen?“„Aha…“ leicht nickte er, schaute mich unbeirrt weiter mit diesen Rehaugen an.„Und warum?“„Kenn sonst keine netten Kerle… außer Thungh und dem Brummbär… aber… die fallen weg für solche Tests…“ Aus gutem Grund nahm ich an. Debbi würde ihn ungespitzt in den Boden rammen, wenn er so was mit ihrem Freund versuchen sollte, auch wenn sie noch so friedliebend war. Es gab schließlich für alles Grenzen.„Oh bitte. Ich kauf dir nicht ab, dass du noch nie einen netten Kerl hattest.“ So ein großer Arschlochmagnet konnte er gar nicht sein. Dass ich mich damit gewaltig irrte, durfte ich kurz darauf erfahren.

„Glaub es mir ruhig. Es hat ja schon bescheiden angefangen. Mein erstes Mal hatte ich allen Ernstes mit Thorben.“

Oha, das war ein guter Witz. Ehrlich der war gut. Mir war schon fast nach lachen. Aber warum guckte Blondi auf einmal so ernst? War der Glühwein verflogen? Oder meinte der das etwa ernst?Ach du heilige… Sch… eiße…

„Thorben? DER Thorben.  Thorben wie: Achims bester Freund?“„Genau der.“„Bist du irgendwie masochistisch veranlagt?“ So gern ich ihn auch hatte, das ging beim besten Willen nicht. Bin eben zu weich, hardcore-dominant geht gar nicht bei mir. „Nee… Habs nicht so mit Popo versohlen und so“, winkte er ab, was mich erleichtert ausatmen ließ. War doch noch nicht alles verloren. „Und zu der Zeit war er auch gar nicht so drauf wie heute. Eigentlich…“ Leise seufzte er, schloss kurzzeitig die Augen, ehe er die Decke begutachtete.„War kurz nach meinem offiziellen Outing… Weiß gar nicht wie ich rausgekriegt hab, dass seine damalige Freundin nur Tarnung war. Jedenfalls… Im Gegenzug, dass ich keinen Stress hatte hier jemanden zu finden –ein unmögliches Unterfangen zu der Zeit, sag ich dir-  mit dem ich rausfinden kann was mir so liegt, hab ich über seine Neigungen Stillschweigen bewahrt. Bis heute. Halt ja die Klappe deswegen okay? „ Bei dieser indirekten Bitte fixierten mich seine Augen für einen Moment, ehe sie wieder gen Decke wanderten. „Ging sogar eine ganze Weile gut. Dann hat Achim sich verändert. Ist in die falschen Kreise geraten. Und Thorben mit ihm. Er mag innerlich ein netter Kerl sein, aber das Schäfchen ist nun mal ein Herdentier. Er war… ist abhängig von Achim. Nicht bewusst, aber er kann nicht ohne jemanden sein, der ihm die Richtung vorgibt. Es liegt nicht mal dran, dass er dumm ist, eigentlich hat er sogar einiges auf dem Kasten, wenn er es zulässt… er ist nun mal so…“

„Stehst du immer noch auf ihn?“ Es erschien mir fast so. Seine entschuldigenden Worte ihm gegenüber…„Quatsch. Vermutlich sehe ich nur immer noch das kleine, blonde Schäfchen vor mir, dass er früher war.“ Sein leises Lachen irritierte mich.„Vielleicht hattest du doch Recht. Ich hatte schon mal einen netten Kerl, auch wenn der mittlerweile …scheiße ist.“

„…und du hättest damals nicht das Leitschaf sein können?“

Erneut lachte er leise. „Ich bin kein Leittier. Ich kann es nicht ausstehen, wenn Leute mir willen- und gedankenlos am Arsch hängen. Auch wenn aus ihm vielleicht was Ordentliches geworden wäre…“ Vielleicht. „Vielleicht kriegt er es irgendwann alleine auf die Reihe. Nach der Schule, oder so, wenn er keinen Achim mehr hat.“ Es war nur eine Vermutung, vielleicht eine Hoffnung. Aber vielleicht…

Wir kümmerten uns nicht weiter um Thorben und was aus ihm hätte werden können. Ich fing auch nicht an ihn irgendwie sympathisch zu finden. Langsam verstand ich aber, warum er sich, wenn es um Julian ging heraus hielt. Er hatte Angst. Angst davor, dass der doch noch plaudern könnte.

 

Seufzend kuschelte Jule sich an meinen Bauch. Das Fernsehprogramm schien ihn mindestens genauso sehr anzukotzen wie mich. Es schien jedoch auch nicht in seinem Interesse zu liegen von mir runter zu gehen oder, was mir besser gefallen würde, an unsere vorherige Aktivität anzuknüpfen.

Mich von dem öden, alljährlich gleichen Weihnachtsmist berieseln lassend, fuhr ich durch die blonden Haare auf meinem Schoß, genoss seine ruhigen Atemzüge und drohte selbst in einen leichten Schlummer abzudriften.

 

Bis Jule es sich anders überlegte und ruckartig aufsprang, um im Bad zu verschwinden. Ein gedämpftes Brüllen verriet mir, dass vermutlich zwei Liter Glühwein zu viel in seinem Magen waren und dieser das nicht sehr lustig fand auf die Dauer.

 

*Julian*

 

„Geht’s?“

Nein du Arsch! Anstatt ihn anzubrüllen, kotzte ich weiter die Schüssel voll. Da konnte eigentlich nichts mehr raus kommen. So viel hatte ich schließlich auch nicht getrunken. Nur zwei oder drei oder… ein paar mehr Tassen.

Anscheinend war es aber doch mehr, als gedacht. Die letzten Stunden wabberten vor meinem inneren Auge auf und ab, zeigten mir jedoch kein klares Bild. Was hatte ich nur gemacht? Bis auf das Gefühl gekrault worden zu sein, war alles… nebulös, verschwommen, unreal. Ob Mutti irgendwelche illegalen Substanzen in den Glühwein gemischt hatte? Wundern würde es mich nicht.

„Hier…“

„Was ist das?“ Misstrauisch schielte ich zur Seite, traute mich nicht, den Kopf zu drehen, aus Angst, dass mein Magen dies nicht gutheißen würde.

„Trink einfach. Macht das Kotzen entweder leichter oder vertreibt es. Eins von beidem. Ist allemal besser als das was du gerade veranstaltest.“

Missmutig knurrte ich auf. Der Kerl hatte gut reden. Hätte der nicht mitgehen können? Hätte ich jetzt wenigstens meine Ruhe. Kluge Ratschläge brauchte ich bestimmt nicht. Das Glas nahm ich dennoch an, kippte das Zeug in mich rein und wartete. Recht hatte er. Alles war besser als das was ich hier machte. Doch nun hieß es abwarten, ob eine Grundreinigung einsetzte oder ob mein Innenleben sich beruhigte.

 

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Was sag ich hierzu?
Nix denk ich.

Außer das ich das Schäfchen irgendwie mag. Zu ihm gibts vllt auch mal was zu lesen... irgendwann. erstmal gehts mit den Jungs hier weiter.

‚schon immer‘ – oder: besinnlich sieht anders aus

 

*Julian*

 

Unten herrschte Hektik vom feinsten. Alle hatten Angst, dass der Braten nicht wurde, dass der Baum nicht hübsch genug war, dass der Weihnachtsmann nicht kommen würde, da wir ja keinen Kamin hatten und so weiter. Nur ich hielt mich raus.Weihnachten war nicht meins. Diese ganze besinnliche Scheiße kotze mich an. Dieses scheinheilige Gehabe war das Letzte. Warum sollte man zu einer bestimmten Zeit im Jahr nett zu anderen sein? Entweder man war es immer oder zog es konsequent durch ein Arschloch zu sein.

Aber was tat man nicht alles, um dem lieben Frieden willen?Alle wollten heile Familie spielen? Dann musste ich das wohl oder übel auch.

Wenigstens konnte ich es in Anas Weihnachtsgeschenk tun. Die Süße hatte mir heute Morgen das Päckchen ans Bett gebracht. Sie wolle eine Weihnachtselfe beim Essen haben. War klar, dass sie damit mich meinte. Spätestens nachdem ich das Geschenk inspiziert hatte. Leggins die an Zuckerstangen erinnerten, einen langen, grünen Pulli, der durchaus als kurzes Kleidchen durchgehen könnte und eine riesige Haarspange, die unserem Weihnachtsbaum Konkurrenz machte. War schon niedlich. Konnte die Kleine ja schlecht enttäuschen und es nicht anziehen. Außerdem war das Outfit ja ganz süß. Die Farbkombi war zu Weihnachten sogar okay. Aber nur zu Weihnachten.

 

 „Du sollst…“ Die Tür schwang auf. Ein völlig irritierter Jennis trat ein und brach seinen Satz ohne Grund ab. Entsetzt starrte er mich an. Ich starrte mit. An mir hinunter. Passten die flauschigen Weihnachtsstiefel nicht zum Rest? Dabei fand ich die Idee doch so toll und ich bekam keine kalten Füße, ich alte Frostbeule. „Ich soll was?“, fragte ich, da mir die Kombi immer noch richtig erschien und sein Ausdruck wohl an etwas anderem liegen musste. „Du sollst… ähm… ja… äh… ach ja, zum Essen kommen. Wir wollen anfangen. Die Zwerge drängeln schon, weil der Weihnachtsmann doch erst nach dem Essen kommt und so…“ Für einen Moment schien er zu überlegen, ob er dies wirklich wollte. Ein anderer Grund schien ihm nicht einzufallen, weshalb ich annahm, dass es wohl stimmte. Wurde auch Zeit. Mein Magen meldete Hunger. So ganz plötzlich. Tat er sonst nie…

Nachdem er mir erneut einen irritierten Blick zugeworfen hatte ging er voran, achtete jedoch darauf, dass ich ihm brav folgte. Wie süß. Er hatte anscheinend vergessen wie verfressen ich war. Herzallerliebst das Kerlchen, ein Traum jeder Schwiegermutter. Blöd nur wenn die Schwiegermutter so was wie die eigene Mutter ist, auf seltsame Art und Weise.

Ich sollte aufhören über so etwas nachzudenken. Mit leerem Magen ging das beim besten Willen nicht.

 

„Schön, dass du auch endlich kommst“, maulte mein Erzeuger mir entgegen, der sich den Hintern bereits auf seinem Stuhl breit saß, mich schließlich mit einem pikierten Blick musterte. Einzig Anas verzücktes Quietschen, als sie mich sah, ließ ihn alle Abfälligkeiten meinem Outfit gegenüber herunterschlucken.

„Jule meine Weihnachtselfe“, einen fröhlichen Singsang anstimmend hüpfte sie um mich herum. Effis Grinsen verriet, dass sie nicht unschuldig an dem Geschenk der Kleinen war. Ich sollte sie zur Rede stellen. Aber ich tat es nicht. Es gefiel mir. Gönnte ich ihr diesen… ‚Sieg‘ doch.

 

Schön drapiert, wie auf einer Weihnachtskarte, tümmelten wir uns um den Esstisch, frönten Manus Essen und spielten heile Familie. Wenn man davon absah, dass heile Familien normalerweise aus Vater, Mutter und Kindern bestand nicht aus Vater und zwei Müttern samt Anhang. Mein Vater passte nun wirklich nicht ins Bild. Tse.

 

Das Essen war himmlisch, um das Fressgelage kurz zu beschreiben, detailliert würde den Rahmen sprengen. Und das Obwohl wir noch nicht mal den Nachtisch hatten. Auf den freute ich mich am meisten. Merkte man mir bestimmt auch an. Hibbelig war gar kein Ausdruck.„Julian! Reiß dich ENDLICH zusammen!“Synchron zuckten alle am Tisch zusammen, auch wenn mein Vater nur mir entgegen gebrüllt hatte. „Was hab ich bitte gemacht?!“, fauchte ich zurück, da ich keine Ahnung hatte, womit ich eine solche Tonlage verdient hatte. „Hör auf dich so abartig zu benehmen!“Bitte? Wie benahm ich mich denn? Ich saß brav am Tisch, hielt meine Klappe, schmiss mit nichts um mich, machte keine perversen Witze. WAS war sein Problem?!„Was meinst du bitte ich…“ „Du benimmst dich wie ein Mädchen! Dieses schreckliche Outfit, dieses tuntige Gehabe, lass diese ganzen Abartigkeiten bleiben und verhalte dich endlich normal. Damit würdest du uns allen einen Gefallen tun! Diese abnorme Phase dauert schon viel zu lange!“

Stille breitete sich am Tisch aus. Selbst Ana blickte entsetzt von mir zu meinem Erzeuger und zurück.Eins, tief durchatmen. Zwei, ignorier das ganze einfach. Drei… „SPINNST DU JETZT TOTAL?!“So viel zum Beruhigen, doch ich konnte einfach nicht anders. Warum akzeptierte er es nicht endlich? Musste er selbst heute, jetzt, darauf herumreiten? „Warum machst du einen solchen Terror? Nur weil ich nicht in dein Weltbild passe? Meine Güte, schwul sein ist nichts Abartiges. So was ist normal, angeboren, absolut kein Thema in heutigen Zeiten. Warum ve…“„Red nicht in diesem Ton mit mir! Und ich sagte du sollst es endlich sein lassen, denn es IST widernatürlich!“Jetzt reichte es.„Ach ja? Weißt du WAS widernatürlich ist? DU. Ein solch großes Arschloch ist mir noch NIE untergekommen und ich kenne mehr als genug. Schon immer war es so, dass alles was nicht deinem Bild entsprach nichts wert ist, es zu Recht gebogen werden musste. Alles muss nach deinem Willen gehen oder?! Alles. Selbst diese Scheiße hier. Weißt du wie abartig DU bist. Predigst mir hier ich solle meine perversen Neigungen ablegen und selbst hältst du dir zwei verkappte Lesben die sich nicht aus ihrem Schrank trauen. Siehst du nicht, dass du nur Mittel zum Zweck bist? Und MICH nennst du abartig? Mich?!“ Ich wurde hysterisch, das war mir klar. Doch ich konnte nicht anders. Dieser Kerl, der sich mein Vater schimpfte, brachte mich auf Hundertachtzig, auch wenn ich so nicht vor den Mädchen reden sollte. Irgendwann reichte es.

„Wie kannst du es wagen, SO mit mir zu reden?! Verschwinde auf dein Zimmer, Weihnachten ist für dich gestrichen, Junge!“

„Mein Zimmer? Mein Zimmer?! Ich hab kein Zimmer mehr falls du es vergessen hast. Weil es immer nach DEINEM Willen geht, ohne Rücksicht auf Verluste, hab ich keins mehr. Dank dir muss ich es mir ja mit dem da teilen“, schrie ich erneut los, schmiss mein Besteck achtlos auf den Tisch und warf meinen Stuhl um, während ich aus dem Wohnzimmer stürmte. Es reichte. Ich musste weg.Ich hielt diesen Kerl keine Sekunde länger aus. Was fiel ihm nur ein…

Kalte Luft schlug mir, zusammen mit sacht vom Himmel rieselnden Schneeflocken, entgegen, als ich die Haustür aufriss und dieses beschissene Weihnachten hinter mir ließ.

 

*Jennis*

 

Entsetzt verfolgte ich den Wortwechsel, den selbst die Nachbarn mitbekommen haben dürften. Silke und meine Mutter waren bleich wie Kalkwände, ehe erstere sich zusammenriss und Bernd vorwurfsvoll anzischte. „Das musste jetzt sein, oder? Kannst du den Jungen nicht EINMAL in Ruhe lassen?“ Kopfschüttelnd erhob sie sich, ging zum Flur ehe sie sich seufzend zu mir wandte. „Würdest du vielleicht…“ Ehe sie die Frage beendet hatte nickte ich. Klar würde ich ihn suchen gehen. „Danke, Schatz…“ Versucht lächelte sie mich an, strich mir abwesend durch die Haare und ging schließlich in die Küche. Konnte es ihr nicht verübeln wegzuwollen. Mir war auch nach Flucht. Ich hatte die Chance dazu. Sie nicht, genauso wenig wie Mama.

Vorsorglich griff ich nicht nur nach meiner, sondern auch nach Jules Jacke. In der Hitze des Gefechts musste er einfach ohne rausgegangen sein. Ein Grund mehr ihn bald zu finden. Er würde sich den Tod holen, bei den Temperaturen.

 

„Jenni…“ Anas leises Stimmchen ließ mich in der offenen Tür innehalten.

„Was denn Prinzessin?“ Ich schloss die Tür erneut, hockte mich vor sie. „Bringst du mir mein Julchen zurück?“ Ihre hoffnungsvolle Frage ließ mich lächeln. „Aber sicher. Du kriegst dein Brüderchen heil zurück. Versprochen.“„Danke.“ Nun wieder lächelnd fiel sie mir kurz um den Hals, drückte mir für einen Moment die Luft ab, zog sich dann jedoch zurück. Um mich mit einem neugierigen Blick zu mustern. „Du Jenni? Was sind verkappte Lesben?“

Es fiel mir schwer ein Lachen zu unterdrücken. Wie erklärte man SO WAS seiner kleinen fast-Schwester.

„Naja… Also verkappt bedeutet so viel wie, sich nicht zu trauen etwas offen zu zeigen und Lesben… Das sind Frauen die andere Frauen gern haben.“„Bin ich dann auch eine Lesbe? Ich hab ja Mama gern, und Manu auch und meine Omi und meine Schwestern.“Erneut verkniff ich mir ein Lachen. Ana war zu süß. „Nein. Das ist was anderes. Die sind deine Familie. Lesbisch wärst du, wenn du eine deiner Freundinnen mehr mögen würdest, als die anderen. Wenn du mit ihr… Händchenhalten willst und sie knuddeln und küssen magst.“ Taten Mädchen so was in dem Alter? Ich wusste es beim besten Willen nicht. Mit acht wollte ich so was nicht wissen. „Also ist lesbisch sein wie Schwul sein, nur mit Mädchen?“

Ja… gut. So hätte ich es auch ausdrücken können. „Ja. Das erklärt es ganz gut. Und nun geh besser zurück und pass auf, dass Nachtisch für Jule und mich übrig bleibt, okay?“

Eifrig nickte die Kleine und flitzte zurück ins Wohnzimmer.

 

Es hatte heftig geschneit in den letzten vierundzwanzig Stunden. Alles war in dicke, weiße Watte gepackt… und arschkalt. Selbst durch die dicke Jacke hindurch fror ich wie verrückt. Zum Glück hatte ich es nicht weit.Silke sagte, immer wenn Jule verschwand, konnte man ihn etwas außerhalb unseres Kuhkaffs finden, in den Ästen der alten Eiche versteckt.Sie hatte auch dieses Mal Recht behalten. Schon von weitem konnte man ihn in seinem schrillen Outfit erkennen. „Darf ich mit hochkommen?“

Von seinem ‚nein‘ ließ ich mich nicht abschreckend, sondern hangelte mich an den kahlen Ästen zu ihm nach oben. „Ist dir kalt?“ Erneut ignorierte ich sein ‚nein‘, legte ihm einfach seine Jacke um die Schultern.

 

„Was willst du…“

„Dass du mit zurück kommst.“

„Wozu…?“

„Habs Ana versprochen, darum.

„Warum bist du eigentlich immer so nett zu mir?“

 

Leise seufzte ich. War ja klar, dass die Frage irgendwann kommen musste.„Weil ich dich gern hab... sehr sogar.“Skeptisch wanderte eine Augenbraue nach oben, die zweite folgte Zeitverzögert. „Seit wann?“Schon immer, war die schlichte Antwort. „Aber ich war von Anfang an gemein zu dir. Seit ihr hierhergekommen seid.“

„Meinte ja auch das richtige schon immer, nicht dieses ‚seit-wir-hier-wohnen-schon-immer‘.“

Skepsis machte Verwirrung platz. Er sah wirklich niedlich aus, wenn er keine Peilung hatte. Dennoch startete ich den Versuch ihn aufzuklären.

„Als ich kleiner war kam uns Silke dann und wann besuchen, manchmal mit Bernd, manchmal ohne. Ohne war mir immer lieber. Meine Silli war immer netter als ihr blöder Mann, hatte ich damals immer zu Mama gesagt. Sie hatte nur gelacht und sich mit mir gefreut, weil sie sich angekündigt hatte. Silke war immer ganz stolz auf euch. Ich kann mich zwar nicht erinnern, aber als du geboren wurdest hatte sie dich mitgebracht, das erste und einzige Mal. Ich hab ein Foto davon, wie ich versucht hab, mit einen fast zwei Jahren, dich aufrecht zu halten.“ Ich liebte dieses Bild. Damals noch blaue Kulleraugen blickten groß in die Kamera, während sich winzige Fingerchen an meinem blauen Stoffhasen festkrallten. Schon damals hatte er diese süßen Locken, die er so sehr hasste.

„Danach musste sie dich immer bei ihrer Mutter lassen oder bei deinem Vater. Hab immer nur Bilder gesehen, manchmal hatte sie auch ein Video dabei, aber eher selten. Auf jedem der Bilder mit deinen Schwestern sahst du so glücklich aus. Ich wollte auch immer so eins haben. Noch eins. Ging aber nie…“

„Klingt seltsam…“

„Ich weiß…“

 

„Als gesagt wurde, wir würden zu euch ziehen, da war ich… glücklich. Auch wenn ich mein bisheriges Leben zurücklassen musste. Ich hatte als kleines Kind so oft gefragt, warum wir nicht mit zu euch könnten, warum wir immer zurück bleiben mussten, warum wir nie mitgenommen wurden… Dann durften wir es.“

Seufzend legte ich einen Arm um den Blonden, der sich nicht dagegen wehrte. „Deine Begrüßung hätte zwar netter sein können… aber trotzdem… das konnte mich auch nicht abschrecken.“

 

Eine Weile besahen wir uns die Flocken, die gen Boden tanzten, unsere Spuren langsam verwischte. „Hast du es nie bereut mitgekommen zu sein? Immerhin ist deine Freundin jetzt hunderte Kilometer weit weg und Fernbeziehungen sollen ja nicht so toll sein.“

Nun war ich an der Reihe mit irritiert sein. „Fernbeziehung?“„Na diese abgedrehte Tussi mit den Locken.“ Für das Tussi gab es einen Klaps auf den Hinterkopf. „Lucy meinst du? Mit der führe ich doch keine Fernbeziehung. Pierre würde mich killen, wenn ich was mit seinem Frauchen am Laufen hätte.“„Aber…“ Ehe er noch mehr Unsinn von sich geben konnte hielt ich ihm den Mund zu und klärte ihn auf. „Lu ist verheiratet und meine beste Freundin. Außerdem steh ich nicht auf Weiber sondern auf dich… schon immer irgendwie… falls das deine nächste Frage gewesen wäre.“

Einen Moment sah er mich nur stumm an, verzog dann jedoch das Gesicht und stieß ein angewidertes „iiieh“ aus. „Ist das nicht ein bisschen… merkwürdig?“

„Wieso?“ Nur weil ich auf einen Kerl stand, den ich nicht kannte und der, als ich ihn kennengelernt hatte fies zu mir war? Es gab schlimmeres. Wirklich. Schafe, Kühe, Hunde, Katzen, Bernd, Bäume… mehr fiel mir auf die Schnelle nicht ein.„Wegen der ganzen Brudersache… auch wenn wir nur Halbbrüder sind.“

„Stief.“

„Was?“

„Stiefbrüder. Wir sind wenn dann Stiefbrüder. Auch wenn es nicht offiziell ist.“

„Aber…“

„Meine Mutter war schon mit mir schwanger als sie deine Eltern kennengelernt hat. Dein Vater hat keinen Anteil an mir, glaub mir.“ Es schien ihm schwer zu fallen, das zu glauben.

 

„…heißt das du…“ Ich wusste was er fragen wollte. Ich wollte darauf jedoch nicht antworten. Er müsste es eigentlich wissen. Es war mehr als offensichtlich, deshalb beschloss ich, ihn endlich zurück zu bringen, auch wenn ich mir einen schnellen, flüchtigen Kuss nicht nehmen ließ.Sollte er denken was er wollte.

„Ab…“„Lass uns nach Hause gehen…“, schlug ich vor und sprang von unserem dicken Ast.Er schien kurz zu zögern, folgte mir dann jedoch und schwieg sich aus.Auch als wir zuhause waren, blieb er ruhig, schlich sich an seiner Mutter vorbei nach oben, hielt nur einen Moment inne, als ich ihn fragte, ob ich ihm den Nachtisch aufs Zimmer bringen sollte.

Niemand hielt mich davon ab, so dass wir uns kurz darauf in sein Bett kuschelten, er unter der Decke und ich darüber und brav Mamas Apfelstrudel futterten.

 

„Warum wusstest du davon und wir nicht?“ Schon vor einiger Zeit hatte er den Teller beiseite gestellt und sich im Bett eingerollt, sodass ich dachte, er würde bereits schlafen. „Ich weiß es nicht. Vielleicht dachten sie, du würdest Ärger machen oder Effi, oder ihr könntet es jemandem erzählen der euch kennt. Dann wäre das ganze ja aufgeflogen. Ich weiß gar nicht, was dein Erzeuger erzählt hat, warum wir hier sind, wer wir sind…“  Verbissen sah er an mir vorbei aus dem Fenster, seufzte dann jedoch und schien sich damit abzufinden. Wir alle wussten, dass sein Vater ein Arsch war. Wie er heute wieder bewiesen hatte. In solchen Momenten war ich froh, dass ich meinen leiblichen Vater nicht kannte.

 

Die Zeit verstrich nur langsam, das Zeitgefühl hatte ich bereits heute Mittag verloren, als es draußen trüb geworden war und man nicht mehr erkennen konnte, welche Tageszeit herrschte, doch vermutete ich, dass es bereits tief in der Nacht war, als Julians Stimme mich aufweckte.„Warum ich?“ Für einen Moment machte die Frage keinen Sinn, ehe ich das Gefragte schließlich verstand. „Warum nicht du?“ Einen Kuss auf seine Stirn hauchend driftete ich zurück ins Land der Träume, als wäre meine Gegenfrage Antwort genug.

 

Der nächste Tag begann einsam. Das Bett war kalt, als ich wach wurde. Es war schade, zu gerne wäre ich nicht allein wach geworden, doch es war eben alles beim Alten geblieben.Was hatte ich auch vermutet?

Dass er sich um Hundertachtzig Grad drehte? Mir ewige Liebe schwor und neben mir im Bett blieb, bis wir gemeinsam zum Frühstück gingen?Das wäre alles zu viel verlangt. Doch genau das wollte ich. Nicht diese Distanz, wie sie bereits wieder herrschte, als ich in die Küche kam, in der nur Mama und Julian saßen und die Reste vom Vortag vernichteten.

Als wäre nichts passiert…

Konnte er das ganze einfach so abtun?

Warum konnte ich es nicht? Das würde vieles leichter machen.

 

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wie so oft ist es kürzer geworden als geplant.

Aber hier haben wir (zumindest planmäßig) die Hälfte erreicht.... jetzt müssen sich die Jungs aufraffen...

tun sie auch versprochen. Im nächsten Kapi lernt ihr den letzten Rest von Jules Familie kennen, dann...

na egal. Auf das übernächste Kapitel dürft ihr euch dann freuen (falls ich es schreiben kann und nicht vor Scham sterbe)

Oma Ruth

*Jennis*

 

Wir fahren zu Oma. Ein richtiges Wundermittel war dieser Satz. Die Mädels wurden zum Großteil ruhig, Bernd verkrümelte sich still und heimlich und Jule begann übers ganze Gesicht zu grinsen. Auch wenn ihm das Wort Klinik einen kleinen Dämpfer verpasste.Klinik klang nicht gut. Was sie wohl hatte? Die jüngste ist die gute Frau bestimmt nicht mehr, wenn ich da so an meine Oma dachte. Alzheimer? Nervenleiden? Ich hoffte nichts Schlimmeres. Ich mochte Omis. Die waren immer so lieb, fütterten einen mit Süßkram, erlaubten einem Dinge, die die Eltern verboten hatten… Omas waren klasse.

Wie sehr ich meinen Gedanken einige Zeit später korrigieren musste, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar gewesen.

Julians Oma war… nun ja… Ihm nicht unähnlich. Irgendwie…

 

Schon als wir aus dem Fahrstuhl stiegen und den Flur entlang liefen wehte lautes Gezeter zu uns herüber. Silkes Blick verriet mir, wer diesen Krach verursachte. Eine ältere Frau im Rollstuhl stritt ich mit einer der Schwestern, hörte damit auch nicht auf als wir näher kamen. Erst Silkes leises Räuspern und ein ‚Hallo Mutter‘ ließen die ergraute Frau inne halten.

„Silke? Liebes was machst du denn hier?“

Die Schwester schien vergessen. Ebenso der laute Disput, was der Frau in weiß nur recht kam, wie es schien.

„Komm her mein Mädchen.“ Auffordernd streckte sie ihre runzligen Hände ihrer Tochter entgegen. Lange ließ diese nicht auf sich warten, sondern drückte ihre Mutter etwas umständlich an sich, ohne dabei an das eingegipste Bein zu kommen, welches ich erst jetzt bemerkte.

„Wie geht es Ramona?“ Später erfuhr ich, dass Ramona Silkes große Schwester war, weshalb mich die Antwort von ‚Omilein‘ erstaunte. „Ach.“ Lax winkte sie ab. „Mit einem Kapitalistenschwein als Mann, wie soll es dem verzogenen Gör da schon gehen? Was hab ich bei ihr nur falsch gemacht?!“ Ein seufzen entfuhr ihr. Als ihr Blick auf Julian fiel, hellte sich ihre Miene schlagartig auf. „Julchen. Komm her, komm her.“ Auch er wurde eifrig gedrückt und behuddelt. „Hübsch bist du geworden. Wenigstens eins meiner Mädchen, das aussieht wie ich.“

Irritiert verzog ich das Gesicht. Mädchen? Litt sie vielleicht doch an Alzheimer? Nein, dazu wirkte sie zu… zu… so halt. „Naja mir bleibt ja nichts anderes übrig. Kann ja nicht jeder nach Opa kommen… so wie Mutti, ne?“ Zustimmend nickte die alte Frau, erfasste mich mit ihrem Blick, nachdem sie den Mädchen, eines nach dem anderen, durch die Haare gewuschelt hatte und auch Evi und Adam begrüßte als gehörten sie schon immer dazu. „Dein Freund Jule? Nett. Zeig ihm wer die Hosen anhat Liebling. Nicht, dass er denkt er könne sich alles erlauben!“  Anstatt zu protestieren verdrehte der Blonde nur die Augen, begnügte sich mit einem ‚Ist klar Oma.“

Er musste diese Frau echt lieben, er wiedersprach nicht, er korrigierte nicht, er blieb… gesittet. Ein Wunder.

„Hübscher Kerl. Wenn du noch kochen kannst bist du nur zu gerne als Enkel gesehen.“ Ich verriet ihr nicht, wie nahe sie mit dieser Vermutung dran lag. Auch wenn ich nicht kochen konnte, könnte man mich ja als ihr Enkel zählen… irgendwie zumindest. Man das ganze verwirrte mich langsam. Die ganzen fast und könnte und so… Schrecklich!

„Und wer ist das hübsche Mädchen?“ Nun hafteten ihre braunen Augen, die mich unweigerlich wirklich an Julian erinnerten, auf meiner Mutter.

„Das ist Manu… sie…“ begann Silke sie vorzustellen, kam jedoch nicht weit.

„Dein Liebchen? Wurde ja Zeit! Bei diesem Saftsack von Samenspender würde ich auch lieber anfangen Muschis zu kraulen!“ Ihre Stimme wurde laut, sodass uns alle anderen Patienten und deren Angehörigen musterten. Silke lief unweigerlich etwas rot an.

„Mutter!“, zischte sie leise.

„Tochter!“, kam so gleich die nachgeäffte Reaktion. „Nun hab dich nicht so. Ich hab einen schwulen Enkel, der aussieht wie ein Mädchen, warum dann nicht eine lesbische Tochter.“ Man konnte ihr ansehen, dass ihr dies um einiges lieber war als sogenannte ‚Kapitalistenschweine‘ oder ‚Saftsäcke‘.

Plötzlich gefiel mir diese Frau.

Oma Ruth, war definitiv eine Marke für sich.

Welche Frau mit fast siebzig brach sich den Oberschenkelknochen beim Fallschirmspringen? Nach der Landung, als sie übe ihren Schirm gestolpert war, weil sie über ihren Mitspringer schimpfen musste?

„Sag so was nicht vor den Kindern!“ Erneut zischte Silke ihre Mutter an, was diese jedoch nur anstachelte weitere Wörter fallen zu lassen, die definitiv nicht für Kinderohren gedacht waren.

 

Jule rettete schließlich die Situation, in dem er sich den Rollstuhl schnappte und einfach mit der Oma Richtung Fahrstuhl verschwand. „Komm Omi, wir holen uns ein Eis. Da können diese Pussys sich erholen.“ „Das gefällt mir!“ Zustimmend nickte sie, was ihre fast weißen Locken wippen ließ. „Eis ist immer gut!“ Das es Ende Januar war und arschkalt ignorierten beide einfach. Nun war mir auch klar, woher er seinen Appetit hatte. Eindeutig Oma Ruths Gene…

Himmel, das konnte ja was werden.

 

Mit der Zeit erfuhr ich, warum die Oma –es klang so süß wie Ana das immer sagte- nicht an Weihnachten bei uns war, wie sonst auch. Nach dem Besuch bei ihrer ältesten Tochter musste sie ausspannen, beim Fallschirmspringen. Das Ergebnis war bekannt. Vielleicht war der gebrochene Knochen auch Absicht, spekulierte Effi. Selbst die Kleinen wussten schon, dass die Oma den Papa am liebsten in die Eier treten würde. Zitat ende. Ich sagte solche Sachen nicht freiwillig.

 

„Lass uns Tauben füttern, ja?“ Keiner erzählte Ana, dass es vermutlich zu kalt für Tauben war, zumindest hatte ich keine hier draußen auf dem verschneiten Klinikgelände gesehen. Jule übergab ihr nur bereitwillig das Steuer über den Rollstuhl und heftete sich schließlich, zu meiner größten Verwunderung, an meinen Arm.

„Was…“

„Ich kann es auch sein lassen und dem Drang nachgeben dich in das Eiswasser da zu schubsen“, drohte er mit einer Handbewegung zum halb zugefrorenen Teich, in der Mitte der schneebedeckten Grünfläche. Schon war ich still. Ich konnte hinnehmen, dass er sich an mir fest hielt.

Durfte er gerne öfter machen.

Wirklich.

„Auch mal?“ Fragend hielt er mir sein angelecktes Eis unter die Nase. Allein der Anblick ließ mich frösteln. Und rot werden, ich musste nicht erzählen warum, oder?

„Lass mal“, lehnte ich ab, woraufhin er fröhlich weiter schleckte. Das war so eklig, wieso konnte der den ganzen Tag essen?

„Ich… ich mag deine Mum…“, brummte er nach einer Weile leise. Von dem Eis war nur noch der Stiel übrig, den er lieblos im Mülleimer entsorgte.„Das ist… schön…“

„Was glaubst du wie das weiter geht?“  Fragend richtete sich sein Blick auf mich. Nur für einen Moment. Dann sah er wieder nach vorne und beobachtete die anderen. Ein seltsamer Haufen. Aber ich mochte diesen Haufen.

„Das mit unseren Müttern oder…?“

Erneut brummte er. Und noch immer war ich unsicher auf was genau er ansprach. Oder besser anbrummte.

Ich hoffte es ging gut weiter. Beides. Wobei mir das unausgesprochene mehr am Herzen lag, auch wenn das  egoistisch klang. Ich wollte ihn. Doch das sagte ich nicht. Ich befürchtete, dass es ihn vertreiben würde. Er musste es von alleine erkennen.

So schwer es mir auch fiel.

„Weiß nicht“, lautete demnach meine schlichte Antwort, auch wenn mir eine ganz andere auf den Lippen lag.

 

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EIn kurzes Kapitelchen für zwischendurch...

Ih musste ulchens Oma einfach einbauen...

ich liebe diese Frau... Ex-Hippi, Frauenrechtlerin... verrückt? Naja vielleicht alles ein bisschen ist sie... denk ich.

Vor dem nächsten Kapitel graut es mir ein wenig.... aber da muss ich durch... denk ich (auch wenn ich erst bei den zwillingen weiter machen wollte -.-)

not a Valentine

 

*Jennis*

 

Schon den ganzen Tag über verhielt das blonde Wunder sich seltsam. Zickte kaum, hielt sich auch sonst zurück. Schien keinen Appetit zu haben, immerhin verdrückte er nur eine normale Portion sowie Nachtisch, keine Nachschläge ohne Ende wie sonst.

Langsam machte mir das ganze Sorgen. Wirklich.

Er war bestimmt krank! Ein Jule der nicht Essen konnte… Das ich das noch erleben durfte.

Doch das wirklich, WIRKLICH, seltsamste an diesem Tag, passierte am Abend.

Frisch geduscht und fertig mit der Welt kroch ich in mein Bett, war schon am Dösen, als es neben mir im Bett raschelte.„Jen…“ Missmutig öffnete ich ein Auge, konnte Jules Umrisse neben mir erkennen. „Was denn?“ „Darf ich…“„Was, darfst du?“Einen Moment schwieg er, dann knuffte er mir einfach in die Seite, sodass ich ein Stück zur Seite zuckte und wurstelte sich mit einem ‚mach einfach Platz’ unter meine Decke.„Was?“ Mehr als nur verwundert starrte ich ihn an. Ließ ihn dann jedoch wo er ist. Wenn es ihn glücklich machte. Ich musste ja nur mit den Folgen leben, die sich bei solcher Nähe bestimmt einstellen würden.

 

„Jen…“ Wie lange hatte ich die Augen jetzt zu? Fünf Minuten? Ich war müde, verdammt! „Was denn?“ Ich konnte mir ein knurren nicht verkneifen. Nur weil ich ihn gern hatte, musste ich nicht alles gut finden, was er tat.„Hast du es noch?“

Hä? Was hatte ich noch? Sein Blick, den man nur erahnen konnte, da nicht einmal der Mond ins Zimmer schien, ließ es bei mir jedoch klick machen. „Sicher… Im Nachtschrank, ganz unten im Fotoalbum…“ Brummelte ich und wedelte mit der Hand in entsprechende Richtung. Doch anstatt, das Ding morgen zu suchen, knipste er das Licht an und wühlte sich JETZT durch das Schränkchen.

„Hab immer gedacht du hast hier schmuddelige Tittenheftchen drin…“ leicht lächelnd fand er das Fotoalbum schließlich und zog es hervor. „Deshalb hast du es wohl nicht inspiziert?“ Ich war wirklich davon ausgegangen, dass er wenigstens einen Blick riskiert hatte. So konnte man sich irren.„Du hast ja echt von allem Fotos hier drin… gruselig irgendwie…“Vermutlich fand er es gruselig, da er auf jedem zu sehen war, egal ob mit oder ohne seine Familie. Doch da er schwieg, hielt auch ich die Klappe und versuchte weiter zu schlafen. Was mit nicht lange vergönnt wurde. Wenigstens war jetzt das Licht wieder aus. „Nacht Julian“, brummte ich nur, erhielt keine Antwort. Keine Verbale. Stattdessen drückten sich kalte Füße gegen meine und ebenso kalte Finger schoben sich dreist unter mein Shirt.Verdammt. Wäre es nicht so eisig, wäre diese Kuschelstellung richtig schön, doch seine Temperatur killte alles! Naja fast.

Langsam wurden seine Finger warm, ließen mich ruhiger werden und verfolgten mich schließlich sogar bis in meine Träume.

 

Erst bemerkte ich es kaum, dann jedoch wurde das Gefühl eindeutig stärker. Finger zogen unsichere Kreise über meinen Bauch, Lippen berührten dann und wann meinen Nacken, beides erst verhalten, schließlich zielgerichtet. Die fremden Finger steuerten Stück für Stück Regionen an, die nur eins heißen konnten…Ich träumte schon wieder solche Scheiße. Es war Folter in einem Zimmer mit ihm zu schlafen, was passierte dann, wenn er im selben Bett lag? Richtig. DAS! Konnte ich nicht einmal andere Sachen träumen? Hatte ich es wirklich SO nötig? Morgen früh würde ich wieder mit einem Problem aufwachen, was kaum zu verstecken war! Ich hasste es langsam. Hin und wieder war so was ja ganz witzig, aber nicht auf die Dauer. Aber halt mal… hieß es nicht, dass wenn man wusste, dass man träumte, man den Traum steuern konnte? Das hieße ja auch ich könnte ihn aufhören lassen und ruhig morgen aufwachen. Aber… wollte ich das eigentlich? Die Hände gefielen mir ja schon dort wo sie waren…Ach was solls.

Mich mit der Situation abfindend –vielleicht lief es heute mal so wie ich das gerne hätte- drehte ich mich erst auf den Rücken, dann auf die andere Seite, damit ich wenigstens versuchen konnte zu wem die Finger gehörten. Eigentlich war klar wer dort war, doch in Träumen wusste man ja nie.

„Hey…“

„He…“ Ein netter Wortwechsel, das wusste ich, aber hey, DAS war mein Traum. Da konnte ich dämlich sein wie ich wollte. Wenn ich das schon nicht in echt kriegen konnte, dann wenigstens hier.Nun wieder verstummt legten sich die Finger, die zuvor auf Wanderschaft waren auf mein Gesicht, erkundeten dieses für einen kurzen Moment ehe deren Bewegungen von fremden Lippen imitiert wurden.Ja, das hier lohnte sich definitiv weitergeträumt zu werden.

 

Ebenso eilig wie unsere Lippen sich trafen, verschwanden unsere Schlafsachen. Haut rieb an Haut, brachte mehr als nur ein verzücktes Geräusch hervor.

„Was wird das?“ Mit Nachdruck drückte ich den Blonden in die Kissen, betrachtete für eine Weile die Reaktionen, die meine Finger auf seinem Rücken hervorriefen. Gänsehaut bildete sich an den Stellen an denen ich entlangstrich, auf denen ich Küsse verteilte. Doch, so reizvoll diese Reaktionen auch waren, mich interessierte im Moment eher, was wohl passieren würde, wenn ich dieses ominöse ‚Griechenland‘ erkunden würde. „Siehst du doch…“, murre ich nur kurz, ehe ich, dreist wie ich im Traum nun einmal sein konnte, in Besagte stelle. Ein Schauer überkam mich, bei Jules Reaktion. Ich wollte definitiv noch mal. Diesmal etwas sanfter. Die Reaktion blieb die gleiche. Schweres Stöhnen wehte durch den Raum, kam jedoch nicht von mir, auch wenn ich mich so fühlte, als könnte ich solche Töne ebenfalls von mir geben. Tat ich kurz darauf auch, als er mich mit einem mürrischen ‚lass das‘ von sich schob und auf dem Bett festpinnte, seinen Unterleib dabei aufreizend gegen meinen gepresst, die Andeutung eines zufriedenen Grinsens im Gesicht.

„Angst?“Seine Frage ließ mich auflachen. Als hätte ich hiervor Angst. Ich träumte zu neunzig Prozent davon, dachte zu fünfzig Prozent daran… wie könnte ich also Angst haben? Na gut, ein bisschen womöglich, aber nur davor das ihm plötzlich Brüste wachsen könnten, oder er das Aussehen dieses komischen Politikers –mir war sein Name entfallen, aber egal- annehmen würde… oder das ich jetzt aufwachte und nicht mal im Traum meinen Spaß haben würde.

Musste ich mich unbedingt auf dieses Aas fixieren, was sich, immer noch grinsend, dreist wie Hölle an mir rieb? Jeder andere Kerl hätte es auch getan, warum er? Und warum musste er es mir, außerhalb meiner Vorstellungskraft so schwer machen?

„Guck nicht so, als würde ich dich fressen wollen.“ Ein Schnurren schlich sich über seine Lippen, ließen mich erschaudern und realisieren, was er gerade tat.

Mit einem ‚wird schon nicht weh tun‘ richtete der Blonde sich auf, jedoch nur um sich quälend langsam auf mir nieder zu lassen, mich dabei –mit Leichtigkeit wie es schien- in sich aufzunehmen und meinen Verstand ins Nirwana zu befördern.

Wie konnte ein Kerl, der schon zig Tausend Kerle im Bett –oder sonstwo- hatte nur so eng sein? Und wie konnte gerade solch eine bescheuerte Frage mein letzter klarer Gedanke sein?

 

Ein gedämpftes Scheppern ließ mich am Morgen schließlich wach werden. Bleierne Müdigkeit hing mir in allen Gliedern, die Augenlider wollten einfach nicht aufgehen. Stattdessen schwelgte ich etwas in den Fetzen des Traumes, die mir im Kopf geblieben waren und presste mich doch recht zufrieden damit, an die Wärmequelle direkt vor mir.

Warum nur musste das Ganze ein Traum sein? Warum war er nur so… Moment mal…

Wärmequelle?

Nun schnappten meine Augen förmlich auf, erfassten die Lage, so schnell es mir nach dem wachwerden möglich war.Oh Scheiße!

„Zappel nicht so… Nochmal gibt’s nicht… Zweimal muss reichen…“, kam es genuschelt aus dem Kissen, als ich mich unruhig versuchte aufzusetzen. Zweimal? Wie? Was? Wo? Doch nicht ernsthaft….Brühwarm fiel mir der Rest der Nacht ein. Wie sich diese Enge um mich herum zusammen zog, mich in den Himmel beförderte, wie er danach nicht schlafen wollte sondern mich zu einer Wiederholung anstiften konnte… Wie ich schon wieder auf ihn reagierte…

„Wir haben…“ „Ja…“ „Kein Traum?“ „Kein Traum.“

Ein unmännlicher Jubelschrei hallte durch meinen Kopf, dicht gefolgt von einem sehr männlich klingenden ‚Scheiße‘. Wie konnte das nur passieren?Gestern war wirklich seltsam.

Aber er lief nicht weg. Dann fand er es vielleicht nicht so schlimm wie ich mir versuchte auszumalen? Dann konnte ich…Einen Versuch war es wert, weshalb ich mich erneut auf die Matratze sinken ließ, einen Arm um ihn legte und den Blonden an mich zog.Noch immer keine Proteste, nur leises Gebrummel.

Die Nase in seiner blonden Mähne vergraben, drohte ich zurück in leichten Schlummer zu sinken, das Geräusch unserer Zimmertür, die unsanft aufgestoßen wurde, so wie gedämpftes Fußtrappeln ließen mich jedoch aufschrecken.Beinahe panisch blickte ich Evi und Ana entgegen, die ungefragt zu uns aufs Bett krabbelten. „Schlaft ihr beiden immer noch?“ Ana klang ungläubig, piekste ihrem Bruder in die Wange. „Ihr habt schon das Frühstück verpasst“, ergänzte meine Schwester, während sie sich halb auf Julian fallen ließ und somit auch ihn endgültig weckte.

„Ihr solltet besser aufstehen. Mama denkt sonst noch ihr könntet verhungern und kommt euch …. Persönlich… holen“, tönte es von der offenen Tür, durch die uns eine Effi wissend angrinste, jedoch ohne abzuwarten verschwand, die Mädchen jedoch hinter sich herrief, sodass wir kurz darauf erneut allein in unserem Zimmer waren.

„…. Ob die irgendwas gemerkt haben?“

Unwirsch zuckte Julian mit den Schultern, streckte sich leicht und schob schließlich meinen Arm von seinen Hüften.„Und wenn schon…“

Das Bett knarzte leise, als er die Beine aus selbigem schwang, kurz dort verweilte und ansetzte endgültig aufzustehen.

„Warte.“ Mit einer Hand griff ich nach seinem Arm. Musste erst eine Frage geklärt haben, die mir keine Ruhe mehr ließ. „Was… was bedeutet die letzte Nacht für uns?“

Langsam drehte er sich zu mir, kaum merklich lächelnd beugte er sich zu mir, hauchte einen scheuen Kuss auf meine Lippen, nur um mir schließlich ein Messer in die Brust zu rammen. „Nichts… weil ein „uns“ nicht existiert…“ Damit schwang er sich endgültig aus dem Bett, verschwand im Bad und ließ mich allein zurück.

 

Nichts… Nichts war es für ihn. Wie konnte es für ihn nichts sein, wenn es für mich alles war? Warum hatte er es dann getan? Es kam schließlich nicht von mir.

Zu viele „wieso“, „weshalb“ und „warum“ schwirrten in meinem Kopf, sodass auch ich das Bett verließ und angezogen –nach duschen war mir nicht- nach unten ging, wo Silke schon fleißig in der Küche werkelte. Von den anderen war nichts zu sehen, doch hören konnte man sie. Laut schnatternd genossen sie einen der ersten nicht eiskalten Tage des Jahres. Obwohl dieser für mich nicht hätte kälter sein können.

„Was bedrückt dich mein Schatz?“ Fragend sah Silke mich an.Erst wollte ich leugnen, dass mich etwas bedrückte, dann jedoch beschloss ich, dass es nichts bringen würde. Sie würde mich ohne Gnade durchschauen und solange bohren, bis ich alles erzählte. Da erzählte ich doch lieber freiwillig die Dinge, die Müttertauglich waren.

„Jule war gestern so seltsam…“

„Hast du es also auch gemerkt…“ ihr leises seufzen irritierte mich. Es klang resignierend, als wäre gestern nicht das erste Mal gewesen. Auf die Frage hin, ob das schon mal vorkam nickte sie. Vielsagend deutete sie zum Kalender. „Jedes Jahr um die gleiche Zeit dasselbe Spiel… er scheint einfach nicht drüber hinweg zu kommen…“

„Worüber?“Kurz zögerte sie, entschied dann jedoch, dass sie es erzählen würde. „Gestern vor ein paar Jahren kam er mit seinem ersten Freund an, alles ganz harmlos, wirklich, sie waren erst elf oder so, wollte ihn uns vorstellen“ Kopfschüttelnd hielt sie inne, schien sich zu sammeln. „Ich fand den Jungen süß. Lieber Kerl. Bernd ist ausgeflippt, wie du dir denken kannst. Er ist ausfallend geworden… Weihnachten war nichts gegen damals… An dem Tag ist meine Lieblingsvase zu Bruch gegangen… Bernd hat sie aus Wut gegen die Wand geworfen. Eine der Scherben hat Julian am Schlüsselbein getroffen… Wenn man genau hinsieht dann…“ Mit den Tränen kämpfend brach sie ab. Sie gab sich die Schuld an dem Ganzen. Auch wenn wir alle wussten, dass sie nichts dafür konnte. Nur dieser Arsch von Vater hatte Schuld.„Warum…“ Wollte ich ansetzen zu fragen, warum sie mit dem Kerl nicht einfach kurzen Prozess gemacht hatte. Silke war keine Frau, die jemanden ungestraft an ihre Kinder heran ließ. „Es geht einfach nicht… okay…“ Unwirsch wischte sie eine Träne weg, die sich trotz ihrer Versuche sie zurückzuhalten, einen Weg über ihre Wangen gebahnt hatte. „Holst du die anderen bitte? Es gibt gleich Mittag…“Ich wusste, dass sie nicht weiterreden würde.Und ich wusste, dass Julian gelogen haben musste. Es musste etwas für ihn bedeuten. Es musste einfach…

Ich hoffte es.

Ich wollte kein Mittel sein, der die Erinnerungen für einen Moment verdrängen konnte…

Das konnte einfach nicht sein.

Das konnte… durfte… er mir einfach nicht antun.

 

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da ist es....

es ist mies... und ich saß ewig dran.

Wie können andere so was nur so toll schreiben? Muss man vorher Pornos gucken oder sich einen antrinken?

Grrr ich kanns echt nicht...

aber ich kann ja noch ein paar Versuche bringen *hust*

Hasst mich einfach nicht dafür ok?

Ich besser mich auch. Versprochen.

Frühlingsgefühle

 

*Julian*

 

Sechzehnter Februar, Samstag, alles gut überstanden. Kaum zu glauben. Der große Stress blieb aus.

Mir ging es…. Bestens.

Wirklich.

Ich war entspannt, zufrieden mit mir und der Welt und ich hatte keine Ahnung warum.Gut… ja vielleicht hatte ich eine leise Ahnung… Aber nur weil ich seit Ewigkeiten Sex hatte bin ich nicht plötzlich SO… kann gar nicht sein. War immerhin nur… Gott ich wollte gar nicht drüber nachdenken.

Der Kerl war mein Bruder, so gut wie. Ich wollte mir das gar nicht weiter zu Gemüte führen, auch wenn es gut war, dass musste ich ihm dann doch lassen.

„Was hast du bitte eingenommen?“, wurde ich von meiner besten Freundin begrüßt, die versuchte die beiden Vierbeiner im Zaum zu halten. Es stand wieder eine Runde an. Egal wie kalt es war. Mit den Schnullerbacken raus zu gehen und ich Dreck zu spielen musste sein.

„Nichts.“ Augen verdrehend schnappte ich mir Dusselchens Leine, tätschelte dieser den Kopf, ehe ich mich in Bewegung setzte.

 

Das Wetter hatte umgeschlagen. Die Woche über hatte die Sonne sich getraut herauszukommen, auch wenn dicke Schneeflocken, sich immer wieder ihren Weg nach unten gebahnt hatten und das Land in eisiger Kälte gefangen hielt. Wenn es nach mir ginge konnte der Frühling kommen, ganz schnell, damit ebenso schnell der Sommer vor der Tür stand. Im Sommer fühlte ich mich einfach am wohlsten. Es war warm, kein Schnee der zu ekligem Schneematsch wurde, kein Regen, der einem die Frisur ruinierte, keine dicken Pullis nur knackige Kerle und Sonne. Und Sommerferien. Und Urlaub. Ja Sommer war klasse.Wie es wohl ist, mit der ganzen Familie in den Urlaub zu fahren? Länger als mal eine Nacht außer Haus zu verbringen? Ich glaube vor einem halben Jahr wäre ich schreiend weggerannt. Um nichts in der Welt, wäre ich zusammen mit dem Kerl in den Urlaub gefahren. Mittlerweile grübelte ich sogar drüber, wohin es diesmal gehen könnte. Strand? Städtetour? Berge. Inland, Ausland, Hotel, Ferienwohnung und so weiter und so fort.

Würde bestimmt lustig werden. Auch wenn ich –darauf würde ich wetten- kein eigenes Zimmer bekommen würde. Damit ließ sich leben. Mittlerweile. Der Kerl eignete sich als Stofftier. Ein kleiner süßer Teddybär… nur ohne die lästige Pelzmatte und den Wattebauch.  Herzallerliebst…

„Jules?“

Der guckte sogar so treuherzig wie ein Plüschtier.

„Julian!“

Erschrocken fuhr ich zusammen. „Was denn?“ Vor Schreck war ich ein Stück zur Seite gehüpft –ganz grazil natürlich…- und prompt in einen Schneehaufen getreten, den irgendein Depp –leider, leider nicht Johnny- hierher gemacht hatte. Gleich würde ich nass sein bis an die Ohren.

Ich hasste Winter, hatte ich das schon erwähnt? Ätzend diese weiße Scheiße.

„Du sollst aufhören zu träumen.“„lass mich doch…“„Nein. Oder sag mir wenigstens warum du grinst wie das Vieh aus Alice im Wunderland.“

Grinste ich? War mir gar nicht bewusst. Ich hoffe mir hing nichts zwischen die Zähne wenn ich wirklich so aussehen sollte wie die Grinsekatze. Wäre Fatal, gab immerhin Spinat.

„Keine Ahnung. Echt.“„Wie keine Ahnung. DER TAG ist gerade mal zwei Tage her. Sonst bist du zwei Wochen später noch mies drauf. Hast du Mr.Perfect getroffen und er hat dich ins Nirwana gevögelt oder so?“

„Naja“ Ich fuhr mir durch die Haare, wusste nicht was ich dazu sagen sollte. Das traf es recht gut. Auch wenn mich das Mr.Perfect störte, hatte sie im Großen und Ganzen Recht.

Scheiße aber auch.

„Sag nicht ich hab Recht.“ Mit großen Augen fixierte sie mich. „Dann sag ich‘s halt nicht, okay?“ Abwehrend hoch ich die Hände, lief schließlich, Trixi von der Leine lassend, den vereisten Trampelpfad entlang. Weg von meiner Freundin, rein in die öde Dorfwildnis. „Warte, warte, warte!“ Eilig stürzte sie mir hinter her, wäre dabei fast mehr als einmal auf den Hintern gefallen, hätte sie sich nicht immer wieder gefangen.

„Erzähl!“

„Weiß nicht was ich erzählen sollte“

„Komm mir nicht so. Du weißt genau was du erzählen sollst. WER war es bitte?“Zur Antwort schwieg ich.Klar, sie war meine beste Freundin und alles, DIESE Sache wollte ihr dann aber doch nicht erzählen. Nicht wenn ER involviert war. Scheiße, was hatte mich an dem Tag nur geritten? Oder besser wen hatte ich ge… scheiße, nur nicht drüber nachdenken. Es war nur ein Unfall. Zweimal… hintereinander. Trotzdem war es nur ein Unfall, nichts von Belang.

„Jule…“ Drohend hob sie mir den Finger entgegen, hielt mich mit der zweiten Hand ab, weiterzulaufen. „Wer war es?“ Noch immer schwieg ich. Kein gutes Zeichen für sie. „Sag nicht Jochen. Debbi killt dich wenn es so war.“ „Quatsch!“ Wehrte ich hastig ab. Das ging dann doch zu weit. Ich spannte meinen Freundinnen nicht die Kerle aus, egal wie nett ich die Typen fand. Außerdem war der Brummbär gar nicht mein Typ, obwohl man mit dem bestimmt auch gut kuscheln konnte…

„Wer dann. Jetzt lass dir nicht alles aus der Nase ziehen. Jennis wird’s ja nicht gewesen sein, also stell dich nicht so an und … sag‘s… mir… warum guckst du grad so komisch als hätte ich dich bei was schlimmen erwischt?“ hatte ich schon mal erwähnt, dass ich vor ihr NICHTS verheimlichen konnte? Mein Blick verriet mich bei ihr. Ständig. Egal ob ich wollte oder nicht. Schlimm war das. „Oh Gott, du hast echt mit…“ „Ja und jetzt frag nicht weiter okay?!“ zischte ich ihr entgegen, mich panisch umschauend, obwohl uns hier niemand hören konnte, mal abgesehen von den Flohschleudern und die hielten dicht.

"Wie war es?“

„Wie ‚Wie war es‘?“ Ich hatte definitiv mit einer anderen Reaktion gerechnet. Sie hielt sich ja eh nie dran wenn ich sagte, dass sie nicht weiter fragen sollte, etwas mehr entsetzen hätte ich dann aber doch erwartet. Immerhin ist der Kerl der Sohn von der Freundin meiner Mutter!

„Na wie war es. Wie kam es dazu. War er gut. Warum zur Hölle erfahr ich erst jetzt das du auf den Kerl stehst?“„HEY. Zu aller erst, ich steh nicht auf ihn!“ Ihr ‚ja klar, wer‘s glaubt‘ ignorierte ich schlicht und ergreifend. „Und zweitens… weiß nicht… hat sich so ergeben. Mir war eben danach und er hat mich machen lassen außerdem war er grad in der Nähe... Und gut war er vermutlich, ich hatte zweimal meinen Spaß, meine Laune ist besser und der Arsch tat mir auch nicht weh… also war er nicht so scheiße wie angenommen, okay?“

Mir war wirklich danach gewesen. In der Nähe war er auch, doch hätte ich es gewollt, hätte ich ganz einfach verschwinden können, es gab immer ein paar Bekanntschaften die Zeit hatten. Aber ich wollte nicht weg. Regelrecht fixiert war ich auf… ihn, so dämlich das auch klingen mochte. Ich konnte mir selbst nicht erklären warum. Klar er sah gut aus und war nett, aber das waren andere Kerle auch. Und er … ‚mochte‘ mich, oder wie auch immer er sich ausgedrückt hatte. Das taten andere Kerle auch, aber die waren dann nicht hübsch oder nett.Ob es daran lag? Wollte ich wirklich testen wie es mit einem Typen ist vor dem man nicht wegrennen wollte, der einen nicht wie das letzte behandelte und das ganze tat weil er einen gern hatte, nicht weil ihm die Hose drückte? Oder…

„Ist unser Julchen etwa verliebt, so wie er grad guckt?“

„Spinn woanders“, fauchte ich in ihr grinsendes Gesicht.

Verliebt? Ich? In den Kerl? Unter Garantie nicht.Davon wüsste ich aber.Ich war maximal verstört… mehr nicht.

 

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Heute mal nur was kleines. Das nächste Kapitel wird auch noch etwas kleiner sein und Jules graue Zellen anstrengen...

und danach...

nun ja...

das Kapitel dürfte mir wieder schwer fallen...

(Vielleicht sollte ich mir vorher einen antrinken oder so damit das ganze läuft)

Wie ist man verliebt?

 

*Julian*

 

Missmutig stocherte ich in meinem Pudding. Die anderen hatten sich bereits vom Esstisch erhoben. Nur ich saß noch immer dort und kam nicht wirklich vorwärts.

Warum ließ mir Tines Vermutung nur keine Ruhe?

Ich dachte schon ewig über diesen Mist nach –geschlagene vier Stunden, war das denn zu fassen?- und kam zu keinem Ergebnis.

Es war zum Haare raufen. Nicht mal Hunger hatte ich.

Verliebt…

So ein Blödsinn. Ich wusste ja nicht mal wie man eigentlich verliebt war.

„Schatz?“ Unsicher musterte meine Mutter mich. Vermutlich hatte sie mein Essverhalten alarmiert. Sonst war ich der erste, der den Pudding gekillt hatte und heute… Seufzend schob ich die Schale von mir weg. „Was denn?“

„Geht’s dir nicht gut?“ Prüfend legten sich ihre Finger auf meine Stirn, als sie jedoch nichts feststellen konnte griff sie nach meinem Nachtisch und verstaute diesen im Kühlschrank. „Alles okay.“

 

„Mama?“ Noch immer saß ich am Esstisch. Das Muttertier werkelte noch immer in der Küche, auch wenn diese bereits wieder glänzte und nichts den Anschein machte, als hätte eine Horde Wildschweine hier verweilt. „Wie ist man verliebt?“

Fragend wanderte eine ihrer Augenbrauen nach oben. „Wie meinst du das?“

Unbestimmt zuckte ich mit den Schultern, begann dann dennoch zu reden, da ich wusste, nur so könnte sie mir helfen. Sie würde mich auch nicht auslachen. Sie würde wirklich versuchen mir zu helfen, wenn sie es denn konnte.

„Tine meinte ich sähe aus als wäre ich verliebt… aber ich hab keine Ahnung ob ich es bin. Ich weiß nicht woran man merkt, dass man verliebt ist…“

Einen Augenblick musterte sie mich stumm, schien über eine Antwort nachzudenken.„Also… das ist eine schwere Frage.“

Ja ach nee. Leicht verdrehte ich die Augen. Soweit war ich in meinen Überlegungen auch gekommen.

 

„Also die meisten die verliebt sind, halten sich gern in der Nähe der anderen Person auf, machen was mit demjenigen…“, begann sie schließlich zu erzählen, ließ mir dann die Zeit darüber nachzudenken.

War ich gern mit ihm zusammen? Weiß nicht. Verbrachte ja die meiste Zeit mit ihm. Aber welche Wahl hatte ich auch? Wir teilten uns ein Zimmer, gingen auf dieselbe Schule…

„Man dachte oft an den anderen“

Also oft dachte ich nicht an den Kerl. Nur hin und wieder. Wenn er mich wieder aufregte. Oder wenn … Ach so ein Mist. Klar dachte ich an den blöden Kerl. Mir blieb auch nichts anderes übrig. Er regte mich halt ständig auf.

Das hieß gar nichts.

„Schatz… bevor ich mir weiter was ausdenken muss… ist er gut im Bett?“

„Was?“ Hatte sie echt gefragt, was ich dachte, dass sie gefragt hat?

„Nun ja. So was muss ja auch passen. Klar Sex ist nicht alles. Aber wenn man daran keinen Gefallen findet, dann wird die ganze Angelegenheit kompliziert… spätestens wenn man länger zusammen ist und einem etwas fehlt…“

„Reden wir grad immer noch über mich?“ Oder über dich und meinen Vater? Das behielt ich jedoch für mich. Immerhin ging es gerade um mich. Ihre Probleme konnten wir danach immer noch besprechen. „Ja klar… und?“

Erneut verdrehte ich die Augen. Nickte dann jedoch zaghaft.

Ja das war gut. Leugnen konnte selbst ich das nicht. Mir wurde immer noch ganz anders, wenn ich daran dachte.

„Können wir nun weiter machen? Das Ganze hat mir nicht wirklich weiter geholfen.“„Jaja“

 

Eine Weile brauchte sie, bis sie alles aufgezählt hatte.

Konnte man über die Fehler des anderen hinwegsehen, egal wie offensichtlich diese waren?

Irgendwie schon.

Vermutlich…

Er war viel zu nett… aber grade das war irgendwie… in Ordnung.

Mochte der andere einen auch?

Augenscheinlich schon. Auch wenn ich nicht wusste, wie mir das Wissen weiterhelfen sollte.

Kribbelte es, wenn man den anderen sah?

Ich wüsste nicht was kribbeln sollte…

 

Ach diese Fragen führten doch zu nichts.

Es war absurd.

 

Nicht viel schlauer als zuvor erhob ich mich vom Tisch. So kam ich wirklich nicht weiter.

Ich sollte den ganzen Mist vergessen, es zu den Akten legen. Einfach weiter machen wie bisher…

 

Mit einem ‚Julchen‘ hielt meine Mutter mich auf. „Wenn du grübelst, ob du verliebt sein könntest… dann bist du es vermutlich. Denn wenn du es nicht wärst müsstest du dich nicht damit auseinandersetzen.“ Leicht lächelnd fuhr sie mir durch die Haare. „Stellst du ihn mir irgendwann vor?“

„Weiß nicht …“

„Wenigstens wenn es dir ernstist? Ich will doch nur wissen mit wem mein Schätzchen glücklich ist. Okay?“Ich nickte leicht.Auch wenn ich glaubte, dass sie darauf lange warten konnte.

Selbst wenn ich verliebt wäre… dann würde das nie gut gehen, nie was Ernstes werden… und schon gar nichts was meine Mutter gutheißen würde.

„Magst du jetzt deinen Pudding essen?“

Ohne zu überlegen nickte ich.

Ja jetzt hatte ich Hunger.

„Danke Mama…“

„Schon gut Engelchen. Versprich mir nur eins… sei lieb zu ihm okay?“

Ich wusste nicht, was ich von dieser Aussage halten sollte, weshalb ich schwieg.

…lieb sein…

Ebenso ein Ding der Unmöglichkeit. Wie verliebt sein…

 

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noch was kleines...

Das nächste Kapi dauert dann wieder etwas... aber ich hoffe es diese Woche fertig zu kriegen...

muss nur zusehen wie ich es hinkriege...

 

LG

Badetag

*Julian*

 

„Nicht abbrausen!“ Missmutig kniff Ana die Augen zusammen, versuchte dem Wasserstrahl zu entkommen.„Der Schaum muss aber aus deinen Haaren raus“, hielt ich dagegen, während ich das Wasser gnadenlos weiter über ihren Kopf laufen lief.Erneut murrte sie unwillig vor sich hin, wurde jedoch ruhig, als ich ihr damit drohte, nie wieder mit ihr zu baden, wenn sie nicht endlich aufhörte Theater zu machen.

Es klang seltsam, das war mir klar, aber ich badete gern mit den Kleinen. War schon immer so.Selbst Anni, die ja schon groß war, badete lieber mit mir als alleine. Und ich würde darauf wetten, dass selbst Effi, wenn sie hier gewesen wäre, mit mir gebadet hätte. Natürlich nur um Wasser zu sparen. So war das eben bei uns.Früher waren wir immer mit Mutti baden, heute gingen alle mit mir in die Wanne, da war nichts dabei, immerhin waren die Mädels weiblich und meine Schwestern. Was sollte also passieren?

 

„Na komm Prinzessin. Es ist schon nach neun, es wird langsam Zeit für dich ins Bett zu gehen.“Nach kurzem Zögern, man sah ihr an, dass sie lieber noch mit dem Wasser matschen wollte, sprang Ana auf, das Wasser schwappte über den Wannenrand, ließ sich in ihr pinkfarbenes Barbiehandtuch wickeln und wurde schließlich von Jennis aus dem Bad getragen.Genau das gleiche Spiel, wie schon bei Anni und Evi zuvor.

 

Es dauerte eine Weile, dann wurde es ruhig. Keine Proteste, von wegen es war doch noch viel zu früh um schlafen zu gehen, waren mehr zu hören.Einfach nur himmlische Ruhe.

Seufzend ließ ich mir mehr heißes Wasser in  die Wanne laufen und machte mich, von rosa Glitzerschaum bedeckt, lang.Herrlich angenehm. So ließ es sich leben. So durfte es ruhig bleiben… für eine Weile.

 

„Die Zwerge schlafen alle.“Ich ließ die Augen geschlossen. Wer im Türrahmen stand und mich musterte wusste ich nur zu genau. „Schön“, gab ich nur zurück und wartete was er noch wollte. Ohne Grund stand er bestimmt nicht da und starrte an die Fliesen.

Als er fünf Minuten später immer noch schweigend dastand wurde es mir zu blöd. Es machte mich nervös… Genau wie der Kerl an sich.

„Komm mit rein, oder verschwinde. Aber raub mir nicht die Nerven“, zickte ich ihn an. Ein knurrendes ‚wag es dir‘ folgte, als er ansetzte das Bad zu verlassen.

Für einen Moment würde ich seltsam angesehen, dann jedoch zog er die Badtür hinter sich zu und sich selbst aus.

Erneut schwappte das Wasser über den Rand, als er sich auf der anderen Seite der Wanne ins Wasser sinken ließ.

Der Schaum hielt meinen Blick davon ab weiter seinen Bewegungen zu folgen.Ungelenk versuchten wir uns zu arrangieren, waren seine Beine immerhin länger als die der Mädchen. Irgendwie schafften wir es jedoch uns so zu setzen, dass wir beide Platz fanden, auch wenn sein Fuß an meinem Oberschenkel drückte und mein Knie in seine Wade stach.Unbequem, dennoch machbar.

 

„Machst du mir auch die Haare?“

Seine Stimme riss mich aus meinen, zugegeben nicht jugendfreien Gedanken. Was erwartete man auch wenn ein nackter Kerl mit einem in der Wanne lümmelte?

„Kannst du das nicht alleine?“„Den Mädchen hast du aber auch die Haare gewaschen.“„Die sind ja auch erst…“, setzte ich zum Protest an, hielt jedoch inne und seufzte leise. „Wenns denn sein muss…“Nickend gab er zu verstehen, dass es sein musste. Vermutlich würde er anfangen zu schmollen, wenn ich ihm nicht die gleiche Aufmerksamkeit zukommen ließ, wie den Mädchen. Das hatte man davon, wenn man einmal nett war. Machte ich ihm halt die Haare. Er musste mit dem Geruch von Prinzessinenshampoo leben, nicht ich.

 

*Jennis*

 

Nicht im Ansatz zimperlich richtete er sich ein Stück auf, griff nach der Brause und ließ den warmen Wasserstrahl auf mich niederprasseln.

Sanfter als das Wasser zuvor legten seine Finger sich auf meine Kopfhaut, zogen kleine Kreise und verteilten das nach Kaugummi riechende Shampoo in meinen Haaren.

Seichtes Kribbeln breitete sich in mir aus, während ich sein Tun beobachtete.

Hier und da glitzerte seien Haut von dem Badeschaum, auf denen die Mädchen bestanden hatten, zwang mich beinahe dazu ihn anzufassen.Nur ganz kurz…

Seine Bewegungen hielten inne, als ich meine Fingerspitzen über seine Seite fahren ließ. Da er sich nicht wehrte, wanderten meine Finger fast von selbst über seinen Bauch, die glitzernde Brust, seine Schultern, die Wirbelsäule hinunter bis sie schließlich im Wasser verschwanden und Julian seine Bewegungen wieder aufnahm, mich schließlich aus dem Konzept brachte, da er erneut zur Brause griff und mich vom Shampoo befreite.

Da war man gerade so schön in sein Tun vertieft und er hatte die Sanftheit einer amoklaufenden Kettensäge.

„Ich… glaub du hast irgendwas vergessen…“

„Und was?“ Fragend musterte er meine Haare, schien jedoch nichts zu finden. Anstatt ihm jedoch zu antworten zog ich ihn weiter zu mir, vergrub mein Gesicht an seiner Halsbeuge und ließ mich von seinem Duft –waren das Erdbeeren?- einlullen.

Gänsehaut überlief mich, verhalten malte der Blonde wirre Muster in meinem Nacken.

Ein Verhaltenes Stöhnen verließ seine Lippen, als ich ihn näher zu mir zog, sich unsere Körper aneinander rieben und mich auf ihn reagieren ließen.

Noch immer ließ er sich meine Behandlung gefallen, drängte sich noch weiter an mich, bis er schließlich meinen Kopf in den Nacken zog und die Lippen fordernd auf meine presste. 

 

*Julian*

 

Es kribbelte.Definitiv.Das war schlecht. Nicht richtig…

Aber es fühlte sich gut an.

Ich verdrängte die störenden Gedanken aus meinem Kopf, strich ihm die nassen Haare aus der Stirn und genoss die Finger, die sich fast schon schüchtern in mir bewegten.

Es war vermutlich falsch… aber es fühlte sich gut an.

 

„Jules…“ Sein leises Knurren ließ mich erschaudern. „Ungeduldig?“Er nickte. Mir ging es nicht besser.

Eigentlich war die Wanne zu eng für solche Spielchen, doch wir hätten wertvolle Zeit verloren, wären wir in unsere Betten umgesiedelt.Es musste irgendwie gehen.

 

Aufgeregt rückte ich von ihm ab, versuchte mich, soweit es möglich war zu drehen, die Finger um den Rand der Wanne geschlungen. Er schien den Wink zu verstehen. Einen Augenblick später spürte ich ihn hinter mir. Finger strichen fahrig über meinen Rücken, Lippen hauchten zittrig Küsse auf meine Schultern, ehe er schließlich vorsichtig in mich glitt.

Wie konnte man nur so… bedacht sein?

Als würde er nichts lieber tun, als zu warten, bis ich bereit war, tat er ebendies. Und ich hasste ihn dafür… warum verdammt war er nur so nett zu mir?

„Mach endlich!“, fuhr ich ihn an, als er sich quälend langsam in mir zu  bewegen begann. „Ich bin nicht zerbrechlich“, fügte ich hinzu, da es mir, entgegen meiner sonstigen Art, zu harsch erschien. Gott, ja, wenn ich grade ins Nirwana befördert wurde, konnte ich auch mal … weich werden.

 

„Jule…“Leise brummelte ich. Ich war noch nicht wieder auf der Höhe. Müsste ich jetzt aufstehen, dann würde das schlicht gesagt nicht gehen, meine Beine fühlten sich wie Pudding.

„Wer macht die Sauerei eigentlich sauber?“

Grummelnd ließ ich den Blick schweifen. Sauerei traf es. Das Bad war geflutet. „Ich bestimmt nicht…“ Sah ich so aus, als würde ich das Bad putzen?Wer war ich bitte?

 

Seufzend löste ich mich aus Jens Umarmung, was war der Kerl auch kuschelbedürftig…„Du sag mal…“ plötzlich kam mir etwas in den Sinn, was plötzlich Panik in mir aufsteigen ließ. „…du hattest nicht zufällig ein Kondom benutzt?“

 

*Jennis*

 

So ein Scheiß, jetzt blieb das Bad putzen an mir hängen. Momentan hätte ich aber zu allem ja und amen gesagt. Wenn baden immer so wäre, würde ich den ganzen Tag nichts anderes machen. Egal wie bescheuert das klang. Und wie unrealistisch. Zu viel Wasser machte immerhin die Haut dünn.

 

Bei der Frage des Blonden setzte auch ich mich auf. „Nein…“ Wo sollte ich das auch her haben? Die Sache hier war schließlich nicht geplant.Das ‚nein‘ war definitiv nicht die Antwort die er hören wollte. Panisch starrte er mich an und begann augenblicklich hysterisch vor sich hin zu fluchen.

„Beruhige dich.“  Damit er endlich aufhörte so herum zu zappeln, legte ich meine Hände rechts und links an sein Gesicht und fixierte es so gut es ging. „Tief durchatmen. Warum regst du dich auf?“

Er schien wirklich etwas ruhiger zu werden, jedoch immer noch panisch. „Warum ich mich aufrege? Ohne Gummi geht gar nicht, darum reg ich mich auf. Hat dir niemand gesagt was ohne passieren kann?“

Sicher wusste ich was alles passieren konnte.„Jule… es ist mir klar was alles passieren könnte. Aber sag mir eins… stimmt irgendwas nicht mit dir?“ Er schien kurz zu überlegen, dann verneinte er.

„Na also. Und ich bin auch in Ordnung“, versicherte ich ihm, konnte mir eine Stichelei jedoch nicht verkneifen. „Aber vielleicht solltest du einen Schwangerschaftstest machen, nicht das du dank mir einen Braten in der Röhre hast.“„Blödmann!“ Unsanft schlug er mir gegen den Arm. „Aber…“„Du hast immer noch Bammel?“, vermutete ich, woraufhin er nickte. „Würde es dich beruhigen wenn wir zum Arzt gehen?“ Erneut nickte er.„Ich mach uns einen Termin.“„Ja?“„Ja…“ Seufzend fuhr ich ihm durch die Haare. Wie konnte er in einem Moment wirken wie die pure Sünde und im nächsten wie ein panisches Häschen?

„Warum bist du eigentlich immer so ein netter Blödmann…?“ Ich gab ihm keine Antwort darauf, sah nur zu wie er aus der Wanne stieg und sich in eines dieser grässlichen Prinzessinnenhandtücher wickelte.

„Jule?“

„Hm?“ Er machte sich vor dem Spiegel zurecht –weshalb verstand ich nicht. Immerhin würde er gleich ins Bett gehen und morgen zerknautscht wie ein Kissen aufwachen- während ich versuchte die schlimmste Überflutung zu beseitigen.

„Was h…“ Ehe ich zu Ende sprechen konnte, drehte er sich zu mir. Legte seine Hand auf meine Lippen.„Du… solltest keine Fragen stellen, bei denen du die Antwort nicht hören willst.“

Warum konnte er jedes Mal so etwas sagen? Es musste etwas bedeuten. Warum gab er es nicht einfach zu?

 

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So... ich glaub das war harmlos genug für mich um nicht rot zu werden...
*hust*

nun ja... lange genug hab ich hierran gesessen... und die Formulierungen... nun ja... reden wir nicht drüber...

*seufz*

Man sieht sich dann im nächsten Kapitel

 

Professor Dr. Silke


*Jennis*

 

Ungeduldig glitt mein Blick immer wieder zur Uhr über der Küchentür.Herrgottnocheins…

Erst machte der Kerl solch eine Panik und dann kam er einfach nicht in die Puschen! Da machte man schon, seinem Seelenheil zuliebe, einen Termin beim Arzt und dann wartete man ewig, bis der Herr ausgehfein war.  Konnte er nicht einfach in seinen Schrank greifen, eine Jeans und einen Pulli nehmen und zackzack fertig werden. Musste er wirklich eine solche Diva sein?

„Alles okay bei dir?“

Ertappt zuckte ich zusammen. Bei was ich mich ertappt fühlte war mir nicht klar, dennoch fühlte ich mich so.

„Klar. Wieso nicht?“

„Du wirst so nervös.“ Nervös? War ich nervös? Konnte Silke wirklich Recht haben? Bevor ich weiter drüber nachdenken konnte, hatte sie sich schon zu mir gesetzt und mich aufs gründlichste gemustert. „Was bedrückt dich mein Kleiner?“ Dass ich seit mindestens sechs Jahren größer war als sie, ließ ich einfach außer Acht.

Ich konnte jetzt ausweichen, um den heißen Brei herum reden, lügen… das einfachste war aber, einfach nachzugeben. „Warum ist Jule so… naja so er halt?“

 

Die Frage brachte sie ins Grübeln. Wirklich. Ich glaubte ihr Hirn würde bald anfangen zu rauchen wenn sie so weiter machte. Sah sehr ungesund aus. „Nun ja…“ versuchte sie sich dennoch schließlich an einer Antwort. „Ich kann auch nur Vermutungen anstellen. Immerhin hab ich nur Architektur studiert, kein Psychologie… aber vielleicht wegen seiner vielen Geschwister. Er zieht meistens den Kürzeren. Auch wenn er die Mädels liebt, stehlen sie ihm die Show. Sie sind kleiner, putziger und entzückender in aller Augen. Wenn er sich so verhält wie er es nun einmal tut, dann steht er auch wieder im Mittelpunkt, nicht nur die Mädchen.“ Eifrig nickte ich. Schien logisch. Konnte ich zwar nicht so recht nachvollziehen, da ich nicht gerne im Mittelpunkt stand, aber wenn man versuchte wie er zu denken, dann war es definitiv logisch. Man würde alles tun um Aufmerksamkeit zu erhaschen, die einem durch andere verwehrt wurde.

„Oder…“

Interessiert sah ich auf.Hatte sie noch eine Theorie auf Lager?

„…Bernd ist schuld. Wie an so vielem.“ Wollte ich das jetzt wirklich hören? Eine Wahl hatte ich nicht, also stellte ich die Lauscher auf Empfang und wartete ab, was sie so alles vermutete.

„Die zwei hegen eine Art Hass-Liebe. Bernd liebt Julian weil es nun mal sein ältester Sohn ist, aber er hasst ihn, weil der nicht in sein versteiftes Weltbild passt. Und Julchen liebt ihn nun mal, weil er sein Vater ist, die ersten Jahre waren die zwei ein Herz und eine Seele, bis mein Baby sich plötzlich nicht mehr so benahm wie Bernd das gerne hätte. Weil sein Vater ihn nicht akzeptierte wie er war, fing er an ihn zu hassen, irgendwie. Je mehr er versuchte ihm zu gefallen, desto mehr hasste er ihn, weil er ihn verbiegen wollte.

Selbst ein junger Baum bricht irgendwann, wenn man ihn zu sehr biegt.

Eine gute Mutter sollte wissen wie es um ihr Kind steht oder?“ Leise lachte sie auf. Schüttelte verzweifelt den Kopf. „Ich weiß nicht ob Bernd ihn damit kaputt gemacht hat, oder ob er… elastisch genug war um es zu ertragen…“ Erneut seufzte sie. „Sein Verhalten könnte Rache sein“, kam sie auf das eigentliche Thema zurück, als sie bemerkte, wie sie abgeschweift war. „Sein Vater liebt ihn nicht so wie er ist, dann reibt er ihm unter die Nase was er ist, kitzelt alle Abneigung damit heraus um ihm zu demonstrieren, dass er ihn so nehmen MUSS wie er ist oder es ist ein Verzweifelter Versuch die Aufmerksamkeit seines Vaters auf sich zu ziehen, auch wenn sie negativ ist. Wenn er auf nichts anderes reagiert, dann muss es halt so gehen… nicht?“

Unschlüssig sah sie mich an.

Ich wusste auch nicht mehr rat. Ich war noch ein Kind, mehr oder weniger.

Was Julchen dazu bewegte, so zu werden, wird wohl für immer ein Geheimnis sein. Klar ist nur, dass er einem damit auf den Wecker fallen will, was ihm äußerst gut gelingt.

Wirklich.

Wo bleibt der Kerl nur? Wenn er noch länger brauchte würde ich ihn nackt mitschleifen.

 

„Ach man, warum sieht der dämliche Kerl nicht einfach ein, dass da irgendwas zwischen uns laufen muss…“

„Was?“

Fragend fixierten mich Silkes Augen. Erst begriff ich nicht, was sie wollte, dann bemerkte ich, dass meine Gedanken nicht so leise waren, wie sie hätten sein sollen.

Nun hatte ich also wieder die Chance zu leugnen, es herunter zu spielen, es zu ignorieren oder zu lügen. Und wieder schaffte ich nichts davon, sondern plauderte wie ein altes Waschweib.

 

Ob es eine gute Idee war, seiner Mutter zu erzählen, was man so alles mit ihm gemacht hatte und vor allem warum –war ich halt verknallt, na und- wagte ich zu bezweifeln. Ihrem Ausdruck nach zu urteilen fand sie das Ganze nicht so witzig.

Hoffentlich hatte ich sie damit nicht umgebracht. Tod durch Geständnis. Gabs noch nicht so oft in der Geschichte, nahm ich mal an.

„Also nochmal… Du und mein Julchen habt… und du bist und er….“

Erneut schüttelte sie den Kopf. Angewidert, dachte ich, wusste ich immerhin nicht, dass Julian mit ihr geredet hatte und sie nun eigene Schlüsse zog, die mir einfach verborgen blieben. „Ach Kleiner. Viel Glück. Wirst du brauchen.“ Noch immer ihre Haare hin und her werfend klopfte sie mir auf die Schulter, schob den Stuhl von sich und drohte an, die Küche zu verlassen. „Sei nur lieb zu ihm. Denn egal warum er so ist wie er ist… er brauch einen netten Kerl bei dem er erselbst sein kann, keiner dieser Arschlöcher, die mich unweigerlich an Bernd erinnern.“

Das letzte war widerwärtig. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, ob Jule wirklich einen Vaterkomplex hatte und seine Liebschaften als Vaterersatz sah. Aber… hatte Silke mir grad ihren Segen gegeben?

Einfach so?

Ohne Augen auskratzen und ihr Baby bis aufs Blut verteidigend?

„Und Jenni-Bär“, schon lange hatte sie mich nicht so genannt, worüber ich eigentlich froh war. „Lass ihm Zeit, das Ganze zu akzeptieren, okay?“

Kurz nickte ich.

Zeit… die gab ich ihm ja mehr als genug. Aber wenn er nicht bald hier aufkreuzte, dann schleifte ich ihn wirklich noch so mit, wie er gerade war. Egal ob unfrisiert und in Unterhosen oder dergleichen.

 

„Was sitzt du da so nutzlos rum? Wir haben einen Termin. Schwing die Hufe, sonst kommen wir zu spät!“ Plärrte der Kerl, der fast eine Stunde gebraucht hatte um sich für einen Arzt besuch fertig zu machen. Wenn wir wegen irgendwas zu spät kämen, dann wegen ihm, oder den Ampeln, die jedes Mal auf rot sprangen, wenn sie mich sahen. Die Sprechstundenhilfe bemerkte kaum, dass wir zehn Minuten später kamen. Das Wartezimmer war proppevoll, sodass wir fast eine Stunde nach unserem eigentlichen Termin ins Behandlungszimmer gerufen wurden.

Einzeln.

Mir war es ganz recht, Jule drehte fast ab deswegen. Der Kerl hatte wirklich noch Panik sich etwas eingefangen zu haben. Bei mir! Hatte der sich je seine anderen Kerle angesehen? Bei denen hätte er Angst haben können, aber doch nicht bei mir. Also bitte.

Auch wenn ich zugegebenermaßen, nach dem Test leichtes Muffensausen hatte. Bis die Ergebnisse eine Woche später eintrafen.

Keiner –außer mir natürlich- konnte sich Jules überschwängliches Geschrei erklären, als er sein Ergebnis las. Vermutlich dachten sie, irgendein Schuhhaus oder ähnliches hatte Ausverkauf und er durfte schon rein, wenn die Läden noch geschlossen waren. Sonst drehte er nur bei Schuhen so ab. Ernsthaft. Der Kerl besaß mehr Sandalen, Turnschuhe, Stiefel, Stiefeletten –ja das WAR ein Unterschied, wie mir eingebläut wurde- Halbschuhe und dergleichen, als die Frauen unseres Kuhkaffs zusammen. Die meisten waren auch bestimmt nicht für Männerfüße gemacht worden, man denke nur an die Riemchensandalen mit Zierschmetterlingen vom Schulfest. Ein Greul für die Augen.

 

„Geht’s dir nun besser?“Ich musste sein heftiges Nicken nicht sehen, um die Antwort zu kennen, dennoch amüsierte es mich. Ein Kleinkind war ein Scheiß gegen diesen Kerl.

 

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was kleines für zwischendurch... um zu zeigen, dass ich noch lebe, ich faule Socke.

Im nächsten Kapi wird Jenni-Bär geärgert. XD

Da ist was mächtig faul im Staate Dänemark

*Julian*

 

An sich ging ich nicht allzu gern zur Schule, auch wenn man dort manchmal mehr ruhe hatte, als bei mir zuhause. Heute konnte ich es kaum abwarten. Jede Minute die unnötig lange dauerte wurde verflucht. Ja ich wollte heute wirklich ganz dringend in die Bildungseinrichtung. Nicht wegen der Lehrer, oder dem Unterricht oder so.So was braucht ihr gar nicht zu denken.

Einmal im Jahr kommen Schüler unserer Partnerschulen zu uns. Letztes Jahr war es eine kleine Gruppe aus irgendeinem französischen Küstenkaff. Das Jahr davor eine reine Mädchengruppe aus Bulgarien. Davor war es glaub ich eine polnische Gruppe. Dieses Jahr war schließlich Dänemark dran. Klasse zwölf und dreizehn durfte als Ausgleich, kurz vor den Prüfungen eine der Partnerschulen besuchen.

Darauf freute ich mich wirklich. Ich fand die Schüler immer nett. Einige sogar netter als andere… Luca-Jérémy –grässlicher Name- war das beste Beispiel.

Dementsprechend nervös war ich, als ich mit den anderen auf die Ankunft des Busses wartete. Tines Mutter hatte sich bereit erklärt ein oder zwei der Schüler aufzunehmen, solange sie hier waren. Dieses Jahr war bei uns dafür kein Platz. Fand ich schade. Konnte man aber nicht ändern, ich hatte es ja seit den Sommerferien versucht.

 

„Komm mal wieder unter“, zischte Tine mir entgegen, die alles andere als ausgeschlafen aussah und nicht annähernd so begeistert von alledem war, wie ich. Sie hatte damit schlechte Erfahrungen gemacht, deshalb war sie anfangs immer etwas skeptisch.

„Geht nicht.“ Hibbelig knuffte ich ihr in die Seite. Tinchen musste eindeutig fröhlicher werden, ehe sie auf die Menschheit losgelassen wurde.Die Dänen würden schreiend Reißaus nehmen, wenn das Weib SO die Begrüßungsrede halten musste. Wie sie es geschafft hatte, sich diese Aufgabe an die Backe zu nageln war mir noch immer ein Rätsel. Doch mir war es nur recht, solange ich so einen Mist nicht machen musste. Reden halte gehörte definitiv nicht zu meinen Hobbys. Schüler die zu Besuch kamen hingegen schon.

 

Eine ganze Stunde, nach der geplanten Ankunft des Busses, kam dieser wirklich an. Standen wohl irgendwo auf der Autobahn, von Hamburg aus in unsere Richtung, im Stau. Wären sie mal lieber geflogen, aber das wäre ja zu teuer geworden, nahm ich mal ganz stark an.

Gespannt, wie die Schülergruppe diesmal wohl sein würde –und ob sie überhaupt deutsch sprechen konnten, mein Dänisch war nämlich nicht vorhanden- versuchte ich einen Blick ins Businnere zu erhaschen, bis meine Lehrerin mich mit einem ‚Wagner, reiß dich am Riemen oder du darfst dem Hausmeister helfen!‘ zur Ruhe zwang.

Was konnte ich denn dafür, dass ich so aufgeregt war?

 

Endlich öffneten sich die Türen des Busses, sowohl vorne als auch hinten, und nach und nach –gesitteter als man annehmen wollte- traten die Schüler zu uns auf den Schulhof. Sahen alle nicht mehr taufrisch aus. Irgendwie verständlich nach so langer Fahrt.Doch selbst ausgeschlafen wäre kaum was für mich dabei. Sieben Mädels –ich hatte schon befürchtet, es wäre wieder nur eine Mädelsgruppe- gefolgt von einem brünetten mit Brille, recht niedlich, dummerweise klettete der sich an einer der Weiber fest. Drei Kerle die sich für sichtlich cool hielten und absolut nicht mein Fall waren und zwei die schließlich ins Schema passten, wovon jedoch nur einer passen könnte, da der andere nicht so aussah als würde er auf was anderes als Möpse stehen. Zu schade. Aber wenigstens eine Chance blieb, jetzt hieß es also: zusammenreißen und nett sein… naja und hoffen, dass der Kerl kein komplettes Arschloch war.

Dass ich der Einzige war, der aufgeregt war, ging mir ganz weit an der Kehrseite vorbei.

 

Nach lahmer Begrüßung zwischen den Lehrern trotteten alle gemeinsam in die Aula, suchten sich einen Platz und hofften, dass die „Begrüßungsfeier“ –Feier war hier mit ‚nicht interessant‘ gleichzusetzen- bald vorüber wäre und man sich wichtigeren Dingen widmen konnte.

Der Zuteilung der Schüler zum Beispiel.

Tine erwischte zwei der Mädels, was ich sehr bedauerte. Eigentlich hatte ich gehofft das sie Niels –der Typ der passen könnte- erwischt… der musste sich jedoch mit einer Tussi aus der 12 a begnügen.

Aber kein Grund gleich alles hinzuschmeißen. Ich wäre nicht ich, wenn ich das nicht irgendwie hinkriegen würde.

 

Am Ende des Tages war ich zwar noch keinen Schritt weiter, aber zuversichtlich. Morgen würde das schon klappen. Ich musste nur diese Tussi von ihm loseisen.

 

*Jennis*

 

Ich hasste es. Nicht das ich etwas gegen die Leute hatte die nur gebrochen Deutsch konnten und uns für fast zwei Wochen auf Schritt und Tritt verfolgen würden. Nein, Arne war sogar ganz nett. Der hatte sich, nachdem ihm die Klassensprecherin meiner Klasse zu sehr angemacht hatte, einfach an mich rangehängt. Konnte man nichts ändern. Wie gesagt war er ganz nett, auch wenn mir sein Akzent Kopfschmerzen bereitete. Schlimmer fand ich seinen seltsamen Freund. Wenn Arne mal nicht an mir hing, dann tuschelten die beiden –so was hieß schon bei Frauen nichts Gutes!- aber das schlimmste war wohl Jules Blick, wann immer er diesen Niels ins Visier nahm.

Am liebsten hätte ich diesem kleinen, dänischen Möchtegern den Hals umgedreht. So was würde sich jedoch nicht gut auf meinem Zeugnis machen, weshalb ich ihn nur weiterhin böse anstierte, sobald er in mein Blickfeld huschte.

 

„Gooooott… was zieh ich nur an? Ich hab echt nichts ordentliches hier drin. Ich dreh durch. Das ist die Hölle, warum sind die ganzen Sachen nur so hässlich?!“

Kann man noch schöner geweckt werden? Eine halbe Stunde vor der eigentlichen Weckzeit. Wie ich es hasste so zeitig aufzustehen… und dann durch so einen Zickenterror. Was war Jule? Prinzessin Funkelstern oder doch ein Kerl? War nicht zum Aushalten!

Und wofür das Ganze?Ich konnte es mir denken.Gefressen hatte ich unseren Dänenjüngling.

„Zieh dir doch einfach ‚nen Müllsack über!“, fauchte ich unausgeschlafen unter meinem Kissen hervor, erntete dafür ein weiteres Kissen, welches gegen meinen Kopf flog, gefolgt von einem Schwall unschöner Betitelungen und einem lauten Türknallen.Schöne Scheiße… jetzt hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn angefahren und gleichzeitig verfluchte ich das Biest, da er mich einfach aus dem Schlaf gerissen hatte.

 

Und der Tag wurde nicht besser. Während wir Reiseführer spielen mussten und die Typen vom Völkerschlachtdenkmal zur russischen Kirche und  diversen anderen sehenswerten Gemäuern buxierten, schien Niels gefallen an dem blonden Miststück zu finden.

Tines Frage was mit mir los sei –als könnte man sich das nicht denken!- ignorierte ich gekonnt. Es hatte eh keinen Sinn die ganze Sache aufzurollen. Auch wenn es mir wahnsinnig machte, die beiden zu beobachten und mit niemandem drüber reden zu können. Selbst Tine hatte sich mit dem dänischen Sonnenscheinchen angefreundet, trotz ihres anfänglichen Unmutes.

Konnte der nächste Bus ihn nicht einfach überrollen?

Gut, wäre etwas drastisch, irgendwas netteres würde es auch tun, Hauptsache er hielt sich von meinem Julchen fern. Ja, meiner. Egal was er dazu sagte, ich WUSSTE das es so WAR!

 

Der Höhepunkt des Ganzen stellte sich jedoch am Donnerstag der ersten Woche ein, in der diese Typen hier waren.

„Ist das jetzt dein Ernst? Muss das wirklich jedes Mal sein? Such dir doch lieber hier einen Kerl, mit dem es länger als drei Tage halten könnte.“ Tine versuchte sich sichtlich zu zügeln, dennoch konnte man sie zu deutlich hören, wenn man in ihren fünf Meter Umkreis kam. „Ich kann doch machen was ich will.“„Eigentlich schon, aber nicht … Musst du dich jedes Mal so unglücklich machen wie bei diesem Raoul?“„Wer ist Raoul? Meinst du Luca? Und bei dem war ich nicht unglücklich. Wir hatten ne nette Woche zusammen, das wars. Warum soll ich deswegen unglücklich sein?“„Weil du nicht nur von solchen lieblosen Techtelmechteln leben kannst!“

„Kann ich wohl.“ Demonstrativ verschränkte der Blonde die Arme vor der Brust.Keiner der beiden hatte mich bis jetzt bemerkt. Oder sie ignorierten mich, konnte ich nicht SO genau sagen.„Außerdem war es nicht lieblos. Luca ist echt nett. Auch wenn er mittlerweile nen Freund hat und hunderte Kilometer weit weg wohnt.“„Ach komm. Sag nicht du würdest dich für die Typen interessieren, nachdem sie wieder weg sind!“„Tu ich aber. Falls es dich interessiert ich hab immer noch Kontakt zu ihm. Er Studiert Französisch und Deutsch. Er will später mal Lehrer werden. Sein Freund Marcell ist wirklich nett. Und ich schreib mindestens einmal die Woche mit ihm.“„Oh bitte.“ Ihr Blick verriet, dass sie ihm kein Wort glaubte. „Denk was du willst, aber du solltest mal überlegen wer von uns beiden die vier in Französisch hat und wer schlicht und ergreifend die richtigen Leute kennt.“ Mit dem Thema fertig, drehte er seiner Freundin den Rücken zu, fixierte mich misstrauisch mit seinen Augen, ehe er schweigend –wer hätte gedacht, dass Schweigen mich einmal stören würde bei ihm- an mir vorbei marschierte.

Da ich höchst wahrscheinlich etwas verpasst hatte, damit dass alles hier Sinn ergab, sprach ich das immer noch aufgebrachte Lockenköpfchen darauf an.Ihre Antwort gefiel mir jedoch gar nicht.

„Er pickt sich immer einen der Schüler raus, mit dem er sich… intensiver abgibt als mit den anderen. Wenn du verstehst was ich meine. Selbst in der einen Mädelsgruppe hatte er keine Ausnahme gemacht und sich einfach den Betreuer geangelt“, fauchte sie, ebenso schlechtgelaunt wie ich gerade wurde.

Der Kerl musste wirklich weg. Der sollte ja seine Griffel von Jule lassen, sonst…„Und ich hab keine Ahnung, wie ich Jule davon abhalten kann, morgen mit Niels ins Kino zu gehen. Wir wissen ja alle worauf das hinauslaufen wird.“Und wie wir das wussten!

 

Freitagmorgen auf dem Schulhof ging die ganze Scheiße schließlich weiter. Niels hier, Niels da, ach wie toll er doch ist und was er kann und bla und blubb. Hatte ich erwähnt, dass ich kotzen könnte bei dem Kerl?

Wie lange konnte ein Mensch nur so von einem anderen schwärmen?Genau zwei Stunden, vierzig Minuten und 25 Sekunden. Danach platzte mir schließlich der Kragen, sonst hätte es noch länger angedauert.

„Kannst du einfach mal die Klappe halten?!“

Mehr als nur erstaunt wanderte Julians Blick zu mir. Der Rest interessierte mich nicht. Die meisten zogen sich eh zurück, da sie mit dem schlimmsten rechneten, auch wenn ich bezweifelte, dass sie weiter weg waren als nötig, sonst könnten sie ja gar nichts mehr hören.

„Bitte?“ Verdächtig ruhig erhob er seine Stimme. Ein Anzeichen dafür, dass er gleich platzen würde. War mir egal. Sollte er platzen. Ich wäre schneller!

„Ich hab gefragt, ob du nicht einfach mal die Klappe halten kannst. Dein Angeschmachte treibt mich in den Wahnsinn. Was bist du? Eine dämliche Kuh die es so nötig hat, dass sie sich so erhofft etwas an Land zu ziehen? Erbärmlich.“

„Erbärmlich?“ Noch immer blieb er ruhig, auch wenn sein Kopf sich gefährlich nach links neigte und die rechte Augenbraue nach oben wanderte.„Weißt du was ich erbärmlich finde… mein Lieber?“ Er wartete nicht auf meine Antwort, ich hätte auch keine geben können. „Kerle, die nicht verstehen, wenn man ihnen sagt, dass NICHTS läuft…“

„Dein nichts solltest du definieren. Normales ‚nichts‘ sieht nämlich anders aus, als dass ‚nichts‘ was zwischen uns abgeht.“ Es fiel mir schwer nicht aus der Haut zu fahren und ihn zu schütteln bis er endlich klar im Kopf wird. Oder bis er das sagt, was ich hören wollte. Beides wäre mir recht. Hauptsache er ließ die Finger von dem Typen.

„Ein UNS EXISTIERT NICHT!“, fuhr er nun, ganz unverhofft aus der Haut, was mich kaum merklich zusammenzucken ließ. „Kapier das endlich. Du und ich sind kein wir oder uns oder dergleichen. Es ist nichts. Kapier das endlich. Und lass mich gefälligst in Ruhe wenn es dir nicht passt… aber funk mir nicht dazwischen. Hast du verstanden?“ Drohend machte er einen Schritt auf mich zu, bohrte mir einen Finger in die Brust und wirkte für außenstehende lächerlich, doch ich wusste, dass er es ernst meinte. „Schon kapiert… Dann solltest du aber auch kapieren, dass nicht jeder deine Spielchen mitmacht,“ zischend schlug ich seine Hand weg, der bohrende Finger tat mittlerweile echt weh. „Und komm später nicht angeheult, weil du Scheiße gebaut hast. Verstanden?!“

Mit einem ‚Hmpf‘ kehrte er mir den Rücken zu, stolzierte in Richtung Tine, die Niels im Schlepptau hatte und uns mit großen Augen musterte, um besagten Kerl am Arm zu packen und mit sich zu schleifen.

Wie konnte man nur so dämlich sein?

Ob ich ihn oder Niels oder mich meinte, wusste ich nicht genau zu sagen.

 

*Julian*

 

Ich dreh noch durch! Der Kerl ging mir so auf die Nerven. Nur weil man ein, zwei… drei Mal oder so mit ihm rumgemacht hatte und es nicht als lahm oder scheiße empfand… Warum klammerte der Typ nur so? Musste man ihm wirklich einprügeln, dass da nichts lief?

„Juli?“

Erschrocken schaute ich auf und ließ Niels‘ Arm los, den ich zuvor, vollkommen in Gedanken, fast zerquetscht hätte. „Tut mir leid…“ Entschuldigend versuchte ich ihn anzulächeln.

Ich sollte mich jetzt auf das wesentliche konzentrieren. Niels. Kino. Mehr nicht.„Er du okay?“Ich nickte leicht. Ja mir ging es gut. Der Kerl machte mich nur wahnsinnig mit seiner ganzen Art. Das war alles.

Virkelig? Du siehst… deprimeret... bedrückt aus...”

Erneut nickte ich. „Es geht mir gut.  Wirklich. Ich… Jennis hat mir nur aufgeregt…“

„Ist er dein… Kæreste –dein Freund?“„Ach, nicht wirklich… befreundet sind wir nicht… er…“ Wie sollte ich ihm jetzt die ganze Situation erklären? Musste ich das überhaupt? Eigentlich war es doch egal. Tine hatte recht. Nächste Woche wäre er weg und alles andere wäre dann wie sonst auch. Er musste nichts wissen. War nur ne schnelle Nummer für zwischendurch… obwohl er eigentlich zu nett für so was war.

„Nein, ich meinte… dein Freund. Er sah… jaloux… eifersüchtig aus.“„Nej… Nein… wirklich nicht. Er… es ist seltsam zwischen uns, aber ich hab keinen Freund“, versicherte ich ihm, schnell. Vielleicht hätte er sich die ganze Sache sonst noch anders überlegt… oder ich hätte sie gar nicht erst angefangen. Ich wollte nichts mit Typen anfangen die vergeben waren –ja ich fragte wirklich danach, ob ich dann angelogen wurde oder nicht war ja erst mal zweitens, wie sollte ich es auch nachweisen?- demnach würde ich auch die Finger von anderen lassen, wenn ich einen…. Freund hätte… Das klingt selbst in meinen Ohren absurd. Ich und einen Freund…

Mit einem Nicken beließ er es dabei. Stattdessen versuchten wir uns über den Film zu unterhalten, den wir mehr oder weniger schauen würden, was leichter gedacht war als getan, da sein Deutsch dann und wann doch sehr holprig war, und mein Dänisch sich –danke seines Crashkurses- auf ein minimales Minimum beschränkte.

 

Das Kino war nur spärlich besucht -was erwartete man auch bei einem drittklassigen Film in einem winzigen Dorfkino- weshalb wir es uns problemlos gemütlich machen konnten, ohne, dass sich irgendwer daran störte.

Da wir zu früh dran waren, vertrieben wir uns die Zeit mit schlechten Witzen, die nur durch Niels‘ Aussprache witzig wurden und der Fortsetzung des Dänischkurses. Da mochte der Streber in mir durch kommen, doch wenn es um Fremdsprachen ging lernte ich gern, auch wenns seltsam klang und bei meinen Freunden auf Unverständnis stieß. Wozu brauchte ich je im Leben Dänisch?

Als der Vorspann einsetzte, verstummte der Blonde –seine Haare waren von Natur aus so hell, nicht wie meine. Da verwettete ich meinen Hintern drauf!- und blickte Aufmerksam zum Bildschirm, während ich sein Profil musterte. Er wirkte recht jung, auch wenn er älter war als ich. Achtzehn vermutete ich, oder neunzehn, er tat sehr geheimnisvoll wenn es um sein Alter ging, doch da Arne achtzehn war, schätzte ich Niels auch in diesem Bereich ein.

Eigentlich war er für meinen Geschmack zu… weich. Alles war so glatt an ihm, auch wenn sich ein Bartschatten andeutete.

Dennoch lehnte ich mich, dreist wie ich war, an ihn und ignorierte den einsetzenden Film gekonnt, bis ich schließlich auch Niels so weit gebracht hatte, sich auf mich zu konzentrieren.

Man ging nicht ins Kino um den Film zu sehen! War das bei denen da oben nicht so? Wurde langsam Zeit, dass man ihm das beibrachte.

 

Er war wirklich weich, wie ich schon vermutet hatte. Oder wollte ich das er sich so anfühlte? Wenn ich nicht wüsste, dass er ein Kerl war,  hätte ich fast glauben können ein Mädchen zu küssen. Ich ignorierte das Gefühl, dass ich genauso gut Tine hätte küssen können, und ließ ihn weiter machen. Schlecht war es ja nicht. Unbeholfen, vielleicht, aber nicht zum Weglaufen. Ja, mit ein bisschen Willenskraft konnte man sich dran gewöhnen.

Langsam taute er auf, versuchte nichtmehr krampfhaft die Finger in sein Bein zu bohren.Gut Kleiner, prima, um meine Schultern gelegt macht dein Arm sich besser.Kam es mir nur so vor oder verhielt der Typ sich wie eine Jungfrau? Gott… er war doch nicht ernsthaft… So was wollte ich mir doch nicht ernsthaft antun… Obwohl… Vielleicht wäre es andersrum auch mal ganz nett. Aber eigentlich wollte ich mich nicht anstrengen. Und wenn er noch nie hatte musste man ja auch noch vorsichtig sein, sonst würde er nur rumheulen… Viel zu stressig. Ich hoffte einfach,  dass er nur schüchtern war und sich das im Laufe des Nachmittags/Abends legen würde. Genau. Und jetzt ordne die Gedanken Jule! Er guckt schon so komisch.

Jaja, bin ja schon wieder bei der Sache, Kleiner.

 

War ich dann aber anscheinend doch nicht. Zumindest nicht wirklich.Irgendwas schien mich immer zu stören und ich wusste einfach nicht warum…Doch… eigentlich wusste ich es. Ich wollte es aber nicht wissen. Es gab halt einen Grund, warum ich nie länger was mit einem Kerl hatte. Man fing an den neuen mit dem alten zu vergleichen. Es war nicht schön Niels mit dem Blödmann zuhause vergleichen zu müssen. Konnte man dagegen nichts tun?Es nervte ständig abgelenkt zu werden, wenn sich endlich jemand traute die Initiative zu ergreifen und seine Finger wenigstens bis unter mein Short zu schieben!

Seufzend schob ich den Blonden von mir, woraufhin er mich nur fragend ansah. „Hab ich…“„Nein, du hast nichts falsch gemacht… es ist nur…“ Erneut seufzte ich und fuhr mir frustriert durch die Haare. „Ich kann das so nicht. Ich würde gerne, wirklich… aber… ich kann mich einfach nicht konzentrieren.“

„Er du forelsket?“

„Måske lidt…“

Ein leises Lachen entkam ihm, was ein Zischen von Hinten hervorrief. Waren wir wohl doch nicht so allein wie angenommen.

„Wie ist man bitte womöglich ein bisschen verliebt?“

Unsanft stieß ich ihn in die Seite. Ich hasste es ausgelacht zu werden! „Keine Ahnung“, fuhr ich ihn leise an, was ihn jedoch noch mehr anstachelte. Fand die Omi in der Vorletzten Reihe nicht lustig. Glücklicherweise blieb sie hinten. Mit einem Gehstock wollte ich wirklich nicht verprügelt werden, auch wenn das noch zu meinem Glück gefehlt hätte, so beschissen wie es bei mir lief.

 

Nach dem Film schlenderten wir noch etwas durch die Straßen, jeder ein Eis in der Hand, da die Eisdiele das einzige Geschäft war, was noch offen hatte. Scheiß sogenannte Kleinstatt. Am Markt angekommen, ließ er mich schließlich los und machte es sich auf einer der Bänke bequem. Der Markt war schön, wenn grad nicht irgendwelche Halbstarken so tun müssten als würden sie eine Demo abhalten, oder schreiende Leute versuchten ihre Ware an den Mann zu bringen. Große Blumenbeete, viele Sitzmöglichkeiten, Ein großer Springbrunnen der sogar noch in Betrieb war und direkt gegenüber Manus Arbeitsplatz. Wenn alles gut lief hätte sie in einer halben Stunde Feierabend und könnte uns mitnehmen. Irgendwie hatten wir den Tag nicht richtig durchdacht. Beziehungsweise ich hatte es nicht. Niels musste ja nur in die Gasse hinter dem Markt und wäre in seiner vorläufigen Bleibe angekommen.

„Soll ich dich noch zu Tanja bringen?“ Mir war der Name der Tussi wieder eingefallen, bei der er untergebracht war. Zögernd nickte er, erhob sich schließlich und lief gemächlich neben mi her, bis wir an dem Mehrfamilienhaus angelangten.

„Spielst du trotzdem weiter Reiseführer für mich? Jeg kan gøre dig lide, der er stadig god.“

Jetzt wollte Niels es aber wissen. Ich hab nur ‚ich‘ und ‚du‘ und ‚leiden‘ verstanden. Entweder wollte er mir jetzt sagen, dass er mich trotzdem mag, oder das er unter mir leidet… was aber irgendwie keinen Sinn machte.

„Klar“, ich hoffte einfach auf das Beste und stimmte zu. Würde er mich nicht mögen würde er nicht fragen ob ich Zeit mit ihm verbringe, oder?

„Du solltest dich beeilen, oder? Deine Mutter fährt bald nach Hause?“ Vielsagend deutete er zur Kirchturmuhr, die nicht weit von uns entfernt in den Himmel ragte. Ich klärte ihn nicht auf, dass Manu nicht meine Mutter war, wäre immer noch zu kompliziert, auch wenn er mich zu meiner Sippschaft ausgequetscht hatte.Langsam deutete ich ein Nicken an, wollte dennoch nicht so recht losgehen. Es lief nicht so wie geplant und er sollte nicht denken, dass… was auch immer. Ich war mir ja noch nicht einmal klar darüber was er nicht denken sollte.

Kan jeg få en godnat kys?“ Seine Frage ließ mich schmunzeln, auch wenn ich nur den Gutenachtkuss verstanden hatte.

Mit einem ‚Men kun én.‘ –Aber nur einen- küsste ich ihn das letzte Mal –ich meinte hier das letzte Mal. Nicht für heute sondern auch bis zu seiner Abfahrt! Selbst da hatte ich nur noch ein Küsschen auf die Wange gekriegt.- ehe ich mich schließlich in Bewegung setzte, um Manu nicht zu verpassen.

 

 

*Jennis*

 

Kurz nach Neun hörte ich wie Mama nach Hause kam, jedoch hatte ich keine Ambitionen nochmal aus dem Bett zu kraxeln. Nicht heute.Ich wollte eigentlich nur noch schlafen und den Scheißtag vergessen. Konnte ich aber nicht, da mir jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, durch den Kopf ging, was die zwei Blondchen gerade trieben.

Ich staunte jedoch nicht schlecht, als die Tür unsanft aufgerissen und scheppernd zurück ins Schloss geknallt wurde.

Ohne mich eines Blickes zu würdigen schälte er sich ruppig aus seinen Sachen, ehe er ohne das Licht auszumachen oder zu duschen –wie er es sonst immer machte wenn er schlafen ging- in sein Bett krabbelte und mir demonstrativ die kalte Schulter zeigt.

 

Irgendwas lief hier verkehrt. Er war viel zu früh da, entweder war der andere so mies oder… nein was anderes fiel mir nicht ein.„Lief wohl nicht wie geplant?“ Ich konnte es mir nicht verkneifen. Ich MUSSTE ihn piesacken. Was machte der Kerl auch so eine Scheiße…

 Ein „Hold kæft!“ flog mir entgegen. Wie bedröppelt saß ich nun im Bett und hatte keine Ahnung, was das gerade war. Erstens, weil ich keine Ahnung hatte, was genau mir entgegen gebracht wurde und zweitens, weil er ruhig klang. Nicht ‚ich-explodier-gleich‘-ruhig sondern ruhig-ruhig.Ich musste doch schon träumen. Die Situation gerade war mehr als nicht normal. Gab es von nicht normal einen Superlativ?

 

„Ist irgendwas passiert?“Ich kam zu dem Schluss, dass es so sein musste. Jetzt musste ich nur noch wissen was genau es war, damit ich wusste wie sehr ich diesen dämlichen Dänen zurichten konnte.

Sein ‚nein‘ verwunderte mich. Er war ein mieser Lügner, aber er log auch nicht.„Was ist dann los?“

Einen Moment zögerte er. „Nichts.“ Diesmal war es gelogen, dennoch fragte ich nicht weiter nach, sondern schubste ihn ein Stück beiseite, krabbelte so gut wie möglich unter seine Decke und schlang von hinten einen Arm um ihn. So würde er irgendwann reden, soviel hatte ich mittlerweile herausgefunden.

Seine einzige Erklärung blieb jedoch ein ‚Alles deine Schuld‘, ehe er einschlief und mich verwirrt zurückließ. Vielen Dank auch…

 

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So... das faule Aas lebt noch...

das Kapi hat mir alle Nerven geraubt...

ich find Dänsich witzig...

ich kann es aber nicht, also steinigt mich nciht, wenn es falsch ist.

Alles kursivgeschriebene ist Dänisch (oder ein Versuch dessen)

Ich hoffe ich konnte Jenni zu eurer Zufriedenheit ärgern XD (ich fands auf alle Fälle lustig)

 

Nunja morgen bin ich erstmal in Tschechien und vorher auf der Festung in Königsstein. Mal schaun wann ich nach den Strapatzen weiterschreiben kann

*seufz*

LG

 

 

Was sich neckt... (...kauft sich nen Kombi)

 

*Julian*

 

Wie nicht anders zu erwarten, brachte es unsere ach so tolle Schulleitung noch immer nicht auf die Reihe, den Stundenplan so zu legen, dass die Räume nicht doppelt belegt waren. Soll heißen: wir –oder eher ich- durfte mich noch immer mit Jennis Klasse herumschlagen.

Wie konnte er nur so viele Deppen auf einem Haufen ertragen? Ich rastete ja schon aus, wenn ich nur zwei Stunden deren dummes Geblöke anhören musste. Hatte ich jetzt Mitleid mit dem Kerl, nur weil wir ein oder zweimal… oder ein paar Mal mehr im Bett gelandet waren? Nein, bestimmt nicht… Ich verstand nur nicht, wie er so ruhig bleiben und KEINEN Massenmord begehen konnte.

„Alles klar?“ Fragend musterte Tine mich, die sich neben mir auf der Bank in der Umkleidekabine breit machte. Seit wir mit diesen Affen Unterricht hatten zog ich es dauerhaft vor die Kabine für die Ladys zu benutzen. Es gab Dinge, die wollte selbst ein schwuler Teenie nicht zu Gesicht kriegen. Außerdem hatte ich nicht das Bedürfnis, meinen Mitbewohner –ich glaubte, dass ich mich langsam an den Gedanken gewöhnte- in der Schule zu bespringen. Und mal ehrlich, was blieb mir anderes übrig als genau das zu tun wenn er in kurzen Shorts oder frisch geduscht oder verschwitzt und halb nackt vor einem herumwedelte? Richtig. Sich fern halten! Nur keine Gelegenheit beim Schopfe packen. Wäre ja noch schöner.

So nötig hatte ich es auch wieder nicht.

Aber man musste ja nichts riskieren…

„Ja… alles klar“, brummte ich schließlich eine Antwort. Ich vermutete, sie hatte keine mehr erwartet, immerhin hatte ich sie eine ganze Zeit lang angeschwiegen. Wie ein Idiot.

„Lass uns rein gehen.“ Ehe ich mich noch mehr zum Deppen machte. Unter Vollidioten wirkte man gleich intelligenter. Und wenn nicht sah ich zumindest besser aus als 90% des Rests.

 

Die Stunden vergingen wie sonst auch. Die meisten drücken sich griesgrämig vor der Bewegung, der Rest spielte irgendwelche Spiele. Die Idioten gaben dämliche Kommentare von sich –dabei konnte ich gar nichts dafür, dass ihnen meine neue Sporthose gar nicht gefiel- und ich versuchte mich zurückzuhalten und nicht ständig rumzuschreien wie scheiße die Typen waren die mir aufgezwungen worden waren.

Nur eines war seltsam… Jen…

Es war bereits eine ganze Weile her, dass wir in der Schule so aneinander geraten waren…

 

*Jennis*

 

Konnte man mir den Drang verübeln, folgende Textpassage aus einem Lied immer wieder vor mich hin zu schreien ‚Excuse me miss, but can I get you out your panties‘. Welcher Teufel hatte Jule geritten sich so ein Ding zuzulegen?

Bei dem Ding verging einem alles. Neon gelb-grün… oder so. Meine Augen taten weh bei dem Anblick. Ich glaubte hin und wieder auch etwas pinkfarbenes aufleuchten zu sehen, doch sicher war ich mir nicht. Und bei der Länge brauchte man auch gar nichts tragen.

Was mich zu meinem nächsten Problem brachte.

Ich reagierte trotz dem hässlichen Fetzen auf ihn… gerade so als würde er wirklich nichts anhaben… außer vielleicht diese Batman-Shorts die sich hauteng über seinen Hinter spannten und… Gott nein. Denk an Achim. Der Kerl schwitzt neben dir wie Sau, Jennis. Oh ja, das killte alles. Ich hoffte ich würde jemals wieder einen hoch kriegen…

 

…okay… ja ging noch. Verdammte Scheiße, wie alt war ich? Dreizehn? Ich dachte aus dieser peinlichen Phase wäre ich mittlerweile raus. Vielen Dank auch du dämlicher Mistkerl!

Das blonde Wunder innerlich zu verfluchen half mir nicht weiter, ihn laut anzugehen hingegen schon. „Pass doch auf was du machst!“ Keine Ahnung was ihn aus dem Konzept gebracht hatte und er nun versuchte mich umzurennen. Meine Füße hassten es auf jeden Fall, auch wenn sie dieses ‚ES‘ noch gar nicht kannten. Wie es schien war es, anders als erwartet, nicht mit Absicht gewesen. Dazu zuckte er viel zu stark zusammen als ich ihn anfuhr.

Schreien fühlte sich gut an. Jedoch nicht gut-gut, sondern im-Moment-absolut-fehl-am-Platz-gut…. Konnte mich bitte wer erlösen? Ein treffsicherer Knock-Out zum Beispiel. Vielleicht auch ein Erdloch, das wahlweise mich oder ihn verschluckte. Oder die Gute-Mode-Fee, welche ihm was Anständiges anzog. Einen alten Kartoffelsack oder so. In so einem Ding, sah bestimmt nicht mal er gut aus.

 

Ich war heillos froh, als der Drachen pfiff und verkündete, dass wir ‚Lahmärsche‘ verschwinden sollten. Noch eine Minute länger diese kurzen Hosen und … ich hätte für nichts mehr garantieren können. Konnte ich auch immer noch nicht, denn als er aus der Damenumkleide kam, bemerkte ich, dass das Unheil weiter ging. Heute Morgen war ich alleine zur Schule gefahren, da er erst zur dritten Stunde da sein musste und Silke ihn gefahren hatte. Bis auf den Sportunterricht lagen unsere Stunden außerdem so, dass wir uns nicht zu Gesicht bekommen hatten… weshalb mir dieses andere schreckliche Etwas erst jetzt auffiel und alle guten Vorsätze,  von wegen sich ruhig zu verhalten und so weiter, einfach verpufften.

 

„Hey Jen, kommst du mit in die Eisdiele?“ Jule hatte mich entdeckt und vermutlich einen Anflug von Nettigkeit. Wir waren nicht unbedingt die besten Freunde, also war die Frage von ihm nicht unbedingt zu erwarten. Von den anderen vielleicht, nicht jedoch von ihm. Eis klang verlockend.

Dennoch lehnte ich ab. „Und du vermutlich auch nicht. Wir müssen nach Hause. Jetzt!“Was genau mich dazu veranlasst hatte sein Handgelenk zu greifen und ihn hinter mir her zu ziehen bis zu meinem Auto, wusste selbst ich nicht. Doch wider jeder Erwartung protestierte er nicht, sondern stieg einfach ein und wartete drauf, dass ich los fuhr. Ich fragte nicht warum er sich einfach von seinem heiß geliebten Eis abhalten ließ. Mir war es nur recht.

 

Unruhig lenkte ich das Auto auf die Hauptstraße, ließ die Stadt hinter mir. Ignorierte die Ortschaften an denen wir vorbeifuhren, bis ich schließlich auf halbem Weg unsanft auf die Bremse trat –mir dadurch einen missbilligenden Blick einfing- und von der Hauptstraße abfuhr, dem unebenen Feldweg folgte, um schließlich den Motor abzustellen.

„Jen? Ist was? Gibt es einen Grund, weshalb du mitten in der Pampa hältst?“

 

 

*Julian*

 

War sein Verhalten merkwürdig? Ja.War es mir egal? Ja.War ich dennoch neugierig? Aber hallo.

Irgendwas war mit ihm.

Nicht das ich irgendwelche Bedenken hegte; er war kein Verrückter der mich umbringen und hier verbuddeln wollen würde. Immerhin wussten alle, dass ich mit ihm mitgefahren bin und SO abgelegen standen wir nun auch nicht.Hin und wieder kam hier sogar ein Hund mitsamt Herrchen vorbei. Aber wenn ich es recht bedachte… Er war schon die ganze Zeit heute merkwürdig, was auch der einzige Grund für mich war, mit ihm mitzufahren anstatt Eis mit den Mädels zu essen. Ich hoffte für ihn, dass es sich lohnte, sonst konnte er was erleben.

Er warf mir einen komischen Blick zu, während er, nervös wie es schien, am Schaltknüppel spielte. Eine Antwort erhielt ich jedoch nicht.

„Jen. Antworte mir oder fahr weiter. Ich hab keine Lust hier dämlich rumzustehen wenn ich andere Sachen machen kö…“ Der Rest ging in einem unartikulierten ‚mumpffffhum‘ unter.Warum konnte ich plötzlich nicht mehr normal reden? Ach richtig… Mir steckte eine fremde Zunge im Hals.

Fand ich die Situation noch immer seltsam? Ja.

Kribbelte es trotzdem wie verrückt? Großes Ja.

Würden wir austesten was sein Auto alles aushielt? Darauf könnt ihr Gift nehmen.

 

Das Auto überlebte ohne größere Schäden. Den Rückspiegel konnte man wieder ankleben! Bei mir sah das ganze schon anders aus. Ich würde Kopfschmerzen haben wie sau, so oft wie mein Kopf gegen die Decke oder die Kopfstütze oder dergleichen geschlagen war. Der Schaltknüppel hatte auch einen bleibenden Eindruck hinterlassen, der unter Garantie blau werden würde. War es das wert?

Seufzend sortierte ich meine Knochen neu und schielte an mir herunter. Ich lag auf dem Rücksitz wie ein Fragezeichen. Jennis erging es nicht besser, wo er seine Beine verstaut hatte war mir ein Rätsel, ebenso wohin meine Hosen verschwunden waren –nach einigem Suchen hatten wir sie später im Kofferraum gefunden!

Wie er es so oft machte, wenn wir… unserem hormonellen Drang… nachgegangen waren, lag auch jetzt sein Kopf auf der unteren Hälfte meines Körpers- Wann immer es ging missbrauchte er meinen Bauch oder meinen Schoß als Kopfkissen, was er daran fand, konnte ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Beides war nicht sehr bequem!- und zog mit den Fingern kleine Kreise am Ansatz meines Oberschenkels.

Scheiße… nach so einer Aktion musste ich meine Frage einfach mit ‚Ja‘ beantworten. So suspekt es auch klang. Mit ihm würde ich noch ganz andere Sachen testen.

„Jen…“

„Hm…“

„Wenn du so was nochmal machen willst…. Dann kauf dir, verflucht nochmal, einen Kombi oder einen VW Bus!“

Sein leises Lachen ließ meine untere Hälfte vibrieren, während er weiter ungerührt Muster malte. „Geht klar.“

 

Langsam wurde die Position unbequem. Mein Nacken fühlte sich so gegen die Tür gepresst sichtlich unwohl. Trotzdem brachte ich es nicht über mich, die Position zu verändern. Zu angenehm fand ich seine Behandlung gerade, auch wenn ich wusste, dass danach nichts folgen würde. Es war schon ein Wunder, dass wir nicht erwischt worden sind und sein Glück strapazierte man lieber nicht zu sehr.

„…du kratzt…“

„Was?“ Sein Nuscheln war undeutlich.

„Ich sagte du kratzt…“ Demonstrativ rieb er seine Wange eindeutig eine Etage zu tief. „Das hier war auch nicht geplant, also beschwer dich nicht!“ Wenn es ihn so störte, dann sollte er gefälligst 14 Tage vor solchen Aktionen einen schriftlichen Antrag einreichen, damit ich eine Haarentfernung einplanen konnte. War nicht so, dass ich jeden Tag Zeit für diesen Scheiß hatte.

„…Hör doch einfach auf zu planen… Is mir doch Wurst ob du untenrum aussiehst wie zwölf oder nicht… nur das kratzen stört.“

Oh Gott… Oh Gott! Ich wollte mir gar nicht vorstellen, dass er so was auch noch tat wenn ich… Gott.

„Hör jetzt auf damit. Wir sollten nach Hause. Nicht das irgendwer dumme Fragen stellt.“ Ich hatte nicht wirklich Bedenken, dass irgendwer fragen würde warum wir so spät waren, dennoch…„Okay…“ Leise brummelnd ließ er unwillig von mir ab, sodass ich mich aufsetzen, meinen schmerzenden Rücken verfluchen und mich schließlich anziehen konnte.

 

Auf dem Heimweg warf er mir nur einen einzigen kurzen Seitenblick zu, verhielt sich dann jedoch wie sonst auch. Schwieg über das was passiert war und erklärte meinem Vater auch nicht, warum er Kleber brauchte, der Glas und seinen Spiegel zusammenhalten konnte.

Sollten die den Mist mal unter sich ausmachen.Ich brauchte eine Dusche und für einen Moment meine Ruhe…

 

 

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Grund Gütiger... ihr dürft mir gerne schlimme Dinge antun.... nur keine falsche Scheu....

da hatte ich schon 2 Wochen Urlaub und hab kein einziges Wort geschrieben....

Und das Kapitel ist wie immer viel zu kurz.... und viel zu zensiert und... naja anders gelaufen als geplant....

 

Und ich hab mir mal meine Aufzeichnungen angesehen... und festgestellt.... hier kommt bald nicht mehr viel.... ungefähr fünf Kapitel sind noch geplant... das ist die Geschichte auch vorbei Q.Q

Alltagstrott


 

*Jennis*

 

Warmes Wasser schwappte um mich herum, als Julian sich leise murrend bewegte, eine bequemere Position suchte und schließlich weiterdöste.

Warum er so gern zusammen mit anderen badete konnte ich mir nicht erklären, ebenso wenig Silke oder die Mädchen. Doch ich nahm es hin.

Wie immer.

Abwesend ließ ich meine Finger durch seine nassen Haare, über Wange und Schläfe gleiten. Er ließ es sich gefallen.

In letzter Zeit murrte er eh wenig. Er stritt nicht, er war nicht genervt… er war einfach nur… sterbenslangweilig… zumindest vom Verhalten her.

Es schien, als wäre Julian-die-Zicke zu Julian-dem-Lämmchen mutiert. Ich wollte, dass er zurück mutierte. Nur ein bisschen.

Ein paar Sticheleien, ein paar Gemeinheiten.

Seufzend ließ ich mich tiefer ins Wasser gleiten, was mir ein unzufriedenes knurren einbrachte, gefolgt von einem ‚halt gefälligst Still du blöder Kerl‘.

Na gut. Manchmal blitzte er doch noch durch.

Aber es war merkwürdig, wie sehr er sich in nicht mal einem Jahr verändert hatte.

Ich wollte nicht, dass er sich veränderte. Ich wollte ihn so wie er war.

Ich…

…war zu egoistisch, um ihm genau das zu sagen. Ich wollte, dass er weiter so war. Ich wollte, dass er mich so nah an sich ranließ wie er es im Moment tat. Und ich wollte mein blondes Miststück zurück… um jeden Preis.

Dieser dämliche Alltagstrott konnte mich kreuzweise!

Ich wollte ihn, wie er war, kein braves Lämmchen! Und das würde ich auch kriegen.Wo wäre bitte der Spaß wenn es so einfach wäre!

 

Wildentschlossen erhob ich mich, griff nach der Brause und scheuchte ein quietschendes Etwas von mir weg, nur um mit wilden Flüchen und diversen Schwämmen beworfen zu werden.

Ja, genauso musste er sein. Genauso musste er mich wollen.Und irgendwann würde ich ihn kriegen!

 

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so ich hab was geschrieben.... ganz fix...

*hust*

jaja ich weiß... waaaaaas nicht mal ne A4 Seite voll?

 

Undzufriedenes Pack ihr.... XD

Keine Bange.... ich schreib schon weiter. Ich wollte nur kurz Jenjen seinen Gedanken gönnen.

Bald gehts weiter mit dem Rest.

Mütter

*Manu*

 

Die Kinder hatten endlich die Schule hinter sich gebracht. Zumindest für eine Weile. Wenn ich daran dachte, dass bald Jens letztes Schuljahr anstand wurde mir ganz anders. Gerade eben war er noch mein kleines Baby und jetzt ist er… mein großes, in Sillis Rosenbeet hockendes Baby.

Seufzend ließ ich den Teller zurück in die Spüle sinken und beobachtete meine Engel. Adam jagte unermüdlich hinter der Nachbarkatze her, dicht gefolgt von den Mädchen mit einer Ausnahme; Effi war außer Haus, um ihr Superzeugnis zu feiern und diesem Irrenhaus hier zu entkommen. Und Jule ließ sich in der Sonne gar brutzeln, während Jen Silkes Rosen vom Unkraut befreite. Sie liebte Rosen und doch hasste sie die Gartenarbeit so sehr, dass sie sie vernachlässigte.

Ein Glück für sie, dass mein Baby das ganze freiwillig machte, auch noch gerne.

Das aufgeregte quietschen der Mädchen drang durch das geöffnete Küchenfenster zur mir herein, währen dich weiter ein Auge auf meine großen Jungs hatte.

Mit den beiden war irgendetwas. In letzter Zeit waren sie so… Ich wusste es nicht zu beschreiben. Noch immer wie Katz und Maus… dennoch anders.

Das beste Beispiel dafür, spielte sich in genau diesem Moment vor meinen Augen ab.

Breit grinsend ging Jennis auf Julian zu, murmelte etwas unverständliches, während er ihm eine der Rosen, die wohl abgeknickt war, in die Haare streckte und dadurch ein „Spinner“ kassierte. Beide schienen sich am Verhalten des anderen jedoch nicht wirklich zu stören. Es wirkte wie eine Art… Spiel. Eine Show, die die beiden für sich selbst abzogen.

„Es ist merkwürdig, dass sie sich so…gut vertragen…“ Seufzend ließ ich den Kopf nach hinten an Silkes Schulter fallen, als sie an mich herangetreten war und ihre Arme um mich gelegt hatte.

„Freu dich doch. Schont unsere Nerven!“ Ihre lachende Antwort irritierte mich. Fand sie es denn gar nicht merkwürdig, dass sich die Jungs plötzlich so anders benahmen?

„Ich find es ja nicht schlimm… aber… irgendwie…“„Aber irgendwie sieht es so aus, als würde zwischen den beiden was laufen?“

„Nei… was?“

Eine Augenbraue nach oben gezogen musterte ich ihr Profil, da sie ihren Blick noch immer in den Garten gerichtet hielt. Ihr wissender Klang…

„Meinst du wirklich?“

Sie nickte kaum merklich, ließ ihren Daumen Gedankenverloren über meinen Bauch kreisen, ehe sie einen Kuss auf meinen Nacken hauchte und ihre Umarmung schließlich löste. „Schau dir die beiden doch einfach mal an… sie…“ Ihr Lächeln sprach Bände. „Außerdem: Mr. Unbekannt, den Julchen hin und wieder hier angeschleppt hatte war ewig nicht da.“ Vermutlich sollten wir nicht wissen, dass er des Öfteren Besuch hatte. Um ihm einen Gefallen zu tun, verschwiegen wir, dass sein leises rein und rausschleichen sinnlos war und spielten die Scharade mit.

„Meinst du wir sollten dazu irgendwas sagen?“ Ich war mir nicht sicher, ob ich das ganze gutheißen sollte. Immerhin waren die zwei meine Babys, wenn auch nicht biologisch gesehen. Außerdem kannte ich Jule mittlerweile. Ich wollte nicht, das er meinem Jenni-Bär –Grundgütiger, Jennis würde ausrasten, wenn ich ihn laut so nennen würde. Er ertrug es ja selbst bei Silke kaum!- wehtat. Und doch… der Anblick der zwei, wie sie miteinander umgingen war…

„Ach lassen wir sie lieber…“ Erneut stieß ich ein Seufzen aus. Versuchte mich auf das dreckige Geschirr im Spülbecken zu konzentrieren.

„Worüber redet ihr zwei Damen?“

Kaum merklich zuckte ich zusammen, hatte ich doch nicht bemerkt, dass Bernd die Küche betreten hatte und sich zu uns gesellte.Silli speiste ihn mit einem ‚Nichts‘ ab, konnte dennoch nicht verhindern, dass sein Blick auf die Jungs fiel und er einen missbilligenden Laut von sich gab, welcher Wut in mir hochkochen ließ.

Bernd war kein schlechter Kerl.Ich hasste ihn nicht… auch wenn die Situation so etwas mit Sicherheit erfordert hätte.Irgendwie liebte ich ihn sogar. Er war der Vater meiner zwei Kleinen. Ich war ihm dankbar für meine Babys und trotzdem…Wann immer er sich so verhielt, kochte der Hass in mir herauf. Warum hegte er eine solche Abneigung gegen sein eigenes Kind.In solchen Situation wünschte ich mir ein tiefes Erdloch, in welches ich ihn schubsen könnte. In solchen Situationen fragte ich mich, wie Silke es nur all die Jahre mit ihm ausgehalten hatte. Hatte sie wirklich so viel Angst ihre Kinder zu verlieren?

Ja…

Und ich konnte es ihr nicht verübeln. Mir würde es nicht anders ergehen…

Deshalb wurde er ertragen…

Auch wenn es schwer fiel.

 

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Höhöhö.... wer hätte erwartet, dass Manu mal zu Wort kommt?
Tja ich nciht. Aber es überkam mich einfach.
Vielleicht kann man sie und Silke so etwas besser evrstehen.

Und wieder ist das Kapi nur kurz geworden... aber das nächste wird länger (und auch länger dauern) ... vielleicht muss ich es auch zweiteilen... mal schaun.

Festival: Vorglühen

 

*Julian*

 

Okay. Immer mit der Ruhe.Unterwäsche? Check!Hosen? Check!Shirts? Auch in Ordnung. Ich hatte alles zusammen. Oder?Hatte ich vielleicht doch etwas vergessen?

Eintrittskarten?Drei Stück….

Oh Gott… drei?Ich wusste, dass da noch was war.

„JENNIIIIIIIIIS!!!!“ Aufgeregt brüllte ich das halbe Haus zusammen, wie ich es sonst nur tat, wenn mir im Halbdunkel eine fette Spinne begegnete und ich hysterisch wurde, wenn keiner sie innerhalb von 30 Sekunden entfernt hatte. Dementsprechend schnell stand der Gesuchte vor mir und blickte sich panisch um, wo denn das Übel liegen könnte.

Manchmal war er wirklich herzallerliebst.

„Wo ist das Vieh?“„Welches Vieh?“ Unschuldig blinzelte ich ihn an, wusste jedoch genau was er meinte. „Wegen dem du so gebrüllt hast?“„Kann mich nicht erinnern…“„DU….“ Drohend richtete sich sein Finger auf mich. „Reg dich ab. Hier.“ Grinsend reichte ich ihm zwei der Karten und wies ihn an, endlich seine Sachen zu packen. Immerhin wollten wir in zwanzig Minuten los und Tine dürfte auch gleich hier aufschlagen.„Was ist das?“ Skeptisch beäugte er das Papier. Wusste sichtlich nichts damit anzufangen, auch wenn er wusste wofür die Dinger waren. Ich redete seit Tagen schließlich über nichts anderes mehr.„Eintrittskarten.“

„Wozu?“

„Damit du mir rein darfst?“

„Und wieso zwei?“

„Damit du noch jemanden mitnehmen kannst?“

„Und wen bitte?“ Berechtigte Frage, alle die er irgendwie mochte hatten schon Karten und würden dort zu uns stoßen. Eigentlich… Und eigentlich hatte er auch keinerlei Interesse an dem Festival gezeigt.

Ein aufgeregt klingendes Klingeln an der Haustür erhellte mein Gesicht ein Stück weiter. Wie gerufen! „Wie wärs mit der da draußen?“

„W…“

„He Jenjen, du alter Purzelbär. Komm endlich runter und lass mich rein!“ Geschrei von unten ließ ihn stocken, übereilt zum Fenster stürzen und schließlich überrascht auflachen. „Lu…“ Sein blick glitt von unserer Haustür zu mir. „Jule… Lucy steht da unten…“

„Ich weiß…“ War immerhin nicht ganz unschuldig an der Tatsache, dass sie da unten stand. Man war das ein Akt, sie hierher zu beordern ohne, dass er davon Wind bekam. Ich fragte mich noch immer, wie Tine an ihre Nummer gekommen war. Hätten wir die noch kriegen müssen… oh Gott…

„Du…“

„Ich…“

„Danke.“ Überschwänglich drückte er mich an seine Brust, brach mir sämtliche Rippen –zumindest fast- und drückte stürmisch einen Kuss auf meine Lippen, ehe er schließlich nach unten hastete um seine beste Freundin doch noch rein zu lassen.

Brummelnd schaute ich ihm hinterher.Ich hatte ihm schon hundert Mal gesagt er solle das lassen. Ich stand nicht auf ständiges rumknutschen… Nicht wenn da nichts lief. Und hier lief grad gar nichts! Wie konnte der Kerl das nur machen, wenn er danach auf und davon und nicht mehr da war?!...

Das ging doch nicht. Das war…

Kein Grund sich aufzuregen. War nur ein Ausrutscher. Wird nicht wieder passieren…

Solche …Ausrutscher… kamen in letzter Zeit zu häufig vor, auch wenn sie mir erst im Nachhinein als solche ersichtlich waren.

Verdammt!

 

Noch zwei Mal hatte ich meine Tasche kontrolliert und mich dann dran gemacht Jennis etwas einzupacken. Der Kerl wäre ohne alles mitgefahren und nach den drei Festivaltagen entweder stinkend und verdreckt oder nackt und verdreckt zurückgekommen. Leihen konnte dem von uns niemand was.

 

Mit einer halben Stunde Verspätung saßen wir in dem Auto von Tines Mutter. Sie hatte angeboten uns vier zum Campingplatz zu fahren, welcher –welch glückliche Fügung- vielleicht eine dreiviertel Stunde –maximal- entfernt war. Morgen würde das Festival starten und morgen würden die Anderen zu uns stoßen, die von Debbis Eltern und Jochen gefahren wurden. Wenn ich gesagt hätte, dass ich aufgeregt war, dann war dies die Untertreibung des Jahres. Ich war EXTREM aufgeregt. Ich war sechzehn –fast siebzehn sogar- und durfte auf mein erstes Festival. Mama hatte es mir bisher verboten, da ich ihrer Meinung nach zu jung war. Frechheit, oder?!

 

Dafür, dass es erst Mittag war, war der Campingplatz neben dem Festivalgelände schon reichlich voll. Kennzeichen aus aller Herren (Bundes-)Länder machten es sich um uns herum bequem, während wir uns dran machten die Zelte aufzuschlagen und unser Revier zu markieren. Die Olle mit dem Düsseldorfer Kennzeichen guckte so gierig auf unser Stück Wiese. Nix da Schnepfe! Triumphierend stakste ich die Stangen für den Pavillon –nirgends konnte man besser grillen als unter so einem Ding- in den Boden, auch wenn es so mit Sicherheit nicht richtig war. Aber was meine war, das war nun mal meine und musste markiert werden. So einfach war das!

Ein kleines gehässiges Stimmchen in meinem Kopf –warum verdammt hatte ich so etwas und warum in drei Teufelsnamen hörte es sich nach Tine an?- fragte doch tatsächlich, ob ich Jenjen auch schon markiert hätte.Dämliche Frage. Der Kerl war nicht mein Revier… Er war nichts was mit MEINER vornweg kombiniert werden könnte. Außer Sohn meiner Irgendwiemutter oder so…Aber meiner war er nicht. Basta…

Doch irgendwie gefiel das meinem Stimmchen nicht.

Ich mochte es ganz und gar nicht wenn das Stimmchen verstimmt war –auch wenn ich es heute erst entdeckt hatte-, trotzdem wollte ich ihm nicht einfach seinen Willen lassen.

 

Im Laufe des Nachmittags schafften wir es den Pavillon so zusammen zu bauen, dass er auch als solches erkannt wurde und fest mit dem Boden verankert war. Zusammen mit Tine machte ich mich dran, das Essen für heute Abend herzurichten. Mama hatte uns zwar etliche Kühlboxen gepackt, doch fertig machen mussten wir das Zeug trotzdem. Immer wieder schielte ich kurz zu Lucy und Jennis, die verzweifelt versuchten den Grill zu entzünden. Doch ohne Anzünder taten sie sich mehr als schwer. Aus purer Nettigkeit hatte ich Debbi gebeten morgen welchen mitzubringen wenn sie hierher fuhren.

„War ne nette Idee.“

„Was war ne nette Idee?“ Ertappt senkte ich den Blick auf das Grünzeug vor mir, schnippelte schließlich weiter.

„Na Lucy dazu zu überreden hierher zu kommen.“

„Hm. War es. Auch wenn du dafür gesorgt hast.“ Ich hatte nicht viel beigetragen. Außer die Idee eingeworfen und unsere Pläne geheimgehalten. Was schwer war, da Tine und Lucy ständig telefoniert hatten und Jennis es mehr als einmal fast mitbekommen hätte.

„Nun guck nicht so. Ohne deine Idee, würden wir jetzt alleine hier hocken und uns mit dem Grill abquälen müssen.“ Lächelnd fuchtelte sie mit dem kleinen, spitzen Messer vor meiner Nase herum. Machte mir irgendwie Angst das Ganze.

Skeptisch verzog ich das Gesicht, immer ein Auge auf das Mordinstrument gerichtet. „Wären wir alleine hier, hätten wir das Zelt voller Kekse und Chips und würden uns die nächsten drei Tage von nichts anderem mehr ernähren.“

Sie setzte zu einem Protest an, sah es jedoch ein und nickte zustimmend. Hätten wir niemanden der uns in den Arsch tritt, würde das ganze wirklich so ablaufen. Wie die Zwei Wochen im vorletzten Sommer, als wir zu ihrer Oma gefahren waren. Die Oma hatte bloß keine Lust auf uns aufzupassen und ist einfach, nach einem Tag mit uns, zu einer Freundin gefahren, mit der Bitte ihr Haus stehen zu lassen. Das Ding stand noch. Grad so. Die umliegenden Häuser auch. Aber die Nachbarn wollten uns bestimmt nie wiedersehen. Ich würde sogar darauf wetten, dass wir in dem Nest für immer striktes „Hausverbot“ hatten und eingesperrt werden würden, wenn wir dennoch einen Schritt in das Kaff wagten.

Ich konnte ganze Zwei Monate keinen Kuchen mehr sehen. Zwei Wochen am Stück dieses Zeug war echt übel… vor allem, da ich nicht mehr in meine Hosen gepasst hatte…

Kopfschüttelnd brachte ich meine Gedanken zurück zu meiner Aufgabe.ich sollte aufhören zu starren und in Erinnerungen zu schwelgen… außer ich wollte mir einen Finger abhacken. War keine gute Beilage zum Salat, würde ich meinen.

 

„ES BRENNT“ Irres Lachen folgte dem nicht minder verrückten Ausruf und ließ mich zusammenfahren. Doch tatsächlich, vor Lucy, die stolz wie Oscar auf ihr Werk starrte, brannten die Kohlen im Grill gemächlich vor sich hin. Wie sie das geschafft hatte fragte ich lieber nicht. Vermutlich hatte sie dem Kerl von nebenan schöne Augen gemacht –dabei natürlich ihren Ring versteckt… wie konnte man in ihrem Alter nur schon verheiratet sein?- und sich so den Anzünder ergaunert, den sie triumphierend in Händen hielt.

Die Frau war eine Marke für sich.

 

Es begann bereits zu dämmern, als wir alle satt und zufrieden um den Grill saßen, wahlweise beobachteten wie die Glut langsam erstarb oder sich mit Antimückenspray einmuffend. Tine tat letzteres. Wir anderen ersteres. Mehr oder weniger. Ob ich wirklich an der herunterbrennenden Glut interessiert war, war nicht mehr nachzuweisen. Doch immerhin hielt sie mich davon ab, mich zu sehr mit mir selbst zu unterhalten. Auch wenn immer wieder Kommentare wie ‚Ist er nicht süß?‘ ‚Und so gut im Bett.‘ und ‚Eigentlich stehst du ja auf ihn. Du alte Miesmuschel willst es aus purer Sturheit nur nicht zugeben!‘ fielen, um mich zu provozieren.

Tse. Als ob irgendwas davon wahr wäre…Naja… ein Bisschen vielleicht schon.Ein ganz kleines Bisschen.

 

Irgendwann hatte ich es schließlich satt. Tine schaute mich verwundert an, als ich mich verabschiedete und im Zelt verschwand. Wenn ich dort drinnen verrückt werden und dem Stimmchen vielleicht laut antworten würde, dann bekäme es wenigstens keiner mit. Und ich MUSSTE einfach verrückt sein. Wieso sonst begann ich in Betracht zu ziehen, dass es vielleicht recht haben könnte?

 

Lange musste ich diese Gedanken nicht ertragen. In dieser Nacht schlief ich wie ein Stein und wurde erst am nächsten Morgen unsanft aus den Träumen gerissen, als die anderen zu uns stießen und wir versuchten deren Zelte aufzubauen, ehe die ersten Auftritte beginnen würden.

 

 

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damit ihr nicht zu lange auf mich lahme Ente warten müsst hab ich beschlossen dieses Kapitel zu spalten.

Im nächsten gibts.... naja hoffentlich was ihr alle erwartet.

Oder auch nciht *hust* mal schaun.

Festival: Headliner

 

*Julian*

 

Die Sonne bollerte noch immer wild vom Himmel. Dieses olle Mistding ärgerte uns bereits den ganzen Tag. Normalerweise liebte ich Sonne. Ich lag gerne ein paar Stündchen drin und ließ mich brutzeln… aber was zu viel war…

Wenn tausende Leute wild in der Sonne herumhampelten, verdreckt und verschwitzt und es nicht für nötig erachteten, nur weil sie hier auf einem Festival und nicht in der Oper waren, sich zu waschen und/oder wenigstens Deo aufzulegen und mir dann auch noch auf die Pelle rückten, DANN war unter Garantie eine Grenze erreicht. Wenn die Musik nicht so gut gewesen wäre, wäre ich ganz weit weg von hier, glaubt mir.

 

Die anderen wollten sich noch diese eine komische Band angucken, die ich beim besten Willen nicht kannte – und sie auch noch mehr als mies fand! – weshalb diesmal ich mich, zusammen mit Jochen, dem das hier wohl auch alles zu viel wurde, um den Grill kümmerte. Mit schnellerem Erfolg als Lucy und Jen gestern. Ich brauchte mich nicht mal an fremde Kerle ranschmeißen um an Anzünder zu gelangen.

 

Während die Kohlen langsam weiß wurden und das Fleisch langsam auf den Rost konnte, angelte ich im Zelt nach meinem Handy. Ein Glück war das Ding noch da. Es einfach im Zelt zu lassen kam mir äußerst gefährlich vor. Es mitzunehmen jedoch auch. Mama hatte aber drauf bestanden, dass wenn ich hierher gehe, ich mein Telefon mitnehmen müsste, damit ich mich ja bei ihr melden konnte. Was ich jetzt auch tat. Ich wollte ja nicht, dass sie zuhause graue Haare bekam… oder schlimmeres.

 

Von den anderen noch immer keine Spur, als ich aus dem Zelt krabbelte, das Handy diesmal sicher in meiner Hosentasche verstaut.

Setzte ich mich halt wieder zu Jochen.

Normalerweise tat ich das auch gern. Er war ruhig und nett und das komplette Gegenteil von mir… vielleicht mochte ich ihn deswegen. Oder weil ich einfach kein Interesse an ihm hatte, weder bei unserem Kennenlernen noch jetzt.

 

„Was ist los Zwerg?“

Erschrocken löste ich den Blick vom, vor sich her brutzelndem, Fleisch. „Was?“„Ich hab gefragt, was mit dir los ist“, wiederholte er ohne die Miene zu verziehen, oder mich für dämlich zu halten.„Nichts.“ Ich liebte dieses Wort. Wirklich. Es drückte so viel aus. Ein nichts konnte alles sein…. Nicht nur bei Frauen.Er wusste das genauso gut wie ich, weshalb er eine Augenbraue scharf nach oben zog und weiter geduldig auf meine Antwort wartete. Welche ich ihm nicht geben wollte, es aber dennoch tat. Jochen war einer der Menschen, bei denen man anfing seine Probleme auszukotzen. Egal ob man wollte oder nicht.

„Da ist so ein Kerl… Der hat gemeint, dass er mich mag. Stimmt auch… denk ich zumindest. Er verhält sich auf jeden Fall so und …“„Jule…“, unterbrach er, ganz untypisch, meine Ansprache. „Nenn das Kind beim Namen.“Das hatte ich befürchtet. Wirklich. Ich hatte Angst es auszusprechen. Warum auch immer. Vielleicht, weil es dann realer wirkte? „Jennis hat gesagt, dass er mich mag und ich weiß, dass es stimmt. Seit einiger Zeit landen wir regelmäßig im Bett… und…“ Ohne Luft zu holen erzählte ich ihm die ganze Geschichte. Alles.

„Und was genau ist daran nun das Problem? Ihr seid nicht verwandt. Auch wenn du dir das gerne einreden willst, weil du scharf drauf bist einen großen Bruder zu haben der auf dich aufpasst und verhätschelt… wie er es auch so tut. Und Julchen… selbst WENN ihr irgendwas miteinander zu tun hättet… was würde passieren? Keiner von euch kann schwanger werden. Alles im grünen Bereich also. Mach dir keinen Kopf.“

„Ich…“ Musste ich hier überhaupt noch antworten? Bei seiner Ansprache gerade hatte ich ganz vergessen worum es ging. …Ach ja mein Problem… okay… Da wusste ich trotzdem keine Antwort drauf. Brauchte ich auch nicht. Der Brummbär –der im Übrigen viel Intelligenter war als man meinen könnte- antwortete an meiner Stelle.

„Lass mich raten. Du hast Angst, dass du ihn auch gerne haben könntest. Es erinnert dich an deinen Vater. Der hat dich erst geliebt, bis du ihm nicht mehr in den Kram gepasst hast und jetzt bist du das Letzte für ihn. Du willst nicht, dass es dir mit Jennis genauso ergeht und streitest deshalb ab, dass du ihn magst. Was völliger Blödsinn ist, weil man merkt, dass du ihn gern hast. Mit welchem Kerl machst du es schon mehr als einmal… und das während du keinen anderen auch nur mit dem Arsch ansiehst. Du hast ja nicht mal heute geschaut, als alle halb nackt vor dir rumgehüpft sind.“

Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich baff war? Und das er mir angst machte. Und das er durchaus hätte Psychologe werden können? Schwer schluckend ließ ich alles sacken, war schon drauf und dran ihm eine pampige Antwort zu geben, von wegen da war nichts, alles nur Einbildung… doch ‚nichts‘ konnte viel sein, alles, bloß keine Einbildung.

„Gib wenigstens vor dir selbst zu, dass du ihn l…“ Ein böser Blick meinerseits ließ ihn das letzte Wort überdenken. Er sollte es bloß nicht übertreiben. L-Wörter wurden nicht in den Mund genommen. „…magst.“„Tu ich aber nicht.“ Ich blieb stur. Konnte ich am besten. Auch wenn von Anfang an klar war, wer den Kürzeren ziehen würde.„Nicht? Na gut… sag mir wenigstens, was du machen würdest, wenn sich ein anderer vor deinen Augen an ihn ranmacht?“Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. „Dem Typen die Augen auskratzen und im nächsten Erdloch versenken!“Da! Sagte ich nicht, dass ich wusste wer den Kürzeren zieht? Er bestimmt nicht. Tat er nie. Er war viel zu gut bei solchen Sachen.„Okay. Und nun beantworte meine Frage ehrlich. Magst du ihn?“ Ohne mich dabei anzusehen, da er das Fleisch wenden musste, immerhin wollten wir keine Briketts essen, schleuderte er mir die verhasste Frage erneut entgegen.Ich wusste, er könnte dieses Spiel ewig fortsetzten, also nickte ich schlicht. Reichte mir. Ihm nicht. „Ja, verdammt!“ Zischte ich schließlich, da mir sein Blick zu viel wurde.„Na geht doch. Jetzt musst du es nur noch ihm sagen.“„Eher friert die Hölle zu“, platzte es aus mir heraus. Purer Reflex, wirklich….„Julian. Keine Rückschritte okay? Wovor hast du Angst? Das er dich zurück weist? Das ist unwahrscheinlich. Er steht auf dich. Sieht man von weitem…. So wie er dich anhimmelt… Für dich würde sich nichts ändern… außer, dass du dir sicher sein kannst, dass du niemand die Augen auskratzen musst, weil er nur noch Augen für dich haben wird.“„Ich hasse dich…“„Du weißt ,dass ich recht hab, Hasi…“„Dann weißt du ja warum ich dich hasse…“ Tat ich natürlich nicht. Aber ich hasste es wenn er Recht hatte. Und wenn ich über so was nachdenken musste.„Ich bin kein Beziehungstyp… und genau darauf würde es hinauslaufen!“

Seufzend verdrehte er die Augen, wendete das tote Tier erneut, ehe er dazu etwas sagte. „Klar bist du ein Beziehungstyp… du musst es nur zulassen. Nimm an das er dich mag und du ihn und ihr weiter das macht, was ihr eh schon tut und du die Finger von anderen lässt und einfach etwas netter zu ihm bist und fertig.“„Das ‚netter‘ wäre ja schon das erste Problem. Du kennst mich. Ich und nett, dass passt nicht. Und wenn ichs mal bin dann… scheint er auch nicht zufrieden zu sein…“„Klar bist du nett.“ Väterlich tätschelte er mir den Kopf. „Lucy einzuladen war zum Beispiel nett. Und um ehrlich zu sein zeigt das mehr als deutlich das du ihn magst… aus welchem anderen Grund solltest du zwei Karten mehr als nötig gekauft haben, wenn nicht aus diesem?“Das war ein gutes Argument. Bei hundert Euro pro Karte war es Wahnsinn zwei mehr als nötig zu kaufen und das wusste er genauso gut wie ich.„Versuchs einfach…“ Auf seinen letzten Ratschlag schwieg ich, da sich eine lachende Meute in unsere Richtung bewegte und sichtlich hungrig wirkte.

 

Ich grübelte noch lange nach. Nicht nur über das was Jochen gesagt hatte, auch über andere Dinge. Aber am meisten darüber. Ich wollte nicht, dass sich irgendwas änderte. Ich wollte ihm nichts sagen müssen… aber ich wollte auch nicht, dass er es irgendwann satt hatte …

Ich hasste mich für solche Gedanken.Und ich hasste ihn, weil ich wegen ihm über solch eine Scheiße nachdenken musste. Wo war nur mein unbeschwertes Teenieleben hin?Oh Gott…. Ich klang wie eine dieser dreizehnjährigen Tussen deren Leben zerstört waren, wenn sie erfuhren, dass Justin Bieber nie mit ihnen zusammenkommen würde.

 

*Jennis*

 

Er verhielt sich ja immer seltsam, aber heute war es mehr als auffällig. Er maulte nicht. Er schimpfte nicht. Er rollte ja nicht einmal mit den Augen. Stattdessen schien er immer öfter über irgendwas nachzudenken.Selbst jetzt. Dabei wollte er doch eigentlich nur wegen dem letzten Headliner des Festivals überhaupt hierher.

Ich wusste zwar nicht wie man die Ärzte hören konnte (vor allem, da er auch CDs von den Hosen im Regal hatte) aber das war seine Sache.

Jule stand abseits der Menschenmasse, die sich vor der Bühne gebildet hatte. Abseits der anderen, die mitten im Gedränge standen und verwundert waren, dass er nicht mittendrin war wie sie.

„Alles ok?“ Fragend reichte ich ihm eine Colaflasche. Aus seinen Gedanken gerissen musterte er mich kurz, nahm schließlich die Flasche entgegen. Zuckte auf meine Frage hin nur mit den Schultern, was auch untypisch war.„Danke.“ Ich hatte schon nicht mehr damit gerechnet, dass er irgendwie mit mir reden würde, als er sich anscheinend doch dazu entschieden hatte, es zu tun. Ein Wort war besser als nichts. Mehr schien auch nicht kommen zu wollen, obwohl er für einen Blick so aussah.Hatte ich wohl wieder was falsch gemacht ohne es bemerkt zu haben…

 

*Julian*

 

Unruhig nippte ich an der Cola, bekam kaum mit, was vor mir gespielt wurde. Es interessierte mich auch kaum. Seit ich mit Jochen geredet hatte ging mir die ganze Scheiße nicht aus dem Kopf.

Ich musste mit ihm reden, wollte es nicht, sollte es aber tun, wenn ich wieder klar im Kopf werden wollte. Immer wieder versuchte ich anzusetzten etwas zu sagen, doch sein erwartungsvoller Blick ließ mich verstummen.

Es fühlte sich… beschissen an. Sonst hatte ich auch die große Klappe, warum bekam ich sie nur jetzt nicht auf?

„Warum bist du nicht bei den anderen?“

Er zuckte kaum merklich mit den Schultern. „Steh nicht so auf die Musik.“Weiter kamen wir einfach nicht. Zwei Sätze, dann schwiegen wir uns an.Hätte ich nur nie drüber geredet. Dann wäre alles wie immer. Ich könnte mich normal mit ihm unterhalten, ich könnte den Auftritt genießen… ich…

Ich machte es mir einfach viel zu schwer. Nichts hatte sich verändert. Rein gar nichts. Ich stellte mich nur an wie ein Mädchen.Es war doch alles ganz einfach.

 

Kein Zögern, wies ich mich an, als ich mit meiner Hand nach seiner griff. Meine Aktion erntete einen fragenden Blick, mehr nicht. Es war nichts dabei. Alle taten so was. Dennoch stieg Panik in mir auf. Es war falsch…Vorsichtig drückte er meine Finger mit seinen, ließ mich ruhig werden. Alles gut.„Lass uns zu den anderen gehen. Nicht das du dich ärgerst, weil du das Beste verpasst hast.“ Langsam nickte ich. Ließ mich von ihm mitziehen, ohne seine Finger loszulassen, auch wenn ich wusste, dass ich nichts verpasst hätte, wenn wir dort geblieben wären.Es war so einfach… wie immer eben.

 

*Jennis*

 

Der Auftritt ging bis weit in die Nacht hinein. Der letzte Akt musste sich nicht an die Zeit halten. Nach ihm kam nichts mehr, nur noch das Ende. Morgen würden alle ihre Zelte abbauen und wieder zurück nach Hause fahren. Wie wir.

Die letzten Töne irgendeiner alten Kamelle der Band da oben verklangen, während die Menge um uns herum immer noch tobte; während meine Finger langsam taub wurden und kribbelten, da Jule sie noch immer nicht losgelassen hatte, als hätte er Angst. Sein Blick verriet mir, dass dem wirklich so war, auch wenn mir unklar war, wovor er Angst hatte. Er hatte nie Angst außer es ging um Spinnen und… dann klickte es.

Ein leises Auflachen entwich mir, während ich ihn mit mir zog, nicht auf seine Proteste oder die Füße anderer achtend.

„Was wird das?“„Komm einfach mit.“

Unter leisen Verwünschungen folgte er mir, leistete jedoch keinen körperlichen Widerstand.

 

Am See war es ruhig, da alle anderen noch vor der Bühne versammelt waren, weshalb wir nicht einmal lange laufen mussten um ein passendes Plätzchen zu finden.Weit genug vom Wasser weg, dass Jule nicht in die Versuchung kam Panik zu bekommen, ließen wir uns nieder und lauschten dem Lärm, der leise zu uns herüber wehte.„Was wollen wir hier?“„Nichts“, gab ich ihm seine Lieblingsantwort, was ihn zum Grummeln brachte. Er hasste diese Aussage also so sehr wie ich.

 

Mit den Gedanken abdriftend, malte ich wirre Muster auf Jules Handfläche. Seine Augen verfolgten die Bewegung ohne eine Regung von sich zu geben, bis ich mich erneut an ihn wandte, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob es gut enden würde, wenn ich ihn drängte. Doch langsam reichte es mir. Er hatte genug Zeit gehabt. Ich brauchte endlich eine klare Antwort. „Was sind wir?“ Ich hatte Angst vor der Antwort.  „Und auf dein beschissenes ‚nichts‘ ist geschissen, klar?“ Fügte ich schroffer als geplant an, was ihn den Mund öffnen und stumm wieder schließen ließ. Eine neue Antwort musste her, nahm ich an.

Als er erneut zum Antworten ansetzte unterbrach ich ihn ein zweites Mal. „Und dein Bruder will ich auch nicht sein!“

Diesmal schwieg er nicht so lange wie zuvor. „Weiß nicht.“ War seine nüchterne Antwort, die mich nicht im Geringsten zufrieden stellte. „Ist das denn so wichtig?“Bestimmt nickte ich. Ja das war es. Ich wollte wissen woran ich bin!Bevor ich diese Tatsache aussprechen konnte, erschreckte mich eine aufgebrachte Stimme aus dem Nichts zu tiefst. „Herr Gott noch mal! Benehmt euch nicht wie verliebte Teenager auch wenn ihr genau das seid! Sag ihm einfach, dass er dein Freund sein und die Finger von anderen lassen soll. Ganz einfach!“ Ob die aufgebrachte Tine nun mit mir oder Jule sprach war eigentlich irrelevant.

Leise lachend schüttelte Jule den Kopf, drückte die Stirn gegen meine Brust. „Warum kann sie so einfach aussprechen, was mir so schwer fällt?“ Ein bisschen verzweifelt klang er schon. „Weil du dir mit solchen banalen Sachen immer das Leben schwer machen musst.“ Grinsend schob ich ihn von mir, küsste seine Nase, die sich missmutig kräuselte.

„Lässt du das als Antwort durchgehen?“ Eine leise Frage seiner Seits.

„Wenn es sein muss…“ Mehr konnte ich vermutlich nicht erwarten. Das war das was am nächsten an ein Liebesgeständnis kam. Und es reichte mir… für den Moment.

Als er mein Nicken bemerkte fiel er mir unerwartet um den Hals, küsste mich immer wieder leise lachend, vielleicht auch mehr verzweifelt, als alles andere.

 

„NA ENDLICH!“ Rief nun auch Lucy aus, die sich hinter Tine platzierte, die anderen unseres Trupps im Schlepptau, ehe sie uns umarmte und, überschwänglich wie sie nun einmal war, halb ins Wasser beförderte.

 

So nass wie wir waren, durch Lucys in-den-See-schubs-Aktion, schlichen wir zu unseren Zelten zurück. „Ach ja.“ Mit zuckersüßer Stimme wandte Tine sich an ihren blonden besten Freund. „Du tauschst mit Lucy das Zelt. Du redest mir eindeutig zu viel im Schlaf.“ „Was?!“ Seinem Entsetzen Luft machend sah er seiner Freundin hinterher, die sich gerade bei Lucy unterhakte und mit dieser in ihrem Zelt verschwand.

Da hatten sich wohl zwei gefunden. Doch ob diese Kombination gut war…? Ich zweifelte noch daran.

Solange sie mich nicht in ihre Terroraktionen verwickelten, war es mir egal… außerdem, mit Jule in einem Zelt schlafen ist auch mal was…

Mein Blick muss Bände gesprochen haben, denn er schaute mich nur skeptisch ehe er ein ‚denk nicht mal dran‘ in meine Richtung warf, sich seine Sachen aus seinem ehemaligen Zelt holte und dann in unserem verschwand.Sehr schade… aber er ließ sich bestimmt umstimmen…Mit Sicherheit nicht jugendfrei grinsend folgte ich ihm, mich nur knapp von den anderen verabschiedend, die noch etwas das ausklingende Festival genießen wollten.

 

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So das heir wäre auch geschafft...

Eigentlich find ichs schade, dass Jochen so wenige Auftritte hatte... da ich ihn sehr gerne mag.

Egal.

Noch zwei Kapitel kommen.... die dann zeigen werden, was aus den Jungs wird, was mit Bernd passiert und einen Hinweis auf das letzte Kapitel liefern.
Danach wird schluss sein...

zumindest fürs erste.
Eine Fortsetzung ist nicht wirklich geplant....

Nun denn, man liest sich.

PS: keine Bange, Jule wird wieder etwas zickiger/fieser

 

 

Zeltgeflüster /Extra/

*Julian*

Hinter mir raschelte der Zelteingang. Ich musste nicht aus meiner Deckenhöhle aufsehen um zu wissen wer viel zu lange gebraucht hatte, um ebenfalls ins Zelt zu kommen. „Du liegst auf meiner Isomatte… ist dir das klar?“
Jennis seufzte, als wäre dies sein einziges Problem. Wobei er nicht mal Recht hatte. Es war nicht seine Isomatte, sondern Effis... rieb ich ihm nicht unter die Nase, da die Zeit hier sinnvoller genutzt werden konnte. Zum Schlafen zum Beispiel oder Kuscheln, vielleicht auch Rumknutschen oder so was. Mehr war im Zelt, mit hellhörigen Freunden nebenan, etwas übertrieben, nicht?

„Komm her und halt die Klappe“, muffelte ich ihm entgegen, den Kopf
etwas unter seiner dünnen Decke hervorstreckend. Mit einem ‚wie du willst‘ entriss er mir eiskalt die Decke und ließ sich, nass wie er noch immer war auf mich fallen. „Ih, was soll das? Pfui aus…. Böser Jenjen…“ Lachend vernichtete er meine harte Trocknungsarbeit, indem er mich einfach wieder volltropfte. Wie ein unerzogener Hund
der Kerl! „Zieh wenigstens die nassen Sachen aus. Ist ja eklig was du veranstaltest.“ Auch ohne ihm androhen zu müssen, dass er draußen zu schlafen hätte wenn er es nicht SOFORT tat, kam er meiner Aufforderung nach, pellte sich aus den anklatschenden Klamotten, ehe er sich schließlich unter die Decke zu mir kuschelte und mir einen
Kälteschock verpasste. Wie konnte man in so kurzer Zeit nur so sehr herunterkühlen? Es war Hochsommer, keine -50 Grad.

„Du bist kalt“, knurrte ich ihm unnötigerweise zu, während ich versuchte, nicht selbst genauso kalt zu wärmen, nur weil ich zu nah an ihm dran lag. „Tja, Jule. Jetzt hast du wohl ein Problem, denn als mein Freund ist es deine Pflicht mich wieder aufzuwärmen!“ Eigentlich hätte er dafür einen Tritt kassiert, dann ist mir jedoch
aufgefallen, dass er ja recht hatte. Ich war jetzt wohl so was wie sein Freund… auch wenn mir der Gedanke noch immer schwer fiel. Also tat ich was zu tun war, wand mich, einer Boa Konstriktor gleich, um ihn herum und versuchte ihn warm zu rubbeln. Leider reagierte er viel zu gut auf die Behandlung. „So war das aber nicht geplant.“ „Nicht?“ „Nein. Ich sagte nicht hier im Zelt. Du weißt, dass die draußen alles hören würden!“ Man konnte schon froh sein wenn man flüstern konnte ohne, dass es jeder gleich wusste. „Tja… dann musst du wohl dieses Mal leise sein. In nicht mal zehn Minuten wirst du nämlich begeistert von meiner Idee sein.“ Er hatte recht –obwohl er nicht mal fünf Minuten brauchte um mich von seiner Idee zu überzeugen- weshalb ich mich kurz darauf unter ihm liegend wiederfand und versuchte die Klappe zu halten. Was leichter gesagt war als getan, denn er ließ die Sachen nicht sein die mich laut werden ließen! SO FIES… wenn es denn nicht so gut wäre.

Genießend machte ich den Hals lang, ließ ihn daran herum knabbernd, während er sich langsam in mir versenkte. Eigentlich war es wie immer, aber uneigentlich… Nein es war nicht wie sonst. Es fühlte sich anders an. Das hier lief nicht darauf hinaus unseren Hormonhaushalt in Ordnung zu bringen. Das hier… es zeigte einfach nur das wir da waren… zusammen. Egal wie kitschig es klang. Irgendwie musste es so gewesen sein. Doch trotz Jens Ruhe bei dem was er tat überkam es mich ungewohnt heftig. Dass ich hierbei nicht die Klappe halten konnte musste nicht erwähnt werden, oder? Doch irgendwie war es in dem Moment egal, ob uns jeder hören konnte. Sollten sie doch wissen was wir hier drin machten. Sollten die doch neidisch werden, weil ich so was kriege und die nicht. Mein Freund kanns halt. Ätsch!

Eng an mich gekuschelt –auch wenn uns definitiv zu warm für Kuscheleien war-, die Nase in meinem Haaransatz vergraben und die Finger über meinen Bauch tanzen lassend, lag Jennis eine ganze Weile wach. Und ich mit ihm. Denn immer wenn ich einschlafen wollte, biss er mir leicht in die Schulter, brummte irgendwas Unverständliches und gab sich erst zufrieden, wenn ich zurück brummte. Konnte einer sagen was er wollte… wir waren schon ein seltsames Pärchen. Erschreckend wie oft ich das Wort Freund und Paar jetzt benutzte… ganz ohne zu würgen. Musste an den Nachwehen unseres Treibens liegen.

Am nächsten Morgen wollte ich aber auch nicht würgen bei dem Gedanken neben meinem Freund aufzuwachen. Seltsam. Gibt halt Dinge die glaubt man nicht. Unglaublich war es auch, wie zeitig es war. Ich hatte keine drei Stunden geschlafen –irgendwann war Jen einfach selbst eingeschlafen und hat aufgehört mich aus unerfindlichen Gründen wachzuhalten- und trotzdem war ich bereits hellwach.

Kurz nachdem ich es mir ein letztes Mal an dem, nun abgekühlten, Grill gemütlich gemacht hatte, verließ auch Tine ihr Zelt, ein wissendes Grinsen aufsetzend als sie mich entdeckt. Wenigstens verkniff sie sich ein ‚Na wie war’s? ‘, schreckliches Augenzwinkern blieb auch aus, sodass ich alles in allem zufrieden mit der Situation war. Vollends begeistert von dem angebrochenen Tag war ich jedoch erst, als Jen, der letzte im Bunde der noch nicht in der Runde saß und frühstückte, missmutig und durchaus lautstark nach mir brüllte. Manches änderte sich nie. Ich stand drauf ihn zu ärgern. „Was denn?“ Ganz provokant flötete ich ein ‚Hasi‘ hinterher, tat so unschuldig wie möglich, auch wenn ich jetzt schon wusste, was sein Anliegen war. „Du weißt genau was ist. Wo ist sie?“ Sein
Augenlid zuckte gefährlich. Darauf stand ich auch. Vor allem da ich wusste, dass ich daran Schuld war.

„Hmmm was meinst du?“ „Meine Unterhose?“ „Da liegt sie doch.“ Grinsend deutete ich auf das Utensil, welches gestern quer durchs Zelt geflogen war. „Nicht die. Die letzte saubere die ich mit hatte.“ Seine Stimme glich immer mehr einem Knurren. Es war doch nicht normal wie sehr mich das ganze anmachte… und zugegeben erheiterte. „Ach die…“ Ich tat als müsste ich drüber nachdenken, welche er meinte. „Weiß nicht.“ Ich wusste es. Dennoch drehte ich ihm schulterzuckend den Rücken zu, war drauf und dran das Zelt zu verlassen –natürlich mit dem Wissen, dass meine Hose zu tief saß und er das Objekt seiner Begierde finden würde- ehe er mich erneut anfuhr. „GOTT Julian!“ Er war echt sauer. Egal. „Musste das sein? Du wusstest, dass es meine Letzte war.“
Jaaaaa… wusste ich. Hatte ja seine Tasche gepackt. Zu dumm, dass ich auch wusste, dass er den Tick hatte nie die Unterwäsche vom Vortag zu tragen. Nicht mal in Situationen wie heute. „Kannst sie auch gerne zurück haben.“ Erneut blickte ich ihn scheinheilig an. Es war klar, dass er das Angebot sofort ausschlagen würde.  Wäre ja auch noch schöner, das Teil zu tragen, was der eigene Freund für nicht mal zwei Stunden anhatte. „Oder du gehst einfach ohne.“ Auch dieser Vorschlag wurde ausgeschlagen. Ohne war fast noch schlimmer für ihn, als die Alte eine Minute länger als nötig anzuhaben.

„Oder…“ Ehe er ganz ausrasten konnte. Ich wollte ihn nur aufziehen, nicht ihn dazu bringen mich umzubringen… Wäre aber eine geniale Schlagzeile für die Bild. ‚Unterhosendrama‘ Mann (19) tötet Freund (16) wegen Unterhose. Na gut. Ist doch nicht toll, bin aber auch nicht Effi. Der wäre was Besseres eingefallen. Doch zurück zum nicht beendeten Satz. „Du nimmst eine von meinen. Sind alle sauber die da lose in der Tasche liegen.“ Ich hatte immer mehr mit als nötig. Wir hatten wohl beide einen Unterhosentick. Passten eben doch wie Arsch auf Eimer, oder wie das hieß.

„Ich hasse dich…“ Leises Knurren wehte zu mir herüber, als die anderen begannen ihre Zelte abzubauen und Jennis sich den Rest unseres Frühstücks einverleibte. „Aber maximal bis heute Abend… dann kratzt du dich ein weil du an meinen Arsch willst.“ Grinsend drückte ich ihm einen Kuss auf die Wange und begann unsere Sachen zu packen. Jedoch nicht ohne über sein gemurmeltes ‚Falls der da unten noch funktioniert nach dem Scheiß hier‘ zu lachen. Vielleicht tat er mir ein klein wenig leid. So wie er lief musste ihm einiges abgeklemmt werden. Hätte nicht gedacht, dass ich so viel schmaler bin als er… Ups… oder so. Darf ich wohl zuhause Krankenschwester spielen und schauen was zu retten ist. Falls ich bis dahin in der Lage wäre, mit lachen aufzuhören.

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Das Kapitel war nicht geplant, und ist für zwei meiner lieben Leserchen auf FF.de und die gute Wonderland,da sie mir diesen Floh, wenn auch indirekt ins Ohr gesetzt haben.

Jetzt kommen wirklich nur noch zwei Kapitel (wagt es euch noch mehr Kapitelflöhe zu verteilen :) )

Achja eine Frage hätte ich noch:

es geht um das was ich als nächstes schreiben könnte (wenn das hier zuende ist und auch Gemeaux sein letztes Kapitel gekriegt hat)

Ich kann mich nicht entscheiden und ihr hättet die Wahl zwischen:

SciFi+Boyslove mit Dustyn und Sascha

Fantasy(irgendwie... ka wozu Zeitreisen und "Flaschengeister" zählen) mit dem Titel Mirage und den Jungs Arti und Harun

Real-Life mit dem Zirkusjungen Jascha und dem Lehrersohn Oliver

eine Gemeaux Fortsetzung für Noel ist auch in Planung

ganz weit hinten in Gedanken spuken auch die Yakuzajungs Masaru und Kazu (die auf einem RPG basieren), sowie  die Jungs aus Breaklights (Mafiasohn+strenggläubiger Araber, oder so) und die Zombiestory "Dead City" die sich um Sam und seinen Zombiebegleiter dreht

die Letzten sind alle noch in Kinderschuhen... wäre trotzdem interessant zu erfahren was euch eher interessieren würde. Könnt mir gerne ne Nachricht dazu schreiben oder so...

weiß zwar nicht, ob das irgendeinen Einfluss haben kann... aber egal XD

Unser Traum von Zukunft

 

Kapitel 37 unser Traum von Zukunft

 

 

*Jennis*

 

„Jenjenjenjenjenjenjenjenjenjenjenjenjenjenjenjenjenjenjenjen…!“Nach jedem zweiten Jen läutete meine Türklingel Sturm und ich befürchtete, eine der schwerhörigen Nachbarinnen würde versuchen den Störenfried mit dem Gehstock oder wahlweise dem Rollator zu erschlagen. Wenn ich nicht wüsste wer diesen Radau veranstaltetem würde auch ich das gerne tun. Doch seinen Freund umzubringen war nicht so gut. 25 Jahre wollte ich wegen so etwas nicht einsitzen.Seit er einmal zu viel fern gesehen hatte, kam er dieser seltsamen Macke nach.

Nur eben kein ‚Penny-klopfklopklopf-Penny-klopfklopfklopf-usw‘ sodnern ein ‚Jenjen-Dingdingding-Jenjen-dingdingding-Jenjen- ‚ „JA VERDAMMT ICH KOMM JA! LASS DIE SCHEIßE!“Vielleicht waren 25 Jahre doch gar nicht so viel? Hab gehört im Knast soll man nette Leute kennen lernen können.„Musst du eigentlich jedes verdammte Mal so einen Krach machen?“ Böse fixierte ich mein Gegenüber. Das jedoch kümmerte ihn wenig. Wie immer.

„Auch schön dich wieder zu sehen. Ich hab dich auch sooooo wahnsinnig vermisst… ganz deiner Meinung.“ Mit den Augen rollend trat er ein, glaubte sich die Floskeln vermutlich selbst nicht. Nicht, dass es nicht so war… aber… So etwas laut auszusprechen passte nicht zu uns, soviel hatte ich mittlerweile gelernt. Hatte ja auch mehr als ein Jahr Zeit. „Was treibt dich her?“Schulterzuckend schmiss er seine Stiefel in die Ecke, ebenso seinen Rucksack.

„Hatte eher Schluss. Die Lehrer machen so kurz vor den Ferien kaum was…“ Der gestrickte Schal flog hinterher. Er liebte das Ding. Oma Ruth hatte es extra für ihn gemacht… naja nicht wirklich. Eher würden Schweine fliegen lernen, als dass diese Frau anfängt zu stricken. Meine Mutter hatte sich voriges Jahr kurz vor Weihnachten dran gemacht dieses kitschige Teil zu machen.„Offiziell Schluss oder schwänzt du etwa wieder?“
„Würde doch nie schwänzen- Bin ein guter Junge“, murmelte er nicht grad überzeugend, während er sich endlich dazu herab ließ, mir seine körperliche Aufmerksamkeit zu schenken. Erst küssen dann labern, war irgendwann mal gesagt… er hielt sich nie dran. Das konnte einen aufregen. Aber wenn ich mal was zu sagen hatte. Tse. 

„Wie geht’s Mama und Silke?“
„Gut.“
„Den Mädels?“
„Bestens. Anni wird nur langsam zu einer frühpubertären Zicke.“
„Effi immer noch so schlimm?“
„Willst du ernsthaft weiter über die Weiber reden, die du gestern Abend erst am Telefon hattest?“Da seht ihrs. Wenn ich mal rede krieg ich so was zu hören. Aber gut. Wo er recht hatte…
„Und was sollte ich stattdessen machen?“ Irgendwas schwebte ihm doch bestimmt vor. Sein plötzliches Grinsen bestätigte meine Vermutung.
„Ich hatte dich fast eine ganze Woche nicht.“ Lüge es waren drei Tage. „Also kümmer dich gefälligst um mich.“
Aufreizend schlang er die Arme um meinen Nacken, während er mit offensichtlichen Hintergedanken die Nachbarkatze nachahmte und anfing sich an mir zu reiben. Nur das Vieh machte das im Hausflur und in Knöchelhöhe.  

Sein ‚Kümmern‘ lief immer gleich ab. Er war zufrieden und schnurrte fröhlich vor sich hin, während er mein Bett beschlagnahmte und ich versuchte mir mein Alter nicht anmerken zu lassen und hielt die Klappe darüber wie schwer dieses Kümmern war.Seine Streicheleinheiten ließen mich diese ‚Strapazen‘ jedoch gerne vergessen, auch wenn mich dieses Regenbogenvieh, welches noch immer über meinem Bett thronte –warum auch immer- fies angrinste und mich dadurch mehr als nur störte. Nach so was will man nicht ein solches Ding sehen, aber Jule freute sich jedes Mal drüber, dass ich das Teil behalten hatte.
Und wenn es ihn glücklich machte… so musste ich vielleicht nicht ganz so oft ran… Mr.Nimmersatt konnte einen wirklich schlauchen. 

„Jenni…“ Mit gurrendem Unterton und kraulenden Fingerchan kam er an mich rangerobbt, pinnte sein spitzes Kinn in meine Brust und schaute mich von unten her unschuldig an. Wenn er mich so ansah wollte er was; sein Grinsen verriet mir, was genau es war und ich war gar nicht begeistert.
Nicht das ich nicht gerne so was mit ihm machte, aber ein alter Mann brauchte mehr als nur fünf Minuten zur Erholung. Ich war keine 19 mehr, selbst die 20 hatte ich hinter mir gelassen, da möge mir verziehen werden.
„Ach nein Jule… dann hab ich ja umsonst gekocht?“Da kam Julians Stichwort. Ruckartig setzte er sich auf, musterte mich für einen Augenblick und hastete schließlich mit den Worten ‚Warum hast du nicht eher gesagt das du gekocht hast‘ in die Küche. Jedoch nicht ohne sich vorher eine  Unterhose vom Boden zu schnappen –wie immer war das meine, dieses miese Aas machte das mit Absicht, darauf könnte ich wetten!- und mich einsam und allein –und frustriert- zurückzulassen.

Allein mit Mr.Rainbow… dämliches Vieh.

Seufzend begab ich mich schließlich dem Blonden hinterher –mit frischer Unterhose, für die, die es interessiert- und sah ihm dabei zu, wie er das kalte Essen auf einen Teller schaufelte und in die Mikrowelle stellte. Gnädiger Weise dachte er auch an mich, auch wenn ich keinen Hunger hatte. 

„Du Jen?“ Betont unschuldig schob er seine Brille nach oben, während er den letzten Rest vom Teller kratzte und in seinen Mund wandern ließ.Verdammt… Der Kerl wollte etwas und das ganz dringend, sonst trug er NIE seine Brille…. Außer er wollte mich zu etwas zwingen, was mir rein gar nicht gefiel.
Ich ahnte  Schlimmes, noch ehe er meinen Namen beendet hatte.

„Wir müssen Klamotten kaufen gehen.“
Ich WUSSTE es!
„Warum? Du weißt, dass ich das hasse. Du brauchst immer so ewig….“Ich erntete einen empörten Blick. Dann jedoch fuhr er sich durch die Haare –oh Mist, er war beim Frisör… das Ganze hier war bis ins kleinste Detail geplant. Verdammt!- und traktierte mich schließlich erneut mit zuckersüßen Unschuldsaugen.
„Das hab ich jetzt einfach überhört. Wir müssen wirklich einkaufen gehen…“
„Ohne mich.“
„Wer an meinen Arsch will hat mit mir shoppen zu gehen.“
Oh klar, kam er mir auf die Tour. War zu erwarten.
„Dann halt ich doch lieber meinen Allerwertesten hin. Wie wärs? Dafür muss ich auch nie wieder mit dir einkaufen gehen.“ Ich würde dafür so ziemlich alles in Kauf nehmen. Wer musste schon ordentlich sitzen können?
„Vergiss es. Auch wenn dein Angebot verlockend ist.“ Er schien sich das Szenario vorzustellen, während er begann seinen Nachtisch –Vanillepudding- genüsslich in sich reinzuschaufeln.
„Du bist einfach SO unförmig… Ich kauf garantiert nicht die richtige Größe für dich wenn du nicht mit bist… und der Anzug sollte schon sitzen.“
„Unförmig? Hast du mich echt unförmig genannt?“  
Warum mochte ich den Kerl so? Das war doch echt… „Moment Anzug? Wozu brauch ich einen Anzug? Willst du mich heiraten oder was?“ Nicht, dass ich den Gedanken schlimm fände… nur etwas zeitig. Als armer Student konnte man sich eine Hochzeit nicht leisten. Außerdem hasste ich Anzüge.
„Träum weiter. Als würde ich dich heiraten.“ Immer noch den Löffel im Mund verdrehte er die Augen. Hatte ich nicht den liebenswertesten Freund überhaupt?
„Also wie siehts aus? Morgen früh einkaufen?“
„Ich brauche keinen Anzug!“Eine Augenbraue wanderte nach oben.
„Besitzt du denn einen?“Ich musste kurz nachdenken, nickte dann jedoch.
„Ja hab ich!“
Die Arme gingen vor seiner Brust in Stellung.
„Von deiner Jugendweihe?“ Wieder nickte ich.
„Ja.“ Mama wollte zwar, dass ich zum Abschluss einen trug, doch ich hatte mich vehement gewehrt, sodass sie sich mit einen schwarzen Stoffhose und einem weißen Hemd zufrieden gegeben hatte.
„Ich nehm an, das Ding ist viel zu klein?“ Die Augenbraue entspannte sich, dafür schlich sich eines dieser verflixten Grinsen auf sein plötzlich vollkommen zufrieden wirkendes Gesicht.
„Ja?“
„Dann brauchst du einen Anzug!“
„Ab…“
„Ohne wirst du Manu kaum zum Altar führen können.“
„Ab…" Ich stockte. Zum Altar? Hatte ich mich verhört?

Das Grinsen sagte eindeutig ‚NEIN!‘.
„Altar?“
„Altar!“
„…um neun los?“
Heftig nickte er. „Prima!“ Zufrieden damit, dass er sein Ziel erreicht hatte stürzte er sich erneut auf den Pudding. Auf meine Portion wohl gemerkt. Dieser miese Kleine…
Seufzend stellte ich die Gedanken ein, da er mich schon wieder mit diesem Blick traktierte. Man lebte gesünder wenn man tat was er wollte. Zu viel dieses Bettelblicks war tödlich… für sämtliche Nerven.

„Ist es schon offiziell?“Jule sah erst auf, als er die Schale mit der Zunge saubergeschleckt hatte, wie das dämliche Katzenvieh von nebenan.
„Nö.“
„Aber?“
„Am Sonntag.“
Musste er mich jetzt mit kurzen, nichtssagenden Sätzen bewerfen? „Mama Silke oder Silke Mama?“ Ich konnte mir nicht recht ausmalen, von wem ein Antrag eher zu erwarten wäre.
„Sowohl als auch…“
„Hä?“ Als Antwort erhielt ich ein Grinsen.
„Ich nehm an du hast deine Finger im Spiel?“
„Nimmst du richtig an, mein Süßer. Obwohl die Idee von beiden kam… also… getrennt voneinander… Ich hab bloß eingerührt, dass sie sich beide entschlossen haben es am Sonntag zu machen im ‚schwarzen Pferdchen‘.“
„Würd ich zu gerne sehen.“ Ich konnte mir den Blick fast denken. Die eine will der anderen einen Antrag machen und bekommt schließlich selbst einen… wäre was für zukünftige Enkel zum Erzählen.
„Frag Tine ob sie ein Foto macht.“
„Ach die arbeitet noch dort?“ Nicken. Dann musste die Gute wohl doch noch für ihren New York Flug Geld zusammenkratzen. 

Oh und wenn ihr euch fragt wie es zu der ganzen Sache von wegen Mama und Silke wollen heiraten kommen konnte, ohne das ein einziges Mal der Name Bernd ins Spiel gebracht wurde…Tja…  irgendwas in folgender Richtung musste angeblich passiert sein. 

„Niemand, wirklich NIEMAND vergreift sich an einem meiner Kinder. Hast du das verstanden?!“ Ungehalten schrie Manu Bernd an, nachdem ihre Hand einen sichtbaren Abdruck auf dessen Wange hinterlassen hatte.
Ungläubig blinzelte Bernd ihr entgegen. „Was…“
„Jetzt rede ich! Hast du gehört?! Du hast hier schon viel zu viel versaut. Du wurdest hier schon viel zu lange erduldet. Jetzt reicht es. Du packst deine Sachen und wirst verschwinden. Es ist mir egal WO du unterkommst, aber hier wirst du nicht bleiben. Ein intolerantes Arschloch, das sich nicht unter Kontrolle hat will ich nicht in der Nähe meiner Kinder haben!“
Ihr Ton ließ keine Proteste zu, dennoch erhob er das Wort.
„Das hier ist auch mein Haus. Du kannst nicht mich rauswerfen. Und das Gör  ist NICHT dein Kind sondern meines! Also…“
„RUHE! Falls du es vergessen hast: das hier ist nicht dein Haus, sondern Silkes, demnach KANN ich es. Und du solltest aufhören Julian so zu nennen, oder mir egal wie, du hast genug Abfälliges über ihn gesagt. Und er ist mein Kind. Jedenfalls mehr als er deins ist.“ D

er Treppenabsatz füllte sich langsam aber sicher. Sich aneinander drängelnd versuchten die anderen das Spektakel zu verfolgen, allen voran Effi, die sich solch eine Story nie entgehen lassen würde. Eine ganze Weile dauerte die Diskussion, der alle gespannt folgten, ehe Bernd seinen Trumpf  aus dem Ärmel zog.
„Ach ich scheiß auf deine Freunde beim Jugendamt!“ schrie Manu ihm entgegen, völlig unbeeindruckt. „Selbst diese Typen werden sehen, dass es besser für die Kinder ist bei zwei Lesben aufzuwachsen als bei einem Arschloch wie dir!“D

amit war für alle die Diskussion beendet.

 

Manu-1, Bernd-0. Haushoher Sieg. 

Das war zumindest was ich von meiner Tratsch liebenden Schwester –nein ich meinte mal nicht Effi sondern Evi- erzählt bekommen hatte.
Zu der Zeit, war ich bereits aus dem heimischen Nest geflüchtet und artig am Wohnung einrichten.
War klar, dass ich so ein Ereignis verpasste. Zu gerne hätte ich live erlebt wie Mama den Kerl zusammengefaltet hatte. Oder was vorher genau passiert war.
Jule wollte nie mit der Sprache herausrücken. Aber ich vermutete ich war nicht ganz unschuldig…

 „Ach sag mal, wie geht’s deinem Vater eigentlich?“ Nicht, dass es mich interessierte…
„Wer weiß.“ Schulterzuckend bestätigte Jule meine Vermutung. Auch wenn das Ganze ein Jahr zurück lag, hatte sich die Situation zwischen ihnen beiden nicht gelegt. Ein Grund mehr anzunehmen, dass ich dran schuld sein könnte…
„Hab aber gehört, der hat ne neue Ische. Ohne Kinder, versteht sich.“
Wo er das gehört hatte konnte ich mir zu gut denken. Seit Tine nebenbei arbeitete war sie ein richtiges Tratschweib geworden. Hatte aber definitiv Vorzüge. 

Mich mit dem Abwasch beschäftigend warf ich eine Frage in den Raum. „Glaubst du die beiden werden schneller heiraten als sie für den Entschluss gebraucht haben die Anträge zu machen?“ Nochmal etwas mehr als 21 Jahre zu warten fände ich persönlich übertrieben.
„Hoffentlich. Es gibt ganz hinreißende Kleider im Moment, sogar im netten preislichen Rahmen. Außerdem  freut der Pfarrer sich tierisch auf die ganze Veranstaltung.“
„Der Pfarrer?“
Er nickte.
Ich wollte gar nicht wissen was der Pfarrer damit zu tun hatte. War ja nicht so, dass homosexuelle Paare in Deutschland kirchlich heiraten konnten…

 

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sooo das vorletzte Kapitelchen....

etwas holprig dann und wann... da es in unterschiedlicher Reihenfolge geschrieben und dann einfach zusammen gepuzzelt  wurde... naja mit ein paar Veränderngen natürlich.

Marry me; Marry you

*Jennis* 

Gähnend, die Augen halb geschlossen lehnte Jule an mir. Kurz vor halb neun. Eigentlich genau seine Zeit, immerhin hatte er Ferien.
Die Letzten, dann ging im Herbst der Ernst des Lebens los. Aber normalerweise ging er auch nicht mit Tine aufs bestandene Abi anstoßen. Demnach war er eigentlich auch noch immer total weggetreten, mit mindestens wenn nicht noch mehr Restblut im Alkohol… Naja umgekehrt…
„Jule…“
„Hmmmm….“ Grummelnd machte er sich noch etwas schwerer, schubste mich dabei fast die Treppe des Rathauses nach unten.
„Musstest du gestern so bechern?“
„War ne Scheißidee…“ Sein Atem kitzelte an meinem Hals. Doch dann löste er sich langsam von mir, rieb sich die Augen und richtete sich die Brille, die er heute ausnahmsweise nicht für mich trug, sondern weil er um halb acht noch viel zu verpeilt war, um sich die Kontaktlinsen ins Auge zu verfrachten, ohne sich nicht selbst zu verstümmeln. Wenigstens war er einsichtig, was sein Besäufnis anging.
Entweder freute er sich wirklich sehr, dass er sein Abi in der Tasche hatte oder er war nervös wegen heute.
Letzteres würde ich gut verstehen. Man heiratete schließlich nicht jeden Tag. Und schon gar nicht heirateten die eigenen Mütter jeden Tag. Und schon gar nicht, wenn die eine ‚Mutter‘ die leibliche Mutter des Freundes war. Alles etwas merkwürdig… musste ich schon zugeben.

„Wie spät?“
„Halb neun…“
„Können die da drin sich nicht beeilen?“ Wir waren nicht die ersten, die das Standesamt in Beschlag nahmen. Kaum zu glauben aber wahr, in unserem Kuhkaff heirateten mehr Leute als eigentlich hier wohnten. Noch merkwürdiger als unsere Familienverhältnisse, musste man schon zugeben.
„Nun mach keinen Stress mein Kleiner“, mischte sich nun auch Silke ein, die jedoch noch dringender das Bedürfnis hatte da rein zu kommen, als Jule. Wäre es nach ihr gegangen hätte die Trauung schon um kurz nach sechs stattfinden können. Leider schliefen um die Zeit alle Standesbeamten noch. Genauso wie Manu und die zwei Trauzeugen –sprich Julian und ich. Die Kleinen wurden noch von Effi beaufsichtigt, obwohl ich mir sicher war, dass alle noch schliefen. Sie hielten es nicht für nötig uns aufs Standesamt zu begleiten, immerhin war das nur der offizielle Teil, der Teil, den sich alle herbeisehnten –vor allem das Brautpaar- kam erst noch. Was für Blondi und mich Stress bedeutete. Vom Standesamt ging es mit Mama und Silke zum Frisör –getrennt natürlich, man darf die Braut vor der Hochzeit ja nicht sehen- dann nach Hause, die zwei schön zeitversetzt in verschiedene Zimmer buxieren, in ihre Kleider stecken, alles nochmal richten, nachsehen ob im Garten alles so weit ist, die Damen davon abhalten kalte Füße zu kriegen –was im Übrigen zu der Zeit viel zu spät wäre, da die „Trauung“ im heimischen Garten mit Familie und Freunden –und dem Dorfpfarrer- nur Show darstellte, da sie beide Standesamt voll unromantisch fand und eine ‚echte‘ Hochzeit haben wollten.
Da das rechtlich gesehen in Deutschland noch nicht ging, hatte Jule so ziemlich jeden Trumpf aus dem Ärmel geschüttelt, den er zu bieten hatte und voila… schon stand die Traumhochzeit.„Mach kein Stress…“, brummelte der Angesprochene seiner Mutter entgegen, ehe er sich an ihren Haaren zu schaffen machte. „Hättest dich echt mehr in Schale schmeißen können. Heiratest schließlich nicht jeden Tag…“ Irgendwie hatte er recht, beide trugen nichts spektakuläres. Mama ein Kostüm, dass sie schon zu meiner Jugendweihe besaß, ihr jedoch immer noch stand und Silke ein Hosenanzug, den sie wohl noch aus ihrer Zeit als Geschäftsfrau hatte.Trotzdem wirkten sie nun nicht gerade deplatziert. Außerdem warteten ihre Kleider zuhause auf sie. Laut Jule ein Traum. Ich konnte das nicht beurteilen. Ich durfte den Dinger ja nicht zu nah kommen.
Angeblich hatte ich ein Talent so was kaputt zu machen. Pah… 

 

*Julian* 

 

Noch einmal zupfte ich nervös an einer von Mamas Haarsträhnen, schielte dabei schon zu Manu hinüber, bei der man auch noch hier und da zuppeln müsste, doch da schwang schon die Tür auf und der Standesbeamte bat uns nach drinnen. Verdammt. So konnte ich die zwei unmöglich heiraten lassen.Kurz vorm hyperventilieren dachte ich jedoch dran, dass nur wir die zwei so sehen konnten. Die ‚richtige‘ Trauung würde anders laufen.
Perfekt.
Es musste perfekt werden.
Sie hatten es verdient.
Außerdem hatte ich mir nicht den Arsch aufgerissen damit es dann in die Hose ging! 

Die standesamtliche Hochzeit schlich an mir vorbei. Ich hörte nur hin und wieder diverses blablabla und blablablubb und so. Um mich konzentrieren zu können bräuchte ich einen klaren Kopf, den hatte ich jedoch nicht, da mir selbiger plötzlich wieder dröhnte wie nichts Gutes. War vielleicht doch ein Glas zu viel gestern. Blöd wenn man sich selten so gehen ließ. Außerdem tat mir der Steiß weh wie sau. Unauffällig und vor allem ohne verräterisches Rascheln versuchte ich den Bund meiner Hose in eine angenehmere Position zu rücken, was jedoch mächtig missglückte und mir einen verwunderten Blick einbrachte.
Egal. 

Die eine wollte, die andere auch. Ringe blieben aus. Hatten sie noch zuhause, ginge auch so meinte der Typ da vorne, der mehr als nur gelangweilt guckte. Der fand heiraten nicht mehr schön. Hatte wohl selbst nen Hausdrachen erwischt. Pech gehabt.Nach allen Formalitäten wurden die Damen nach draußen buxiert.
Jen schnappte sich meine Mutter ich schnappte mir seine. Theoretisch hätte ich fahren können, immerhin war heute ihr Hochzeitstag und sie sollte nichts tun müssen, aber praktisch würde ich das Ding heute nicht mal gestartet kriegen, weshalb Manu sich hinters Steuer klemmte und in Richtung Frisör fuhr.
Davon gab es zum Glück viele in diesem Kaff hier. Wir mussten uns also nicht sorgen, die beiden würden sich vor der „Trauung“ nicht noch mal sehen. Unglück konnten sie echt nicht gebrauchen. Zwei Stunden brauchte die Frisöse um Manus Haare in Form zu bringen.
Die erste Stunde davon verbrachte ich dösend auf einem der leeren Stühle. Danach musste ich kontrollieren. Nicht das da noch was schief lief.
Aber alles war bestens. Hoffentlich bei Jen und Mama auch? Panisch griff ich zum Telefon und vergewisserte mich, dass alles glatt lief. Tat es. Jennis schickte mir ein Bild von Mamas Haaren. Ja alles gut.
Keine Panik.Warum machte mich Alkohol nur so… nervös?
Wenn das so weiter ging brauchte ich noch was von dem Zeug, damit ich nicht durchdrehte. 

Mit etwas Verspätung, diverse Ampeln und die schwafelnde Frisöse brachten meinen tollen Zeitplan durcheinander, schafften wir es vor den anderen beiden ins Haus. Dort kam und nur Evi entgegen, welche Manu mit großen Augen musterte, jedoch noch zu verschlafen wirkte, um irgendwas zu sagen. Ich wollte gar nicht wissen, wann die Kleine gestern ins Bett ist. Da passte man einmal nicht auf… Tse… 
„Was hast du gestern gegessen?“
Es war eine Tortur Manu in ihr Kleid zu bekommen. Dabei saß es letztens wie angegossen.
„Kuchen?“ Skeptisch sah ich sie an. Kuchen vor der eigenen Hochzeit… sicher…
Da musste sie jetzt aber durch. Ich hatte nicht umsonst wochenlang nach diesem Kleid gesucht.
Würde ich auf Weiß stehen wäre es der Traum meiner schlaflosen Nächte. Sofern ich denn schlaflose Nächte hätte, die nicht von Jen verursacht wurden.
Und so wirklich stand ich auch nicht auf Spitzenkleidchen. Auch wenn sie mir definitiv standen.

„Halt die Luft an, wir haben es gleich.“ Sie tat wie gehießen und siehe da… Sie war drin. Wenn die Nähte hielten war das Ding sein Geld wirklich wert.
Sie hatte –wie Mama im Übrigen auch- darauf bestanden sich ein Kleid zu kaufen. Leihen wäre ja zu einfach und billig geworden. Weiber.
„Kannst du den Rest allein machen?“ wollte ich von meiner –nun auch offiziellen- Stiefmutter wissen, die immer nervöser wurde, je mehr Zeit verstrich. Dabei war die Frau doch offiziell schon verheiratet. Das schien sie aber vergessen zu haben. Meine Erzeugerin, laut Jenni übrigens auch. Weiber.
„Muss sie nicht“, platzte Effi rein, ehe Manu mir antworten konnte.
„Ich kümmer mich um den Feinschliff. Geh du lieber in den Garten und guck ob alles passt. Ist immerhin auf deinem Mist gewachsen.
“Oh je. Soll heißen irgendwas lief schief und ich musste es kitten. Dreck aber auch. Auf dem Weg nach draußen schnappte ich mir eine Aspirin –die Dritte an diesem Morgen- und wappnete mich für das Schlimmste. Weltuntergang wäre jetzt das kleinste Problem! Doch draußen schien alles nach Plan zu laufen.
Vermutlich wollte Effi mich doch nur loswerden. Hätte sie auch einfacher haben können. Trotz des offensichtlichen Funktionierens des Ablaufs, beschloss ich mich nochmal umzusehen. Alle Blumen standen an ihren Plätzen.
Der Rosenbogen unter dem getraut werden sollte –wie in diesen kitschigen Ami-Filmen- stand ebenfalls. Die Gäste trudelten langsam aber sicher ein. Stühle standen genug. Essen gab es auch mehr als reichlich. Mal nicht von Manu gekocht, immerhin ist heute ihr großer Tag. Ihre Kollegen hatten an ihrer Stelle die Arbeit gemacht.

Und endlich trudelte auch Ludwig, der Dorfpfarrer ein. Einmal nicht in Jesuslatschen und abgeschnittenen Jeans, sondern in voller Montur. Er war locker drauf für ein Mann Gottes. Hatte mich kaum Mühe gekostet ihn hierzu zu überreden. Der Mann hatte sofort zugesagt. Weiß Gott warum.
„Ah, Julian!“ Da hatte er mich auch schon entdeckt und kam auf mich zugestürmt, um mich munter wie immer zu begrüßen und in ein Gespräch zu verwickeln. Gott! Dieser Mann konnte wirklich über Gott und die Welt reden ohne sich zu langweilen oder sich gar zu wiederholen. Dennoch mochte ich ihn. Auch wenn er laberte ohne Punkt und Komma. Für ihn war ich keine Höllenbrut, auch wenn ich nicht immer artig war in seinem Beisein.
„Huch, wie die Zeit vergeht. Die Zeremonie sollte bald beginnen, nicht?“ Beinahe erschrocken blickte er auf sein Handgelenk und musterte die quietschgelbe Donald Duck Uhr. Das Ding machte ihn gleich nochmal sympathischer. „Nicht, dass sie ohne uns anfangen.“ Er versuchte witzig zu sein. War er aber nicht wirklich. War er nie wenn er es erzwingen wollte. Wie damals im Ferienlager, dass er betreut hat…. Brrr ich wollte nicht dran denken.


„Dann solltest du dir wohl die Kutte richten und ich die Bräute heranschaffen?“ Ich duzte Ludwig seit ich denken konnte, auch wenn ich bis heute nicht herausgefunden hatte wie sein Vorname war. G. Ludwig stand überall nur. Auf seinem Briefkasten, an der Klingel, selbst auf seiner Post. Seine Frau hatte ihn damals immer nur ‚Schatz‘ gerufen, ehe sie gestorben war und seine Kiddies, die hier ebenfalls herumwuselten und sich prächtig mit Ana und den anderen amüsierten, nannten ihn immer nur Papa. Kein passender Vorname dabei…
Deshalb war er Ludwig. Für alles und jeden. 
„Setzt euch!“ Wies ich die Kleinen an, die an mir vorbei flitzen wollten. Nur Evi und Ana hielt ich zurück. Da sie die Losrunde gewonnen hatten durften sie die Blumenkinder sein. Adam und Anni durften die Schleier, mehr oder minder willig, hinter unseren Müttern hertragen und Jen und ich übernahmen wohl oder übel die Vaterrolle und führten sie zu Ludwig an den Altar.
Nur Effi die faule Trine machte sich neben Oma Ruth gemütlich. 

Als die Musik einsetzte wurde ich erneut nervös, sodass ich das ziehen in meiner Rückseite ignorieren konnte, was mir vorher einfach nicht gelingen wollte. Mit Tine trinken war eine verdammt beschissene Idee. Selbst für meine Verhältnisse.

„Ludwig gibt euch ein Zeichen. Wenn es so weit ist dürft ihr über den Teppich laufen und die Blumen verteilen“, wiederholte ich was sie zu beachten hatten und verschwand schließlich im Haus um Manu zu holen. Mama würde als erstes zum Altar gehen. Wurde auch ausgelost, da es ja keinen Bräutigam gab.
Durchs Fenster linsend beobachtete ich das Ganze und betete dafür, dass sie weder umknickte, noch irgendwie auf ihr Kleid trat. „Bereit?“ Knapp nickte Manu, auch wenn man ihr die Aufregung ansah. Erst wenn die zwei das hinter sich hatten konnten sie wohl wirklich glauben, dass sie geheiratet hatten. Nach all den Jahren.
Vorsichtig hakte sie sich bei mir unter. Sie war weder solche Schuhe noch Kleider gewohnt, weshalb sie mehr an mir hing, als dass sie selber lief. Schien jedoch niemandem aufzufallen. Alle guckten begeistert drein und freuten sich sichtlich. 

*Jennis* 

Ich glaube ich war aufgeregter als die Stars des Tages.
Wenn Mama genauso hübsch war wie Silke… Dann konnte man schon fast neidisch werden.
Aber meiner sah auch zum Anbeißen aus. Auch wenn er sich nicht in einen Anzug hat stecken lassen wie ich. Irgendwas war trotzdem seltsam. All die kleinen merkwürdigen Gesten heute; ich wurde einfach nicht schlau daraus.

Ich fegte die Gedanken beiseite und verfolgten wie die beiden Grazien mehr oder weniger elegant über den fliederfarbenen –jahaaaa ich wurde aufgeklärt was der Unterschied zwischen lila und Flieder sein soll… hatte es trotzdem nicht kapiert, tat nur so, damit ich nicht wieder so angesehen wurde- Teppich schritten.
Ein nervöses Lächeln meiner Mutter in nicht definierte Richtung; vielleicht zu mir, vielleicht zu Silke oder auch um sich zu beruhigen. Ein stolzes Grinsen von meinem blonden Wunder, direkt in meine Richtung. Er wandte den Blick erst ab, als sie ihr Ziel erreicht hatten und direkt vor dem Altar standen und die Braut ihrer Braut übergeben wurde und er sich schließlich zu mir gesellte. 

Die Zeremonie glitt nicht ganz spurlos an mir vorbei, anders als die auf dem Standesamt. Hier kamen einem fast schon die Tränen, auch bei Jule konnte man es verdächtig wässrig werden sehen. Würde der aber nie zugeben. Endlich kamen, nach langem Blabla, die Ringe zum Einsatz. Wie lange hatte ich drauf gewartet, dass das passiert? Die beiden hatten es definitiv verdient… nach all den Jahren mit diesem… Nein ich würde Bernd nicht mit Schimpfworten belegen.
Zum Glück war er heute nicht anwesend. Seine neue Freundin hatte etwas anderes mit ihm vor… Silke und Mama hatten ihn, trotz allem eingeladen. Wie konnte man nur so nett sein?

„Süß, oder?“ Fragte ich leise, ohne den Blick von den beiden vorm provisorischen Altar zu nehmen, während ich meinen Arm um meinen Freund legte.
Seit neustem durfte ich ihn offiziell so nennen ohne dafür Mordandrohungen von ihm zu bekommen.
Leises Rascheln ließ meine Gedanken gedacht sein und lenkten sie auf Jules Rückseite.
„Was hast du da?“Hatte er sich ne Tüte Gras in der Unterhose versteckt, um sich notfalls zu dröhnen zu können, wenn nicht alles nach Plan verlaufen wäre?
„Nichts“, zischte er leise. Den Blick kannte ich doch. Oh Gott… Mit dem Schlimmsten rechnend hakte im einen Finger an seinem Hosenbund ein, zog diesen ein Stück von seinem Körper weg, um möglichst unauffällig hineinlinsen zu können.Nach einer Weile konnte ich das ganze entziffern.
„ ‚Prinzessin‘? Ernsthaft jetzt?“Er verdrehte schlicht die Augen. Wies jegliche Schuld von sich und lud diese auf Tine ab. Jaja, das Weib war böse…
Und Jule so dämlich mitzumachen. Hatte er durch das Piercing an ziemlich prekärer Stelle nichts gelernt? Eine Woche dauergeil sein sollte einen doch kurieren von spontanen und dazu absolut bescheuerten Ideen der besten Freundin, oder?
Erst recht, wenn man in dieser Woche zwar Ferien, der Freund aber Uni hatte und definitiv keine Zeit hatte sich um dieses Problem zu kümmern.Da hatte ich wohl falsch gedacht. Ein Julian würde nie von solchen Schnapsideen kuriert sein. Meiner zumindest nicht.Hatte er halt den Schriftzug ‚Prinzessin‘ auf dem Arsch –pardon Steiß- stehen. Was solls. Damit ließ sich leben.
Hatte ich wenigstens was zu lachen, wenn er sich in einem Monat über diesen Mist aufregte.

„Hör jetzt auf zu starren, okay? Müssen ja nicht alle mitkriegen.“ Zischend rammte er mir seinen Ellenbogen in den Bauch; sorgte somit dafür, dass ich von seinem Hosenbund abließ. Das ‚Au‘ verkniff ich mir. Ebenso jeglichen Kommentar. Auch wenn mir nicht klar war, warum er es vor unseren Müttern versuchte zu verheimlichen, er war volljährig und durfte somit machen was er wollte… theoretisch. Dennoch… ich bezweifelte, dass sie begeistert wären. Natürlich könnten sie das Ganze auch so witzig finden, dass sie aus dem Lachen nie mehr heraus kommen würden.
Alles war möglich in meiner Familie. 

Wie die Irren stapelten die Hochzeitsgäste sich nach der Zeremonie um den Buffettisch herum. Nur Ludwig hatte sich, bereits mit was zu Essen, zu uns gesellt und quatschte Jule ein Kind in den Bauch.
„Na wenigstens weiß ich jetzt, warum ich bei deiner Mutter nie landen konnte.“ Man sah Jule an, dass er am liebsten schreien wollte. Klar. Der Pfarrer war nett aber eindeutig  zu gesprächig. An Silkes Stelle wäre ich dem Typen auch nicht zu nahe gekommen. Mal ganz davon abgesehen, dass der Kerl einen Vollbart trug und mich an Jesus persönlich erinnerte. Obwohl er auch einem Wilden ähnelte, den man mit einem alten Brotkanten aus dem Wald gelockt hatte. 

Die Menge lichtete sich selbst nach Stunden nicht. Es schien eher so, als würden immer mehr Leute in den Garten strömen.
Nur Jule war irgendwie verschwunden. Erstaunlicherweise fand ich ihn hinterm Gartenhäuschen, welches als Werkzeugschuppen fungierte.
„Zu viel Trubel?“ mutmaßte ich und erntete dafür ein Nicken.
„Bald ist es ja überstanden.“ Erneut nickte er.
Seufzend lehnte er den Kopf an meine Schulter, als ich mich neben ihm ins Gras sinken ließ. Durch den Brombeerbusch getarnt würde uns hier hinten so schnell keiner entdecken. „Zum Glück.“
Die Tatsache, dass er sich darüber freute war ihm ins Gesicht geschrieben.
„Freust dich wohl auf die sturmfreie Bude, die du dank der Flitterwochen der beiden genießen darfst.“
„Pah, genießen“, Augenverdrehend wischte er das ganze beiseite. „Babysitter darf ich spielen. Sturmfrei… schön wärs. Aber in drei Wochen…“, seufzend richtete er den Blick auf mich und grinste mich breit an.
Nur noch drei Wochen…
Auch ich begann zu lächeln.
In drei Wochen hieß es für Blondi und mich byebye Deutschland- zumindest für einige Zeit- und Hallo Frankreich. Ruths alter Bulli war bereits in der Werkstatt um generalüberhalt zu werden. Hotels fanden wir –mit wir meinte ich ausschließlich Jule- schrecklich. Wir mussten ja unbedingt mit dem Auto –wir fanden ja auch Wohnmobile viel zu langweilig- quer durch die französische Prärie kutschen. Doch was tat man nicht alles, um das Häschen glücklich zu machen.
Außerdem hatte er sehr gute Argumente, die eindeutig für diesen Trip sprachen.
Sollte er sich entscheiden in die Politik zu gehen, dann hatte Deutschland eindeutig nichts mehr zu lachen.  
„Wir sollten zurück zu den anderen.“ Mir war nicht danach zurück zugehen, doch es dürfte langsam auffallen, dass wir beide fehlten. Außerdem würden Silke und Mama bald aufbrechen müssen, um ihren Flieger nach Teneriffa zu kriegen. 

„Die Kleider sind schick“, begrüßte uns Effi, die sich eines der Sektgläser geschnappt hatte und diess mit sicherheit nicht zum ersten Mal geleert hatte. „Ich krieg Mamas wenns mal soweit ist. Manus darfst du gerne haben.“ Grinsend richtete sich ihr Blick auf Julian, ganz so als wüsste sie etwas, das ich nicht wusste.
„Mach doch. Manus steht mir eh besser. Obwohl ich in Mamas auch besser aussehen würde als du. Was sogar beweisbar ist.“
Ungerührt grinste er zurück, entwand ihr das fast leere Glas, um selbst einen Schluck zu nehmen und sie etwas perplex zurück zu lassen. 
„Was meinte Effi damit?“ Meine Neugier ließ sich nicht zügeln. „Denkst du ich lass die beiden Sachen tragen, die nicht gut sind? Musste doch wissen ob die Kleider irgendwo kneifen oder kratzen.“
Oh nein… der hatte die nicht wirklich probegetragen… doch hatte er.
Verriet Effi mir, als ich kur im Bad verschwunden war und zurück in den Garten wollte. Mama und Silke hatten angeblich Fotos davon. Bei Gelegenheit sollte ich mir die zulegen… nur um sicher zu gehen, dass es so gut aussah wie er behauptete. 

Eine Stunde mussten wir uns noch mit Nachbarn und sehr buckliger Verwandtschaft herumschlagen, bis die zwei Bräute schließlich eine Ansprache starteten, sich bei allen Gästen fürs kommen bedankten und schließlich ankündigten, dass zu einer guten Hochzeit auch ein hübscher Brautstrauß gehörte. In diesem Falle sogar zwei. Die anwesenden Singeldamen wussten was dies bedeutete.Erwartungsvoll gingen sie in Position, bereit jeder anderen die Augen auszukratzen, die dem geworfenen Strauß zu nahe kam.
Doch natürlich kam es wie es kommen musste. Ruth, die eindeutig andere Pläne hatte als erneut zu heiraten fing den ersten Strauß, während neben mir ein verhaltenes fluchen ertönte.
Ohne etwas dagegen tun zu können, wanderten meine Mundwinkel nach oben. Jule wirkte gar nicht glücklich. Die eben genannten Singeldamen im Übrigen auch nicht.
„Nun musst du mich wohl doch heiraten.“Knurrend wanderten Jules Augen von dem Strauß aus weißen Nelken zu mir.
„Ja… nein.“ Missmutig legte er das Ding auf den Tisch neben sich, ignorierte das Lachen seiner weiblichen Verwandtschaft und versuchte sich krampfhaft auf seine Fingernägel zu konzentrieren.
„Irgendwann krieg ich dich schon dazu ja zu sagen. Glaub mir“, blieb ich hartnäckig. Kassierte dafür jedoch nur ein abfälliges ‚träum weiter‘.
Na das wollten wir doch mal sehen.
Ich hatte gute Argumente, das wusste ich.Grinsend beugte ich mich zu ihm rüber, als er mit den Augen seine Oma fixierte, die entrüstet den Strauß mit weißen Lilien meiner kleinen Schwester in die Hand drückte.
Wie von selbst fanden meine Lippen die Stelle an seinem Hals, direkt unter dem Ohr, bei der er abging wie ein kleines Kätzchen.
Ein Schauer überrannte ihn, als sich schließlich auch meine Zähne an der empfindlichen Stelle zu schaffen machten.
„Okay…“ Verzückt seufzte er auf, schloss die Augen und lehnte sich mir entgegen. „Ja… jaaa… dann heiraten wir halt… oh Gott…“ 
Meine Berechnungen stimmten eben.
„Sagte doch ich krieg dich dazu ja zu sagen. Später… irgendwann…“
So wollte ich ihn dann doch nicht dazu bringen mich zu heiraten. Er würde mich sonst für den Rest des Lebens hassen. War zwar bei vielen Ehepaaren gang und gebe, musste bei mir jedoch nicht sein. Eine solche Ehe endete meist mit dem frühen ableben eines der Ehegatten. Was in dem Falle wohl ich wäre.  Vielleicht fädelte er eine Explosion ein, die den Chemiesaal meiner Uni sprengte. Ganz ausversehen natürlich… oder ließ mich im Elsterflutbecken ertränken.
Wer wusste das schon so genau. 
Lieber wartete ich also die Minuten ab… Vielleicht konnte man ihn doch noch umstimmen.
Meine Mutter hatte Silke immerhin auch noch gekriegt auch wenn es bei den beiden über zwanzig Jahre gedauert hatte. 

Zwanzig Jahre… Oh Gott meine Nerven…
Trotzdem wusste ich, dass selbst zwanzig Jahre das Warten wert wären.
Ein Seitenblick bestätigte es. Immer wieder.

 

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offiziell wäre das hier das ende...

Inoffiziell kommt noch ein Extra.

 

Die Stadt der Liebe… braucht doch kein Mensch! (Extra)

 

*Julian*

„Wir sind falsch!“ „Sind wir nicht!“ „Doch sind wir! Das hier ist nie und nimmer Paris!“ „Was? Natürlich ist das nicht Paris. Da sind wir gestern dran vorbei gefahren!“ Entsetzt starrte ich Jen an. Das war nicht sein ernst… Wieso fuhr der einfach an Paris vorbei? „Wieso? Weil du gesagt hast ich soll weiter fahren! Du bist immerhin im Besitz der Karte. Ich dachte du hast eine Ahnung davon was du zu tun hast!“ Sah ich so aus, als wüsste ich mit einer Karte etwas anzufangen? Wohl eher nicht, musste er auch zugeben. „Warum hast du dann gesagt, dass wir weiter müssen?“ Demonstrativ zeigte ich auf die Karte. „Na weil wir hier sind?“ „Gott!“ Unsanft trat er auf die Bremse. Bloß gut, dass wir irgendwo im Nirgendwo waren und keiner hinter uns fuhr, der sich an dieser Aktion stören konnte. „Wir… mein Lieber… sind HIER! Ungefähr hundert bis zweihundert Kilometer südwestlich von dem Punkt, den DU gezeigt hast.“ „Oh…“ Nun ja… ich konnte wirklich nichts mit Karten anfangen. Ups… „Du bist so…“ Ehe er irgendwas Fieses sagen konnte brach er ab, ließ den Kopf aufs Lenkrad knallen und fluchte leise vor sich hin. Wenn er sich nicht über mich so aufregen würde, dann fänd ich sein Gefluche verdammt heiß. Wirklich, es war verdammt sexy wenn er solche Sachen vor sich hin murmelte.

Eine gefühlte Ewigkeit später startete er den VW und fuhr schweigend weiter. Und mit schweigend meinte ich auch schweigend. Kein einziger Ton kam mehr über seine Lippen. Die Karte hatte er mir im Übrigen auch entrissen, sodass mir nichts anderes übrig blieb, außer nach draußen zu starren und nichts zu tun. Wie konnte Urlaub nur so langweilig werden? Was war sein beschissenes Problem? Nur weil wir nicht dort waren wo ich dachte, dass wir wären? Oder war er sauer, weil ich gefragt hatte, ob wir umdrehen und uns Paris ansehen könnten? Ja ich glaube das wars.

Keine Ahnung wie weit er noch gefahren ist, ohne mit mir zu reden. Irgendwann jedoch hielt er an. Parkte den Wagen sorgfältig ein und verkroch sich schließlich nach hinten ins provisorische Bett. Omas VW-Bus hatte nur noch den Fahrer- und Beifahrersitz. Die hinteren Sitze wurden entfernt. Stattdessen wurde eine Art Holzkonstruktion ca. 30 cm über dem Boden des Autos angebracht. Drunter war es hohl, so hatte man wenigstens noch etwas Stauraum. Auch wenn es mühsam war alles von hinten oder der Seite dort reinzustopfen. Auf dem Holzkonstrukt thronte eine Matratze die auch schon mal bessere Zeiten erlebt hatte. Eigentlich war das Ding wirklich schön. Schade, dass Oma Ruth es wiederhaben wollte. Hätte es gerne behalten. Auch wenn der alte Muffelsack grad stinkig mit mir war und mir die kalte Schulter zeigte.

Schlafen konnte ich so beim besten Willen nicht. Er an einem Ende der Matratze, ich am anderen, selbst wenn uns keine zwanzig Zentimeter voneinander trennten. Ach scheiße… Seufzend rappelte ich mich auf, kletterte etwas unbeholfen –seit ich nicht mehr beim Fußball war, da mir mein Knie einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte und ich zu faul war mich, nachdem alles wieder in Ordnung war, mit den neuen zu arrangieren, ließ meine Grazilität eindeutig nach- nach vorne zum Beifahrersitz und schlüpfte, nachdem ich den grässlichen Vorhang beiseitegeschoben  und die Tür entriegelt hatte, nach draußen in die angenehm warme Nachtluft. Ohne viel Lärm zu machen kraxelte ich auf das Dach unseres Gefährtes. Das Ding heilt das wenigstens noch aus. Die neuen Autos hielten so was nie im Leben stand… scheiß Trompetenblech! Von hier oben aus konnte ich den Blick besser schweifen lassen. Wirkte alles recht schroff und ländlich. Paris war wohl wirklich verdammt weit weg. Hier konnte man fast schon das Meer riechen. Hatte auch was. War vielleicht besser als das muffige Paris. Warum ich da hin wollte, wusste ich auch nicht mehr so recht. Verträumt ließ ich mich zurück auf das kühle Dach sinken, begann die Sterne zu beobachten.

„Was machst du da?“ Erschrocken fuhr ich aus meinem dösigen Zustand auf, fiel dabei fast vom Dach, konnte mich jedoch gerade so halten. Fragend musterte Jen mich in der Dunkelheit. „Konnte nicht schlafen.“ Das beantwortete ihm zwar nicht meine Frage, ließ ihn jedoch zu mir aufs Dach klettern. Jahaaaa… Omas Auto hielt auch zwei Personen aus, da kam man schon ins Staunen, nicht? „Was gegen wenn ich mit dir zusammen nicht schlafen kann?“ Als könnte ich da irgendwas gegen haben… Seufzend machte ich ihm platz, sodass er sich neben mir auf dem Dach lang machen konnte. Ich nutzte die Wärmequelle natürlich sofort aus und missbrauchte seine Brust als Kissen. War zwar Hochsommer, was man auch nachts merkte, dennoch konnte es etwas kühl werden, wenn man nur in Shorts und T-Shirt auf einem Autodach lag. Innerlich lachte er, das konnte man spüren, wenn man so dalag wie ich gerade.  Seufzend legte er eine Hand auf meinen Kopf und begann mir –mit Sicherheit ein fettes Grinsen im Gesicht tragend- mit einer Streicheleinheit die Haare zu zerwühlen. Machte er gerne. Selbst wenn er noch etwas angepisst war, wegen mir.

„Wenn du willst…“ „Hm?“ Fragend richtete ich meinen Blick auf ihn, ohne den Kopf von seiner Brust zu nehmen, weswegen ich etwas verrenkt zu ihm hoch schielte. „…wenns dir so wichtig ist könnten wir nochmal zurück und…“ „Ach passt schon. Geschissen auf Paris… die Stadt der Liebe wird eh überbewertet…“ Fand ich eigentlich nicht, aber zurückfahren wollte ich auch nicht. Hatten wir wenigstens einen Grund mal wieder zu kommen. War nett hier. Dank Luca konnte ich mich hier sogar verständigen, auch wenn Jennis etwas verloren wirkte. Allein der Vorschlag jedoch war nett… irgendwie… „Trotzdem danke…“ Er nahm es nickend hin. Danach wurden wir wieder ruhig, gähnten nur dann und wann um die Wette. „Mein Erzeuger hatteunrecht bei dir…“ Fragend schnipste sein Kopf hoch. Man konnte praktisch die Fragezeichen über seinem hübschen Köpfchen sehen. „Er hat damals behauptet ich wäre schuld, dass du genauso abartig wärst wie ich… und…“ ich seufzte leise. Eigentlich sollte ich ihm das nicht erzählen, weshalb ich den Satz nicht beendete, sondern schweigend das Gesicht an seiner Schulter vergrub. „Vielleicht hatte er recht… aber ich find die Tatsache nun nicht wirklich schlimm. Ist ja nicht so, dass mir Schwulsein gegen den Strich ginge.“ Leise lachend versuchte er mir erneut die Haare zu zerwursteln, wurde jedoch von plötzlich einsetzendem Nieselregen an der Schandtat gehindert. „Ieh… Wieso regnet das so plötzlich?“ Aufgebracht rutschte ich vom Autodach, schüttelte mich wie ein nasser Hund und hüpfte schneller zurück in unser provisorisches Bett, als man gucken konnte. Die ganze letzte Woche hatte es nicht geregnet, warum ausgerechnet jetzt? Etwa weil wir so nah an der Küste waren? Bitte nicht, wir würden die ganze nächste Woche an der Küste verbringen. Hilfe!

Fürsorglich wie immer kramte Jen ein Handtuch hervor und rubbelte mich so gut es ging trocken, ehe wir uns gemeinsam unter die Decke verkrochen und dieses Mal nicht mal ein Blatt Papier zwischen uns gepasst hätte. „Du Jule…“ „Hm…“ „Das was ich auf der Hochzeit unser Mütter gesagt habe….“ Erneut brummte ich ein leises ‚Hmm‘, in der Hoffnung, dass er sich nicht alles aus der Nase ziehen lassen würde. Ich war zu müde, um das noch viel länger mitzumachen. „…Ich würde dich wirklich gerne heiraten…“ Genervt seufzte ich auf. Es war doch grad so schön, oder? Warum kam er dann bitte mit so was? „Glaubst du, das ist ne gute Idee? In unserem Alter zu heiraten, außerdem ist das in Deutschland nicht wirklich heiraten… eher ein erduldet werden und so… „ Ich schüttelte leicht den Kopf. Wenn es nur daran liegen würde, dass mir das ganze gegen den Strich ging. „Du hast dein Terroristikstudium noch nicht mal zur Hälfte hinter dir und ich wird auch erst meine Ausbildung anfangen, wir hätten keine Grundlage und nichts…“ „Hey…“ zischte er protestierend. „Ich studiere kein Terroristik!“ „Ach nein?“ Skeptisch verschränkte ich die Arme vor der Brust. Was sonst, konnte man mit einem Chemiestudium bitte anfangen außer Bombenbastler zu werden? „Ähm… Ja… Ähm… Wir lernen auch andere Sachen… Wirklich.“ „Ja was denn?“ Sein Gestammel hatte mich nicht wirklich überzeugt. Nicht mal er klang überzeugt von dem Gesagten. „Weiß nicht…. Aber…“ „Siehst du!“ Unterbrach ich ihn unwirsch, als hätte seien Studienwahl irgendwas zu sagen. Er wusste schon was er damit später mal anfangen würde. Er war keiner dieser Typen die irgendwas anfingen zu studieren nur um irgendwas zu machen und danach vermutlich auf ewig arbeitslos waren. „Und irgendwann? Würdest du mich da heiraten? Oder hast du Angst, dass du irgendwas verpassen könntest?“ Leise seufzend kuschelte ich mich zurück an seine Brust. Als müsste ich Angst haben etwas zu verpassen. Ich hatte genug erlebt für drei Leben… zumindest was Kerle anging. „Irgendwann vielleicht…“, stimmte ich deshalb leise zu, in der Hoffnung er hätte es entweder nicht gehört oder hätte es bald wieder vergessen. Irgendwann ließ sich schließlich dehnen wie ein alter Schlübbergummi. Außer er erinnerte mich ständig dran… dann wäre ich wohl gezwungen nachzugeben…

„Du Jen?“ Diesmal war ich die fiese Sau, die den anderen aus dem Halbschlaf riss. „Was denn?“ Nein er klang gar nicht müde und kratzbürstig dabei. Ich sollte mir meine Schadenfreude lieber nicht anmerken lassen. „Warum liebst du mich eigentlich?“ Dass es so war, wusste ich nur zu gut, auch wenn er es mir nicht ständig gesagt hätte. „Weil…“ er machte eine dramatische Pause, gähnte herzhaft, was die ganze Stimmung ruinierte und küsste mir schließlich die Stirn. „…du mein kratzbürstiges, stures, fauchendes Kätzchen bist, dass nur darauf wartet hinter den Öhrchen gekrault zu werden, um zeigen zu können wie schön es schnurren kann.“ „Gott du bist so kitschig…“ „Und du bist eine unverbesserliche Nervensäge….“ Ehe ich zum Protest ansetzen konnte, drohte er, mich irgendwo in Hintertupfingen auszusetzen, wenn ich nicht bald ruhig wäre, damit er etwas Schlaf bekäme. Da ich wusste, dass ich selbst mit Karte in diesem Land hoffnungslos verloren war –was das heimkommen oder das Erreichen eines bestimmten Ortes anging- biss ich mir auf die Lippe und ließ ihn schlafen. Wie mir schien, hatten wir noch einiges an Zeit um uns streiten zu können… Viel Zeit… War vielleicht gar nicht so übel…

ENDE

 Ja das hier ist jetzt auch OFFIZIELL das Ende...

Vielleicht gibt irgendwann eine kleine Fortsetzung...

mal schauen...

erstmal möchte ich mich ein paar anderen meiner Jungs widmen...

 

Vielen Dank an alle Leser, Kommischreiber und Herzchengeber.... ihr wart Motivation genug das hier durchzuziehen... dafür leib ich euch...

Impressum

Texte: liegt alles bei mir.
Bildmaterialien: das auch.
Lektorat: daran bin ich auch Schuld (weshalb es so was nicht gibt)
Tag der Veröffentlichung: 29.03.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Allen lieben Lesern hier. Meinem Hirn, welches mir Träume schenkt, welche so einen Stuss hier zur Folge haben. Und ein paar anderen ...

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